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Zeitschrift fur anorganisehe und allgemeine Chemie Band 340 November i%5 Heft 3-4, S. 113-224 Beitrage zur Chemie des Phosphors. XXIVl) Elektrolytische Untersuchungen von Phosphorsauren in waRriger Liisung Von M. BAUDLER und D. SCHELLENBERG Mit 2 Abbildungen Professor P. W. Xchenk xum 60. Geburtstage am 12. November 1965 gewidmet Inhaltsubersicht Es wird das Verhalten waRriger Losungen von Mono- und Diphosphorsauren und ihren Natriumsalzen bei der Elektrolyse mit verschiedenen Elektrodenmaterialien untersucht. Alle Sauren niederer Oxydationsstufe des Phosphors als + 5 sind anodisch oxydierbar. Dabei liefern Monosiiuren [P(I). und P(II1)-Saure] im wesentlichen wieder Monosauren [P(III)- und P(V)-Saure]; nur an Bleianoden wird auRerdem etwas P(V)-0-P(V) gebil- det. Diphosphorsauren mit P-P-Bindung [P(II) -P(IV)- und P(1V)-P(1V)-Saure] bilden vorwiegend Disauren [P(IV)-P(IV)- und P(V)-O-P(V)-Saurel neben P(V)-Saure, die vermutlich durch chemische Sekundarreaktionen entsteht. Die Bildung von P(V) - 0 -P(V) verlauft sehr wahrscheinlich uber einen Ubergangszustand unter Inanspruchnahme der d-Orbitale des Phosphors, ohne daR primar eine Spaltung der P-P-Bindung eintritt. Keine der untersuchten Verbindungen ist unter den angewendeten Elektrolysebedin- gungen kathodisch zu einer Saure mit niedrigerer Oxydationsstufe des Phosphors reduzier- bar. Die P(1)- und die P(III)-S&ure liefern Phosphin, insbesondere an Quecksilber- und Blei- elektroden. Daneben fiudet an Eisen- und Bleielektroden eine kathodische Abscheidung von Metall-Phosphor-Legierungen statt. Nach ersten orientierenden Versuchen in nichtwSRrigen Medien erfolgt im Unterschied zu waBrigen Losungen eine kathodische Reduktion zu Sauren mit niedrigerer Oxydations- stufe des Phosphors, z. B. in Glycerin die Bildung von P(II1)- aus P(V)-S&ure. Zur Deutung des verschiedenartigen Verhaltens wird ein Reaktionsmechanismus dis- kutiert. Summary The behaviour of aqueous solutions of mono- and diphosphorus acids and their Nn salts during electrolysis using different electrode materials is investigated. ,411 acids containing phosphorus of an oxidation state < +5 can be oxidized anodically. The monoacids, P(1) and P(II1) acid, yield predominantly the monoacids of P[III) and 1) XXIII. Mitt.: M. BAUDLER u. E. SCHREIBER, Z. Naturforsch. 20b, 494 (1965). 8 Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 340.

Beiträge zur Chemie des Phosphors. XXIV. Elektrolytische Untersuchungen von Phosphorsäuren in wäßriger Lösung

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Zeitschrift fur anorganisehe und allgemeine Chemie Band 340 November i%5 Heft 3-4, S. 113-224

Beitrage zur Chemie des Phosphors. XXIVl)

Elektrolytische Untersuchungen von Phosphorsauren in waRriger Liisung

Von M. BAUDLER und D. SCHELLENBERG

Mit 2 Abbildungen

Professor P. W . Xchenk xum 60. Geburtstage am 12. November 1965 gewidmet

Inhaltsubersicht Es wird das Verhalten waRriger Losungen von Mono- und Diphosphorsauren und ihren

Natriumsalzen bei der Elektrolyse mit verschiedenen Elektrodenmaterialien untersucht. Alle Sauren niederer Oxydationsstufe des Phosphors als + 5 sind anodisch oxydierbar.

Dabei liefern Monosiiuren [P(I). und P(II1)-Saure] im wesentlichen wieder Monosauren [P(III)- und P(V)-Saure]; nur an Bleianoden wird auRerdem etwas P(V) -0-P(V) gebil- det. Diphosphorsauren mit P-P-Bindung [P(II) -P(IV)- und P(1V)-P(1V)-Saure] bilden vorwiegend Disauren [P(IV) -P(IV)- und P(V)-O-P(V)-Saurel neben P(V)-Saure, die vermutlich durch chemische Sekundarreaktionen entsteht. Die Bildung von P(V) - 0 -P(V) verlauft sehr wahrscheinlich uber einen Ubergangszustand unter Inanspruchnahme der d-Orbitale des Phosphors, ohne daR primar eine Spaltung der P-P-Bindung eintritt.

Keine der untersuchten Verbindungen ist unter den angewendeten Elektrolysebedin- gungen kathodisch zu einer Saure mit niedrigerer Oxydationsstufe des Phosphors reduzier- bar. Die P(1)- und die P(III)-S&ure liefern Phosphin, insbesondere an Quecksilber- und Blei- elektroden. Daneben fiudet an Eisen- und Bleielektroden eine kathodische Abscheidung von Metall-Phosphor-Legierungen statt.

Nach ersten orientierenden Versuchen in nichtwSRrigen Medien erfolgt im Unterschied zu waBrigen Losungen eine kathodische Reduktion zu Sauren mit niedrigerer Oxydations- stufe des Phosphors, z. B. in Glycerin die Bildung von P(II1)- aus P(V)-S&ure.

Zur Deutung des verschiedenartigen Verhaltens wird ein Reaktionsmechanismus dis- kutiert.

Summary The behaviour of aqueous solutions of mono- and diphosphorus acids and their N n

salts during electrolysis using different electrode materials is investigated. ,411 acids containing phosphorus of an oxidation state < + 5 can be oxidized anodically.

The monoacids, P(1) and P(II1) acid, yield predominantly the monoacids of P[III) and

1) XXIII. Mitt.: M. BAUDLER u. E. SCHREIBER, Z. Naturforsch. 20b, 494 (1965). 8 Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 340.

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P(V); with a P b anode, a small amount of P(V)-0-P(V) acid additionally is formed. Di- phosphorus acids with P-P bonds [P(II)-P(1V) and P(1V) -P(IV) acid] yield predomi- nantly the diphosphorus P(1V)-P(1V) and P(V)-0-P(V) acids; the P(V) acid which is also formed presumably arises from a secondary chemical reaction. The formation of the P(V) -0-P(V) acid probably occurs via an intermediate state in which phosphorus d-orbi- tals interact before cleavage of the P-P bond.

Under the conditions of electrolysis none of the compounds investigated can be catho- dically reduced to an acid with a lower oxidation state. However, PH, is formed from P(1) dnd P(II1) acids, the best yields being obtained with Pb and Hg electrodes.

Preliminary experiments using non-aqueous solutions show, in contrast with aqceous solutions, that a cathodical reduction of P acids to lower oxidation states is possible; e. g. in glycerol, P(II1) acid is formed from P(V) acid.

A mechanism for the different types of reactions is proposed and discussed.

I m Vergleich zu den Sauren des Schwefels liegen uber das elektrochemi- sche Verhalten der Sauerstoffsauren des Phosphors unterschiedlicher Oxy- dationsstufe bisher nur wenige Untersuchungen vor.

In alteren Arbeiten 2)3) wird lediglich festgestellt, daB OrthophosphorsLure in wLBriger Losung durch den elektrischen Strom nicht reduzierhar ist. Neuere Untersuchungen4-7) beziehen sich vor allem auf die Verwendung von Phosphorsaure als Arbeitsmedium, z. B. heini Elektropolieren. AuBerdem liegen einige Patentschriften 8-11) iiber die elektrolytische Darstellung von Hypophosphoriger Saure vor, die aber \-on weiBem Phosphor bzw. einer Ferrophosphor-Anode ausgehen.

Im Hinblick auf gewisse Ahnlichkeiten der Redo~potentiale~~)l3)~*) zwi- schen einzelnen Sauren des Schwefels und des Phosphors erschien uns eine nahere Untersuchung des elektrolytischen Verhaltens von verschiedenen Mono- und Diphosphorstiuren in waBriger Losung von Interesse. Da alle Phosphorsauren niedrigerer Oxydationsstufe als + 5 auf chemischem Wege - teilweise schon durch Luftsauerstoff - oxydierbar sind, liel3en sich ent-

2, C. LUCKOW, Z. analyt. Chem. 19, l(1880). 3, P. A. FAVRE, C. R. hebd. Seances Acad. Sci. i3, 1085 (1871). 4, J . KAWECKI, Z. ZEMRURA u. Z. KUBAS, Bull. h a d . polon. Sci., C1 I11 2, 281 (1954). j) D. LAFORGUE-KANTZER, C. R. hebd. Seances Acad. Sci. 234, 1284 (1952). 6, T. CHIKU u. K. NINOMIYA, J. electrochem. Soc. Japan 18, 3G1 (1950). 7, T. UEnlURA, J. electrochem. Soc. Japan 19, 9-1 (1951). 8 ) ,,OPClA", Franz. Pat. 1130548, Febr. 1957. s, J. GORDOII, G. T. MILLER, J. S T E I ~ G ~ R T u. 1). T. PRICE. c'. 8. P. 3/109/785 his 795,

l o ) Alhright 5, Wilson. Franz. Pat. 1310960, Jan. 1961. 11) D. T. PRICE u. J. GORDON, D. B. P. 1112722 K1. 1% 31/Col b, Marz 1962. 12) M. POURBAIX, Atlas d'equilibres Blcctrochimiques, Paris 1963. 13) W. M. LATIMER, The oxidation states of elements and their potentials in aqueous

14) P. NYLEN, Ark. Kem. Mineralog. Geolog., Ser. B 11. S r . 29 (1934).

Nov. 1963.

solutions, 2. Aufl., New York 1952.

BAUDLER u. SCHELLENBERG, Ele ktrolytische Untersuchungen von Phosphorsiiuren 115

sprechende Umsetzungen auch elektrochemisch erwarten. Demgegenuber ist die Reduktion von Phosphorsauren hoherer zu solchen niedrigerer Oxyda- tionsstufe (mit Ausnahme der Bildung von Phosphin) chemisch in waSriger Losung bisher nicht gelungen. Es erschien jedoch nicht ausgeschlossen, der- artige Vorgange durch geeignete Abstufung des Kathodenpotentials reali- sieren zu konnen.

Versuchsfiihrung und Ergebnisse Zur Untersuchung gelangten waBrige Losungen von

Hypophosphoriger Saure und Natriumhypophosphit, Phosphoriger Saure und Dinatriumphosphit, Phosphorsaure und Dinatriumhydrogenphosphat,

Hypodiphosphorsaure

im Konzentrationsbereich 0 , l bis 5 m. Es wurde davon abgesehen, Puffer- losungen zuzusetzen, um den EinfluB von Fremdionen auszuschalten. Die Elektrolysen wurden hinsichtlich der Strommenge so gefuhrt, daB in jedem Fall die erwartete Bildung von Oxydations- bzw. Reduktionsprodukten in befriedigender Ausbeute gewahrleistet war. Wiihrend der Elektrolysen wur- den in bestimmten Abstanden Proben des Katholyten und Anolyten ent- nommen und papier- oder diinnschichtchromatographisch untersucht. Eventuell gebildete Niederschlage in den Elektrodenraumen oder auf den Elektroden wurden analysiert und rontgenographisch sowie - nach vorauf- gegangenem Losen - chromatographisch identifiziert. In den kathodisch entwickelten Gasen wurde laufend auf Phosphin gepriift .

Trinatrium-diphosphit Pi (11) -P(IV)], und Dinatrium-hypodiphosphat [ P(1V) -P(IV)]

1. Phosphurige Saure

Es ist seit langem bekannt, daB Phosphorige Saure durch Wasserstoff in statu nascendi zu Phosphin reduziert werden kann15) und daB sich Phosphit- losungen schon durch langeres Stehen an der Luft ~ x y d i e r e n ~ ~ ) ~ ' ) . Beide Reaktionen sollten auch elektrochemisch durchfiihrbar sein.

Wir fanden in Bestatigung der Erwartung sowohl bei der Elektrolyse der Saure als auch des Dinatriumsalzes anodisch eine Oxydatibn unter Bil- dung von Phosphat-Ion ; gelegentlich waren auch geringe MengenDiphosphat nachweisbar. Eine Reduktion zu Phosphin konnte nur bei der Saure, nicht dagegen beim Salz, beobachtet werden. In jedem Fall erwies sich das ver-

Is) P. DUSART, C. R. hebd. Skances Acad. Sci. 48, 1126 (1856). 16) C. RAMMELSBERG, Ber. dtsch. chem. Ges. 9,1577 (1876). 17) P. STUIILMAKN, Diplomarbeit Univ. Koln 1962.

8*

116 Zeitschrift fur anorgankche und allgemeine Chemie. Band 340. 1965

wendete Elektrodenmaterial fur die im einzelnen erhaltenen Ergebnisse von ausschlaggebender Bedeutung :

P l a t i n : I m Unterschied zu anderen Elektrodenmaterialien erfolgte die Bildung der P(V)-Siiure wesentlich langsamer, wobei die Anode etwas angegriffen wurde. Auf der Ka- thode entstand ein grauschwarzer Uberzug, der in Saure unloslich war. In Ubereinstimmung mit den an Eisen- und Bleikathoden erhaltenen Ergebnissen handelt es sich dabei vermut- lich uni eine Pt-P-Legierung oder -Verbindungls).

Zink: Die Anode wurde stark zerfressen, und auf der Kathode schied sich Zink ab. Die Bildung von Oxydations- oder Reduktionsprodukten konnte nicht nachgewiesen werden. Auch im Anodenniederschlag wurde chromc+tographisch nur Phosphit gefunden.

K u p f e r : Die Anode wurde etwas angegriffen; kathodisch entstand eine Abscheidung von Cu-Schwamm, unter dem sich schwache, vertikal verlaufende schwarze Striche zeigten, die wahrscheinlich auf die Bildung von Cu-P-Verbindungen hindeuten. - I m Anolyten wurde Phosphat nachgewiesen; der betreffende Fleck im Chromatogramm zeigte einen etwas geringeren R,-Wert als die Vergleichslosung, was vermutlich auf den EinfluB der Kupfer-Ionen zuriickzufiihren ist.

Nicke l : Auch auf der Nickel-Kathode traten die beim Kupfer beobachteten schwarzen Striche - aber wesentlich starker - auf; sie waren in 2 n Salzsaure loslich. Sehr wahr- scheinlich handelt es sich dabei ebenfalls um eine Ni-P-Abscheidung. - I m Anolyten wurde die Bildung von P(V)-Saure festgestellt.

Ble i : Bleianoden erwiesen sich fur die Oxydation der P(II1)- zur P(V)-Siiure am besten geeignet. Schon nach kurzer Elektrolysedauer war die Anode mit einem dunklen Belag von Bleidioxid uberzogen, der (wahrscheinlich katalytisch) die schnelle Bildung von Phosphat mit guter Ausbeute begunstigt. In geringer Menge entstand auch Diphosphat, das sonst an keinem anderen Elektrodenmaterial beobachtet wurde. - Auf der Kathode schied sich in geringer Menge ein glitzerndes, hellgraugriines Pulver ab, das rnit Sauren Phosphin ent- wickelt ; doch konnte bisher rontgenographisch kein definiertes Bleiphosphid identifiziert werden.

E i s e n : Die Bildung von Phosphat war nicht nachweisbar; die Anodenreaktion be- schriinkte sich offenbar auf die Oxydation des Eisens. - Auf der Kathode entstand in saurer Losung ein dichter, metallisch gllinzender schwarzer Uberzug, der magnetische Eigenschaften zeigte. Mit Salzslure fand lebhafte Gasentwicklung s ta t t , und es konnte Phosphin nachgewiesen u-erden, wlihrend die Substanz nicht vollstandig in Losung ging, sondern einen schwarzen, amorph erscheinenden Riickstand bildete. Nach analytischen und rontgenographischen Befunden handelt es sich bei dem Kathodenbelag u m eine Eisenlegie- rung mit etwa 10% Pho~phor '~) . Die Entstehung solcher Legierungen auf chemischem Wege aus PH, und einer Fe(II1)-Salz-Losung ist seit langam bekannt20).

2. Hypophosphorige Saure

Hypophosphorige Saure und ihre Salze sind verhaltnismaBig starke Re- duktionsmittel. So werden Hypophosphite in waBriger Losung bereits durch

I*) GMELIN, Handbuch der Anorganischen Chemie, 8. Aufl., Weinheim/Berlin 1953,

Is) GMELTN, Handbuch der Anorganischen Chemie, 8. Aufl., Berlin 1934/1939, Eisen

20) H. ROSE, Poggendorfs Ann. 24, 301 (1832).

Platin Teil C, S. 133.

Teil A, Abt. 11, S. 1781.

BAUDLER u. SCHELLENBERG, Elektrolytische Untersuchungen von Phosphorsauren 117

Luftsauerstoff 17)21)22)23) oder bei LuftabschluB in Gegenwart von Katalysa- toren unter Wasserzersetzung 24)25) zu Phosphit oxydiert. Andererseits lassen sie sich auch leicht zu P h o ~ p h i n ~ ~ ) ~ ~ ) oder zu elementarem Phosphor 27)2*)

reduzieren. Da nach unseren Untersuchungen selbst mehrfach umkristallisiertes, chromatographisch

reines Hypophosphit nach kurzem Stehen in wal3riger Losung deutlich nachweisbare Men- gen von Phosphit enthalt, zeigten auch alle uutersuchten Elektrodenflussigkeiten einen Ge- halt an P(II1)-Saure. Dieser war in den Katholyten erwartungsgemlB geringer a1s in den Anolyten, weil im ersten Fall eine weitergehende Oxydation durch die Wasserstoffentwick- lung behindert, im zweiten durch die Sauerstoffentwicklung begunstigt wird. Da die An- wesenheit von Phosphit im Kathodenraum auch durch Arbeiten unter Stickstoff wegen der Riickdiffusion des Anolyten und einer durch die Elektrodenmaterialien katalysierten Oxy- dation von Hypophosphit unter Wasserzersetzung nicht vollstandig auszuschlieljen ist, wurde sie bei der Auswertung der Elektrolyse-Ergebnisse in entsprechender Weise berucksichtigt.

Die Versuche ergaben, daB anodische Oxydationsprodukte in groBerer Menge nur an Kupfer- und Bleielektroden gebildet werden. Dabei entsteht neben Phosphit und Phosphat auch etwas Diphosphat. Kathodisch wurde eine Reduktion zu Phosphin beobachtet, dessen Bildung an Zink-, Blei- und Quecksilber-Elektroden besonders begunstigt ist.

An Zinkelektroden konnte die Phosphin-Entwicklung in Ubereinstimmung mit chemi- schen Befunden2*) schon vor dem Schlieljen des Stromkreises festgestellt werden; bei allen anderen Versuchen wurde sie erst danach beobachtet. Besonders schwer 1aBt sich die Reduk- tion an Platin-Kathoden wegen der geringen Wasserstoff -Uberspannung durchfuhren.

Wahrend an kathodisch geschaltetem Quecksilber Hypophosphorige Saure mit guter Ausbeute Phosphin bildet, laBt sich Natriumhypophosphit-Losung unter gleichen Bedingun- gen nicht reduzieren. Offensichtlich beschr&nkt sich die Kathodenreaktion auf die Bildung von Natriumamalgam, das nach einiger Zeit so vie1 Natrium aufgenommen hat, daB es in periodischem Wechsel fest und flussig wird (Amalgambildung und -abbau).

Die anodische Oxydation von Hypophosphoriger SIure und Natriumhypophosphit ver- lauft demgegenuber gleich. An Bleianoden konnte dabei neben reichlichen Mengen von Phosphit und Phosphat mit Sicherheit auch Diphosphat nachgewiesen werden. Sowohl im Anolyten als auch im dort ausgefallenen Niederschlag, der einmal in heiBer, verdunnter Salz- saure gelost, ein anderes Ma1 in Wasser aufgeschlammt und durch Einleiten von Schwefel-

21) W. BOCKEMULLER u. T. GOTZ, Liebigs Ann. Chem. 508, 263 (1934). 22) H. L. J. BACKSTROM, Naturwissenschaften 22, 170 (1934). 23) A. WURTZ, Liebigs Ann. Chem. 43, 318 (1842). 24) R. ABEGG, Handbuch der Anorganischen Chemie, Leipzig 1907, Bd. 111, 3. Abt.,

25) W. FRANCKE u. J. MONCH. Liebigs -4nn. Chem. 550, 1 (1941). 26) W. FRESENIUS u. G. JANDER, Handbuch der analytischen Chemie I1 (qual.) Berlin

27) N. P. FEDOTEV u. P. M. VYACHESTAVOV, T p y ~ b ~ JIearmrpancKoro KpacHos-

s. 424.

1956, Bd. IVb/Va, b. S. 227 (P).

HaMeHHOI'O XIIMIIIFO-TeXHOJIOra~eCIFOrO I/IHCTMTYTa MMeHII ~eHHHrPaACHOP0 COBeTa [Arb. Leningrader chem.-technol. Rote Fahne-Inst. Leningrader Rates] 53, 30 (1959).

28) R. M. GORBUNOWA u. A. A. NIKOFOROWA, J. physic. Chem. 88, 883 (1954).

118 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 340. 1965

wasserstoff voni Blei befreit murde, fanden wir neben vie1 P(V) auch P(II1) und P(V) -0- P(V) in etwa gleicher Konzentration.

Bei der Verwendung von Kupferelektroden war die Anode sehr stark angegriffen. Aus dem grunlich gefarbten Anolyten schied sich ein hellgruner Niederschlag in groBerer Menge ab, der Phosphit und Phosphat enthielt. Im Anolyten wurde dagegen neben Hypophosphit nur wenig Phosphit nachgewiesen.

3. Phosphorsgura

Nach alteren Untersuchungen ist Orthophosphorsaure in waBriger Lo- sung weder elektrochemisch 2)3) noch durch Wasserstoff in statu nascendi 29)

zu Sauren niederer Oxydationsstufe oder zu Phosphin reduzierbar. Demgegeniiber sol1 nach einem spateren Patent von BLUMENBERG 30) bei der Elektrolyse

von waBrigen Phosphorsaure-Losungen Phosphin entstehen. Bei der Nacharbeitung dieser Vorschrift konnten wir jedoch feststttllen. daB bei der Elektrolyse von Phosphorsaure und ihren Salzen in waBriger Losung unter den angegebenen Versuchsbedingungen keine Rildung von Reduktionsprodnkten stattfindet. Ein diesbcziiglicher und mit unseren Versuchen uber- einstimmender Hinweis findet sich auch in einer neueren Patentschrift l1).

Erste Versuche in nichtwaBrigen Medien, die wir kurzlich im AnschluB an entsprechende polarographische Befunde 31) aufnahmen, ergaben bei den bisher untersuchten Sauren allgemein, daB im Unterschied zu den waBrigen Losungen auch die kathodische Bildung von Sauren niederer Oxydations- stufe erfolgt. Speziell bei der Orthophosphorsdure und dem Dinatriumhydro- genphosphat 1aBt sich unter diesen Bedingungen - z. B. in Glycerin-Losung - ohne Schwierigkeiten eine Reduktion zu Phosphoriger Saure srreichen. fjber Einzelheiten dieser Ergebnisse wird demnachst an gleicher Stelle aus- f uhrlicher b erich t e t werden .

Zur Nacharbeitung des BLUMENBERC-Patents t-erwendeten wir Kohle-Elekt r~den~~) , die anodisch stark abgetragen wurden. a n der Kathode konnte weder chromatographisch noch gasanalytisch die Bildung von Reduktionsprodukten nachgewiesen werden.

Analoge Ergebnisse wurden bei der Elektrolyse von waBrigen Phosphorsiure- und Phosphat-Losungen unterschiedlicher Konzentration und Aciditat bzw. Alkalitat mit Zn-, Pb-, Fe-, Pt- , Ni-, Cu- und Hg-Kathoden erhalten, xobei Stromstarken von 3S-600 mA und Stromdichten von 0,02 bis zu 33 mA/cm* angewcndet wurden. Auch ein Zusatz von Vanadinsiure, der bei der ChlorsLure die elektrolytische Reduktion ermoglicht a3), fuhrte nicht zum Erfolg. Verschiedentlich traten zwar in den Chromatogrammen der Katholyten blaue Flecken mit dem der P(II1)-Raure entsprechenden RB-Wert auf. Docli konnte sicher- gestellt werden, daB sie auf anfangs zugegebcnes bzw. liathudisch gebildetes Alkali (NaOH) oder in schwefelsaurer Losung auf die Anxesenheit von Sulfat-Ionen zuriickzufuhren waren.

29) R. FRESENIUS. Z. analyt. Chem. 6, 203 (1867). 30) H. BLUMENBERG, U. S. P. 1375 819 (1921). 3l) A. S. BONCARDT, Dissertation Univ. Koln 1963, Veroffentlichung in Vorbereitung. 32) Fur die cberlassung der Kohleelektroden danken uir der Firma Knapsack AG. 33) P. FOERSTER, Elektrochrmie wadriger Liisungen, 4. Aufl., Leipzig 1923, S. 588.

BAUDLER u. SCHELLENBERG, Elektrolytische Untersucliungen voii Phosphorsauren I 19

Weiterhin wurde beim Arbeiten mit Bleikathoden die Entwicklung von Phosphin durch die Bildung von etwa.8 Antimonwaaserstoff als Folge einer geringfiigigen Verunreinigung des Bleis vorgctluscht.

4. Diphosphorige Saure [P(II) -P(IV)]

Die Untersuchung der P(I1) -P(1V)-Sa~re~~) war vor allem im Hinblick auf die elektrochemische Bestandigkeit der Phosphor -Phosphor-Bindung von Interesse.

Die Elektrolyse von waI3rigen Trinatrium-diphosphit-Losungen ergab: da13 im Katholyten als Folge der ansteigenden Alkalitat in Ubereinstimmung mit chemischen Befunden 36) die Bildung von Phosphit und eine teilweise Oxydation zu Hypodiphosphat (unter gleichzeitiger Wasserstoffentwicklung ) stattfindet. Eine Reduktion zu Sauren niederer Oxydationsstufe, insbeson- dere der von uns aufgefundenen P(I1) -P(II)-Saure 36) erscheint wegen dieser anschlie13enden chemischen Oxydation nur bei der freien Saure moglich ; entsprechende Versuche sind z. Z. im Gange. Bei der Elektrolyse der Salz- losungen wurde sie nicht beobachtet. Auch eine kathodische Reduktion der P(I1) -P(IV)-Salzlosungen zu Phosphin tritt selbst bei hohen Stromdichten und an Kathoden mit grol3er nberspannung, wie Blei, nicht auf. Als anodi- sche Oxydationsprodukte wurden Phosphat, Hypodiphosphat und Diphos- phat festgestellt. Letzteres wird dabei vermutlich durch direkte Oxydation von P(I1) -P(IV) gebildet, da auch an Platinkathoden reichlich P(V) - 0 -P(V) erhalten wurde, wahrend Hypodiphosphat unter den gleichen Be- dingungen kein Diphosphat (9. S. 121) liefert.

Die wal3rige Trinatrium-diphosphit-Losung ist nach BLASER und WORMS 35) verhaltnis- mal3ig stabil. STUHLMANN 17) konnte nach mehrwochigem Stehen der verschlossenen Losung einen geringen Gehalt an P(1V)-P(1V) und wiederum einige Wochen spater auch P(V)- 0-P(V) nachweisen. Bci der Elektrolyse werden diese beiden Anionen im Anolyten schon nach kurzer Versuchsdauer in betraclitlicher Menge neben Phosphit und Phosphat gebildet. Die Zusammensetzung der Liisung andcrte sich beim Arbeiten mit Platin-, Nickel- und Zinkaiioden auch bei langerer Forttfuhrung der Elektrolyse nicht merklich. Dagegen wurde an Bleianoden eine relativ rasche Oxydation des zunachst ebenfalls gebildeten Phosphits und Hypodiphosphats zu P(V) und P(V) -0-P(V) festgestellt. Bereits nach 24 Stunden waren nur noch Phosphat und Diphosphat irn Anolyten nachweisbar.

In den Katholyten wurde nach langerer Elektrolysedauer an Platin-Elektroden neben Diphosphit nur Hypodiphosphat, an Quecksilber aul3erdem Phoaphit und an Blei lediglich Phosphat gefunden.

5. Hypodiphosphorsaure

Die P(1V) -P(IV)-Saure und ihre Salze sind verhaltnismaflig stabil, so da13 sie sich nur schwer reduzieren oder oxydieren l a ~ s e n ~ ~ ) ~ ’ ) . Besonders

34) B. BLASER, Chem. Ber. 86, 563 (1953). 35) B. BLASER u. K. H. WORMS, Z. anorg. allg. Chem. 300, 229 (1959). 36) M. BAUDLER, Z. Naturforsch. 14b, 464 (1959). 37) GMELIK-KRAUT, Handbuch der Anorganischen Cheinie, 7. Aufl. 1911, Bd. I, 3.

120 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 340. 1965

bestandig sind sie in alkalischem Medium, wahrend in saurer Losung - vor allem in der Warme - auf Grund der Disproportionierung in Phosphit und Phosphat 37) die Oxydation zu P(V) erleichtert ist.

Die Elektrolysen der freien Saure und des Dinatriumsalzes ergaben, daB eine Reduktion zu Sauren niederer Oxydationsstufe oder zu Phosphin weder in neutraler noch in saurer Losung - auch nicht an Elektrodenmaterialien mit groBer Uberspannung, wie Blei und Quecksilber, - stattfindet. Dagegen erfolgt verhaltnismaBig leicht eine anodische Oxydation, wobei das verwen- dete Elektrodenmaterial auf Art und Ausbeute der gebildeten Oxydations- produkte von wesentlichem EinfluB ist. Auch in diesem Fall besitzen Blei- anoden die beste Oxydationswirkung ; bei geniigend langer Elektrolysedauer findet eine nahezu quantitative Bildung von Phosphat und Diphosphat statt, wahrend mit Nickel, Zink und Quecksilber unter vergleichbaren Be- dingungen stets noch eine betrachtliche Menge Hypodiphosphat im Anolyten vorhanden ist.

Im Laufe der Elektrolyse wird der Snolyt zunehmend sauer, so daR zunachst die Dis- proportionierung in Phosphit und Phosphat in merklicheni Umfang erfolgen diirfte, in

Tabelle 1 Ergebn i s se d e r -

1

Nr . - 1

2

3

4

5

6

7

8

9

2

Elektrolyt

1,Om H,PO,

0,5m NaH,PO,

0,5m H,PO,

1,0 m Na,HPO,

1,Om H,PO,

0,5m Na,HPO,

0,l m Na,HP,O,

0 , l ni H,P,OB

0,l m Na,H,P,O,

3

h

9G

111

24

51

69

120

116

70

58

4

mil

100

120-15

25

27

100

100-85

100

100-62

100

5

V

6-4

14

3

3

7

3-7

5-10

13-14

5-6

G

mil/cm2

6-11

7-1

1

1

5

5

G

5 - 3

5

7 cou-

lomb

48 200

32 000

2 160

4 850

24800

30200

41 700

20 100

20 300

8 Elek- trode

K A

K A

K A

K A

K A

K A

K A

K A

K A

BAUDLER u. SCHELLENBERG, Elektrolgtische Untersuchungen von Phosphorsauren 121

deren Polge die P(II1)-Saure dann zu Phosphat oxydiert wird. Lediglich an Platinanoden war neben P(V) auch P(II1) in groI3eren Mengen nachzuweisen, da die entsprechende Oxy- dation hier erschwert ist (9. S. 116). Bemerkenswerterweise bildet sich auch an Pt-Anoden im Gegensatz zu allen anderen untersuchten Elektrodenmaterialien kein Diphosphat.

Zusammenstellung der Versuchsergebnisse I n Tab. 1 ist eine Auswahl der Elektrolyseversuche zusammengestellt,

die mit Bleielektroden durchgefuhrt wurden. Mit Ausnahme von Nr. 3 und 4 wurden Fensterkreuz-Elektroden verwendet.

In Spalte 10 und 11 sind die in groDerer Konzentration vorliegenden Anionen fett gekennzeichnet, die nur in Spuren vorhandenen eingeklainmert.

Diskussion der Ergebnisse

Die Elektrolyseversuche haben ubereinstimmend ergeben, da13 alle unter- suchten Phosphorsauren und ihre Salze in wal3riger Losung einer elektro- chemischen Reduktion betrachtlichen Widerstand entgegensetzen. I n kei- nem Fall werden kathodisch Sauren wit niedrigerer Oxydationsstufe des

E l e k t r o l y s e n v e r s u c h e

9 p H ziim

Ende

sauer

10 1

saucr

10 5

sauer

10 1

10 1

sauer

10 1

10

losliche Reaktionsprodukte

11

Niederschlage

(Pb-P)

P( 1V)-P( rv)

P(V) , P( V) - 0 -P(V) (Pb-P) ?

122 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 340. 1965

Phosphors gebildet. Wahrend Orthophosphorsaure (in Ubereinstimmung mit dem Verhalten verdunnter Schwefelsaure-Losungen) sowie die beiden Diphosphorsauren [P(II) -P(IV)- und P(1V) -P(IV)-Saure] keinerlei Re- duktionsprodukte liefern, findet bei der Hypophosphorigen Saure und ihren Salzen und bei der Phosphorigen Saure eine Reduktion statt ; sie fuhrt jedoch unmittelbar bis zum Phosphin. Bei beiden Sauren und ihren Salzen treten verschiedentlich kathodische Belage von Metall-Phosphor-Legierungen auf, die aber moglicherweise erst durch Sekundarreaktionen mit dem Ka- thodenmaterial entstehen. - Die vergleichsweise leichtere Reduzierbarkeit der Sauren niederer Oxydationsstufe entspricht den allgemeinen chemischen Erfahrungen, auch bei den Sauerstoffsguren anderer Elemente.

I m Unterschied zu dem Verhalten in wal3riger Losung erfolgt in nicht- wafirigen Solvenzien, wie Glycerin, eine kathodische Reduktion zu Sauren mit niedrigerer Oxydationszahl des Phosphors, z. B. die Bildung von Phos- phoriger Saure aus Orthophosphorsaure. Es ist daher anzunehmen, dafi eines der sauerstoffhaltigen Zwischenprodukte beim Reduktionsprozefi in wafiri- ger Losung anders als in nichtwafirigen Medien weiterreagiert.

Der Primarschritt bei der Reduktion durfte in jedem Fall in Analogie zu entsprechenden Reaktionen an anderen sauerstoffhaltigen Anionen in der Aufrichtung einer Doppelbindung unter der Einwirkung von Wasserstoff- Ionen bestehen, wie dies fur die Orthophosphorsaure im folgenden formal angegeben ist ;

B C D

Das durch Protonenanlagerung gebildete Zwischenprodukt A mit der posi- tiven Ladung am Phosphor wird in wafiriger Losung sofort durch Reaktion mit dem als starkes nucleophiles Agens wirkenden Hydroxid-Ion stabilisiert werden. Dabei resultiert die Hydratform der Phosphorsaure mit fiinf o-Bin- dungen, die unter Wasserabspaltung die energetisch bevorzugte Orthophos- phorsaure zuriickliefert. I n wasserfreien Medien kann dagegen das Kation A in Abwesenheit von entsprechenden nucleophilen Agenzien zur Kathode

BAUDLEE u. SCIIELLENBERG, Elektrolytisclie Untersuchungen von Phosphorsauren 123

wandern und dort unter Aufnahme eines Elektrons das Radikal B bilden, das anschlieBend mit einem Wasserstoffatom unter Ausbildung einer P -H- Bindung reagiert. Das Zwischenprodukt C stabilisiert sich dann in entspre- chender Weise zu der nachstsauerstoffarmeren Monophosphorsaure D. Eine analoge Erniedrigung der Oxydationszahl um jeweils 2 ist auch in der Reihe der Diphosphorsauren anzunehmen ; entsprechende Versuche in verschiede- nen nichtwaarigen Solvenzien sind z. Z. im Gange.

Im Gegensatz zur Reduktion ist die Oxydation offensichtlich in wafiriger Losung begunstigt. Alle Sauren niederer Oxydationsstufe des Phosphors als +5 sind anodisch oxydierbar. Dabei liefern Monosauren [P(I)- und P(II1)- Saure] im wesentlichen wieder Monosauren [P(III)- und P(V)-Saure]. Nur an Bleianoden wird auDerdem etwas Diphosphat [P(V) -0 -P(V)] gebildet, wobei wahrscheinlich das anodisch sofort entstehende PbO, von EinfluB ist. Diphosphorsauren mit P -P-Bindung entstehen dagegen in Ubereinstim- mung mit chemischen Befunden bei der Oxydation von Monophosphorsauren nicht.

Die beiden untersuchten Disauren [P(II) -P(IV)- und P(1V) -P(IV)- Saure] bilden anodisch vorwiegend wieder Disauren (P(1V) -P(IV)- und P(V) -0 -P(V)-Skure] neben P(V)-Saure, die vermutlich vor allem durch chemische Sekundarreaktionen entsteht. Im Fall der Diphosphorigen Saure [ P(I1) -P(IV)] findet die Oxydation zu Diphosphat offensichtlich unmittel- bar und nicht iiber die Zwischenstufe der P(1V) -P(IV)-Saure statt (s. S. 119). Bei beiden Sauren verlauft die Bildung von P(V) -0 -P(V) sehr wahrscheinlich iiber einen Ubergangszustand unter Inanspruchnahme der d-Orbitale des Phosphors, ohne daB primar eine Spaltung der P -P-Bindung eintritt .

Experimentelles Versuchsanordnung und -durchfiihrung

Es wurden verschiedene ElektrolysegefaSe entwickelt, von denen sich das in Abb. 1 gezeigte als besonders zweckmaBig erwies. Es benotigt nur ein kleines Elektrolytvolumen (etwa 60 ml) und gestattet die Annaherung der Elektroden auf etwa 1 cm. AuBerdem konnen die gebildeten Gase aufgefangen und unter Eigendruck abgezogen werden. Die Zelle ist aus PVC-Plstten zusammengeschweiBt und mit einer Stirnwand aus Plexiglas sowie einem auf - schraubbaren, abgedichteten Deckel versehen. I n die ausgesparte Fiihrungsschiene wird vor jedem Versuch eine neue, passend zurechtgeschnittene Tonplatte (Diaphragmenmaterial Fa. Haldenwanger) eingesetzt und mit Paraffin eingedichtet. Da die Platte nicht bis an den Deckel heranreicht, kann der gelegentlich auf Kosten des Anolyten volumenmaBig stark zu- nehmende Katholyt iiber die obere Kante in den Anodenraum iiberflieBen. Das ist im Hin- blick auf eine Vermischung der Elektrodenfliissigkeiten insofern unbedenklich, als in den Katholyten stets nur die Ausgangsverbindungen und keine Sauren niedrigerer Oxydations- stufe vorhanden sind.

124 Zcitschrift fur anorganische und allgcmcinc Chemic. Band 340. 1965

Als Elektroden wurden ncben Quecksilbcr (reinst) Platten aus Kohlcnstoff 32) und handelsublichem Platin-, Nickel-, Kupfcr-, Blci-, Zink- und Eiscn-Fcinblech in dcr GroSc 4 5 ~ 50 mm verwcndct. Um kathodisch auch mit hohcr Stromdichtc arbeiten zu konnen, wurde aus Blei eine Fcnstcrkreuz-Elektrode (Abb. 2) angefcrtigt, die cincr normalen Anode entgcgcngeschaltet wurde.

Abb. 1. Elektrolyscapparatur Abb. 2. Fenstcrkreuz-Elek- trode

Die Dauer dcr im allgcmeincn bei kleinen Stromstarken (ctwa 100 mA) und Strom- diohtcn zwischcn 1 und 20 mA/cm2 durchgefuhrten Elektrolyscn lag zwischen G und 400 Stunden.

Ausgangssubstanzen H y p o p h o s p h o r i g c S a u r c , 50proz. waarigc Losung p. A, Fa. MercB, Darmstadt. N a t r i u m h y p o p h o s p h i t NaH,PO,. H,O chemisch rein, Fa. Merck, Darmstadt. Zur

P h o s p h o r i g e S a u r e , dargcstellt durch Hydrolyse von Phosphor(II1)-chlorid in CC1,-

N a t r i u m p h o s p h i t Na,HPO,. 5 H,O chcmisch rein, Fa. Riedel de Haen, Hannover.

P h o s p h o r s a u r c , 85proz. waSrigc Liisung chemisch rein, Fa. Ricdcl de Haen, Han-

D ina t r iumhydrogenphospha t Na,HPO,. 2 H,O chcmisch rein, Fa. BIerck, Darm-

N a t r i u m d i p h o s p h i t [P(II)-P(IV)] Na,HP,O,. 12 H,O, dargestellt nach BLAsER,,)

N a t r i u m h y p o d i p h o s p h a t Na,H,P,O,. G H,O, dargestellt durch Oxydation von

Reinigung wurde das Salz mchrmals aus Wasscr umkristallisiert.

Losung38).

Zur Reinigung wurde das Salz mchrmals aus Wasscr umkristallisicrt.

nover.

stadt. Zur Reinigung wurde das Salz mehrmals aus Wasser umkristallisiert.

durch Hydrolyse von Phosphor(II1)-bromid und mehrmals a m Wasser umkristallisiert.

rotem Phosphor mit Natriumchlorit 39)40) und nichrmals aus Wasscr umkristallisiert. ~

38) Inorganic Synthesey, Vol. IV, New York 1953, S. 55. 39) H. REMY u. H. FALIUS, Naturwisscnschaftcn 43, 177 (1956). 40) E. LEININGER U. T. CHULSKI, J. Amcr. chcm. SOC. 71, 2385 (1949).

BAUDLER u. SCWELLENBERG, Elektrolytische Untersuchungen von Phosphorsauren 125

H y p o d i p h o s p h o r s i i u r e , dargestellt aus deni Natriunisalz iiber das Bleisalz durcli Zersetzung mit Schwefelwasserstoff41).

Analytische Charakterisierung der Elektroiyseprodukte Losungen: In bestimmten Abstanden wurden wahrend der Elektrolyse Proben des

Katholytcn und Anolyten entnommen und papierchromatographisch nach der absteigenden Methode 17)42) oder dunnschichtchromatographisch43) untersucht, wobei stets die Ausgangs- losung und entsprechende Vergleichssubstanzen mit aufgetragen wurden. Trotzdem be- reitete die Auswertung der Chromatogramme gewisse Schwierigkeiten. So traten z. B. haufig dicke, bis zum Startpunkt zuruckreichende Schwanze auf, die auf die relativ hohe Konzentration der Ausgangsverbindung gegenuber den oft nur in kleiner Menge gebildeten Reaktionsprodukten oder auch auf anodisch in Losung gegangene Schwermetallionen zu- riickzufiihren sind. Daneben war verschiedentlich auch eine Verlnderung der RF-Werte gegeniiber den reinen Losungen der Vergleichssubstanzen zu beobachten, die offenbar so- wohl durch Fremdionen als auch durch die Anwesenheit anderer Phosphorsauren verur- sacht wird. Beispielsweise kann die P(V)-Saure die P(V) -0-P(V)-Saure mitreiDen und so deren R,-Wert vergroDern, ebenso nie die P(V)-0-P(V)-Saure ihrerseits die P(1V)- P(1V)-Saure mittransportiert. Ferner war zu beachten, daD beim Entwickeln der Chromato- gramme auch verschiedene nicht phosphorhaltige Stoffe die Malybdlnblau-Reaktion geben (s. S. 115). Unter Beriicksichtigung dieser Fehlermoglichkeiten gelang jedoch in allen Fiillen eine einwandfreie Auswertung der Chromatogramme, insbesondere bei der Dunnschicht- Methode.

Nicder sch lage : Die verschiedentlich im Anolyten ausgeschiedenen schwerloslichen Niederschlage und die auf den Anoden gebildeten Belage wurden gesammelt, gewaschen, unter moglichst milden Bedingungen gelost und chromatographisch mtersucht. I n einigen Fallen verblieben Loseruckstande, vermutlich aus hoherkondensierten Phosphaten, von deren naherer Untersuchung abgesehen wurde, da die Mengen zu gering waren.

Die mehrfach a.uf den Kathoden abgeschiedenen Bela,ge wurden abgeschabt, ausge- waschen und getrocknet. Ein Teil des Niederschlages wurde mit verdunnter Salzsaure auf Phosphin gepriift ; auBerdem wurde die salzsaure Losung chroniatographiert. Ein weiterer Teil wurde rontgenographisch untersucht.

Gase: Die kathodisch gebildeten Gase wurden bei den ersten Versuchen mit Silberni- trat- oder Quecksilber(II)-chlorid-Losung44) auf ihren Gehalt an Phosphin gepriift. Bei spateren Versuchen gelangten Ga~pri i f rohrchen~~) zur Anwendung. Sie waren entweder direkt an die Elektrolyse-Apparatur angeschlossen, oder es wurde etwa 1 Liter des Katho- dengases zunachst uber einer Sperrflussigkeit aufgefangen und dann durch das Rohrchen hin- durchgesaugt.

Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der cheniischen Industrie fur die Unterstutzung dieser Arbeit.

41) M. BAUDLER, Z. anorg. allg. Chem. 279, 125 (1955). 42) M. BAUDLER u. F. STUHLMANN, Z. analyt. Chem. 196, 186 (1963). 43) M. BAUDLER u. &I. MENGEL, Z. analgt. Chem. 206, 8 (1 964). 44) W. FRESENIUS u. G. JANDER, Handbuch der analytischen Chcniie I1 (qual.) Berlin

45) Firma Dragerwerk, Liibeck. 1956; Bd. IVb/Va,b, S. 200 (P).

K oln, Institut fur Anorganische Chemie der Universitat. Bei der Redaktion eingegangen am 28. Mai 1965.