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Behandlung des ADH-Syndroms

Behandlung des ADH-Syndroms. Therapie Evidenzbasierte Behandlung (=> Wirksamkeitsstudien) Leitlinien der Fachgesellschaften medikamentöse

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Behandlung des ADH-Syndroms

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Therapie

Evidenzbasierte Behandlung (=> Wirksamkeitsstudien)

Leitlinien der Fachgesellschaften www.awmf.de

• medikamentöse Therapie sehr wirksam• kindzentrierte psychosoziale Interventionen eher

wenig effektiv, v.a. Spieltherapien und tiefenpsychologische Ansätze.

• Elterntrainings und Aufklärung der Eltern sind aber sehr wirksam, v.a. bei jüngeren Kindern (Fonagy et al. 2003)

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ADHS und Pharmakotherapie

• Langzeitpräparate– Spez. Probleme in der Schweiz– Europäische Behandlungsleitlinien

• Komorbidität und Kombinationstherapien

• Neue Entwicklungen

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Stimulantien- Welche gibt´s da ?

• Methylphenidat:– Ritalin®, Ritalin LA ®, Ritalin SR ®– Medikinet ®, Medikinet retard ®– Concerta ®– (Equasym ®, Equasym retard ®; d-methylphenidate; MPH

transdermal patch 1)

• Amphetamine:– (d- Amphetaminsaft, lisdexamfetamine)

• Atomoxetin:– Strattera ®

Spez. Problem in der Schweiz: therapeutische Limitation für Langzeitpräparate bei manchen Versicherungen muss

Vorbehandlung mit kurzwirksamen Ritalin erfolgt sei

1Findling et al. J Clin Psychiatry 2008

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1937 Charles Bradley, Arzt in Providence, Rhode Island, beobachtete, dass Benzedrin (D- und L-Amphetamin) einen beruhigenden Effekt auf das Verhalten von Kindern in einer Behandlungseinrichtung hatte

1971 Paul Wender postulierte in seinem Buch "Minimal Brain Dysfunction", dass die therapeutischen Effekte der Stimulanzien bei der ADHD auf Alterationen in der Neurotransmission der Katecholamine zurückzuführen sind.

1978 "Idea of a paradoxical effect was finally laid to rest" Judith Rapoport (Science 1978) zeigte in einer Studie am

NIMH, dass sowohl normale Kinder, normale Erwachsene als auch Kinder mit ADHD alle mit erhöhter Aufmerksamkeit und Reduktion von Impulsivität und Hyperaktivität reagierten.

Psycho-Stimulanzien und Verhalten

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CH3

NH2

Amphetamin

N

CH3

CH3

H

Methamphetamin

NH

OCH3

O

Methylphenidat

Charles Bradley, 1937, American Journal of Psychiatry

„Fourteen (out of 30) responded in a spectacular fashíon.“„I start to make my bed and, before I know it, it is done.“

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Wirkspiegel im Vergleich

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Wirksamkeit der ADHS-Behandlung Stand der Forschung

Wirksamkeit medikamentöser Therapie wurde in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen:

• Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit, Vigilanz (Tannock et al., 1989; Rapport et al., 1994)

• Genauigkeit (Carlson & Brunner, 1993)

• Verminderung von Hyperaktivität, Impulsivität (Abikoff & Gittelman, 1985; DuPaul & Papport, 1993)

• Verminderung von aggressivem Verhalten (Whalen et al., 1987; Hinshaw et al., 1989)

• Verbesserung der Mutter-Kind-Interaktion (Barkley 1989)

• Verbesserung der Lehrer-Schüler-Interaktion (Whalen, 1981)

• Verbesserung der Beliebtheit i. d. Gleichaltrigengruppe (Whalen, 1989)

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Die MTA-Studie

• Multisite Multimodal Treatment Study of Children with ADHD (MTA) (z.B. Conners et al., 2001)

• Stichprobe: n=579 Kinder (7-9,9 Jahre)• 20 % Mädchen• DSM-IV-Diagnose „Kombinierter Subtyp“ (entspricht

ICD-10)• Behandlungsdauer: 14 Monate• randomisierte Zuweisung zu

4 Interventionen

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Die MTA-Studie

Vier Behandlungsbedingungen:

• Pharmakotherapie mit Beratung(durchschnittl. 30,5 mg Methylphenidat bzw. alternatives Medikament, 1x/Monat Gespräch mit dem Arzt; schriftl. Elternratgeber)

• Verhaltenstherapie (27 x Elterngruppe + 8 x Einzel; 10-16 Beratungssitzungen in der Schule; 12 Wochen Arbeit mit dem Kind im Unterricht; home report cards; 8 Wo „Summer Treatment“)

• Kombinierte (multimodale) Therapie

• Standardtherapie (Community Care)

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Ergebnisse der MTA-Studie

• Erhebliche Veränderungen bei allen 4 Behandlungsformen

• Kombinierte Therapie schneidet insg. besser ab, jedoch nur wenig besser als Pharmakotherapie (ES=0,28)

• Mittlere Effektstärken zwischen Kombinationstherapie u. VT (ES=0,58)

• Pharmakotherapie ist VT geringfügig überlegen (ES=0,26)

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Ergebnisse der MTA-Studie

• Pharmakotherapie ist hinsichtlich der Reduktion hyperkinetischer Symptomatik der Verhaltenstherapie überlegen

• Bei der Reduktion aggressiver u. internaler Symptome, Verbesserung sozialer Kompetenzen, Eltern-Kind-Beziehung u. schulischen Leistungen sind Pharmakotherapie u. VT gleich wirksam bzw. Kombinationsbehandlung überlegen

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Wirksamkeit

• Adäquate direkte Vergleichsstudien fehlen bislang weitgehend

• Ergebnisse indirekter Vergleiche– Effektstärken: kurzwirksames MPH = langwirksames MPH

(1,0) > ATX (0,7)– Numbers Needed To Treat = NNT*: kurzwirksames MPH =

langwirksames MPH = ATX (2 – 5)

• Schlussfolgerungen– Alle untersuchten Präparate sind wirksam und effektiv– Relativ Überlegenheit von MPH vs. ATX bei stärkerer

Symptomatik? Komorbidität von entscheidend !!

* Anzahl notwendiger Behandlungen um gegenüber Placebo einen zusätzlichen Patienten zu “normalisieren“

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Effektstärken

Cohen (1992): 0,2 kleiner, 0,5 mittlerer und 0,8 starker Effekt.

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Kombinationstherapien

• Aman MG et al. 2004 – 155 Kinder (53 drop-outs) mit CD, ODD und komorbidem ADHD– “subaverage IQ”– Risperidon besser als Placebo +/- MPH Reduktion von aggressivem

verhalten und Hyperaktivität– Risperidon +MPH besser als MPH alleine Reduktion Hyperaktivität

• Armenteros et al. 2007 – N = 25, 7-12 a ADHS und aggressives Verhalten; – randomized double-blind study: Risperidon oder Placebo über 4 w– In Risperidon Gruppe zeigten 100% eine Verbesserung im Elternrating

von >30% versus in Placebo Gruppe 77%• Carlson et al. 2007

– N = 25– ATX/MPH versus ATX/PBO– Ergebnisse: Kombination ATX/MPH scheint sicher zu sein; auf Grund

der kleinen Stichprobe keine Aussage über bessere Wirkung möglich

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Komorbidität und Kombinationstherapien

DD

ADHS Andere komorbide StörungenStörung der Sozialverhaltens

Chronizitätsituationsübergreifend

psychosoziales FunktionsniveauProbleme in Schule und mit Freunden

Aggression Opposition Impulsivität Hyperaktivität Ablenkbarkeit Neurol. Sy./Tics Affektive Sy.

Psychosoziale Interventionen z.B. Elterntraining, Symptomspezifische Interventionen

1. Psychostimulantium2. Atomoxetin

Atypika:

+ Risperidonmood stabilizer: + Valproat, Lithium

bei Tics:

+ Risperidon

+ Tiaprid

Antidepressiva 1. SSRI (Fluoxetin) 2. Bupropion, Buspiron 3. Trizyklika

Folgen

Arbeitshypothesen

Behandlung

Symptome

Modifiziert nach Fegert 2002

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Wirksamkeit der ADHS-Behandlung:kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden

• Die Wirksamkeit von Selbstinstruktions-trainings bei ADHS konnte nicht überzeugend nachgewiesen werden (z.B. Abikoff, 1987; Billings & Wasik, 1985)

• Lauth et al. (1996) konnten mit der Ergänzung durch Verstärkersysteme u. Elterngespräche einige Variablen verbessern

• Studien zu Selbstmanagement-Methoden deuten auf deren Effektivität hin(Barkley et al., 1980; Döpfner et al., 2000)

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Wirksamkeit der ADHS-Behandlung: Elterntraining

• Die Wirksamkeit von Elterntrainings konnte in mehreren Studien (v. a. bezügl. oppositioneller Symptomatik) nachgewiesen werden (Miller et al, 1990; Kazdin, 1991; Petermann et al., 2001; Sonuga-Barke, 2001)

• Elterntraining + Selbstinstruktionstraining ist uni-modaler Behandlungsform überlegen (Horn et al., 1990)

• aber: Stimulantienbehandlung allein ist effektiver(80 % vs. 40 % Responder-Rate) (Gittelman-Klein & Abikoff, 1989)

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Wirksamkeit der ADHS-Behandlung: Stand der Forschung

• Multimodale Behandlungsansätze scheinen z. T. geringfügig wirksamer als nur Stimulanzientherapie (Horn et al., 1991; MTA, 1999)

• Andere Studien finden jedoch keine Überlegenheit (Döpfner, 1996)

• Besseres Abschneiden multimodaler Interventionen im Hinblick auf Langzeitwirkung (Satterfield et al., 1987; Döpfner et al., 1989)

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Fazit:• Bei Kindern mit hyperkinetischen Störungen

sind sowohl Verhaltenstherapie als auch medikamentöse Behandlung (+Beratung) wirkungsvoll

• Kombinationsbehandlung (multimodale Therapie) erscheint in bestimmten Fällen sinnvoll

• Für Kinder mit oppositionellen Verhaltensstörungen ohne HKS haben sich Elterntrainings und Interventionen in Kindergarten/Schule bewährt

• Kognitive Interventionen spielen vermutlich keine wichtige Rolle

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Irrationales• Medikamentenangst

– Suchtentwicklung– Parkinson– Ruhigstellen etc.

• Diäten

• verschiedene Psychotherapien ohne Wirknachweis

• Unterbehandlung von Heimkindern…

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Neue Entwicklungen - Atomoxetin (Strattera®)

• Zulassung in Deutschland 2005, in der Schweiz 2009

• Selektiver Noradrenalin-Aufnahmehemmer

• Atomoxetin erhöht die Noradrenalin-Konzentrationen im präfrontalen Cortex

• 1x Gabe morgens bevorzugt, auch 2x (-4x) Gabe möglich

• Regeldosis 0,8 – 1,2 – (1,8) mg/kg KG

• Beginn mit 10 (- 20) mg/Tag bzw. 0,5 mg/kg KG

• Eintritt der Wirkung nach 4 – 6 (– 12) Wochen !!!

• Bei komorbider Enuresis, Ängste und Tics sowie bei Suchtproblematik erwägen

• NW: Appetitminderung, Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Übelkeit v.a. bei Therapiebeginn.

• 3 Fälle von Hepatotoxizität; Black Box Labelling wegen suicidal ideation;

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Neue Entwicklungen - Modafinil

• Zugelassen für Narkolepsie, in USA auch für sleep apnea + shift work sleep disorder

• Zeigte sich auch wirksam zur Behandlung ds ADHS • 2007 Zulassungsverfahren in USA: FDA verweigerte

Zulassung wegen 1 möglichen Falles von Stevens-Johnson Syndrom

• häufigste NW: Schlafstörungen (29%), Kopfschmerzen (20%), Appetitminderung (16%)1.

1 Biederman J, Swanson JM, Wigal SB, Boellner SW, Earl CQ, Lopez FA. A comparison of once-daily and divided doses of modafinil in children with attention-deficit/hyperactivity disorder: a randomized, double-blind, and placebo-controlled study. J Clin Psychiatry. 2006;67(5):727-35.

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Neue Entwicklungen - Guanfacine 1

• selektiver alpha-2A-adrenoceptor Agonist. • Daten von 2 short-term, Placebo-kontrollierten Studien

and 2 long-term, open-label Studien: • signifikante Verbesserung aller Kernsymptome des

ADHS bei Kindern im Alter 6-17• Guanfacine XR erhielt “approvable letter“ der FDA,

Vermarktung 2009 erwartet

1 Biederman J, Melmed RD, Patel A, et al. A randomized, double-blind, placebo-controlled study of guanfacine extended release in children and adolescents with attention-deficit/hyperactivity disorder. Pediatrics. 2008;121(1):e73-e84.