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Begutachtung bei malignen Erkrankungen Bemerkungen zur Arbeit von H. Sauer (Onkologe 3: 586–597,1997 und Urologe [B] 37: 614-625,1998) sowie Stellungnahme des Autors ordnung zutreffend die Auswirk- ungen des Leidens „Krebs“ nach einer in kurativer Absicht vorgenommenen Tumorentfernung wieder. Hierzu hat das Bundessozialgericht u. a. in einem Urteil vom 9. 8. 1995 – 9 RVs 14/94 – in ständiger Rechtsprechung ausgeführt. „Heilungsbewährung erfaßt daneben auch die vielfältigen Auswirkungen, die mit der Feststellung, Beseitigung und Nachbehandlung des Tumors in allen Lebensbereichen verbunden sind. Dies rechtfertigt es nach der in den „An- haltspunkten“ zusammengefaßten so- zialmedizinischen Erfahrung, bei Krebskranken nicht nur den Organ- verlust zu bewerten, der im Einzelfall zu einem GdB von lediglich 10 führen könnte, sondern unter Berücksichtigung der Krebserkrankung als solcher einen GdB von mindestens 50 anzunehmen und Krebskranken damit unterschied- slos zunächst den Schwerbehinderten- status zuzubilligen. Diese umfassende Berücksichtigung körperlicher und seelischer Auswirkungen der Er- krankung nötigt andererseits dazu, den GdB herabzusetzen, wenn die Krebs- krankheit nach rückfallfreiem Verlauf . . . mit hoher Wahrscheinlichkeit über- wunden ist und außer der unmittel- baren Lebensbedrohung damit auch die vielfältigen Auswirkungen der Krank- heit auf die gesamte Lebensführung entfallen sind.“ Beurteilung von malignen Tumoren die Berücksichtigung einer „Heilungs- bewährung“ überhaupt nicht vor- sehen. Der Begriff „Heilungsbewäh- rung“ wurde vielmehr von der Recht- sprechung für die Begutachtung von Leiden, die nach ihrer – vermeint- lichen – Entfernung zu Rezidiven neigen, entwickelt und in die von hier herausgegebenen Begutachtungs- richtlinien, die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im so- zialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ („An- haltspunkte“) übernommen. Er ist mithin nicht willkürlich, wie H. Sauer behauptet, und er kann auch nicht einfach ignoriert werden, nur weil ein einzelner Sachverständiger ihn nicht versteht. Der Begriff „Heilungsbewährung“ ist auch nicht prognoseorientiert. Nach der Verwaltungsvorschrift Nr. 1 zu § 30 BVG sind nämlich Gesundheits- störungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, bei der GdB/MdE- Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Der Begriff „Heilungsbewährung“ beinhaltet nicht nur den reinen Organverlust, er gibt vielmehr sowohl nach Auffassung des Bundessozial- gerichts als auch der Sektion „Versor- gungsmedizin“ des Ärztlichen Sach- verständigenbeirates beim Bundes- ministerium für Arbeit und Sozial- Der Onkologe 9·98 | 847 Leserbrief Onkologe 1998 · 4: 847–849 © Springer-Verlag 1998 Der von H. Sauer verfaßte Artikel „Begutachtung bei malignen Erkrank- ungen“, enthält Ausführungen zur Begutachtung nach dem Schwerbehin- dertengesetz und im Berufskrankhei- tenrecht, die weder das geltende Recht richtig wiedergeben noch die maßgeb- lichen Begutachtungsgrundsätze be- rücksichtigen. Dies ist um so bedauer- licher, als der Aufsatz unter der Rubrik „Weiterbildung“ veröffentlicht wurde. Nach Auffassung der mit den Grund- sätzen der Begutachtung im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz sowie mit Grundsatzfragen des Berufskrankhei- tenrechts im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung befaßten Un- terzeichner ist es deshalb erforderlich, auf folgende Unrichtigkeiten aufmerk- sam zu machen: Nach § 3 Abs. 1 Schwerbehinderten- gesetz (SchwbG) ist eine Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeein- trächtigung, die auf einem regel- widrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht. Für den Grad der Behinderung (GdB) gelten nach § 3 Abs. 3 SchwbG die im Rah- men des § 30 Abs. 1 des Bundesversor- gungsgesetzes (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend. Daraus er- gibt sich, daß die gesetzlichen Bestim- mungen selbst bei der GdB/MdE-

Begutachtung bei malignen Erkrankungen

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Page 1: Begutachtung bei malignen Erkrankungen

Begutachtung bei malignenErkrankungen

Bemerkungen zur Arbeit von H. Sauer (Onkologe 3: 586–597,1997 und Urologe [B]37: 614-625,1998) sowie Stellungnahme des Autors

ordnung zutreffend die Auswirk-ungen des Leidens „Krebs“ nach einerin kurativer Absicht vorgenommenenTumorentfernung wieder. Hierzu hatdas Bundessozialgericht u. a. in einemUrteil vom 9. 8. 1995 – 9 RVs 14/94 – inständiger Rechtsprechung ausgeführt.

„Heilungsbewährung erfaßt danebenauch die vielfältigen Auswirkungen, diemit der Feststellung, Beseitigung undNachbehandlung des Tumors in allenLebensbereichen verbunden sind. Diesrechtfertigt es nach der in den „An-haltspunkten“ zusammengefaßten so-zialmedizinischen Erfahrung, beiKrebskranken nicht nur den Organ-verlust zu bewerten, der im Einzelfall zueinem GdB von lediglich 10 führenkönnte, sondern unter Berücksichtigungder Krebserkrankung als solcher einenGdB von mindestens 50 anzunehmenund Krebskranken damit unterschied-slos zunächst den Schwerbehinderten-status zuzubilligen. Diese umfassendeBerücksichtigung körperlicher undseelischer Auswirkungen der Er-krankung nötigt andererseits dazu, denGdB herabzusetzen, wenn die Krebs-krankheit nach rückfallfreiem Verlauf. . . mit hoher Wahrscheinlichkeit über-wunden ist und außer der unmittel-baren Lebensbedrohung damit auch dievielfältigen Auswirkungen der Krank-heit auf die gesamte Lebensführungentfallen sind.“

Beurteilung von malignen Tumorendie Berücksichtigung einer „Heilungs-bewährung“ überhaupt nicht vor-sehen. Der Begriff „Heilungsbewäh-rung“ wurde vielmehr von der Recht-sprechung für die Begutachtung vonLeiden, die nach ihrer – vermeint-lichen – Entfernung zu Rezidivenneigen, entwickelt und in die von hierherausgegebenen Begutachtungs-richtlinien, die „Anhaltspunkte für dieärztliche Gutachtertätigkeit im so-zialen Entschädigungsrecht und nachdem Schwerbehindertengesetz“ („An-haltspunkte“) übernommen. Er istmithin nicht willkürlich, wie H. Sauerbehauptet, und er kann auch nichteinfach ignoriert werden, nur weil eineinzelner Sachverständiger ihn nichtversteht.

◗ Der Begriff „Heilungsbewährung“ istauch nicht prognoseorientiert. Nachder Verwaltungsvorschrift Nr. 1 zu§ 30 BVG sind nämlich Gesundheits-störungen, die erst in der Zukunft zuerwarten sind, bei der GdB/MdE-Beurteilung nicht zu berücksichtigen.Der Begriff „Heilungsbewährung“beinhaltet nicht nur den reinenOrganverlust, er gibt vielmehr sowohlnach Auffassung des Bundessozial-gerichts als auch der Sektion „Versor-gungsmedizin“ des Ärztlichen Sach-verständigenbeirates beim Bundes-ministerium für Arbeit und Sozial-

Der Onkologe 9·98 | 847

LeserbriefOnkologe 1998 · 4: 847–849 © Springer-Verlag 1998

Der von H. Sauer verfaßte Artikel„Begutachtung bei malignen Erkrank-ungen“, enthält Ausführungen zurBegutachtung nach dem Schwerbehin-dertengesetz und im Berufskrankhei-tenrecht, die weder das geltende Rechtrichtig wiedergeben noch die maßgeb-lichen Begutachtungsgrundsätze be-rücksichtigen. Dies ist um so bedauer-licher, als der Aufsatz unter der Rubrik„Weiterbildung“ veröffentlicht wurde.Nach Auffassung der mit den Grund-sätzen der Begutachtung im sozialenEntschädigungsrecht und nach demSchwerbehindertengesetz sowie mitGrundsatzfragen des Berufskrankhei-tenrechts im Bundesministerium fürArbeit und Sozialordnung befaßten Un-terzeichner ist es deshalb erforderlich,auf folgende Unrichtigkeiten aufmerk-sam zu machen:

◗ Nach § 3 Abs. 1 Schwerbehinderten-gesetz (SchwbG) ist eine Behinderungdie Auswirkung einer nicht nurvorübergehenden Funktionsbeein-trächtigung, die auf einem regel-widrigen körperlichen, geistigen oderseelischen Zustand beruht. Für denGrad der Behinderung (GdB) geltennach § 3 Abs. 3 SchwbG die im Rah-men des § 30 Abs. 1 des Bundesversor-gungsgesetzes (BVG) festgelegtenMaßstäbe entsprechend. Daraus er-gibt sich, daß die gesetzlichen Bestim-mungen selbst bei der GdB/MdE-

Page 2: Begutachtung bei malignen Erkrankungen

Stellungnahme

Neben der Vermittlung von objektiverInformation aus der Sicht eines lang-jährig praktisch tätigen Onkologen wares unter anderem auch das Ziel meinesArtikels „Begutachtungen bei malignenErkrankungen“, die Diskussion überunterschiedliche Auffassungen zu be-stimmten Fragen dieses Themenkom-plexes anzuregen. Für den unbefan-genen Leser nicht unbedingt erkennbar,jedoch gezielt für einige „Insider“ habeich aus diesem Grunde die Literaturstel-len 12. (R. Jaeger) und 20. (N. Rösner)zitiert. Nun, im zweiten Anlauf ist es mirvielleicht tatsächlich gelungen, dieseDiskussion zu entfachen. Nachdem aufdie erste textgleiche Publikation in derZeitschrift Der Onkologe 3 (1997) 586–597keine entsprechende Reaktion erfolgte,hat die nachfolgende Publikation inUrologe [B] doch die erwünschte Re-sonanz gefunden.

Betreffend die „Heilungsbewäh-rung“ ist es aus meiner Sicht nicht rele-vant, ob es sich hierbei um gesetzlicheBestimmungen oder um Entwicklungender Rechtssprechung handelt, die sichdann in „Anhaltspunkten“ nieder-schlagen. Entscheidend ist der Umgangdamit in der Praxis, der – wie ich inmeinem Artikel dargelegt habe – nichtkongruent ist mit den modernenAnsichten über die Heilungschancenund den Erkrankungsverlauf bei Pa-tienten mit bösartigen soliden Tumorenoder malignen Systemerkrankungen. Esist nicht nachvollziehbar, warum man„unter Berücksichtigung der Krebser-krankung als solcher einen GdB vonmindestens 50 anzunehmen und Krebs-kranken damit unterschiedslos zunächstden Schwerbehindertenstatus zubil-ligen“ muß (Zitat aus Rösner/Goeke).Hier stört insbesondere das Wörtchen„unterschiedslos“. Gerade diese man-gelnde Differenzierung bei der Einstuf-ung ist ja einer meiner Hauptkritik-punkte. In diesem Zusammenhang kannich auch die Formulierung „weil eineinzelner Sachverständiger ihn nichtversteht“ (Zitat aus Rösner/Goeke;gemeint ist hier der Begriff der „Hei-lungsbewährung“) nicht akzeptieren.Ich gehe davon aus, daß ich die Begriffs-

◗ nach neuen Erkenntnissen der medi-zinischen Wissenschaft

◗ durch besondere Einwirkungen ver-ursacht ist,

◗ denen bestimmte Personengruppendurch ihre Arbeit in erheblich höh-erem Grade als die übrige Bevöl-kerung ausgesetzt sind.

Sinn dieser Regelung ist es nicht, jedeberufsbedingte Krankheit zu entschä-digen, sondern die Erkrankung mußden allgemeinen gesetzlichen Anford-erungen für eine Aufnahme in dieBerufskrankheiten-Liste genügen. DerGutachter hat in diesen Fällen dasVorliegen neuer medizinischer Erkennt-nisse über den Ursachenzusammenhangzwischen schädigender Einwirkunginfolge der versicherten Tätigkeit undder Erkrankung zu prüfen. Dabei reichtes nicht aus, daß eine Substanz all-gemein als krebserzeugend oderkrebsverdächtig in der MAK- und BAT-Werte-Liste aufgeführt ist. Diese Listehat ausschließlich für die PräventionRelevanz. Für die Beurteilung derbesonderen unfallversicherungsspezi-fischen Ursachenzusammenhänge kannsie nur ein Indikator sein.

Zusammengefaßt verstellen dieAusführungen von H. Sauer den Blickfür sachgerechte Begutachtungen vonTumorerkrankungen in den genanntenRechtsbereichen. Wegen der Bedeutungdieses Themas für die gutachtlicheBeurteilung von Tumorkranken und zurSchadensbegrenzung halten wir eineKlarstellung in Ihrer Fachzeitschrift fürerforderlich.

Dr. N. Rösner, Bonn

Ministerialrat im Bundesministerium

für Arbeit und Sozialordnung

H. Goeke, Bonn

Regierungsdirektor im Bundesministerium

für Arbeit und Sozialordnung

| Der Onkologe 9·98

Leserbrief

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◗ Die von H. Sauer zusammengestellteTabelle zur GdB-Bewertung vonmalignen Tumoren für die Dauer derHeilungsbewährung ist irreführend.Sie gibt die Bewertung bei Tumor-leiden, für die dieses Kriterium gilt,meist unzutreffend wieder und ent-hält darüber hinaus auch Leiden, fürdie nach den „Anhaltspunkten“überhaupt keine Heilungsbewährungvorgesehen ist.

◗ Eine Berufskrankheit ist nach § 9Abs. 1 des Siebenten Buches Sozialge-setzbuch (SGB VII) eine Krankheit,welche die Bundesregierung in derBerufskrankheiten-Verordnungbezeichnet hat – sog. Berufskrank-heiten-Liste – und die ein Versicherterbei einer versicherten Tätigkeiterleidet. Die Aufnahme in die Listebedeutet die grundsätzliche generelleGeeignetheit der dort genannten Ein-wirkungen für die Verursachung derErkrankungen. Die Anerkennung imEinzelfall setzt darüber hinaus voraus,daß die Gefährdung des Versichertendurch die Einwirkung ursächlich aufseine versicherte Tätigkeit zurück-zuführen sein muß und daß zwischenschädigender Einwirkung undErkrankung ein rechtlich wesentlicherZusammenhang mit Wahrscheinlich-keit gegeben ist. Das bedeutet, es mußmehr für als gegen den Zusam-menhang sprechen, die bloße „Mög-lichkeit“ reicht nicht aus.

Aumaß und Art der Exposition imEinzelfall hat der Unfallversicherungs-träger – und nicht, wie H. Sauerschreibt, der Gutachter – im Rahmenseiner gesetzlich vorgeschriebenenAmtsermittlung festzustellen. Der Gut-achter hat zu prüfen, ob die obenbeschriebenen Ursachenzusammen-hänge aus medizinischer Sicht vorliegen.

Soweit eine Krankheit noch nicht indie Liste aufgenommen worden ist, isteine Anerkennung nach § 9 Abs. 2 SGBVII wie eine Berufskrankheit möglich.Voraussetzung ist, daß die Erkrankung

Page 3: Begutachtung bei malignen Erkrankungen

inhalte sehr wohl verstanden habe, viel-leicht so gut, daß ich die Fehler in derDefinition und im praktischen Umgangdamit erkenne.

Betreffend die Berufskrankheitenwird das Vorgehen bei der Anerkennung„wie eine Berufskrankheit“ diskutiert.Hier habe ich verschiedene nationaleund internationale Quellen zitiert, dieSchadstoffe nennen, die offiziell alskrebserzeugend anerkannt sind. Hiergeht es z. B. nicht um MAK- oder BAT-Werte sondern grundsätzlich um dieTatsache der kanzerogenen Wirkungdieser Stoffe.Selbstverständlich muß derGutachter im Einzelfall prüfen, ob dieVoraussetzungen für eine eventuelleAnerkennung als Berufskrankheitgegeben sind. Logischerweise muß sichein solches Gutachten auch zum Aus-maß und zur Art der Exposition äußern.Ohne diese entscheidende Diskussionwäre ein solches Gutachten unvoll-ständig und damit wenig brauchbar.

Mein hochgestecktes Ziel ist es, beider Verwaltungsbürokratie, dem Ge-setzgeber und in der Rechtssprechungeine Diskussion um den Begriff der„Heilungsbewährung“ auszulösen, dieunter entsprechender fachkundigerBeratung eventuell zu einer Anglei-chung an die Ergebnisse der modernenOnkologie führen könnte.

Prof. Dr. H. SauerMedizinische Klinik und Poliklinik III

Klinikum Großhadern, München

Der Onkologe 9·98 | 849

ungskatalog“ nebst einem Katalog weiterer

individueller Gesundheitsleistungen (S. 187 bis

319 und S. 321 bis 403), der im Anhang durch

einen fachgruppenspezifischen Katalog ergänzt

wird (S. 405 bis 422). Das Werk schließt mit

Literatur- und Sachverzeichnis. Ihm sind als

Anlagen „Materialien zur Patienteninformation“

beigefügt.

Krimmel hat – und dies bezieht sich auf die

Darstellung im Ganzen – ein lesenswertes und

die Durchdringung der Materien aus der juris-

tischen Sicht anregendes Buch vorgestellt.

Beachtlich sind – aus der Fülle der behandelten

Fragen exemplarisch – seine Ausführungen über

das Verhältnis von Kostenerstattung gegenüber

Praxisbudgets und Regelleistungsvolumina sowie

zur von der Krankenkasse der KV geschuldeten

Gesamtvergütung (S. 124 ff.). Insbesondere

werden seine Ausführungen zum Konzept der

individuellen Gesundheitsleistungen, die sich in

der Fachpresse unter der Abkürzung „IGEL“

schnell einen Namen gemacht haben, Beachtung

und auch die streitige Diskussion finden. Dies gilt

um so mehr, als Krimmel sein Buch in der Eigen-

schaft als stellvertretender Hauptgeschäftsführer

der KBV herausgegeben hat, so daß die Arbeit

wohl auch als deren rechtspolitische Position

verstanden werden darf.

Man mag in der einen oder anderen Frage

durchaus unterschiedlicher Meinung sein:Von

vorneherein abzulehnen ist nicht ein einziger der

von Krimmel vertretenen Standpunkte! Die Arbeit

baut auf den Finanznöten der GKV auf. Ihr offen-

sichtliches Anliegen ist es, der finanziellen Über-

forderung der auch von Anspruchsdenken be-

troffenen GKV zu begegnen. Die Legitimation

dieser Zielsetzung ist nicht zu bestreiten.

Die überaus lesens- und nachdenkenswerten

Ausführungen in dem von Krimmel verfaßten

Werk verdienen eine breite Beachtung.

G. Schneider (Chemnitz)

L. KrimmelKostenerstattung und IndividuelleGesundheitsleistungenNeue Chancen für Patienten und Ärzte

Köln: Deutscher Ärzte-Verlag, 1998. 432 S.,95 Abb., (ISBN 3-7691-0365-3), brosch.,DM 98,–

Kostenerstattung und Individuelle Gesund-

heitsleistungen – beide Begriffe sind in kurzer Zeit

zu Reizworten in der Diskussion über die zu-

künftige Gestaltung des Leistungssystems der

Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

geworden. Schien die Art und Weise der Leist-

ungsverschaffung in Gestalt der Sach- oder

Naturalleistung noch bis vor kurzem mit der GKV

als deren „Wesenselement“ untrennbar ver-

bunden, hat der Gesetzgeber mit dem 2. GKV-

Neuordnungsgesetz vom 23. Juni 1997 (BGBI I S.

1520) die Kostenerstattung als gleichrangige

Kassenleistung zugelassen. Die „Kostenexplosion“

im Gesundheitswesen sowie der auf den sog.

„Leistungserbringern“ und namentlich der Ärzte-

schaft lastende Kostendruck haben überdies zu

Überlegungen geführt, das Leistungsrecht der

GKV neu zu strukturieren, wenn nicht einzu-

dämmen – von einer sog.„Zwei-Klassen-Medizin“

ist vorschnell, wenn nicht voreilig, die Rede.

Krimmel hat sein Buch thematisch zu Recht

beiden Aspekten gewidmet: Kostenerstattung

kann den konkreten Bedarfslagen des gesetzlich

Krankenversicherten eher gerecht werden als ein

schematisch starres System der Leistungs-

verschaffung (Sach- oder Naturalleistung). Die

mit den „individuellen Gesundheitsleistungen“

einhergehenden Überlegungen erteilen dem

Denken an eine angeblich „optimale“ Rundum-

Versorgung ebenso eine unzweideutige Absage

wie dem Glauben, die sich aufgrund der

Verkürzung der wissenschaftlichen „Halbwerts-

zeiten“ zunehmend verteuernden neuen Dia-

gnose- und Therapiemethoden ließen sich mit

den herkömmlichen Mechanismen uneinge-

schränkt finanzieren.

Das in seinem Hauptteil in sechs Kapitel

gegliederte Werk untersucht zunächst die maß-

geblichen Rahmenbedingungen (S. 9 bis 48),

bevor sich die Darstellung mit den Teilen „Kosten-

erstattung in der GKV“ (S. 49 bis 137) und dem

„Konzept der individuellen Gesundheits-

leistungen“ (S. 139 bis 185) den zentralen Pro-

blemstellungen zuwendet. Lesenswert ist der aus

der Sicht des Autors maßgebliche „Empfehl-

Buchbesprechung