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29 1 lialtenen Niederschlages, durch die krystallinische Structur und das Verhalten des Chlorids beim Erwarmen (Pelop- clilorid schmilzt vor der Verfluchtigung und wird als un- krystallinisch angegeben). Von der Unterniobsaure (d. i. der fruheren Niobsaure) wiederum unterscheidet sich die Saure aus dem Euxenit durch die Loslichkeit des Natronsalzes im Ueberschuls des Natronfiydrates, durch ihr Lothrohr ver- halteu (die Unterniobsaure giebt im Reductionsfeuer mit Phosphorsalz keine rauchfarbene, sondern eine blaue oder blaugraue Perle), durch die Farbe der mit Gallapfelinfusion und Kaliumeisencyaniir erhaltenen Niederschlage, durch die Farbe des Chlorids (das Niobchlorid ist weifs) u. s. w. - - IX. Beitrage zur Kenntngs rter Constitution tier Zuckersaure und der Weinsci'ure; von W-. Heintz. (SdlI& von S. 189. ) .. . v-on der A~sicht ausgehend, dals, wenn ich bei der Dar- " stellung des Bleisalzes die Bildung freier Essigsaure ganz zu verhindern im Stande ware, das niederfallende Salz auch die normale Menge Bleioxyd aufnehmen musse, wiederholte ich den Versuch noch einmal im Ganzen vollkommen in der friiheren Weise, wendete aber von vorn herein basisch essigsaures Bleioxyd anstatt des neutralen an, und zwar SO viel, dals, wenn dabei die Zuckersaure sechs Atome Blei- oxyd aufnahm, doch noch so viel Bleioxyd in der Fliissig- keit vorhanden bleiben mufste, dafs neben neutralem essig- sauren Bleioxyd noch viel des basischen Salzes zugegen war. Auf 2 Grm. des sauren zuckersamen Ammoniaks, die ich mit kohlensaurem Natron bis fast zur Neutralitst versetzt hatte, wendete ich 50 Grm. eines Bleiessigs an, 19"

Beiträge zur Kenntniss der Constitution der Zuckersäure und der Weinsäure

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lialtenen Niederschlages, durch die krystallinische Structur und das Verhalten des Chlorids beim Erwarmen (Pelop- clilorid schmilzt vor der Verfluchtigung und wird als un- krystallinisch angegeben). Von der Unterniobsaure (d. i. der fruheren Niobsaure) wiederum unterscheidet sich die Saure aus dem Euxenit durch die Loslichkeit des Natronsalzes im Ueberschuls des Natronfiydrates, durch ihr Lothrohr ver- halteu (die Unterniobsaure giebt im Reductionsfeuer mit Phosphorsalz keine rauchfarbene, sondern eine blaue oder blaugraue Perle), durch die Farbe der mit Gallapfelinfusion und Kaliumeisencyaniir erhaltenen Niederschlage, durch die Farbe des Chlorids (das Niobchlorid ist weifs) u. s. w.

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IX. Beitrage zur Kenntngs rter Constitution tier Zuckersaure und der Weinsci'ure;

von W-. He in t z . (SdlI& von S . 189. )

. . .

v - o n der A~sicht ausgehend, dals, wenn ich bei der Dar- " stellung des Bleisalzes die Bildung freier Essigsaure ganz zu verhindern im Stande ware, das niederfallende Salz auch die normale Menge Bleioxyd aufnehmen musse, wiederholte ich den Versuch noch einmal im Ganzen vollkommen in der friiheren Weise, wendete aber von vorn herein basisch essigsaures Bleioxyd anstatt des neutralen an, und zwar SO

viel, dals, wenn dabei die Zuckersaure sechs Atome Blei- oxyd aufnahm, doch noch so viel Bleioxyd in der Fliissig- keit vorhanden bleiben mufste, dafs neben neutralem essig- sauren Bleioxyd noch viel des basischen Salzes zugegen war. Auf 2 Grm. des sauren zuckersamen Ammoniaks, die ich mit kohlensaurem Natron bis fast zur Neutralitst versetzt hatte, wendete ich 50 Grm. eines Bleiessigs an,

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wovou 3,858 Grin. 1,170 Grin. Bleioxyd enthiellen. Erstc- res Salz wurde langsani uiid allmahlich in sehr verdunnter kocheiider Liisung iu die kocheude klare Lasung des Blei- salzes einfiltrirt. Tier hierbei entstehende Niederschlag war eben so weifs, aber bedeutend feiner als die fruhern und setzte sich nicht iu dein Maafse schnell und dicht zu Boden, weshalb das Auswaschen durch Decanthiren langer fortge- setzt werden mutte, um dadurcli schon miiglichst alles liis- liche Bleisalz zu entfernen. Die Mischung kochte ich nur ejiie Stunde, weil ich meinte, dafs in diesem Falle sich das reine Salz sofort bilden miifste, uiid durch zu langes Ko- cheu nur zur Bildung von kohlensaurem Bleioryd inchr Gelegenheit gegeben wiirde, wodurch das SRlz in diesem Falle naturlich leichter verunreiiiigt werden konnte, als bci Anwendung von neutraleni essigsauren Bleioxyd. In der That enthielt die gewonnene Substanz Kolilensaure, aber uur so wenig, d a L sich auf Zusalz von kocheiider Essig- l u r e oder verdlinnter Salpetersaure zu eiiier kochciid hei- fseii Mischung derselben mit Wasser eben nur einige we- nige kleine Kohlensaiireblaschen entwickelten, selbst wenu die zu dein Versuch verwendete Meuge Substanz 1 Grm. betrug. Hatte dieser Gehalt des Salzes a n l<olilensaure einen Einflufs auf die Analyse, so inafste er sich dadurcli zeigcn, d a t die Menge des gefundenen Bleioxyds zu grofs, die des Kohlenstoffs zu gering aiisfiel. In der That haben die Analysen dieser Substanz ein wenig Kohlcnstoff zu we- nig und ein Minimuin Bleioxyd zu vie1 ergeben, wenigstens bei dem Versuch, wobei das Bleioxyd nicht in einem of- fenen Porcellanschiffchen , wie bei den Elementaran n lw vsen, sondern in einem bedeckten Tiegel bestiinmt wurde. [m ersteren Falle ist man offenbar nicht vor jedem Verluste bei der Verhrennung geschtitzt, und bleibeu die dahei ge- fundenen Zahlen deshalb meist etwas unter der Wahrheit.

Die Resuliate der Analysen sind folgende: I. 1,1144 Grm. lieferten 0,3465 Grm. Kohlensaure,

0,0543 Grm. Wasser und im Schiffchcn blieben 0,8611 Grm. Bleioxyd uiid 0,0397 Gnn. Blei, entsprechend 0,0945 Grm.

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oder S,48 Proc. Kohleustoff, O,OO6t)3 Grm. oder O754 Proc. Vl'assersloff und 0,9039 Gnu. oder 6 1, I I Proc. Bleioxyd.

11. Aus 1,0461 Grin der Substanz erhielt icli 0,3260 Grm. Kohlenslure und 0,0504 Grin. Wasser, wiihrend iin Schiffchen 0,5481 Grin. Bleioxyd uod 0,2783 Grm. Ulei zii- riickhlieben. Hiernach besteht das Salz aus 0,08891 Grni. oder S,50 Proc. Kohlenstoff, 0,0056 Grm. oder 0,54 Proc Wasserstof€ und 0,8479 Grm. oder 81,03 Proc. Bleioxyd.

111. 1,0601 Grin. derselben hinterliefsen 0,61 I4 Grin. Uleioryd and 0;2320 Grin. Blei, eutsprechend 0,8613 Grin. oder YI,23 Proc. Bleioxyd.

1. I ! . 111. bcrecllllrt

Kohlenstoff 8,48 8,50 - 8,73 - 12 c Wasserstoff 0,54 0,54 - 0,19 4 w Sauerstoff 9 3 7 9,91 - 9,69 I 0 0 Bleioxyd 81,11 81,05 81,25 81,09 GPbO

100 LOO 100 UIU endlich jede TJnsicherheit zu beseitigen und naclr

Miiglichbeit die Bildung des kohlensauren Bleioxyds zu ver- meiden, wendete ich bei eineui iieuen Versuch einen nicht so bedeutenden Ueberschufs des bhsischen essigsauren Blei- ospds an, n%mlich auf zwei Grainmen des sauren zuckcr- saiiren Amrnoniaks nur 30 Grin. des zu dem fruhereri Ver- such verwendeten Bleiessigs. Auch liefs ich das Kochen niir eine halbe Stunde andauern, erhielt aber die Mischung in so heftigem Wallen, dafs das Eintreten von Kohlensaure ails der Luft zwischen dem Rande der Schale und dem Dectglase hindurch nicht rniiglich war.

Im Uebrigeu wurde das Salz wie das vorige dargestellt. Es mar ebeufalls vollkommen weifs und enthielt in der That keine Spur Kohlensaure.

_ _ _ ~

Bei der Analyse erhielt ich folgende Zahlen: I. 1,0138 Grm. lieferten 0,3342 Grm. Kohlensaure,

O,t)30'2 Grm. Wasser und iin Schiffchen blieben 0,4649 Grm. Eleioxyd und 0,3527 Gnu. Blei, cntsprechend 0,091 15 Grm. oder S,73 Proc. Kohlenstoff, 0,00958 Grm. oder 0,53 Proc. \\-asserst off und 0,844S Grin. oder 80,94 Proc. Bleioxyd.

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11. Aus 1,1307 Grm. erhielt ich 0,3623 Grm. Kohlen- saure, 0,0548 Grm. Wasser und 0,3009 Grm. Bleioxyd und 0,5707 Grm.Blei. Das Salz besteht also aus 0,09881 Grin. oder 8,74 Proc. Kohlenstoff, 0,00609 Grm. oder 0,54 Proc. Wasserstoff und 0,9157 Grm. oder 80,99 Proc. Bleioxyd.

0,9465 Gm. hinterliefsen im Tiegel gegliiht 0,7270 Grm. Bleioxyd und 0,0370 Grm. Blei, entsprechend 0,7669 Gnn. oder 81,02 Proc. Bleioxyd.

111.

1. 11. I l l . bereelmet Kohlenstoff 8,73 8,74 - 8,73 12 C

Sailerstoff 9,SO 9,73 - 9,69 1 0 0 Bleioxyd 80,94 80,9Y 81,02 81,09 6 P b O

100 LOO 100 Aus diesen Versuchen folgt, dafs das nach Liebig’s

Methode dargestellte Bleisalz in der That nicht constant zusammeagesetzt ist, sondern durch anbaltendes Kochen init dern essigsauren Bleioxyd an Bleioxyd reicher, an Kohlee- stoff armer wird, dafs man aber iiur dann ein Salz von constanter Zusammensetzung zu erhalten im Stande ist, wenn inan bei der Bildung desselhen das Freiwerden von Essigslure glnzlich vermeidet. Dieses constant zusammcn- gesetzte Bleisalz ha t die enipirische Forinel C’ * H * Pb6 0’ 6.

Die Resultate dieser Untersuchungen fuhren delnnach zu der Ansicht, die Zuckerslure seg eine sechsbasische Saure! Denn die Annabme, ihr Atom sey zu halbiren, tmd ihre Formel daher C6SS 08, die des Bleisalzes 0 6 H 2 P b 3 0 8 zu schreiben, mufs verworfen werden, einmal wegen der Existenz des sauren Kali- und Ammoniaksalzes, welche auf 12 At. Kohlenstoff nur 1 At. Basis eolhalten, theils weil in diesein Falle der Wasserstoff in ungerader Atomanzahl in dem Ssurehydrat enthalten wgre.

Indem ich es wage die Behauptung der Sechsbasicitat der Zuckersaure aufzustellen, mufs ich mich noch entschie- dener vor dem Einwurf sichern, dafs die organische Sub- stanz des sechsbasischen Bleisalzes mbglicher Weise neben Zuckersiiure, wenn nicht Kohleosaure und Essigsaure, deren

Wasserstoff 0,53 (454 - 0,49 4 H

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Abweseuheit durch Versuche erwieseii ist, so doch Zer- setzungsproducte eines 'l'heils der Zuckersiiure enthalten kiiante. Zwnr liabe icli weiter oben nackgewiesen, dafs dieses Bleisalz eben so vie1 Kohlenstoff enthalt, als in dem zu seiner Darstellung verwendeten sauren zuckersauren Am- niouink enthalten war. Alleiri es kiiiinten bei der Bildung desseiben die Elemente des Wassers ausgetrieben uiid so aus einein Theil der Zuckersaure eiue neue S u r e gebildet worden seyn, welche eine grofsere Menge Bleioxyd zu sat- tigen in1 Stande w#re.

Uiri diesen Einwurf ganzlich zu entkrafteri, niufstt? ich versuchen, die Menge des aus dem Bleisalz wieder zu ge- winnenden Quantum Zuckersaure zu bestiiniiien.

Zuerst hoffte ich dns Salz bei Gegenwart eines Aequi- valeuts kohlensaureii Knlis durch Scliwefelwasserstoff zer- setzen und die Zuckersaure in Fom des sauren Kalisalzes wagen zu konneu. AIleiu da zu dem Ende die Slure inil etwas rnehr Kali, als zur BiIdung des sauren Kalisalzes er- forderlich, versetzt und die Flussigkeit zur Trockne ver- dainpft werden mufste, uni dann das uberschussige Kali durch Essigslure halteiiden Alkobol niisziehen zu konnen, und es sich ergnb, daCs reines saures zuckersaures Kali, mit etwas kolrlensaurern Kali durcbaus nicht bis zur Sattigung versetzt, bciiii Vcrdunsten im Wasserbade sich gelb farbte, so mufste diese Metfiode aufgegeben werdeu.

Uer Versuch gelang in folgender Weise: 1,8387 Grin. des Bleisalzes wurden mit Wasser, in dem genau 0,3075 Grin. geschuiolzeiien kohlensauren Kalis aufgelost wareu, augeschiittelt und durch die Rlischang Schwefeiwasserstoff- gas geleitet. Nach vollkominener Zersetzung des Bleisalzes wurde die nicht alkalisch reagirende Flussigkeit filtrirt und nach Zusatz von 0,7 Grm. essigsauren Baryts im Wasser- bade zur Trockne gebracht. Der vollstandig farblose Ruck- stand wurde in Wasser vertheilt, um den uberschiissig zu- gesetzten essigsauren Baryt aufzuliisen , und die Mischung dniin iriit den1 dreifachen Volum starkeu Alkohols versetzt. Der erhaltene Niederschlag wurde auf einem gewogenen

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Filtruni gesaurmelt, init einem Gemiscb vou drei Volumen Alkohol und einem Volunien Wasser gewaschen, bei l l O o C. getrocknet und gewogen. So erhielt ich 0,767 1 Grm. zucker- sauren Baryt, entsprechend 4 1,72 Proc. des angewendeten Bleisalzes. Nimmt man an, die Ziisammensetzung des gewo- genen Barytsalzes werde durch die Formel C' #" Ba2 0' ausgedriickt, so hatten 100 Tlieile des Bleisalzes 41,82 Th. davon liefern miissen.

Um mich zu iiberzeugen, dafs das Barytsalz wirklich gemafs jener Formel zusainmengesetzt war, habe ich es ana- lysirt. Ich lasse die Resultate der Analyse folgen.

0,3978 Grm. dieses bei 1 loo C. getrockneteri Salzes lie- ferten 0,2383 Gm. Kohlenslure, 0,0848 Grm. Wasser und im Schiffchen blieben neben 0,0030 Gnn. Kohle 0,2264 ( i n n . kohlensaure Baryterde. Es bestebt daher aus 0,08179 Grin. oder 20,56 Proc. Kohlenstoff, 0,00942 Grm. oder 2,37 Proc. Wasserstoff und 0,1758 Grm. oder 44,20 Proc. Baryterde.

gefuoden berechnet Kohlenstoff 20,56 20,87 12 C: Wasserstoff 2,37 2,32 8 H Sauerstoff 32,97 32,46 14 0 Baryterde 4420 44,STi 2 B a O

100. 100. Die unerwartete fast zu grofse Genauigkeit der Ueber-

einstimmung der gefundeueii mit der berechneten Menge des zuckersauren Baryts machte mich mifstrauisch, ob nicht bei diesem Versucbe ein Zufall im Spiele sey. Ich wieder- holte ihn daher noch einmal mit einer ueu dargestellteli Probe des Bleisalzes, welcbe bei der Analyse die folgendeii Resultate gegeben hatte.

-___ -

gefuoden bereehort

Kohlenstoff 8,73 8,73 12C Waseerstoff O,54 4.19 4 €I Sauerstoff 9,81 9,6Y 100 Bleioxyd 80,92 81,09 6 P b 0

100. 100. --

1,0629 Grm. dieses SaIzes wurden genau wie bei dew

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vorigen Verauch init Wasser, in welclieiii 0,1777 Grin. kohleii- sauren Knlis geliist waren, aufs Feinste verriebeii und dar- auf Schwefelwasserstoff bis zur vollst9iidigcn Zersetzung des Salzes durch die Mischuog geleitet. Die von clcin Pc’ie- derschlage abfiltrirte, nur schwach sauer reagirende Flussig- keit daiiipfte ich darauf iin Wasserbade, iiachdcin ihr 0,4 Grin. essigsaure Baryterde zugesetzt worden waren, bis beinahe zur Trockiic ab, worauf ich die Fliissigkeit mit dein drei- fachen Voluin absoluten Alkohols versetzte und eiiie Nacht stehen liefs. Der Niederschlag wurde auf eineui vorher sorg- faliig ausgewaschenen uiid getrockneten Filtriiin gesainiiielt, iiiit einem Geinisch voii eiuein Theile Wasser uiid drei Theilen starken Alliohols gewaschen, getrocknet w d ge- wogen. Auf diese Weise wurden 0,1302 Grin. d. h. 4236 Proc. zuckersauren Baryts erhalten.

Dieser zweitc Versuch lehrt in der That, d a t die gc- iiaue Uebereinstiininung des Resultats des ersteii init der Theorie eiii Zufall war. Aber auch dieser Versuch is1 durchaus als eiiie Bestatigung dessen zu betrachten, was ich schon aus dein ersteii schlofs, dafs iiiiriilich die o r p i - sche Substanz in dein sechsatoinigeii Bleisalz nur aus Zucker- s6ure besteht, d a b es eiii reines zuckersaures Salz ist. Uiefs leuchtet uin so klarer ein, wenn innn bedenkt, dafi, meiin diefs nicht ware, man zwar wciiiger zucliersaure Baryterde ills die Rechnung verlaiigt , aber entscbieden nicht mehr hatte erhalten kiinnen. Der kleine Ueberschufs voii O,5 Proc. an gewonnenern Barytsalz ist daher einzig und nllein durcli die guwiihnlichen Fehlerquelleii bedingt.

Urn nun wo miiglicb iiocli eiue zweite sechsbasische Verbindung der Zuckersaure zu erzeugeii , wahltc ich das Oarytsalz, weil L i e b i g angiebt, dafs er durch Fallung von Chlorbaryum mit neutralem zuckersaureii Kali ein Barytsalz erhalten habe, welches inehr Baryt enthielt, als dein neu- traleu Salze entsprechen wurde. Der Versuch geschah ganz auf dieselbe Weise, wie bei Darstellung des Bleisalzes, einzig init deiu Unterscliiede, dafs a n Stelle des basiscli essigsauren Bleioxyds eiii Gelnisch von Chlorbaryuin init

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vieleni Aiiiinoiiiak niigewendet wurde. L)as Koclieii der Mischung ward so lange fortgesetzt , bis kein Geruch nach hmmoriiak iiiehr bemerkbar war. Das dadurch abgeschie- dene Salz wurde iniiglichst schnell durch Decanthiren ge- waschen. Bei der Aiialyse zeigte sich aber, dafs es aus neutralem zuckersaureii Baryt bestand.

0,381 Grin. desselben hinterliefsen nlmlich beim Gliiheu 0,8166 Grni. kolileiisnuren Baryt, eutsprecheud 0,16823 Grin. oder 4416 Proc. Baryterde. Die Forinel C' #* Ba* 0' uerlangt U,35 Proc. Baryt.

Rei diesem Versiich konute sich ziierst ein basischeres Salz gebildet haben, das aber den vorliandeiien Salmiak in der Kochhitze zersetzt hatte, bis das neutrale Salz gebildet war. Dcshalb wiederholte ich deli Versuch noch mehrmals mit Bar~thydratliisung an Stelle des Geinisches von Chlor- baryum und Aininoniak. Es zeigte sich, dafs zivar wahr- scheinlich eiii basischeres Salz gebildet wurde, das aber durch Auswasclien init Wasser sic11 alliniiblich liiste, zwar auch weirs, aber voluiniuiiser war, als das neutrale, daher nicht decanthirt und iiieiiials rein von kohleiisaurein Bnryt erhalten merdeii konnte, WOVOII es stets sogar sehr bedew teiide Mengeii entbielt. Dafs es eiu eigeiithiiinliches basi- sches Salz war, dafiir syricht der Umstaiid, dafs es beim Waschen aufserordentlich an Voluin abnahm, d ine dafs die alkalische Reaction dea Waschwassers sich irgeud geinindert liatte. Jn als iti einein Falle nach anhaltenden Waschen nur etwa noch der zebute Theil des Vol i i~~~ei i s des Nie- derschlages ruckstandig war, war die Reaction des Wasch- wassers noch imuer dieselbe stark alkalische, wie zu An- fang. Icb glaube liicrdurch die Existenz eines mehr als zweibasischen Barytsalzes der Zuckersaure zwar nicht er- wiesen, aber doch wahrscheilrlich gemacht zu habeu.

Ein aiiderer Versuch, eine sechsatomige Verbindung der Zuckersaure im reinen Zustande zu eneugen, hat zwar bis- jetzt das gewiinschte Resultat ebenfalls noch nicht ergeben. Illdessen habe icli die Hoffnung des Gelingens noch nicht

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aofgegeben, behalte rnir daher vor, sollte diei's dcr Fall seyn, spater dariiber zu berichteu. Hier will ich nur deli Versuch beschreiben, so weit er bis jelzt ausgefiihrt ist.

Briugt inan eiii Aecpivalent des wohl getrocknetea sechs- basischeii Bleisalzes mit mehr als sechs Aequivalenten Iod- athyl, das in wasserfreieni Aether geliist ist, in einein ZP- geschinolzenen Glasrohr zusamnien, so farbt sich das weifse Salz nach liiugerer Zeit gelblich, doch iiur so schwacli, dars uur eine sehr geringe Menge Iodblei gebildct seyu k a n t ~ . Bringt niau das Bohr in ein Wasserbad, und erhitzt es an- haltend bis 100" C., so wird der Niederschlag inteusiver gelb, so daG es scheiut, als ware er ganz in Iodblei unigc- setzt. Ich liefs das Rohr drei Tage in einein bei Tage fortmhhrend erhitzten Wasserbad liegen. Darauf iiffiiete ich es, filtrirte den Aether von den Niederschlage ab, wusch dieacn init Aether aus uud verdunstete die Filtrate i m Vacuum uher Schwefelsaure. Es blieb jedoch nor eiu geringcr brlua- iicher Kiickstand. In der That war auch uur eine $cringe 3lenge des Bleisalzes zersetzt worden. Denn als der Nie- derscblag eiuige Male init Wasser ausgekocht wordeu war, war es fast weifs gewordeu, wiihrend sich nus dein erkal- tenden Filtrat allerdings Iodblei in einiger RiIenge ausschied.

Trotz seiiier geringen Menge habe ich jenen Riickstand, der zudein gewifs uoch niclit rein war, was schon nus seincr Farbe zu ersehen ist , der Eleinentaranalyse uiiterworfen, wobei ich folgende Resultate erhielt.

O,OSi6 Grin. der im Vacuum iiber Schwefelsiiure voll- !-.ominen getrockneten Substanz lieferten 0,1570 Grin. Koh- lensaure und 0,0605 Grm. Wasser , entspreeheud 0,04827 Gnn. oder %,I0 Proe. Kohlenstoff rind QOOG72 Grni. oder 7 . G Proc. Wasserstoff.

Woll te inan fur einen Korper von solcher Zusamnteu- :etzung eine Forinel aufstellen, so wurde sie C3 ? #* 6 0 ' 6

s e p kiinnen. Die des sechsatoinigen Aethers miifste C3 W s * 0' seyn. Man sieht, dafs der Kohlegehalt der 5ubstaaz irn Verhaltnifs zu ihrein Sauerstoffgehalt wenigsteus

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weit grafser ist als iii dcin neutriilcii Aelher dcr Ziicker- s8ure, den icli friiher l ) beschricben habe. Wahrscheinlicli war i n der analysirten Substanz etwas des sechsatouiigeii Aethers nebcn Zersetzuugsproducten desselbeu euthalteii. %Vie sehon crwahiit will ich spater versuchen durch pas- sende Abanderung des Experiments diese Ausicht zur Ge- wifsheit zu erhebeo.

Zwar bin ich weit entferiit, zu glaiibeii, dafs durch die vorstelie~idcn Versuche die Coiistitutiou der Zuckersiiurc vollstandig klnr werde. Uocli werfen sic eiitschieden ciil iieiies Licht auf dieselbe und n;liiientlich lehreu sie, dnfs die Idee L icb ig ' s , die Zuckersaure sey cine iiiit eiueiii Kohleliydra t gepaarte Weinslure oder OxalsZure, eiii Glu- c o d , uiilialtbar ist.

Abgescheii von den schoii weiter oben angefiilirten Gruri- deli spricht gegen diese Ansicht auch die Zusainiiieiisetzung tles sechsatoiiiigen Bleisalzcs. Man kann uumiiglich aiineh- li~eii, dals cine zwiilf Atoine Kohleustoff entlialteiide Sub- stnnz, die von ihreii zehn Atorneu Wasserstoff seclis gegen &letall austauschen kiiuii, Zucker als Panrling entlialteo k 611 II e.

L i e b i g ') scheiut die Weinslure und souiit wolil auch die Zuckersaure analog den von B e r t h e l o t ') entdeckteii saurcu Verbiiidungen eiuiger Sauren mit Zuckerarten be- trachten zu wollen. iudeln aber diese entstehen, wird Was- ser ausgeschieden und ihre Basicitgt ist geriuger, als die der Sgine, woraus sie eutstanden siud. Nieiriaud wird aunehmen iiiiigeti, dafs am der Zuckersiiure eine mehr a h sechsbasi- sche Saure linter Abschcidung von Zucker entstelieu kaune. Jene Aiialogie ist also nicht vorhandeu.

Forscht wan nun deli Griindeu uach, welche L i e b i g besliiiilnt haben, die Zuckersaure als eiiie mit einem Kohle- hydrat gepaarte S u r e anzuseheu, so sind sic samoitlich laugst

1 ) Diesr Ann. Bd. 105, S. 211. 2 ) Ann. d. Chew. 11. PLrm. Bd. 113, S . 12". 3 ) Ann. lie Chim. e t de PhyJ. 3. Ser., T. 54, p. 74.

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behnnnten Thatsachen entiioniiiie~~. Obglcicli die Zuckw- sZiire sowohl, \vie die Weiiisaure uiiter der Einwirkung volt crliitztein Kalihydrat i n OxalsZure uiid Essigsiiure zer- Qllt, so bcweist doch der Uinstand, dai's bcide S&uren in n~iirnoniak~lisclier Liisiing Silber aus Silhersalzen als Me- tallspicgel auf Glastl~chen ausscheiden, dal's diese Siitireu iiicht als einfach init Oxalsiiure oder uiit WeinsBure ver- cinigte EssigsBurc betrachtet werden liann. Dieser von Li c- hi 6 aufgestelltcii Behauptung stimine ich vollkoininen bei. Andcrs verhiift es sich abcr iiiit dein zmeilen Tlieil der L i e - big 'schen Ansicht. Weil Oxalsiiure leicht aus beidcn Sau- reii cntstehen k a n u , bei Abzug der Forrnel dieser Siiure v o ~ i dcncn der Weinsiiure und ZuckersZurc als Rest aber C:+ I i ) 0 4 und C8 € I y O 8 bltibt, uiid die Oxalsiiure iiicht die Fiihiglieit besitzt Silbersnlzc als bletallspiegel zu fiillen, mohl aber die Weinsiiure rind Zuckersaare uiid eben so der Trnubcnzucker, darum sieht L i e b i g dieee Sauren als wit Oxaisiiure oder WeirisBure gepaartc Kohlehydrate an. Man sieht leicht ein, daL dieser Schlrifs sehr gewngt ist, dn nut'scr Trnubenzucker eiiie blenge anderer Kiirper, natnentlich die Aldehyde die Eigcnschaft mit dcr Zucherslure, WeiiisSurc wid clein Trnubenzucker thcileii, Silbersalze in aiiimouiaka- lisclier Li5suug so zii zersctzeri , daCs Fich ein RIetallspiegel ausscbeidet. Ich glaube, d a k 111911 iiiit besserein Rechte nldehydartige Ecstai~dtheilc i n dcr Zuckerszurc uiid Weiu- sa ure a ii n i inni t.

Die neiiere Richtuiig der organischen Chemic begniigt sicli iiicht iiiehr, i n deli orgauischen Vcrbiiitlungen zusamuienge- setzte Radicale nachzuweisen, soodcrn sie ist bestrebt, darzu- t h a n , dafs die zusainniengesetzten Radicale selbst nach gewis- sen eigenthiiinIichen Grsetzen nus andern einfachern Radica- len coinbinirt seyn k8iineo. Es ist gelungen, Verbindungen iiiancher complicirter ziisniiimengesetzteii Radicale aus Ver- bindungen einfacher znsammengesefzter zii erzeugen. Ich erintierc nur an die E r z e u p i g von Propionsaure uiid Essig. sSure aus Kohlensaure uiid Aethjl- iind Melhylnatrium, wel- die W a 11 k ly II gcluiigea ist. Die von niir entdeckten

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Oxacets~iorun lieferii ebenfalls Belege fiir die Substitu~ion von Eleinenten innerhalb eines Kadicals durch Radicale.

Am einfachsten werden diese Substitutionen erklarlich? wenn nian sich der Vorstellungsweise anschliefst , welche J. W i s I i c e n us in seinem Aufsatze 5) Theorie der gemisch- ten Tgpen dargelegt hat. Folgt man dieser Ansiclit, so kanu man in dcr Oxalsaure das Radical der Kohlenslure (C' Oz) annehmen, in welche nicht blofs bei der Verbren- nung, sondern auch bei vielen Oxydationen auf nassem Wege die Gesammtinenge ihres Kohlenstoffgehaltes iiber- geht. Diefs muh dariu aber wenigstens zum Theil i n Forin des Wasserstofftypus enthalten seyn, weil eben erst durch Orydation die Kohlensaure daraus gebildet wird. Deshalb glaube ich fur die Oxalsaure die rationelle Fonnel

annehmen zu diirfen. Sie ist darriach cine dem Wasserty- pus angeh6rende Verbindung, in der ein Atom Wasser- stoff durch ein eioatomiges Radical vertreten ist, das an!: dein zweiatomigeii Carbonyl besteht, verbunden mit einem unvollkommenen Moleciil, das aus dein in den einfachen Wassertypus getretenen Carbon71 gebifdet ist. Der ty- pische Wasserstoff sowohl des Haupttgpus, wie des un- vollkomlnenen Moleciils kann durch Metal1 vertreten wer- den; daher die Zweibasicitlt der Ozals&ire. Das Radical selbst ist ein unvollkomluenes Aceton der Koblenssure, der Wirkungswerth des zweiatomigen Carbonyls ist durch seine Coinbination mit dem in den einfachen Wnssertypus ge- tretenen Carbonyls auf die Halfte reducirt , das combinirte Radical der Oxalsaure also zu einein einatomigen gewor- den, welches in den einfachen Wassertypus eintretend ein existenzfahiges, vollkolnmenes Moleciil erzeugt.

Das Radical der Oxaldure ist kein unvollkommeaer Aldehyd, sondern ein unvollkomme~~es Aceton. Eben so 1 ) Zeitschrift f. d. gesamrnten Naturwissenscliafien nd. 14, S. 96.

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weiiig wie dieses crzeugt die Oxalsiinre iu ~mmoiii~kaliscl~cr Sil berlfisung einen Silberspiegei.

Die Urnwandlung der Osalsaure durch Hitze erklart sich leicht, wenn inan das Radical der Aineisensaure ebcnfalls als ein unvollkominenes Moleciil, bestehend ails Carbonyl und

Wasserstoff cia' 1 betrachtet. Das aufserhalb des unvollkoin-

incncn Moleciils in der OsalsZure befindliclie Carbongl bil- dct init dem typischen Ssuerstoff Kohlensaure, wahrend das

0 '? den typisclien Wasser- iiiivollkornmene Moleciil

stolf an sich reifst wid so Ameisensaure €i

bildet. 1st die Zusamqiensetzung der Oaalsaure Jurcli obige

Formel auszudriicken, so gehart D e b us ' s Glyoxylsaure die

C'> 0' H I

c'o'' I-1 lo.

Die Weinsaure liefcrt durch oxydirende Mittel Oxal- sliire rind schliefslich ebeufalls KoIilei&iure, durch Schniel- zeii init Kalihydrat Oxalslure und Essigsaure. In ihr kann inan daher das Radical Carbonyl abar aiich das Radical dcr Osalslure praexistirend annehmen. Ich hnlte deshalb die folgende Forinel fur die rationelle der Weinsaure:

a Der erste Theil der Radicalforniel liefert bei dein Schmel- zeii der S u r e mit Kalibydrat Oxalssure, dcr zweite Essig-

durch welche Formel

ich das Radical der Essigsaure ausdriicke, iibergeht. Das Radical der Weinsaure ist danach ein aus zwei einatomi- gen Radicalen gepaartes. Ich braucbe hier das W o r t gc-

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paartes Radical in einem ~hnlichen Sinne wie G e r h a r d t '). Nainentlich seine 31 durch Addition gepaarteii Radicale ft ste- hen dem, was ich kurzweg gepaartes Kadical nenne, sehr nahe. Doch suche ich den Begriff noch scharfer zu fassen, als G e r h a r d t . Die gepaarten Radicale stehen den 1111-

vollkoinmenen Moleciilen diainetral gegentiber. Wihrend diese durch Vereiniguiig von zwei Radicalen (oder Elemen- ten) von verscbiedenem Wirkuiigswerth gebildet sind, die in irgend eiaen, so vielfachen Typus eintreten, als der Wirkungswerth des weniger werthigen Radicals betriigt, wodurch eine Combination zu Stande kommt, deren Wir- kungswerth gleich der Differens der M7irkangswerthe dcr beiden Radicale ist, entsteheii die gepaarten Radicale durcli einfacho Combination (Panrung) von RadicaIcii so zwar, dak der Wirkungswerth der Combination gleich ist der Sirmine der Wirkuagswerthe der einzeliien Radicale. Die beiden Radicale, nelche wan in der Weinsaure gepaart annel~inrn haiiii, sind das der Oxalsanre uiid ein Radical, welches dem der Glpcolsiirire sehr nahe steht und dern der Essigslure gleich zusaininengesetzt ist. Von letztere~n u11- terscheidet cs sich dadurch, daL es, wie das Radical der OxalsBure, noch eiu Atom Wasserstoff enthalt, das leicht durch Metal1 ersetzt werden kann. Tch werde meiier uuteii den Beweis liefern, dalb diefs wirklich der Eall ist. Von erstercin differirt es durch einen Mindergehalt von 2 Atomen Sauerstoff. Wlhrend namlich das Radical der Glycolsaure

durch C 7 #'Io2 1 ausgedriickt werden kann, also das in

den eiufachen Wassertypus eingetretene Radical des Me- thylglycols enthalt , findet sich d i e m Radical in dem zwei- ten Restandtheit des Weindureradicals als uiivollkommener

Aldehyd c23. Dieseu zweiten Theil des Weinsaure-

radicals inachte ich deshalb der Kiirze halber init den Na- men Glycolaldyl bezeichnen.

c7 0 7

R

I ) G e r h a r d t IArbuch der org. Chem. Rd. 4, S. 643".

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Bei dcr Osydatioii der Weinsaure bilden sich in der That Producte, die einer solchen Conibination entsprechen, nainentlich OxalsIure, hmeisensaure, Kohlensaure. Offen- bar wird das Glycolaldyl durch orydireiide Mittel zuerst angegriffen. Dabei geht es hiiclist ~rahrscheinlieh zuniichst in das Radical Glycolyl und daau diescs, wie das von S o k o l o f f und S t r e c k e r nachgewiesen ist, in Oxalyl iiber.

Die Bildung der~Ameiseusaure bci Oiydation dcr W-cin- s ~ u r c lafst sich wohl durch die illinahme erklliren, dafs bei dein allin~hlichen Uebergnng des Crlycolaldyls i n Oxnlyl ein Theil dcsselbcn init Zuzieliu~~g eines Theils des typi- sclien Sauer- und Wasserstoffs i n Kohlenslnrc und Amei- sens:iure iibergcht.

I)a die Oialsiiure aus aminoiiiakalisclier Silberliisung kei- ueii Silberspiegel ausscheidet, S O mufs diese der Weinsaure eigei~thiiinliche Reaction durch das zmeite darin enthaltene Radical, das Glycolaldyl bedingt seyn, voti dcm inan, weil es eiiien unvollkommenen Aldehyd enthalt , a priori ver- iiiuthen muk, dafs es diese Eigeuschaft besitzt. In der That reducirt schon die GlycolsSure ommoniakalische Silberlii- sling sehr leiclit , ja so leicht, dafs wcnn inau neutrale Lo- suiigeii eines glycolsauren und reinen Silbersalzes mischt, die &Iischnng auf Zusatz nur eines Tropfens Aininoniak so- fort gelb wird. Erhitzt inaii die Mischung ziim Kochcn, so wird sic schnell scliwarz und ein Spiegel von metalli- schem Silber setzt sich auf der Glaswand ab, der sich von dem durch Weinsaure erzeugten nur durch dunklere Farbe unterscheidet, die offenbar einzig und allein durch die gro- isere Schnelligkeit der Reduction des Silhers bedingt ist. Danach ist es nicht zu verwundern, dafs Verbindungen des Glycolaldyls diese Reduction bedingen. Das Glycolyl verhalt sich zum Glycolaldyl, wie das Oxalyl zum Glg- oxyl. Die Glyoxylsaure hildet n i t ammoniakalischer Sil- berliSsung einen Spiegel, die Osalsaure nicht. In der Es- sigsiiure, deren Radical, wie schon gesagt, dem Glycolal-

Poggeodorff’> hnnnl Bd CXI. 20

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dyl gleicli zrisaniinengesetzt ist, ist cntschiedeu das Radical Methyl enthalten, wie der schiine Versuch ron W a nk- l y n ’) beweist, dessen icli schon weiter oben Erwlhnung getban Iiabe. Ihr Radical ist ein unvollkommenes Aceton; sic scheidet daher auch ails ammoniakalischer Silberliisung kei- nen Silberspiegel ab.

Die Zuckersaure betraclite icli iiuu als eine Verbindung, in der ebenfalls die Radicale Oxalyl und Glycolaldyl lnit cinander gepaart sind, nur in einem aadern Verhaltnifs als in der Weinsaure. Wahrend diese von jedeni derselben eiu .4equivalent elithalt , sind in dein Saccharyl zwei Acqui- valente Glycolaldyl init einein Aequivalent Oxalyl gepanrt.

Die Zockersaure hat daher foigende rationelle Zusnm- incnsetzung :

c* 0 2 C”* \ (“c:&:r.L\ + c*u2 + C2ez H 1 €€ €4 I+.

€I R Fur diese Formel sprechcn die Eigenschaften dcr Zucker-

s k r e und ihre Verbindungen, die in jedcr Hinsicht denen der Vl-einsaure so aufserordentlich ahnlich sind. lhre Zer- setzungsweisen stehen, so weit sie bekannt sind, dainit eben- falls in Uebereinstimmung. Denn die Producte ihrer Ory- dation sind ebenfalls Oxalsaure und Kohlensaure und unter Urnstanden auch Essigsaure. Ob dabei auch Ameisensiiure entsteht , ist uoch nicht dargetliaii aber hbchst wahrschein- lich. Die Zuckersaure reducirt Silber in ammoniakalisclier Losung wie die Weinslure. Besonders spricht aber fur diese Formel die Zusammeusetzung des basischen Bleisalzes der Zuckersaure, von dem weiter oben die Rede war. Un- geachtet die Zuckersaure sechs durch Blei vertretbare Atome Wasserstoff enthslt, so ist ihr Radical doch nur ein drei- atoniigee und in diesem Sinne dtirfen wir die Zuckersaure eine dreiatomige Saure nennen. Der Umstand aber, d a b das Radical selbst mehrere unvollkommene Moleciile ent- halt, welche in Summa noch drei audere, darch Elemente

I ) Ann. d. C b c i t ~ . u. Phartri. Bd. 111, S. 234 *

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oder Radicale vertretbare Atome Wasserstoff enthalten, d l a r t es, d a b die Zuckersaure bui Bildung des Bleisalzes sechs Atoiiie Wasserstoff gegen sechs Atome Blei austau- schen kann.

Um diese Ansicht von der Constitution der Zucker- und Weinsaurc ferncr zu bestatigeu, habe ich eiuige Versuche angestellt, die in dem Folgenden bescbrieben rverdeii sollen.

Wenn die Zuckersaure, dem Versuche, wie obiger Formel gemsfs, sechs btome Wasserstoff gegen Blei aus- tauschen kann, so inufs die Weinsaure ihrer Formel ge- miifs vier Atoine Wasserstoff auswechseln kiinnen. Uiesc ails der Theorie gezogene Fo1geru:ig hat sich durcli den Versuch vollkommen bestltigt.

Zur Darstellung eincs vieratomigen weinsauren Bleioxyds mendete ich die Methode an, welche mir zur Darstellung des sechsatomigen zuckersauren Salzes gedient hatte. Zwei Grammen reiner Weinstiure wurden in heifsem Wasser ge- lost, mit Ammoniak nahezu neutralisirt und die kochende Liisung in eine kochende, klare Liisung iiberschussigen ba- sisch essigsauren Bleioxyds einfiltrirt. Es bildete sich ein schneeweifser, zieinlich schwer zu Boden sinkender Xieder- schlag, der + Stunde gekocht und zuerst durch Decanthiren, zuletzt auf dem Filtruin mit ausgekochtem Wasser voll- standig ausgewaschen wurde. Ungeachtet des beiin Decan- thiren nicht vermeidlichen bedeutenden Verlustes betrug das Gewicht des getrockneteu Niederschlags fast 6,5 Grin. FVSre dns Salz das zweiatomige Bleisalz geweseii, so hZt- ten hiichstens 4 7 3 Grm. erhalten werden &rfen; 2 Grm. Weinsaure kiinnen aber 747 Grm. des vieratomigen Salzes erzeugen.

Bei der Analyse des schneeweifsen Bleisalzes, das im aufseren Ansehen vollkommen dem ebenso gewonneuen zuckersanren Salze glich, und welcbes bei l l O o C. leicht uiid schnell getrocknet werden konnte, erbielt ich folgende ZahIen :

I. 0,8147 Grin. desselheii lieferten 0,5564 Grm. Blei-

Das Salt enthielt nur eine Spur Kohlensaure.

20 Q

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oayd urid 0,0868 Grin. Blei, entsprechend 0,6499 Grm. ode! 59,’ii Proc. Bleioxyd.

0,9830 Grin. lieferten 0,3082 Gim. Kohlenslure und 0,03S8 Grm. Wasser. Im Scliiffcben bliebeii 0,72i3 Grin. Bleioxyd und 0,0533 Grin. Blei. DieL entspriclit 0,08 10.5 oder 8,55 Proc. Kohlenstoff, 0,00131 oder 0 ,U Proc. Was- serstoff und 0,7847 Grin. oder i9,S3 Proc. Blei.

1,8337 Grin. gaben 0,3229 Grm. KohlensSure, 0,0356 Grni. VVasser und iin Schiffchen blieben 0,Sli2 Grm. Blei- oayd and 0,0067 Grm. Blei. Hierriach bestcht das Salz aus O,OSSO6 Grm. oder 8,58 Proc. Kohlenstoff, 0,00116 Grin. oder 0,40 Proc. Wasserstoff niid 0,8244 Grm. oder 59,i5 Proc. Bleioxyd.

Dies& wcinsaurc Bleioxyd hat also folgendc Zusanl- ineiisetzung:

11.

111.

1. 11. 111. berechnet

Kohlenstoff - 8,55 8,52 8,57 t3 C: Wasserstoff - 0,4d 0,40 0,36 2 H

Bleioxyd 79,77 79,83 79,75 79,64 4 P b O Saucrstoff - 11,18 11,33 11,13 8 0

-~~ 100 100 100

Seine einpirische Formel ist C R H* Pb4 0 * ?. Dafs es kein basisch cssigsaurcs Salz enth;ilt, gebt schon a m dem Umstaiide hcrvor, dafs in diesem Falle sein Wasserstoff- gehalt im Verhaltids zum Kohlenstoff bedeutend grater hatte scyn mussen. Wollte man annehmen, es bestlndc aus eiiiem Gemenge von neutralem weinsariren Bleioxyd mit basisch essigsaurem Bleioxyd, so wiirde dadurch zwar der hohe Gelialt des Salzes an Bleioxpd, aber nicht der ge- ringe an Wasserstoff erklarbar seyn. Zwar sol1 nach G c i g e r ’) und B o l l e ’) jedesnial bei Fallung von neu- tralem weinsaurein Kali mit essigsaurem Bleioxyd jenes ba- sische Salz mit niederfallen. Allein es entsteht freie Essig- saure. W i e kann aber basisch essigsaures Bleioxyd gleich- zeitig mit freier Essigslure in dieser Fliissigkeit eneugt

1) B u c h n e r , Repert 2) B r a n d e s , Arcliiv des Apotlrekervereins etc. 1837. Bd. 20, S. I.*

f. d. Pharm. Bd. 9 (1820) S. 176.”

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w e r ( h i ? Diel’s baiiu IJIW dann dcr Fall seyii, ivciiii clie- ses basisclie Salz eiue clieniische Vcrbiiiduiig iiiit dein wein- saiireii Gleiosyd eiii;;cht. XacIi den hiialysen ddr verscliie- tiknell Nictlerschlage siiid sic aber iiiclit voii coiistaiiter Zu- sniiiiiici~s~tziiiig. Auch hat iiiir G e i g e r die Gegenwart der Essigs2ure i n clein Niederschlagc cntscheideiitl naclige~vieseu. Er hat aber l id l’fn~icleu Substanz operirt. Die Aiiiiahine ist dalier wohl iiiclrt zu verwerfcii, seinein Kleisalz miigc in E’olge riiivollkoiiiineiieii Waschens noch essigsailres Ulei- o s ~ d beigciiiengt geweseii seyii. Icli glnubc dnher die Be- houptuiig aofstel!eii zii diirferi, clal;: eiiie Abscheidung voii basisch essigsaiirein Blcioxytl iiiiter tleii angefuhrteii h- bt~iiideii iiicht stattliiidet.

Eiithiilt ni i i i dicscts Blcisalz kciiie Essigsiiurc, . so fragt sich, o b die Wciiiszure darin noch urizcrsetzt ciitlialteit

ist. Leitet iiiaii durch Wasser, iu welchein cs arifgeschl~iiiiiit ist, Schmefelwnsserstoff, so reagirt die voii dciii gcbildetcri Scliwefelblei abfltrirtc Fliissigkcit stark saner. Sittigt inau sie zur Halfte mit kohlensaureiii Kali, so sclieidet sicli cin schne r liisliclies Salz ab , welchcs volllioiiiiiicii die Eigeu- scbaftcn des saureu weiiisaureii Kalis besilzt. Ich hebe die identitzt cfiescs Kiirpers mit dent gcwiihiilicheii snureu weiii- snureii Eiali auch diircli dic -4iialyse uach~ewieseii.

Die lufttrockne Siibstanz vcrlor durcli Troc1,neii bei 110” C. nur wenige Milligrainiiic aii Gemicht. 0,3057 Griii.

hiiiterliersen beiin Gluhen 0,1117 Griii. kohlensatireii ICalis, entsprechend 0,0761 Grin. oder 24,91 Proc. Ihli . Der Weinstein cnthalt 25,O l’roc. 1Cali.

Endfich hat der Versucli gelchrt, dafs die wiisserige Liisuug der aus dein vierbasischcn Bleisalz wiedcr e rhnl te~ lieu Tt’eiushre die I’olarisatioiisebeiie nach reclils dreht.

Die Resultate obiger hnalyseii siiid nicht aiiders el’- k l ~ r l i c l i , a1s clurclk die i\iriiahmc, dais die W c i n s ~ u r e vier durch 3Ictalle rertretbarc 4equivalente Wasscrstoff cnt- hslt uiid die aus dcr oben eutwiclieltcn Ansicht yon der ratiouelleii Zrisaiiiiiiensetzu~i~ der WeiiisEtire erschloeseiic Enisteuz eiiies vieratomigeii weiiisaureii Eleioryds hot sich

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durch den Versuch vollkolnmen bestatigt. Uieser Versucli ist daher eine wichtige Stiitze jener hnsicht.

Hat die Untersuchung des vierbasischen Bleisnlzes der Weinslure und dcs sechsbasischeu der Zuckerstiure ein neues Licht auf die Constitution dieser SBuren geworfen, so ist, wenn inan noch aiidere organische Siiuren in gteicher Weise in uberbasische Salze iiberzufuhren versuchen wird. ein Gleiches aucli fur diese zu erwarten. Eine Untersu- chung in dieser Richtuug ist in ineincin Laboratoriuin bereits begonnen.

Ein anderer Versuch griiirdete sicli auf folgcnde Be- trachtuug. Steht wirklich die .Zuckers:iure zur Weinslure it] solchem Verh~ltnifs, wie die oben aufgestellkn Forinelu andeuteu, so ist zu vermuthen, dafs zwar das letzte Product der Zersetzuug der Zuckerslure durcli Salpetersiiurc vor ihrer Aufliisung in unorganische Stoffe Oxalsaure ist, dafs aber die Weinslure als Zwischenproduct auftreten kiiune. Oaydirt sich nur das eine Atom Glycolaldyl, iind verschwin- det iiiit ihm H 0' aus der Verbindung, init cleiii nian cs iu der Zuckcrsaure verbundcn betrachten kanu, so kaiin Wein- saure eutslclreii. Mali sieht leicht ein, wie die Bildung der Weinsaure auf diesein Wege die aufgestellte Ausicht von der Constitutioii der Wein und Zuckerstiure bestatigen wiirde.

Urn bieruber zu eutscheideu, lijste ich 20 ( h i . saureu zuckersauren Ammoniaks in kochendeni Wasser uud setzte 40 Grm. Salpelersaurc voin spec. Gewicht 1,'L hinzu. Die Mischuug kochte ich in eincin Kolben gelinde so laiige, bia die Flussigkeit nur uoch ein geringes Voluiii besaL und syrupartig gewordeu war. Nun verduiiiite und siittigte ich sie iiiit kohleiisaurein Kali und setzte Essigstiure hinzu. Da- bei scliied sich eine reichliche Menge vou Krystalleu aus, welche alle Eigenschaften des sauren zuckersaureii Kalis besafseu. Yaures weinsaures Kali konnte darin iiicht ge- funden werden.

Im Falle nur eim geringe Meiige Wziiulure gebildet worden wsre, konnte die game Menge derselbeii i n der

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ik1ultcriaugc enthalt t:ii seyn, dereii ikleiigc zieriilich betleuteiid war, t l i i sicli dnriii ziemlicli vie1 Salpeter befaiid. Uin die& zu prufeii, neutralisirte ich tlie'sclhe iialiezti iiiit kohleiisaurem Satrou wid versetzte sie, wiilireurl sie i t i i Kochcii begriffen war, u i i t basisch essigsaurein Bleioxyd. Dcr erhaltene Nicder- scltliig, tier n u ~ i frei yon SalpetcrsGure war , wurtle gewa- sciien, clurch Scliwefel\vasserstoIE zersetzt , uiid die voui Scliwefelblei getrenute Fliissigkeit ziir Halfte init kohlen- saurein ICali gesattigt. Die auf ein geringes Voluln ge- 1)raclite Flussiglieit setzte tiuiihelbrauii gefsrbte kleiiie Kry- stalle ab, die voii der geriiigen RIulterlauge nacli Miiglich- beit getrennt und init Hiilfe vou Tliierkohle uiiihrystallisirt ~viirdeii. Beiiii laiigsaincn Erkelteii cler coiiceiitrirteii Lii sung setzten sicli laiigc untlclfiirmige iiebcii klciiieii kiiriiigen Kr_vstiille~i ab. Lelzterc wurdcn iiiiiglichst voii crstercii gesoiidert, uiid nocbiiials aus Wasser uinkrystallisirt. Nun schiedeii sie sicli vollkominen farblos a m , untl erschienc~i uuter deni Mikroskop durchaus wie auf dieselbe Wei se e r - zcugte ~ ~ e i n s t e i i i k l - ~ s t a l l e . Bei der Aoalyse der geringen bleiige des gewonneneii reinen Salzes zeigte sicli, dak es bei 100" C. niclit an Gemiclit verlor, niitt dais seiii Kali- gehal t dein des sauren weinsaiircii Kalis vollhoiiiinen ent- sprncli.

0,l t 7 4 Grin. desselbeii hinterliel'seu bciin Glillieii 0,0548 Gnii. kohleiisaurcn Kalis, entsprechend 0,03737 Grin. oder %,35 Proc. Kali. Das saure weiusaure Kali enthalt 25 Proc. Kali, das saure zuckcrsaure nu r 19 Proc.

Die Thatsache, dafs die Zuckersaure durcli anhalteiidc Einwirkung von Salpetcrslurc in WeinsUure iibergefiihrt werden kann, bestiitigt ebeiifalls die theoretische Aiisicht, welche ich iiber die Constitutioii dieser S luren weiter obeu aofgestellt habe. Sic kaiiii aber nicht zur BeetBtiguiig der Ansiclit von L i e b i g dienen, die Zuckersaure sey eiii G ~ u - cosid , weit nur eirie oxydireiide Siiure, die Salpetersiiure, nicht aber Schwefelsiiure die Utnwandli~ng derselbell in Weiiisiiure wid Oralsiiure \. eranlasscli kauii. Dagegen sclicint diest! Thatsactie die Behauptung voii L i e b i g ZLI bestitigen,

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dak die bei seiiieii Versuelieii ails blilcliziicker (lurch Sal- petersailre erzeugte Weinsiiure durch Oxydation der Zucker- saure entstandeii sey. Gewil's dnrf innii iiiclit zmeifelii, da durch L i e b i g niicIigewieseii ist, dafs durch Einwirkung der Salpctersaurc nuf Milchzucker auch etwas Ziickersaure entsteht, diifs diese glcichzeitig durch die Salpctersiurc iit Wciiisiiurc iibcrgcfuhrt wcrdeii knuu. Allein L i e b i g sclbst ist es iiicht gclungen, bei Eincvirkung von Salpetersiinrc n u f selbst nielirerc hundert Grin. 'I'rnuhenzuckcr die Cilduiig VOI i Weinsliure zii beobacliteii, obgleich wic i d 1 friilicr nach- gewieseo habe, hei dieseiii Procefs riiiter giiiistigcn Uiii-

~ t a ~ i d e i i so vie1 Zucliersiiure eiitstelit, d;tEs nus 1OO 'Vlicilen Zucker 10,9 T h d e cheiiiisch rciiien sarircii zuckcrsnurcn K a 1 is gew on ii eri wc rd e n k ijn 11 (!n. A iil'sc rcleiu a b e r 11 ;i b e icti iiocli einc Tl!atsarlic zu erwlhnen, die bewcist, dals jerleiifalls iiur eiii kleiner, wahrscheiiilich eiii sehr lileiuer Theil tlcr i t u s Rlilchziickcr erzeugteii TiT'einsiiurc oils vorlit'r ge-biltletcr Ziickerszure stainmt.

iSei jciiciii Zersctzuii;;sprocek dcs Alilciiziickers bildct sicli iisiiilicli cine selir grolsc Menge Schleiinslure u i i d i iur

ciiie selir gct,iiigc Rlciige Zuckers2ure. Erstere rvird nbcr wic letztcre uiiter deui Eiiiflul's der Salpetersaure zu Wci:i- saure oxydirt, wie folgende Versuche bc\rcisen.

Als ich 21) Grin. Schlciiiis$iire i i i i t Salpetersiiure 1'011

dem spec. Gewicht 1,2 geiiiischt in eincm Kiilbclieli 20 Stuu- den so schwacli erliitzt lratte, dafs nur eine laiigsanic Gas- t~ntwickelung und ciii iiur schwaclies Aiifsch:iutiieu stnttfaiid, liintcrblieb iiocli eiue bederitende Menge der Siiurc iitiaii gegriffen. l)ie ziiletzt iin Wasscrbadc ziir Trockne gc- brachte Masse wiirde in Wasse r gclijst, wobei iiocli einc kleine Menge Sclileims~ure ungel8st blieb. Die Hiilfte der fXtririeii Flussigkeit, welche, init Chlorcalciuin und rlrnuio- iiiak verselzt, eiiieii bedeuteodeii R'iederschlag gab, voii dein eiii weseiitlicher Tlieil durch Essigsaiire aufge1i)st wurde. die also iiebeii Oxalsaure iioch eine nudcre, ioit Kalli eiiie in aininoiiiakalischer Fiiissiskeit iiicht lijsliclia Verbindung gebende Ssure eiithalteii rnulste, iibersattigte icli wegeii dcr

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etwn iiocli vorhaiideiieii Salpeterszurc etwas uiit kohlensau- rein Kali, wobei sie sich etwas brliuote, fiigte die andere Hlilfte hiiizii , dampfte die Losiing auf eiii geriliges Voluin eiii uiicl versetzte sie init soviel Essigsaure, dafs sic m c h dein Erkalten schwacli d.a~iacli roch. Schou beini Eindani- pfen, uoch inehr auf Zusatz voii Essigs:im.e scliied sicli eiii fester Kijrper ;\us, der voii der brauiieii Mut,terlau;;e ge- treiint, geprefst, iind ails der wasserigeu Liisun;; uinkrystal- lisirt wtirde. Naeh zw.eimaligein Umkr.ystallisiren war er vollkoininen farblos. Die gcwoiiiiene Meuge des reinen Salzes war aber nur sclir gering. Geiin Gliilieii liiiiterliel's er fast genau so vie1 liohlensnurcs Kali, wie das s a w c wein- saure Iiali.

O,1O5 Grin. des bei 100" C. getroclineten Snlzes hinter- lieken 0,0351 Grin. kolilensaiiren Kalis, entsprecheiid 0,02598 Grin. oder 247.1 Proc. Iiali. Ber Weiiisteiii etithalt 2.i Proc. Kali.

Uiii inich nun vollkommen zu iiberzengen, dafs cias er- halteiie SaIz Weiiistein war, wiederholte ich deli yorigen Versiicli iiocli einmnnl. In der iY1eiiiuag abcr, dnrch das an- lialteiide Koclirn der Scbleiinsiiure init Salpctersiiure inijcirte die gebildete Weinsiiure inimer wieder zuiu griibten Theilc zersctzt wordeii seyii; erhitzte ich das (;einisch irniner nu r wenige Stunden, dainpfte cs tlann iin Wasserbade zur T ~ O C ~ I W cin, und zog den Riickstaiid init Wasse r aus. Diese Ope- i.ation wiederholte ich niiu viele Male und dauipfte eudlich die erhaltenen wlsserigcn Liisungen noch eininal zur Trocline ein. Den erhaltenen Ruckstand liiste ich in weiiig kalten Wassers zur Abscheidung eiiies Rests von Schleiuisaiire, filtrirtc die LOSUII~, und beiiutzte eirieii kleinen Theil des Filtrats zur Priifung auf Oxalsaure. Es fand sicli rlariIi xiur einc Spur vou clieser Szure. Die iibrige Menge wurde iiicht voll,koinmen mit kolileusaurerii Kali gcsiittigt, bis zu einein geringen Volum verduiistet unil 111111 Essigsaure hin- ziigefiigt. Es schied sich nuii eine reichliche Menge kleiner schwer lbslicher Krystalle Bus, die durcli Umkrystallisiren mit Zuhiilfenahnie voii Thierkohlc gereinigt wurdcii. Sic

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besai'seii ollc Eigei~schaften der Weiiisteii i l~rystall~~. I-lei der Analyse licfcrteu sie folgende Zahleii:

I. 0,lfi I 6 Grin. hiiiterliel'seii 0,0592 Grin. kohleiisrrureii Kalis ciitsprcclieiid 0,040:37 Grin. oder 24,M Proc. Kali.

11. 0,2 166 ( h n . lieferteii 0,1521 Grin. I~ohlens&~ire , 0,05-13 Grtii: W:isser utid iiii Schiffclien blieb eiu vollkoiri inen scliwiirz gefiirhks Gemiscli vou kohleiisniircin Killi uiid Kohle zuriick, das trotz nncla~ieri~den Gliiliens iiii Snuerstoff sic11 iiiclit weil's brennen wollte und das schliefslicli o,OH67 Grm. wog. Bciiii Arifliiseii des kolrlensaureii Kalis blicben 0,03165 Grill. Kolilc zuriick. Hieriiach entliiilt das Snlz 0,03-194 Grin. otler 2537 Proc. I~ohleustoff, O,OO(iO3 Grin. oder 3 , iS I'roc. Wasserstoi'f uud 0,05468 GI~III . oder 25,'L Proc. Kali.

gcluoilcii

ktJ l l l t ! l lS tOff - 25,:37 25,53 8 c: 1. I I . bertlclriiet.

V'Va~sc~~stt~ff - 2,7S 2,Mi 5 1 1 Sa ue rs t o If - 46,61 46,81 1 I 0 liali 24,98 25,3 1 25,Oo I I.( 0 _ _ _

100. 100. L)ie>e %iisan~i~~ciistelliiiig tler liesuitate zeigt, tl,rl's ~ I I J C I ,

die Zusainit~e~isetzung des Salzes vollkoiniiieii i u i t tler des Weiiisteiiis iibereinstiinmt.

Bach dicscu Untersuchuugen ist also zcvnI das c:rsle H a up t pro duct der Ei riw i r k uiig de I' Sa 111 e t e rsz u re a u f Mi Ic 11 - ziicker Schleiins~ure. Allein darniis bildet sich tlnnn tlurcli weitere Oxydation Weinslure, inid endlich OsnlsSure. Eiii ganz ahiilicher Zersetzuiigsprocefs tindet stntt, weiin a n Stzlle des Milchzucliers Traubenzucker angeweiidet wirtl, nur init deiii eiiizigeii Uiiterschiede, dafs das erste Zersclzungspro- duct nicht Sclileimsaure, sontierii die ihr isoilrere Zucker- ssure ist. Die feriiereu Oxydationsproducte siiid clieselben. Trill bei der Ox_vda~iou Jcs 8Iilclizucliers a i d 1 Zuckersaure auf, so bernht diefs darauf, dafs die Salpeterdure abgcse- heti voii ilircr oxydireiidcii Wirknng, auch iioch als Sarire rvirken Iiann. Siiiircii wandel~i iilmlich den Milchziicker

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I a n p i n io audcre Zuckerarteii (‘rraubcnzuclter ?) uni. Zwar lehreu die Versuche von D u b r u n f a t i t ’) und I ’ a s t e u r ’), dai’s das Product der Eiiiwirl\iiiig vou Siiiireil auf Milch- zucker bei Behandlung init Salpetersiiure iminer nocli Sclileiin- siiure liefert. Andererscits lchreii sic aber auch, dafs jeiies Prodoct je nacli der Behaiidluiigsweise verschiedeile Eigca- scliaftea habeii kaon, uiid lielern ltciiiestvegs den Beweis, clai’s SalpetersYiire daraos neben Schleiinsiiure iiiclit auch >vesentliehe Mengen Zuckcrsaurc crzeoge. Mati darf dalier wohl annehmeu, dah indein dic Salpeterssare eineii grobeii ‘l’heil Miiclizucker zu Schleiins~ure oxyclirt, sic ei~ien antfc- ren klciiieii i i i Zucherarteii uuiwandelt , welche durcli Sal- peterslure ziiniichst i n Zuckersiiurc iibergchen. Uie gleicli- zcitigc Bilduiig der Sclrlciins~urc und Zuckersiiure bci Eiii- wirkung der Snlpetersiiurc auf hlilchzuckcr erkliirt sicli liicr- tlurcli liiiclist einfach.

.f)ie Frage, ob die Sch~vimgungeu des Lichtathers seiikrecht gegeii die Polarisatioiisebenc oder it1 derselbeii liegeri, ist trotz ihrer grofseii theoretischen Bedeutung bekaiiiitlich noch nicht eiitschieden. Halt inaii die verschiedeneu Gruiide 211-

sainineii, die fur die eine oder d ie aiidere Anuahine spre- chen, so wird inan iiur zwei von diesen eiiie weseiitlichc fie- deutung fur die Entsclieidung der Frage beilegcn konnen, Die Versuchc Jntniii’s iiber die Rellexion ties Lichtes von

1) Cuiiipt. rend. T. 42 (1856) p. 228. 2 ) Curiipt. rend T. 42 (1856) p . 347.