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Z Lebensm Unters Forsch (1996) 203: 311- 315 Springer-Verlag 1996 Susanne Kirchner Alice Stelz Erich Muskat Beitrag natiJrlicher Mineralw isser zur Iodidversorgung der Bev lkerung Eingegangen: 25. August 1995 / RevidierteFassung: 22. Januar 1996 Contribution of natural mineral waters to the iodine supply of population Abstract Most parts of Germany are iodine deficiency areas. Daily iodine intake may be increased by food with high iodine content. Therefore determination of iodine in different foodstuffs is of importance. Aim of our work was to develop a method for mineral waters. Besides, we wanted to find out to what extent natural mineral waters can contribute to the iodine supply of the population. The method is based on the reaction of the halogenids iodide and bromide with ethylene oxide in a sulfuric acid medium while converting into 2-iodo- and 2-bromoethanol. After extraction, the reaction products are determined by capil- lary gas chromatography with an electron capture detector. The method was modified for mineral waters. Single results were confirmed by ICP-MS. For mineral waters the limits of determination are 3 pg/L for iodide and 42 gg/L for bromide. The investigation of mineral waters from Hessen showed, that only few sources contain iodide in remarkable amounts. Therefore a considerable improvement of iodide intake is possible only with single mineral waters. Key words Iodine estimation Mineral waters, iodine Iodine supply Einleitung Deutschland ist gr6gtenteils ein Iodmangelgebiet mit ende- mischem Strumavorkommen [1, 2]. Endemische Struma bedeutet, dag mehr als 10% der Bev61kerung hiervon betroffen sind. In solchen Regionen sind Schilddrfisentiber- und Schilddrfisenunterfunktionen hfiufige Erkrankungen. Kropfbildung tritt in Iodmangelgebieten nicht nur bei Er- s. Kirchner A. Stelz (~) E. Muskat Staatliches Medizinal-, Lebensmittel- und Veterinfiruntersuchungsamt Mittelhessen, Marburger Strasse 54, D-35396 Giegen, Germany wachsenen und Kindern, sondern auch bei S~iuglingen 6fter anf [3]. Iod ist ein funktionell essentieller Baustein der Schild- drtisenhormone. Es wird mit der Nahrung als Iodid oder Iodat zugefiihrt, im Darm als Iodid resorbiert und in die Schilddriise eingelagert (Iodination). Nach der Aufnahme wird es dort enzymatisch zu Iod oxidiert (Iodisation). Anschliegend erfolgt eine Iodierung der Tyrosinreste des Thyreoglobulins zu Monoiod- und Diiodtyrosin. Durch Kondensationsreaktionen des iodierten Tyrosins entstehen aus diesen Vorstufen die Schilddrtisenhormone Thyroxin T4 und Triiodthyronin T3. Bei Iodmangel kann nicht gentigend Hormon produziert werden. Die Folge davon ist ein kompensatorisches Gr0Benwachstum der Schilddrfise, es kommt zur Kropfbildung [2, 4, 5]. Eine bereits vorhan- dene Struma bildet sich nur durch Verabreichung von Schilddr~senhormonen zurSck, durch die alleinige Gabe von Iodid kann dies jedoch nicht erreicht werden [2]. Der Grund ftir den Iodmangel ist der geringe Iodgehalt der pflanzlichen und tierischen Lebensmittel, des Trink- wassers sowie des Bodens der Anbaugebiete [1]. Da die Deckung des Bedarfs durch den nattirlichen Gehalt der Nahrung nicht gew~ihrleistet ist, wird versucht fiber eine gezielte Anreicherung der Nahrung dem Mangel entgegen- zuwirken. In Deutschland fehlen gesetzliche Voraussetzun- gen ftir eine obligatorische Iodprophylaxe wie sie es in der Schweiz gibt. Es handelt sich lediglich um eine freiwillige Iodprophylaxe. Hierzu z~ihlen die Verwendung von iodier- tern Speisesalz in Haushalt und Nahrungsmittelindustrie, h/~ufiger Verzehr von Seefisch und anderen iodreichen Lebensmitteln und ggf. medikament6se Iodidgabe, die bei positiver Familienanamnese empfohlen wird [1]. Nattirliche Mineralwfisser k6nnen abhfingig yon ihrer geologischen Herkunft neben anderen Spurenelementen auch Iodid enthalten. Von Interesse ist daher, ob Mine- ralw~isser zur Erh6hung der t~iglichen Zufuhr beitragen k6nnen. Manche Mineralwasserabfiillbetriebe werben mit Hinweisen auf eine ernShrungsphysiologische Wirkung ihres Wassers durch Iodid. In der amtlichen Lebensmittel- tiberwachung mug daher Iodid bestimmt werden, um zu prUfen, ob die Werbeaussage objektiv zutrifft. Ffir die

Beitrag natürlicher Mineralwässer zur lodidversorgung der Bevölkerung

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Z Lebensm Unters Forsch (1996) 203: 311 - 315 �9 Springer-Verlag 1996

Susanne Kirchner �9 Al ice Stelz �9 Er ich M u s k a t

Beitrag natiJrlicher Mineralw isser zur Iodidversorgung der Bev lkerung

Eingegangen: 25. August 1995 / Revidierte Fassung: 22. Januar 1996

Contr ibut ion o f natural minera l waters to the iodine supply of population

Abstract Most parts of Germany are iodine deficiency areas. Daily iodine intake may be increased by food with high iodine content. Therefore determination of iodine in different foodstuffs is of importance. Aim of our work was to develop a method for mineral waters. Besides, we wanted to find out to what extent natural mineral waters can contribute to the iodine supply of the population. The method is based on the reaction of the halogenids iodide and bromide with ethylene oxide in a sulfuric acid medium while converting into 2-iodo- and 2-bromoethanol. After extraction, the reaction products are determined by capil- lary gas chromatography with an electron capture detector. The method was modified for mineral waters. Single results were confirmed by ICP-MS. For mineral waters the limits of determination are 3 pg/L for iodide and 42 gg/L for bromide. The investigation of mineral waters from Hessen showed, that only few sources contain iodide in remarkable amounts. Therefore a considerable improvement of iodide intake is possible only with single mineral waters.

Key words Iodine estimation �9 Mineral waters, iodine �9 Iodine supply

Einleitung

Deutschland ist gr6gtenteils ein Iodmangelgebiet mit ende- mischem Strumavorkommen [1, 2]. Endemische Struma bedeutet, dag mehr als 10% der Bev61kerung hiervon betroffen sind. In solchen Regionen sind Schilddrfisentiber- und Schilddrfisenunterfunktionen hfiufige Erkrankungen. Kropfbildung tritt in Iodmangelgebieten nicht nur bei Er-

s. Kirchner �9 A. Stelz (~) �9 E. Muskat Staatliches Medizinal-, Lebensmittel- und Veterinfiruntersuchungsamt Mittelhessen, Marburger Strasse 54, D-35396 Giegen, Germany

wachsenen und Kindern, sondern auch bei S~iuglingen 6fter anf [3].

Iod ist ein funktionell essentieller Baustein der Schild- drtisenhormone. Es wird mit der Nahrung als Iodid oder Iodat zugefiihrt, im Darm als Iodid resorbiert und in die Schilddriise eingelagert (Iodination). Nach der Aufnahme wird es dort enzymatisch zu Iod oxidiert (Iodisation). Anschliegend erfolgt eine Iodierung der Tyrosinreste des Thyreoglobulins zu Monoiod- und Diiodtyrosin. Durch Kondensationsreaktionen des iodierten Tyrosins entstehen aus diesen Vorstufen die Schilddrtisenhormone Thyroxin T4 und Triiodthyronin T3. Bei Iodmangel kann nicht gentigend Hormon produziert werden. Die Folge davon ist ein kompensatorisches Gr0Benwachstum der Schilddrfise, es kommt zur Kropfbildung [2, 4, 5]. Eine bereits vorhan- dene Struma bildet sich nur durch Verabreichung von Schilddr~senhormonen zurSck, durch die alleinige Gabe von Iodid kann dies jedoch nicht erreicht werden [2].

Der Grund ftir den Iodmangel ist der geringe Iodgehalt der pflanzlichen und tierischen Lebensmittel, des Trink- wassers sowie des Bodens der Anbaugebiete [1]. Da die Deckung des Bedarfs durch den nattirlichen Gehalt der Nahrung nicht gew~ihrleistet ist, wird versucht fiber eine gezielte Anreicherung der Nahrung dem Mangel entgegen- zuwirken. In Deutschland fehlen gesetzliche Voraussetzun- gen ftir eine obligatorische Iodprophylaxe wie sie es in der Schweiz gibt. Es handelt sich lediglich um eine freiwillige Iodprophylaxe. Hierzu z~ihlen die Verwendung von iodier- tern Speisesalz in Haushalt und Nahrungsmittelindustrie, h/~ufiger Verzehr von Seefisch und anderen iodreichen Lebensmitteln und ggf. medikament6se Iodidgabe, die bei positiver Familienanamnese empfohlen wird [1].

Nattirliche Mineralwfisser k6nnen abhfingig yon ihrer geologischen Herkunft neben anderen Spurenelementen auch Iodid enthalten. Von Interesse ist daher, ob Mine- ralw~isser zur Erh6hung der t~iglichen Zufuhr beitragen k6nnen. Manche Mineralwasserabfiillbetriebe werben mit Hinweisen auf eine ernShrungsphysiologische Wirkung ihres Wassers durch Iodid. In der amtlichen Lebensmittel- tiberwachung mug daher Iodid bestimmt werden, um zu prUfen, ob die Werbeaussage objektiv zutrifft. Ffir die

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Best immung von Iodid irn Mikrogramm-Bereich existiert in der Amtlichen Sammlung von Analysenverfahren gem~ig w 35 des Lebensmittel- und BedarfsgegenstSndegesetzes (LMBG) keine Methode. Es wird lediglich auf eine alte Methode ftir Trinkwasser verwiesen. Hierbei handelt es sich um ein cerimetrisches Verfahren [6], das Iodid im Bereich von 1 - 7 ~tg/L erfagt. Das Verfahren ist jedoch sehr auf- wendig.

Iodid kann auch mit Ionenchromatographie erfaf3t wer- den, wobei der Anwendungsbereich mit Leitf'~ihigkeitsde- tektor bei 0 , 1 - 5 0 mg/L und mit amperometrischem Detek- tor bei 0 , 1 - 1 0 mg/L liegt [7]. Eine andere, sehr empfin- dliche, jedoch gerfitetechnisch aufwendige Mel3methode stellt die ICP-MS dar [8].

Nach Derivatisierung kann Iodid auch mittels Gaschro- matographie bestimmt werden. Bakker verwendete ein gaschromatographisches Verfahren nach Umwandlung des Iodids in 1-Iodbutan-2-on [9]. Stijve und Grandet et al. derivatisierten das Iodid zu 2-Iodethanol und quantifizier- ten es mit GC-ECD [10-12] . Wir pfiiften das letztgenannte Verfahren und adaptierten es ftir Mineralwasser. Das Ver- fahren beruht auf der Reaktion yon Ethylenoxid in schwe- felsaurer L6sung mit Iodid zu 2-Iodethanol [11, 13]. Auch andere Halogenide gehen eine entsprechende Reaktion mit Ethylenoxid ein. Die Empfindlichkeit des ECD ftir 2-Chlor-, 2-Brom- und 2-Iodethanol nimmt entsprechend der Stellung im Periodensystem zu, das heigt das Signal des 2-]odethanols ist am stfirksten. Bromid ist auf diesem Weg ebenfalls quantitativ zu bestimmen.

Material und Methoden

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Abb. 1 Chromatogramm einer Kalibrierl6sung von 2-Bromethanol und 2-Iodethanol

Reagenzien. Ethylenoxid purum (Druckdose mit Entnahmeventil), Ethylenoxidl6sung 4%ig: L6sung jeden Tag frisch ansetzen. Einen 50 mL MeBkolben mit deion. Wasser ffillen, im Ktihlschrank abkfihlen und 2 mL Wasser entnehmen. Den Megkolben bis zur Marke mit gekfihltem Ethylenoxid aufffillen und mischen. Hinweise zum Ge- fahrstoff Ethylenoxid: Ethylenoxid ist ein hochentztindliches Fltissig- gas mit cancerogenen und teratogenen Eigenschaften. Vor der Hand- habung tiber den Umgang informieren, unbedingt Hautkontakt und Einatmen (Abzug!) vermeiden. - Schwefelsfiure 6 n (konz. H2SO4 1:6 verdfinnt), Ammoniumsulfat p.A., Natriumsulfat p.A. sicc. - Cyclo- hexan und Ethylacetat z. Rt~ckstandsanalyse, Extraktionsgemisch: 7 Volumenteile Cyclohexan mit 3 Volumenteilen Ethylacetat mischen. - 2-Iodethanol purum, 2-Bromethanol pract., Stamml6sung 2-Iodetha- nol und 2-Bromethanol: Die L6sung unmittelbar vor Gebrauch her- stellen. 50 rng 2-Iodethanol und 550 mg 2-Bromethanol in einen 50 mL Megkolben einwiegen und mit L6sungsmittelgemisch aufffillen. - Standardl6sung: Die Stamml6sung wird ftir die externe Kalibrierung auf 1 : 5000 verdfinnt. Die Verdtinnung enthSlt 2,2 ng/gL 2-Brometha- nol und 0,2 ng/~tL 2-Iodethanol. Sie ist gekfihlt 2 Wochen haltbar. - Stamml6sung Kaliumiodid p.A. und Kaliumbromid p.A.: 50 mg Kaliumiodid und 800 nag Kaliumbromid in einen 50 mL Megkolben einwiegen und mit deion. Wasser auffiillen. Ffir Wiederfindungsver- suche entsprechende Volumina z.B. aus der Verdtinnung 1:2500 der Mineralwasserprobe zusetzen.

Probenvorbereitung. Zur Anreicherung des Iodids werden je nach zu erwartendem Iodidgehalt 10-100 mL Probe im Erlenmeyerkolben bei 100 ~ auf 1-5 mL eingedampft.

Derivatisierung. Zur abgekfihlten Probe werden 1-2,5 mL 4%ige Ethylenoxidl6sung und 1 mL 6 n Schwefelsgure gegeben. Ft~r eine

quantitative Derivatisierung der Halogenide Iodid, Bromid sowie Chlorid erwiesen sich bei Mineralw~issern mit weniger als 1000 mg/L Gesamtmineralstoffgehalt 1 mL und bei h6her mineralisierten Wfissern bis zu ca. 5000 mg/L 2,5 mL als ausreichend (Fugnote 1).

Extraktion. Das Probengef'~ verschliegen, Probe und Reagenzien gut mischen und eine halbe Stunde im Dunkeln bei Raumtemperatur stehen lassen. Anschliel3end 10-20 mL Extraktionsgemisch und 4 g Ammoninmsulfat zugeben und eine Minute gfiindlich schfitteln. - Ammoniumsulfat beeinflugt das Extraktionsverhalten und erh6ht die Ausbeute um ca. 10-20%. Als Extraktionsmittel wurden Ethylacetat und Cyclohexan sowie Mischungen der beiden L6sungsmittel getestet [10, 12]. In den Chromatogrammen von Proben und Blindwert zeigte sich ein Reagenzienpeak, vermutlich ein Reaktionsprodukt des tiberschfissigen Ethylenoxids mit Schwefels~ure. Je polarer das Extrak- tionsmittel (Ethylacetat) ist, desto stgrker wird diese Verbindung miterfagt und/Jberdeckt das 2-Iodethanol-Signal. Es zeigte sich, dag sich ein Verhglmis yon 7 Volumenteilen Cyclohexan zu 3 Volumentei- len Ethylacetat am besten eignet. Der St6rpeak kann zwar nicht vollst~indig beseitigt werden, der 2-Iodethanolpeak wird jedoch nicht

1 Bestimmung von Iodat nach Reduktion zu Iodid: Iod in Form von Iodat wird bei dieser Bestimmung nicht erfagt. Iodiertes Speisesalz enth~ilt zum Beispiel anstelle yon Kaliumiodid das stabilere Kaliumio- dat. Um Iodat ffir die Reaktion verffigbar zu machen, kann es dutch Reduktion mit einem grogen Oberschug an schwefliger S/iure zu Iodwasserstoff umgewandelt werden [14]. Hierftir wird eine Spatel- spitze Natriumsulfit kurz vor der Reaktion mit Ethylenoxid zu der mit Schwefels~ure anges~uerten Probe gegeben

Tabelle 1 Nachweis- und Bestimmungsgrenzen ffir Iodid und Bromid

Vorschrift Iodid Bromid

NG BG NG BG

DFG 1,7 gg/L 2,9 gg/L 26 gg/L 42 p-g/L DIN 1,1 p-g/L 3,6 p-g/L 16 gg/L 53 gg/L

Tabelle 2 Variationskoeffizienten ffir Iodid und Bromid

Iodid Bromid

Mittelwert Variations- Mittelwert Variations- p-g/L koeffizient p-g/L koeffizient

7 7% 96 14% 10 11% 200 8% 21 7% 478 13%

153 10% 1166 11%

mehr tiberlagert und die Iodidwiederfindung ist gut. Ffir die Bromid- bestimmung ist das L6sungsmittelgemisch weniger geeignet, da die Wiederfindungsrate niedriger liegt. Soll nur Bromid bestimmt werden, so empfiehlt es sich Ethylacetat zu verwenden. Far die Analysen wurde das genannte L6sungsmittelverhgltnis 7:3 eingesetzt.

Abtrennen des Extraktes. Nach Zugabe des Extraktionsmittels wird das Reaktionsgef~B eine halbe Stunde im Dunkeln bei Raumtemperatur stehengelassen. Danach wird erneut eine halbe Minute geschfittelt und nach Phasentrennung einige Milliliter der organischen Phase abgenom- men und fiber Natriumsulfat getrocknet. Von dem Extrakt 1 p-L in den Gaschromatographen injizieren, ggf. im Tiefkfihlschrank nicht lgnger als 3 Tage auflaeben.

Gaschromatographische Bedingungen. Gaschromatograph ausgestattet mit Elektroneneinfangdetektor (ECD) und Kapillars~ute DB Wax 30 m 0,25 p-m. Sfiulentemperatur 100 ~ isotherm, Injektortemperatur 220 ~ Detektortemperatur 260 ~ Trggergas Helium, Einspritzvolu- men 1-2 p,L; Retentionszeit: 2-Bromethanol 9,1 und 2-Iodethanol 19,5 Minuten.

Kalibrierung und Auswertung. Die Auswertung erfolgt fiber eine externe Eichung des Gaschromatographen mit der angegebenen Kali- brierl6sung. Abbildung 1 zeigt das Chromatogramm einer Kalibrierl6- sung mit 2,2 ng/~tL 2-Bromethanol und 0,2 ng/p-L 2-Iodethanol. Mit dem ermittelten Megwert wird die Iodid- bzw. Bromidkonzentration fiber die nachstehend aufgeffihrte Formel berechnet:

Iodid (Bromid) in p-g/L = I (BR) �9 VE �9 F �9 1000/Vp

FBr: Faktor zur Berechnung von Bromid aus 2-Bromethanol: 0,6394 F~: Faktor zur Berechnung yon Iodid aus 2-Iodethanol: 0,7380 VE: Volumen des verwendeten Extraktionsgemisches in mL Vp: Probenvolumen in mL I (Br): Iod-/Bromethanol-Gehalt der MeB16sung in ng/p-L dem Inte-

gratorprotokoll entnommen

Wiederfindung. Zur Ermittlung der Wiederfindung wurden Mineral- w~sser mit Kaliumbromid- und Kaliumiodidstandardl6sungen versetzt. Dabei ergaben sich fiir Iodid Wiederfindungen yon 80-110 % mit einer

313

4 •

~

0i54 2 4 6 8 10 12 14 22 154

Abb, 2 Prozentuale Verteilung der Iodidgehalte in hessischen Mine- ralw/issern

mittleren Wiederfindung von 92 % und ftir Bromid 60-80 % mit einer mittleren Wiederfindung von 71%.

Nachweis- und Bestimmungsgrenzen. Die Nachweis- und Bestim- mungsgrenzen wurden mittels Kalibrierkurvenmethode nach den Vor- schriften von DIN 32645 [15] und der Deutschen Forschungsge- meinschaft [16] errechnet (s. Tabelle 1).

Variationskoeffizienten. Es wurden von vier verschiedenen Mineral- w~ssern je ffinf Parallelbestimmungen durchgeffihrt. Tabelle 2 zeigt die aus den Mittelwerten und Standardabweichungen berechneten Varia- tionskoeffizienten.

Oberpriifung der Methode mit ICP-MS. Die Ergebnisse von 6 Mine- ralw~ssern mit unterschiedlichen Mineralstoffgehalten wurden durch ICP-MS bestStigt (s. Tabelle 3).

Ergebnisse

Insgesamt wurden 76 nattirliche Mineralwfisser aus hes- sischen Brunnen untersucht, die eine reprgsentative Aus- wahl der zum Zeitpunkt der Untersuchung ftir den Handel abgeftillten Wfisser darstellen. Die Gesamtmineralstoffge- halte der Proben waren sehr unterschiedlich und reichten von 73 mg/L bis 4600 mg/L mit dem Schwerpunkt bei Gehalten von 1000-2000 mg/L (48 %).

Die Abbildungen 2 und 3 zeigen die prozenmale Vertei- lung der Iodid- und Bromidgehalte in hessischen Mine- ralwfissern. Nattirliche Mineralw~sser enthalten deutlich mehr Bromid als Iodid. Bei 92% der Proben lag der Bromidgehalt oberhalb der Nachweisgrenze (16 gg/L) sowie der Iodidgehalt bei 78% der Proben (1,1 gg/L). 6 0 % der Mineralw~isser enthiel ten wen ige r als 4 g g / L Iodid und nur bei 16 % war die Konzen t ra t ion gr6ger oder g le ich 8 gg /L . Der M a x i m a l w e r t betrug 153 gg /L . FUr Iodid ergab sich ein Mi t te lwer t yon 6,0 g g / L sowie ein Med ian von 2,6 gg /L .

Tabelle 3 Vergleich der Iodid- gehalte bei Messung mit ICP-MS und mit GC-ECD

Messmethode Iodidgehalte in gg/L

Probe 1 Probe 2 Probe 3 Probe 4 Probe 5 Probe 6

GC-ECD 2 6 7 9 12 153 ICP-MS 4 7 8 10 13 127

314

60

50,

40.

:~= 30.

..~ 20.

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0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8

mg/L

1,2

Abb. 3 Prozentuale Verteilung der Bromidgehalte in hessischen Mineralw~issern

Bei etwa der Hfilfte der Proben war der Gehalt an Bromid kleiner als 0,1 mg/L und 24 % der W~isser enthiel- ten mehr als 0,2 mg/L. Die h6chste Konzentration war 1,21 mg Bromid/L. Der ermittelte Median lag bei 0,09 mg/L, wfihrend der Mittelwert 0,17 mg/L betrug. Das Chromatogramm einer realen Probe zeigt die Abbildung 4.

Diskussion

Die Methode zur Bestimmung von Iodid und Bromid mittels Gaschromatographie nach Derivatisierung mit Ethy- lenoxid wurde entsprechend der Problemstellung bei na- ttirlichen Mineralw~ssern modifiziert und 76 hessische Mineralwfisser auf ihren Iodid- und Bromidgehalt unter- sucht. F/jr die Routine stellt sie eine praktikable Methode dar mit ausreichender Empfindlichkeit fur Mineralw~sser. Die Probenvorbereitung ist weniger aufwendig als bei der cerimetrischen Methode. Im Vergleich zur Ionenchromato- graphie ist die beschriebene Methode deutlich empfindli- cher.

Manche Mineralwasserabffillbetriebe werben auf Fla- schenetiketten mit Formulierungen wie ,,mit viel Iod" oder ,,unser t~glich Iod". Dabei handelt es sich um nfihr- stoffbezogene Angaben, die hier den hohen Gehalt des Spurenelementes betreffen. Die Kennzeichnungsvorschrif- ten ffir Mineralstoffe in der Mineral- und Tafelwasser- Verordnung legen keinen Mindestgehalt fest, ab dem ein Mineralwasser als iodhaltig bezeichnet werden darf [17]. Gem~ig N~ihrstoff-Kennzeichnungs-Verordnung sind n~ihr- stoffbezogene Angaben nur dann gerechtfertigt, wenn durch die fibliche Verzehrsmenge des Lebensmittels ein wesentli- cher Beitrag zur Versorgung mit dem betreffenden Spuren- element geleistet wird [17]. Eine konkrete Mindestmenge wird in der Verordnung jedoch nicht genannt. Nach der EG- Richtlinie tiber die N~hrwertkennzeichnung von Lebens- mitteln [17] sollte eine Menge von 22,5 gg Iod in 100 g bzw. mL oder in einer P0rtionspackung bei der Festsetzung der signifikanten Menge beracksichtigt werden. Mineral- wfisser sind allerdings vom Gelmngsbereich der nationalen

I l l l l l 4 8 12 16

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Abb. 4 Chromatogramm eines Mineralwassers mlt einem Bromidge- halt von 200 gg /L und einem Iodidgehalt von 21 gg/L

Verordnung und der EG-Richtlinie ausgenommen. Benutzt man die Anforderungen der EG-Richtlinie als Orientie- rungshilfe, so ergibt sich aus der Bezugsgr6ge 100 mL eine Mindestiodidkonzentration yon 225 gg/L Mineralwas- ser. Dieser Wert wurde in keiner der untersuchten Proben erreicht. Bezieht man die erforderlichen 22,5 gg Iodid jedoch auf eine tggliche durchschnittliche Verzehrsmenge von ca. 0,28 Liter, die sich aus dem Pro-Kopf-Verbrauch in den alten Bundesl~indern yon 103 Litern ergibt [18], so w ~e bei einem Mineralwasser mit mehr als 80 gg Iodid/L eine Werbeaussage bez/jglich des Iodidreichtums gerecht- fertigt. Von den untersuchten Proben erftfllte nur eine diese Bedingung.

Ein Ziel unserer Untersuchungen war festzustellen, ob Mineralwasser als nat/jrlicher Iodidliefermat eine Bedeutung hat. Zur Beurteilung wird hierftir die yon der Deutschen Gesellschaft f/Jr Ern~hmng (DGE) empfohlene Iodidzufuhr herangezogen [19]. Ftir Erwachsene wird eine tfigliche Aufnahme von 200 gg angegeben. Als Richtwert fiir die Wasserzufuhr durch Getr~inke werden von der DGE 1-1,3 Liter pro Tag ffir Erwachsene empfohlen [19]. Nur bei einem der untersuchten Mineralwfisser ist der Iodidge- halt (153 gg/L) so hoch, dag durch den Konsum von 1,3 Litern der Tagesbedarf eines Erwachsenen zu 100% gedeckt werden kann. Der in einem Mineralwasser zweith6chste Iodidgehalt von 22 gg/L wfirde bei gleicher

Wasseraufnahme den Bedarf nur noch zu 14 % decken. Alle anderen untersuchten hessischen Mineralw~isser enthalten weniger als 10 % der von der DGE empfohlenen t~iglichen Iodidzufuhr.

Mineralwasser wird inzwischen h~iufig ftir die Zuberei- tung von Sfiuglingsnahrung anstelle yon herk6mmlichem Trinkwasser verwendet. FOr Sfiuglinge werden je nach Alter 50 -80 gg Iod pro Tag und eine Tagestrinkmenge von ca. 710 ml Fltissigkeit angegeben [19]. Selbst bei jtingeren S~iuglingen kann eine nennenswerte Erh6hung der Iodidzu- fuhr nur ausnahmsweise erreicht werden. Die Iodidzufuhr wtirde bei Verwendung des iodidreichsten Mineralwassers mit 217 % der normalen Tagesmenge deutlich zu hoch sein. Andererseits wird der Bedarf durch die Mineralwgsser mit dem zweit- bzw. dritth6chsten Iodidgehalt nur noch zu 31% bzw. 20% gedeckt. Beim filteren S~iugling sinkt die Tages- trinkmenge auf ca. 400 mL, wfihrend vermehrt feste Nah- rung aufgenommen wird [19]. Wegen des h6heren Iodbe- darfs ist eine vollst~indige Deckung auch mit dem iodreich- sten Mineralwasser nicht zu erzielen.

Die tatsgchliche Iodzufuhr bei Erwachsenen liegt bei maximal 80 gg pro Tag und somit deutlich niedriger als die Forderung der DGE von 200 gg Iod pro Tag [1, 19]. Um eine ausreichende Iodversorgung der Bev61kerung sicher- zustellen, wird empfohlen, generell iodiertes Speisesalz (mind. 15 mg Iod/kg) im Haushalt und in der Nahrungs- mittelindustrie zu verwenden. Vorgeschlagen wird auch, iodangereicherte Futtermittel einzusetzen, um die Iodidge- halte in Milch und Eiern zu erh6hen [19]. Milch und Milchprodukte k6nnen mit einem Iodgehalt von 3 - 6 ~tg/ 100 mL Milch aufgrund ihrer hohen t~iglichen Verzehrs- menge einen wesentlichen Beitrag leisten [1]. Einen hohen Iodgehalt haben Seefische wie z.B. Seelachs (ca. 1 mg/kg) oder Kabeljau (ca. 3,3 mg/kg). Nur der mehrmalige Fisch- verzehr pro Woche k6nnte den Bedarf decken. 1988 lag der Seefischkonsum allerdings nur bei 150 g pro Person und Woche, so dab aufgrund der Ern~ihrungsgewohnheiten in der BRD das Ioddefizit dadurch nicht ausgeglichen werden kann [1]. Hohe Iodgehalte bis tiber 100 mg/kg k6nnen Meeresalgen. aufweisen, die als Nahrungserg~nzungsmittel im Handel angeboten werden. Derart hohe Gehalte sind bei einem Lebensmittel toxikologisch bedenklich [12]. Bei einer Iodzufuhr von mehr als 500 gg pro Tag, sind durch Iod induzierte Uberfunktionen der Schilddrtise zu erwarten [2]. Schon dutch den t~glichen Verzehr von 5 g solcher Algen kann diese Menge erreicht werden. Eine Aufnahme in dieser Gr613enordnung ist in Form von iodiertem Koch- salz oder anderen iodhaltigen Nahrungsmitteln in der Regel kaum m6glich [2].

315

Im Vergleich zu den genannten relativ iodreichen Le- bensmitteln ist nattirliches Mineralwasser mit einem mit- tleren Gehalt yon 6 ~tg/L, auch unter Berficksichtigung von hohen Verzehrsmengen und groger Verzehrsh~iufigkeit, nicht geeignet den Iodmangel zu verringern. Die untersuch- ten hessischen nattirlichen Mineralw~sser sind daher mit einer Ausnahme hinsichtlich ihres Beitrags zur Iodidver- sorgung der Bev61kerung yon geringer Bedeutung.

Danksagung FUr die Durchffihrung der ICP-MS-Analysen danken wir Herrn Dr. J. Sondermann vom Staatlichen Medizinal-, Lebens- mittel- und Veterinfiruntersuchungsamt Nordhessen, Kassel, sowie Herrn Dr. R Fecher vom Landesuntersuchungsamt ftir das Gesund- heitswesen, Erlangen.

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