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www.Lrs.Koeln Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Lesen und Rechtschreiben (LRS)

Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Page 1: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

www.Lrs.Koeln

Beispiel eines schulischen Fremdsprachen-Förderkonzepts

für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Lesen und Rechtschreiben

(LRS)

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Anmerkung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Der Inhalt dieser Veröffentlichung ist nach bestem Wissen und Gewissen und mit Sorgfalt recherchiert. Er dient als Leitfaden und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

2. Auflage 2020, zitierte Vorschriften Stand 2020

Herausgeber:Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie e.V.c/o BüzEVenloer Straße 42950825 Köln

[email protected]

Unterstützt durch:• Beatrix-Lichtken-Stiftung• Binas - Rheinische Stiftung für Bildung

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Inhalt

Vorwort des Arbeitskreises 4 Wer wir sind: 4Um was geht es? 4Zielsetzung 6

‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ 7 1. Vorwort der Schule 72. Einleitung 83. Rechtliche Grundlagen 94. Feststellung 125. Spezifische Diagnostik in den Fremdsprachen 136. Förderung 147. Leistungsmessung und Nachteilsausgleich 17

Allgemeine Grundsätze: 17Nachteilsausgleich: 17Notenschutz: 18Wortschatzüberprüfung, Vokalbeltest 18Klassenarbeiten 19Sonstige Mitarbeit, mdl. Leistungen 20

8. LRS & Fremdsprachen-Unterricht in der Sek II 209. Zeugnisse 2110. Kommunikation und Kooperation 2211. LRS und Fremdsprachenauswahl 2312. Fortbildung 24

Anlagen 24 LRS und Fremdsprachen in der Primarstufe 25Der Rechtschreibtest 26LRS Englisch Diagnose 27Wortschatzdifferenzierung 28Hürden abbauen und Betroffene fördern - 29Vokabeltest mit differenzierender Bewertung 37Vokabeltest 38Bewertungsschema für Schreibaufgaben 39Literaturempfehlungen 40

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Vorwort des Arbeitskreises Wer wir sind: Der Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie e.V. ist ein Zusammenschluss von Eltern, deren Kinder und Jugendliche von einer LRS und/oder Rechenschwäche betroffen sind. Neben den Eltern arbeiten noch weitere Personen (Therapeuten, Lehrerfortbilder, Lehrer) im Arbeitskreis mit, die als Experten für diese Teilleistungsstörungen den Arbeitskreis beraten und begleiten. Wir sind in keiner Weise kommerziell ausgerichtet und mit keiner Therapieeinrichtung verknüpft.

Der Arbeitskreis verfolgt das Ziel, betroffene Eltern zu unterstützen, die Informationen, Hilfe und Beratung benötigen, um ihren Kindern die bestmögliche Förderung vor allem in der Schule zukommen zu lassen. In zweiter Linie will der Arbeitskreis aber auch Schulen und Lehrkräften Unterstützung und Kooperation anbieten, die ihren Umgang mit LRS und Rechenschwäche optimieren möchten.

Um was geht es?Eine große Zahl von Erwachsenen hat nicht richtig lesen und schreiben gelernt. Schon in der Schule fallen sie dadurch auf, dass sie sich schwer tun, die elementaren Regeln der Schriftsprache zu erwerben. Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 20% der Kinder und Jugendlichen von diesen besonderen Schwierigkeiten beim Lesen und Recht-schreiben betroffen sind. Verschiedene Gründe können dafür die Ursache sein, häufig liegt jedoch eine LRS bzw. Legasthenie vor. Die vielen unterschiedlichen Begriffe und Definitionen führen oft zu Verwirrung. Manche Personen verwenden sie gleichbedeutend, andere hingegen meinen verschiedenartige Schwierigkeiten bzw. Ursachen. Am meisten verbreitet  sind die Bezeichnungen ‚Legasthenie‘ für die genetisch bedingte Lese-Rechtschreibstörung und ‚LRS‘ (Lese-Rechtschreib-Schwäche) für Schwierigkeiten, die keine genetischen, sondern andere Ursachen haben (z.B. mangelnde Förderung).

Der für die Schulen in NRW maßgebliche sog. LRS-Erlass nimmt keine Unterscheidungen zwischen LRS, Legasthenie, Schwäche oder Störung vor und bezeichnet die Betroffenen als Kinder und Jugendliche mit „besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens“. Es spielt also schulrechtlich gesehen keine Rolle, ob eine ärztlich at-testierte Legasthenie oder nur eine vorübergehende Lernschwäche für die Lernprobleme verantwortlich ist.

Es ist eine zentrale Aufgabe der Schule, jungen Menschen ausreichende Kenntnisse des Lesens, Schreibens und Rechnens zu vermitteln, um ihnen eine Teilhabe an unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Betroffene Schüler haben jedoch erhebliche Schwierig-keiten, dieses Ziel zu erreichen. Eine Förderung der Betroffenen ist wichtig, damit sie eine Chance auf einen ihrem Potenzial entsprechenden Schulabschluss haben. Eine Reihe von Schulen widmet sich dieser Aufgabe durchaus erfolgreich. Es gibt jedoch auch viele Schulen, die sich aus den verschiedensten Gründen schwer tun, den betroffenen Schülern gerecht zu werden. Oft fehlt es an einem systematischen Förderansatz und an

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________________________________________________________________________________ Kooperation und Koordination, auch wenn sich einzelne Lehrkräfte engagiert um diese Kinder bemühen. In der Regel mangelt es dabei an Ressourcen, bisweilen auch an Kenntnissen und Haltungen, dass betroffene Kinder auf Hilfen angewiesen sind. So wird an einigen Schulen von Lehrkraft zu Lehrkraft unterschiedlich mit dem Thema LRS umgegangen. Dies führt zu Verunsicherungen der einzelnen Lehrkräfte, aber auch der Eltern von betroffenen Schülern. Es liegt auf der Hand, dass die Förderung der Betroffenen nur dann wirklich gut gelingt, wenn eine Schule ein umfassendes, klares und verbindliches Förderkonzept hat, das am wirklichen Können des Kindes ansetzt und dieses schrittweise weiter aufbaut.

Schüler, bei denen im Fachbereich Deutsch Schwierigkeiten beim Erlernen von Lesen und Schreiben erkannt werden, haben diese in vielen Fällen auch beim Erlernen einer Fremdsprache. Dies wird häufig nur untergeordnet wahrgenommen, da der Fokus ganz richtig vorrangig auf der Festigung der Deutschkompetenzen liegt. Aber insbesondere die englische Sprache, die allgemein den Ruf einer "leichten" Sprache hat, bietet besondere Herausforderungen für Schüler mit LRS, die einer besonderen Berücksichtigung bedürfen.

Viele Fremdsprachen-Lehrkräfte wollen selbstverständlich alle Schüler, die sie unterrichten, unterstützen und fördern. Gibt es für den Deutschunterricht hier schon seit langem eine Fülle von Materialien und didaktischen Ansätzen, so ist die Situation im Fremdsprachen-Bereich ungleich schwieriger. Hinzu kommt, dass Fremdsprachen-Lehrkräfte im Rahmen ihrer Ausbildung so gut wie nie mit dem Thema LRS konfrontiert werden. Auch das Fortbildungsangebot zu diesem Thema ist sehr überschaubar.

Angesichts dieser Situation fühlen sich viele Lehrkräfte hilflos im Umgang mit LRS. Bestenfalls ergreifen sie gutgemeinte Einzelmaßnahmen (z.B. Durchführung eines mündlichen statt schriftlichen Vokabeltests), um den besonderen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden. Solche Maßnahmen laufen jedoch Gefahr wirkungslos zu bleiben, wenn nicht auch an anderen Stellen systematisch LRS-spezifische Regelungen konzipiert und umgesetzt werden. Insofern erscheint es erforderlich, dass Schulen ein umfassendes LRS-Gesamtkonzept entwickeln und schrittweise umsetzen. Den Weg zu einem derartigen Gesamtkonzept und die dazugehörigen Elemente bzw. Bausteine darzustellen ist Ziel dieser Schrift.

Das hier vorgestellte Förderkonzept bezieht sich auf die Sekundarstufen 1 und 2. Da die Schriftsprache im Englischunterricht der Primarstufen nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt, ergibt sich nicht die Notwendigkeit für Grundschule, ein umfassendes Konzept zu entwickeln. Gleichwohl gibt es einige LRS-bezogene Hinweise für Lehrkräfte, die Englisch in der Primarstufe unterrichten. Sie sind in der Anlage 1 zu finden.

* z.T. übernommen aus der Broschüre „Beispiel eines Förderkonzepts (LRS)“

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Zielsetzung

Mit dieser Veröffentlichung will der Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie e.V. Schulen unterstützen, die ein systematisches LRS-Förderkonzept auch für Fremdsprachen entwickeln oder ein bereits bestehendes Konzept ergänzen und optimieren wollen.

Nach einer kurzen allgemeinen Einführung in die Thematik werden die einzelnen Elemente eines LRS-Förderkonzepts für Schüler mit Lese- und/oder Rechtschreibschwäche dargestellt. Dazu wird eine fiktive Gesamtschule vorgestellt, die sich umfangreich mit der Problematik auseinandergesetzt und ein ausführliches Konzept erarbeitet hat. Der Text ist so geschrieben und zu lesen wie er als Beschlussvorlage für ein Schulgremium lauten könnte (selbstverständlich ohne die Kommentare), ggf. mit einigen Abänderungen und Ergänzungen in einer Info-Schrift für die Erziehungsberechtigten abgedruckt sein könnte oder auf der Website der Schule erscheinen würde.

Mit diesem Vorgehen soll es interessierten Schulen einerseits ermöglicht werden, das Konzept oder Teile davon mit einigen Anpassungen direkt zu übernehmen. Andererseits können die hier vorgestellten Konzeptelemente als Orientierung für ein eigenes Förderkonzept dienen.

Die Darstellung der einzelnen Elemente wird jeweils mit einem Kommentar aus Sicht des AK versehen, um Begründungen und Zusammenhänge zu erläutern, aber auch, um Spielräume und Alternativen darzustellen. Zur besseren Lesbarkeit des Gesamttexts werden die Kommentare kursiv abgebildet.

Elemente eines LRS-Förderkonzepts unter Berücksichtigung der Fremdsprachen

Das Förderkonzept sollte mindestens die Elemente ‚Feststellung’, Förderung’ und ‚Leistungsmessung’ umfassen. Ergänzend halten wir es aus Sicht des AK für sinnvoll, auch die weiteren unten aufgeführten Aspekte einzubeziehen. Die Struktur eines gelungen Konzeptes könnte dann wie folgt aussehen:

• Vorwort• Einleitung (inkl. Begrifflichkeiten)• Rechtliche Grundlagen• Feststellung (Deutsch und Fremdsprachen)• Förderung (Deutsch und Fremdsprachen)• Leistungsmessung und Nachteilsausgleich (in den Fremdsprachen)• Kommunikation und Kooperation• Fortbildungen

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‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ Fremdsprachen-Förderkonzept für Schülerinnen und Schüler mit besonderen

Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens

Kommentar: Es handelt sich hierbei um eine fiktive Schule. Der Name wurde gewählt, weil die englische Schriftstellerin auch Legasthenikerin war. Der Titel des Förderkonzepts vermeidet bewusst die Begriffe ‚LRS’ und ‚Legasthenie’, sondern orientiert sich am Titel des entsprechenden Erlasses für die Schulen in NRW; dieser wird zwar umgangssprachlich ‚LRS-Erlass’ genannt, der Begriff ‚LRS’ wird jedoch im Erlasstext so wie auch in allen anderen schulrechtlichen Vorgaben bewusst vermieden. Der Grund dafür liegt in der uneinheitlichen Definition von LRS, aber auch in der Intention des Erlasses, alle Betroffenen mit Lese- und Rechtschreibproblemen zu erfassen, unabhängig von den zugrunde liegenden Ursachen.

1. Vorwort der SchuleJeder Schüler hat das Recht auf individuelle Förderung. Dieser Festlegung des § 1 des NRW-Schulgesetzes (siehe Seite 10 (B)) fühlt sich die ‚Agatha-Christi-Gesamtschule’ in besonderer Weise auch im Bereich der Fremdsprachen verpflichtet. Kollegium und Schulleitung verstehen hierunter sowohl die Forderung begabter und lernstarker Schüler als auch die Unterstützung langsam lernender oder mit besonderen Erschwernissen behafteter Kinder und Jugendlicher. Ein Teil unserer Schülerschaft hat mit besonderen Problemen beim Erlernen der Schriftsprache zu kämpfen, auch und vor allem beim Erlernen einer Fremdsprache. Für sie stellt das flüssige Lesen sowie das regelgerechte Schreiben eine große Hürde dar, die nur mit erheblicher Anstrengung überwunden werden kann.

Um diese Schüler frühzeitig zu erkennen und soweit im Rahmen von Schule möglich, optimal zu unterstützen, hat die ‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ ein umfassendes und systematisch entwickeltes Maßnahmenpaket rund um den Fremdsprachenunterricht geschnürt, das im Folgenden ausführlich dargestellt wird. Kommentar: Bei der Entwicklung eines fremdsprachlichen LRS-Förderkonzepts sollte bedacht werden, wie dieses in ein Gesamtkonzept der Schule und ihrer Entwicklung integriert ist. Bei der Darstellung des LRS-Förderkonzepts, z.B. auf der Website der Schule, sollte dieser Zusammenhang sichtbar werden. Darüber hinaus könnten in einem Vorwort noch weitere grundsätzliche Angaben zum Förderkonzept der Schule gemacht werden, z.B. seit wann es besteht und wie es ggf. verändert wurde. Auch die institutionelle Verankerung des Konzepts könnte erwähnt werden, ebenso wie ein Hinweis, in wessen Händen die Federführung bei der Thematik liegt (LRS-Beauftragter). Natürlich hat die Schule bei der Gestaltung eines Vorworts einen großen Spielraum, der entsprechend dem Schulprogramm der Schule ausgefüllt werden kann.

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________________________________________________________________________________ 2. Einleitung Die ‚Agatha-Christi-Gesamtschule’ folgt der schulrechtlichen Vorgabe, dass alle Schüler, die besondere Schwierigkeiten haben, unter die Regelungen des sog. ‚LRS-Erlasses’ fallen. Diese Schülergruppe wird entsprechend bei uns besonders gefördert, erhält auch in den Fremdsprachen bei Klassenarbeiten und sonstigen schriftlichen Übungen wie z.B. Vokabeltests, einen Nachteilsausgleich und ihre Rechtschreibleistungen werden nicht bewertet. Damit die Erlassregelungen angewendet werden, ist es nicht nötig, der Schule ein Attest oder einen ähnlichen Nachweis vorzulegen, denn es ist unsere Aufgabe festzustellen, wer diese besonderen Schwierigkeiten hat und somit unter den Erlass fällt (mehr dazu im Kapitel ‚Feststellung der LRS’). Wenn Eltern aus anderen Gründen Gutachten oder Arztberichte vorlegen, beziehen wir diese selbstverständlich in unsere Beobachtungen mit ein.Die nachfolgenden Bestimmungen stellen unser Konzept übergeordnet dar. Eine im Detail ausgearbeitete Form haben wir als „Leitfaden zum Umgang mit Kindern mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreiben bei Fremdsprachen“ in einem Ordner aufbereitet. Damit ist auch sichergestellt, dass neue Lehrer an der Schule sich schnell in das Konzept einarbeiten können.

Kommentar: Da rund um das Thema ‚LRS’ ein großes begriffliches Durcheinander herrscht, ist es unabdingbar zu klären, mit welchen Bezeichnungen (LRS, Legasthenie, Lese-Rechtschreibstörung, besondere Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens, Leseschwäche) und mit welchen Definitionen in einem schulischen Förderkonzept – und bei dessen Präsentation - gearbeitet werden soll. Hierbei wäre sowohl auf die verbreitete Unterscheidung zwischen der Lese-Recht-schreib-Störung, häufig mit Legasthenie gleichgesetzt, und einer Lese-Rechtschreib-Schwäche, auch LRS genannt, hinzuweisen. Viel wichtiger noch ist die Klarstellung für alle Mitglieder der Schulgemeinde, dass in den NRW-Schulen diese Unterscheidung jedoch nicht getroffen wird. In allen schulrechtlichen Dokumenten ist durchgängig von Kindern und Jugendlichen mit „besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens“ die Rede. Ob bei einer Darstellung des Förderkonzepts auch auf die jahrzehntelange wissenschaftliche Kontroverse zwischen der sog. medizinischen und der sog. pädagogischen Position (die an NRW-Schulen gültige!) hingewiesen wird, muss hier offen gelassen werden. Ein solcher Hinweis wäre allerdings hilfreich zum Verständnis des NRW-Erlasses, der im Kontrast steht zu den Auffassungen vieler Lehrer, aber auch vieler Eltern, welche mehr oder weniger bewusst die medizinische Position vertreten. Oftmals entwickeln engagierte Lehrer innerhalb einer Schule ein gutes Konzept für einzelne belastende Thematiken. Da die Zusammensetzung eines Kollegiums sich immer wieder ändert und auch Schulleitungen wechseln, geht ein guter Ansatz dann mitunter nach einiger Zeit wieder verloren. Zudem ist oft nicht hinreichend geklärt, welche Regelungen für die gesamte Schule verbindlich sind. Möglicherweise müssen sie, je nach Regelung, dazu erst von der Schulkonferenz verabschiedet werden, so dass ein intensiver Vorlaufprozess mit allen Beteiligten dazugehört. Deshalb halten wir verbindliche Handbücher für eine absichernde Notwendigkeit und zugleich für eine Arbeitshilfe. Alle Regelungen und Handreichungen können so leicht an neue Mitglieder des Kollegiums vermittelt werden und bleiben dadurch erhalten. Durch die Verschriftung aller Regelungen im Detail wird sichtbar, wo noch Unklarheiten oder unterschiedliche Auffassungen bestehen; damit bleibt das Konzept lebendig und kann nach und nach weiterentwickelt werden.

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3. Rechtliche Grundlagen Für die Fragen, wie die Schulen in NRW mit lese- und rechtschreibschwachen Kindern und Jugendlichen umgehen sollen, liegt eine Reihe von schulrechtlich relevanten Vorgaben und Hinweisen vor. Wir halten es für wichtig, dass alle am Bildungs- und Erziehungsprozess Beteiligten, vor allem aber die Lehrkräfte, die Regelungen kennen und umsetzen. Manche der Vorgaben sind eindeutig, andere hingegen vage und lassen Spielräume offen. Unser Konzept soll dazu beitragen, die Pflichten und Rechte aller Mitwirkenden eindeutig darzustellen. Weiterhin soll verdeutlicht werden, wie die ‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ die in den rechtlichen Vorgaben eröffneten Spielräume ausfüllt.

Die wichtigste rechtlichen Vorgaben sind:

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(A) sog. LRS-Erlass,Bass 14-01

Auszug: „3.1 - Zielgruppe: … für Schülerinnen und Schüler • der Klassen 1 und 2, denen die notwendigen Vorraussetzungen

für das Lesen- und Schreibenlernen noch fehlen und die die grundlegenden Ziele des Lesens- und Rechtschreibunterrichts nicht erreichen,

• der Klassen 3 bis 6, deren Leistungen im Lesen und Recht-schreiben über den Zeitraum von mindestens drei Monaten den Anforderungen nicht entsprechen (§48 Abs. 3 Nr. 5 Schulgesetzt NRW - Bass 1-1)

• der Klassen 7 bis 10, an Gymnasien mit achtjährigem Bildungsgang für die Klassen 7 bis 9, wenn in Einzelfällen deren besondere Schwierigkeiten im Lesen oder Rechtschreiben bisher nicht behoben werden konnten. Im Bedarfsfalle sollte hier eine schulübergreifende Fördergruppe eingerichtet werden.

Notenschutz ergibt sich aus: 4.1 „Die Rechtschreibleistungen werden nicht in die Beurteilung der schriftlichen Arbeiten und Übungen im Fach Deutsch oder in einem anderen Fach mit einbezogen.“ Nachteilsausgleich ergibt sich aus: 4.1 Bei einer schriftlichen Arbeit oder Übung zur Bewertung der Rechtschreibleistung (Anm. Diktat) im Fach Deutsch und in den Fremdsprachen kann die Lehrerin oder der Lehrer im Einzelfall eine andere Aufgabe stellen, mehr Zeit einräumen oder von der Benotung absehen und die Klassenarbeit mit einer Bemerkung versehen die den Lernstand aufzeigt und zur Weiterarbeit ermutigt. In den Fremdsprachen können Vokabelkenntnisse durch mündliche Leistungsnachweise erbracht werden.“ Elternarbeit: 4.1 "Die Erziehungsberechtigten sind über den Leistungsstand ihres Kindes zu informieren."

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(B) Schulgesetz NRW § 1:

„Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine wirtschaft-liche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung. Dieses Recht wird nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährleistet.“

(C) Schulgesetz NRW § 2 Absatz 4:

„Die Schule vermittelt die zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen und berücksichtigt dabei die individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler.“

(D) Schulgesetz NRW § 2 Absatz 5:

„Die Schule fördert die vorurteilsfreie Begegnung von Men-schen mit und ohne Behinderung. In der Schule werden sie in der Regel gemeinsam unterrichtet und erzogen (inklusive Bil- dung). Schülerinnen und Schüler, die auf sonderpädagogische Unterstützung angewiesen sind, werden nach ihrem individuel-len Bedarf besonders gefördert, um ihnen ein möglichst hohes Maß an schulischer und beruflicher Eingliederung, gesellschaft-licher Teilhabe und selbstständiger Lebensgestaltung zu ermöglichen."

(E) APO-SI§ 6 (9)

„Soweit es die Behinderung oder der Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung einer Schülerin oder eines Schülers erfordert, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter Vorbereitungszeiten und Prüfungszeiten angemessen verlängern und sonstige Ausnahmen vom Prüfungsverfahren zulassen. Entsprechendes gilt bei einer besonders schweren Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens. Die fachlichen Leistungsanforderungen bei Abschlüssen und Berechtigungen bleiben unberührt.“

(F) APO-GOSt§ 13 (7)

„Soweit es die Behinderung oder der sonderpädagogische Förderbedarf einer Schülerin oder eines Schülers erfordert, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter Vorbereitungszeiten und Prüfungszeiten angemessen verlängern und sonstige Ausnahmen vom Prüfungsverfahren zulassen; in Prüfungen mit landeseinheitlich gestellten Aufgaben entscheidet an Stelle der Schulleiterin oder des Schulleiters die obere Schulaufsichts-behörde. Entsprechendes gilt bei einer besonders schweren Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens. Die fachlichen Leistungsanforderungen bei Abschlüssen und Berechtigungen bleiben unberührt.“

(G) Arbeitshilfen: Gewährung von Nachteilsausgleichen für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung, Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und/oder besonderen Auffälligkeiten - für die Sekundarstufe I oder die Sekundarstufe II

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Kommentar:Selbstverständlich muss ein schulisches LRS-Förderkonzept vor dem Hintergrund dieser Vorgaben entwickelt und umgesetzt werden. Es bietet sich an, diese Vorgaben im Rahmen eines schulischen Förderkonzepts auch zu benennen, damit alle Beteiligten die Möglichkeit haben, sich zu informieren und auf der Grundlage eines gemeinsamen Kenntnisstandes Beratungen durchzu-führen und Entscheidungen zu treffen. An erster Stelle ist hier der sog. ‚LRS-Erlass’ von 1991 zu nennen, der den Rahmen für die zentralen Elemente eines Konzepts, nämlich die Diagnostik, die Förderung, die Leistungsmessung und -bewertung festsetzt.

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(H) Beschluss der Kultusminister-konferenz vom 04.12.2003 i.d.F. v. 15.11.2017- I.

Auszug:

„Für die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und im Rechtschrei-ben werden in Auswertung förderdiagnostischer Beobachtun-gen Förderpläne/Lernpläne entwickelt und für den individuell fördernden Unterricht genutzt. Sie sollen im Rahmen des schu-lischen Gesamtkonzeptes mit allen beteiligten Lehrkräften, den Eltern sowie den Schülerinnen und Schülern abgesprochen werden. Sie bilden die Grundlage für Maßnahmen der inneren und äußeren Differenzierung. Für Schülerinnen und Schüler mit erheblichen Schwierigkeiten im Lesen und im Rechtschreiben sind individuell einsetzbare Unterstützungsprogramme wie Intervallförderung oder Förderung in Zusatzkursen entwickelt worden.“

Das Recht auf Nachteilsausgleich leitet sich aus folgenden Gesetzen ab:

(I) • Grundgesetzt BRD Artikel 3 Abs. 3

• SGB IX § 126 Absatz 1

• UN-Behinderten-rechtskonvention der Vereinten Nationen Artikel 24 Absatz 2:

• „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

• „Die Vorschriften über Hilfen für behinderte Menschen zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile oder Mehrauf-wendungen (Nachteilsausgleich) werden so gestaltet, dass sie unabhängig von der Ursache der Behinderung der Art oder Schwere der Behinderung Rechnung tragen.“

• „Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertrags-staaten sicher, dassa) Menschen mit Behinderung nicht aufgrund von Behinde-rungen vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden;b) Menschen mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrat-iven (inklusiven), hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben;c) angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des einzelnen getroffen werden;d) Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern.“

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Da sich der Erlass jedoch nur auf die Primar- und Sekundarstufe I bezieht, sind in einem entsprechenden Förderkonzept ggf. auch die Sekundarstufe II-relevanten Vorgaben, die sich vor allem auf den Nachteilsausgleich beziehen, zu beachten. Mehr zu den rechtlichen Vorgaben findet sich unter den jeweiligen Abschnitten zur Förderung, Diagnostik und Leistungsmessung.

4. Feststellung

Es ist unsere Aufgabe festzustellen, welche Schüler besondere Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens haben. Von daher stellt bei uns die Deutschlehrkraft und die jeweilige Förderlehrkraft gemeinsam mit der LRS-Beauftragten fest, welche Kinder betroffen sind. Das entscheidende Kriterium ist, dass die Lese- und/oder die Rechtschreibung mindestens drei Monate lang den Anforderungen nicht genügen (LRS-Erlass, siehe Seite 9 (A)), d.h. also mit ‚mangelhaft‘ oder gar ‚ungenügend‘ bewertet würden. Es geht bei der Bestimmung der Zielgruppe also nicht um eine psychologische oder medizinische Diagnose, die im übrigen von den Lehrkräften auch gar nicht gestellt werden dürfte und könnte. Auch die Durchführung eines sogenannten LRS-Tests durch die Schule ist nicht vorgeschrieben, jedoch ist dieser sinnvoll, um Betroffene frühzeitig zu erkennen. Die Vorlage eines Attests durch die Erziehungs-berechtigten sieht der Erlass nicht vor, deshalb verlangt unsere Schule keinen derartigen Nachweis. Jedoch kann es in Einzelfällen (Grenzfällen) sinnvoll sein, den Erziehungs-berechtigten anzuraten, den Facharzt aufzusuchen, um dort eine Testung vornehmen zu lassen. Wenn Eltern aus anderen Gründen Gutachten oder Arztberichte vorlegen, beziehen wir diese selbstverständlich in unsere Beobachtungen mit ein.

Kommentar: Wenn es um die Feststellung bzw. Diagnose einer LRS oder Legasthenie geht, muss zwischen dem schulischen Bereich und dem medizinisch-therapeutischen, also dem außerschulischen Bereich, unterschieden werden. Innerhalb der Schule wird LRS anders betrachtet, definiert und diagnostiziert als außerhalb der Schule. Auch der Umgang mit der Störung stellt sich für Schulen anders dar als beispielsweise für Therapie-Institute. Bereits in der ersten Klasse kann eine LRS auffallen und je früher eine Förderung beginnt, desto besser ist es für den Schüler. Spätestens jedoch in der dritten Klasse sollten Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreiben aufgefallen sein. Leider kommt es jedoch häufig vor, dass eine LRS erst in der weiterführenden Schule auffällt. Selbstverständlich sollten nicht nur die Schüler gefördert werden, die ‚mangelhaft‘ oder ‚ungenügend‘ stehen, sondern jeder Schüler individuell. Im Hinblick auf mögliche diagnostische Verfahrensweisen, die Schulen umsetzen könnten, verweisen wir auf das LRS-Konzept für das Fach Deutsch vom Kölner Arbeitskreis LRS & Dyskalkulie e.V.

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________________________________________________________________________________ 5. Spezifische Diagnostik in den Fremdsprachen Es wird davon ausgegangen, dass beim Vorliegen besonderer Schwierigkeiten in Deutsch diese auch in der Fremdsprache auftreten. Insofern richtet sich die Fremdsprachen-Lehrkraft nach der Diagnose, welche von der Deutschlehrkraft bereits durchgeführt wurde. Sollten Auffälligkeiten erst im Fremdsprachenunterricht auffallen, kann die Fachlehrkraft auch eine Testung beim LRS-Beauftragten (der Schule) anregen.

Diese allgemeine Diagnose ist für den Fremdsprachenunterricht insofern relevant, als sie den Anspruch der Schüler auf besondere Fördermaßnahmen sowie Ausnahmen bei der Leistungsmessung und dem Nachteilsausgleich auch in den Fremdsprachen betreffen. Aufgrund dieser allgemeinen und noch relativ unspezifischen Diagnose ergreifen die Fremdsprachen-Lehrkräfte bereits Maßnahmen für den Fachunterricht, die man mit dem Begriff ‚Hürden abbauen‘ zusammenfassen kann (mehr dazu im folgenden Kapitel).

Ergänzend führen wir im Fach Englisch eine spezifische förderorientierte Diagnostik durch mit dem Ziel, ein konkretes Stärken-Schwächen Profil der betroffenen Schüler zu erstellen, welches wiederum die Grundlage für gezielte Fördermaßnahmen im Bereich der Laut-Buchstaben-Korrespondenz ist.

Weiterhin analysieren wir möglichst viele der vom Schüler geschriebenen und vorgelesenen Texte aus dem Unterricht, um weitere Ansatzpunkte für eine Förderung zu gewinnen.

Kommentar: Bedauerlicherweise gibt es im Gegensatz zum Bereich Deutsch nur sehr wenige spezifische Diagnoseinstrumente für die Fremdsprachen. Zwar sind auf dem Buchmarkt sowie im Internet einige wenige Fördermaterialien erhältlich, jedoch sehen die allermeisten davon keine vorangehende Diagnostik vor. Eine solche Diagnostik ist jedoch für einen gezielten Förderprozess eigentlich unerlässlich. Lediglich das wordly-Trainingsprogramm sowie die Fördermaterialien von Bert Kerstin (AOL-Verlag) beinhalten eine Individualdiagnostik (s. Anhänge 2 und 3). Unabhängig von einem möglichen Einsatz von speziellen Diagnoseinstrumenten bieten natürlich alle schriftlichen Texte sowie die Leseleistungen eines Betroffenen eine Grundlage zur Erstellung einer groben Diagnose. Diese sollte durch Gespräche mit dem Schüler, seinen Erziehungs-berechtigten und ggf. involvierten Therapeuten ergänzt werden. Zur weiteren Abklärung könnte eine Lehrkraft selbst konzipierte Tests erstellen, mit deren Hilfe spezielle Problembereiche des Schreibens bzw. Lesens abgeklärt werden könnten.

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6. FörderungGrundlage für die Fördermaßnahmen an der ‚Agatha-Christie-Gesamtschule‘ sind vor allem die Vorgaben des sog. LRS-Erlasses (siehe Seite 9 (A)).Für die Fremdsprachen können an der ‚Agatha-Christie-Gesamtschule‘ keine gesonderten LRS-Förderkurse angeboten werden. In diesen Fächern wird die Förderung der betroffenen Schüler im Regelunterricht durch Maßnahmen der Binnendifferenzierung umgesetzt.

Unabhängig davon sehen es alle Lehrkräfte der ‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ als ihre Aufgabe an, lese- und rechtschreibschwache Kinder besonders zu fördern. Neben der Verbesserung der Rechtschreib- und Leseleistung unterstützen die Lehrkräfte aller Fächer die betroffenen Schüler dabei,• Selbstvertrauen (wieder) aufzubauen,• Begleiterscheinungen wie z.B. Verzweiflung, Frustration, Schulangst, Prüfungsangst,

Hausaufgabenstress abzubauen,• sich ihrer Stärken bewusst zu werden und ihre Resilienz (psychische Widerstands-

fähigkeit) zu stärken und• Schule als Ort zu erleben, an dem sie sich wohl fühlen und ernst genommen werden.

Wie im Deutschunterricht können auch in den Fremdsprachenfächern Hürden abgebaut werden, die es betroffenen Schülern schwer machen, dem Unterricht einigermaßen erfolgreich zu folgen. Wir ermöglichen durch besonderes Unterrichtsarrangement allen Schülern, in ihrem individuellen Tempo zu lernen. Eine weitere Maßnahme besteht in der Differenzierung des Lernstoffs für ein Basis- und einem Zusatzniveau. Dies gilt sowohl für den Wortschatz- als auch für den Grammatikerwerb.

Eine angepasste Textformatierung soll den betroffenen Schülern ebenfalls helfen, ihr Leseverstehen zu schulen (siehe Tabelle Seite 15 „Hürde Textformatierung).

Außerdem legt die ‚Agatha-Christie-Gesamtschule‘ im Fremdsprachenunterricht großen Wert auf intensives Üben, um Lernfortschritte auch nachhaltig zu sichern. Neben den zuvor aufgeführten allgemeinen Prinzipien werden im fremdsprachlichen Fachunterricht noch folgende Maßnahmen angewandt, um die von LRS betroffenen Schüler zu unterstützen:

• Bewusstmachung von sprachlichen Regeln• Erklärungen in Deutsch• Vermitteln von Lerntechniken• hohe Sprechanteile im Unterricht• visuelle und anschauliche Grammatikerklärungen und Vokabeldarstellungen

Unabhängig vom oben beschriebenen Abbau von Hürden führen wir im Fach Englisch, gestützt auf die weiter oben beschriebene Diagnostik, ein zielgenaues Training der Laut-Buchstaben-Verbindungen mit Hilfe eines speziellen Trainingsprogramms durch.

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Page 15: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Kommentar: Vielen Schulen gelingt es nur bedingt, den ihnen zugewiesenen Förderauftrag vollständig wahrzunehmen. Nicht selten fehlen hierfür einfach die Ressourcen. Allerdings lässt sich unabhängig von einer eigentlichen Förderung ohne großen finanziellen oder personellen Einsatz, zumindest ein Teil der Hürden abbauen, mit denen betroffene Kinder und Jugendliche tagtäglich im Unterricht zu kämpfen haben. Einige dieser Maßnahmen werden im Folgenden kurz dargestellt.

Hürde ‚Einheits-tempo‘

Das Lern- und Arbeitstempo bei Schülern ist bekanntermaßen unter-schiedlich. So benötigen langsame Lerner viermal soviel Zeit wie ihre schnellen Mitschüler. Schüler mit einer LRS benötigen noch einmal mehr Zeit zum Lesen und Schreiben und damit auch zum Bearbeiten von Lernaufgaben im Unterricht (und zu Hause). Wenn Unterricht im Einheitstempo durchgeführt wird, kommen viele Schüler einfach nicht mit. Diese Hürde lässt sich durch eine flexiblere Unterrichtsorganisation abbauen, bei der keine starren Zeitvorgaben gemacht werden, sondern Zeiträume vorgegeben werden, in denen die langsamen Schüler die Chance zur vollständigen Durchführung der Aufgaben haben, während schnellere im gleichen Zeitraum mehr oder andere Aufgaben erledigen. Hierfür ist es notwendig, zuvor den Unterrichtsstoff in einen Basis- und einen Zusatzteil zu gliedern.Solche Unterrichtsverfahren fallen unter den Sammelbegriff des‚ offenen Unterrichts‘ und werden an einigen Schulen bereits seit geraumer Zeit praktiziert.

Hürde ‚Text-forma-tierung‘

Eine weitere Hürde, allerdings weniger grundsätzlicher Natur als die vorherig benannte, besteht darin, dass Lernmaterial, vor allem also Texte, aufgrund ihrer Formatierung für LRS-Betroffene schwer lesbar sind. Folgende Maßnahmen können hier Abhilfe schaffen: legastheniefreundlicher Schrifttyp (z.B. Comic Sans, Open Dyslexic), Schriftgröße 14, größerer Zeilenabstand sowie größerer Wortabstand (doppelte oder dreifache Leerzeichen).Kommentar:Wenn Lehrkräfte ihren Schülern oder deren Eltern Texte vor ihrer Verwendung im Unterricht digital zur Verfügung stellen, könnten diese die Umformatierung selbst im Vorfeld vornehmen.

Hürde ‚Stoffdruck'

Auch die neuen in NRW gültigen Kernlehrpläne sind dermaßen überladen, dass sie einen enormen Stoffdruck auf alle Beteiligten ausüben. Die aller-meisten Lehrkräfte beklagen das krasse Missverhältnis zwischen Lehrplan-fülle und Unterrichts- bzw. Lernzeit. Da aber Lernplan bzw. Lehrwerk von ihnen oftmals als zwingende Vorgabe betrachtet werden, wird in der Regel ein hohes Unterrichtstempo praktiziert; die mangelnde Nachhaltigkeit einer solchen Unterrichtspraxis ist den Handelnden zwar bewusst, wird aber in Kauf genommen. Die Folgen, insbesondere für langsam Lernende und noch einmal verschärft für von LRS Betroffene - liegen auf der Hand: Sie kommen einfach nicht mit, da sie nicht ihre individuell notwendige Lernzeit erhalten. Als weitere Konsequenzen stellen sich nach einiger Zeit Miss-erfolgserlebnisse, fehlende Selbstwirksamkeitserfahrungen und schließlich ein deutlicher Motivationsverlust ein; die betroffenen Schüler geraten in einen schulischen Teufelskreis.

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Weitere allgemeine Fördermaßnahmen sind: ein kleinschrittiges Vorgehen, intensives Üben, Schüleraktivierung, eine ermutigende Lernatmosphäre sowie Zeitzugaben bei schriftlichen Aufgaben. Weitere Möglichkeiten finden Sie im Anhang 5 „Hürden abbauen und Betroffene fördern“.

Hürde ‚Stoffdruck'

Die Lösung dieses wohl größten Problems der Schule kann nur in einer Differenzierung des Lernstoffs liegen, damit schnelle und begabte Schüler zügig und viel lernen können, andere Lernende aber genug Zeit erhalten, um die zentralen Kompetenzen, die in der Schule erworben werden soll-ten, auch wirklich gründlich und vor allem dauerhaft zu erwerben. Lernen benötigt Zeit zur Vertiefung und Wiederholung, nur dann bleibt etwas ‚hängen‘. Wenn Lehrer diese Zeit in ihrem Unterricht nicht zur Verfügung stellen, ist der gesamte Lernprozess fragwürdig. Es wird zwar viel unterrichtet und durchgenommen, wegen dieser Fülle wird aber wenig gelernt. Die Lösung liegt in dem im ersten Moment paradox klingenden Prinzip, weniger durchzunehmen, dafür aber gründlicher. Im Endeffekt lernen Schüler auf diese Weise mehr als bei einem bei einem übervollen Lehrplan. Eine Reduzierung des Lernstoffes führt also insgesamt gesehen zu besseren Lernleistungen. Damit ist auch dem Einwand vieler Lehrer zu begegnen, die angesichts von Standards und zentralen Prüfungen zögern, den Lernstoff auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren.Exemplarisch soll dies am Beispiel des Wortschatzerwerbs erläutert wer-den. Schüler mit LRS sind normalerweise mit dem Wortschatz der gängi-gen Lehrwerke hoffnungslos überfordert. Sie müssen Aussprache, Ortho-grafie und Bedeutung sowie die strukturellen Eigenschaften der jeweils neuen Wörter einer Lektion simultan erlernen. Angesichts von Vokabel-pensen von 60, 70 und mehr Wörtern pro Lektion kann dies nicht gelingen. Ein pädagogisch und didaktisch sinnvoller Ansatz kann in der Differen-zierung zwischen einem sog. Kernwortschatz (core vocabulary) und einem Erweiterungswortschatz (fringe vocabulary) liegen. Das Kernvokabular umfasst die verwendungshäufigsten Wörter der Sprache und sollte deshalb besonders intensiv gelernt werden. Die Lehrkraft sollte also vor Einstieg in eine neue Lektion einen Teil des Wortschatzes als Kernwörter kennzeichnen. Hilfreich bei der Festlegung des Kernwortschatzes sind die diversen im Internet verfügbaren Listen. Diese sind von Schülern mit LRS rezeptiv (lesend und hörend) und produktiv (schreibend oder sprechend) mündlich wie schriftlich möglichst zu beherrschen. Der restlich Wortschatz kann zunächst teilweise oder ganz als rezeptiv (lesend und hörend) zu beherrschen deklariert werden. Neben oder auch statt der Orientierung an Kernwortschatzsammlungen könnte auch die Regelhaftigkeit von Phonem-Graphem-Beziehungen ein Auswahlkriterium für die aktiv zu beherrschenden Wörter sein. Bei einer Kombination beider Kriterien käme man für besonders langsame Lerner zu einer dreifachen Differenzierung, wie sie am Beispiel einer Lehrbuchlektion im Anhang 4 zu sehen ist.

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Wie eine unlängst veröffentliche Metastudie (siehe Seite 40 Literaturhinweise) zeigt, liegt der effektivste Förderansatz bei einer LRS in einer gezielten Entwicklung der phonologischen Bewusstheit, d.h. in der Vergrößerung des impliziten und expliziten (unbewusstes und erlerntes) Wissens um die Laut-Schrift-Strukturen einer Sprache. Voraussetzung für eine zielgerichtete Förderung ist die Feststellung der Lernausgangs-lage, denn die ist bei den Betroffenen individuell höchst unterschiedlich. Nach der Durchführung entsprechender Tests ergibt sich bzgl. der Lese- und Schreibleistungen ein Stärken-Schwäche-Profil, an dem ablesbar ist, welche Graphem-Phonem-Beziehungen bereits beherrscht werden und welche sich noch im Aufbau befinden. Auf dieser Grundlage lässt sich ein individueller Förderplan erstellen. Mit Hilfe spezieller Übungs-materialien kann sodann die eigentliche Förderung beginnen, im Fachunterricht Fremdsprache, in offenen Lernzeiten oder auch zu Hause. Idealerweise sollte die Förderung in einem sog. Förderkreislauf stattfinden (Bestimmung der Lernausgangslage - Erstellung eines Förderplans - Förderung - Evaluation).

7. Leistungsmessung und Nachteilsausgleich

Allgemeine Grundsätze: Die ‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ folgt im Rahmen der Leistungsmessung den entsprechenden Vorgaben des sog. LRS-Erlasses (siehe Seite 9 (A)), der für lese- und rechtschreibschwache Schüler zwei besondere Regelungen vorsieht, den Nachteils-ausgleich und ein Abweichen von den Grundsätzen der Leistungsbewertung (den sog. Notenschutz). (siehe Tabelle S. 9-11)

Nachteilsausgleich: Allen Schülern die besondere Schwierigkeiten mit dem Lesen und/oder der Rechtschreibung haben und somit unter den Erlass fallen, wird an der ‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ ein Nachteilsausgleich (NA) gewährt. Die Art des Nachteilsausgleichs wird individuell auf die betroffene Person abgestimmt. Als Prinzip gilt, dass der NA so gestaltet sein muss, dass der individuelle Nachteil auch tatsächlich ausgeglichen wird. Damit soll eine Chancengleichheit hergestellt werden. Der NA kann auf verschiedene Weisen umgesetzt werden, z.B. durch eine Zeitverlängerung, die bis zu 50% der regulär angesetzten Arbeitszeit betragen kann, durch eine besonders geeignete Formatierung von Texten oder technische Hilfsmittel wie z.B. die Benutzung eines Laptops usw. Weiterhin kann eine Leistungsüberprüfung auch mündlich durchgeführt werden (z.B. Vokabeltests) usw. (siehe Anlage 5). Auch das Vorlesen von Aufgabenstellungen kann eine Hilfe darstellen. Bei der Entscheidung, welcher Nachteilsausgleich angemessen ist, sind die Lehrkräfte auf die unterstützende Beratung der Erziehungsberechtigten und ggf. außerschulischer Therapeuten angewiesen.

Der Nachteilsausgleich wird in allen Fächern bei schriftlichen Übungen (Lernzielkontrollen, Vokabeltests etc.) und bei Klassenarbeiten gewährt. Dies betrifft wegen der Textaufgaben auch das Fach Mathematik. Der NA und der Förderplan müssen dokumentiert werden.

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Kommentar: Durch den Nachteilsausgleich werden Betroffene gegenüber ihren Mitschülern nicht bevorzugt, er ist vielmehr dazu gedacht, den Nachteil, unter dem Betroffene leiden, auszugleichen, also eine gewisse Chancengleichheit herzustellen. Die häufigste Maßnahme eines Nachteilsausgleiches besteht in einer Zeitzugabe bei Klassenarbeiten. Dadurch dass der NA individuell festgelegt werden muss, verbieten sich pauschale Lösungen wie etwa eine 15-minütige Zeitverlängerung für alle Schüler mit LRS.

Notenschutz: Die zweite per Erlass vorgesehene Maßnahme ist der sog. Notenschutz. Dement- sprechend wird die Rechtschreibleistung bei der Bewertung von schriftlichen Übungen und Klassenarbeiten nicht berücksichtigt. Dies gilt für alle Fächer.

Kommentar: Die Vorschrift des LRS-Erlasses bzgl. des Notenschutzes ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Erläuterungen. Dennoch wird häufig dagegen verstoßen.

Wortschatzüberprüfung, Vokalbeltest An der ‚Agatha-Christie-Gesamtschule‘ können Schüler mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben, Vokabeltests in den Fremdsprachen auch mündlich absolvieren.Bei der Korrektur von Vokabeltests verwenden die Fremdsprachenlehrkräfte Formate, die lexikalische Fehler und Rechtschreibfehler getrennt ausweisen. Damit soll einerseits der Notenschutz, aber auch eine höherer Transparenz der Leistungsbewertung gewährleistet werden.

Kommentar: Einerseits lösen Vokabeltests wie auch andere Prüfungsformate lösen insbesondere bei Schülern mit LRS erhebliche Unsicherheiten und Ängste aus, sind sie sich doch ihrer besonderen Schwächen bewusst und erwarten so eher einen Misserfolg als ein gutes Gelingen. Andererseits ist die Ermittlung von Wortschatzkenntnissen ein wichtiges Instrument der Lern-erfolgsüberprüfung und erscheint unverzichtbar. Allerdings treten dabei immer wieder Probleme auf, die insbesondere für Schüler mit LRS eine besondere Belastung darstellen.Anstelle einer schriftlichen Wortschatzüberprüfung kann auch eine mündliche Feststellung der Kenntnisse durchgeführt werden. Dies kann eine erhebliche Entlastung der Betroffenen darstellen, da das häufig angstbesetzte und schwierige Schreiben entfällt. Auf diese Weise können die Betroffenen zumindest ihre semantischen (Wortbedeutung) Kenntnisse und ihr Aussprache-vermögen nachweisen. Der häufigste Fehler bei der Bewertung von Vokabeltests besteht darin, dass der Notenschutz nicht gewährt wird. Falsch geschriebene Wörter werden einfach als Fehler gezählt, obwohl sie semantisch (hinsichtlich der Wortbedeutung) korrekt sind. Hinzu kommt, dass oft nicht transparent gemacht wird, welche Fehlermarkierungen bzw. Punktangaben sich auf die semantische und welche sich die orthografische (Rechtschreibung) Leistung beziehen. Nicht selten werden Punktzahlen und senkrechte wie waagerecht Strichmarkierungen gleichzeitig verwendet. Bei einer hohen Fehlerzahl wird so die Rückmeldung sehr leicht undurchsichtig und nicht nachvollziehbar.

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Hinzu kommt, dass nicht selten semantische und orthografische Leistungen in dem Sinne verrechnet werden, dass eine korrekte semantische Leistung wegen einem oder zwei Rechtschreibfehlern null Punkte erzielt. Abhilfe und eine sinnvolle Alternative, auch für nicht betroffene Schüler, ist eine getrennte Bewertung semantischer und orthografischer Fehler, wobei letztere bei Schülern mit LRS nicht in die Gesamtnote einfließen (Notenschutz). Dies erfordert ein etwas aufwendigeres Layout, das aber, einmal erstellt, immer wieder verwendet werden kann (s. Anhang 5). Findet im Unterricht eine Wortschatzdifferenzierung mit einer Festlegung des Kernvokabulars statt, sind Vokabeltests für Schüler mit LRS entsprechend zu gestalten. Hier können zwei oder drei Wortschatzgruppen gebildet werden. Bei einer zweifachen Differenzierung müssen die Kernwörter auch orthografisch gekonnt werden, der Zusatzwortschatz nur rezeptiv (lesend und hörend).

Klassenarbeiten An der Agatha-Christie-Gesamtschule werden je nach Jahrgangsstufe pro Schuljahr vier bis sechs Arbeiten geschrieben. Eine Klassenarbeit pro Schuljahr wird mündlich durch-geführt. Bei Schülern, die unter den Erlass fallen, wird sowohl ein Nachteilsausgleich als auch der sog. Notenschutz gewährt.

Kommentar: Bei schriftlichen Klassenarbeiten, die lt. Lehrplanvorgaben in der Regel aus rezeptiven Aufgaben (also Aufgaben zur Überprüfung des Lese- oder Hörverstehens) und produktiven Aufgaben (also Schreiben eines zusammenhängenden Texts) bestehen, greift der sog. Notenschutz, wie zuvor erwähnt. Allerdings stellt sich das Bewertungsproblem weniger dramatisch als im Fach Deutsch dar. Das liegt daran, dass die Rechtschreibleistung bei fremdsprachlichen Klassenarbeiten einen relativ geringen Stellenwert gegenüber den zahlreichen anderen Teilleistungen hat, die in einer Klassenarbeit gefordert und überprüft werden. Zwar macht der Lehrplan hier nur qualitative und keine eindeutigen quantitativen Vorgaben, im Verhältnis zu anderen Prüfungen dürfte der Anteil der Rechtschreibleistung an der Gesamtnote einer Klassenarbeit in der Sekundarstufe 1 im Bereich von unter 10% liegen, keinesfalls höher. Insofern wirkt sich der Notenschutz bei Leistungs-überprüfungen in den Fremdsprachen nur geringfügig auf die Gesamtnote aus. Dennoch sollte darauf geachtet werden, dass er umgesetzt wird. Im Anhang 2 wird ein mögliches Bewertungs-schema für Fremdsprachen-Klassenarbeiten am Beispiel Englisch vorgestellt, aus dem der Stellenwert der einzelnen Teilleistungen hervorgeht. Ungleich wichtiger ist die Gewährung des Nachteilsausgleichs bei Klassenarbeiten (siehe Seite 17 Nachteilsausgleich).Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass alle in einer Klassenarbeit vorkommenden Aufgaben LRS-Schüler vor große Herausforderungen stellen können. Zum einen schlägt sich die Recht-schreibproblematik in produktiven Aufgaben, aber auch bei Aufgaben zum Lese- und Hörverstehen, die ein Formulieren von Antwortsätzen erfordern, nieder. Zum anderen haben diese Schüler häufig auch grundsätzliche Schwierigkeiten sowohl mit Aufgaben zum Leseverstehen als auch zum Hörverstehen, die nicht allein über eine Zeitzugabe zu entkräften sind. Hilfreich können hier andere textreduzierte Aufgabenformate (für den einzelnen Schüler) sein oder die Einteilung in Basis- und Zusatztexten/-aufgaben (ggf. für alle Schüler). Außerdem sollte immer nach Möglichkeiten gesucht werden, auch kleine Lernerfolge (selbst wenn sie nicht den allgemeinen Anforderungen entsprechen) für den Schüler sichtbar zur Kenntnis zu nehmen.

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Sonstige Mitarbeit, mdl. Leistungen Im Bereich der sonstigen Mitarbeit bemühen sich die Fremdsprachenlehrkräfte, Schülern mit einer LRS verstärkt Gelegenheit zu mündlichen Beiträgen zu geben, um eventuelle Mängel bei schriftlichen Leistungen auszugleichen.

Kommentar: Ein weiterer, den Klassenarbeiten etwa gleichwertiger Bereich bei der Bildung der Zeugnisnote stellt die sog. ‚Sonstige Mitarbeit’ dar. Hier fließt vor allem die mündliche Beteiligung ein, also ein Bereich, in dem LRS-Schüler eher die Chance auf Darstellung ihrer Kenntnisse haben. Lehrkräfte sollten deshalb betroffenen Schülern häufiger Gelegenheiten zur mündlichen Sprachproduktion geben, um deren Defizite im schriftsprachlichen Bereiche zumindest teilweise auszugleichen. Zur sonstigen Mitarbeit zählt aber auch in erheblichem Maße das Ausführen schriftlicher Übungen. Hierbei ist zu beachten, dass das Übungsmaterial LRS-freundlich gestaltet ist und dass bei der Bearbeitung der Übungen ausreichend Zeit gewährt wird. Um dies zu ermöglichen, bieten sich flexible Unterrichtsarrangements an, in denen alle Schüler in ihrem individuellen Tempo arbeiten und lernen können. Die Verwendung eines Laptops könnte hier einen Motivationsschub bringen. Hier ist ergänzend zu berücksichtigen, dass LRS-Schüler, die Schwierigkeiten im Anfertigen schriftlicher Aufgaben zeigen, nicht automatisch bessere Leistungen in der mündlichen Mitarbeit vorweisen können, so dass auch diese Option nicht zwangsläufig eine Entlastung darstellt. Das hängt mit persönlichen Faktoren zusammen, aber auch damit, dass LRS-Schüler grundsätzlich eine herabgesetzte Sprachlerneignung aufweisen, so dass auch der mündliche Ausdruck hiervon beeinträchtigt sein kann. Hinzu kommt das i.d.R. nur geringe Vertrauen der LRS-Schüler in die eigenen diesbezüglichen Fähigkeiten, so dass Versagensängste das geordnete Abrufen eines gelernten Zusammenhangs in der Prüfungssituation u.U. verhindern.

8. LRS & Fremdsprachen-Unterricht in der Sek IIIn der Sekundarstufe 2 gewährt die ‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ Schülern, die weiterhin besondere Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben haben in Klausuren, einen individuell angepassten Nachteilsausgleich. Rechtliche Grundlagen hierfür sind der § 13,7 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Gymnasialen Oberstufe (APO-GOSt) sowie die sog. Arbeitshilfe ‚Nachteilsausgleich Sekundarstufe II’ (siehe Tabelle Seite 9-11).Weiterhin stellen die Fachlehrer den betroffenen Schülern angemessen formatierte Texte zu Verfügung, um eventuell vorhandene Beeinträchtigungen des Lesens auszugleichen.Wurde ein Nachteilsausgleich bis zum Ende der Sekundarstufe 1 gewährt, wird seitens der Schule geprüft, ob die Voraussetzungen für einen Nachteilsausgleich in der Oberstufe weiter bestehen.

Erziehungsberechtigte von Schülern bzw. volljährige Schüler, die von einer anderen Schule in unsere gymnasiale Oberstufe wechseln, müssen einen Nachteilsausgleich neu beantragen.Für alle anderen Schüler beantragt die Schule automatisch bei der oberen Schulaufsicht den Nachteilsausgleich für die Abiturprüfung und zwar so wie er vorher gewährt und dokumentiert wurde. Sollte der vorher gewährte NA angepasst oder erweitert werden, sollten zur Begründung vorliegende Atteste, medizinische Diagnosen oder Beschei-nigungen über die Teilnahme an außerschulischen Fördermaßnahmen beigefügt werden.

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________________________________________________________________________________ Kommentar: Der Fremdsprachenunterricht in der gymnasialen Oberstufe stellt Schüler mit einer LRS vor besondere Herausforderungen. Einerseits sind die sprachlich-kommunikativen Grundlagen-kenntnisse in der Sekundarstufe 1 häufig nicht optimal ausgebildet worden, andererseits spielt die Schriftsprache eine nun noch größere Rolle. Die Länge von Lesetexten, oft auch in authentischer Form, nimmt deutlich zu und geforderte Schreibaufgaben werden komplexer und umfangreicher. Die Lehrkraft hat hier die Aufgabe, bei Lesetexten eine individuell angepasste Formatierung zu gewährleisten, die sie in der Regel selbst vornimmt. Alternativ könnte aber auch der Betroffene die Texte im Vorfeld erhalten, um sie sich selbst entsprechend zu formatieren. Bei schriftlichen Aufgaben sollten weitgehende Strukturierungshilfen gegeben werden, vor allem aber auch genügend Zeit zur Bearbeitung der Aufgaben, sofern sie im Unterricht selbst angefertigt werden (siehe Seite 17 Nachteilsausgleich und Anlage 5 Hürden abbauen). Hier eine Zusammen-fassung der wichtigsten Aspekte bzgl. des Nachteilsausgleichs in der gymnasialen Oberstufe: Beantragung Soll der Nachteilsausgleich aus der Sekundarstufe 1 fortgeführt werden und sich keine Änderung ergeben, gewährt die Schule diesen automatisch weiter. Muss der NA angepasst werden, sind vorliegende Nachweise wie Atteste, medizinische Diagnosen oder Bescheinigungen über die Teilnahme an einer Fördermaßnahme vorzulegen. Über die Form des NA entscheidet die Schulleitung in Absprache mit allen Beteiligten. Bei landeseinheitlich gestellten Aufgaben (Abiturprüfung) beantragt die Schulleitung den Nach-teilsausgleich bei der oberen Schulaufsichtsbehörde. Maßgeblich ist dabei die Dokumentation (Schülerakte) des bisher gewährten Nachteilsausgleichs, die dem Antrag beigefügt werden muss. Dies geht eindeutig aus der Arbeitshilfe Sek-II hervor. Dokumentation: Die Dokumentation des NA in der Sekunderstufe I, wird in der Sekundarstufe II weiter geführt. Art des Nachteilsausgleichs: Die Art des Nachteilsausgleichs muss auf den individuellen Nachteil des Betroffenen abgestimmt sein. Dies wird eindeutig in der Arbeitshilfe Sek-II, in der APO-GOSt sowie in der KMK-Richtlinie bestimmt (siehe Tabelle Seite 9-11, Nachteilsausgleich Seite 17 und Anlage 5). Dauer und Verwendung einer Zeitverlängerung: Die Dauer der Zeitverlängerung (Angabe in Minuten) wird in den rechtlichen Bestimmungen nicht vorgegeben, sie sollte jedoch individuell angemessen angepasst und bestimmt werden. Beispiel: Bei einer vierstündigen Arbeit wäre eine Zeitverlängerung von 10 Minuten nicht angemessen. Hier sollte mindestens 30 Minuten gewährt werden. Wäre eine Zeitvorgabe in rechtlichen Bestimmungen vorgeben, würde sie dem Grundsatz der individuellen Passung widersprechen. Die Verwendung der Zeitverlängerung für die Korrektur von Rechtschreibfehlern ergibt sich aus keiner rechtlichen Vorgabe. Hinzu kommt, dass eine von LRS betroffene Person Rechtschreibfehler nicht erkennen kann.

9. Zeugnisse Im Zeugnis der Sekundarstufe I werden die Lese- und Rechtschreibleistungen zurückhaltend gewichtet. Die Gewährung eines Nachteilsausgleich ebenso wie der Notenschutz wird in keinem Fall auf dem Zeugnis vermerkt. Bei engen Entscheidungen über die Versetzung oder Erteilung von Abschlüssen geben die Rechtschreibleistungen nicht den Ausschlag. Die ‚Agatha-Christie-Gesamtschule‘ hat sich dafür entscheiden, dass kein Vermerk ins Zeugnis über eine Fördermaßnahme aufgenommen wird.

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Kommentar: Der Zeugnisvermerk über die Teilnahme an einer Fördermaßnahme ist eine Kann-Bestimmung. Insofern kann eine Schule hier eine generelle Regelung (pro oder contra) vorsehen oder den einzelnen Lehrkräften die Entscheidung überlassen. Eine Zeugnisbemerkung über den Nachteilsausgleich ist nicht erlaubt. Bei Entscheidungen über die Versetzung oder Erteilung von Abschlüssen dürfen die Rechtschreib- und Leseleistungen nicht den Ausschlag geben. Dies gilt ebenso bzgl. der Grundschul-empfehlungen für den Übergang in die Realschule oder das Gymnasium.

10. Kommunikation und Kooperation Ein ganz wichtiger Schlüssel zum Erfolg ist für uns der Austausch und die Zusammen- arbeit mit allen Beteiligten, d.h mit Kollegen, Schülern, Eltern und ggf. außerschulischen Therapeuten. Gespräche mit allen Beteiligten erfolgen halbjährlich, um ein gemeinsames Vorgehen zu planen. Falls der Schüler sich in einer außerschulischen Therapie befindet, ist es uns hinsichtlich einer optimalen Förderung wichtig, eine Verzahnung von Therapie und Unterricht stattfinden zu lassen. Damit wir dies umsetzen und anwenden können, ist eine Schweigepflichtentbindung durch den Erziehungsberechtigten erforderlich.

Die Gespräche dienen dazu ein verbindliches Förderkonzept zu erstellen und einen geeig-neten Nachteilsausgleich festzulegen. Dieser Nachteilsausgleich ist für alle Lehrkräfte verbindlich. Von daher ist die Kommunikation mit den Kollegen unerlässlich. Wird bei einem Schüler eine LRS im Sinne des Erlasses festgestellt, führen wir eine Klassen-konferenz durch, bei der wir dann den Notenschutz und die Art des Nachteilsausgleichs festhalten. Außerdem trägt jede Lehrkraft bei einer Klassenarbeit die Umsetzung von Notenschutz und Nachteilsausgleich in eine dafür vorgesehene Tabelle ein.

Da sich besondere Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben in allen Fächern auswirken, stellen wir sicher, dass alle Lehrer einer Klasse möglichst frühzeitig von den besonderen Bedingungen der einzelnen Kinder wissen. In einer digitalen Klassenakte

• Sind die Schwierigkeiten benannt und genauer beschrieben, • wird der aktuelle Förderplan angegeben,• werden alle Sonderregelungen und Nachteilsausgleiche benannt.

In regelmäßigen Abständen überprüft die Schule, ob die Fördermaßnahmen und der Nachteilsausgleich angepasst werden müssen. Dies erfolgt bei uns auch ggf. in Absprache mit außerschulischen Therapeuten. Die Gespräche werden protokolliert. Für uns ist es wichtig, den Eltern Rückmeldungen zu geben und mit ihnen im Gespräch zu bleiben, um so Vertrauen aufzubauen und zu erhalten.Damit sich an unserer Schule neue Lehrer schnell mit unserem Konzept vertraut machen können, sind die Gestaltungsspielräume sowie unser Vorgehen in einem Leitfaden beschrieben. Dazu gehört auch die Angabe, welche Lehrer sich mit der Thematik besonders vertraut gemacht haben (Arbeitsgruppe zu LRS) und insofern als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Jährlich wird eine Lehrperson der Arbeitsgruppe als Beauftragter bestimmt.

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Die Aufgaben des LRS-Beauftragten:

• Er achtet darauf, dass das erarbeitete Konzept eingehalten wird und steht gerade auch den Eltern für Fragen zur Verfügung.

• Er übernimmt beratende Funktion bei der Festlegung von Förderplänen und Nachteilsausgleichen, um eine einheitliche Handhabung zu gewährleisten.

• Er beruft Treffen der Gruppe ein zur weiteren Erarbeitung eines speziellen Curriculums und zur Überprüfung und ggf. Modifizierung des Gesamtkonzeptes.

• Er bringt offene Fragen in die Fachkonferenz ein sowie deutliche Änderungsvorschläge in die Schulkonferenz.

• Er organisiert in größeren Abständen Fortbildungsveranstaltungen zur aktuellen Entwicklung in diesem Themenbereich.

Kommentar: Die Zusammenarbeit mit Eltern, Schule und Therapeuten gestaltet sich manchmal recht schwierig. Leider kommt es immer wieder vor, dass einer der Beteiligten nicht hierzu bereit ist. Für die individuelle Förderung des betroffenen Kindes ist die Zusammenarbeit jedoch sehr wichtig, damit nicht drei verschiedene Parteien an unterschiedlichen Stellen mit dem Kind arbeiten z.B. die Schule fördert im Hinblick auf die Rechtschreibung, die Mutter die Grammatik und die Lerntherapeutin das Leseverstehen. Dieses Vorgehen würde zu einer Überforderung und Demotivation des Kindes führen. Die Elternberatung ist außerdem ein notwendiges schulisches Aufgabenfeld. Ziel aller Beteiligten sollte deshalb die Zusammenarbeit sein.

11. LRS und Fremdsprachenauswahl Die ‚Agatha-Christie-Gesamtschule‘ bietet Latein, Französisch oder Spanisch als 2. Fremdsprache an. Für Schüler mit einer LRS empfehlen wir Spanisch, weil es im Kontrast zum Französischen eine lautgetreue Schreibweise aufweist und gegenüber dem Lateinischen mehr mündliche Leistungen ermöglicht. Allerdings empfehlen wir in jedem Fall eingehende Beratungsgespräche mit den betreffenden Fachlehrern.

Kommentar: Menschen mit einer LRS haben nicht nur erhebliche Probleme in der Muttersprache sondern in der Regel auch beim Erlernen einer Fremdsprache. Die Art und das Ausmaß der Probleme hängen allerdings auch davon ab, welche Fremdsprache gelernt werden soll. Man kann sagen, dass es LRS-freundliche und LRS-problematische Sprachen gibt. Latein ist eine sehr lautgetreue Sprache, d.h. die Laut-Buchstaben-Verbindungen sind relativ klar durchschaubar, weshalb es kaum Ausspracheprobleme gibt. Gleichzeitig können jedoch einzelne Buchstaben den Sinn eines ganzen Satzes bestimmen bzw. verändern, sodass genaues Lesen eine wichtige Voraussetzung für das Lernen darstellt. Lesefehler führen häufig zu Übersetzungs-fehlern und Verständnismängeln. Das Lesen von Texten nimmt im Lateinunterricht einen großen Raum ein. Neben dem Verstehen der Texte spielt die Analyse grammatischer Strukturen eine große Rolle. Die kommunikative Anwendung der Sprache, etwa in Gesprächen und Vorträgen, haben im Lateinunterricht dagegen eine untergeordnete Bedeutung. Wie in jedem anderen Fremdsprachenunterricht ist aber das gründliche Vokabellernen unabdingbar.

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An vielen Schulen ist Latein ein Wahlpflichtfach. Damit stehen Schüler und ihre Eltern vor der Frage, ob sie Latein oder eine andere Fremdsprache wählen sollen. Generelle Empfehlungen sind schwierig, da neben den zuvor skizzierten Eigenschaften der lateinischen Sprache bzw. des Lateinunterrichts noch andere Überlegungen angestellt werden sollen, die nur indirekt die lateinische Sprache betreffen. So können Lateinkenntnisse den Erwerb weiterer romanischer Fremdsprachen erleichtern, ein Argument, das allerdings auch für Spanisch gilt. Der Latein-unterricht kann sicher auch dazu beitragen, ein vertieftes Grammatikverständnis auch für die Muttersprache zu entwickeln.Da das Lesen von Texten gegenüber der mündlichen Kommunikation im Lateinunterricht im Vordergrund steht, ist er eher für bedächtige und analytisch arbeitende Schüler geeignet. Andererseits ist zu bedenken, dass Schüler mit einer LRS weniger Möglichkeiten haben, durch mündliche Kommunikation in der Fremdsprache ihre wahrscheinlich problematischen schrift-sprachlichen Leistungen auszugleichen. Nicht zuletzt sollten natürlich auch Motivation und Interesse bei der Sprachwahl eine Rolle spielen.

12. Fortbildung Die Lehrkräfte der ‚Agatha-Christie-Gesamtschule’ haben an verschiedenen Fortbildungs-veranstaltungen teilgenommen, um zur Entwicklung und Umsetzung des LRS-Förderkon-zepts beizutragen. Auch in Zukunft werden vor allem die Deutsch- und Fremdsprachen-lehrkräfte ihre Kompetenzen im Umgang mit lese- und rechtschreibschwachen Kindern und Jugendlichen individuell und im Rahmen kollektiver Fortbildungen weiter verbessern.

Kommentar: Das Thema LRS führt in der Lehrerausbildung ein Schattendasein. Viele Lehrkräfte werden erst mit dem Eintritt in die Berufspraxis, also nach Studium und Referendariat, das erste Mal mit der Problematik konfrontiert. Angesichts dieser Situation ist es unabdingbar, dass Lehrkräfte sich über den Weg der Weiterbildung das notwendige professionelle Handlungswissen aneignen. Dies kann über verschiedene Wege geschehen. Eine Möglichkeit besteht darin, Mitglieder des sogenannten Kompetenzteams zu schulischen Fortbildungen einzuladen. Auch kann eine Schule Experten auf dem freien Fortbildungsmarkt engagieren, die Lehrer zur spezifischen LRS-Thematik fortbilden.

Anlagen • LRS und Fremdsprache in der Primarstufe• Hinweise zum diagnostischen Rechtschreibtest (AOL-Verlag - Fit in Englisch trotz LRS)• Beispiel eines Diagnose-Ergebnisses• Wortschatzdifferenzierung Beispiel Lektion• Übersicht „Hürden abbauen und Betroffene fördern“• Vokabeltests mit differenzierender Bewertung• Vokabeltest• Klassenarbeit Bewertungsschema• Literatur-Empfehlungen

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LRS und Fremdsprachen in der Primarstufe

Seit der Einführung des Englisch- bzw. Fremdsprachen-Unterrichts in der Primarstufe ist die Problematik der Fremdsprachen-bezogenen LRS/Legasthenie deutlich vorverlegt. Und sie ist insofern gravierender, als nun die Fremdsprache parallel zu einer Phase verläuft, in welcher der muttersprachliche Schriftspracherwerb und die damit verbundenen großen Herausforderungen im Vordergrund stehen. Von daher wäre es wichtig, Letzterem den absoluten Vorrang zu gewähren und die schriftsprachliche Ebene der Fremdsprache möglichst weit zurückzustellen. Die sichere Beherrschung der Muttersprache muss in der Primarstufe das oberste Ziel sein und darf nicht durch ein zweites, verwirrendes Laut-Schrift-System gestört werden. Die Alphabetisierung in der Fremdsprache (für einen beträchtlichen Teil der Schüler ist es ja die dritte Sprache) sollte daher nach hinten verschoben werden.

Folglich sollte für Schüler mit einer LRS die Begegnung mit der Lautlichkeit durch das Hören und (Nach-)Sprechen noch deutlicher im Vordergrund stehen, als dies der Grundschul-Lehrplan ohnehin vorsieht. Dabei sollte besonderes Augenmerk auf das Training der phonologischen Bewusstheit (wird gemeinhin als Vorläuferfähigkeit für einen gelingenden Schriftspracherwerb angesehen) gelegt werden. Anders herum ausgedrückt: Eine mangelhaft ausgeprägte phonologische Bewusstheit gilt als entscheidender Faktor für LRS.

Insofern sollte der Englischunterricht in der Primarstufe zunächst für alle Schüler hier ansetzen. Schüler, die bereits in dieser Phase erkennbaren Schwierigkeiten haben, sollten die vielfältigen Übungen intensiver und über einen längeren Zeitraum durchführen können. Bei der Auswahl der Übungen kann auf Materialien zurückgegriffen werden, die in angelsächsischen Ländern für Muttersprachler entwickelt worden sind, da das im deutschsprachigen Raum verfügbare Angebot für die jeweilige FS begrenzt ist.

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Page 26: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Der Rechtschreibtest

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Der Rechtschreibtest

Der Rechtschreibtest lässt sich zusammen mit dem Lesetest sowohl vor dem Einsatzder Materialien zur genaueren Diagnose als auch nach der Bearbeitung der Lektionenals Mittel der Erfolgskontrolle verwenden.

Wer Englisch lernt, erwirbt im Laufe der Zeit mit Hilfe zahlreicher Wortbild-Klangbild-Verknüpfungenunbewusst die Regeln bezüglich der Aussprache und Schreibweise englischer Wörter. Geschwindig-keit und Effektivität dieses Lernprozesses sind von einer Reihe von Faktoren abhängig und individuellsehr unterschiedlich ausgeprägt. Mit Hilfe dieses Tests lässt sich der Stand des Lernprozesses genau-er bestimmen. Der vorliegende Rechtschreibtest soll also Stärken und Schwächen in diesem Bereichdiagnostizieren.

Die Durchführung sollte von einer Person angeleitet werden, die die Phonem-Graphem-Regeln der englischen Sprache sicher beherrscht und so auch die Kunstwörter regelkonform artikulieren kann.

Der Test, in dem zehn verschiedene Laut-Buchstaben-Kombinationen vorkommen, besteht aus zweiTeiltests. Im ersten Teiltest werden dem Kind bekannte Wörter diktiert. Nach jedem Wort muss einePause zum Schreiben des Wortes eingelegt werden. Zeitdruck ist zu vermeiden. Am besten lässt mandas Kind selbst bestimmen, wann das nächste Wort vorgelesen werden soll. Dabei zeigt sich, ob dasjeweilige Klangbild ein entsprechendes Wortbild im Gedächtnis aktiviert, das dann zur korrektenSchreibweise führt.

Der zweite Teiltest greift dieselben zehn Laut-Buchstaben-Kombinationen wieder auf und klärt, inwieweitRechtschreibregeln unbewusst beherrscht werden. Dem Kind werden dazu eine Reihe unbekannterbzw. erfundener Wörter diktiert, die nur eine oder eine sehr begrenzte Zahl von englischen Schreib-varianten zulassen.

1) Liegen im Teil 1 überwiegend korrekte und im Teil 2 überwiegend fehlerhafte Resultate vor, kann von einem funktionieren-den Wortbildgedächtnis ausgegangen werden. Allerdings ist (noch) kein Regelwissen vorhanden, das dazu führen müsste,dass auch unbekannte Wörter regelgerecht geschrieben werden. Hier gilt es abzuwägen, welcher Übungsbedarf besteht.In jedem Fall kann die Arbeit mit dem Übungsmaterial sinnvoll sein, denn dadurch werden bekannte Schreibweisen gefestigtund der weitere Prozess des Regelerkennens wird gefördert.

Fit in Englisch trotz LRS: Vokale • 11

überwiegend odervöllig korrekt ggf. ja1)

Die Schreibweise wurde entweder über das Wortbild-Klangbild-Gedächtnis oder über implizites Regelwissengesteuert.

überwiegend feh-lerhaft/unsicher

jaDas Wortbild-Klangbild-Gedächtnis ist nicht ausreichendentwickelt und implizites Regelwissen ist nicht vorhanden.

Folgerung ÜbungsbedarfRechtschreibung

Ergebnis Teiltest 1

überwiegend odervöllig korrekt

neinDie Verschriftlichung wurde über ein implizitesRegelwissen gesteuert.

überwiegend feh-lerhaft/unsicher

ggf. ja1) Implizites Regelwissen ist nicht vorhanden.

Folgerung ÜbungsbedarfRechtschreibung

Ergebnis Teiltest 2

Page 27: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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LRS Englisch Diagnose

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LRS Englisch Diagnose für Oliver Testdatum: 17.06.2013

Hintergrundinformationen: Das Erlernen einer Sprache beinhaltet immer auch die Kenntnis darüber, wie die geschriebenen Buchstaben, Silben und Worte ausgesprochen werden und umgekehrt, wie das Lautbild in Schriftzeichen übertragen wird. Dabei treten zwei Prozesse auf, die miteinander verknüpft sind und ineinander übergehen: der Erwerb von Wortbildern, also die Speicherung der optischen Erscheinungsform eines Wortes als Ganzes sowie die Entwicklung von Regelkenntnissen über den Zusammenhang von Schreibweise und Klang. Diese Regelkenntnisse können unbewusst erworben werden oder bewusst erlernt werden.Lernende mit einer LRS bzw. Legasthenie haben häufig deshalb besondere Probleme, weil ihr Wortbildgedächtnis unzureichend arbeitet oder weil der Prozess des unbewussten Erkennens von Mustern (Regeln) gestört ist. Die Bewusstmachung von Laut-Schrift-Mustern und die intensive Einübung können daher helfen, die oben genannten Defizite auszugleichen.Das Ziel des LRS-Diagnosetests ist es, ein genaues Bild über die bereits vorhandenen und die noch fehlenden Regelkenntnisse zu erhalten. Dabei werden die Bereiche Lesen und Schreiben getrennt behandelt, weil sich erfahrungsgemäß die Stärken und Schwächen in den beiden Bereichen nicht decken. Mit Hilfe des Testergebnisses lässt sich anschließend bestimmen, welche Kenntnisse durch eine gezielte Bewusstmachung und ein anschließendes intensives Training erworben werden sollten.Im Englischen sind es vor allem die Vokale, deren Aussprache und Schreibweise besonders schwierig sind. Der vorliegende Test erfasst deshalb zunächst die zehn häufigsten Laut-Buchstaben-Kombinationen im Bereich der Vokale:

Ergebnis Lesen:

Ergebnis Schreiben

Zusammenfassung der Befunde: Beim Lesen bekannter Wörter hat Oliver fast keine Probleme. Er kann bei den getesteten Wörtern nahezu alle Vokale korrekt aussprechen. Dies beruht zu einem großen Teil sicherlich auf seinem Lernverhalten beim Vokabellernen, auf einem gutem Wortbildgedächtnis oder auf beidem. Regelwissen bzgl. der 10 getesteten Verbindungen von Lauten und Buchstaben hat Oliver allerdings erst in 5 Fällen erworben.Der beim Lesen festgestellte Unterschied zwischen bekannten und unbekannten Wörtern spiegelt sich auch in den Schreibleistungen wieder. Bekannte Wörter schreibt Oliver mit zwei Ausnahmen (Wörter mit „ea“ und „oo“) sicher. Beim Schreiben unbekannter Wörter, bei denen sich immer ein Regelverständnis zeigen könnte, ist er nur bei 3 Laut-Schrift-Verbindungen erfolgreich. In den übrigen 7 Fällen fehlt ihm weitgehend das nötige Regelwissen, das ihm beim Schreiben Orientierung geben könnte.Übungsempfehlungen: Es kann davon ausgegangen werden, dass Oliver im weiteren Verlauf des Fremdsprachenerwerbs auch die ihm noch fehlenden Regelhaftigkeiten bezüglich der getesteten zehn Laut-Schrift-Verbindungen erwirbt. Dabei wird eine genau auf seine Schwächen abgestimmte Übungsarbeit sicherlich hilfreich sein, die bereis vorhandenen Kenntnisse zu festigen und die Unsicherheiten zu reduzieren. Aufgrund der vorliegenden Diagnose kann Oliver mit folgenden Übungen seine Lese- und Rechtschreibleistung gezielt verbessern: Lektionen 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 -8 - 9 (nur Lesen) - 10 (nur Lesen) Bert Kerstin

a (wie z.B. in cat) - u (must) - i (fine) - a (cake) - o (joke) -

ea (speak) - ee (tree) - oo (room) - ou (mouse) - y (silly)

gut ausgeprägtes Regelwissen a / u / i-Konsonant-e / o-Konsonant-e / y /

Entwicklungsbedarf oo / ou / a-Konsonant-e / ee / ea /

gut ausgeprägtes Regelwissen a / ou / y

Entwicklungsbedarf o-Konsonant-e / ea / a-Konsonant-e/ i-Konsonant-e / u / ee/oo

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Page 28: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

________________________________________________________________________________ Wortschatzdifferenzierung am Beispiel einer Lehrbuch-Lektion (Auszug):

alle Vokabeln Basiswortschatz (fett) RS-Lernwörter bei LRS

Lead in Lead in

bonnie bonnie

Scotland Scotland

the United Kingdom the United Kingdom

the Highlands the Highlands

capital capital capital

enemy enemy enemy

symbol symbol symbol

Theme 1: Theme 1:

change change change

close close close

equipment equipment

out-of-town out-of-town

manager manager manager

in all in all

employee employee

unemployed unemployed

blame (for) blame (for)

stick together stick together

themselves themselves

bed and breakfast bed and breakfast

how to how to

run run run

teach teach teach

help yourselves help yourselves

store store

management management

staff staff

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Page 29: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Hürden abbauen und Betroffene fördern - Maßnahmen für den Unterricht

bei LRS / Legasthenie

Alle in Folge aufgelisteten Maßnahmen, die das Lesen und Schreiben betreffen, beziehen sich auf alle Fächer. Hierzu zählen selbstverständlich auch Mathematik (Textaufgaben, Fachwörter ….) und Sachunterricht (Referate, Plakate …) usw.

Im LRS-Erlass vorgesehene Förderorte

• Man unterscheidet in der Grundschule allgemeine Fördermaßnahmen (innere Differenzierung während des Unterrichts, Förderunterricht), zusätzliche Fördermaßnahmen und außerschulische Fördermaßnahmen.

• In die Förderkurse der zusätzlichen Fördermaßnahmen gehen in der Regel sechs bis zehn Kinder, manchmal auch weniger.

• Die Förderkurse sollten nicht im Anschluss an den regulären Unterricht stattfinden und nicht zu einer unzumutbaren Belastung werden.

• Wenn eine außerschulische Fördermaßnahme notwendig erscheint, weist die Schule auf geeignete Förder- oder Therapiemöglichkeiten hin. Außerschulische und schulische Maßnahmen sollten aufeinander abgestimmt werden.

allgemeine pädagogische Fördermaßnahmen

• Der pädagogische Ermessensspielraum der Lehrkraft bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten. Diese können zugunsten betroffener Kinder ausgeschöpft werden.

• Auch kleine und kleinste Lernfortschritte loben. • In der Klasse Verständnis für Lernschwächen

betroffener Kinder wecken. • Sitzplatz auswählen:

Vielen betroffenen Kindern hilft ein Platz recht weit vorn in ruhiger Umgebung.

• Stoffumfang reduzieren • Mehr Zeit zur Verfügung stellen

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Page 30: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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LesenArbeitsblätter • übersichtlich, klar und gleichmäßig strukturieren

• auf handschriftliche Ergänzungen verzichten • unnötige Details (z.B. Namenszeile, Verlagshinweise wie

Herkunft und Seitenzahl) löschen

Texte sinnvoll gliedern • Flattersatz und kein Blocksatz • keine Trennstriche • Umbrüche am Zeilenende sollten Sinneinheiten berück-

sichtigen

Gegenbeispiel: Bienen gehören zu den Insekten. Insekten haben sechs Bei-ne, angeordnet in drei Beinpaaren. Außerdem haben sie einen festen Außenpanzer. Säugetiere haben ein innen- liegendes Skelett. Warum Schnecken und Würmer nicht zu den Insekten gehören, ist nun klar, oder?

Beispiel: Bienen gehören zu den Insekten. Insekten haben sechs Beine, angeordnet in drei Beinpaaren. Außerdem haben sie einen festen Außenpanzer. Säugetiere haben ein innenliegendes Skelett. Warum Schnecken und Würmern nicht zu den Insekten gehören, ist nun klar, oder?

Gliederung der Wörter Die Sprechsilben der Wörter können farbig hervorgehoben werden.

Beispiel: Alle Bienen sind Insekten, Schnecken zählen nicht dazu.

Sinnvoller erscheint es nach aktuellem Forschungsstand hinsichtlich des Rechtschreiblernen allerdings zu sein, zu Beginn des Schriftspracherwerbs nicht Sprechsilben, sondern Morpheme oder Grapheme farbig zu markieren.

Beispiel Morpheme: Alle Bienen sind Insekten, Schnecken zählen nicht dazu.

Beispiel Grapheme: A ll e B ie nen sind Insekten, Schne ck en z äh len nicht dazu.

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Page 31: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

________________________________________________________________________________Schriftart, Schriftgröße, Zeilenabstände

Je klarer die Schrift, desto besser können Betroffene die Texte lesen (keine verbundene Schrift). Geeignet sind zum Beispiel: Open Dyslexic, Comic Sans oder Arial mit mindestens 14 pt. Ein Zeilenabstand von 1,5 und ein größerer Abstand zwischen den Wörtern sind sinnvoll (doppelte oder dreifache Leerzeichen).

Gegenbeispiel: Bienen gehören zu den Insekten. Insekten haben sechs Beine, angeordnet in drei Beinpaaren. Außerdem haben sie einen festen Außenpanzer. Säugetiere haben ein innenleitendes Skelett. Warum Schnecken und Würmer nicht zu den Insekten gehören, ist nun klar, oder?

Beispiel: Bienen gehören zu den Insekten. Insekten haben sechs Beine, angeordnet in drei Beinpaaren. Außerdem haben sie einen festen Außenpanzer. Säugetiere haben ein innenliegendes Skelett. Warum Schnecken und Würmer nicht zu den Insekten gehören, ist nun klar, oder?Kommentar:Wenn Lehrkräfte ihren Schülern oder deren Eltern Texte vor ihrer Verwendung im Unterricht digital zur Verfügung stellen, könnten diese die Umformatierung selbst im Vorfeld vornehmen.

Lesehilfen einsetzen Zum Beispiel (einfarbiges) Lineal, Schablone oder Pappe unter die Zeilen halten.

Aufgabenstellung und Texte

Kürzen und vereinfachen. Hierzu gehören auch Texte in Mathematik und allen anderen Fächern.

Vorlesen von Aufgabenstellungen oder Texten

Sicherstellen, dass Texte verstanden wurden

Freiwilliges Vorlesen Vor Publikum sollten Kinder nur freiwillig vorlesen. Vorleseleistung ggf. individuell überprüfen.

Software Das Benutzen von Vorlesesoftware oder technischen Abspielgeräten wie z.B. einen MP3-Player oder die Verwendung eines Handys (vorab Text auf die Abspielgeräte sprechen, so kann er immer wieder abgehört werden) kann auch eine große Hilfe darstellen.

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Page 32: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Schreiben

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(Ab)schreibvorlagen Diese sollten in unverbundener gedruckter Schrift angeboten werden. Kinder mit Wahrnehmungsproblemen können eine solche Schrift einfacher durchgliedern als eine verbundene Schrift oder eine Handschrift. Außerdem ist sie für den visuellen Lernkanal wesentlich besser geeignet.

Lineaturen Verschiedene Lineaturen ausprobieren und zulassen.Häufig kommt es vor, dass LRS-Schüler motorische Schwierigkeiten beim Schreiben haben. Manchmal schreiben sie auch besonders klein und unleserlich, damit man Fehler nicht so gut erkennen kann.

Einen Wörterspeicher zu Verfügung stellen

Auf einem separaten Blatt werden individuell schreibwichtige Wörter (wir, und, nichts, vielleicht …) oder themenbezogene Wörter (Insekt, Tier, fliegen, krabbeln …) zur Verfügung gestellt. Diese müssen dann nicht mehr nachgeschlagen werden, was meist ineffektiv viel Zeit kostet; außerdem werden sie beim Abschreiben gleichzeitig geübt.

PC / Laptop Schreiben per Computer oder Laptop mit Rechtschreibhilfe ermöglichen

Tafelbilder oder Folienvorträge

aushändigen statt abschreiben zu lassen

Scanprogramme Nutzen von Scannerprogrammen um Texte einzulesen statt abzuschreiben.

Prüfung Prüfungen können auch mündlich statt schriftlich abgehalten werden

Software Nutzung von Spracherkennungssoftware wie zum Beispiel: Dragon Naturally Speaking und Diktierprogrammen

Page 33: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Fremdsprachen

Hürden abbauenAuch wenn, aus welchen Gründen auch immer, keine spezifische LRS-Förderung in Fremdsprachen wie z.B. Englisch möglich ist, können wie im Deutschunterricht Hürden abgebaut werden, die es betroffenen Schülern schwer machen, dem Unterricht einigermaßen erfolgreich zu folgen. Folgende Maßnahmen kommen hier in Betracht:

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Unterrichtstempo flexibilisieren

Das Lern- und Arbeitstempo bei Schülern ist bekannter-maßen unterschiedlich. So benötigen langsame Lerner viermal soviel Zeit wie ihre schnellen Mitschüler. Schüler mit einer LRS benötigen darüber hinaus noch einmal mehr Zeit zum Lesen und Schreiben und damit auch zum Bearbeiten von Lernaufgaben im Unterricht (und zu Hause). Wenn Unterricht im Einheitstempo durchgeführt wird, kommen viele Schüler einfach nicht mit. Diese Hürde lässt sich durch eine flexiblere Unterrichtsorganisation abbauen, bei der keine starren Zeitvorgaben gemacht werden, sondern Zeiträume vorgegeben werden, in denen die langsamen Schüler die Chance zur vollständigen Durchführung der Aufgaben haben, während schnellere im gleichen Zeitraum mehr oder andere Aufgaben erledigen. Hierfür ist es notwendig, zuvor den Unterrichtsstoff in einen Basis- und einen Zusatzteil zu gliedern.Solche Unterrichtsverfahren fallen unter den Sammelbegriff des ‚offenen Unterrichts‘ und werden an einigen Schulen bereits seit geraumer Zeit praktiziert.

Stoffdruck reduzieren Auch die neuen in NRW gültigen Kernlehrpläne sind dermaßen überladen, dass sie einen enormen Stoffdruck auf alle Beteiligten ausüben. Die allermeisten Lehrkräfte beklagen das krasse Missverhältnis zwischen Lehrplanfülle und Unterrichts- bzw. Lernzeit. Da aber Lernplan bzw. Lehrwerk von ihnen oftmals als zwingende Vorgabe betrachtet werden, wird in der Regel ein hohes Unterrichtstempo praktiziert; die mangelnde Nachhaltigkeit einer solchen Unterrichtspraxis ist den Handelnden zwar bewusst, wird aber in Kauf genommen. Die Folgen, insbesondere für langsame Lernende - und noch einmal verschärft für von LRS Betroffene - liegen auf der Hand: Sie kommen einfach nicht mit, da sie nicht ihre individuell notwendige Lernzeit erhalten. Als weitere Konsequenzen stellen sich nach einiger Zeit Misserfolgserlebnisse, fehlende Selbstwirksamkeitserfahrungen und schließlich ein deutlicher Motivationsverlust ein; die betroffenen Schüler geraten in einen schulischen Teufelskreis.

Page 34: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Stoffdruck reduzieren Die Lösung dieses wohl größten Problems der Schule kann nur in einer Differenzierung des Lernstoffs liegen, damit schnelle und begabte Schüler zügig und viel lernen können, andere Lernende aber genug Zeit erhalten, um die zentralen Kompetenzen, die in der Schule erworben werden sollten, auch wirklich gründlich und vor allem dauerhaft zu erwerben. Lernen benötigt Zeit zur Vertiefung und Wiederholung, nur dann bleibt etwas ‚hängen‘. Wenn Lehrer diese Zeit in ihrem Unterricht nicht zur Verfügung stellen, ist der gesamte Lernprozess fragwürdig. Es wird zwar viel unterrichtet und durchgenommen, wegen dieser Fülle wird aber wenig gelernt. Die Lösung liegt in dem im ersten Moment paradox klingenden Prinzip, weniger durchzunehmen, dafür aber gründlicher. Im Endeffekt lernen Schüler auf diese Weise mehr als bei einem bei einem übervollen Lehrplan. Eine Reduzierung des Lernstoffes führt also insgesamt gesehen zu besseren Lernleistungen. Damit ist auch dem Einwand vieler Lehrer zu begegnen, die angesichts von Standards und zentralen Prüfungen zögern, den Lernstoff auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren.Exemplarisch soll dies am Beispiel des Wortschatzerwerbs erläutert werden. Schüler mit LRS sind normalerweise mit dem Wortschatz der gängigen Lehrwerke hoffnungslos überfordert. Sie müssen Aussprache, Orthografie und Bedeutung sowie die strukturellen Eigenschaften der jeweils neuen Wörter einer Lektion simultan erlernen. Angesichts von Vokabelpensen von 60, 70 und mehr Wörtern pro Lektion kann dies nicht gelingen. Ein pädagogisch und didaktisch sinnvoller Ansatz kann in der Differenzierung zwischen einem sog. Kernwortschatz (core vocabulary) und einem Erweiterungswortschatz (fringe vocabulary) liegen. Das Kernvokabular umfasst die verwendungshäufigsten Wörter der Sprache und sollte deshalb besonders intensiv gelernt werden. Die Lehrkraft sollte also vor Einstieg in eine neue Lektion einen Teil des Wortschatzes als Kernwörter kennzeichnen. Hilfreich bei der Festlegung des Kernwortschatzes sind die diversen im Internet verfügbaren Listen. Diese sind von Schülern mit LRS rezeptiv (lesend und hörend) und produktiv (schreibend oder sprechend) mündlich wie schriftlich möglichst zu beherrschen. Der restliche Wortschatz kann zunächst teilweise oder ganz als rezeptiv (lesend und hörend) zu beherrschen deklariert werden. Neben oder auch statt der Orientierung an Kernwortschatzsammlungen könnte auch die Regelhaftigkeit von Phonem-Graphem-Beziehungen ein Auswahlkriterium für die aktiv zu beherrschenden Wörter sein. Bei einer Kombination beider Kriterien käme man für besonders langsame Lerner zu einer dreifachen Differenzierung, wie sie am Beispiel einer Lehrbuchlektion im Anhang 4 zu sehen ist.

Page 35: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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fachspezifische Hürden abbauen

Neben den zuvor aufgeführten allgemeinen Prinzipien können für den fremdsprachlichen Fachunterricht noch folgende Tipps gegeben werden:• Bewusstmachung von sprachlichen Regeln• Erklärungen in der Muttersprache • Einführung von Schrift erst, wenn Lautbild-Semantik-

Verbindung (Verbindung zwischen Klang und Bedeutung eines Wortes) sicher ist.

Vokabel-/ Wortschatzarbeit • systematisches Lernen mit Kartei-Systemen (auch digital möglich, z.B. mit dict. cc)

• multisensorisches Erarbeiten • Vermitteln von Lerntechniken • Differenzierung des Lernwortschatzes; die Units/

Lehrbuchkapitel nach wichtigen und unwichtigen Wörtern sortieren, Training des Minimalwortschatzes

Aussprache und Rechtschreibung

• Graphem-Phonem-Training (mit spez. Fördermaterial!!)• Wortbildgedächtnis-Training • hohe Sprechanteile im Unterricht

Grammatik • visuell und anschaulich arbeiten • weniger schriftliche, mehr mündliche Übungen • Inhalte häufiger wiederholen

Hör- und Leseverständnis • Einstieg durch Vorgaben erleichtern • Schreibanteile reduzieren • Kompromiss zwischen Textlänge und Inhalt finden

Page 36: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Förderung Während es relativ unaufwendig ist, die zuvor beschrie-benen Hürden für Schüler mit einer LRS bzw. Legasthenie abzubauen, stellt die eigentliche Förderung eine deutlich größere Herausforderung dar. Wie eine unlängst veröffent-liche Metastudie zeigt, liegt der effektivste Förderansatz bei einer LRS in einer gezielten Entwicklung der phono-logischen Bewusstheit, d.h. in der Vergrößerung des Wissens um die Laut-Schrift-Strukturen einer Sprache. Voraussetzung für eine zielgerichtete Förderung ist die Feststellung der Lernausgangslage, denn sie ist bei den Betroffenen individuell höchst unterschiedlich. Nach der Durchführung entsprechender Tests ergibt sich bzgl. der Lese- und Schreibleistungen ein Stärken-Schwächen-Profil, an dem ablesbar ist, welche Graphem-Phonem-Beziehungen bereits beherrscht werden und welche sich noch im Aufbau befinden. Auf dieser Grundlage lässt sich ein individueller Förderplan erstellen. Mit Hilfe spezieller Übungsmaterialien kann sodann die eigentliche Förderung beginnen, im fremdsprachlichen Fachunterricht, in offenen Lernzeiten oder auch zu Hause. Idealerweise sollte die Förderung in einem sog. Förderkreislauf stattfinden (Bestimmung der Lernausgangslage – Erstellung eines Förderplans – Förderung – Auswertung).

Page 37: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

________________________________________________________________________________Vokabeltest mit differenzierender Bewertung

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Page 38: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

________________________________________________________________________________Vokabeltest

Vocabulary test No.

date: ……………………class: …………………..name: .

Task 1: Verbinde mit einer Linie, was zusammen gehört

Task 2: Schreibe diese Wörter auf Englisch!

_____________ points out of 10 points grade:

hoot Gebäude

narrow gestresst

stressed Kanada

building hupen

Canada eng, schmal

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mieten, leihen

hinzufügen (zu)

Signal, (Handy) Empfang

Gespenst, Geist

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Page 39: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Bewertungsschema für Schreibaufgaben

(Klassenarbeit, Sek. 1)

max. Punktzahl für die Schreibaufgabe: 30 Punkte

Bewertungsschema für die gesamte Klassenarbeit:

Beispiel:max. Punktzahl der Klassenarbeit: 50 Punkte (rezeptive Aufgaben) + 30 Punkte (prod. Aufgabe)

ohne Notenschutz

mit Notenschutz: max. Punktzahl 28 statt 30 P. - dadurch leichte Verschiebung bei Punkte-Noten-Zuordnung

Inhalt: 12 Punkte (40 %) / 12 Punkte

Sprache: 18 Punkte (60 %)

sprachl. Mittel (6 P.) / 6

Stringenz, Struktur (6 P.) / 6

Korrektheit (6 P.)

Gr (2 P.) / 2

Lexik (2 P.) / 2

RS (2 P.) / 2

Summe Sprache: / 18

Schreibaufgabe insgesamt Inhalt + Sprache / 30

0-20 21-40 41-50 51-60 61-70 71-80

ungenügend mangelhaft ausreichend befriedigend gut sehr gut

0-20 21-39 40-49 50-59 60-69 70-78

ungenügend mangelhaft ausreichend befriedigend gut sehr gut

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Page 40: Beispiel eines schulischen Fremdsprachen- Förderkonzepts

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Literaturempfehlungen

• Baumann, Xenia (2008): Handbook zur Rechtschreibförderung im Englischen. Münster: Lernserver

• Dast, Helmut (2003): Das unnötige Versagen in Englisch. Neue Ergebnisse der Legasthenieforschung verbessern den Englischunterricht für alle Schüler Böblingen, Institut für schriftsprachliche Pädagogik, 3., vollständig neu konzipierte Auflage

• Gerlach, David (2010): Legasthenie und LRS im Englischunterricht: theoretische Befunde und praktische Einsichten. Münster: Waxmann

• Gerlach, David: wordly-Trainingsprogramm • Kerstin, Bert: Fit in Englisch trotz LRS: Vokale AOL Verlag, 2. Auflage 2010• Kerstin, Bert: Fit in Englisch trotz LRS: Diphthonge und Konsonanten. AOL Verlag,

2. Auflage 2011• Landerl, Karin (1996): Legasthenie in Deutsch und Englisch. Frankfurt/ Main: Lang• Lanzinier, Isabell Maria (2006): Legasthenie in der Fremdsprache Englisch

(kostenloser Download)• Sellin, Katrin (2004): Wenn Kinder mit Legasthenie Fremdsprachen lernen, Ernst

Reinhard GmbH & Co. KG Verlag, München• Metastudie: Katharina Galuschka, Elena Ise, Karthrin Krick, and Gerd Schulte-

Körner: Effectiveness of treatment approaches for children and adolescents with reading disabilities: A meta-analysis of randomized controlled trials

[email protected]

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