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Beitragsserie Klimaänderung und Klimaschutz 115 © ecomed verlagsgesellschaft AG & Co. KG, D-86899 Landsberg und Ft. Worth/TX • Tokyo • Mumbai • Seoul • Melbourne • Paris UWSF – Z Umweltchem Ökotox 16 16 16 16 16 (2) 115 – 124 (2004) Beitragsserie: Klimaänderung und Klimaschutz Hrsg.: Prof. Dr. Detlev Möller, Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus, Lehrstuhl für Luftchemie und Luftreinhaltung, Volmerstr. 13, D-12489 Berlin ( [email protected]; http://www.luft.tu-cottbus.de) Klimafolgenforschung Mögliche Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Gesellschaft – Fallstudien Beitrag 2: Fallstudien [UWSF 16 (2)115–124 (2004)] Beitrag 1: Problemstellung und Grundlagen [UWSF 15 (4) 251–261 (2003)] Manfred Stock Dr. Manfred Stock, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Postfach 601203, D-14412 Potsdam ( [email protected]) Abstract Climate Impact Research: Impacts of Climate Change on the Society, II. Case Studies Some case studies are described to show progress, potentials and limits of present day climate impact research. The exam- ples given cover impacts on Lakes worldwide, Europe's cost lines, landscapes in the USA, South America and in Germany and on the people living there. Forecasts using not only future scenarios of climatic but of societal change as well are rare. It is rather state of the art to use future climate scenarios to analyse the vulnerability of today's regional structures. The objective is to identify weak points and measures to eliminate them. Mostly the analysis is based on the consideration of global climate sce- narios on one hand and regionally specific economic patterns on the other. But now regionalized climate models and scenarios are used more and more to describe climate change. In most impact studies more accurate and concrete results are obtained and this is demonstrated in the Brandenburg study. Keywords: Agriculture; climate change; climate impact research; climate scenarios; climate variability; climate; coastal protec- tion; energy systems; fishery; forestry; global change; greenhouse- gas emissions; integrated modeling; water supply, problems DOI: http://dx.doi.org/10.1065/uwsf2004.04.080 Zusammenfassung Fortschritte, Möglichkeiten und Grenzen der heutigen Klima- folgenforschung werden anhand einiger Fallstudien aufgezeigt. Die Beispiele behandeln die Auswirkungen des Klimawandels auf Seengebiete in aller Welt, Europas Küsten, Landschaften in den USA, Südamerika und in Deutschland und auf die dort lebenden Menschen. Nur in Ausnahmefällen werden Prognosen versucht, die neben der Klimaänderung auch Szenarien der zukünftig be- troffenen Gesellschaft einbeziehen. Überwiegend wird stattdessen anhand eines zukünftigen Klimaszenarios analysiert, wie verwund- bar die heutigen Strukturen in einer Region sind. Ziel ist die Iden- tifikation von Schwachstellen und von Maßnahmen um diese zu beseitigen. In der Regel werden dazu einerseits globale Klimas- zenarien und andererseits regional spezifische Wirtschaftsstruk- turen betrachtet. Inzwischen werden aber zunehmend regionali- sierte Modelle und Szenarien zur genaueren Beschreibung der Klimaänderung herangezogen, da die konkreten Auswirkungen vielfach nur damit realitätsnah genug ermittelt werden können. Dies wird am Beispiel der Brandenburg-Studie näher beleuchtet. Schlagwörter: Energiesystem, Globaler Wandel; Integrierte Mo- dellierung; Fischerei; Forstwirtschaft; Klima; Klimaänderung; Klimafolgenforschung; Klimawandel; Klimaszenarien; Klimava- riabilität; Küstenschutz; Landwirtschaft; Treibhausgasemissio- nen; Wasserbedarf; Wasserverfügbarkeit 1 Fortschritte der Klimafolgenforschung Ausprägung und Auswirkungen des Klimawandels sind regi- onal sehr differenziert mit teilweise sogar gegenläufigen Trends. Die Grundlagen zur unterschiedlichen Entwicklung der Klima- parameter sowie der regionalen Empfindlichkeiten und An- passungsmöglichkeiten wurden in einem früheren Beitrag aus- geführt (Stock 2003). Konkrete Aussagen zu Klimafolgen erfordern detaillierte Fallstudien mit den spezifischen regio- nalen Besonderheiten. Je nach Verknüpfung von Ursachen und Folgen ist der regionale Bezug eher naturräumlich oder admi- nistrativ. Studien zur Wasserverfügbarkeit orientieren sich oft an Flusseinzugsgebieten, während bei der Wasserversorgung eher staatliche oder verwaltungstechnische Einheiten betrach- tet werden. Insgesamt gab es im letzten Jahrzehnt bedeutende Fortschritte bei Methodik und Konkretisierung der Aussagen zu möglichen Klimafolgen. 1.1 Entwicklung der Methoden bei regionalen Fallstudien Die Mehrzahl der Studien zur zukünftigen Klimaentwicklung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen verwenden globale Emissionsszenarien und die Ergebnisse globaler Klimamodelle. Der Bezug zur Region erfolgt hauptsächlich über die jeweiligen spezifischen Verwundbarkeiten. Ein gu- tes Beispiel für dieses Vorgehen mit Informationen zur un- terschiedlichen regionalen Betroffenheit durch den Klima- wandel liefert der letzte Bericht der Arbeitsgruppe 2 des IPCC (IPCC 2001) und speziell das Kapitel 13 zu Europa (Kundze- wicz 2001). Ein solcher global orientierter Ansatz liefert aufgrund der noch unzureichenden Auflösung der globalen Modelle eine eher grobe Vororientierung und sollte zur Ab- leitung konkreter Maßnahmen durch regionalisierte Metho- den ergänzt werden. Einige Studien versuchten, insbesondere in einem frühen Entwicklungsstadium der Klimamodelle,

Beitragsserie: Klimaänderung und Klimaschutzstock/paper/uwsf_2004_2_115-124.pdf · an Flusseinzugsgebieten, während bei der Wasserversorgung ... die Fallstudien Sylt (Daschkeit

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Beitragsserie Klimaänderung und Klimaschutz

115© ecomed verlagsgesellschaft AG & Co. KG, D-86899 Landsberg und Ft. Worth/TX • Tokyo • Mumbai • Seoul • Melbourne • ParisUWSF – Z Umweltchem Ökotox 1616161616 (2) 115 – 124 (2004)

Beitragsserie: Klimaänderung und Klimaschutz

Hrsg.: Prof. Dr. Detlev Möller, Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus, Lehrstuhl für Luftchemie und Luftreinhaltung,Volmerstr. 13, D-12489 Berlin ([email protected]; http://www.luft.tu-cottbus.de)

KlimafolgenforschungMögliche Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Gesellschaft – FallstudienBeitrag 2: Fallstudien [UWSF 16 (2)115–124 (2004)]Beitrag 1: Problemstellung und Grundlagen [UWSF 15 (4) 251–261 (2003)]

Manfred Stock

Dr. Manfred Stock, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Postfach 601203, D-14412 Potsdam ([email protected])

Abstract

Climate Impact Research: Impacts of Climate Changeon the Society, II. Case Studies

Some case studies are described to show progress, potentialsand limits of present day climate impact research. The exam-ples given cover impacts on Lakes worldwide, Europe's costlines, landscapes in the USA, South America and in Germanyand on the people living there. Forecasts using not only futurescenarios of climatic but of societal change as well are rare. It israther state of the art to use future climate scenarios to analysethe vulnerability of today's regional structures. The objective isto identify weak points and measures to eliminate them. Mostlythe analysis is based on the consideration of global climate sce-narios on one hand and regionally specific economic patternson the other. But now regionalized climate models and scenariosare used more and more to describe climate change. In mostimpact studies more accurate and concrete results are obtainedand this is demonstrated in the Brandenburg study.

Keywords: Agriculture; climate change; climate impact research;climate scenarios; climate variability; climate; coastal protec-tion; energy systems; fishery; forestry; global change; greenhouse-gas emissions; integrated modeling; water supply, problems

DOI: http://dx.doi.org/10.1065/uwsf2004.04.080

Zusammenfassung

Fortschritte, Möglichkeiten und Grenzen der heutigen Klima-folgenforschung werden anhand einiger Fallstudien aufgezeigt.Die Beispiele behandeln die Auswirkungen des Klimawandels aufSeengebiete in aller Welt, Europas Küsten, Landschaften in denUSA, Südamerika und in Deutschland und auf die dort lebendenMenschen. Nur in Ausnahmefällen werden Prognosen versucht,die neben der Klimaänderung auch Szenarien der zukünftig be-troffenen Gesellschaft einbeziehen. Überwiegend wird stattdessenanhand eines zukünftigen Klimaszenarios analysiert, wie verwund-bar die heutigen Strukturen in einer Region sind. Ziel ist die Iden-tifikation von Schwachstellen und von Maßnahmen um diese zubeseitigen. In der Regel werden dazu einerseits globale Klimas-zenarien und andererseits regional spezifische Wirtschaftsstruk-turen betrachtet. Inzwischen werden aber zunehmend regionali-sierte Modelle und Szenarien zur genaueren Beschreibung derKlimaänderung herangezogen, da die konkreten Auswirkungenvielfach nur damit realitätsnah genug ermittelt werden können.Dies wird am Beispiel der Brandenburg-Studie näher beleuchtet.

Schlagwörter: Energiesystem, Globaler Wandel; Integrierte Mo-dellierung; Fischerei; Forstwirtschaft; Klima; Klimaänderung;Klimafolgenforschung; Klimawandel; Klimaszenarien; Klimava-riabilität; Küstenschutz; Landwirtschaft; Treibhausgasemissio-nen; Wasserbedarf; Wasserverfügbarkeit

1 Fortschritte der Klimafolgenforschung

Ausprägung und Auswirkungen des Klimawandels sind regi-onal sehr differenziert mit teilweise sogar gegenläufigen Trends.Die Grundlagen zur unterschiedlichen Entwicklung der Klima-parameter sowie der regionalen Empfindlichkeiten und An-passungsmöglichkeiten wurden in einem früheren Beitrag aus-geführt (Stock 2003). Konkrete Aussagen zu Klimafolgenerfordern detaillierte Fallstudien mit den spezifischen regio-nalen Besonderheiten. Je nach Verknüpfung von Ursachen undFolgen ist der regionale Bezug eher naturräumlich oder admi-nistrativ. Studien zur Wasserverfügbarkeit orientieren sich oftan Flusseinzugsgebieten, während bei der Wasserversorgungeher staatliche oder verwaltungstechnische Einheiten betrach-tet werden. Insgesamt gab es im letzten Jahrzehnt bedeutendeFortschritte bei Methodik und Konkretisierung der Aussagenzu möglichen Klimafolgen.

1.1 Entwicklung der Methoden bei regionalen Fallstudien

Die Mehrzahl der Studien zur zukünftigen Klimaentwicklungund den sich daraus ergebenden Konsequenzen verwendenglobale Emissionsszenarien und die Ergebnisse globalerKlimamodelle. Der Bezug zur Region erfolgt hauptsächlichüber die jeweiligen spezifischen Verwundbarkeiten. Ein gu-tes Beispiel für dieses Vorgehen mit Informationen zur un-terschiedlichen regionalen Betroffenheit durch den Klima-wandel liefert der letzte Bericht der Arbeitsgruppe 2 des IPCC(IPCC 2001) und speziell das Kapitel 13 zu Europa (Kundze-wicz 2001). Ein solcher global orientierter Ansatz liefertaufgrund der noch unzureichenden Auflösung der globalenModelle eine eher grobe Vororientierung und sollte zur Ab-leitung konkreter Maßnahmen durch regionalisierte Metho-den ergänzt werden. Einige Studien versuchten, insbesonderein einem frühen Entwicklungsstadium der Klimamodelle,

Klimaänderung und Klimaschutz Beitragsserie

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ohne diese auszukommen, z.B. unter Verwendung extremerhistorischer Wetterdaten, wie in der weiter unten beschrie-benen MINK-Studie (Rosenberg 1993). Inzwischen gibt es –zusätzlich zu diesen beiden Herangehensweisen – drei unter-schiedlich weit entwickelte Verfahren zur Regionalisierung derKlimaänderungen, die im ersten Beitrag vorgestellt und disku-tiert wurden (Stock 2003). Die verschiedenen Methoden inder Reihenfolge ihres Entwicklungsstands sind:(0) Konstruktion eines artifiziellen zukünftigen Klimas aus extremen

historischen Wetterdaten aus der Region,(1) Berechnung der Klimaänderung mit globalen Klimamodellen, de-

ren regionale Auflösung aber für die Ableitung bestimmter Aus-wirkungen unzureichend ist,

(2) Methoden zum statistischen 'Downscaling' globaler Ergebnisse inden regionalen Maßstab,

(3) Simulation von Klimaszenarien mittels einer statistischen Kopp-lung globaler Trendrechnungen und regionaler Klimadatensätzemit dem Modell STAR (Werner 1997) und

(4) Entwicklung regionaler Klimamodelle hoher Auflösung, angetrie-ben durch ein globales Modell.

Methode (0) wird nur noch in Ergänzung zu anderen Metho-den verwendet, (1) ist derzeit Standard, wobei (2) demgegen-über nur in bestimmten Fällen punktuelle Vorteile bringt, z.B.bei der Analyse der Bedrohung von Küstenzonen. Methode(3) liefert derzeit die brauchbarsten Ergebnisse zu regionalenAuswirkungen und (4) wird voraussichtlich in wenigen Jah-ren der gültige Standard sein. Verschiedene Projekte habendas Ziel, die Ungenauigkeiten regionaler Klima- und Klima-änderungssimulationen einzugrenzen (Frei 2003, Keuler 2003).

1.2 Organisationen, Programme und Projekte im Überblick

Verschiedene Organisationen, Netzwerke, Projekte und Pro-gramme zu regionalen Studien über Klimafolgen sind inTabelle 1 aufgeführt, ohne damit einen Anspruch auf Voll-ständigkeit zu erheben. Angegeben ist auch, welche der obengenannten Methoden in den Projekten zum Einsatz kommen.

Orientierende Analysen, wie in ACACIA zeigen, dass selbstbei einem Szenarium mit geringer Erwärmung gravierende

Kurzname Methode Beschreibung und Informationen

ACACIA (1) A Consortium for the Application of Climate Impact Assessments <http://www.cgd.ucar.edu/cas/ACACIA/> Europa-Studie (Parry 2000): <http://europa.eu.int/comm/research/rtdinfo/de/27/climat.html>

BayFORKLIM (1) Forschungsverbund zu Klimaänderungen in Bayern und ihre Auswirkungen (bis 1998), (Enders 1999) <http://www.bayforklim.uni-muenchen.de/>

Brandenburg-Studie (3) PIK-Studie zur klimatischen Entwicklung in Land Brandenburg bis 2055 (Gerstengarbe 2003) <http://www.pik-potsdam.de/news/brdbg_studie.html>

CLIMAS (1) U.S. Climate Assessment Project for the Southwest, (Carter 2003) <http://www.ispe.arizona.edu/climas/index.html>

CSIRO Australia's Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation, (CSIRO 2001) <http://www.csiro.au>

DEKLIM Deutsches Klimaforschungsprogramm des BMBF <http://www.deklim.de>

GICC (1) Gestion et Impacts du Changement Climatique, (France 2000) <http://medias.obs-mip.fr/gicc/index.html>

GLOWA BMBF-Programm Globaler Wandel des Wasserkreislaufs <http://www.glowa.org/> mit: Projekten z.B. zum Elbe-Einzugsgebiet

GLOWA-Elbe (3)(4) Auswirkungen des Globalen Wandels auf Umwelt und Gesellschaft im Elbe-Gebiet, (Wechsung 2004) <http://www.glowa-elbe.de/>

IPCC (1) Intergovernmental Panel on Climate Change, (IPCC 2001) <http://www.ipcc.ch/>

KLIWA (2)(3) (4) Projekt Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft der Länder Baden-Württemberg und Bayern; (KLIWA 2003) <http://www.kliwa.de/>

KRIM (DEKLIM) (2) Klimawandel und präventives Risiko- und Küstenschutzmanagement an der deutschen Nordseeküste, (Schirmer 2003) <http://www.krim.uni-bremen.de/>

Living Lakes (1) Tyndall: Climate Change and its Impact on the Living Lakes (Hulme 2003)

MINK (0) Missouri, Iowa, Nebraska and Kansas study: regional climate change impact assessment (Rosenberg 1993)

NCCSAP The Netherlands Climate Change Studies Assistance Programme, (Dorland 1999) <http://nccsapnet.eriya.com/>

PIK Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung <http://www.pik-potsdam.de/>

PROCLIM Swiss forum for climate and global change issues, (Schweiz 1999) <http://www.proclim.ch/HomePage.html>

PRUDENCE Prediction of Regional scenarios and Uncertainties for Defining EuropeaN Climate change risks and Effects: EU- Project, (Christensen 2001) <http://prudence.dmi.dk/>

QUIRCS (DEKLIM) (4) Quantification of Uncertainties In Regional Climate and climate change Simulations, (Keuler 2003) <http://www.tu-cottbus.de/meteo/Quircs/home.html>

SWECLIM Swedish Regional Climate Modelling Programm, (Bergström 2001, Graham 2001) <http://www.smhi.se/sweclim/>

TYNDALL Tyndall Centre for Climate Change Research <http://www.tyndall.ac.uk/>

UKCIP UK Climate Impact Programme, (Harrison 2001) <http://www.ukcip.org.uk/>

USGCRP U.S. Global Change Research Program, (USGCRP2000) <http://www.usgcrp.gov/>

WAVES (3) Water Availability, Vulnerability of Ecosystems and Society in the Northeast of Brazil, BMBF Projekt (Gaiser 2002)

Tabelle 1: Organisationen, Programmen und Projekten zu regionalen Fallstudien über die Auswirkungen von Klimaänderungen. Die in den Projekteneingesetzten Methoden (0) bis (4), gemäß Beschreibung in Abschnitt 1.1, kennzeichnet Spalte Meth. Die Liste soll einen Eindruck der vielfältigenAktivitäten vermitteln und ist keine vollständige Auswahl

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saisonalen Klimaveränderungen in Europa auftreten kön-nen (Parry 2000). Dies könnte bedeuten, dass es praktischkeine kalten Winter mehr gäbe und die Wahrscheinlichkeitmehrerer heißer Sommer in Folge häufig über 90% läge,gegenüber derzeit 10%. Dieses Phänomen würde sich weitüber die Grenzen der traditionell warmen Regionen in Süde-uropa erstrecken und nicht nur die Alpen, sondern auch ganzSkandinavien und den Nordwesten Russlands einbeziehen.Die Auswirkungen auf den Wasserzyklus kämen durch eineErhöhung der winterlichen Niederschläge zum Ausdruck,während sich die Kontraste in der Sommerzeit verstärkenwürden: schlimmere Dürreperioden im ganzen Mittelmeer-raum, im Norden hingegen im gleichen Zeitraum eine Zu-nahme der durchschnittlichen Regenmengen.

2 Ausgewählte Beispiele regionaler Fallstudien

2.1 Klimaänderung und Küste

Ein besonderer Fall sind die Küstenregionen. Im Laufe des20. Jahrhunderts ist das Niveau der Europa umgebendenMeere um 10 bis 20 cm gestiegen. Dieses Phänomen dürftesich fortsetzen und bis zum Jahr 2050 ist mit weiteren 13bis 68 cm zu rechnen (IPCC 2001). Der Anstieg der Wasser-massen wird im Norden durch die Hebung Nordeuropasteilweise ausgeglichen werden, während der Süden und dieMitte des Kontinents langsam absenken, bis 2080 um vor-aussichtlich 5 cm. Daraus ergeben sich verschiedene Folgenfür die Küstengebiete: Verlagerung von Sümpfen und über-flutbaren Gebieten, Erosion der Küsten, Zunahme von Über-schwemmungen und Sturmschäden, verschärfte Versalzungs-und Entwässerungsprobleme. Diese Aussichten sind beun-ruhigend, weil ein Drittel der europäischen Bevölkerung aufeinem 50 km breiten Streifen entlang der Meere lebt – inmanchen Ländern sind es sogar 100%, zum Beispiel in Dä-nemark. Die am stärksten gefährdeten Regionen sind jene,die schon jetzt unter dem Meeresspiegel liegen, wie der Wes-ten der Niederlande (Dorland 1999).

Vor diesem Hintergrund wurde 1991 das Bund-Länder-Pro-gramm 'Klimaänderung und Küste' gestartet, in dem die Fra-ge der Verwundbarkeit von Küstenzonen untersucht wurde(Schellnhuber 1993, Sterr 2000). Aufbauend auf den Ergeb-nissen gibt es im Programm DEKLIM zur Frage der Gefähr-dung der deutschen Nordseeküste verschiedene Projekte, wiedie Fallstudien Sylt (Daschkeit 2002) und Weserästuar (Pro-jekt KLIMU, Schirmer 1999) und zu den Konsequenzen fürein integriertes Küstenzonenmanagement (Projekt KRIM,Schirmer 2003). Einen Überblick gibt ein Beitrag in dieser Se-rie (Daschkeit 2003).

2.2 Die MINK-Studie: ein früher Blick in Nordamerikas Zukunft

Die MINK-Studie, für die Staaten Missouri, Iowa, Nebraskaund Kansas im Herzen der USA, war die als eine der erstenintegrierten regionalen Fallstudien zu Klimafolgen wegweisend.In dieser Studie wurden 1988 bis 1991 die möglichen Auswir-kungen einer Klimaänderung auf Landwirtschaft, Wälder,Wasserressourcen, Energieversorgung und Wirtschaftskraft derRegion im Jahre 2030 untersucht (Rosenberg 1993).

Als Referenzklima dienten die mittleren Klimaverhältnisseder Jahre 1951–1980. Im Unterschied zu anderen, späterenUntersuchungen wurde das zukünftige Klima des Jahres 2030nicht aus Rechnungen mit Klimamodellen ermittelt, sondernaus realen Wetterdaten der Dreißiger Jahre konstruiert. Ba-sis waren tägliche Daten zu Temperatur und Niederschlagvon 17 Wetterstationen der Region unter Einschluss vonVariabilität und Wetterextremen. Strahlungsdaten und an-dere Klimaparameter lagen in niedrigerer Auflösung vor. Daskonstruierte analoge Klimaszenarium für 2030 lag im Jahres-mittel um ca. 1°C über dem Referenzklima, während diejährlichen Niederschläge im Mittel der vier Staaten um 3 bis15% niedriger ausfielen.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal dieser Studie gegen-über anderen ist, dass die Folgen der Klimaänderung nichtfür die heutigen regionalen Verhältnisse, sondern für ange-nommene des Jahres 2030 untersucht wurden, abgeschätztaus demographischen, ökonomischen und technologischenProjektionen. Zu diesem Punkt gab es hauptsächlich Kritikan der Studie wegen der dadurch zusätzlich ins Spiel kom-menden Unsicherheiten in den Ergebnissen. Ein dritter Un-terschied ist der Versuch einer integrierten Betrachtung regi-onaler Wechselwirkungen zwischen den betrachteten Wirt-schaftszweigen mittels eines Input-Output-Modells. Viertenswurde zusätzlich angenommen, dass die Betroffenen dieKlimawirkungen nicht passiv erdulden, sondern aktiv dro-hende Verluste durch Anpassung vermindern.

In der Untersuchung zur Landwirtschaft wurden, verteilt überdie Region, 50 repräsentative Farmen ausgewählt und ihrespezifischen Daten zu Bodenart, Wetterbedingungen undProduktionsweise erfasst. Die Auswirkungen der Klima-änderung auf landwirtschaftliche Erträge, Verdunstungsratenund Wasserverbrauch wurden mit dem Getreidemodell EPICin Abhängigkeit von Getreideart, Tagesklima und Bewirtschaf-tungsweise ermittelt. Aus den Einzelergebnissen der 50 Far-men wurden regional aggregierte Werte gewonnen. Im Ergeb-nis lagen die landwirtschaftlichen Erträge des Jahres 2030 beiBerücksichtigung der Klimawirkungen allein 22% unter denReferenzwerten, erhöhte CO2 Konzentrationen reduzieren dieVerluste auf –8% und durch zusätzlich angepasste Bewirtschaf-tung können sich schließlich sogar 3% Steigerung ergeben.

In den parallel durchgeführten Untersuchungen zu anderenSektoren zeigte sich die Wasserwirtschaft als besonders proble-matisch, da hier politische Entscheidungsspielräume und mög-liche Nutzungskonflikte eine große Rolle spielen. Beispielsweisehängen die landwirtschaftlichen Ertragsverluste wesentlich vonBewässerungsmaßnahmen ab und hier könnte ein Nutzungs-konflikt mit der Wasserführung im Missouri auftreten.

2.3 BayFORKLIM – Klimaänderungen und Auswirkungenin Bayern

Im Bayerischen Forschungsverbund BayFORKLIM kooperier-ten von 1990 bis 1998 verschiedene bayerische Institutionen,um Klimaänderungen in Bayern und ihre Auswirkungen aufMikroorganismen, Pflanzen, Tiere und den Menschen zu un-tersuchen. Neben einer Analyse von Klimadaten der Vergan-genheit ging es um die zukünftigen Auswirkungen der anthro-pogen verursachten Klimaänderungen (Enders 1999).

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2.3.1 Klimaentwicklung in Bayern: Vergangenheit und Zukunft

In den letzten dreißig Jahren des letzten Jahrhunderts wur-den einige relevante Veränderungen festgestellt:

• die Nebelhäufigkeit hat im Bergland zu-, im Flachland dagegenüberwiegend abgenommen,

• die Häufigkeit bzw. Mächtigkeit von Wolken und die Trübung durchAerosole hat zugenommen,

• die Globalstrahlung, d.h. das kurzwellige Strahlungsangebot derSonne, hat als Folge abgenommen,

• die Ozonschichtdicke hat im Mittel rund 3% pro Jahrzehnt abge-nommen und dadurch nahm die UV-Strahlung gegenüber der Zeitmit ungestörtem Ozon (also seit etwa 1967) stark zu.

Die regionale Klimavorhersage um 50 Jahre in die Zukunftberuht zum einen auf früheren Szenarien des IPCC über diekünftigen Konzentrationen der wichtigsten Treibhausgase, zumandern stützt sie sich auf globale Klimasimulationen. Die Rech-nungen in BayFORKLIM zeigten folgende Entwicklungen:• Die Klimate der einzelnen Regionen Bayerns ändern sich nicht gleich-

artig. So könnte die zukünftige sommerliche Temperaturzunahme inNordbayern um 2 Grad geringer ausfallen als am Bodensee.

• Generell wird die Temperatur im Winter nur geringfügig, der Nieder-schlag vor allem im Südwesten deutlich zunehmen. Für Frankendagegen sollte sich eher eine Niederschlagsabnahme ergeben.

• Der sommerliche Niederschlag wird vor allem im Südwesten Bay-erns abnehmen.

• Mit der Niederschlags- und Temperaturänderung geht eine Zunah-me des Abflusses im Winter einher, aber eine Abnahme im Sommer.Hochwassersituationen könnten im Winter häufiger werden, Anzahlund Dauer von Trockenperioden dagegen im Sommer größer.

• Die hohen UV-Werte der letzten Jahre werden speziell im Winterund Frühling noch für mehrere Jahrzehnte anhalten.

2.3.2 Abschätzung von Auswirkungen der Klimaänderung

Die Untersuchungen zu den Auswirkungen veränderter Klima-bedingungen erfolgten in verschiedenen räumlichen Maßstä-ben regional bis lokal, z. B. zum Einfluss des Flughafens Mün-chen II. Schwerpunkte waren der Klimaeinfluss auf Wald- undLandwirtschaft, sowie die Wirkung von UV-B auf terrestrischeund aquatische Ökosysteme und schließlich auf den Menschen:• Für den alpinen Wald lässt das in der Vergangenheit gezeigte

Anpassungs- und Beharrungsvermögen keine drastischen Ände-rungen in der Zukunft erwarten. Der Temperaturanstieg wird eineVerschiebung der heutigen Obergrenze von Waldgesellschaftenum 50–100 m zur Folge haben, wobei insbesondere die Buchebegünstigt wird. Gehen die sommerlichen Niederschläge zurück,so wird der Anteil an Kiefern steigen, nehmen sie entgegen derModellprognose zu, so steigt die Biomassenproduktion der Berg-wälder unter stärkerer Zunahme der Buche.

• Die photosynthetische CO2-Assimilation, die Biomasseproduktionvon höheren Pflanzen und auch der Ernteertrag werden durchÄnderungen der UV-Strahlung beeinflusst. Allerdings hat sich er-geben, dass eine Erhöhung der UV-Strahlung selbst im Rahmeneines pessimistischen Szenarios generell nicht zu deutlichen Än-derungen der Biomasseproduktion bzw. des Ernteertrags führt.

• Ähnliches gilt für am Anfang der Nahrungskette stehende Plankton-organismen, die im Stoffkreislauf von Seeökosystemen eineSchlüsselposition einnehmen. Bei ihnen sind zumindest in Ober-flächennähe Gefährdungen nicht auszuschließen.

• Beim Menschen tritt bereits jetzt eine dramatische Zunahme malig-ner Melanome zutage, die mit Sonnenbränden in der Kindheit undmit späterem exzessiven Sonnenbaden assoziiert ist, und noch zu-nehmen könnte. In BayFORKLIM wurden aussichtsreiche Maßnah-men zur Anpassung an diese zukünftige Entwicklung untersucht.

2.3.3 Folgerungen aus der BayFORKLIM-Studie undEmpfehlungen

Die Folgerungen in BayFORKLIM waren:• Die über Jahrzehnte auch für den Menschen noch bedenkliche UV-

Situation erfordert rasche und intensive Aufklärung und Vorsorgegegenüber einer weiteren Zunahme strahlungsbedingter Melanome.

• Erhöhte Aufmerksamkeit sollte der weiteren Entwicklung derNiederschlagsverhältnisse gelten, wo nach den Szenarien imWinterhalbjahr im Alpenvorland verstärkte Hochwassersituationenauftreten können, während im Sommer schon jetzt relativ trockeneRegionen wie Franken mit einer Abnahme von Niederschlag undGrundwasserneubildung rechnen müssen.

• Aus allen anderen durch BayFORKLIM für ein 2xCO2-Szenarioprognostizierten Änderungen ergab sich snach dem damaligenWissensstand kein akuter Handlungsbedarf.

Letzteres könnte aber aus heutiger Sicht bei Anwendungregionalisierter Klimaszenarien anders aussehen. Aufgrundbeschränkter Ressourcen und der nach dem damaligen Standder Wissenschaft begrenzten Möglichkeiten der Methodenkonnten in BayFORKLIM nicht alle kausalen Zusammen-hänge im Wirkungsgefüge 'Klima – Umwelt – Mensch' adä-quat betrachtet werden. Hier besteht daher inzwischen einerneuter Untersuchungsbedarf, z.B. zu Bergregionen undFlusseinzugsgebieten. Weiterführende Untersuchungen lau-fen derzeit im Programm 'Klimaveränderung und Konse-quenzen für die Wasserwirtschaft' (KLIWA 2003).

2.4 Bedrohung von Seen im Klimawandel –ein globales Problem

Der Zustand des Bodensees im Hitzesommer 2003 lässt ah-nen, welche Probleme mit der Klimaänderung auf große Seender Erde zukommen können. Verendete Fische, stinkendeAlgenteppiche und abgestorbene Wasserpflanzen prägten ne-ben einer teilweise lahm gelegten Schifffahrt das Bild. Der Pe-gel bei 2,65 m bei Konstanz (normal 3,74) war der niedrigsteWasserstand im September seit 136 Jahren (Odenwald 2003).

Am britischen Tyndall Centre wurde eine Studie zu 23 Seenauf fünf Kontinenten vorgestellt, die zum internationalen Seen-Netzwerk 'Living Lakes' gehören (Hulme 2003). Grundlageder Analyse bilden Ergebnisse und Modelle zum Klima-wandel aus dem letzten IPCC Bericht (IPCC 2001). Danachwerden sich alle untersuchten Seen in den kommenden Jahr-zehnten spürbar erwärmen (Tabelle 2).

In tropischen Gewässern, wie dem Viktoriasee in Ostafrika,steigen die Temperaturen um mehr als 3°C, der Bodenseeerwärmt sich mit 4,6°C sogar noch stärker und Seen in denhohen nördlichen Breiten trifft es mit ca. 6°C am stärksten.Hinsichtlich der Niederschlagsentwicklung zeigt sich ein nochstärker differenziertes Bild. Einige Seen, beispielsweise derBaikal in Sibirien, werden höhere Niederschläge als bishererhalten, während vielen dagegen gravierende Wasserverlustedrohen, vor allem in Südeuropa oder in den Tropen. Negati-ve Auswirkungen für Tier- und Pflanzenwelt und Millionenan und von den Seen lebenden Menschen können aber so-wohl zu- wie abnehmende Niederschläge mit sich bringen.Der Baikal, tiefster und wasserreichster See der Erde, wirdnach den Berechnungen im Winter deutlich kürzer gefrorensein und erreicht im Sommer Badetemperaturen. Die dadurchveränderte Temperaturschichtung kann in der Folge zur Un-

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terbrechung der Nahrungskette führen, an deren Ende dieBaikal-Robben stehen. Der infolge der Niederschlagszunahmezu erwartende höhere Pegel des Sees könnte sich nachteiligauf die für die Menschen am See liegenden Siedlungen, Infra-struktur- und Hafenanlagen auswirken.

Weniger Regen bei gleichzeitig höheren Verdunstungsratenlassen beim Uluabat-See in der nordwestlichen Türkei zukünftigdie Pegel sinken und dies gefährdet die hohe Artenvielfalt die-ses Gewässers. Der Plattensee in Ungarn wird wahrscheinlichsogar ganz verschwinden. Europas größter Steppensee war im

Rekordsommer 2003 im Mittel nur noch 2,30 m tief, statt dernormalen 2,70 m. Am Viktoriasee könnten der Tyndall-Stu-die zufolge stark schwankende Wasserstände infolge von Tro-ckenzeiten einerseits und heftigen Starkregenereignissen ande-rerseits auftreten. Die unregelmäßig steigenden und fallendenPegel des Sees führen zu Überflutungen von Agrarflächen undVerkehrswegen oder lassen den Fischfang zurückgehen.

Nur wenige Gewässer könnten vom Klimawandel profitie-ren, wie Argentiniens größter See Mar Chiquita. Bereits inder Vergangenheit gab es eine Zunahme der Niederschläge,

See Lage DJF Temperatur-

Differenz

JJA Temperatur-

Differenz

DJF Niederschlag

Differenz

JJA Niederschlag-

Differenz The Broads Norfolk/Suffolk, UK 3.3 3.6 22

>> –20 <<

Bodensee Deutschland, Österreich, Schweiz

4.0 4.6 17 >

–16 <

Lake La Nava Castile-León, Spanien 3.0 5.2 2 >?<

–32 <<

Milicz Ponds Slask, Polen 5.0 3.8 19 >

–3 >0<

Nestos Lakes Hrysoupolis, Griechenland

3.5 5.4 5 >0<

–36 <<

Uluabat Lake Nordwest Turkei 3.2 5.2 –3 >?<

–49 <<

Lake Larache Marokko 3.2 4.2 –18 <

–33 <<

Lake Victoria Uganda, Kenia, Tanzania

2.6 3.5 21 >>

0 >?<

Lake St Lucia KwaZulu Natal, Südafrica

2.5 2.9 10 >

–10 <

Totes Meer Israel, Jordanien, Palästina

3.2 4.2 –13 <

63 >?<

Lakes Peipsi, Vertsjarv Baltic Sea, Estonia, Russia

6.7 3.8 23 >>

5 >?<

Lake Tengiz Kasachstan 5.7 5.6 24 >>

– >?<

Baikalsee Sibirien, Russland 5.6 5.3 36 >>

8 >

Poyang Lake Yangtze River, China 4.4 3.3 –2 >?<

13 >

Lake Biwa Shinga prefecture, Japan

3.3 3.2 –4 >

14 >0<

Mahakam Lakes East Kalimantan, Indonesien

2.4 2.5 2 >?<

7 >

Laguna de Bay Philippinen 2.2 2.4 –4 >?<

9 >

Columbia River Wetlands

British Columbia, Canada

4.4 4.9 12 >

–7 <

Mono Lake California, USA 3.6 4.7 16 >?<

–19 >?<

Laguna Chapal Mexiko 3.0 3.2 –18 >?<

–8 <

Laguna Fuquene Anden, Kolumbien 3.0 3.2 12 >?<

–3 >?<

Pantanal Wetland Brazilien, Bolivien, Paraguay

3.0 3.8 3 >?<

–8 >?<

Laguna Mar Chiquita Argentinien 3.2 2.4 5 >?<

10 >

Zeichenerklärung: >> starker Anstieg > schwacher Anstieg << starker Rückgang < schwacher Rückgang >0< keine Veränderung >?< uneindeutige Veränderung

Tabelle 2: Zusammenstellung der Temperatur- (°C) und Niederschlagsänderungen (%) im Winter (DJF) und im Sommer (JJA) für 23 Seen der Erde nachder Living Lakes Studie (Hulme 2003). Zugrundegelegt wurde der Studie eine globale Klimaänderung nach dem IPCC A2 Szenario für das Jahr 2080relativ zum Zeitraum 1961–1990

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ein sich in die Zukunft wohl fortsetzender Prozess. Dem Ver-lust an Acker- und Siedlungsflächen durch steigende Pegelsteht hier ein unerwarteter Vorteil gegenüber. Der bisher fürFische zu hohe Salzgehalt des Sees wurde verdünnt und Fi-sche wanderten aus den Flüssen ein. Es entwickelte sich hiereine Fischereiwirtschaft, die nach den Berechnungen derTyndall-Studie auch eine Zukunft haben dürfte.

2.5 WAVES: Klimatisch verschärfter Wassermangelim semiariden Nordosten Brasiliens

Die Bevölkerung in den semiariden Gebieten der Erde ist ge-genüber den Auswirkungen des Klimawandels besonders ver-wundbar und benötigt dringend Methoden zur nachhaltigenBewirtschaftung von Wasserressourcen und Landnutzung. Ineinem interdisziplinären Verbundprojekt des BMBF arbei-teten verschiedene deutsche und brasilianische wissenschaft-liche und staatliche Einrichtungen zusammen, um solcheMethoden für den Nordosten Brasiliens zu entwickeln. Fürdie Fallstudie wurden die Provinzen Piauí und Ceará ausge-wählt. Hier traten bereits in jüngster Vergangenheit nach-haltige Klimafolgen in Erscheinung, wie extreme Dürren,dadurch bewirkte Ernteausfälle und in der Folge Migratio-nen in die städtischen Favelas des Südens oder in das Amazo-nasgebiet. Die auslösenden Klimaschwankungen stehen inZusammenhang mit ENSO-Ereignissen (ENSO = El NiñoSouthern Oscillation). Im Projekt wurden unter Berücksich-tigung dieser besonderen regionalen Klimaschwankungen un-ter anderem folgende Modelle und Methoden entwickelt undden brasilianischen Partnern zur Verfügung gestellt:

• Ein integriertes Modell zur strategischen Planung und nachhalti-gen Bewirtschaftung von Wasserressourcen und semiariden land-wirtschaftlich nutzbaren Flächen, in Verbindung mit einem geo-grafischen Boden- und Landnutzungs-Informationssystem,

• Regionale, mit dem Modell STAR entwickelte Klimaszenarien zurlangfristigen Planung bis 2050,

• Modelle und Datensätze zu Wasserverfügbarkeit, Wassermanage-ment, Wasserqualitätsbeurteilung und zur Abschätzung der Kos-ten von Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserversorgung,

• Ein Modell des regionalen Agrarsektors und seines Wasserbedarfsunter Berücksichtigung von Größe und technischer Ausstattungder Farmen,

• Verschiedene Indikatoren und Verfahren zur ackerspezifischenBeurteilung von Erosionsdynamik, Anbauoptionen und Boden-feuchte in Abhängigkeit von Wetter-, Boden- und Vegetationsver-hältnissen,

• Modelle zur Abschätzung der Lebensqualität auf Gemeindeebeneund der Nettomigrationsraten.

Eine ausführliche Beschreibung von Projekt, Methoden undErgebnissen findet man bei (Gaiser 2002). Die im Projekt er-arbeiteten differenzierten Hilfsmittel sollen die lokalen Exper-ten, Entscheider und Landnutzer in die Lage versetzen, überdie Entwicklung zukünftiger Strategien zur besseren Be-wirtschaftung von Wasser- und Bodenressourcen im Klima-wandel hinaus auch bereits die heute drängenden Problemeder Region anzugehen. Eine solche Auseinandersetzung mitden Gegenwartsverhältnissen zur Verminderung der Verwund-barkeit bzw. Steigerung des Anpassungspotenzials im Klima-wandel kennzeichnet diese Art von Studien und unterscheidetsie von prognostisch in die Zukunft gerichteten Untersuchungenwie der früheren MINK-Studie.

Es bietet sich aufgrund der bereits in der Projektlaufzeit zuerkennenden positiven Ansätze zur Umsetzung an, Metho-den und Erkenntnisse in andere semiaride Regionen der Erdezu übertragen. Abzuwarten bleibt aber, wie nachhaltig dieMaßnahmen in der Region auch nach Ende des Projekteswirken werden.

2.6 Region Berlin-Brandenburg: Anpassungsstrategienan drohende Trockenheit

Das aktuelle Klima im Osten Deutschlands ist deutlich tro-ckener als der Westen. Mögliche Auswirkungen des Klima-wandels auf die Region um Berlin wurden bereits vor einigenJahren in einer Pilotstudie untersucht (Stock 1996). Dabeiwurde das Modell STAR entwickelt und erstmals eingesetzt,wobei die methodischen Unsicherheiten noch wesentlich grö-ßer waren als heute. Damals wurde neben zwei Szenarien zu-nehmender Trockenheit auch die theoretische Möglichkeit inBetracht gezogen, dass es feuchter werden könnte. Inzwischenverdichten sich die Modellrechnungen unter Einbeziehung vonWahrscheinlichkeiten zu einem zukünftigen Klimaszenariummit erhöhter Trockenheit. Die Untersuchungen stützen sichwesentlich auf das laufende Projekt GLOWA-Elbe zu den Aus-wirkungen des globalen Wandels auf das Einzugsgebiet derElbe (Wechsung 2004). Hinsichtlich der Klimafolgen inBrandenburg sind die Schwerpunkte Wasserressourcen, Wäl-der und Landwirtschaft (Gerstengarbe 2003).

2.6.1 Klimaszenarien

Das Basisszenarium beschreibt das herrschende Klima in derRegion und seine Entwicklung zwischen 1951 und 2000 aufder Basis von 80 Stationen (Klimahaupt- und Niederschlages-stationen) mit täglich aufgezeichneten Klimaparametern.Brandenburg liegt im Bereich des gemäßigten, kontinenta-len Klimas mit einer durchschnittlichen Jahresmitteltempe-ratur je nach Region zwischen 7,8°C und 9,5°C. Das Landgehört mit einer Jahresniederschlagssumme deutlich unter600 mm (im Nordosten weniger als 500 mm) zu den tro-ckensten Regionen Deutschlands. Dabei zeigen sich bereitsin den letzten Jahrzehnten deutliche Trends:• die mittlere Tagestemperatur ist statistisch signifikant um knapp

1°C gestiegen, wobei der Anstieg im Winterhalbjahr mit +1,6°Cdeutlicher ausfällt als im Sommerhalbjahr (+0,6°C) und

• für den Niederschlag eine Verschiebung vom Sommer (–12,8 mm)in den Winter (+10,4 mm) festzustellen ist.

Das mit dem Modell STAR errechnete Zukunftsszenariumbeschreibt die wahrscheinlichste Änderungsvariante für denZeitraum bis 2055. Innerhalb der nächsten 50 Jahre sinddemnach bei einem moderaten globalen Temperaturanstiegvon 1,4°C folgende Klimaänderungen im Vergleich zur ak-tuellen Situation zu erwarten:• In Brandenburg werden die Temperaturen im Jahrzehnt um 2050

generell mehr als 2°C über denen im vergangenen Referenzzeitraumliegen, bei nur schwach strukturierten räumlichen Differenzen.

• Der Niederschlag geht zurück und das Gebietsmittel der Jahres-summe liegt um 2050 unter 450 mm im Nordosten und unter 400mm im Süden Brandenburgs. Die Abnahme des Niederschlagsist räumlich stark differenziert und reicht von –17,8 mm (südöst-lich von Berlin) bis zu –221 mm um Luckau (Abb. 1).

Beitragsserie Klimaänderung und Klimaschutz

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• Dem steht eine Zunahme der Sonnenscheindauer gegenüber, miteinem höchsten Anstieg von mindestens 0.6 h pro Tag im Nord-westen und Südosten. Dementsprechend ergibt sich auch eineAbnahme der Bewölkung, die am deutlichsten im Rückgang derAnzahl trüber Tage erscheint.

Für den Tourismus, der eine zunehmend größer werdendewirtschaftliche Bedeutung für die Region hat, verspricht diespositive Impulse. Andere Wirtschaftszweige und die Natursind jedoch auch negativ betroffen.

2.6.2 Auswirkungen auf Wasser- Land- und Forstwirtschaft

Untersuchungen mit dem hydrologischen ModellsystemArcEGMO für den Beobachtungszeitraum 1961 bis 1998verdeutlichen, wie angespannt die hydrologische Situationim Land Brandenburg bereits ist und wie empfindlich derWasserhaushalt auf zusätzliche, durch Klimaänderungenhervorgerufene 'Störungen' reagieren könnte. Die Zustands-analyse zeigt, dass die Sickerwassermenge auf etwa 75%der Gesamtfläche Brandenburgs insbesondere in Niederungs-gebieten um bis zu 100 mm/Jahr abgenommen hat und we-sentliche Ursachen für diesen Trend abnehmende Nieder-schläge und zunehmende Temperaturen sind, insbesonderein den 90er Jahren mit ihren 'Jahrhundertsommern'.

Legt man das zukünftige Klimaszenarium zu Grunde, sozeigen die Berechnungen, dass• bereits relativ geringe Änderungen von Temperatur und Nieder-

schlag zu dramatischen Änderungen verschiedener Wasser-haushaltsgrößen führen,

• die Temperaturzunahme insbesondere die Verdunstung im Win-ter erhöht, mit den entsprechenden Auswirkungen auf den inner-jährlichen Wasserausgleich,

• die Sickerwassermenge – als gegenüber Klimaänderungen empfind-lichste Wasserhaushaltskomponente – flächendeckend und im lang-jährigen Mittel um mehr als die Hälfte gegenüber heute abnimmt,

• der weitere Rückgang der Niederschläge bei gleichzeitig zuneh-mender Verdunstung insbesondere im Sommer zu drastischenFolgen, wie einem weiteren Absinken des Grundwasserspiegels,sinkenden Wasserständen in den Flüssen und Problemen bei derWasserverfügbarkeit und Wasserqualität führt,

• in Folge einer solchen klimatischen Änderung die in Brandenburgnoch häufig anzutreffenden ausgedehnten Niederungen, Moore undLuchgebiete in ihrer vielfältigen Funktion verloren gehen könnten.

Die Simulationen repräsentativer Waldstandorte in Branden-burg mit dem Waldsukzessionsmodell 4C zeigen ebenfalls,dass die Auswirkungen des für Brandenburg wahrschein-lichsten Klimaänderungsszenariums zu einem drastischenRückgang des Grundwassereintrags der Wälder führt. Diezukünftigen Auswirkungen auf das Wachstum und damitauf die Kohlenstoffspeicherung fallen in den angepeilten 50Jahren moderat aus. Es ist aber angesichts der sich verschär-fenden Trockenheit davon auszugehen, dass der berechneteHolzzuwachs weniger dem Stammholz denn den Wurzelnzugute kommt.

Die von der Forstwirtschaft betrachteten längeren Zeithori-zonte und Aspekte der Waldbewirtschaftung müssen in zu-künftigen Studien mit einbezogen werden. Dies betrifft vorallem den angelaufenen Waldumbau, bei dem die vorherr-schenden Kiefernmonokulturen nach und nach durch na-turnahe Mischwälder ersetzt werden sollen. Diese Maßnah-me kann auch dem oben genannten erwarteten Rückgangder Grundwasserneubildung entgegenwirken, da Kiefern einsehr hohes Verdunstungspotential besitzen. Anpassungs-maßnahmen dieser Art wurden in der Studie noch nicht hin-sichtlich ihrer Wirksamkeit untersucht.

Das geringe Wasserdargebot während des Sommerhalbjahresist auch der limitierende Faktor für das Wachstum der na-türlichen Vegetation und der landwirtschaftlichen Nutzpflan-zen. Gleichzeitig ist der Wasserverbrauch durch Industrie,Haushalte, Tourismus und Landwirtschaft gemessen amWasserdargebot sehr hoch, so dass es zu Nutzungskonfliktenz.B. zwischen Wasserwirtschaft und Naturschutz kommt.

Betrachtet man die in der Brandenburgstudie untersuchtenAuswirkungen des eher als konservativ zu bezeichnendenKlimaänderungsszenariums, so wir deutlich, dass sich dieseKonflikte zukünftig noch verstärken können. Für den Zeit-raum 2040–2050 ändern sich nach Berechnungen mit dem

Abb. 1: Region Berlin-Brandenburg – Entwicklung der Niederschlagsverteilung im Jahresmittel von der Vergangenheit 1951–2000 (links) in die Zukunft(Mitte: 2046–2055). Deutlich wird die Abnahme in der Differenzdarstellung (rechts)

Klimaänderung und Klimaschutz Beitragsserie

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Modell SWIM zu Wasserhaushalt und Landnutzung, bedingtdurch niedrigere Niederschläge und höhere Temperaturen,folgende Parameter:

• die Evapotranspiration um –13%,• der Gesamtabfluss um –24% gegenüber den jetzigen Werten und• die Grundwasserneubildung um –42%.

Abb. 2: Region Berlin-Brandenburg – Entwicklung der mittleren Grundwasserneubildung von der Vergangenheit in der Dekade1980–1990 (links) in dieZukunft (rechts: 2040–2050). Die zunehmend hellere Färbung verdeutlicht die abnehmende Grundwasserneubildung

Die Verteilung der Grundwasserneubildung über die Landes-fläche in Brandenburg zeigt Abb. 2 im Vergleich Vergangen-heit zu Zukunft.

In Ergänzung dazu zeigt Abb. 3 den Jahresgang von a) Nie-derschlag und b) Grundwasserneubildung, jeweils im Ver-gleich Vergangenheit zu Zukunft.

Abb. 3: Jahresgänge der mittleren Niederschläge (a: oben) und der Grundwasserneubildung (b: unten). Der Rückgang zwischen dem vergangenenJahrzehnt 1980–1990 und dem zukünftigen 2040–2050 erscheint beim Niederschlag moderat, ist dagegen bei der Grundwasserneubildung dramatisch

Beitragsserie Klimaänderung und Klimaschutz

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Diese Daten bestätigen die unabhängig davon mit einem hy-drologischen Modell berechneten Änderungen. Die Ergebnis-se der Rechnungen zeigen folgende Auswirkungen auf die land-wirtschaftlichen Erträge in Brandenburg. Unter Berücksich-tigung eines über den Szenarienzeitraum steigenden CO2-Düngeeffektes auf die Pflanzen werden sich unter den Sze-narienbedingungen die Winterweizenerträge für den Zeitraum2020–2030 um –17% und für den Zeitraum 2040–2050 um–7% gegenüber den heutigen Erträgen ändern, während dieMaiserträge um +2% für den ersten Szenarienzeitraum und+8% für den zweiten Szenarienzeitraum steigen werden. Die-ses Ergebnis deutet Möglichkeiten zur Anpassung an denKlimawandel durch veränderte Fruchtwahl an. Auch Wein-bau könnte in Brandenburg mit gutem Erfolg betrieben wer-den. Eine weitere Maßnahme wäre die, hier nicht untersuchteBewässerung, bei der Kosten und Nutzungskonflikte angesichtsabnehmenden Wasserdargebots problematisch sein könnten.

2.6.3 Resümee zur Brandenburgstudie

Die Landschaft in Brandenburg wird geprägt durch ihrenaturnahen Wälder, Seen und Feuchtgebiete auf der einen Sei-te und durch die menschliche Nutzung, z.B. durch die Land-wirtschaft, auf der anderen. Um zukünftig Wassernutzungs-probleme zu vermeiden und die Landschaft in ihrer Vielfaltzu erhalten, ist es darum wichtig, Nutzugskonzepte zu er-stellen, die allen Wassernutzern einschließlich der wenigdurch den Menschen beeinflussten naturnahen Regionengerecht wird. Folgende Empfehlungen sollen vor dem Hin-tergrund der bereits angespannten hydrologischen Situationim Land Brandenburg helfen, auch in Zukunft einen intak-ten Wasserhaushalt und eine nachhaltige Trinkwasserver-sorgung sicherzustellen:• Die Klimaänderung kann in Fragen der Regionalentwicklung,

insbesondere im Hinblick auf Landnutzung, Waldumbau undLandschaftswasserhaushalt nicht länger als unveränderlich be-trachtet werden.

• Die Auswirkungen klimatischer Änderungen dürfen bei hydrolo-gisch relevanten, mittel- bis langfristigen politischen Entscheidun-gen, wie z.B. dem Havelausbau, nicht außer Acht gelassen wer-den. Daher ist die Umsetzung wasserwirtschaftlicher Projekte, diein der Vergangenheit unter anderen klimatischen und volkswirt-schaftlichen Bedingungen geplant wurden, kritisch zu überprüfen.

• Zur Ableitung geeigneter Vorsorge-, Anpassungs- und Manage-mentstrategien sind insbesondere disziplinübergreifende, ganz-heitliche Projekte zu fördern.

Die in der Studie dargestellten Auswirkungen einer moderatenglobalen Klimaänderung auf den Landschaftswasserhaushaltund die forst- und landwirtschaftlichen Erträge in Brandenburgzeigen einen dringenden Handlungsbedarf bei heutigen Entschei-dungen von wasserwirtschaftlicher Bedeutung. Nicht eingegan-gen sind extreme Ereignisse wie Starkniederschläge und langeTrockenperioden. Da sich aber im Rahmen der zu erwartendenKlimaänderungen die extremen Ereignisse in ihrer Häufigkeit undIntensität verstärken werden, soll die Erforschung ihrer Auswir-kungen in Zukunft stärker in den Mittelpunkt gestellt werden.

3 Resümee und Ausblick auf zu erwartende Entwicklungen

Bei den regionalen Fallstudien zu Klimafolgen sind in den letz-ten zwei Jahrzehnten bedeutende methodische Fortschritteerzielt worden, mit stärker anwendungsbezogenen Aussagen.

Die Untersuchungen lassen Schwachstellen in den bestehen-den regionalen Strukturen von Landnutzung, Infrastruktur,Wirtschaft und Versorgung gegenüber Klimaänderungen er-kennen und zeigen darüber hinaus konkrete Handlungs-optionen auf. Die Anwendungsnähe hat das Interesse vonÖffentlichkeit und Entscheidungsträgern aus verschiedenenBereichen an derartigen Studien gesteigert und es ist zu erwar-ten, das dieser Trend anhält. In nächster Zeit sind wesentlicheneue Erkenntnisse aus noch laufenden Projekten wie GLOWA-Elbe zum Elbegebiet und KLIWA zum Raum Süddeutschlandzu erwarten. Interessant an diesen Projekten ist der Vergleichzwischen verschiedenen Methoden der Regionalisierung.Inzwischen sind weitere Studien angelaufen, z.B. zur Verwund-barkeit Deutschlands im Auftrag des Umweltbundesamtes undzu Risiken und Anpassungsmöglichkeiten im Klimawandelin Baden-Württemberg (KLARA).

Die Entwicklung ist bei den regionalen Fallstudien hinsicht-lich verbesserter Methodik und damit stärkerer Anwendungs-nähe noch im Fluss. Einen neuen Schub werden die Untersu-chungen zu Auswirkungen des Klimawandels voraussichtlichmit verbesserter Genauigkeit regionaler Klimamodelle hoherAuflösung erhalten, was in etwa zwei bis drei Jahren derFall sein könnte. Daran wird derzeit in verschiedenen Institu-tionen verstärkt geforscht.

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KlimafolgenforschungMögliche Auswirkungen von Klimaänderungen auf die GesellschaftBeitrag 1: Problemstellung und Grundlagen

Manfred StockPotsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Postfach 601203, D-14412 Potsdam ([email protected])

DOI: http://dx.doi.org/10.1065/uwsf2003.10.067

wie gefährlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft begegnet wer-den kann. Dabei geht es nicht um Prognosen, sondern um Indika-toren zur Wahrnehmung kritischer Bereiche, wo bestehende Ver-wundbarkeiten gegenüber Klimaänderungen durch Verringerungvon Belastungen und Wahrnehmung von Anpassungspotenzialenreduziert werden können. Beispiele dazu sind u.a. die bereits disku-tierten Notwendigkeiten zum Umbau des Energiesystems und zurVerbesserung des globalen Problems der Wasserversorgung.

Zusammenfassung

Die Klimafolgenforschung verknüpft eine Vielzahl von Disziplinenaus Natur- und Gesellschaftswissenschaften, verwendet deren Me-thoden sowie insbesondere solche, die fachübergreifend sind, wieComputersimulationen. Es ergeben sich daraus neue Erkenntnissezu den klimarelevanten Wechselwirkungen im Erdsystem unterBeteiligung des Menschen. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse,