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06.05.15 00:27 Bei Katastrophen zahlen wir - für Flüchtlinge nicht: So tickt die Spenden-Industrie | Blick Seite 1 von 2 http://www.blick.ch/news/ausland/bei-katastrophen-zahlen-wir-fuer-fluechtlinge-nicht-so-tickt-die-spenden-industrie-id3728138.html Publiziert: vor 19 Minuten, Aktualisiert: vor 33 Minuten Von Peter Hossli Bei Katastrophen zahlen wir 1 für Flüchtlinge nicht So tickt die Spenden1Industrie Seit 2003 steigt die Menge Geld die wir Schweizer spenden stetig an. Im Jahr 2013 betrug das Spendenvolumen 1691 Millionen Franken. Doch wohin fliesst dieses Geld? Die Glückskette bittet am Fernsehen und im Radio um Geld. Caritas inseriert. World Vision und Unicef legen der Presse Flugblätter bei. Das Ziel ist bei allen gleich: Möglichst viel Geld für die Opfer des verheerenden Erdbebens in Nepal zu sammeln. Der Einsatz lohnt sich. Bilder und Geschichten aus Nepal erschüttern, und das ist für die Schweizer Hilfswerke ein Segen. Naturkatastrophen bringen ihnen weit mehr Geld als Kriege und Terror. Für Erdbebenopfer öffnen die Schweizer das Portemonnaie rascher als für im Mittelmeer aufgefischte Somalis und Syrer. Firmen wie Swisscom, Securitas und Aldi werben mit ihren Nepal- Spenden. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (54) besucht die Sammelzentrale. «Bei Naturkatastrophen ist die Bereitschaft zu spenden viel grösser als bei Kriegen», sagt Georg von Schnurbein, Professor am Centre for Philanthropy Studies der Universität Basel. «Spenden ist sehr emotional», sagt Glückskette-Sprecherin Daniela Toupane. «Die Motivation ist stets persönlich.» Viele spendeten, wenn sie eine Betroffenheit spürten. «Die Solidarität ist bei Naturkatastrophen grösser als bei Kriegen», bestätigt Toupane. «Naturkatastrophen berühren mehr, weil wir morgen selbst davon betroffen sein könnten.» Aber kaum von Gewalt. «Kriege gelten als menschengemacht, in der Wahrnehmung sind die Opfer selber schuld», so von Schnurbein. Wichtig sei Verbundenheit: «Nepal ist ein beliebtes Ferienland für Schweizer, als Bergland fühlen wir uns ihm verbunden.» Seit 2003 steigt das Spendenvolumen in der Schweiz stetig an, von 1071 Millionen Franken im Jahr 2003 auf 1691 Millionen 2013. Höhepunkt war das Jahr 2005 mit 1709 Millionen Franken nach dem Tsunami in Südostasien. «Ereignisse treiben Spendenaufkommen», sagt von Schnurbein. Katastrophenjahre seien stets gute Spendenjahre. Wenn sie am richtigen Ort passierten. «Vergleichbare Unglücke in muslimischen Ländern bringen in der Schweiz weniger Spenden», so von Schnurbein. Zahlen sprechen Bände. Für den Tsunami sammelte die Glückskette 227 Millionen Franken. Für die Flüchtlingskrise in Syrien – die grösste humanitäre Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg – sind es weniger als 20 Millionen Franken. Obwohl fast gleich viele Menschen umkamen. Zwar nahmen 2014 Spenden für Flüchtlinge zu. Sie belegen bei den Gründen aber den letzten Platz, so das Forschungsinstitut GFS Zürich. Der Spendenmarkt ist hart umkämpft. Werbeagenturen mischen mit. Ist eine Organisation bei einer Katastrophe präsent, gilt sie als agil. Kaum hatten die Nachrichten aus Kathmandu die Schweiz erreicht, legten Hilfswerke los. Nicht nur Rettungsexperten flogen nach Nepal, sondern viele Marketingleute. Auf Webseiten publizierten sie ergreifende Fotos, richteten Nepal-Konten ein. Mit Floskeln buhlen sie online um Bares: «Die Schäden an Häusern, Strassen, Strom- und Wasserversorgung sind immens», so Fastenopfer. Vom «schlimmsten Erdbeben seit über 80 Jahren» spricht Caritas. Die Bevölkerung? Sie lebt «in Angst und Schrecken». Konkrete Projekte aber gibt es noch wenige. Die Zahl der vermeldeten Toten zeigt, wie aktuell ein Hilfswerk wirbt. In Nepal sei sie «inzwischen auf 3200 gestiegen», schreibt die Heilsarmee. Fastenopfer will 5000 Tote gezählt haben. Bei Caritas sind es 7500, bei World Vision «mehrere Tausend». Nepals Regierung ging gestern von 7673 Toten aus. Hilfswerke nutzen unseren Impuls, sofort helfen zu wollen. Dabei ist es für Soforthilfe bereits zu spät. In der Regel gibt die Glückskette 15 Prozent des gesammelten Geldes für rasche Hilfe aus, 70 Prozent gehen in den

Bei Katastrophen zahlen wir - für Flüchtlinge nicht: So tickt die Spenden-Industrie | Blick

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  • 06.05.15 00:27Bei Katastrophen zahlen wir - fr Flchtlinge nicht: So tickt die Spenden-Industrie | Blick

    Seite 1 von 2http://www.blick.ch/news/ausland/bei-katastrophen-zahlen-wir-fuer-fluechtlinge-nicht-so-tickt-die-spenden-industrie-id3728138.html

    Publiziert: vor 19 Minuten, Aktualisiert: vor 33 Minuten Von Peter Hossli

    Bei Katastrophen zahlen wir 1 fr Flchtlinge nicht

    So tickt die Spenden1IndustrieSeit 2003 steigt die Menge Geld die wir Schweizer spenden stetig an. Im Jahr 2013betrug das Spendenvolumen 1691 Millionen Franken. Doch wohin fliesst dieses Geld?

    Die Glckskette bittet am Fernsehen und im Radio umGeld. Caritas inseriert. World Vision und Unicef legen der

    Presse Flugbltter bei. Das Ziel ist bei allen gleich: Mglichst viel Geld fr dieOpfer des verheerenden Erdbebens in Nepal zu sammeln.

    Der Einsatz lohnt sich. Bilder und Geschichten aus Nepal erschttern, und dasist fr die Schweizer Hilfswerke ein Segen. Naturkatastrophen bringen ihnenweit mehr Geld als Kriege und Terror. Fr Erdbebenopfer ffnen die Schweizerdas Portemonnaie rascher als fr im Mittelmeer aufgefischte Somalis undSyrer. Firmen wie Swisscom, Securitas und Aldi werben mit ihren Nepal-Spenden. Bundesprsidentin Simonetta Sommaruga (54) besucht dieSammelzentrale. Bei Naturkatastrophen ist die Bereitschaft zu spenden vielgrsser als bei Kriegen, sagt Georg von Schnurbein, Professor am Centre forPhilanthropy Studies der Universitt Basel. Spenden ist sehr emotional, sagtGlckskette-Sprecherin Daniela Toupane. Die Motivation ist stets persnlich.Viele spendeten, wenn sie eine Betroffenheit sprten. Die Solidaritt ist beiNaturkatastrophen grsser als bei Kriegen, besttigt Toupane.Naturkatastrophen berhren mehr, weil wir morgen selbst davon betroffensein knnten.

    Aber kaum von Gewalt. Kriege gelten als menschengemacht, in derWahrnehmung sind die Opfer selber schuld, so von Schnurbein. Wichtig seiVerbundenheit: Nepal ist ein beliebtes Ferienland fr Schweizer, als Berglandfhlen wir uns ihm verbunden.

    Seit 2003 steigt das Spendenvolumen in der Schweiz stetig an, von 1071Millionen Franken im Jahr 2003 auf 1691 Millionen 2013. Hhepunkt war dasJahr 2005 mit 1709 Millionen Franken nach dem Tsunami in Sdostasien.Ereignisse treiben Spendenaufkommen, sagt von Schnurbein.Katastrophenjahre seien stets gute Spendenjahre. Wenn sie am richtigen Ortpassierten. Vergleichbare Unglcke in muslimischen Lndern bringen in derSchweiz weniger Spenden, so von Schnurbein.

    Zahlen sprechen Bnde. Fr den Tsunami sammelte die Glckskette 227Millionen Franken. Fr die Flchtlingskrise in Syrien die grsste humanitreKatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg sind es weniger als 20 MillionenFranken. Obwohl fast gleich viele Menschen umkamen. Zwar nahmen 2014Spenden fr Flchtlinge zu. Sie belegen bei den Grnden aber den letztenPlatz, so das Forschungsinstitut GFS Zrich.

    Der Spendenmarkt ist hart umkmpft. Werbeagenturen mischen mit. Ist eineOrganisation bei einer Katastrophe prsent, gilt sie als agil. Kaum hatten dieNachrichten aus Kathmandu die Schweiz erreicht, legten Hilfswerke los. Nichtnur Rettungsexperten flogen nach Nepal, sondern viele Marketingleute. AufWebseiten publizierten sie ergreifende Fotos, richteten Nepal-Konten ein.

    Mit Floskeln buhlen sie online um Bares: Die Schden an Husern, Strassen,Strom- und Wasserversorgung sind immens, so Fastenopfer. Vomschlimmsten Erdbeben seit ber 80 Jahren spricht Caritas. DieBevlkerung? Sie lebt in Angst und Schrecken. Konkrete Projekte aber gibtes noch wenige.

    Die Zahl der vermeldeten Toten zeigt, wie aktuell ein Hilfswerk wirbt. In Nepalsei sie inzwischen auf 3200 gestiegen, schreibt die Heilsarmee. Fastenopferwill 5000 Tote gezhlt haben. Bei Caritas sind es 7500, bei World Visionmehrere Tausend. Nepals Regierung ging gestern von 7673 Toten aus.

    Hilfswerke nutzen unseren Impuls, sofort helfen zu wollen. Dabei ist es frSoforthilfe bereits zu spt. In der Regel gibt die Glckskette 15 Prozent desgesammelten Geldes fr rasche Hilfe aus, 70 Prozent gehen in den

  • 06.05.15 00:27Bei Katastrophen zahlen wir - fr Flchtlinge nicht: So tickt die Spenden-Industrie | Blick

    Seite 2 von 2http://www.blick.ch/news/ausland/bei-katastrophen-zahlen-wir-fuer-fluechtlinge-nicht-so-tickt-die-spenden-industrie-id3728138.html

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    Roman Bachmair, Naters

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    Alle Kommentare (1)

    Ja es macht schon einen Unterschied, ob man Leuten hilft, die einfachhierher kommen, dies aber erwiesenermassen meist aus wirtschaftlichenGrnden oder eben dann jenen, welche erwiesenermassen wie jetzt zumBeispiel in Nepal auf Hilfe angewiesen sind! Um das heraus zu finden,muss man nicht gerade ein Einstein sein.

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    Bei Naturkatastrophen, denn sie treffen immerUnschuldige.

    Fr Kriegsflchtlinge und ihre Familien.Fr Hilfsprojekte in der Schweiz.

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