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Wir. Die IG-Metall. bei Thyssen Krupp Steel Europe AG Werke Hamborn/Beeckerwerth Heuschrecken machten sich bei Thys- sen breit. Überall: An den Wänden, auf dem Boden. Das Ungeziefer, das bei der Betriebsversammlung von TKS am 16. Oktober im Landschaftspark präsent war, sollte nur andeuten, was dem Konzern schlimmstenfalls drohen könnte. Die düstere Vision in die Fänge ausschließlich profitorien- tierter Investoren zu geraten, so der Tenor unter den Kollegen, dürfe nie- mals zur Realität werden. Zu viele Erneuerungsprogramme Die Betriebsratsvorsitzenden Günter Back und Willi Segerath befassten sich in ihren Berichten mit der strate- gischen Weiterentwicklung des Thys- senKrupp-Konzerns, Es treibe alle Kollegen um, wie das Management die drei wesentlichen Bestandteile für die Weiterentwicklung, die aus „Des- invest“, „Matrix“ und „Impact“ beste- hen, gestalten werde. Verkäufe und Stilllegungen, so Segerath und Back, seien an sich keine Strategien, denn wenn man es übertriebe, sei Thyssen mit seiner industriellen Wertschöp- fung nicht mehr auf dem Markt. „Es geht uns nicht nur um den Stahlbe- reich, sondern um die gesamte Wert- schöpfungskette von ThyssenKrupp.“ Bei dieser Diversifizierung geht es aus Sicht der Arbeitnehmervertreter um die Stärkung dieser Industriebereiche. „Dies geht nicht durch überzogenes Desinvest-Management, sondern nur über Investitionen in Forschung und Entwicklung, Anlagen und Men- schen“, betonten Back und Segerath. Die Betriebsratsvorsitzenden forder- ten für die stabile Zukunft des Kon- zerns und aller Arbeitnehmer „Inno- vation statt Stagnation“. Unter Umsetzung der Matrix-Stra- tegie versteht der Betriebsrat nicht Befehlserteilungen ähnlich einer militärischen Hierarchie von oben nach unten, sondern im Rahmen ei- nes Netzwerkes gemeinsames Han- deln mit den Verantwortlichen der Geschäftsfelder, den Projekt- und Fachverantwortlichen und der Beleg- schaft. Zurzeit sei eher eine übersteu- erte Zentralisierung von Seiten des Vorstandes zu erkennen. Bei „Impact“ als drittem Bestandteil der strategischen Weiterentwicklung sind alle Konzernprogramme zur Or- ganisation, technischen Ausstattung und Kostenorientierung vereint. Back sieht die Gefahr, dass die handelnden Personen überfordert werden könn- ten, da in der Spitze über 100 Pro- gramme zu „Impact“ unterwegs ge- wesen seien. Fortsetzung Seite 2 Desinvest Das Desinvestitionsprogramm „Desinvest 33+“ wurde 2013 auf- gelegt. Damit will sich der Kon- zern neuen Spielraum für künftige strategische Akquisitionen schaf- fen. Er will seine Aktivitäten in den drei Tätigkeitsschwerpunkten Stahl, Industriegüter und Dienst- leistungen weiter ausbauen. Da- mit sollen Ertragskraft und Wert des Unternehmens kontinuierlich gesteigert werden. Soziale Absicherung der Belegschaft gelungen! • Betriebsversammlung zieht nach Sparprogramm BiC-reloaded Bilanz. • Sechs Betriebsvereinbarungen und ein Haustarifvertrag unterzeichnet GBR-Vorsitzender Günter Back (Foto) setzte sich wie auch Willi Segerath in seinem Bericht bei der Betriebsversammlung kritisch mit den Fehlern des Managements auseinander. Symbolisch dargestellt wurde die Bereinigung durch einen Waschbären. Foto: Günter Reidick

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Wir. Die IG-Metall.bei Thyssen Krupp Steel Europe AG Werke Hamborn/Beeckerwerth

Heuschrecken machten sich bei Thys-sen breit. Überall: An den Wänden, auf dem Boden. Das Ungeziefer, das bei der Betriebsversammlung von TKS am 16. Oktober im Landschaftspark präsent war, sollte nur andeuten, was dem Konzern schlimmstenfalls drohen könnte. Die düstere Vision in die Fänge ausschließlich profitorien-tierter Investoren zu geraten, so der Tenor unter den Kollegen, dürfe nie-mals zur Realität werden.

Zu viele Erneuerungsprogramme

Die Betriebsratsvorsitzenden Günter Back und Willi Segerath befassten sich in ihren Berichten mit der strate-gischen Weiterentwicklung des Thys-senKrupp-Konzerns, Es treibe alle Kollegen um, wie das Management die drei wesentlichen Bestandteile für die Weiterentwicklung, die aus „Des-invest“, „Matrix“ und „Impact“ beste-hen, gestalten werde. Verkäufe und Stilllegungen, so Segerath und Back, seien an sich keine Strategien, denn wenn man es übertriebe, sei Thyssen mit seiner industriellen Wertschöp-fung nicht mehr auf dem Markt. „Es

geht uns nicht nur um den Stahlbe-reich, sondern um die gesamte Wert-schöpfungskette von ThyssenKrupp.“Bei dieser Diversifizierung geht es aus Sicht der Arbeitnehmervertreter um die Stärkung dieser Industriebereiche. „Dies geht nicht durch überzogenes Desinvest-Management, sondern nur über Investitionen in Forschung und Entwicklung, Anlagen und Men-schen“, betonten Back und Segerath. Die Betriebsratsvorsitzenden forder-ten für die stabile Zukunft des Kon-zerns und aller Arbeitnehmer „Inno-vation statt Stagnation“.

Unter Umsetzung der Matrix-Stra-tegie versteht der Betriebsrat nicht Befehlserteilungen ähnlich einer militärischen Hierarchie von oben nach unten, sondern im Rahmen ei-nes Netzwerkes gemeinsames Han-deln mit den Verantwortlichen der Geschäftsfelder, den Projekt- und Fachverantwortlichen und der Beleg-schaft. Zurzeit sei eher eine übersteu-erte Zentralisierung von Seiten des Vorstandes zu erkennen.Bei „Impact“ als drittem Bestandteil der strategischen Weiterentwicklung sind alle Konzernprogramme zur Or-ganisation, technischen Ausstattung und Kostenorientierung vereint. Back sieht die Gefahr, dass die handelnden Personen überfordert werden könn-ten, da in der Spitze über 100 Pro-gramme zu „Impact“ unterwegs ge-wesen seien.Fortsetzung Seite 2

DesinvestDas Desinvestitionsprogramm „Desinvest 33+“ wurde 2013 auf-gelegt. Damit will sich der Kon-zern neuen Spielraum für künftige strategische Akquisitionen schaf-fen. Er will seine Aktivitäten in den drei Tätigkeitsschwerpunkten Stahl, Industriegüter und Dienst-leistungen weiter ausbauen. Da-mit sollen Ertragskraft und Wert des Unternehmens kontinuierlich gesteigert werden.

Soziale Absicherungder Belegschaft

gelungen!• Betriebsversammlung zieht nach

Sparprogramm BiC-reloaded Bilanz.• Sechs Betriebsvereinbarungen und ein

Haustarifvertrag unterzeichnet

GBR-Vorsitzender Günter Back (Foto) setzte sich wie auch Willi Segerath in seinem Bericht bei der Betriebsversammlung kritisch mit den Fehlern des Managements auseinander. Symbolisch dargestellt wurde die Bereinigung durch einen Waschbären. Foto: Günter Reidick

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Wir lassen uns nicht zur Schlachtbank führenNasikkol: Unternehmenskultur braucht Solidarprinzip

Betriebsrat Tekin Nasikkol rief die Kollegen auf, gemeinsam daran mit-zuwirken, dass die Unternehmens-kultur bei TKS weiter im Sinne aller Mitarbeiter vom Solidarprinzip ge-tragen werde. „Dieser tief in uns lie-gende Glaube“, rief Nasikkkol allen Kollegen zu, „ist nun dabei, verloren zu gehen.“ Die Menschen hätten bei Entscheidungen immer eine zentrale Rolle gespielt. Jetzt werde das Schiff Schritt für Schritt von Investoren übernommen, die als einziges Ziel hätten, mit wenig Geld einzusteigen und dann möglichst hohe Profite zu erzielen. Nasikkol: „Für die sind wir nur Kühe, die gemolken werden. Und wenn nicht mehr genug Milch fließt, dann geht es zum Schlachthof, um den Restprofit herauszuschneiden. Das werden wir nicht zulassen.“Der Betriebsrat warnt das Unterneh-men davor, mit dem Feuer zu spielen. ThyssenKrupp dürfe sich nicht in die Hände „geldgieriger Haie“ begeben. Von denen sei kein Schutz des Un-ternehmens, erst recht keine positive Entwicklung zu erwarten. Tekin Na-sikkol richtete eine Kampfansage an alle Finanzinvestoren. „Hier sitzt eine stolze Belegschaft, die mit allen Mit-teln dafür kämpfen wird, dass dieses Unternehmen unangetastet bleibt und wir auch in Zukunft unseren

Qualitätsstahl hier weiter produzieren werden.“Mit dem Sparprogramm werde viel von der Belegschaft abverlangt. Die habe ihre Hausaufgaben gemacht, sagte Nasikkol, und sie erwarte daher eine klare Zukunftsperspektive vom Vorstand. Er müsse klare Antworten geben auf die Fragen aller Kollegen:• Was sind die Absichten der Inves-toren?• Wie werden Investoren handeln, wenn das Unternehmen in den nächsten Jahren nicht den erhofften Profit bringen wird?• Inwieweit greifen Investoren bereits heute in Entscheidungen bei Thys-senKrupp ein?• Hat das Unternehmen die Situation überhaupt noch im Griff?

Thyssen darf nicht mit dem Feuer spielen, warnt Tekin Nasikkol. Foto: Günter Reidick

Fangen und grillenEine vorausschauende Personal-planung vom Vorstand forderte VK-Leiter Wilfried Müller. „Ich sehe schon eine Bombe in Essen, an der mehrere Lunten befestigt sind. Wir lassen uns nicht filetieren.“ Er warnte das Management davor, mit sinnlosen und nicht durchdachten Maßnahmen Arbeitsplätze abzu-bauen. Durch die Gier nach Mehr dürfe keine Schneise der Arbeitslo-sigkeit hinterher gezogen werden. Müller warf dem Vorstand vor, jah-relang nur geradeaus gefahren zu sein, ohne nach rechts und links geblickt zu haben. „Wo bleiben Innovation, Mut und Kreativität“, fragte der VK-Leiter. Die Schie-ne werde Zukunft haben, „doch wir haben sie abgestoßen.“ Müller ging auf die Heuschrecken ein, die überall in der Kraftzentrale zu fin-den waren. „Sie lauern und zirpen schon. Doch wir können lauter zir-pen, wie ein Orkan. Wir machen die Spielchen nicht mit, werden keine Opfer von Heuschrecken, die den Einfluss auf die Unternehmenspo-litik wollen. Was machen wir mit ihnen? Die Antwort kam von Kol-legen aus dem Saal. „Fangen und grillen.“

Fortsetzung von Seite 1In ihrem Bericht gingen Segerath und Back auch auf das Thema Impact ein.„DaProh“: Datenprozessharmonisie-rung, um die unterschiedlichen Da-tenprozesse, die noch nicht einmal miteinander kompatibel seien, für den Konzern verständlich zu machen.„Unite“: Hier handelt es sich im We-sentlichen um die IT-Plattform, die notwendig ist, um DaProh vom Kopf auf die Beine zu stellen und„Synergie+“: Damit sei die Einkauf-sinitiative gemeint, um auch diese Prozesse effektiver zu gestalten. Ge-

steuert werde die strategische Weiter-entwicklung durch das ACT (Achieve Change Thyssen Krupp)-Programm, mit dem der Wandel bei Thyssen-Krupp gestaltet werden solle. Der Beitrag von TKS zu dem angestrebten Wandel, so Back, sei nach dem Willen des Vorstands das Projekt „BiC (Best in Class) reloaded“.Kritisch sehen Betriebsrat und IG Metall die Gedankenspiele des Vor-standes, ein additives „Shared Ser-vices-Projekt“ in Betracht zu ziehen. Wenn überhaupt, so Segerath und Back, gehe „Global Shared Services“

nur unter dem Dach von Thyssen-Krupp in Essen, mit betrieblichen Satelliten und zu vernünftigen tarif-lichen Konditionen.Jetzt sei das Management an der Rei-he, gemachte Fehler zu korrigieren. „Wenn es diese Nieten in Nadelstrei-fen in der Vergangenheit durch ihre Fehlentscheidungen auch noch ge-schafft haben, unsere Arbeitsplätze zu verzocken, dann wird diese Republik wieder von uns Stahlarbeiterinnen und Stahlarbeitern bei ThyssenKrupp hören.“ Der Vorstand wurde aufgefor-dert, sich an Verträge zu halten.

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„Die Auseinandersetzung mit ,BiC reloaded‘ setzen wir in den Betrieben fort“ Günter Back im Interview

Die Thyssianer sorgen sich um ihre Arbeitsplätze. Täglich tauchen neue Gerüchte und Meldungen auf, die Mitarbeiter um ihre Zukunft bangen lassen. Wir sprachen mit dem Ge-samtbetriebsratsvorsitzenden Günter Back über die Stimmung im Betrieb und die Entwicklung des Projektes ‚BiC reloaded‘ bei ThyssenKrupp Steel Europe.

Spielen die Arbeitgeber mit verdeck-ten Karten?In diesem Fall nicht. Es gibt zu vie-le Sachverhalte, über die wir immer gemeinsam nach Lösungen suchen müssen. Wir haben eine Beteiligungs-vereinbarung und sind im Beirat des Projekts vertreten. Die Informationen, die dem Lenkungskreis vorliegen, be-kommen wir 1:1 übermittelt. Wenn Maßnahmen geplant sind, werden wir rechtzeitig mit in die Planung eingebunden.

Fürchten Kollegen um ihre Arbeits-plätze?Ja. Durch eine Umorganisierung im Betrieb können sie ihren Arbeits-platz verlieren. Sie haben nur eine Beschäftigung im Betrieb garantiert. Sie müssten sich umstellen, lernten neue Arbeitsabläufe kennen. Bei vie-len Kollegen besteht die Hoffnung, weiter aufzusteigen, sie müssten bei anderer Tätigkeit wieder einen Neu-anfang starten.

Was will der Betriebsrat auf jeden Fall verhindern?Dass junge Leute keinen Zugang mehr zu unserem Unternehmen be-kommen und dadurch das Knowhow, das Ältere erworben haben, nicht mehr weitergegeben werden kann. Es muss über den Wissenstransfer hier bleiben.

Was erwartest du nach der Unter-zeichnung der Vereinbarungen zu ‚BiC reloaded‘?

Die Unruhe im Betrieb ist weiter da. Spontane Aktionen sind jederzeit möglich. Der Betriebsrat wird in Pau-sen informieren. Wir stehen auf jeden Fall so lange Rede und Antwort, bis alle Fragen, die den Kollegen auf den Nägeln brennen, beantwortet sind. Auch um den Preis, dass dann die Ar-beit weiter ruht.

Im Oxygenstahlwerk sind in über 50 Jahren mehr als 200 Mio Tonnen

Junge Leute brauchen einen Zugang zum Unternehmen, betont Günter Back. Foto: VKL

Rohstahl hergestellt worden. Wird die Zukunft für dProduktion und Mitar-beiterstamm gesichert sein?Ich hoffe auf viele weitere Millionen. Wir haben eine Kapazität von 14 Mio Tonnen. Bei 90 bis 95 Prozent gehen wir von Vollauslastung aus. Der Vor-stand will bis 2020 ja 12,8 Mio errei-chen Zur Zeit liegen wir bei 11,5 Mio, weil der Markt nicht mehr hergibt. Wir hoffen, dass die europäische Krise schnell vorüber ist.

Mehr Plätzefür die KitaEin Problem, das vor al-lem alleinerziehende Frauen und auch Fami-lien betrifft, schilder-ten Annegret und Ali in ihrem Rollenspiel. In der Kita Stahlsternchen stünden zu wenig Plät-ze zur Verfügung. Sind dort etwa nur Kinder von AT-Frauen?, fragten sie provozierend. Die beiden forderten einen Ausbau und eine Verkürzung der Wartezeit. Die Pläne lägen doch in der Schub-lade, wobei sich auch Land und Bund an Kosten beteiligen würden. Der Vorwurf der Beiden: Der Vorstand habe Geld in Übersee ’rausgeschmissen, hier dürfe er nicht kneifen. „Stahl und damit auch unsere Kinder haben Zukunft“, appellierten die Kritiker an das Management, schnell zu han-deln. Sie forderten ein Sparprogramm mit Sinn und Verstand und den gegenseitigen Respekt vor der Leistung im Unternehmen: Vom Pförtner bis zur Leitung.

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V.i.S.d.P.: Jürgen Dzudzek, IG Metall, Stapeltor 17-19, 47051 Duisburg

Tarifvertrag sichert Arbeitsplätze bis 2020Jürgen Dzudzek: Tarifvertrag ist fundamental

Allergrößte Sorgen um den Konzern machte sich IG-Metall-Bevollmäch-tigter Jürgen Dzudzek. ThyssenKrupp sei mittlerweile so stark fremdfi-nanziert, dass die Situation bedroh-lich sei. Das Verhältnis vom Fremd- zum Eigenkapital sei nicht mehr im Gleichgewicht. Mit einer Gearingrate von 184 sei eine Größenordnung er-reicht, die die Finanzierer nicht mehr akzeptieren müssen. Banken haben ein Sonderkündigungsrecht, sobald 150 erreicht ist. Die magische Grenze, so Dzudzek, sei vom Konzern über-schritten worden. Eigenverantwor-tung und eigenes Handeln würden schrittweise eingeschränkt.Dzudzek sieht in der Entwicklung einen gravierenden Schritt zur Zu-spitzung der Krise. Man sei auf das Wohlwollen der Geldgeber angewie-sen. Mit dem Kostensenkungspro-gramm BiC-reloaded versuche Thys-senKrupp eine Antwort auf die Krise zu geben. Dabei sei wichtig, dass auch das Interesse der Beschäftigten gesehen werde und ihnen Perspekti-

ven geboten würden. Dies sei umso wichtiger, weil sich auch der Markt in einer Krise befinde. Die Verhand-lungen, die seit Februar mit dem Vorstand geführt wurden, sind jetzt zum Abschluss gekommen. Zum Ver-handlungspaket gehört auch der zu-sätzliche Tarifvertrag nur für TK Steel Europe. Dzudzek: „Der Beschäfti-gungssicherungs-Tarifvertrag ist 30 Jahre alt. Dort ist tarifvertraglich si-chergestellt, dass unsere Tradition, wonach es im Stahlbereich seit dem 2. Weltkrieg keine betriebsbeding-ten Kündigungen gegeben hat, auch

in Wirtschaftskrisen funktioniert.“ Dzudzek sprach von einem funda-mentalen Tarifvertrag, der einerseits betriebsbedingte Kündigungen aus-schließe, andererseits Arbeitszeitver-kürzungen in Krisensituationen bein-halte. In der gesamten Stahlindustrie hat der Vertrag eine Laufzeit bis Ja-nuar 2016, bei TKSE bis 2020.Als besonders wichtig wertete Dzu-dzek die Festschreibung des 8-Stun-den-Tags, damit nicht durch Ver-schiebungen Arbeitsplätze gefährdet werden könnten. Die Bezahlung konnte um 15 Minuten/Woche er-höht werden. Dzudzek sieht den Abschluss des Vertrages, der am 23. Oktober unterzeichnet worden ist, nur als Abschluss der 1. Etappe. Dzu-dzek: „Die Auseinandersetzung ist noch nicht beendet. Wir müssen sie mit euch gemeinsam weiter aktiv mit Druck führen. Nur mit gemeinsamen und solidarischen Lösungen haben wir eine Chance, uns weiter durchzu-setzen und den Angriff auf Geld und Arbeitsplatz abzuwehren.“

Splitter von derBetriebsversammlung

Thomas SchlenzArbeitsdirektor Thomas Schlenz sieht einen Kulturwandel im Kon-zern. „Wir haben für die Produkti-onsgröße gekämpft und 12,1 Mio Tonnen erreicht.“ Sie ist ein Ver-trauensvorschuss. Kritik übte er an der bisherigen Praxis bei Verbesse-rungsvorschlägen. Es dürfe nicht sein, dass es zwei Jahre dauert, bis Kollegen eine Antwort erhielten und ihr Vorschlag dann mit 67 Euro honoriert würde. Schlenz will dafür werben, 70 Auslerner zu Lokführern umzuschulen. In Sachen Kita mel-dete er Vollzug: Bis zum 30. Sep-tember 2014 sei die Erweiterung abgeschlossen.

Willi SegerathBetriebsratsvorsitzender Willi Sege-rath sieht noch Restrisiken, die die Existenz von TKSE gefährden könn-ten. Dazu zählt er den Verkauf von Steel Americas, Verschuldung von Outokumpu, Compliance (Preisab-sprachen gegenüber Automobil-Kun-den könnten Konzern ins Wanken bringen), sowie Kapitalaufstockung. Der Vorstand sei zumindest auf dem Weg, Fehler zu korrigieren. Auch die Politik sei gefragt. Doch er warnt vor Misserfolgen: „Wenn diese Nieten in Nadelstreifen es auch noch schaffen, unsere Arbeitsplätze zu verzocken, stehen fast 60000 Arbeitnehmer auf der Straße.“

Vereinbarungen zu „BiC reloaded”:- Ergänzungsvereinbarung zur Übernahme von Ausgebildeten- Änderungsvereinbarung zur GBV 20.11.2006 über die regelmäßige betriebsübliche Arbeitszeit nicht leitender AT-Angestellter- Ergänzungsvereinbarung zu Ab-wicklung ATZ v PEAG- Sozialplan- Interessenausgleich- Frage-und Antwortkatalog- Tarifvertrag zur Beschäftigungs-sicherung für TKSE vom 18.09.13

Nächste BetriebsversammlungWerke Hamborn/Beeckerwerth: 12. Dezember, Kraftzentrale. Achtung, geänderte Zeiten! Vormittags: Be-ginn 9 Uhr. Nachmittags: Beginn 16.30 Uhr.