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Beitrage zur Komplexchemie tertiarer Phosphine und Phosphinoxyde. I Reineckesalzanaloge Phosphinkomplexe Von K. TSSLEIB und A. TZSCHACH Inhaltsiibersieht Tertiare aliphatische Phosphine reagieren mit K,[Cr(SCN),] unter teilweiser Sub- stitution des Rhodanids und Bildung reineckesalzanaloger Phosphinkomplexe. Die Reineckesalz-Analoga der allgemeinen Formel [R,PH][Cr(SCN),(PR&], wobei R = C,H,-, C,H, oder C6Hll- ist, fallen als in Wasser schwerlosliche Phosphoniumsalze an. Mittels Wofatit KPS 200 oder F werden die diesen Salzen entsprechenden komplexen Sauren - H[Cr(SCN),(PR,),] - erhalten. Die Sekundardissoziation der Komplexan- ionen [Cr(SCN),(PR,),]-, die mit zunehmender Lange des aliphatischen Restes des ter- tiaren Phosphins in H,O zunirnmt, ist zu grolS, so daD sie sich unter Bildung schu-erlos- licher Phosphinoumsalze der Tetrarhodano-bis-triallrylphosphin-chroni(III)-saure zer- setzen. Die Unbestandigkeit der Komplexsauren sowie die leichte Loslichkeit bzw. teil- weise Zersetzlichkeit ihrer Salze sehlieat eine Verwendung in analytiseher Hinsicht Bus. Tricyclohexylphosphin liefert mit K,[Cr(SCN), J nur das entsprechende Phospho- niumsalz - [(C,H,,),PH],[Cr(SCN),] -; und das Triphenylphosphin wie auch Phosphor- masserstoff reagieren unter gewohnlichen Bedingungen uberhaupt nicht damit. Summary The preparations of coordination compounds analogous to reinecke salt, [R,PH] [Cr(SCN),(PR,),] with R = C,H,--, C4H9- or C,H,,--, are described. The new complex salts prepared by reaction between K,[Cr(SCN),] and tertiary aliphatic phosphines are slighthy soluble in water. By means of cation exchange resins, the unstable free reinecke acids have been prepared. Tricyclohexylphosphine reacts with K,[Cr(SCN),] yielding [(C,H,,),PH ],[Cr(SCN),]; triphenylphosphine and phosphorus hydride do not react. Reineckesalz- Analoga sind bekanntlich Verbindungen, in denen an Stelle der NH,-Molekiile des Reineckesalzesl) - NH,[Cr( SCN),(NH,),] - organische Stickstoffbasen treten. Sie wurden zuerst von PFEIFFER und Mitarbeiter,) a m K,[Cr(SCN),] und Aminen erhalten u-ie [Py.H][Cr(SCN),(Py.),] oder K[Cr(SCN),(phen.)] 3). Des weiteren konnte A. REINECKE, Liebigs Ann. Chem. 126, 114 (1863); A. WERNER, Z. anorg. Chem. 16, 243 (1897). 2, P. PFEIFFER u. W. OSSAN, Ber. dtsch. chem. Ges. 39, 2115 (1906). 3) P. PFEIFFER u. B. WERDELMANN, Z. anorg. allg. Chem. 363, 32 (1950). Z. anorg. all& Chemie. Bd. Z9i. Sb

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Beitrage zur Komplexchemie tertiarer Phosphine und Phosphinoxyde. I

Reineckesalzanaloge Phosphinkomplexe

Von K. TSSLEIB und A. TZSCHACH

Inhaltsiibersieht Tertiare aliphatische Phosphine reagieren mit K,[Cr(SCN),] unter teilweiser Sub-

stitution des Rhodanids und Bildung reineckesalzanaloger Phosphinkomplexe. Die Reineckesalz-Analoga der allgemeinen Formel [R,PH][Cr(SCN),(PR&], wobei R =

C,H,-, C,H, oder C6Hll- ist, fallen als in Wasser schwerlosliche Phosphoniumsalze an. Mittels Wofatit KPS 200 oder F werden die diesen Salzen entsprechenden komplexen

Sauren - H[Cr(SCN),(PR,),] - erhalten. Die Sekundardissoziation der Komplexan- ionen [Cr(SCN),(PR,),]-, die mit zunehmender Lange des aliphatischen Restes des ter- tiaren Phosphins in H,O zunirnmt, ist zu grolS, so daD sie sich unter Bildung schu-erlos- licher Phosphinoumsalze der Tetrarhodano-bis-triallrylphosphin-chroni(III)-saure zer- setzen. Die Unbestandigkeit der Komplexsauren sowie die leichte Loslichkeit bzw. teil- weise Zersetzlichkeit ihrer Salze sehlieat eine Verwendung in analytiseher Hinsicht Bus.

Tricyclohexylphosphin liefert mit K,[Cr(SCN), J nur das entsprechende Phospho- niumsalz - [(C,H,,),PH],[Cr(SCN),] -; und das Triphenylphosphin wie auch Phosphor- masserstoff reagieren unter gewohnlichen Bedingungen uberhaupt nicht damit.

Summary The preparations of coordination compounds analogous to reinecke salt, [R,PH]

[Cr(SCN),(PR,),] with R = C,H,--, C4H9- or C,H,,--, are described. The new complex salts prepared by reaction between K,[Cr(SCN),] and tertiary aliphatic phosphines are slighthy soluble in water. By means of cation exchange resins, the unstable free reinecke acids have been prepared. Tricyclohexylphosphine reacts with K,[Cr(SCN),] yielding [(C,H,,),PH ],[Cr(SCN),]; triphenylphosphine and phosphorus hydride do not react.

Reineckesalz- Analoga sind bekanntlich Verbindungen, in denen an Stelle der NH,-Molekiile des Reineckesalzesl) - NH,[Cr( SCN),(NH,),] - organische Stickstoffbasen treten. Sie wurden zuerst von PFEIFFER und Mitarbeiter,) a m K,[Cr(SCN),] und Aminen erhalten u-ie [Py.H][Cr(SCN),(Py.),] oder K[Cr(SCN),(phen.)] 3). Des weiteren konnte

A. REINECKE, Liebigs Ann. Chem. 126, 114 (1863); A. WERNER, Z. anorg. Chem. 16, 243 (1897).

2, P. PFEIFFER u. W. OSSAN, Ber. dtsch. chem. Ges. 39, 2115 (1906). 3) P. PFEIFFER u. B. WERDELMANN, Z. anorg. allg. Chem. 363, 32 (1950).

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M. BERGMANN~) Salze der Rhodanilsaure - H[Cr(SCN),(C,H,NH,),] - als Reagens auf EiweiBhydrolysate beschreiben, wahrend in jungster Zeit HEIN und Mitarb. 5, eine Reihe reineckesalzanaloge Aminkomplexe darstellten und hinsichtlich ihrer analytischen Verwendbarkeit unter- suchten. Die bisher ergebnislos verlaufenen Versuche zur selektiven Trennung beispielsweise der Alkalielemente mit, Reineckesalz-Analogs verschiedener Amine, veranlaI3te uns, entsprechende Phosphinkomplexe darzustellen und auf ahnliche Eigenschaften zu priifen.

Zugleich erschien die Bearbeitung dieses Gebietes von Interesse, da von dem sonst so komplexfreudigen Chrom vorerst keine Phosphin- komplexsalze existieren.

I. Umsetzungen tertiiirer aliphatischer Phosphine mit K,[Cr(SCN),]

Fur die Darstellung reineckesalzanaloger Phosphinkomplexe kam das Verfahren nach MORLAND~), welches bekanntlich iiber Kalium- dichromat und Amine auch zu reineckesalzanalogen Aminkomple~en~) fuhrte, infolge Oxydation der tertiaren Phosphine nicht in Betracht. Dagegen versprach die Methode PFEIFFERS~), nach welcher diese Rei- neckesalz- Analoga aus K3[Cr( SCN),] und Aminen erhaltlich sind, am ehesten zum Ziel zu fiihren. Das war auch zu vermuten, da aus den ,,Studien uber Chromirhodanide" von BJERRUM ') hervorgeht, daI3 die Affinitat der Rhodanidionen zum Chrom unterschiedlich ist, woraus sich rein energetisch die relativ leichte Bildung von Tetrarhodanokomplexen des Chroms erklart.

Werden Triathylphosphin und K3[Cr( SCN),] in Isopropylalkohol unter Stickstoff zum Sieden erhitzt, so ist an der positiven Rhodanid- reaktion der Losung sowie an dem Farbwechsel von BlaBviolett nach Tiefrot zu erkennen, daI3 eine Substitution entsprechend der Reak- tionsgleichung

K,[Cr(SCN),] + 2 P(C,H,), -+ 2 KSCN + K[Cr(SCN), {P(C2JQ3}J

4) M. BERCMANN, J. biol. Chem. 110, 471 (1935). 5 ) FR. HEIN u. Mitarb., Unveroffentlichte Ergebnisse. 6, J.MORLAND, J. chem. SOC. [London], 13, 252 (1861). 7 ) N. BJERRUM, Z. anorg. allg. Chem. 119, 179 (1921). Vgl. aus den Gleichgewichts-

konstanten berechneten Affinitaten der Rhodanidionen in wadriger Losung: Cr3+ + SCN- + [CrSCN]++ + 3710 cal [CrSCN]Z+ + SCN- + [Cr(SCN),]+ + 1840 cal [Cr(SCN),]+ + SCN- -+ [Cr(SCN),] -t 970 cal [Cr(SCN),] + SCN- + [Cr(SCN),]- + 420 cal [Cr(SCN),]- + SCN- + [Cr(SCN),]2- - 130 cal [Cr(SCN),]Z- + SCN- + [Cr(SCN),]3- - 570 cal.

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stattfindet. Das Reaktionsprodukt aus der alkoholischen Losung zu isolieren, war schwierig, da nach Abfiltrieren des KSCN und Abdestil- lieren des Isopropylalkohols eine Kristallisation des erhaItenen roten 01s nicht eintrat. Wurde jedoch das Reaktionsgemisch mit verd. HC1 versetzt, so entstand ein schwach-roter Niederschlag, der sich nach Abfiltrieren und Waschen mit Wasser bis zur Entfernung des entbunde- nen Rhodanids aus Alkohol umkristallisieren lie& Die gut ausgepragten roten Kristallnadeln, die bei 177-180" C unter Zersetzung schmelzen, enthalten nach der Analyse Cr, SCN und P im Atomverhaltnis 1 : 4,03: 2,94. Danach liegt ein Komplex der Zusammensetzung [HP(C,H5),] [Cr ( SCN)4iP (CsH5 ,312 1 vor.

Das Entstehen des Triathylphosphoniumsalzes der Tetrarhodano- bis-(triathy1phosphin)-chrom( 111)-saure lafit sich so erklaren, da13 im Reaktionsansatz nicht umgesetztes oder infolge Sekundardissoziation aus dem Komplex entstandenes Phosphin mit KC1 das Phosphonium- kation - [HP(C,H,),]+ - bildet, welches in waBrigem Alkohol das schwerlosliche Triathylphosphonium-tetrarhodano-bis-(triathylphos- phin)-chromat(II1) ergibt. Diese Erklarung wird durch die Tatsache un- terstutzt, da13 aus einer alkoholischen Losung von H[Cr( SCN)4{P(C2€15)3}2] bei Zugabe von HC1 bzw. [HP(C,H,),] C1 das schwerlosliche Phospho- niumsalz ausfiel.

Die kryoskopische Molekulargewichtsbestimmung nach BECKMANN in Acetophenon ergab den Wert 403 (640 ware das Molekulargewicht des undissoziierten Komplexes), was eine weitgehende Dissoziation an- zeigt und fur den Salzcharakter dieser Verbindung spricht. Eine etwa gleicher Dissoziationsgrad in Acetophenon ergab sich aus dem Molekular- gewicht des zum Vergleich herangezogenen Guanidiniumtetrarhodano- diamin-chrom(III), wie der gefundene Wert von 251 gegenuber dem der undissoziierten Verbindung von 378 erkennen lafit.

In gleicher Weise reagierten auch andere tertiare aliphatische Phosphine, wie Tri-n-butylphosphin oder Tri-iso-amylphosphin, mit K,[Cr(SCN),]. Zur Darstellung der entsprechenden Chromphosphin- komplexe wurden Tri-n-butylphosphin sowie Tri-iso-amylphosphin mit dem Kaliumhexarhodano-chromat(II1) in Isopropylalkohol, wie eben schon erwahnt, umgesetzt. Die Reaktionsprodukte wurden auch hier nach dem Erhitzen durch Zugabe der Phosphoniumsalze - [ (C,H,),PH]Cl oder [(C,H,),PH]Cl - als schwerlosliche Verbindungen - das Tri-iso- amylphosphoniumsalz jedoch olig - ausgefallt. Das [(C,H,),PH][Cr(SCN), {P(C4Hg)J2] lie13 sich durch Umkristallisieren aus Alkohol in leuchtend- roten Kristallnadeln vom Smp. 116-117" C gewinnen. Im Gegensatz dazu war das [(C,H,),PH] [Cr( SCN)4{P(C5Hll),}2] schwer kristallin zu

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erhalten, da sich erst nach langerem Stehen aus wenig Isopropylalkohol leuchtend-rote, lange Nadeln vom Smp. 112-113" C abschieden. Beim [(C4Hg),PH][Cr(SCN)4{P(C,Hg),},] war bezuglich des Salzcharakters sowie der Dissoziation in Acetophenon, die sich aus dem gefundenen Molekulargewicht 535 (theoretischer Wert fur die undissoziierte Ver- bindung 892) ergab, zu ersehen, dalj sie rnit denen des [(C,H,),PH] [Cr(SCN),{P(C,H,),),] nahezu iibereinstimmten.

Eine vergleichende Gegeniiberstellung der Eigenschaften dieser Komplexsalze lafit erkennen, daJ3 sie sich alle in organischen Losungs- mitteln wie Aceton, Alkohol, Bther, Chloroform und Benzol gut losen, jedoch unloslich in Wasser und Benzin sind; nur das [(C,H,),PH] [Cr( SCN),{P(C,H,),},] ist in Benzol unloslich.

Aul3erdem war mit zunehmender Lange des aliphatischen Restes in den tertiaren Phosphinen eine Zunahme der Loslichkeit in unpolaren Losungsmitteln, ein starkeres Absinken der Schmelzpunkte sowie eine Abnahme der Kristallisationsneigung zu bemerken.

Angesichts dieser Eigenschaften schien es aiii vorteilhaftesten, den Rest des tertiaren Phosphins so klein wie moglich zu wahlen, also am besten das PH,-analoge Reinecke- salz darzustellen, da bei diesein die Bestandigkeit der in Wasser loslichen Verbindung sin giinstigsten sein sollte. Es wurde daher in eine siedende Losung von K,[Cr(SCN),] in Isopropylalkohol unter Stickstoff PH, eingeleitet. In der unveranderten violett- roten Losung war kein Rhodanid nachweisbar, und nach Aufarbeiten wurde K,[Cr(SCN),] uiiverandert zuriickerhalten, was beweist, da13 sieh PH, rnit &[Cr(SCN),] unter diesen Bedingunqen nicht unigesetzt hatte.

11. Umsetzungen des Tricyclo- und Triphenylphosphins rnit K,[ Cr( SCN),]

Tricyclohexylphosphin, das in mancher Ekziehung als ffbergangs- glied zu den tertiaren aromatischen Phosphinen angesehen werden kann, zudem noch viele Eigenschaf ten tertiarer aliphatischer Phosphine auf - weist, unterscheidet sich jedoch von diesen hinsichtlich seiner Reaktion mit K,[Cr(SCN),] insofern, als es in Isopropylalkohol unter Stickstoff schon bei beginnendem Sieden mit K3[Cr( SCN),] sofort einen violett- roten, in siedendem Alkohol unloslichen Niederschlag liefert . Schon die Tatsache, daJ3 jetzt in der alkoholischen Losung mit Eisen(II1)-chlorid kaum Rhodanid nachweisbar war, schlolj eine Komplexbildung im Sinne einer Substitutionsreaktion - wie bei den tertiaren aliphatischen Phosphinen beschrieben - zwischen K,[Cr(SCN),] und dem (C,H,),P am. Nachdem der violettrote Niederschlag aus Aceton mit Ather bzw. Alkohol umgefallt worden war, lie0 sich aus den Analysenergebnissen pin Atomverhaltnis von Cr : SCN: P = 1 : 6 , l : 3,06 errechnen. Dies lie13

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den SchluB zu, daB im K,[Cr(SCN),] lediglich das Kalium durch Phos- phoniumionen ersetzt worden war. Das fand seine Bestatigung durch die Identitat rnit dem in absolutem Alkohol aus [(C,H,),PH)]Cl und K3[Cr( SCN),] entstandenen [ (C,H,),PH],[Cr( SCN,)].

SchlieSlich wurde versucht, Triphenylphosphin mit Kalium-hexarhodano-chromat- (111) umzusetaen. Dabei fand weder in Isopropylalkohol nach langerem Erhitzen noch selbst beim Schmelzen beider Komponenten ohne Losungsmittel bei etwa 120’ C irgend- eine Reaktion statt.

Das unterschiedliche Verhalten des Kalium-hexarhodano-chromat- (111) zu den tertiaren aliphatischen, hydroaromatischen sowie aromati- schen Phosphinen ist wohl so zu deuten, daB auf Grund des unterschied- lichen basischen Charakters, der der Komplexbildungstendenz parallel geht, die tertiaren aliphatischen Phosphine unter Substitution von 2 SCN-Gruppen reagierten, das Tricyclohexylphosphin jedoch durch Bildung eines schwerloslichen Phosphoniumsalzes - des Hexarhodano- chromats(II1) - ausgefallt wurde 8 ) , wahrend das Triphenylphosphin in- folge Einbeziehung des am Phosphor freien Elektronenpaares in die Mesomerie des Gesamtsystems keinerlei Reaktion einging.

111. Versuche zur Darstellung von H[Cr(SCN),(PR,),] Es war nun von Interesse, aus den dem Reineckesalz analog aufge-

bauten Chrom-Phosphinkomplexen der allgemeinen Zusammensetzung [R,PH] [Cr( SCN),(PR,),] die entsprechenden Sauren herzustellen. Ver- suche, aus den rnit Mineralsaure versetzten waBrigen Suspensionen der in Frage kommenden Phosphinoumsalze die entsprechenden Komplex- sauren mit Ather zu extrahieren, fiihrte nur teilweise zum gewunschten Ergebnis, da sich einmal das [P(C4H,),H][Cr(SCN)4{P(C4Hg),},] rnit in Ather loste und zum anderen die gebildete H[Cr( SCN),{P(C,H,),),] sich bei Anwesenheit von 2n HCl rasch zersetzte. Aber das Wofatit-Ver- fahren, welches bereits HEIN und LILIE 9, zur Darstellung komplexer Sauren mit Erfolg anwandten, erwies sich auch hier als am geeignetsten.

Die aus [ (C,H,),PH][Cr( SCN)4{P(C2H5)3)2] in 6Oproz. waBrigem Alkohol an Wofatit KPS 200 oder Wofatit F erhaltene tiefrote Losung der Komplexsaure zersetzte sich unter Ausfallen von [ (C,H,),PH] [Cr(SCN),{P(C,H,),),] nach etwa 4 Stunden, bei Erhitzen jedoch rascher. Das Entstehen des Triathylphosphonium-tetrarhodano-bis-(triathyl-

8 ) Deshalb fuhrt die erwahnte Umsetzung nicht zur Bildung einer reineckesaiz- analogen Verbindung. Ahnliche Verhaltnisse liegen auch bei den Reaktionen dcs K,[Cr(SCN),] mit gewiesen Aminen vor, da sich bei diesen oftmals nur die betrcffenden Ammoni~msalze~) des [Cr(SCN),]” bilden.

-~~ ~

9) FR. HEIN u. H. LILIE, 2. anorg. allg. Chem. 270, 45 (1952).

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phosphin)-chromats( 111) lie13 auf eine relativ grol3e Sekundardissoziation etwa folgender Art schlie13en:

H[Cr(sCN)4{P(CzH,)3~zl %'-+ [Cr(SCN),{P(CzH5),}H2O1- + [P(CZH5),HlT

[P(CZH,)3H 1 LCr (SCN)4(P(CZH5)3fZ 1. [Cr(SCN)r{PICPH~)S)P1-_

Dieser Vorgang trat besonders deutlich in Erscheinung, als eine Losung von Tetrarhodano-bis-(tri-n-butylphosphin)-chrom(III)-saure, welche aus Tri-n-butylphos- phonium-tetrarhodano-bis-(tri-n-butylphosphin)-chromat(III) mittels Wofatit F in 80proz. Alkohol resultierte, mit Wasser verdunnt wurde. Der Versuch, aus dem Tri- iso-amylphosphonium-tetrarhodano-bis-(tri-iso-amylphosphin)-chromat(III) die entspre- chende Saure darzustellen, scheiterte an der noch leichter erfolgenden Sekundar- dissoziation. Da die alkoholischen Losungen der Komplexsauren keine nachweisbare saure Reaktion mit pH-Papier ergaben, ist anzunehmen, daB diese Pseudocharakter besitzen.

Auch hier zeigt sich, da13 rnit zunehmender Lange des aliphatischen Restes im tertiaren Phosphin die Sekundardissoziation der Komplex- saure steigt und damit ihre Bestandigkeit stark abnimmt.

Die alkoholisch-wairige, neutrale Losung der Tetrarhodano-bis- (triathy1phosphin)-chrom(II1)-saure bildet rnit waarigen Losungen des CH,NH, . HC1, NH,C(NH)NH, - HCI, (C,H,),P - HC1 oder Cs,SO, blab rote und mit HgNO, oder CuSO, gelbbraune Niederschlage. Die Fallun- gen des

[NH2C(NH)NH2H1 [Cr(sCN),{P(C,H,),}zl, [CH,NH, 3 [Cr(SCN)4{P(CZH5)3}2 1, ~ ~ ~ z ~ , ~ , P ~ 1 ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ 4 o , ) , I , Cs[Cr(SCN)4IP(CZH,),}Z 1

oder des rotbraunen Cd[Cr( SCN),(P(C,H,),),], waren nicht quantitativ, da sich die Komplexsalze in Alkohol gut losten. Das Quecksilber(1)- bzw. das Kupfer( 11)-salz der Tetrarhodano-bis-( triathy1phosphin)-chrom- (111)-saure waren dagegen in Alkohol unloslich.

Das im Hinblick auf eine selektive Trennung des Caesiums von den anderen Alkalimetallen - das K[Cr( SCN),{P(C,H,),),] ist sehr leicht loslich - naher untersuchte Cs[Cr( SCN),{P(C,H,),},] loste sich beim Erhitzen mit Wasser unter Zersetzung und Abscheiden des [(C,H,),PH] [Cr( SCN),(P(C,H,),),], was durch das bei der Sekundardissoziation des Komplexes auftretende Phosphin, das mit Wasser gleichgewichtsmail3ig Phosphoniumionen bildet, erklart werden kann. Selbst in der Kalte erfolgt langsame Zersetzung des Caesiumsalzes unter Urnwandlung in das entsprechende Phosphoniumsalz, was durch die stark positive Caesiumreaktion mit Kalignost bewiesen wurde. Das Cs [Cr( SCN), {P(C2H5)3}2] ist danach leichter loslich als das [(C,H,),PH] [Cr( SCN), {p(c2H5)3121'

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Auf Grund der Unbestandigkeit der Komplexsauren sowie der so besonders leichten Loslichkeiten bzw. teilweisen Zersetzlichkeit ihrer Salze scheiterte jeder Versuch, diese analytisch zu verwerten.

IV. Experimentelles Darstellung von [(C,H5),PH][Cr(SCN),{(CzH5)3P),I. In einem 100-ml-Zweihalskolben

werden unter Stickstoff 3,5 g Triathylphosphin und 5,l g wasserfreies K,[Cr(SCN),] so- wie 50 ml Isopropylalkohol zusammengegeben. Das Reaktionsgemisch wird in Stickstoff- atmosphare am Ruckflulikuhler etwa 25Minuten zum Sieden erhitzt. Die Farbe der anfanglich violetten Losung schlagt nach Tiefrot um. Zur abgekuhlten Losung werden 8 ml konz. HC1 und 20 ml H,O zugegeben. Um das Triathylphosphonium-tetrarhodano- bis-triathylphosphinchromat(II1) auszufallen, wird das Reaktionsgemisch in 200 ml Wasser eingegossen. Der ausfallende flockige, rote Niederschlag wird mit H,O rhodanid- frei gewaschen und aus 30 ml &jhylalkohol umkristallisiert. Die Ausbeute an Roh- produkt betragt 6,O g. Nach dein Umkristallisieren werden 4,5 g [(C,H,),PH][Cr(SCN), {(C2H5)3P)z] = 70% der Theorie erhalten.

Das [(C,H,),PH][Cr(SCN),((C,H,),P),I lost sich in Alkohol, Aceton, Tetrahydro- furm, Chloroform und Essigester, ist unloslich in Wasser, Benzol, Benzin und Ather und zersetzt sich bei 177-180OC.

[(C,HJ,PHI [Cr(SCN),{(C,H,),P},l: M = 639,59. ber.: P = 14,50y0; Cr = 8,12%; SCN = 36,30%; C = 41,20%; H = 7,24y0 gef.: P = 14,20%; Cr = 8,10%; SCN = 36,50%; C = 40,90%; H = 7,19%. Kryoskopische Molekulargewichtsbestimmung nach BECKMANN in Acetophenon :

ber. : 640 (fur die undissoziierte Verbindung) gef.: 403.

Garstellung von H[Cr(SCN),{P(C,H,),),]. Eine Losung von 0,5 g [HP(C,H,),] fCr(SCN),(P(C,H,),),] in 40 ml C,H,OH wird mit 20 ml H,O versetzt, deren evtl. Tru- bung durch Zugabe von H,O wieder beseitigt werden kann. Man IaBt sie uber eine Aus- tauschersaule, die mit austauschbereitem, in 6Oproz. Bthanol gewaschenem Wofatit KPS 200 p. a. beschickt ist, laufen. Das rote, neutrale Filtrat enthalt die freie Saure, die in Losung etwa 4 Stunden bestandig ist. Sie zersetzt sich in In HC1 oder In H,SO, sowie in alkalischer Losung.

Zur Charakterisierung dieser Komplexsaure werden aus ihrer alkoholischen Losung nach Zugabe verschiedener Salze (5proz. Losung) ihre entsprechenden Komplexver- bindungcn dargestellt :

Mit [(C,H5),PH]C1 --f [(C,H,),PH J[Cr(SCN),{P(CZH,),},1 (identisch mit dem Aus- gangsprodukt).

Mit Cs,S04 + CS[C~(SCN)~{P(C,H,),}.J: M = 653,38; bcr.: Cr = 7,96%; SCN = 35,50y0; gef.: Cr = 7,87%; SCN = 35,50y0.

Mit Guanidin. HCl + [HNC(NH,),.H][Cr(SCN)4{P(C2H5)8}z]: M = 580,54; ber.: Cr = 8,96y0; SCN = 40,00%; gef.: Cr = &goy0; SCN = 39,80%.

Mit CdSO, + Cd[(Cr(SCN),{P(C,H,)3}z],: M = 1153,35; her.: Cr = 9,02%; SCN = 40,30%; gef.: Cr = 8,82%; SCN = 40,40%.

Darstellung von [(C,l!&,),PH][Cr(SCN),(P(C,H,)},). 5,l g wasserfreies K,[Cr(SCN),] werden in einem 100-ml-Zweihalskolben mit 50 ml Isopropylalkohol gelost und unter Stickstoff mit 4,1 g Tri-n-butylphosphin aersetzt. Das Reaktionsgemisch wird in Stick- stoffatmosphare etwa 35 Minuten am RuckfluBkiihler erhitzt. Zur abgekiihlten Losung werden 2 g Tri-n-butylphosphin in 8 ml konz. HCl zugesetzt. Das Reaktionsgemisch wird

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in 200 in1 Wasser eingegossen, wobei ein blanroter Niederschlag - der manchmal auch olig ist, jedoch nach 1-2 Stunden fest wird - ausfallt. Die Fallung wird mit H,O rhodanid- frei gewaschen und aus 25 ml hhylalkohol umkristallisiert.

Die Ausbeute an Rohprodukt betragt 8 g = 95% der Theorie. Nach dem Umkrietal- lisieren werden 4,5 g = 50% der Theorie an [(C,H,),PH][Cr(SCN)4{P(C4Hg)3}2] erhalten. Die Komplexverbindung lost sich in Aceton, Alkohol, Benzol und Ather, ist unloslich in Benzin und Wasser und zersetzt sich bei 116-117°C.

ber.: P = 10,40%; Cr = 5,83%; [(C4Hg),PHl[Cr(SCN)4{P(C,H,),},l: M = 891,86;

SCN = 26,00%; gef.: P = 10,40%; Cr = 5.70%; SCN = 26,20%.

Kryoskopische Molekulargewichtsbestiinmung nach BECKMANN in Acetophznon : her.: 892 (fur die undissoziierte Verbindung); gef.: 535.

Darstellung von [(C,H,,),PH][Cr(SCN),{P(C,H,,),], 1. Aus 5,3 g wasserfreieni K,[Cr( SCN),] und 4,9 g Tri-iso-amylphosphin in 50 ml Isoprophylalkohol entst'eht wie zuvor beschrieben nach Erhitzen des Reaktionsproduktes und Zugeben von 2,5 g Tri-iso- amylphosphin in 8 ml konz. HC1 ein dunkelrotes 81, das nach langerem Stehen erstarrt. Nach Abfiltrieren und Freiwaschen yon Rhodanid mittels Wasser werden 9,5 g (= 90% der Theorie) Rohprodukt erhalten. Es wird in 15-20 ml Isopropylalkohol gelost; nach 5-6 Tagen haben sich gut ausgepragte, rote Kristalle gebildet. Die Ausbeute betragt 3,5 g = 34% der Theorie. Das Komplexsalz lost sich in hhylalkohol, Aceton, h h e r , Benzol und Chloroform, ist unloslich in Petrolather und Wasser und zersetzt sich bei 112-113° c.

her.: P = 9,13%; Cr = 5,11%; SCN = 22,80%; C = 57,80%; H = 9,90%; gef.: P = 9,18yo; Cr = 5,20y0; SCN = 22,70y0; C = 57,60Y0; H = 9,71y0.

5,1 g (= 0,Ol Mol) K,[Cr(SCN),] in etwa 60 ml Isopropylalkohol wird in Stickstoffatmosphare init 8,.5 g (0,03 Mol) Tricyclohexylphosphin versetzt und bis zum Sieden erhitzt. Es fallt sofort cin violettroter, flockiger Niederschlag aus, der auch nach langerem Erhitzen unverandert hleibt. Nach Filtrieren wird das Reaktionsprodukt in Aceton gelost und so lange Ather zugesetzt, bis das Komplexsalz wieder auszufallen beginnt.

Die violettroten Blattchcn zersetzen sich bei 199-202" C, sie sind in Aceton lijsIich, unloslich in Benzol, Ather, Alkohol und Pet,rolather.

[(C,H,,),PH],[Cr(SCN),]: M = 1241,67; her.: P = 7.48%; Cr = 4,19y0; SCN = 2S,1070; gef.: P = 7,61%; Cr = 4.10To;

[(C5H~l),PHI[Cr(SC~~4{P~~,H,,),),I: M = 1017,95;

Darstellung von [(C,H,,),PH],[Cr(SCN),]. Eine Losung von

SCN = 27,80%.

Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. FR. HEIN danken wir fur sein forderndes Intereese an diesen Arbeiten.

Jena, Institut fur Anorganische Chemie der Friedrich-Schibler- Vni- versitat .

Bei der Redaktion eingegangen am 17. Februar 1958.

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