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Beitriige zur anatomischen Klinik der Augen- Krankheiten Yon Prof. A. v. Gr~ife und Dr. G. Schweigger. Vorwort. Von Prof. A. v. Grtife. Die pathologische Anatomie des Auges hat sich in den letzten Jahren durch eine Reihe tiefgehender Arbeiten bereichert und zum Theil ganz umgebidet. Genauere und ergiebigere Methoden flir die Untersuehung der histologischen Verh~iltnisse, wie sie vor Allen Do n d e r s und H. Miiller benutzten, gaben den gedachten Ar- beiten eine frfiher ungekannte Stlltze. Man h~itte erwarten dlirfen, dass aus den gewon- nenen Resultaten auch flit die klinische Auffassung der Krankheitsprozesse ein rascher Gewinn hervorgehen werde. Diese Erwartungen haben sich, wenn wit often sein wollen, nur zum geringen Theil ert~illt. Erinnern wir uns beispielsweise der yon Donders zuerst als Col- loid-Metamorphose der Aderhaut beschriebenen Krank- heir, in weleher H. Miiller spiiter eine eigenthiimtiche Entartung der der Chorioidea zugehiirigen Glashaut er-

Beiträge zur anatomischen Klinik der Augen-Krankheiten

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Beitriige zur anatomischen Klinik der Augen- Krankheiten

Y o n

Prof. A. v. Gr~ife und Dr. G. S c h w e i g g e r .

V o r w o r t .

Von Prof. A. v. Grtife.

Die pathologische Anatomie des Auges hat sich in den letzten Jahren durch eine Reihe tiefgehender Arbeiten bereichert und zum Theil ganz umgebidet. Genauere und ergiebigere Methoden flir die Untersuehung der histologischen Verh~iltnisse, wie sie vor Allen Do n d e r s und H. Mii l ler benutzten, gaben den gedachten Ar- beiten eine frfiher ungekannte Stlltze.

Man h~itte erwarten dlirfen, dass aus den gewon- nenen Resultaten auch flit die klinische Auffassung der Krankheitsprozesse ein rascher Gewinn hervorgehen werde. Diese Erwartungen haben sich, wenn wit often sein wollen, nur zum geringen Theil ert~illt. Erinnern wir uns beispielsweise der yon D o n d e r s zuerst als Col- loid-Metamorphose der Aderhaut beschriebenen Krank- heir, in weleher H. Mii l le r spiiter eine eigenthiimtiche Entartung der der Chorioidea zugehiirigen Glashaut er-

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kannte, so sind wir heute noch nicht im Stande dersel- ben, so umfangreich sie zu sein scheint, in der Praxis einen best mmten Platz anzuweisen. Wir wissen in der That nicht, ob die yon H. Mii l ler beschriebenen Ver- /inderungen den Ausgangspunkt mancher uns klinisch be- sch~ifligenden Chorioidal-Krankheiten bilden, oder ob sie zu diesen nut in untergeordneter Weise hinzutreten. Wit wissen nicht einmal, welche FunktionsstSrungen wit bei amblyopischen Affek/ionen denselben zuschreiben di]r- fen, mit einem Wort wit sind nicht heimisch geworden in diesem neu gewonnenen Terrain, welches einen f'ruchtbaren Boden darzubieten schien.

Noch viele ~ihnliche Belege lassen sich bier anffihren. Die Pigmentbildungen in der Netzhaut haben, nachdem D o n d e r s (Arch. fi Ophth.) seine Ergebnisse mitgetheilt, neuerdings wieder Arbeiten yon H. Miille'r, S c h w e i g - g e r, Ju n ge hervorgerufen. Es hat sich hierbei erwiesen, dass ein wesentlicher Zusammenhang zwischen dem pathologischen Netzhautpigment und dem Aderhautpig- merit existirt, und class ein yon den inneren Lagen der Aderhaut ausgehender Entzfindungsprozess sekund~ire Infiltration der Netzhaut mit Einschwemmung und Neubildung yon Pigment ( S e h w e i g g e r ) , bewirkt. Von einer solchen Entstehungsweise des Netzhaut- pigments auf dem Boden einer Chorioiditis babe ich mich, kurz nachdem mir die ersten anatomischen Mit- theilungen des Dr. S c h w e i g g e r zugegangen, ophthal- moskopisch fiberzeugt. Sind wit nun hier um eine wieh- tige anatomisehe Thatsache reicher geworden, so ist doch die klinische EinFfihrung derselben bis jetzt nur in vorsichtiger Weise zu gestatten. Die Pigmentirun- g e n d e r Netzhaut zeigen nicht blos an sich ein/iusserst mannigfaltiges ophthalmoskopisches Bild, es zeigen sich auch die gr~Sssten Verschiedenheiten in dem Verh~ilt- niss zwisehen dem Netzhautpigment und den zu kon-

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statirenden Aderhautveriinderuogen, es gestaltet sieh endlieh der Verlauf der Krankhelt so entgegengesetzt, aass der Ktiniker wahrlieh mehr zum Anseinanderhal- ten als zum Versehmelzen aller dieser Fiille in eine gemeinsehaffiiehe GrupI)e geneigt ist. Wenn wiv uns jener, .jetzt allgemein bekannten Symptomreihe er- innern, welehe sieh meist dutch ein halbes Men- sehenlehen versehleppt um mit einer unverSndero lichen Gleiehmiissigkeit endlieh denselben deletiiren Ausgang herbeizuFdhren und wenn wir andererseits an die rasehe, der Behandlung keineswegs unzugiingige Pig- mentbildung in der Netzhaut bei gewissen Aderhaut- entziindnngen denken, so driingt sieh immer wieder das Bedenken auf, ob diese versehiedenen Krankheiten in einer analogen Weise zu lokalisiren und aufzuf'assen seien. Mit Reeht kann man diesen Bedenken entgegen- stellen, dass ein mehr oder weniger raseher Verlauf doeh mit der einheitliehen Natur einer Krankheit ver- triiglieh sei, dass fiir die, Dauer eines entziindliehen Lei- dens {iberhaupt keine bestimmte Grenze existir% dass Chorioidal- und Retinalveriinderungen yon hoher Be- deutung f[lr die Funetionen~ bei der ophlhalmoskopisehen Untersuehung unseheinbar ausfallen k;3nnen. Dies Alles zugegeben, so verlangen wit doeh s die prak- tisehe Auffassung der Sache volle Beweise und eine aus den anatomisehen Auf'st'hllissen hervorgehende Einsieht in die Ursachen so grosser Verschiedenheiten des klinisehen Krankheitsbildes.

Endlich will ich aug die in praktiseher Beziehung so i'lberaus wichtige Krankhei~sgruppe der Sclerotieo- chorioiditich posterior hinweisen. Der Augenspiegel einerseits und die Zergliederung andererseits hatte reich gele|lrl, class in den hSheren Graden dieser Krankheit entzfndliehe Aderhautver5nderungen vorhanden sind. Dies sowohl als die vollkommene Analogie mit ande-

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ren, als entzlindlieh erkannten Affektionen, insonderheit das unleugbare Uebergehen derselben in die hydroph- thalmische Gruppe - - hatte reich bewogen fiir die be- sagte Krankheit yon Anfang an den entziindlichen Charakter anzusprechen und den Namen Sclerotico- Chorioiditis deshalb zu w~ihlen, well ich eben die Aderimut fiir den Ausgangspunkt, die Scleralectasie fSr consekutiv hielt. Seit jener Zeit, wo ich racine An- sicht 5ber diesen Gegenstand veriiffentlichte (A. f. O. Bd. I, Abth. 1. S. 330), ist derselbe vielfach und yon den besten Beobachtern ventilirt women, und hubert sich die Ansichten fiber die Natur des Uebels noch keineswegs geeinigt. :Far viele, z.:, B. fiir Arl t , ist racine ursprllngliche Ansicht irrig, indem sic den Pro- zess der Ectasie als das ursprSngliche, oft allein be- stehende, den der EntzSndung als etwas accessorisches betrachten. Da hoffentlich der Gegenstand bald mit besseren Waffen zu bewaltigen sein wird, so set hier jedes n'Shere Eingehen vermieden; nur so viel wollte ich hervorheben, dass auch diese Discussion-dutch die bisherigen Zergliederungen nicht konnte zu Ende gebraeht werden; denn wenn auch dieselben, so oft sic seitdem yon competenten Histologen wiederholt wurden, stets Ver~inderungen in tier Aderhaut nachgewiesen, die wir bet der heutigen Sachlage als entzlindtich zu be- zeichnen berechtigt stud, so geh~irten alle Falle, so viel ich weiss, den sp~iteren KranktMtsstadien an, und konnten in ihrer Isolirung vom Verlauf die pathogenetische Frage nicht l~sen. Aus frilherer Zeit besitzen wir nun freilich viele Sectionen des sogenannten Stapbyloma posticum Scarpae, welehe zum Theii an die ersteren Stadien des Sclerotico-Chorioiditis posterior ankniipfen; allein wer weiss, wie sehwer nachweisbar die entzlind- lichen Aderhautver~inderungen selbst fiir die feinste hi- stologische Untersuchung sind, vorausgesetzt, dass sic

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ein gewisses Evolutionsstadium nicht fiberschreiten, der wird auch zugeben, dass man aus den frilheren Sectio- nen fiir unsere Frage nut wenig Schliisse ziehen kann.

Was ist nun, so fragen wit welter, der Grund die- ser Uebelst~inde, dieser ungeniigenden Bes unserer klinischen Bedfirs Wit finden denselbea offenbar in der Art und Weise, in welcher bisher ge- wShnlich die anatomischen Befunde gewonnen wurden. Die Untersucher erhielten Augen, yon deren Zustande w~ihrend des Lebens sie sich oh gar keine und beinahe immer nur h~ichst ungenligende Kenntniss verschaffen konnten. So blieb es denn auch ungewiss, welches Krank- heitsbild, welcher Komplex yon Funktionsst(irungen dem anatomischen Befunde mochte entsprochen haben.

Es ist devselbe Mange], der die pathologische Ana- tomie im Allgemeinen so lange verhindert hat recht eingreifend fdr die Pathologie und Therapie zu wirken, his durch die neuere mit der Klinik Hand in Hand gehende Richtung auf das erfreulichste abgeholfen ward. Natiiriich ist es fiir die pathologische Anatomie des Auges weir sehwerer, dieses Mangels Herr zu werden, als f'dr die meisten [ibrigen Organe. Die F~ille, in de- nen Patienten, welche mit Augenleiden behaftet sind, unter augen~irztlicher Leitung sterben, gehSren im All- gemeinen zu den Seltenheiten und auch in diesen F~llen ist oft der klinische Befund ein unvollsfflndiger, sofern aus humanen Griinden bei iiberhandnehmenden Allge- meinleiden eine genaue Untersuchung des Auges unter- bleibt. Ferner wird eine Zergliederung der Augen in einem f'dr die Untersuchung brauchbaren Zustande yon den AngehSrigen nur schwer gestattet.

Ein reeht ergiebiges Terrain, um in der gewlinsch- ten Richtung wenigstens gewisse Krankheitsgruppen zu bearbeiten, bieten uns die wegen innerer Entziindungen und Desorganisationen exstirpirten Augen, und es soil

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eben dieses Material vorwaltend sein, welches wir in regelmiissig sich einander anschliessenden Mittheilungen der Oeffentlichkeit iibergeben. Unsere Abhandlung soll zun~ichst eiae rein casuistische Fassung erha[ten~ wit hoffen uns spiiter auch zu iibersichtlichen Betrachtungen zu erheben, da die grosse Zahl der F~ille uns in den Stand setzt, den verschiedensten Krankheitsnfiancirungen und Entwickelungsstadien Befunde zu entlehnen.

Obwohl die Arbeit gemeinschaftlich yon Dr. S c h w e i g g e r und mir unternommen ist~ so gehSren die anatomischen Untersuchungen lediglich Dr. S c h w e i g g e r an, was ich vorweg zu erkl~iren reich fiir verpflichtet halte. Ich habe ffir racine Person aussehliesslich die klinische Arbeit iibernommen. Vor einer jeden exstirpatio bulbi~ die irgend Aufschlfisse verspricht, werde ich das Krankheitsbild und den Krank- heitsverlauf biindig notiren, zugleich meine diagnostisehen Ansichten, z. B. fiber die Ver~inderungen der inneren Membranen, soweit ich dieselhen begr6nden kann, niedersetzen, hierauf wird der Secfionshefund des Dr. S c h w e i g g e r folgen, endlich soil sich, falls dieseL" Be- fund dutch Correction oder Erggtnzungder friiher ge- stellten Diagnose ncue Anhahspunkte gewiihrt, eine ana- tomisch-kIinische Epikrise anschliessen.

Der yon uns bier betretene Weg ist vollkommen derselbe, welcher in Moorfields Hospital eingeschlagen ward. Die bisher votl dot't aus publicirten Befunde ex- stirpirter Augen, welche wir besonders Herrn Dr. B a d e r verdanken, haben zwar manches interessante angeregt, doeh will ich bet aller Verehrung fiir das Streben un- seres Fachgenossen nicht verhehlen, dass sowohl eine speziellere Aufzeichnung der kiinischen Verh~iltnisse, als eine noch fiberzengendere Erh~irtung der histolo- gischen Ver~inderungen mir im Ganzen erw(inscht ge-

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wesen w~ire. Bei der gl~nzenden Zusammenwirkung yon Arbeitskr~iflen, WiG sie in Moorsfield's Hospital statt- tindet, werden gGWiSS die t~ir jeden Anfang unvermeid- lichen Lficken sich bald ausf'dllen. Aueb wit mlissen unsere Leser namentlich f'dr die ersten Mittheilungen um Naehsieht bitten, bis sieh erst ein gewisses Gleich- maass und die nothwendige Gelfiufigkeit in der Verar- beitung des Stoffs eingefimden hat.

Da das Material, welches wir benmzen, dureh die Ex- stirpation des Augapfels erhalten ist, so will ich hier einigo Bemerkungen ankniipfen tiber die Krankheitszust~inde, welch% abgesehen yon den altbekannten Indicationen in- tra- und extraocularer Tumoren, die Zul~issigkeit, resp. Nothwendigkeit dieser Operation bedingen. In der That w~ire eine bessere Einigung unter den Praktikern auf dem betreffenden Felde zu wfinschen. Zum Tbeil herrscht immer noch eine grosse Bangigkeit, den Bulbus herauszunehmen, als wenn aus der Operation selbst eine Gefahr till' das Leben, oder Gill nachtheiliger Einfluss auf das zweite Auge, oder eine (tntsetzliche Entstellung resultiren wiirde. So wird die Operation oft bet den qualvollsten Zusdin- den des Patienten fiber das Maas verschoben und eine vorhandene Gefahr filr das zweite Auge dadurch we- sentlich gesteigert. Aug der andern Seitc ist es einge- rissen, (lie Exstirpation, als das sicherste Befreiungs- mittel yon allen Beschwerden trod als Schutzmittel f'dr das zweite Auge auch da in Anwendung zu ziehen, wo Gin wenig mehr Geduld oder eine mildere Operation, z B. wiederholte Pum'tion, Iridectornie oder Abtragung eines Hornhautstaphyloms den Zweck erfiilh b~itte. Die kosmetischen Nachtheile der Exstirpatio bulbi, gegeniiber der Erhahung eines phthisischen Auges sind, wenn auch nicht excessiv', doch unleugbar. BGsonders daj wo nach hinteren Ectasien des Auges das orbitale Fett- zellgewebe durch Druck verMiltnissmiissig atrophirt ist,

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tritt nad~ Exstirpafion der Coniuncfivalsack m(~hr als erw~inscht zur{'mk. Die Bewegung des k~nstliehen Auges wird trotz Ed~altung der Muskeln und der Tenonschen Kapsel hSehst besehr/inkt oder fehlt beinahe g'anzlieh, well eben kein genSgendes Eingreifen des Ersatzst{lekes it1 die bewegliehen Theile stattfindet. Aueh wird ein kGnstliehes Auge yon gen(igender GrSsse zuweilen nieht gut festgehalten, weil wegen der Riehtung des Con- jur~ctivalsaeks naeh hinten, dessen Einsenkung liings der Uebergangsfalte an Tiefe verloren [tat. l~ndlich kommen, wiewohl selten, Fiille vor, wo das Tragen eines kiit~stliehen Auges dem Kranken 1/istig und f'iir die Kopfnerven erregend ist, ohne dass wir irgend eine materielle Ursaehe im Conjunetivalsaek oder an dem Ersatzsffick naehweisen kSnnen. Offenbar ist alsdann die Entstelhmg gegen0ber der eines m.assig phthisisehen Auges sehr iiberwiegend.

Die Exstirpation oder Enueleation, wie Ar l t das Vevfahren ganz tretTend nennt, erscheint mir zun'aehst at~gezeigt, wenn an eeblindeten Augen Besehwerden vorliegen, welche vermuthlieh auf keine andere Weise zu heben sind. Unter diesen steht voran S e h m e r z - h a f t i g k e i t , wie wit" sie meist unter der Form sym- ptomatiseher Ciliarneurose vorfinden. 1st eine solehe beispielsweise an einem dureh Irido- ehorioiditis voll- kommen erblindeten p h t h i s i s e h e n Auge vorhanden, so tritt ff~r uns die Frage aui; ob Iridectomie oder Ex- stirpation zu unternehmen. Zeigt sich in dent vorlie- genden Falle, dass die Regenbogenhaut in hohem Grade desorganisirt~ deren atrophireodes Oewebe dutch dahinter lagevnde Neubildungen gespannl, yon grSbe- ren Venen durchzogen, die CiliarkOrpergegend bei der Betastung sehmerzhafi ist*), so dart yon der Irideetomie

*) Bei dieser Gelegenheit miichte ich tiberhaupt die Betastung durch die 8clera ant LokaIisa~:ion innerer Entziindu~gen empfehlen

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nichts erwartet werden, da sie dann intraoculare Blu- tungen und frische Reizung der mit dem Ciliarklirper in Verbindung stehenden Neubildungen hervorrufi. Hier ist die Exstirpation an ihrem Platze, denn die andere Operation, welche zuweilen den Sehmerz beseitigt, n~im- lich die mit Entfernung eines Irisstiicks verbundene Linsenextraction (durch Lappenschnitt), giebt hier nut unsichere Resultate, weil in tier Regel ticfere Ver~inde- rungen, z. B. Kalkablagerungen auf der inneren hder- hautfl~iche sich bei der Ciliarneurose betheiligen. Ist dagegen an phthisischen Augen,! welche nach Irido- chorioiditis erblindet, die Iris durch fliissiges Exsudat nach vorn geddingt, der Pupillarrand mittelst hinterer Syne- chiea zur(ickgezogen, die Ciliargegend bei der Betastung wenig schmerzhaft, so kSnnen wit mit einiger Wahr- scheinlichkeit auf die Heilung tier Ciliarneurose durch Iridectomie rechnen. Erst wenn diese vergeblich ver- richtet, l~isst sich gegen die Exstirpation nichts mehr einwenden.

Ist ein erblindetes Auge, welches eine E c i a s i e oder grSssere Anspannung darbietet, die Quelle yon Schmerzempfindungen, so haben wir rneines Erachtens

l~atiirlich ist die Sehmerzhaftigkeit hier, wie im Allgemeinen, bei Ent- ziindungen ein sehwankendes Symptom, sie kann sieh namen~lieh bei gieiehbi ibenden tokalen Ver~inderungen naeh Verminderung der in~ra- ocularen Spannung raseh verlieren. Trotzdem bleibt die direkte Emp- findlichkeit eines kranken Organs auf Druek immer ein werthvolleres Symptom, Ms die spontane Schmerzhaftigkeit. Ieh stelle diese Explo- ration gewShnlich so an, dass ieh das Knopfende eines Myrthenblattes gegen die fragliehen Punkte der Selera successive andriieke; oft zeigen sieh sehr sehlagende Untersehiede in der Empfindliehkeit einzelner Regionen. Mehrmals hat sieh sogar eine sehSne Uebereinstimmung zwisehen den Resultaten dieser u and den anatomiseh naeb- weisbaren Yer~nderungen (bei eitriger Cyelitis) gefunden. Neulich koante ieh den Sitz einer umsehriebenen, dureh einen Cystieercus be- dingten Chorioiditis in tier Weis~ bei der Betastung lokalisiren, class mir dies den Fingerzeig einer dureh die Sclera etwa zu unternehmenden Operation gab.

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je naeh den Umst~.nden Punktion des Bulbus oder Iri-

deetomie zu versuchen. Letzteres gilt vor Allem yore typischen Glaucom~ sodann abet, wie ieh ber~'its mehr-

fach hervorgehoben babe, yon allen glaucomat~isen

Krankheiten. Nut da, wo bereits ausgedehntc Scleral-

ectasie vorhanden ist , zieht das druekvermindernde

Verfahren h~ufig Uebelst~inde nach sich. Die sehr be-

deutende Erweiterung der Choriocapillaris, welche f~ir

solche Fiille dutch die neuesten Untersuchungen wieder

besffitigt wurde, erklilrt die Gefahr intraoeularer Blutun-

gen nach pl0tzlicher Herabsetzung des Druc'kes und wit miissen daher bei hochgradigen hydrophthalmisehen

Entartungen die Exstirpation als das sicherste Mittel anerkennen.

Der Zweck, ein ektatisches huge iu ein phthisisehes zu verwandeln~ wird natiirlich errreicht, aueh wenn in- traoculare Blutungeu oder Panophthalmitis den opcrati- yen Ei~lgriffen folge~l. Allein ieh gestehe, dass die Sue- cession yon Zust~inden, welehe zu diesem Ziele flihrt, fib' den Kranke~ oft so peinlieh und langwierig ausf~illt, dasses mir am r~ith[ichsten erseheint, im hllgemeineu bei solehen Eveutualitfiten die Exstirpation vorzuziehen. Tritt eiumal Evacuation der eontenta bulbi dutch Blu- tungen oder Pauophthalmitis ein, so wird ausserdem der Coliapsus ein so erheblieher, dass die Vortheile des Stumpis gegen[iber dem Resultate der Exstirpation weit geringer sind, als bei einem m~issigeu Collapsus. Voll- ends ]iegt in den erw~ihnten Zuf~illeu einige Geihhr f'fir das zweite huge, wcnn einma[ die geringste Neigung zu sympathiseher hfi~.ktiou auf demselben ausgesproehen ist. Wo letzteres nieht stattfindet uud wo die kosme- tisehen I~[ieksiehten ausserordcntlieh in die Wagsehaale fallen, lassen sieh eetatische hugeu dadureh redueiren, dass man einen Faden dutch (lie Selera und Glask~ir- perhiile zieht, uud so lange liegen liisst, his eine leiehte Chemosis, als das erste Zeiehen einer bcginnenden eit- rigel~ Chorioiditis autkritt. Diesen Zeitraum sah ieh yon 1 4 Tagetl variiren. Am zwcekm~issigstcn land ieh, den

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Faden gerade ill der (Jiliark~rpergegend cinzulegen und zwischen Punktioa und Contrapunktion unget)ihr eine Brtlcke you 3'" zu lassen. Was hier den Collapsus her- bei{iihrt, ist nicht etwa das Aussickcrn yon Flfissigkei- ten, welches bet cinem fcin(~n Stich fiberhaupt nicht stattfindet, sandern die dutch eitrige Chorioiditis einge- leitete ZerstSrung des Adcrhautgewebes und aufgehobene Transsudation yon GlaskSrperfltissigkeit. Wir verweisen hicrbei auf die bereits mchrthch hervorgehobene Patho- genese der Phthisis bulbi. Obwohl das crwShnte Ver- fahren bet Ilydrophthalmus vor den partMlen Abtragun- gcn manehe Vortheile bietet, so steht es doeh, wie ge- sag't, in tier unendlichen Mehrzahl tier Fiille der Exstir- patton bedeutend nach.

Sind H o r n h a u t s t a p h y l o m e yon Ciliarneurose begleitet, so ist zu entseheiden, ob sieh der krankhafte Zustand auf die vorderen Theile besehr~inkt. Hierfi~r ist neben der Spannung des Augapfels, der Art eines noch etwa vorhandenen Lichtscheins, hesonders die Form des Staphyloms beweisend. Sehon ~iltere Oph- thalmologen haben hervorgehoben, dass staphylomat~Sse Augen als tier desorganisirt zu betraehten seien, wenn die vordere Bulbush~ilfte eine konisehe Form darstelle und die Einsenkung am (3ornearand vNlig vermisst werde. Manche Autoren haben diese Form bereits nachdriicklich yon dem einfachen Stapt,ylom geschie- den. Wi t erkennen jetzt in denselben die Beweise f/it eine dutch Hypersekretion yon Fl[issigkeiten bedingte Steigerung des intraocularen Drucks und erkliiren uns hierdurch das stere Vorhandensein yon Sehnervenexca- ration und die hiormit in Verbindung stehende Ab- wesenheit resp. Ungleiehm~issigkeit des [~iehtscheins. So lange der staphylomat,3se Prozess sieh auf don v o f deren Theil besehr/inkt, bleibt in dr That die Einsen. kung l~ings der Cornealgrenze markirt. Ist dennoeh Giliarnenrose vorhanden, so beruht sie lediglieh auf Entz~ndungen der mit dem Narbengewebe verbund,men

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Iris und Anh'aufung yon Fliissigkeifen hinter derselben. Diesen Uebelstiinden ist durch Punktion oder Abtra- gung des Staphyloms mit Entfernung des Linsensystems abzuhelfen. Legt man kurz naeh der Excision des Staphyloms, welche eventuell auch mit absichtlicher Entleerung eines Theils des GlaskSrpers zu verbinden ist, cinen Druckverband kunstgerecht an, so kommt es nun iiusserst selten zu den vie] gef{]rchteten intmren Blutungen, Eiterungen u. s. w. Es wiire auf dem Felde der Staphylomoperationen wohl zweckm~issiger gewesen, start sich um immer neue Operationsmethoden zu be- miihen, fiber die FSlle selbst richtig zu verstiindigen. Handelt es sich n'amlich um jene tiefgreifende Desof ganisation mit allgemeiner Druckvermehrung resp. Ecta- sie der aequatorialen und hinteren Theile, so sind alle Arten yon Staphylomoperationen Zufiillen ausgesetzt und ich ]mite die Exstirpatio bulbi f~ir angezeigt, weiche ich niemals eines einfachen Staphyloms wegen, mag es noch so gross sein, anrathen wiirde.

SoIern das einfache Hornhautstaphylom dutch zu- nehmende Hypersekretion yon Fliissigkeiten und Verbrei- tung der Entziindung auf Ciliark~Jrper und Aderhaut all- m~ihlig zu jenen konischen Ectasien der vorderen Bulbus- hemisphiire fShrt, existiren zwischen beiden Krankheits- formen natSrlich alle mg3giichen Uebergangsstufen; so kSnnen wit auch begreiflicherweise aug einer gewissen Hiihe des Processes dar(iber schwanken, ob die Abtra- gung des Staphyloms oder Exstirpatio bulbi zu unter- nehmen sei. Die individuellen VerhSltnisse des Krank- heitsfalles und der Patienten werden hier unseren Ent- schluss bestimmen; .je dringender eine rasche Befreiung yon den Beschwerden er~'ordert wird, je weniger die kosmetisehen Riicksiehten iu die Wagschale fallen und je mehr sympathisc}le Affektion zu fSrchten ist, desto leichter werden wit uns fSr die Exstirpation ent- scheiden.

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N~ichst de~Ciliarneurose sind es zuweilen s u b i e e ti v e L i c h t - und F a r b e n e r s c h e i n u n g e n al= erblindeten Augen, welche die Patienten peinigen. Besondors babe ich dies nach Iridochovioiditis und nach hiimorraghischen Netzhautabl~isungen, zum Theil aus traumatischer Quelle, beobachtat. Bei einzelnen Patienten waren diese Erschei- nungen so hefiig, dass der Schlaf und die Gemiiths- stimmung wesentiich darunter litten. Soweit bis jetzt anatomische Befunde vorliegen, scheint hier eine se- cund~ire Entzfindung des Sehnerven den Grund der Beschwerden abzugeben; eiumal ianden sich aueh massenhafte Kalkablagerungen in dem Nerven yon der Papilla bis zur Durchschnittsstelle. Druckzunahme er- kl';irt die Beschwerden keineswegs~ indem diese meist nut vor/ibergehend subjective Lichtempfindungen eia- ieitet, welcim auch niemals in der angegebenen Weise qufilend werden. So erwiesen sich auch in den gedaeh- ten F~illen alie Druckverminderungen, mit Einschluss der lridectomie und partieller Entleerungen des Corpus vitreum als truehtlos. In der Regel sind sogar die betref- fenden Augen bereits stark atro~)hisch. Ich betrachte diese, in ihren Einzelnheiten fiusserst polymorphen Licht- und Farbenerscheinungen, so wie einmal die quantitative Lichtempfindung bei h.idochorioditis bedeutend herab- gesetzt ist, als indicirend f'dr die Exstirpation, denn niemals ist es rnir gelungen, aus soichen Augen sei es dutch Iridectomie oder irgend ein anderes Verihhren etwas zu machen; auch rathe ich, mit der Opera/ion nicht unniitz zu warten, denn~ wenn ich auch his jetzt unter derlei Umst~inden noch keine sympathi~che Er- krankung des zweiten Auges konstatirt babe, so waren doch die Beschwerden sehr langwierig, widerstanden den son~tigen Mittela, mid schliesslich wlire wohl gar zu beffirchten, dass die Reizung im Sehnerven sich in centrifugaler Richtung fortsetzte, so dass dann selbst

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die Durchtrenntmg desselbet~ dicht am Auge die sub- jectiven Lichterscheinung~tl nicht sofort abschnitt,~.

Ein weiterer Grurld t'i]r dio~ Exstirpation liegt tiarit b class viele erblindete Augen zu vo l t lmin i i s sind, um kiinstliche Augen einzusetzen. Es wird yon den n~ihe- ren Krat~kheitszust~indetl abh~iagen, ob unter solehen UmstSnden Punktion, Iridectomie, Durchziehet~ eines Fadens (s. oben), partielle Abtragung oder Exstirpation am r~thlichsten erscheb}t. [ch verweise auf das, was ich bereits obet~ betreffs der IIeilvl~g der Ciliarneurose bei ektatischen trod staphylomat6sen Augen gesagt habe, und Fdge nut hiaztJ, dass man allerdings hei vollkommen schmerzlosen derartigen Augen den Plat~, einen phthisischen Bulbus zu erhalten, etwas dreister durcht'Shren kaan, als ia den F~i]len, we bereits Reiz- zust~inde und Ciliarneurose bestanden.

Ein [Iauptmotiv f'dr die Operation liegt bei einsei- tigen Erblit~dungen in der Gefahr der sogenannten s y m - p a t h i s c h e n A s des zweiten Auges. Es ist ausserordentlich scl Jwer, t'iir die Bedingungen, unter denen diese Gei'ahr besteht, Normen anzugeben, abet so viel ist sicher, class viele Fachgenossen in der An- nahme einer Secund~rkrankheit zu welt gehen, und dass bei den doppelseitigen Erkrankungen der inneren H~tlte die leider so h~iufig vorkommen, das eigentlich sympa- thische Verh~iltniss den Ausnahmefall, hingegen die Er- krankung beider Atlgen aus einer gemeinschaftlichea Ursache die Regel bildet.

Filr manehe Krankheitstbrmen ist ein sympathisehes Verh~iltniss sogar mit Bestimmtheit abzuweisen. FSr das typische Glaueom habe ich dies bereits hervorgeho- hen. Nicht allein, nachdem der Process auf einem Auge (lurch Iridectomie sistirt ist, sieht man h~tffig kurz dar- auf das zweite Auge erkranketl, sondern dasselbe babe ieh gerade in zwei F~ilten beobachtet, in denen ieh

Archly fiir Ophthalmologie, VI. I. 9

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fr6her ein an Glaucom leidenttes Auge exstirpirte. Ich muss desshatb letztere Praxis f'dr das typisehe Glaucom in dem engerea Sinne, sofern es sieh anders urn eine Sicherstellung des zweiten Auges handelt, verwer- f e n . - Betreffs der glaucomat~isen Erkrankungen, welche sich zu staphylomatSsen Processen, zu Liasen- blfihungea und zu Irid,>-chorioiditides hinzugesel- lea, so steht 'es f(ir reich lest , dass s3,mpathische Erkrankungen vorkommen; allein ich glaube, dass dies nicht gar hiiufig ist und sich nur unter fol- genden Bedingungen ereignet: 1) Wenn wirklich noch eine nachweisbare Spannungsvermehrung in dem erkrankten Auge und noch nicht etwa secund~irer Col- lapsus stattfindet, 2) wenn in(raoculare Blutungen in dem erkrankten Auge intercurrent auftreten und einen raschen Wechsel der Spannung erzeugen, 3) wenn Lin- senverkalkungen oder Verkalkungen an der inneren Aderhautfl~iche vorhanden s i n d . - Bei gewiihnlichen Sclerotico-chorioiditides, welche Glaskiirperopacit~iten oder Netzhautablgsung herbeigeFdhrt haben, glaube ich nicht an einen sympathischen Hergang. Weder die Entwickelung des Uebels am zweiten Auge, noch die Erfahrungen, welche ich nach Phthisis des erblindeten Auges, oder auch frilher nach Exstirpation desselben gemacht habe, scheinen mir fiir einen solchen Hergang zu sprechen. - - Bei Augen, die nach Irido-chorioiditis bereits phthisisch geworden sind, scheint mir eia sym- pathisches Verh~ltniss nut vorzukommen, wenn Cyclitis fortbesteht oder innere Verkalkungen vorhanden sind. Spontane Schmerzhaftigkeit, besonders abet die Emp- findliehkeit bei der Betastung, wiederkehrende Riithun- gen, Gef~issneubildung in der Iris des erblindeten Auges u. s. w. werden uns hieriiber belehren.

DiG schlagendsten und zablreichsten Beweise fiir die consecutive Erkrankung eines zweiten Auges bilden immer die Vorg~inge nach Ver]etzungen und Operationen,

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doch ist meiner Meimmg nach auch hier nur ffir das zweite Auge zu f'drchten: 1) wenn entweder ein fremder K~rper (resp. eine dislocirte oder cataracttis aufquellende Linse) im betroffenenAuge verblieb, welcher Hypersekre- tion und inhere ReizzustSnde erregt, 2) wenn die Desorga- nisation mit Spannungsvermehrung einhergeht, mSge diese letzte aus einer sich fi~rtspinnenden inneren Entztindung oder aus der Einwirkung eines katarakt~sen Linsensy- stems herstammen, S) wenn bei bereits collabirendem Bul- bus der Druck oder die Berfihrung der Ci}iark~rper- gegend mittelbar durch die Sclera empfind]ich ist.

Ich brauehe nicht hinzuzuf~igen, dass auch unter den angeffihrten Umsf~inden dennoch die Erkrankung des zweiten kuges nicht in der Nothwendigkeit und nicht einmal itJ der Wahrschein]iehkeit liegt; si~', bleibt immer eine Eventualit~it," welche die entschiedene Min- derzahl betrifft, ku f der anderen Seite glaube man nicht, dass die Exstirpation ein unbedingtes Rettungs- mittel da abgiebt, wo bereits entzhndliche Vorg~inge auf" dem zweiten A,Jge eii~geleitet sind. Ich besinne reich zweier Patienhm. bei welchen ein fremder KSrper in dem Inneren eines Auges sass und aug dem zweiten noch nichts als Ueberffillung der vorderen Giliar- gef/isse Hypedimie der Iris und einmal eine leichte iritische Adh~ision nachweisbar war. Bei beiden war das Sehverm;Sgen auf dem zweiten Auge noch so gut als intact. Es wurde sofort die Exstirpation des ver- letzten Auges verrichtet. Bei dem eine[l batte die Ope- ration gar keinen Einfluss auf das zweite Auge, der Process ging allm~ihlig auf den Ciliark~3rper {iber, es bildeten sich Ektasien und der gal~ze Heil- apparat blieb erfolglos, so dass zu meinem grossea Leidwesen eine vollstSndige Erblindung eintrat. Bei dem zweiten hatte die Exstirpation einen sicht- baren Effekt, da die Injection mit leichter Iritis des

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zweiten Auges sofort zurfickging. Allein diese Remis- sion dauerte nur 5--6 Tage, Msdann kehrte Iridocyclitis wieder und das Auge ging ebenfalis trotz AHem ver- loren. Diese beiden Beobachtungen sollen keineswegs die Heilsamkeit tier Exstirpation unter fihnlichen Ver- hNtnissen in Zweifel stellen, ieh hebe sir aus einer grossen Reihe yon Ffillen hervor, in denen die Opera- tion zum Theil bei viel vorgerfickterem Secund~iriibel des zweiten Auges dasselbe zu retten im Stande war. Ich will dutch dieselben nut beweisen, class man mit der Prognose vorsichtig sein soil, so wie einmal eine materielle Ver~inderung, namenflich ein irifischer oder c),clitischer Process, auf dem zweiten Auge cingeleitet ist. Die unbedingte Hiilfe der Exstirpation, hei einsei- tigen traumatischen Zerstiirungen, bezieht sich nur auf jenes Stadium, w~ihrend dessen" tier Sehakt im zweiten Auge schmerzhafi ist, Reizbarkeit gegen das Licht, Lidkrampf u. s. w. besteht, abet bei genauer Prlifung weder eine Herabsetzung der Sehsch~irfe, noch irgend ein entziindliches Leiden der inneren Membranen nach- weisbar ist.

Freilich kSnnen wit in einem bestimmten der- artigen Falle auch nicht wissen, in wie fern ohne Exstirpation das zweite Auge frei geblieben w~re, da wir h~iufig solche nervSse Erregung ohne Nach- folge gef~ihrlicher Processe fortbestehen, resp. sich zuriickbilden sehen. Angezeigt hleibt die Operation hier jedenfalls, da sie den sicheren Schutz gew~ihrt und Ueberg~inge dieser Zust~nde in Gefahr drohende, zwei- fclsohne konstafirt sind. Ueberhaupt haIten wir dafiir, dass wo irgend bei einseifigen Erblindungen die Bedin- gnngen flit eine sympathisehe Affektion vorhanden sind und sich nieht mit Sicherheit durch eine andere Methode heben ]assen, die Exstirpation indicirt sei. Es liegt in der Natur dieser Bedingungen, dass (]as erblindete Auge schwer, oder gar nicht ein Ersatzstiick

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Wage:l ka~l:l ~md c~s u'ird demna(:h die Exstirpation auch in kosmetischer Beziehung weniger Vorwiirfe verdienen. Abet selbst, abgesehen hiervon, ist die Gefahr einer doppelseitigen Erblindung zu ~ingstigend, als dass wir nicht alle Nebenriicksichten opfern miissten und selbst, wenn wit zehnmal unnfitz exstirpirten, um in einem Falle eine wirkliche derartige Gefahr zu beseitigen, so bliebe die Exsr meines Erachtens angezeigt. Am erfreulichsten wird es natih-Iich sein, wenn wir die n~iheren Bedingungen, unter wcichen sympathische Af- fektion, sei es als inhere Entz{indung oder als Amblyopie, aufiritt, n~iher pdicisiren lernten. Seitdem ich eine wie mir schien, lehrveiche Krankengeschichte yon sympathischer Amblyopie (in diesem Archiv, s. Bd. III. 2. S. 442) publi- cirt, habe ich meine Aulinerksamkeit unverwandt auf diesen Gegenstand geriehtet und mir besonders dutch genaue Studien der Anamnestica in den geeigneten F~illen eine Ueberzeugo~g zu verschaffen gesucht, allein ich gestehe, dass sich bei der eigenthlimlichen Natur des Gegenstandes und der hSchst unvollkommenen Ex- perimentation, die uns (]as Gewissen erlaubt, nur sehr bescheidene Resultate ergaben. Selbst da, wo ich ein sympathisches Verh~iltniss nicht annehmen konnte, blieb es doch unm~Sglich, eincn jeden Einfluss des erblindeien Auges auf das zweite mit Gewissheit abzustreiien. Eine Menge sehr variabler Umst~inde, besonders die Accom- modaiions- and Sehans~rengungsn, welchen die Augen unterworfen werden, betheiligen sich wesentlich bei dem ganzen Verh~ltniss. Ausserdem ist der Verlaus vieler Uebel ein so schwankender und langwieriger, dass die Schlussi'olgerungen nur auf der breitcsten statistischen Grundlage basirt werden diirfen.

Schliesslieh m u s s ich noch anfiihren, dass die In- dicationen zur Exstirpation sich dutch die Verhiilmisse der Patienten z,lw~il~n iil)er das yon mir als rationell

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anerkannte Gebiet ausdehnten. Arme Kranke, welche yon ausserhalb kommen und an erblindeten Augen Sehmerzen und Entzfindungen ausstehen, wfinschen ott auf dem schnellsten und sichersten Wege yon ihren Beschwerden befreit zu sein und den ungestilrten Ge- brauch ihres gesunden Auges wieder zu erlangen. Al- ter und Lebensumst~inde machen sie h~iufig gegen das Aussehen, insonderheit die Bewegliehkeit eines Ersatz- stiickes, welches sie wohl gar verschm&ihen, vollkommen gleichgliltig, in solchen Fiillen babe ich der Beschleu- nigung wegen die Exstirpation nicht selten verrichtet, da, wo ein l~ingerer Zeitaufwand Aussicht auf Erhaltung eines mehr oder weniger phthisischen Bulbus gew~ihrt h~itte. Ich muss dies schon desshalb hier anFdhren, weil sonst dem Leser in einzelnen unserer Krankheits- geschichten Widersprfiche gegen die aufgestellten Indi- cationen auffallen kiinnten.

F a l l I.

C a t a r a c t a t r a u m a t i e a und c h r o n i s c h e Chor io i - d i t i s d u r e h e i n e n f r e m d e n Ki i rpe r in d e r L i n s e

b e d i n g t .

Stud. K. aus R i g a wandte sich im Sommer 1858 an reich wegen rechtseitiger Erblindung und Unf~ihig- keit das linke Auge fiir ausdauernde Studien zu ge- brauchen. Ich land rechts eine vollkommen matnrirte Cataract, welche schon auf Grund ihrer eigenth(imlieh hellbraunen, in's Orange spielenden F~rbung*) die

~) Anmerk . Diese Verfiirbung ist iiberhaupt fiir die Gegenwart me- tallischer K~rper im Innern des Auges so charakteristisch, dass sie reich oftmals zu einer genaueren Untersuehung veranlasste, da wo die Patien- ten keln traumatisches Entstehungsmoment angaben~ noch auch bei gr~J- berer Exploration l~este einer Verletzung ersehienen. In dot l~egel l~isst sieh die ins ,,Orange" spielende Verf~rbung zum Theil in einzelne Flecken

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Gegenwart sines fremden K~rpers oder yon einem so|- then zu derivirender Molecfile vermuthen liess. Auch

gab Patient auf mein Befragen an, dass ihm einst sin Kupferhmsthckchen in das Auge geschlagen und dass

dieses allm~ihlig nach der Verletzung erb[indet sei. Die

Gewissheit einer solchen Ursache stel|te sich vollends dadurch heraus, dass eine ~eine umschriebene Horn-

hautnarbe gegenfiber dem iiusseren Pupillarrande und dieser entspreehend eine noch feinere Kapselwunde zu erkem,en war. Quantitative Liehtempfindung und Fixation liessen niehts zu w(inschen (ibrig. Patient wnrde zu-

weilen yon einem 1Rstigen Drfieken in der Tiefe dieses Auges heimgesueht.

Ieh diagnostieirte einen fvemden K/;rper in dem

rechten Auge und vermuthete dessen Sitz in der hinte-

ren Linsenregion. Freilieh war derselbe nicht direct uaehzuweisen, atlein (tie Cataract war wegen der diffu-

sen, orangegelben, gegen die Kapselwunde hia etwas in-

tensiveren, F/irbung so undurehsiehtig, dass man die Re- flexe bei gfinstigster Einriehtung der Fokalbeleaehtung kaum bis in die vordere Kernregion verfolgen konnte. Trotz alledem stand es fern, dass der fremde K6rper nieht wieder aus dem Auge herausgelreten war. Es w/ire

nieht zu begreifen, wie ein f e i n e r fremder K~Srper, etwa ein Metallspahn oder ein kleines Pl~ittehen, dureh die Linsenkapsel durehdringen sollte, ohne im Auge steeken

aafl{Jsen~ welehe anf oine Pigmentirang der intracapsaliiren Zellen zu beziehen sind, aura Theil aber existirt sie mehr diffus im Linsen- k~rper selbst. Ist bei solehem ]~indringen fremder K~rper in das Linsensystem Iritis vorhanden gewesen, so zeigen sich auch 8uf der Aussenfl~iehe der KapseI Pigmentablagerangen, welche dutch ihre Orange- farbe in eigenthiimlicher Weiss gegen das gewShnliche braune Pigment absteehen. Aueh die Iris partieipirt alsdann in einer eigenthiimliehen Welse an der Verfiirbung. Genauere Exploration weist, wean nicht den fremden K6rper selb~t, ~]oc]l sine reins Corneal- und Kapselwunde hath.

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zu bleiben.*) Ein Sitz des ffemden KSrpers im vor- deren Theil des GlaskSrpers liess sich freilich nicht ausschliessen, allein ein sotcher ist fiir Metalhheile seltener, da diese entweder in der Linse haften oder bei dem verh~iltnissm~issig geringen Widerstand der GlaskSrperfliissigkeit bis in die hinleren Theile vor- dringen. Letzteres war wegen der gut erhaltenen Licht- empfindung nicht ebe~l wahrschein|ich. Eadlich lege ich viel Gcwicht auf die F~irbung des Linsensystems selbst, welche in deslei F~i|[en yon gelSsten oder molek(ilar diffundirten Oxydsalzen herrShrt und sich in meiaer Er- fahrung besouders dann zeigte, wenn der fsemde KSrper in oder an der Lbise sass.

Ffir die Ther~pie sch]en mir der Fail missIich. W/ire das linke Auge ungestSrt und keine Schmerz- haftigkeit vorhanden gewesen, so h~itte ich wahrscheia- lich nichts unternommen, da Operationen an Augen, welche einen fremden KSrper enthalten, immer zweifel- haft sind, so lange man den Sitz dieses leizteren nicht unmittelbar wahrnimmt, Flit eine einfache Linear- extraktion schien mir die nicht im mindesten gebl~ihte Cataract, deren, Gefdge stellenweise sogar schmale

*) Anmerk . Man hat sich, urn diesen ffir die Praxis wichtigen Schluss zuzugeben, nur die Vorg~nge der Yerletzung selbst vorzustel- len. Bei der Feiaheit der Hornhautwunde kann yon einem so raschen Ausfluss yon Kammerwasser nicht die Rede sein~ dass nicht der fremde KSrper in dem Augenblick, wo er in die Kapse! eintritt, be- reit~ die hiatere Horuhautfl~he ver{a~eu h~tte. I~t das gesch~heu~ so kann auch ei~ Austritt des fremden J~rpers aus dem Auge nicht er. folgen~ wcil diese kleinen Hornhautwuuden sofort wieder lure Abschluss gelangen. Man daft desshalb durchweg bei f e i n e n Wunden der Horn- haut und Linsenkapsel annehmen, dass der fremde K~rper stecken blieb, wenn es anders konstatirt ist, dass nicht etwa lange und spitze KSrper die u verschuldet, fiir welche das l=taisonnement begreiflicher- weise nicht passt. Der Augenspiegel hat durch dea Nachweis fremder KSrper im Augenhiutergrunde u~ct den xon sol,hen her~tammen~ten Yer~nderungen den Beweis fiir diese Annahme vervollstiind~gf:.

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Speichen darbot, zu konsisient. Leider iibte ich damals die mit der Pupillenbildung verbundene Linearextraetiou noeh nieht in gen{igendem Umfang, welehe Operations- weise gewiss das beste Verfahren abgegeben h~itte. Ieh entsehloss mieh demnaeh zu einer Diseision der Cata- ract, hoffend der fremde K6rper wSrde mit dem sich imbibirenden Linsenfragmenten zum Vorsehein kommen, und zug~ingig werden, wie ieh dies mehrmals erreieht haite. Allein naeh der ~iusserst vorsiehtig gemaehten Operation, die eigentlieh nur die Wiederediffnung der gesehlossenen Kapselwunde jn einer Ausdehnung yon 1'/2 Linien bewerkstelligte, trat eine starke Subeonjune- tivalrZJthe mit seriiser Chemosis, Ciliarneurose, Thdinen and leiehter entziindlieherVerfiirbung und Sehwellung der Iris ein. Zu einer markirten Trabung des Kammer- wassers oder iritisehen Exsudation am Pupillarrande kam es, vielleieht aui" Grund der angewandten Anti- phlogose nieht, ebenso blieb der Liehtsehein ungetrfibt.

Diese Zufiille, welehe ieh far eine iridoeyelitis ohne er- hebliehe Texturver~inderung (Irritationsiidem) anspraeh, dauerten beinahe 2 Woehen. Die Linse war hierbei nieht allein nieht iibertrieben gebl~iht, sondern die Kapsel- wunde sehien sieh zu verkleinern und liess kaum irgend Linseniragmente ilber ihr Niveau hervortreten. H~itte ieh nieht bereits mehremale die Erfahrung gemaeht, dass bei Cataraeten, die fremdartige Moleeiile enthalten, eine jede aueh noeh so geringe Blostegung der Linsen- substanz heftige Reizzust/inde hervorrufen kann, so w~ire diese Reaktion unerkl~irt geblieben. - - Zu einer neuen Diseision konnte ieh reich, selbst naehdem der Reizzustand seit etliehen Woehen erlosehen, nieht entsehliessen. Dieselbe h~itte um dem Zweeke n~iher zu ffihren, bedeutend umfangreieher sein miissen, da sich jetzt bei sehiei'er Beleuehtung wiederum ein beinahe vollkommener Absehluss der Kapsel zeigte.

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Sicher w~ire alsdann der Ausbruch heftiger Iritis zu bcfiirchten gewesen. Ich glaubte, dass ohne Iridecto- mie nichts weiteres unteraommen werden d(irfe; al|ein auch nach dieser Operation, welche (nach Aussen) ohne allen Eingriff in alas Liusensystem verriehtet ward, trat eine neue nicht unerhebliche Reaktion mit dem friiheren Character ein, welcher ich auch die n~imliche Deutung gab. Es sprach dies aufs Neue flit die Gegenwart eines fremden Kiirpers, sofern es sich unter allen anderen Umst~tlden nach Iridectomie kaum je er- eignet. Da Patient yon sehr schwacher Konstitutioa und namentlich zu Brustleiden geneigt war, so hielt ich es fdr zweekm~issig die Kur jetzt fiir liingere Zeit zu unterbrechen.

Als derselbe im Friihjahr 1859 wieder zu mir kam, land ich s Zustand: die Linsenkapse| stark verdickt, hier und da erhaben, an anderen Often ver- tieft, die vordere Kortikalmasse etwas geschrumpft und mehr yon gelblicher F~rbung, das ganze Linsensystem nach der Schl~ifenseite etwas yon der Irisfl~iche nach hinten abgeriickt. Ausserdem ging yon tier Linsenkap- sel zu der Diseisionswunde der Cornea hin ein feiner mit einem Geftisse versehener Strang. Lichtschein zwar lebhafter als friiher, aber den optischen Verh~iltnis- sen, welche durch die kSnstliche Pupille bedeutend ver- bessert waren, nicht mehr ganz entsprechend {Patient z~ihlt miihsam Finger; neben dem Randtheil derLinse kehrt bereits ein schwacher br~iunlicher Schimmer yore Augen- himergrunde bei der ophthaimoscopischen Beleuchtung zurilck, in welchem allerdings gar keine Details zu er- kennen). Gesichtsfeld frei. Spannung des Auges nor- mal. Der Patient war noch sehr elend, besonders durch copiiSse Schwcisse a n g e g r i f f e n . - In Summa bot mir das Auge ein sehr ominiSses Aussehen. Patient wiinschte um .ieden Preis yon den immer noch wiederkehrenden

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Schmerzen bet'reit zu sein. Ieh emschloss reich zu dem Versuch einer linearen Extraktion des Linsensystems sammt des fremden K~irpers, stellte .iedoch im Fall eines Misslingens bereits Exstirpation in Aussicht. Vor- fall des GlaskSrpers liess sich auf' Grund der etwas disloeirten Stellung des Linsensystems und des un- zweif'elhaften GlaskSrperleidens mit Wahrscheinlieh- keit prognosticiren. Ebenso schien mir die gliiek- liche Entbindung des Linsensystems ~iusserst zweifei- hai l weil die Verdiekung der Kapsel, die gelbe Farbe und Schrumpihng der Cortica|is und die organisirte Verbindung mit der Hornhaut f'iir eine Bildung bi~de- gewebiger Substanz an der Innenfi~iehe d e r Kapsel sprachen, welche dann oft den LinsenkSrper gewisser- massen includirt, lind .}ede fib" den Austritt nothwendige Verschiebbarkeit aui'hebt. Zu einer Lappenextraktion wollte ich reich bei dem Zustande des Auges nicht ent- schliessen. Es wurde ein ger/iumiger Linearschnitt nach Aussen gemacht, zu welchem sich sof'ort ein er- hebliches Quantum serSs- gelblichen GlaskSrpers ent- leerte. Alle Versuehe das geschrumpfte Linsensystem herauszubekommen, sowohl mit dem Haken als mit der Pincette, blieben vergeblich, auch den vermutheten frem- den KSrper bekam ich nieht zu Gesicht. Dieser Ope- ration folgte, wie begreiflieh noch eiue weit hefiigere Entz(iudung als den f'rSheren. Die Iris verFdrbte sich ins Gelbliche, ohne dass sich erhebliche VerlSthungen am Pupillarrand bildetenl auch das Linsensy~tem be- kam noch einen st/irkeren Stich ins Gelbe. Der humor aqueus triibte sich jetzt erheblich und setzte nach 1~/~ Wochen ein kleines Hypopyon ab. Subcon.junctival- schwellung, Ciliarnelirose uad Thr/inen verhieltez)sich ungef'~ihr wie nach den f'riiheren Eingriffen, dauerten aber noch l~inger an; auch war der Bulbus um ein weni- ges hervorgetriehen und die Beweglichkeit etwas tr~ige.--

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Es stand bei mir jetzt iest, dass man zur I Exstirpation des Auges schreiten miisse. Obwohl der Lichtschein noeh ziemlich gut, war er doeh bei Weitem nicht mehr entspreehend. Ein Herausbringen der Cataract mit dem fremdem KSrper schien mir hSehstens bei einem Lap- penschnitt mSglieh. Endlich ring die Reizbarkeit des gesunden Auges gegen Lieht an mieh zu ~ingstigen, und das ~iusserst sehw/iehliche Allgemeinbefinden ver- bot, noch irgend welehe Versuche zu machen, welche dureh Tr[ibung der Naehtruhe oder durch die Noth. wendigkeit des antiphlogistischen Apparats den Kranken herunterbringen konnten. Unter andern Umsdinden h/itte ieh whhrscheinlich auch diese Reaktion noeh ab- gewartet und alsdann einen letzten Versueh dureh Ex- traction mit Lappensehnitt gemacht.

Ieh vollzog am 15. Juni die Exstirpation und spe- zi.ficirte vorher d~e Diagnt)se in folgentter We~se':

Als Grundleiden eine chronische Entzfindung der Ciliarpartien mit secund~irer Trlibung und Verfllissigung des GlaskSrpers, welehe Entzfindung durch die Gegen- wart eines fremden KSrpers (wahrseheinlieh)in der hinteren Linsenregion angehahnt und dutch mekr- faehe operative Eingriffe belebt worden war. Bedeu- tende Verdickung der Linsenkapsel dureh Auflage- rungen, welehe besonders yon der Sehieht der intra- eapsul$iren Zellen ausgehen; in diesen Auflagerun- gen im Allgemeinen eine Tendenz ~ur Umbildung in bindegewebige Substanz (Sehrumpfung bei gelblieh opaker Farbe, gefiisstragender Strang nach der Horn- haut). Vermuthlich aueh eine VerlSthung der Linse mit den Ciliarfirsteu. Die naeh der letzten Operation hinzugetretene Reaktion hat eine neue eitrige Infil- tration der Iris und des CiliarkSrpers zur Folge gehabt, an welche sieh zugleich Eiterbildnng in der vordern Kammer und im Giaskiirper (dauernde Chemosis, mit b~iter-

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bi]dung i~l der vorderen Kammcr, bei vorher bestehendem GlaskSrperleidcn, Infiltration der Tenonschen Kapsel, an- zunehmerl wegen der leichten Prominenz und tr~gen Be- weglichkcit) und zum Theil auch im Linsenrudiment (rasche Vermehrung der gelben Farbe) geknfipft. Wie weir die Affektion sich in die Aderhaut erstreckt, bIeibt ungewiss, doch steht zu vermuthen, dass im hin/ern Ab- schnitt die Ver~nderlmgen gering sind oder feh]en, well die Netzhautfunktion nur mlissig gelitten hat.

S e c t i o n s b e fu u d. *) (Yon Dr. Schweigger).

Fremder KSrper in der Linse, Cataract und Kapselstaarbildung. Eitrige Irido-Chorioiditis. Suppuration des GlaskSrpers.

In der Hornhaut die Narben frfiherer Discision und lridectomic. In der vorderen Kammer allcnthalben Eiterzellen.

Von der Linse ctwa noch zwei Drittheile vorhan-

*) Die zur Untersuchung kommenden Augen pflege ich sofort nach der Exstirpation in einer ziemlich concentrirten Solution yon doppelt- chromsaurem Kali, der auch etwas schwefelsaures Kali zugesetzt ist, mehrere (6--12) Wochen. lang-, bis zur voUstKndigen Erh~irtung zu ver- wahren. Die s~immtlichen Membranen des Auges werden dabei so rlgid, dass man naeh der ErSffnung des Auges keinen Colapsus zu Ffirehten hat. Wesentliche Formver/iuderungen des Bulbas oder seincr einzelnen Contenta werden dabei nicht eingeleitet, wohl aber pflegt sieh die Notz- haut, wahrscheinlich deshalb, weil sie bei gleiehzeitiger VergrSsserung ihrer Fi~ichenausdehnung etwas aufquillt, in einzelnen kleinen Falten yon der Chorioidea abzuheben, wiihrend der Glask5rper einen ent- sprechenden Theil seiner serSsen Bestandtheile zwischen Netzhaut und Chorioidea transsudiren I//~st.

Diese Naehtheile werdeu indessen reichlich dadurch aufgewogen, dass man nur yon einer stark erhiirteten Retina hinreiehend diinne Schnitte gewinnt, w/ihrend'auch die Untersuchung aller iibrigen Theile des Auges gleiehzeitig etwas erleichtert wird.

]~inigemal habe ieh auch die Augen sofort naeh der Exstirpation erSffnet um eine Voruntersuehung am frischen Pr/iparat vornehmen zu kSnnen, fast immer aber ~ird dadurch die sp~itere Untersuchung des erh~irteten Pr~iparates einigermaassen beelntr~ichtlgt

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den. Sir erscheint ctwas geschrumpft und in der Art dislocirt, dass, da wo die ]ris excidirt ist, der Linsen- aequator dem Ciliarkiirper dicht anliegt, w~ihrend an der gegeniiberliegenden Seite dec Ab~tand zwisehen beiden etwas grlisser ist a]s normal.

Zwisehen der vorderen Fl/iche der Linse und der dem Horld~autcentrum am n~chsten gelegenen Horn- haut- (Discisions) Narbe finder sich ein d(inner Ver- bindungsstrang. Durch die Erhiirtung sind die r lablen Thei]e des in der vorderen Kammer liegenden Eiters zu /iusserst feinr untereinander verfilzten F/iden geronnen, zwis~'het:~ denen die Eiterze|len eingebettet liegen. Diese Masse iiberzieht die ganze Fliiche der vorderen Kammer urld dringt auch dutch die Kapsel- (Diseisions) Oeffmn~g in das Linsensystem ein.

Die Kapsel ist durchweg unveriindert, in der N'ahe der Wtmde stark gefaltet und geroilt, aber durehsiehtig.

Das Verhalten der intracapsularen Zellen ist schwer zu constastiren, da auch der Aussenfl/iehe der Kapsel reiehliehe Zellenmassen (aus dem Hypop)'on) anhaften. Doch l/isst sich feststellen, class bereits in geringer Ent- fernung yon der Kapselwunde die iniraeapsul~iren Zellen in Bezug auf ihre Form'nur wenig ver/indert erscheinen, w~ihrend ihr Inhah getriibt ist. In der Niihe der Kapsel- wunde gehen dieseiben durch ehien Wueherungsproeess endlich in dicht gedr'angte langgestreckte Zellenmassen fiber, writhe als streifige Atlflagerung die Kapselwunde ums~iumen.

Die Corticalschicht der Linse in der Gegend des hinteren Poles auffallend dunke~ g, efi~rbt. A~s beme~- kenswertheste Ver~inderungen der Linsensubstanz finden sich teolgende"

Die am Linseniiquator in den Linsenrtlhren lie- genden Kerne erleiden eine fettige Metamorphose; die Lil~senriihren ersc, heinen rein molekuliir getriiht,

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zerbr6ckelnd, longitudinM zersplitternd. Neben einander gelegene Linsenr~hren eonfluiren zu gr~sseren rein mo- leklll~r getr{ibten P]atten, in denen mat, nut hie und da Andeulungen der einzelnen Fasern finder. Im Inhalt der LinsenrShren bilden sich kleine unregelm~issig rund- liche, mit einer Subst~nz yon geringerem Lichtbreebungs- vermSgen erfSllte Rfiume, die beim Confluiren der Linsen- rShren sich ebenfalls zn grilsseren Vacuolen vereinigen. Zwisehendureh finden sich noch unregeim~issig po- lygonale KSrper yon 0,008--0,032 ram" Durchmesser, die gewShn]ieh in grlisserer Anzah| beisammen]ieg'end dureh gegenseitigen Druck gallenstein~ihaliche Formen ange- nommen haben, iettgl~inzend und durchaus homogen er- scheinen. Dutch Essigs~iure werden sie etwas, dutch Natron sehr bedeutend durchsichtiger, in Aether bteiben sie unvedindert. (Jod.Sehwe/'els~iure-Reaction geben sie nieht). Ausserdem finden sieh noeh kugliehe, rein granu- lirte KSrper yon derselben Griisse. In der Gegend des Linsenkernes finder sieh ein k l e i n e r M e t a l l s p l i t t e r , seiner Umgebung sind (tie eataraetiisen Ver~inderungen verh~iltnissmgssig wenig ausgepdigt (nut feinkSrnige TrSbung der Linsenfasera).

Die zelligen Elemente des I r i s -Swoma stark ent- wickelt, eitriger Zerfall des Irisgewebes aicht naehweis- bar, dagegen finden sieh zahlreiehe Stroma-Zellen his in ihre feinsten Ramifieationen hinein, mit kleinen Fetl- kSrnehea erfiilh.

Im Sn-oma des Ciliarklirpers wenige, im benaeh- barren Chorioidealstroma etwas mehr in kleinen Hau~'en zusammenliegende Eiterzellen. Die irmersten Sehiehten des Stroma dieht an der Chorioeapillaris (ira vorderen Absehnitt der Chorioidea) dureh eine feinkSrnig mo- lekulare in Essigsi~ure lSsliehe Masse getriibt, und eiue Anzahl yon Eiterkih'per(.hen enthattend.

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EntF~irbung und Feitdegeneration der Stromazellen, auch kieinere und griSssere FetttrSp/~hen finden sich in den innersten Schichten des Chorioidealstromas. Die tiei'er im Augenhintergrund gelegenen Abschnilte der Chorioidea unver~ndert.

Chorioidealepiihel, Choriocapillaris und Glaslamelle unvedindert.

Dcr GlasktSrper durchaus eitrig infiltrirt, Gin dicker Eiterstrang zieht sich dutch denselben hiadurch his zur Eiatrittsstelle des Sehnerven an welcher er festgeheftet ist.

Netzhaut uaver~indert.

E p i c r i t i s c h e B e m e r k u n g e n . (Yon Prof. A. v. Gr$fe).

Der Hauptsache naeh wurde die Diagnose best~- tigt. Der fremde KtSrper, welcher w~brend des ganzen Verlaafs nicht zu Tage kam, land sich ungef/ihr an dem vermutheten Ort. Ebenso steliten sich iiltere und f'rischere entzfindliehe Vedinderungen der innern Mere- branch mit E~terbildung ira Glask6rper heraus.

Im Einzelnen ist folgendendes abzulindern resp. zu erg~inzen :

1) Eine eigcntliche Verli~thung des Linsen~iquators mit den Ciliarfirsten existirte nicht, obwohl nach der Schl~ifenseite hin ein enges Contiguitiitsverhiiltniss be- stand.

2) Die trfiben Auflagerungen an der Innenfl~iche der Kapsel rfihrten freilieh, wie angenommen, yon der Schieht der iniracapsul~iren Zellen her, doch zeigten die letzte- ten nur in tier N/ihe der Kapselwunde bedeutendere Formabweichungen, w~ihrend in dem fibrigen Terrain die Trfibung lediglich einer Differencirung des Zel[en- inhaltes zugeschrieben werden m u s s t e . - Ein solcher Zustand erki~irt uns die Resorptionst~higkeit gewisser Kapselauflagerungen.

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3) Obwohl das Hypopyon alle Charaktere wirklichen Eiters darbot~ dessert Zellea sich aus dem Epithel der membrana Descemetii resp. vorderen Irisfl/iche ent- wickelt, so war doch in dem Gewebe der Iris nicht, wie ich es aus tier gleichzeitigen gelben Verfiirbung dersel- ben vermuthet hatte, ein Eiterzerfall des Stroma nach- weisbar. Es derivirte vielmehr diese gelbe F~irbung nut yon der VergrSsserung und Anffilhmg der Stroma- Zellen mit FettkSrnchen her.

4) Im CiliarkSrper und vordern Abschnitt der Cho- rioidea war trotz der Eiterdurchsetzung des GlaskSrpers nur sp~iriiche Eiterbildung vorhanden; die f'eink~rnig molekulare Triibung' der innerstea Stromaschiehteu (dicht an der Chorio-Capillaris) dlirt'te ebenso wie die Entgirbung und Fettdegeneration der Stromazellen dem pr~iexistirenden chronischen Prozesse zuzuweisen sein.

In therapeutischer Beziehung glaube ich, dass eine mit Iridectomie verbundene Linearextraction, dutch die g'riindliche Enffernung des Linsensystems mit dem f'rem- den KSrper im Anf'ange das Auge gerettet h~itte. Ich kSnnte den in dieser Beziehung frSher (A. f. O. Bd. V, 1, S. 170) angeffihrten Fallen jetzt noch eine Reihe anderer, gliicklich verlaufenen anschliessen.

F a l l I I .

E i t r i g e I r i d o - C h o r i o i d i t i s n a c h e ine r V e r - l e t z u n g . ,

P a u l W., 12 Jahr alt, kam zwei Tage naeh einer penetrirenden Verletzung des rechten Auges zu mir, welche durch eine ihm zugeworfene Scheere bedingt women war. Die in der Sclera befindliche Wunde war ziemlich klein und verbarg sich in der umgebenden ehemotischen Schwellung. Das Krankheitsbild war s gendes: die Lider nicht geschwollen, das Auge thr~int

Archly flh, Ophthalmologie. V I 1. 10

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nur m~issig, wird auch irei ge~iffnet, tritt aber um eta Weniges mehr hervor und ist etwas schwer beweglich, starke gallertartige Chemosis, die hintere Hornhautwand graugelb beschlagen, der humor aqueus diffus getrlibt, ausserdem yon eiuzelnen Eiterstreifen durchzogen; die Iris ebenfalls gelblich infiltrirt; das Gebiet der verh~ilt- nissm~issig weiten Pupille yon einer etwas durch- scheinenden Eitermembran angefiillt; Spannung des Auges scheint vermehrt. Patient nimmt den Schein einer mittelhellen Lampe au/ einige Fuss Ents den ether niedrigen Lampe iiberhaupt nicht wahr. Fixation voltkommen aufgehoben, Bet alledem fast gar kein Schmerz.

Ich stellte die Diagnose auf eitrige Iritis, complicirt mit eitriger Cyctitis und Chorioiditis. Fiir diese Com- plication sprach: 1) die starke gallertartartige Chemose. Bet einfacher Iritis ist die Chemosis entweder wenig entwickelt, oder wenn hochgradig, doch yon mehr serS- ser Bescha~enheit. 2) Die leichte Protrusion und schwere Beweglichkeit des Bulbus deutet auf Infiltration des epi- seleralen Bindegewebskapsel. Diese spricht wiederum for eitrige Cyclitis resp. Chorioiditis. 3) Der Umstand, dass in einem so kurzen Terrain (zwei Tage) eine so rasche Eiterbildung in der Pupille und vorderen Kammer Statt gefunden hatte. Dies kommt nach Verletzungen an fr~iher gesunden Augen iiberhaupt kaum ohne Cyclitis vor. 4) Der Diameter der Pupille, der bei einfacher Iritis kleiner gewesen w~ire. 5) Der ungenilgende Lichtschein und die aufgehobene Fixation argumentirten deutlich fiir eine write Ausdehnung des Prozesses nach hinten.

Die Prognose wurde soibrt unglinstig gestellt, da eine eitrige Chorioiditis, wenn sie akut nach Verletzun- gen oder Operationen auftritt, abgesehen yon der di- rekten, aus der Nachbarschaft herstammenden Gefahr fiir die Netzhaut immer massenhafte Produkte in den GlaskSrper absetzt.

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Die Behandlung bestand in Incisionen der Chemo- sis, Atropin-Eintr/iufelungen und einem merkurialisiren- den Verfahren. Bh~tentleerungen waren bereits erfolglos angewandt worden, auch habe ich yon denselben bei sol- chen eitrigen innern Entzfindungen, wenn sic s c h m e r z - los sind, keitmn Nutzen g e s e h e n . - In den n~ichsten Tagen kl~irte sich dig vordere Kammer, die Eitermem- bran in der Pupille zerflel, auch dis Iris bekam wieder ein besseres Ansehcn und die Lichtempfindung steigerte sich wenigstens so welt, dass Patient eine niedrigst- brennende Lampe in 2' wahvnahm, auch die Bewegun- gen einer IIand unsieher erkennen konnte. Diese Besse- rung konnte jedoch keine realen Hoffnungen erwecken, denn man gewahrte nun mit zunehmender Kl/irung der Pupille deutlicher und deutlicher einen gelben Schein, der aus den tiet'en Theilen des Auges zurfickkehrte und offenbar dig Bedeutung einer copi~Ssen Eiterbildung im Glask;Srper hatte. Die Frage, ob NetzhautablSsung be- rt, its vorhanden, tauchte nut, war aber weder ophthal- moskopisch, noeh f'unktionell mit Sicherheit zu ent- s~.heiden, da solche Eiterbildungen im GlaskSrper uni.iber- windliche optische Hindernisse abgeben und aueh dutch Lichtzerstreuung die Prfifung des Gesichtsfeldes sehr unsicher machen. DiG Erfahrung hat mich fibrigens gelehrt, dass, wenn unter solchen Verh~illnissen Netz- hautablSsung noch nicht da ist, sie immer bei den wei- teren Metamorphose,~ der Glask;Srperprodukte hinzutritt.

Ich diagnosticirtc ietzt Riickbildung der eitrigen Iri- tis, wahrscheinlich auch der eitrigen Infiltration in den Ciliartheilen, aber progressive Zellenbildung im Glas- kSrper, vielleicht schon mit eingeleiteter NetzhautablS- sung. Gehen unter derartigen Verh/iltnissen die Sehwel- lungssymptome mehr und mehr zurfick, dO dass kein weiterer citriger Zerfall der inneren Membranen unter d~m bekannten Symptomen der Panophthalmitis zu

10 o

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Stande kommt~ so hat man eine progressive Organi- sation der im Glaskiirper abgesetzten Produkte bis auf die Stufe vaskularisirter Schwarten zu erwarten.

Der Lichtschein ward wieder allm~ilig geringer, so dass Patient wiederum nut eine st~irker leuchtende Lampe, und zwar am bestea nach aussen und unten erkennen konnte. Die ganze FNche der Iris dr~ingte sich etwas nach vorn und der Bulbus wurde gespannter, die gel- bes Licht reflektirende Masse schien im GlasMirper eine etwas gleichm~issigere Oberfl~iche zu erhalten. Ophthal- moscopisch war nur festzustellen, dass letztere nicht etwa yon einer infiltrirten Nelzhaut, sondern yon h~iuti- gen Neubildungen vor derselben herrlihrte. - - Da Patient ietzt auch ab und zu heftige Ciliarneurose bekam, so wurde z u r Iridectomie als ultimum refugium, in der Absicht den Bulbus weicher zu machen, geschritten. Nach derselben h6rte die Ciliarneurose anf~inglich auf, doch nahm die Spannung kaum in erheblicher Weise ab. Vierzehn Tage sp~iter erneuerten sich vollends ganz pllltz- lich die Beschwerden nach beidea Richtungen. Ohne dass Chemosis oder sonstige ~iussere Schwellungss~,mptome hinzutraten, wurde das Auge ~iusserst hart, h~irter als je zuvor. Die Iris dr~ngte sich jetzt beinahe bis gegen die Hornhaut vor. Der gelbe Reflex aus dem GlaskSrper lag nahe hinter der sich leicht trfibenden Linse. An seiner Peripherie erschienen r~ithliche Streifen, yon denen ich wegen der beginnenden Cataract nicht sicher bestim- men konnte~ ob es Blutstreifen oder beginnende Gef~ss- bildungen waren. Letzteres schien mir auf Grund des gesammten Krankheitsbildes am wahrscheinlici lsten.- Die Diagnose blieb im Wesentliehen dieselbe, nur war an einer gMchzeitigen Infiltration nebst Abl~isung der bietzhaut schon wegen der FunctionsstSrungen jetzt nicht mehr zu zweifeln. Patient wfinschte auf das Sehnellste yon seinen Leiden befreit zu seia und zum

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Gebraueh seines gesnnden Auges zu gelangen. Der Vorsehlag eines jeden la,geren Kurverfahrens, welches die ErhMtlmg eines Stumpfes bezwecken sollte, ver- stimmte ihn ~iusserst, auch versieherte er sich seiner Besehaftigung ohne die wesentlichsten Uebelstande nicht langer mehr entziehen zu kSnnen. Unter anderen Um- st~inden ware noch eiae Glask;Jrperpunction zu versuchen gewesen. Entleert man hierbei einen reiehlichen Theil der eitrigen Produkte, so sieht man nicht selten den raschen Uebergang in einen ziemlich sehmerzlosen Zu- stand yon Atrophia bulbi. Auf der andern Seite kann auf denselben Eingriff Panophthalmitis und eine Sue- cession ziemlich qualvoller Zustande erfolgen. Endlich wits ich dig Gegenwart eines fremden KSrpers im In- nern des Auges als M~igliehkeit nicht absolut zuriick. Freilich sprach die Anamnese hiergegen, doch kommt es vor~ dass grSssere Instrumente, welche wieder heraus- fallen, fremde KSrper oder Schmutztheile mit sich ein- ffihren; hieran zu denken, hat man wohl einigen Grund, wenn im Verlauf ein, bei einfachen Verletzungen unge- wiihnliches Wiederauftauehen exsudativer oder ulcerSser Vorg~inge, und besonders bei Zunahme des inneren Drucks stattfindet.

Vor der Exstirpation, in welche ich nun einwilligte, und welche 7 Wochen nach der Verletzung vollzogen ward, sehrieb ich folgende Diagnose nieder: rllckgan- gige Eiterinfiltration der Iris und der Chorioidea, Eiter durchsetzung des ganzen GlaskSrpers mit beginnender Bindegewebs- ,nd Gefassbildung (?) Zersttirung der ner- v5sen Netzhautelemente dutch Eiterinfiltration, mit einer, wahrscheinlicher ~,Veise schon ausgedehnten Abl~isung der Netzhaut yon der Aderhaut. Druckzunahme in der Bulbushiihle, vielleieht schon beginnende Sehnervenex- cavation. M;3glieharweise ein fremder K(irper.

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S e c t i o n s b e f u n d . (Yon Dr. Schweigger).

Perforirende Scleralwunde, Chorioidal-Haemorrhagie und eitrige Irido- Chorioiditis. Totale (haemorrhagisch - exsudative) ~'etzhaut- AblSsung. Neubildung einer vascularisirten, die Aussenfliiche der Linsenkapsel

tiberziebenden Membran.

Nach 8wSchentlicher ErhSrtung irl chroms. Kali, ErSffnung durch einen aequatorialen Schnitt.

In der Sclera gerade hinter der Sehne des Rectus externus eine breite perforirende Wunde; der ganze Bu]- bus ausget3illt mit einer dicht geronnenen Masse, deren ~usseres (nach der Schl~ifenseite und der Scleralwunde zu gelegenes) Drittheil dunkel chocoladenfarben ist, wiihrend die fibrigen zwei Drittheile eine hell- (chrom-) gelbe Farbe zeigen. Die dunkle Masse besteht lediglich aus Blutktirperehen, nimmt das ~iussere untere Drittheil des Bulbus (yore Opticus his zu den Ciliartbrts~itzen) ein, die hellere Masse ist ein ebenfalls BlutkSrperchen ein- schliessendes amorphes geleeartiges, in Natron leicht 15sliches Gerinsel. Nach AuslSsung des Coagulum aus dem Bulbus finder sieh zwischen dem Blutcoagulum und dem Gerinsel ein feines, isolirbares, unregelm~issig ge- faltetes H~iutchen, welches aus einem, reichliche Blut- kSrperehen einschliessenden Netzwerk ~iusserst feiner F a s e r n besteht, die sich in Natron sehr langsam auf- 18sen. Wahrscheinlieh also Fibringerinnung. Von der Netzhaut ist an ihrer normalen Stelle niehts zu sehen, dagegen erkennt man im Centrum des Bulbus den run- den Quersehnitt der abgelSsten und strangf~rmig eom- primirten Retina, die, wie sich nach Entfernung des Coa- gulums zeigt, yon der Eintrittsstelle des Sehnerven aus in Gestalt eines bl~ittrigen Stieles nach vorn ragt und im vordern Abschnitt des Bulbus als (,ompacte Pyra- mide der hintern Fl~iche der Liase aufsitzt. Aut' dem in (nicht genau) horizontaler Richtung gef'dhrten Dutch-

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s~b~)itt der vorderen H~lfte des Bulbus sieht man die Netzha~t vollst/indig abg'~l~Sst yon der Ora serrata an

naeh vorn gedr~ngt, zun~iehst an die pars ciliaris retinae, welter nach vorn an die Linse angedrfickt in Gestalt einer compaetan Masse, aui deren L/ingsdurahschnitt man deutlich un-

regelm,issige Streifen und Falten erkennt. Hinter der Linse, it~ der Gegend der tellerf~rmigen

Grube liegen als dichte, parallel gestreifte Masse die Raste des GlaskSrpers. Die Linse selbst ist in ihrer Form ver/indert, und so wait naeh vorn gedr~ingt, dass die vordere Kammer nahezu vollst~ndig anfgehoben ist. Die Formver~nderut~g doetm~entirt sich besonders dutch eine unregelm~issige Kriimmung der hinteren Fl,iehe, in der Art, dass dev hintere Pol etwas seitlich verscho- ben scheint Der Querdurchmesser betr/igt 7,6 ~m., der Dickendurehmesser 5 "m. Die Iris ist an der rechten Seite dar Zeiahnung angedautet, an der gegeniiber- liegendon Seite fehlt sie (dutch Iridectomie).

Der noch vorhandene enge Raum der v o r d e r e n K a m m e r ist ausgeffillt mit ether lockeren, ira Natron leieht 16slichen, reichliche BlutkSrperchen, EiterkSrperchen und dunkel pigmentirte (0,018 ~~ grosse)runde Kugeln oder Zellen einsehliessenden, fl~ichenartig ausgebreiteten Gerinnung.

Die Chorioidea liegt tier Sclera fiberall gleichm~issig ate, die ~usseret~ Sehichten des Stroma sind (vorn mehr als im Augenhintergrund) blutig snffnndirt, in der in- nerstea Gef~isslage der Stroma dicht nnter des Chorio- capillaris finden sicb (ebenfalls vorwiegend im vorderen Abschnitt) reicbliche EiterkSrperchen. Trotz der gleieh- zeitig vorbandenen Blutung l~isst sieh eine Verwechsehmg derselben mit w~issen BlutkiSrperehen aussehliessen:

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1) Wegen der absoluten Ueberzahl der Eiterzellen gPgenfiber den rothen K~rperchen. 2) W~gen der H~iuflgkeit beginnender und vollendeter Kerntheilung. 3) Aus dem Verfolge der Entwicklung der Eiter- zellen; es fanden sich n~imlich zahireiche Ueberg~nge zwischen letzteren und den BindegewebskSrpern des, die feineren Gef/isse dieser Schicht begleitenden Binde- gewebes.

Der CiliarkSrper ist ebenfalls mit geronnenen Ex. sudatmassen und EiterkSrperchen reichlich durchsetzt.

Choriokapillaris und Glaslamelle unver~ndert. Pig- mentepithel der Ghorioidea ebenfalls grSsstentheils nor- mal, nut vorn in der N~he tier pars ciliaris retinae fin- den sich kleine Bezirke, in denen die Pigmentepithelien Unregelm~ssigkeiten in Bezug auf ihre Form und ihren Pigmentgehalt erkennen lassen.

Die Iris erscheint auf Querschnitten etwas compac- ter als gewShnlich, in der mittleren Schicht derselben ebenfalls deutliche Zellenproliferation in dem die Ge- f~isse begleitenden Bindegewebe (rundliche Zellen yon 0,008--0016 '~=. Durchmesscr, mariehmal in Kerntheihmg begriffen). Das ganze Pupillargebiet inclusive der neu- gebildeten PupiIle ist fiberzogen yon einer, yore Pupil- larrand der Iris aus vascularisirten, glash~iutigen, gegen Natron stark resistirenden netzfSrmig streiflgen Mere- bran, welche mit der vorderen Kapsel stellenweise lest verwaehsen ist, und auf ihrer vorderen Fl/iche reichlich mit Zellen besetzt; meistens sind es dunkel pigmentirte' normale oder leicht ver~nderte Uvealzellen, zwischen- dutch auch pigmentlose unregelm~issig rundliche manch- mal mehrkernige Zellen yon 0,008--0,018 m~" GrSsse. Diese vaseularisirte Membran erstreckt sich his fiber die hintere Kapsel und erh/ilt in der Gegend des Ciliar- kSrp~rs einen weiteren Zuwaehs pigmentirter Zellen.

DiG vordere Kapsel und dig intrakapsularen Zellen

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sind unvedindert, die ~iusscrste Corticalschicht der Linse (dicht hinter den intrakapsul~iren Zellen) leicht catarac- tSs (s molekul~ire Triibung und Zusammenfiiessen benachbarter LinsenrShren zu gr~isseren Platten; am Linsenaequator auch Zertall in durcheinende po]ygo- nale Stiicken). Die hintcre Kapsel ist test mit den Resten des Glask~irpers verwaehsen, und (der Gestalts- ver~inderung der hintereu Linsen~iehe entsprechend)in feine Falten gelegt.

Die an dcr hinteren Kapsei gelegenen GlaskSrper- reste lassen sieh in der Riehtung der tellerf~Jrmigen Grube in dlinne Bliitter zerspalten, die aus einer vaseu- larisirten hie und da mit kleinen Pigmentstreiteu ver- sehenen, anseheinend strueturlosen an den abgerissenen RRndern in loekige Biindel zerfallenden Grundsubstanz mit reiehliehen eingesehlossenen Zellen besteht. Letztere sind meistens in fettiger Degeneration begrit~en~ rund- lieh ( 0,016 - - 0,021 '~m.) oder llinglieh (0,012 ram. breit, 0,036 ram. tang).

In der Retina ist, da wo dieselbe im hintern Umrang des Bulbus als diinner b]iittriger Stiel an der Eintrittsstelle des Sehnerven haftet, niehls zu erkennen als eine dicht mit BlutkSrperehen durehsetzte liingsfase- rige Masse, an der man beim Zerzupi%n noeh Fett- kSruehenzellen (aus dem Glaskiirper) Reste yon Ge- f/issen und fettig degenerirende Fasern, die man ihrer Form nach, fiir Elemente des Zwisehenbindegewebes anspreehen darf, unterseheiden kann.

Im vorderen Absehnitt bekommt man auf Dureh- sehnitten dureh die eompakte Masse der abgel~sten und eomprimirten Netzhaut, mitunter Quersehnitte der zu- sammengefalteten Retina an denen sieh die Radiilr- fasern, die K~irnersehieht, und selbst noeh ein Residuum der Stiibehenschieht deutlieh markiren.

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E p i k r i t i s c h e B c m e r k u n g e n . (yon Prof. A.v. flriife).

DieDiagnose war nach eiaer Richtung hin unvollst~in- dig geblieben, es war n~imlich das Vorhandensein einer ausgedehnten Haemorrhagie im Trm'tusder Aderhaut, so wie aa deren inneren Fl~iche fibesehen worden. Auf diese Complication hfitte, meines Erachtens, allerdings ein Umstand aufmerksam mach~n miissen, nfimlich die starke Zunahme des intraocularen Drucks, welche nicht blos in der ersten progressiven Periode der eitrigen Chorioiditis, sondern aueh spfiter, am st~irksten ganz ztlletzt, hervortrat, als der Habitus der Glaskilrpertrii- bung bereits auf Schrumpfuag und Bindegewebsbildnng hinwies. In dieser Periode finde ich immer, class der Bulbus weicher wird, wenn nicht entweder eia fremder Kiirper im Innern des Auges sich befindet, der eine dauernde Hypersecretion yon Flilssigkeit erh~ilt, oder ein Pseudoplasma, welches die Entziiudung symptoma- tisch hervorrief, oder endlich haemorrhagische Ergilsse bestehen. Die Zeichen der Druekvermehrung waren trotz der Glaskiirperschrumpfung hier exquisit, die Linse bis zur Cornea vorgedr~ingt~ die Pupille stark erweitert, der Bulbus steinhart, kS musste demnach entweder an einen fremdeD Kiirper oder an Blutergiessung gedacht werden. H~itte reich nieht die erstere Milgliehkeit, wenn auch in ganz unbestimmterWeise, pdioecupirt, so w~ire ich wahrseheinlich auf das Vorhandensein jenes Ex- travasats gekommen, welches die Erseheinungen am natiirlichsten und im Ei~Iklangc mit der Anamnese erkl~irt. Die Haemorrhagie war wohl zum Theil kurz nach der Verletzung erfolgt, zum Theil hatte sie sich dann w~ihrend des Herganges der Entzlindung wieder- holt und sieh so zu einer sogenannten haemorrhagischen Exsudation tinter der Netzhaut gestaltet.

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Obwohl NetzhautablSsung At) fangs vermuthet, sp~iter sicher angenommea war, so iiberraschte reich doeh die Ausdehnung derselben nach dem verhNtnissm'assig kurzen Bestand des Uebels. Auch hierfiber h~te ich Sicherheit ge- habt, wenn ich den Bluterguss erkannt, da sich erfahrungs- miissig bet Chorioidilis beinahe immer die Form totaler strat~giSrmiger NetzhautablSsung findet, wenn einmal h~i- morrhagisehe Ergiisse hinzutreten. Es ist wahrseheinlieh, dass der Druck des hiimorrhagischen Exsudat's yon Aussen, und der Zug des schrump/'enden GlaskSrpers yon hmen zusammenwirken, um die AblSsm~g raseh zu vervollstfindigen. Eine opbthalmoskopische Diagnose der NetzhautablSsung war nieht mSglich gewesen, we- g e n d e r dichten im GlaskSrper lagernden Produkte, welche, wie es richtig vermuthet war, bereits zur Binde- gewebsbildung und Vascularisation gediehen.

Zu erw~ihnen bleibt das lange Forthestehn des Licht- scheins bis gegen die letzte Periode bin, obwohl die totale NetzhautablSstmg sieher ~('hon vorhanden war. Die partielle Erhahung (tee nerv(isen Netzhautelemente ge- gen die Ora Serrata hin nnd i\~rtbestehende Leitung einzelner Faserbiindel in dem Netzhautstrange selbst, scheint, gerade wenn NetzhautablSsung bei eitriger Zerst;Jrung und Sehrumpfung eintritt iifters vorzukom- men, so dass selbst no(-h ein ziemlieh guter quantitati~ ver Liehtschein bier nieht Oiuseben daft. Ein eigen- thiimliehes Phiinomen zeigt sich alsdann aber stets in der Projektion der Lichteindri;leke: mSgen dieselben n~mlieh naeh beliebig weehselnden Riehtungslinien ein- fallen, so warden sie stets l~ngs der Sehnervenaxe yon den Kranken projicirt. Dieser Umstand kann, ohwoh[ er nieht gerade fiir die st,'angftirmige NetzhautabRisung eharakteristiseh ist, doeh im Zusammentritt mit anderen Zeiehen zur Diagnose benutzt werden.

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Dass die Pupilienbildung hier nur einen ganz vor- iibergehenden and unvollkommenen Einfluss auf den intraocularcn Druck geiibt, ist wohl begreiflich. Ich habe es bet solchen subretinalen H~imorrhagien kaum anders gefunden. Die Exacerbation der Beschwerden in den letzten Tagen vor der Exstirpation war offenbar yon neuer H~imorrhagie and nicht yon ether Recru- descenz der Eiterinfiltrafion abzuleiten. Letzteres er- eignet sich iiberhaupt selten, wean einmal nach trau- matischer Chorioditis Glasktirperschrumpfung sich ein- gestellt hat. Das pliitziiche Auftreten, und das Feh- len ieder chemotischen Schwellung h~itte reich sicher vor der Operation in d;esem Sinne entschieden, w~ire iibc[,haupt die Blutergiessung diagnosticirt gewesen. Die Exstirpation war wirklich angezeigt, denn nichts ist qu/~lender, yon unbestimmterer Dauer als diese h~- morrhagischen Zust~inde, auch liegt die Gefahr der sym- pathischen Affektion des andern Auges nicht fern.

F a l l I I I .

E c t a t i s c h e C h o r i o d i t i s mi t S c l e r a l s t a p h y l o m , L i n s e n d i s l o k a t i o n und E x c a v a t i o n de s Seh-

N e r y e N .

Chie S., 13 Jahr alt, geh[irt einer israelitischen Familie an, in welcher sieh spontane Linsenverschie- bung ais erbliches Uebel durch verschiedene Generatio- nen hindurch vorfand. W~ihrend er auf seinem linkea Auge eine solche Linsenverschiebung mit den gewtihn- lichen Symtomen darbot, war das rechte Auge zur Zeit seiner Vorstellung bereits seit mehreren Jahren vollsdin- dig erblindet. Man gewahrte eta weisses, geschrumpf- tes, kSrnig aussehendes, scheinbar verkalktes Linsen- system, welches durch die Pupille hervorgetreten, der hinteren Hornhautwand unverriickbar anlag, und den

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Pupillarrand [iberall verbarg. Die Cornea selbst war his auf einige diffuse Trlibung normal, die Iris schmut- zig grau verf~rbt, deren Faser-relief verstriche~; nnr undeutlich gewahrte man in Richtung der Radia[fasern eine Abwechselung grauer und dazwischenliegender dunkler Linien, aus welchem Ansehein it~ Verbindung mit dee allgemeinen Verfiirbung, Atrophie des Stroma zu seilliessen ist. Die vordere H~tlfte des Bnlbus war stark ectatisch; naeh innen, unten, aussen hat das Inter- vail zwischea Aequator bulbi und Hornhautrand ziem- lich glcichm~issig an Breite gewonnen, undist dem ent- sprechend die Sclera bl~iulich dur('hseheinend, nach oben dagegen erhebt sich ganz steil yore Hornhantrande ab ein halbcylindrisehes Staph3,tom, welches nach hinten, seicht ausliiuiL eine dunkelblaue Farbe darbietet uad dutch relativ weissere, meridional verlaulende und we- niger hervorgebuchtete Seleralstreifen gesehieden wird. Die Hornhaut ist hierdurcb, wie yon ihrer Basis abge- dr~ingt, deren Axe sieht stark naeh unten. Das Sta- phylom l~sst sich mit concentrirtem Lieht vollkommen durehleuchten, erscheint denn rOihlieh-gelb. Der Bul- bus fiihlt sich prall an, es ist nicht eine Spur yon Licht- schein vorhanden.

Ieh heschloss die Exstirpation, thetis wegen der Eatstellung, thetis wegen der Unbequemlichkeit, welehe sich bereits beim Lidschlusss eingesteilt hatte. Vor der Operation wurde die Diagnose in folgender Weise fest- gestellt: ectatische Chorioiditis mit Atrophirung des Chorioidalstroma's nnd des Irisstroma's, mit Intercalar- staphylom und partieller oder totaler Verfii~ssigung des GlaskSrpers; a]s weitere Folge-Erscheinung der Druck- zuaahme, Excavation des Sehuerven mit Atrophie der inneren Netzhautlagen.

Dieser letzte Theil der Diagnose ging sehon aus dem vollst}indigen Erlbschen des Lichtseheines bet der

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hydrophthalmischen Entartung hervor. Der Si',z des Scleralstaphylom's vo r der Ciliark~irperregion und nicht in derselben ergab sich aus der schiefen Ste]lung der Hor~haut. Wo ein solches Staphylom die Hornhaut- peripberie yon dem zur Augenaxe senkrechten Kreise abdr~ingt, entsteht es meinec Erfahrung nach stets dutch Ausdehnung der Grenzzone (]nterca]arstaphylom) und schliesst die Ciliarfortsiitze entweder gar nicht ein, oder enth~i|t sie nut in dem hinteren seichteren Abschnitt.

Zweifelhaft blieb das Verh~iltniss der Chorioiditis zu der Linsenluxation. Wenn es n~mlich einerseit:s festgestelh ist, dass spontane Chorioiditis h'Sufig zur ZerslSrung der Zonula zinnii, Ausliisung und Verschie- bung des Linsensystems fiihrt, so ist es doch anderer. seits annehmbar, dass dislocirte Linsen, selbst wenn sie in ihrer Kapsel eingesehlossen sind, Aderhautent- zlindungen hervorrui'en kSnnen. Was war also bier die Ursache, was die Wirkung? Der Hinblick aufdas linke Auge des Patienten und vier andere mit Linsen- luxation und zum TheiI mit Chorioiditis behai'tete Au- men in derselben Familie macht es sehr wahrscheinlich, dass die Linsenluxation ,Ins Primaere, die ectatische Chorioiditis das consecutive war. Allein trotz der scheinbar schlagenden Aufschliisse, welehe der Vert'o]g der verschiedenen Krankheitsstadien uns gew~ihrt, k~in- hen /'fir die feinere Deutung der Pathogenese gewisse Bedenken nieht abgewehrt werdea, auf" welche ieh bet ether speciellen Publication dieser Beobacbtmlgen (ira n~ichsten Hefte des Archly's) eingehen werde.

S e c t i o n s b e f t J n d und Ep ik r i s e . (Vo- Dr. Sohweigger).

Eetatische Chorioditis. Intercalarectasie. Luxation tier Linse. Cir- eumseripte Atrophie und Pigmentirung der Retina. :Excavation des Optieus.

Der Bulbus hat eine im Ganzea birnf(irmige Ge- stalt, die Spitze wird jedoch nicht yon der Cornea, son-

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dern veto hSehsten Punkt der Eetasie eingenommen.

Die Eetasie erhebt rich tiber dem oberen Rand der Cornea und sitzt dem Bulbus ohne scharfe Grenzen aug Aueh die Abgrenzung gegen die Cornea ist da-

dureh etwas verwiseht, dass der sonst (iberall deutliehe

Limbus conjunctivae eorneae hier weniger seharI' mar- kirt ist. Als obere hintere Grenze der Ectasie kann man die Insertion des Rectus superior betraehten, und es erseheint daher zweekm~ssig die Enffernung dee

Muskelinsertionen veto Hornhautrand anzugeben. Die (gradlinige) Entfernung der Insertion des Rectus

superior veto Hornhautrand betr~gt 15,5 "~m Der Umfang der Eetasie an derselben Stelle 19 ,,

Die Entfernung der Insertion des Reet. inferior veto

Hornhautrand . . . . . . . . . . . 8~4 m'~. des Rect. internus . . . . . . . . 10 ,, des Reef. externus . . . . . . . 12 ,,

Die Hornhaut misst vertical . . . . . . . t2,3 ,,

. . . . . . horizontal . . . . . . 13,2 ,, Die Durehmesser des Bulbus betragen vom hintern Pol

bis zum h~Sehston Punkt der Eetasie 28 ...... Im Aequator, vertical . . . . . . . . . 24,5 ,, . . . . horizontal . . . . . . . . 25 ,,

Obwohl also die ~i~luatorialen Durebmesser des

Bulbus die Grenzen des physiologisehea nieht fiber- sehreiteu spri('ht sieh im Verhalten der Ciliarforts~tze doch eine pathotogisehe Ausdehmmg aus.

Die Ciliarforts~tze besehreihen n'Smlieh da die Eetasie

zwisehen der Iris und dem Ciliark/Srper eingesehaltet ist,

einen yon vorn und unten naeh hinten und oben sehief

aufsteigenden Bogen. Hinter der Ectasie sind sie ab- geplattet und dutch Vergr6sserung der Zwisebenr~ume

seitlieh auseinandergezogen. Statt am Ciiiarrand tier

Iris stumpf kegelfSrmig zu enden, verlieren sic alien-

lhalbml sehon in dot Mitre ihres Verlaufhs an Hghe und

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verlaufen ganz flach nach dem Ciliarrand him Die Grenze zwischen dem Ci|iarkiirper und der Ectasie ist im untern Umfang des Bulbus dutch eine scharfe Linie bezeichnet, in der N~he der Ectasie gehen Iris und Ci- liark(irper ohne scharfe Grenze in einander fiber, im obern Umfang des Bulbus liegt wie erw~ihnt die Ecta- sie zwischen beiden.

Die Sclera]gef~isse sin(] in der N~he der Ectasie auffallend stark injicirt, die ectatischen Parthien der Sclera selbst stark verdiinnt und durchscheinend. Dutch abwechse]ndes Betrachtea gegen einen hell reflectiren- den und einea dunklen Hintergrund kann man sich iiberzeugen, dass die bl/iuliche Farbe der Ectasie weni- get dem ihrer inneren Oberfl~iche anhaftenden diinnen Pigmentliberzug, als tier Verdfinnung der Sclera zuzu- schreiben ist.

Im Grunde tier Ectasie markiren sich mehrere (ua- gefllhr seehs), meridional verlauf'enden Streifen: leisten- Zdrmige Erhebungen der Sclera, welche die Ectasie in mehrere Unterabtheilungen bringen und auch ~usserlich als weissliche Linien zu erkennen siud.

Die inhere Oberfliiche der Ectasie ist mit einem dlinnen, pigmentirten yon tier Sclera nut schwer zu trennenden Gewebe iiberzogen. Die Form tier Pigment- zellen schliesst sich in tier N~ihe tier Iris ganz an die, durch Abflachung und theilweisen Pigmentverlust ver- ~inderter Zellen yore Uvealblatt tier Iris an. Einige sind noch rundlich und stiirker pigmentirt, die meisten eckig und lassen durch Verminderung des Pigmentes die Kerne deutlicher erkennen; ie weiter yore Ciliarrand der Iris ents um so unregolm~ssigar in die Liinge ge- zogen, ver~istelt wird die Form der Zellen, endlich sind nur noch lange d~inne, spindelf~irmige pigmentirte Fasern zu erkennen. Aehnliche Unregelmlissigkeiten zeigen in der Niihe der Ectasie die Epithelien des Ciliar-

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kSrpers, aueh sir werden langgestreckt und spindelfi;r- mig. Gefiisse und Nerven sind in der Eetasie nicht zu finden.

Aueh die h'is participirt an der Ausdehnung der i,meren Aogenhiiute. Die Pupille ist welt, rundlieh eekig, und misst 7 ram. im Durehmesser. Trotzdem ist aueh der [3reitm~durchmesser der h'is tin hedeutend,.r und betr'agt z. B. an der der Eetasie gegenfiherliegen- den (unteren) Parthie yore Pupiilar- bis zum Ciliar- rand 5ram'; an der hinteren Fl'ache der Iris noeh or- was mehr, da der Ciliarrand der Iris naeh hinten ge- gen die Ciliarforts'atze hin zugesehiirft ist, d. h. die Grenze zwisehen Iris und Ciliark;3rper liegt an der v o f deren F1Rche dem Pupillarrand etwas niiher als an der Uvealseite.

Die Iris ist dabei bedeutend verd~'mnt, ihre Stroma- zellen atrophiseh, klein, sehwaeh pigmentirt. Eigen- thiimlich ist das Verhalten der Iris zur Linse. Die Linse ist yon der~Zonula, (welehe auf dem CitiarkSrper noch deudich naehweisbar ist) vollstiindig abgeliist, liegt in der Pupille und ist mit der hinteren Fliiehe der Horn- haut verklebt. Der Pupillarrand der Iris ist ungefiihr in der Breite eines Millimeters nach hinten umgekniekt, und umgiebt ringg'Srmig die Linse, welche am gr(issten Theil ihrer Peripherie einen dem entsprechenden flachen Eindruek zeigt. (Der eigentliche Durehmesser der Pu~ pille wiirde demnaeh, wenn man den umgesehlagenen Theil des Pupillarrandes mitrechnet, etwas geringer aus- fallen als 7m'~.). Vom Pupillarrand der Iris aus erstreckt sich auf die Russere Flilehe der Kapsel eine dilnne glashelle structurlose mit spilrliehen kurzen yon der Iris ausgehenden Gefilssen versehene hie und da netz~6rmig erseheinende Membran.

Die Form der Linse ist ganz unregelmilssig, keil- Rirmig Die Basis des Keils liegt naeh unten; naeh

Archly ffir Ophthalmologie. VI'. 1. 1I

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oben, der Ectasie zugekehrt, die Spitze. Die vordere mit der Hornhaut verkiebte Fliicbe ist platt, die hintere stark convex. Die Dicke der Linse yon hinten nach vorn betriigt 6 '~- der grSsste Durchmesser 9 ram. Die hintere Fliiche der Linse liegt nach vorn.

Die Linsenkapsel ist durchaus durchsichtig, ihrer inneren Fl~iche liegen cataractiise Linsenmassen test an. I)ieselben characterisiren sich durch reichtiche Aussehei- dung einer in kleinen Tropfen yon der verschiedensten GrSsse angeordneten Substanz (wahrscheinlich Myelin- tropfen) ; die feinsten sind punktFdrmig und bilden den In- halt eataractgJser (dutch Confluiren benaehbarter Linsen- r;3hren entstehender) Platten. Zwisehendureh finden sieh Cholestearin-Krystalle. Aueh der Linsenkern ist cata- raetSs verilndert.

_An der naeh hinten liegenden Fliiehe der Linse fin- den sieh noch wohlerhaltene intrakapsulaere Zellen. Eine deutliehe Wueherung der intrakapsulaeren Zellen- sehieht findet sieh hier ebensowenig als glashiiutige Verdiekungen an der Innenfliiehe der Kapsel.

Der Glask~rper ist verfliissigt, nut an der Ora set- rata hiingt ringsum noch ein Rest der Hyaloidea mit etwas GlaskSrpersubstanz. In letzterer liegea kernhal- tige, nicht selten brilunliches Pigment einschliessende Zellen mit langen, veriistelten, h~iufig varieiisen und knopffgJrmig endendeu Ausl~iui%n ausgestreut. Dutch Vergdisserung und granuliire Triibung des Kerns und Einziehen der Fortsiitze entstehen hieraus rundliehe hiiu- fig ebenfalls pigmentirte Zellenformen.

Von den Muskeln des Ciliarkilrpers finder sich keine Spur, nut die Bindesubstanz ist als eine hyaline strei- fige Masse iibrig geblieben, welche gegen Essigs'aure und Natron stark resistirt, und keine zelligen Etemente erkennen liisst. Am vorderen Rande des Ciliarklirpers (auch da noeh wo zwisehen demselben und der Iris die Eetasie liegt) zeigen sieh Reste des ligament, pectinatum.

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In der innersten Schieht des Ciliark5rperstroma lie- gen, meistens neben den Gef~ssen, grosse dunkel pig- mentirte unregelmilssig rundliehe Zellen yon 0,03.8 his 0,028 '~m., deren Kerne meistens 0,008 ..... messen.

Das Chorioideatstroma ist durehweg diinn und schwaeh pigmentirt. Choriokapillaris und lamina ela- stica unvedindert. Das Chorioidealepithel dagegen zeigt eine auffallende geriinderung. Das eharacteristisehe Ansehen, welches es dureh das Durehscheinen tier Kerne und das deutliehe Hervortreten der Zelleneontouren er- hiiit ist g~inzlieh verloren gegangen. Bei Belraehtung yon der Fliiehe kann man yon den einzelnen Zelten durehaus niehts erkennen, man sieht nur eine Menge belier mit einem dunkeln Pigmentring umgebener Punkte. Trotzdem ist, wie eine genauere Untersuehung ergiebt die Continuitiit und Form der einzelnen Zellen erhallen und nut die knordmmg des Pigmentes in je- der einzelnen Zelle w.'dindert. Dadurch, dass sich in je- der Zelle eine Anzahl f'einer Tropf'en einer durehsiehtigen Substanz ausseheiden, werden die einzelnen Pigment- molekSle auseinander gedrRngt und bilden inne,'balb der Zelte unregefm~ssig sternf~rmige Figuren; im weiteren Verlaufe vergd3ssern sieh die hellen Tropfen immer mehr, das noch vorhalJd~ne Pigment wird an die Con- touren der Zellen angedr'angt trod damit tritt denn auch die Form der einzelnen Zelten wieder deutlieher hervor. Ihren GipiMpunkt erreiehen die Ver~nderungen der Epithelialsehieht dcr Chorioidea an einer Stelte an der es gleiehzeitig zur Atrophie der Retina gekommen ist. Im unteren Umfang des Bulbus, also der Eetasie gerade gegenSher, erstreekt sich eine schon mit unbewaffnetem Auge deutlieh als atrophirt zu erkennende Stelle der Retina yon der Ora serrata his ungefahr zur Mitte zwisehen hequator und der Eintrittsstelle des Sehnerven. lm Aequator betr~gt ihre Breite 14 ram. Sie liegt etwas

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unter dem Niveau der fibrigen Retina, ist durchschei- nender und zeigt eiaige dunklere Fleeke yon denen es sich aber bei Betrachtung der inneren Netzhautfl~iche selbst dutch mikroskopische (funfzigfache) Vergriisse- rung nicht feststellen l~isst, ob sie der Retina oder Cho- rioidea angehSren. Die Retinalgef~isse dieser Parthie sind nieht pigmentirt, selbst da nieht, wo sie fiber die erw~ihnten schwarzen Flecke hinwegzieimn.

In dem besehriebenen Umfang haften Retina und Chorioidea fester aneinander, lassen sich jedoch ohne Zerreissung yon einander trennen, nur das Chorioideal- epithel bleibt meistens an der Retina haften und jetzt zeigt es sieh deutlieh, dass die dunklen Flecke yon einer Vedinderung des Chorioideal-Pigmentepithels abzuleiten sind. Isolirte Stiicke des Chorioidealepithels diesel' Ge- gend sind an tier Innenfi~iche (nach der Retina zu) dieht besetzt mit feinen durchsichtigen kugelfSrmigen Gebil- den yon 0,006 bis 0,012 ram. GrSsse an denen man manchmal noch einen feinen Fortsatz erkennen kann. Dieselben entstehen, wie sich aus tier weiteren Unter- suchung ergiebt, (lurch eine Degeneration der Stiibchen. schicht.

Das der vedinderten Retinalparthie anhafiend~ Pigmentepithel hat nun neben den bereits beschriebe nen Ver~inderungen weitere pathologische Prozess durchgemaeht, die sich zun~ichst als Gestaltver~inderuc g e n d e r einzelnen Zellen und ehemische Ver~iaderunge des eingeschlossenen Pigmentes eharakterisiren. IJ finden sich zerstreute Zellengruppen in denen die ei~ zelnen Pigmentmolekfile, gleichviel ob die absolu Menge des Pigmentes vermehrt oder vermindert i, eine ges~ittigt sehwarze Farbe angenommen haben. D Form der einzelnen Pigmentzellen wird meistens l~in lich und etwas gekrfimmt, wodurch ffir die grebe Configuration eine Tendenz zu bogenf~rmiger Grup]

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rung entsteht, lm weiteren Verlaufe werden die Pig- m(mtepithelien zu einfh('h rundlichen oder eifgirmigen Kiirpern und liegen, wie sich am deutliehsten an Quer- sehnitten durch Retina und Chorioidea zngleich erken- hen liisst, i~ kleinen Bezirken zu mehreren iibereinan- der und erstrecken sic}, dann in die atrophische Reti- ,,alsubstanz hiaein.

An den meisten dieser Zellen kann man durch Be- handlung mit Natron noch den Zellenkern deutlich machez~, alle in der Retina liegenden Pigmentzellen unter- scheiden sich durch ihre starke AnFdllung mit schwarzen Pigment, dutch ihre unregelm~issig rundliche Form und ihre Griisse (sie sind meistens kleiner)yon den Cho- ,'ioidealepithclien obwohl sie, wie schon erw/ihnt, als D,.rivate derselben aufgef'asst werden milssen. Die m,,is/en liegen nieht welt yon tier Chorioidea entfernt, nur wenige dringen bis in die N/ihe der Limitans vor. Das der besprochenen Stelle zngeh~rige Chorioideal- stroma zeigt ,leben einer bemerkbaren Verdiinnung und sp'arlieher f'ettiger Metamorphose einzelner Stromazellen keine Vedinderungen, zu erw/ihnen ist nut dass sich eine Anzahl wenig charakterisirter rundlicher, einkerni- get Zellen mit granulirteni Inhalt darin vorfanden. (Die Gd;sse dieser Zellen betrug im Mittel 0,016 .... die des Kern 0,007). Die Choriokapillaris und die Glaslamelle unver'andert. Die atrophische Stelle der Retina ist ausserordentlich verdiinnt, yon s/immtlichen Retinalele- menten ist bier nur das etwas verdickte Bindegewebs- geriist iibrig geblieben, aber eben wegen der Verdiin- nung d,.r Retina verschiedentlich zusammengebogen, und ein ganz unregelmiissiges Lfiekenwerk darstellend. Nicht selten sind diese Lilcken nach der Chorioidea zu often, wodurch das Eindringen des Pigmentes wesentlich be- gi}nstigt werden muss.

Der Uebergang it, die benachbarten nicht atrophi--

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schen Retinalparthien ist meistens ein ganz allm~hliger. Die H~3he der St~ibchenschicht wird irnmer kleiner und kleiner, gleichzeitig zeigt sich die Atrophie in den innern Sehichtea der Retina, am l~ngsten h/ilt sich die ~iussere K~rnerschicht.

Der Modus der Atrophied. h. die Reihe tier Ver- ~inderungen, welche die Retinalelemente vor deren vfil- ligen Verschwinden durchmachen ist nicht zu eonstati- ren, wahrscheinlich deshalb nicht, well wir es mit einem v611ig abgelaufenen Prozesse zu thun haben.

Die Stelle des Sehnerveneintrittes ist tier" excavirt, dem entsprechend die Ganglienzellenschicht der Retina spurlos verschwunden. Im i;ibrigen ist dig Retina wohl erhalten.

Man geht gewShnlich yon der Voraussetzung aus, dass bei den Ectasien des Bulbus der essentielle Krank- heitsprozess in den ectatisehen Geweben selbst zu su- chen sei. Der vorliegende Fall beweist, dass diese Voraussetz,mg nieht immer begrandet ist. Jede Ectasie der Bulbuswandungen setzt eine Vermehrung des Bul- bus-Inhaltes voraus; wir werden aber nicht annehmen dlirfen, dass das diinne absolut gef~isslose Gewebe im Boden der Ectasie, reichlichere serSse Erg5sse geliefert habe. Als Ausgangspunkt dieses Prozesses d[irfie viel- mehr die der Ectasie diametral gegeniiberliegende Steile der Chorioidea erscheinen, die sich dutch eine auffal- lende Vedlnderung tier Epithetialschieht auszeichnete und in deren Bereieh kS zur Atrophie und Pigmentirung der Retina gekommen war. Ieh will hier nicht auf die schon 8iler diseutirte Frage zurfiekkommen warum diese Form tier Retinalatrophie als eine Secund~ir-Erscheinung der Chorioiditis betrachtet werden rniisse, halten wir abet diesen Satz einmal i'iir festgestellt so sehen wit, wit geringfi]gig dig Spuren waren, die ein Prozess der

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das Auge schliesslich zu (:h'unde richtete in der Cho- rh)idea zur{ickgelassen hau(,. Al'rophie der Stromazel- len und slrarliche P,'odukt,. ~ eines abnm'men Zellenlebens, einige Ver'anderungen hi der Pigmentepithclialst.hieht, das sind die einzig,m l:lesiduen oines Krankheitsprozes- ~os, dessen g(~wiehtige Folgen wit sehon in n/ichster

r , , O. Nab. an der l)egem~ratitm din" Netzhaut erke,mem Die l)e, gmler:ttion dee Netzhaut unterseheidct sich i,t Nichts wm tier l:o,'m din' llothlalatrophie, welche als wescntlichstes Moment der pigmentirten Nctzhaut be- felts wicderhoh beschriebcn worden ist; die Menge des in der Netzhaut li~,gemlen Pigmontes war iu diesem Fall eine geringe, wieder ein Beweis daf[ir, dass bei diesen Formen pigmeutirter Netzhaut nieht das Vorhandensein des Pigm~mtes, .sondern die Atrophic der Retinalele- mente die Ilauptsache ist.

W/ihrend also die Degeneration der Retina als di- rekte Folge des chorioidealen Prozesses erscheim, fin- den wit' eine zweite Reihe yon Veriinderungen als deren Entglicd wir die Entstehung der Intercalar Ectasie be- trachten diirfml. Das Zustandekommcn der Ectasie an cinem entfernten Punkt, se|zt eine besondere Praedis- l)osition der afficirten Stelle voraus, und da die kli- nische Beobachtung zeigt, dass die Bildung yon Ecta- sien gewi3hnlich erst in den spiiteren Stadien chorioi- dealer Prozesse zu geschehen pflegt, so diirfen wir wohl den Versuch wagen at,s dem anatomischen Befhnde den Krankheitsverlatd' nachtr/iglich zu construiren.

Die almtomis(,he Untersuchung hat uns zwei Reihen yon pathologischcn Er~cheinungon nachgewiesen zwischen dr;hen .i~denfatls ein Causalnexus stattflndet, yon denen ahm' jede sowohl Ursache als Folge der andern sein kanu. Einmal n'amlich konnte es schon vor dem Aus- bruch des degenerativen Choeioideal-Prozesses zum Sehwund &'r Zonula und zur Luxation der Linse ge-

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kommen sein. VielIeicht lag dann die luxirte Linse, ~hnlich wie nach Reclination, im Boden des Glask(irper- Raumes und gab d~lrch mechanische Insulte die Veran- lassung zum Ausbruch der degenerativen Entziindung im untern Abschnitt der Chorioidea. Gelegentlich konnte dann die Linse ia die vordere Kammer prolabiren. Andrerseits abet k6mlte atwh die degenerative Chorioi- ditis der Ausgangspunkt des ganzen Krankheitsprozes- ses gewesen sein. Das erste GIied ia der zweiten Reihe des ganzen Prozesses w~ire dann der Sehwund der Zonula und der mit cataractSser Erweichung verbun- dene Prolapsus der Linse in die vordere Kammer. Jedenfalls wurde die h'is jetzt erst in Mitlei(lenschaii gezogen, dies folgt daraus, dass der Pui)illarrand nach hinten umgeschlagen nnd mit seiner vorderen (nicht wig gew5hnlich mit seiner hinteren, Uvea]fl~iche) mit der Kapsel verwachsetl war. Damm fGrner die Linse durch Verklebung ihrer Kapsel mit der Descemetschen Mere- bran fixirt wurde, so musste die durch Vermehrung des Glaskiirpervolums fortschreitende Ausdehnung des Bul. bus nothwendig aueh zu einer Ausdehnm~g und Ver- diinnung der Iris fiihren, die sich anatomisch noeh deLlt- lich genug aussprieht; gleichzeitig wurde die ganze Iris Gtwas nach hinten zuriickgezogen, denn sie erschien bei Betrachtung dutch die Cornea als ein schmaler Ring, w/ihrend ihre wirkliehe Breite eine bedeutende war. Griinde genug zum Entstehen einer Dialyse am Ciliarrand. Die diinne Schicht pigmentirter Zellen und Fasern, welche die innere Oberfl~iehe der Ectasie aus- kleidete, scheint sieh sowohl yon dem Ciliarrand des Uvealblattes der Iris, als vom Pigmentfiberzug des Ci- liark~irpers aus entwickelt zu haben. Dass die Dialyse gerade nach oben erfolgte, kSnnte mSglicherweise mit der eigenthiimlich unregelm~issigen Form der catarac- t6sen Linse in Zusammenhang stehen, diese|be war, wie

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erw~ihnt, keilf(irmig, und lag die Basis des Keils nach unten, die zugesch~rfte Kante nach oben, der Ectasic zugekehrt.

Die vSllige Ei'blindung" dutch Excavatiot~ des O1)- ticus bedarf nur noch einer Erwfihnung. Die D,'uck- excavation der Sehnervenpapille steht in g|eicher Reihe mit der Ectasie det' Bulbuswandungen iiberhaupt und liefert gleiehfalls ein, obwohl l~ingst bekanntes, doch vielleicht noch nicht geniigend hervorgehobenes Argu- ment far die Behaui)hmg , dass wir den essentiellen Krankheitsprozess lii('|lt immcr da zu suchen haben wo die Eetasie sich bil(iet.

Wet'fen wit schliesslich in all(.r Kih'ze die Frage auf', was di(~ ophthalmoskopische Untersuchung, wenn sic in einem ii'(iheren Stadium m6glieh gewesen w~ire, ergeben haben w~irde, so wlirden wahrscheinlieh neben der Excavation der Opticus die Chorioideal-Ver~inde- rungen nur wenig imponirt haben. Deutlich markirt h~tten sich .jedeni'alls im uriteren und ~quatorialen Ab- schnitt des Augenhintergrundes die kleinen circumscrip- ten abnormen Pigmentirungen im Chorioidealepithel. Aber w~ihrend sie bei der anatomischen Betrachtung als kleine schwarzc Flecke erschienen, die durch eine ausgedehnte schon makroskopisch deutlich als atrophirt erkennbare Retinalparthie hindurchschimmerten, wllr- den sie bei der ophthalmoskopischen Untersuchung die Aufmerksamkeit auf sich concentrirt haben, denn grade die wesentlichste Veriindcrung, die Retinalatrophie hiitte sieh unzweifelhaft der optJthalmoskopische Diagnose ent- zogen.