2
| Top-Speed 09/2020 01 1923 brachte Giuseppe Benelli eine leistungsgesteigerte Maschi- ne mit 147 cm³ auf den Markt, wo- mit sein Bruder „Tonino“ eine be- achtliche Siegesserie bei Rennen erlebte und europaweit erfolgreich war. 1927 folgte ein modernes 175er-OHC-Einzylinder-Viertakt- Motorrad mit 4-Ganggetriebe. Die Verkaufszahlen wuchsen, die Produktion wurde gesteigert und die Fabrik erweitert und hatte ih- ren Höhepunkt erreicht, 800 Mit- arbeiter zählte das Unternehmen. Der Zweite Weltkrieg setzte die- ser Entwicklung ein Ende, durch Bombardements und Plünderun- gen durch die Alliierten lag alles in Schutt und Asche. Die Brü- der gaben nicht auf und sammel- ten im Lande aufbaufähige Ma- schinen und Materialen für die Neugründung. Auf den Schlacht- feldern fanden sie etwa 1.000 Motorräder britischer Fabrikati- on und starteten mit deren Re- staurierung den Neubeginn. Am 14. Oktober 1948 verkündeten die Brüder, dass das Unterneh- men wieder Motorräder produzie- ren werde. Wenig später kam es zu unüberbrückbaren Meinungs- verschiedenheiten zwischen Giu- seppe und seinen Brüdern, wor- auf dieser das Unternehmen ver- ließ. Hohes Augenmerk wurde auf den Rennsport gelegt, das kost- spielige Engagement spiegel- te sich nicht in den Verkaufszah- len wider und brachte die Firma an den Rand des Ruins. Darauf- hin wurde das Unternehmen im Sommer 1971 an Alessandro de Tomaso veräußert. Dieser baute die Modellpalette, insbesondere der Zweizylinder „Tornado“, wei- ter aus, bis zum Erscheinen der 750 cm³ Sei. Aber auch der ar- gentinische „Multimillionär“ konn- te die Traditionsfirma nicht retten, die Japaner hatten den Markt in Europa „erstürmt“, Benelli stellte die Motorradproduktion Mitte der 80er-Jahre ein. Bereits1947 begann man wieder mit Rennsportaktivitäten, der 1. Meilenstein war die Zusammenar- beit mit dem bekannten Rennfah- rer Dario Ambrosini und fand mit dem Weltmeistertitel in der 250er- Klasse im Jahr 1950 ihren vorläu- figen Höhepunkt. 1964 begann die heroische Zeit der Rennfahrer Tarquinio Provini, Gilberto Parlotti, Jede Firma hat einen gewissen Liebhaberstamm, so auch für die Motor- radanhänger in vielen Facetten. In der Gilde der Italo-Freunde steht Benelli in vorderer Reihe mit einer interessanten Historie. Die Witwe Boni Benelli wollte ihren Söhnen Giuseppe, Giovanni, Francesco, Filippo, Domenico und Antonio eine gesicherte Zukunft schaffen und kaufte Maschinen, um in Pesaro eine Fabrik mit einer mechanischen Werkstatt aufzubauen; somit entstand 1911 unter dem Namen „Officina Meccanica Benelli“ die Firma. 1921 wurde Benelli mit der Serienfertigung von Motorrädern bekannt. Zu Beginn waren das simple Zweitakter mit 75 bzw 98 ccm Hubraum, von diesem „Velomotore“ gab es auch eine 125er Sportausführung. Das relativ sportliche Ma- schinchen war Anreiz zur motorsportlichen Betätigung, denn damit wurde die beste Werbung betrieben. Benelli, Renzo Pasolini und die „Sei“ Text | Fotos: Jürgen Kießlich Historie Jahresmagazin Sachsenring Journal 2020 / 2021 Format: 210 x 297 mm Mit Terminposter für die Saison 2020 Preis: Nur 3,– € 1995 bis 2020 1995 bis 2020 GEWINNSPIEL Seite __ Tissot T-Race MotoGP 2020 Quartz Chronograph Limited Edition im Wert von 720,– Euro! 25 Jahre Neuer Sachsenring SACHSENRING JOURNAL SACHSENRING JOURNAL 2020 / 2021 2020 / 2021 EUR 3,– shop.top-speed.info Renzo Pasolini mit Teamchef Mino Benelli 1970 am Sachsenring Renzo Pasolini mit Teamchef Mino Benelli 1970 am Sachsenring 1981 sahen wir in Povrly ( 1981 sahen wir in Povrly (Č ČSSR) bei einem SSR) bei einem „Ost-West-Motorradtreffen“ erstmalig eine „Sei“ „Ost-West-Motorradtreffen“ erstmalig eine „Sei“ „Paso“ 1970 mit der 350 cm³ Vierzylinder in der Queckenbergkurve „Paso“ 1970 mit der 350 cm³ Vierzylinder in der Queckenbergkurve

Benelli, Renzo Pasolini und die „Sei“ · Grand Prix in Monza ums Le-ben. Bereits in der ersten Run-de brach Pasolinis Motorrad, an zweiter Stelle liegend, in der Curva Grande

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • | Top-Speed 09/202001

    1923 brachte Giuseppe Benelli eine leistungsgesteigerte Maschi-ne mit 147 cm³ auf den Markt, wo-mit sein Bruder „Tonino“ eine be-achtliche Siegesserie bei Rennen erlebte und europaweit erfolgreich war. 1927 folgte ein modernes 175er-OHC-Einzylinder-Viertakt-

    Motorrad mit 4-Ganggetriebe. Die Verkaufszahlen wuchsen, die Produktion wurde gesteigert und die Fabrik erweitert und hatte ih-ren Höhepunkt erreicht, 800 Mit-arbeiter zählte das Unternehmen. Der Zweite Weltkrieg setzte die-ser Entwicklung ein Ende, durch Bombardements und Plünderun-gen durch die Alliierten lag alles in Schutt und Asche. Die Brü-der gaben nicht auf und sammel-ten im Lande aufbaufähige Ma-schinen und Materialen für die Neugründung. Auf den Schlacht-feldern fanden sie etwa 1.000 Motorräder britischer Fabrikati-on und starteten mit deren Re-staurierung den Neubeginn. Am 14. Oktober 1948 verkündeten die Brüder, dass das Unterneh-men wieder Motorräder produzie-ren werde. Wenig später kam es zu unüberbrückbaren Meinungs-verschiedenheiten zwischen Giu- seppe und seinen Brüdern, wor-auf dieser das Unternehmen ver-ließ. Hohes Augenmerk wurde auf den Rennsport gelegt, das kost-spielige Engagement spiegel-

    te sich nicht in den Verkaufszah-len wider und brachte die Firma an den Rand des Ruins. Darauf-hin wurde das Unternehmen im Sommer 1971 an Alessandro de Tomaso veräußert. Dieser baute die Modellpalette, insbesondere der Zweizylinder „Tornado“, wei-ter aus, bis zum Erscheinen der 750 cm³ Sei. Aber auch der ar-gentinische „Multimillionär“ konn-te die Traditionsfirma nicht retten, die Japaner hatten den Markt in

    Europa „erstürmt“, Benelli stellte die Motorradproduktion Mitte der 80er-Jahre ein.Bereits1947 begann man wieder mit Rennsportaktivitäten, der 1. Meilenstein war die Zusammenar-beit mit dem bekannten Rennfah-rer Dario Ambrosini und fand mit dem Weltmeistertitel in der 250er-Klasse im Jahr 1950 ihren vorläu-figen Höhepunkt. 1964 begann die heroische Zeit der Rennfahrer Tarquinio Provini, Gilberto Parlotti,

    Jede Firma hat einen gewissen Liebhaberstamm, so auch für die Motor-radanhänger in vielen Facetten. In der Gilde der Italo-Freunde steht Benelli in vorderer Reihe mit einer interessanten Historie. Die Witwe Boni Benelli wollte ihren Söhnen Giuseppe, Giovanni, Francesco, Filippo, Domenico und Antonio eine gesicherte Zukunft schaffen und kaufte Maschinen, um in Pesaro eine Fabrik mit einer mechanischen Werkstatt aufzubauen; somit entstand 1911 unter dem Namen „Officina Meccanica Benelli“ die Firma. 1921 wurde Benelli mit der Serienfertigung von Motorrädern bekannt. Zu Beginn waren das simple Zweitakter mit 75 bzw 98 ccm Hubraum, von diesem „Velomotore“ gab es auch eine 125er Sportausführung. Das relativ sportliche Ma-schinchen war Anreiz zur motorsportlichen Betätigung, denn damit wurde die beste Werbung betrieben.

    Benelli, Renzo Pasolini und die „Sei“Text | Fotos: Jürgen Kießlich

    Historie

    JahresmagazinSachsenring Journal

    2020 / 2021

    Format: 210 x 297 mm

    Mit Terminposter für die Saison 2020

    Preis: Nur

    3,– €

    1995 bis 2020 1995 bis 2020

    GEWINNSPIEL Seite __Tissot T-Race MotoGPTM 2020 Quartz Chronograph Limited Edition im Wert von 720,– Euro!

    25 Jahre Neuer SachsenringSACHSENRING JOURNAL SACHSENRING JOURNAL 2020 / 2021

    2020 / 2021

    EUR 3,–

    shop.top-speed.info

    Renzo Pasolini mit Teamchef Mino Benelli 1970 am SachsenringRenzo Pasolini mit Teamchef Mino Benelli 1970 am Sachsenring

    1981 sahen wir in Povrly (1981 sahen wir in Povrly (ČČSSR) bei einem SSR) bei einem „Ost-West-Motorradtreffen“ erstmalig eine „Sei“„Ost-West-Motorradtreffen“ erstmalig eine „Sei“

    „Paso“ 1970 mit der 350 cm³ Vierzylinder in der Queckenbergkurve„Paso“ 1970 mit der 350 cm³ Vierzylinder in der Queckenbergkurve

  • Top-Speed 09/2020 | 02

    Kel Carruther und Renzo Pasolini, mit den 250-, 350- und 500-cm³-Vierzylindern und zwei Weltmeis-tertiteln für Benelli, sowie einem Konstrukteurs-Titel, errungen vom Australier Kel Carruthers. Ab 1968 ging Renzo Pasolini für Benelli an den Start. Bereits im ersten Jahr konnte er in der 350er-Klasse hinter Agostini die Vizeweltmeisterschaft einfahren. Die Saison 1969 begann für Renzo Pasolini problematisch. Im Training zum Großen Preis von Deutschland auf dem Hocken-heimring brach er sich bei einem Sturz das Schlüsselbein. Beim 250-cm³-Rennen der Dutch TT in Assen gelang ihm sein erster Grand-Prix-Sieg. Nach weiteren Siegen beim Großen Preis der

    DDR auf dem Sachsenring so-wie in Brünn konnte Paso in der Saison den 4. WM-Rang in der 250er-Klasse feiern. 1970 wurde er mit drei 2. und einem 4. Platz hinter Giacomo Agostini und Kel Carruthers WM-Dritter in der 350-cm³-Klasse. Die „reifere Jugend“ unter den Lesern wird beim Lesen der Zei-len „Gänsehaut“ bekommen, weil wir in die Jahre 1969/70 an den Sachsenring zurückblenden. Die Benellis mit ihren Viertaktmotoren produzierten aus ihren vier herr-lich geschwungenen Endrohren einen martialischen Sound, aber nicht so schmerzhaft wie die frü-heren Ladepumpenmotoren, son-dern eine herrlich kräftige Sinfo-nie. Dazu die fahrerische Eleganz

    ihrer Meisterfahrer; besonders Renzo Pasolini fuhr sich mit sei-nem 2. Platz in die Herzen der über 200.000 Zuschauer.Umso schlimmer waren wir alle von der Nachricht über die Ka-tastrophe von Monza am 20. Mai 1973 erschüttert. Renzo Paso-lini auf der Aermacchi-HD kam bei einem schweren Unfall des 250-cm³-Laufes zum Nationen Grand Prix in Monza ums Le-ben. Bereits in der ersten Run-de brach Pasolinis Motorrad, an zweiter Stelle liegend, in der Curva Grande bei ca. 220 km/h nach links aus. Der Italiener wur-de in die Streckenbegrenzung ge-schleudert und war auf der Stelle tot. Sein Motorrad flog in hohem Bogen zurück auf die Strecke und traf Saarinen, der im Rennen di-rekt hinter ihm lag, am Kopf. Der Finne wurde dadurch ca. 40 Me-ter durch die Luft geschleudert und verletzte sich beim Aufprall

    auf die Strecke ebenfalls tödlich. Pasolinis Motorrad setzte die zur Sicherung angebrachten Stroh-ballen in Brand, außerdem kamen zwölf weitere in den Sturz gera-tene Piloten mit Knochenbrüchen und weiteren Verletzungen mit dem Leben davon. Die Benelli 750 Sei wurde im Oktober 1972 weltweit als erstes Großserien-Motorrad mit einem Sechszylinder Triebwerk präsen-tiert. 1974 war der Produktions-start und 1975 konnten sich die ersten Käufer in Deutschland da-ran erfreuen. Konstrukteure aus der ehemaligen Rennabteilung entwickelten unter Pierpalo Pram-polini, dem „Vater“ der 500 Quat-tro, durch Erweiterung von zwei Zylindern, diesen imposanten Bo-

    liden. Insgesamt wurden bis 1977 nur 3.200 Exemplare gefertigt und davon etwa 300 in Deutsch-land verkauft. Der in den Doppel-schleifen Rohrrahmen quer einge-baute 620 mm breite Motor hatte eine obenliegende Nockenwelle mit Kettenantrieb. Das Gemisch wurde von drei 26 mm Dell’Orto Vergasern aufbereitet. Die Leis-tung betrug 63 PS (46 kW) bei 8.500 min-1, das maximale Dreh-moment von 55,9 Nm wurde bei 4.000 min-1 erreicht. Mit dem Mo-delljahr 1977 wurden 24er-Ver-gaser verwendet, die nun eine Leistung von 58 PS (43 kW) bei 8.500 min-1 boten. Das Motor-rad hatte eine 6-in-6-Auspuffan-lage, die Telegabel stammte von Marzocchi, die vordere Brem-bo-Doppelscheibenbremse hat-te einen Scheibendurchmesser von 280 mm, die hintere Grime-ca Trommelbremse hatte 200 mm Trommeldurchmesser.

    Historie

    Jahresmagazin

    FIM Sidecar-WM 2020

    Format: 210 x 297 mm

    – SpecialPreis / Price: 3,– EUR

    FIM SIDECARWorld Championship 2020

    Inklusive

    erfolgreicher Sidecar-Teams!

    16 Sammelkarten

    EUR 3,–

    shop.top-speed.info

    1990 konnten die Ex-DDR-Motorradfahrer wieder bei uns 1990 konnten die Ex-DDR-Motorradfahrer wieder bei uns starten, Gunter Wolf kam mit der „Sei“ nach Zittau …starten, Gunter Wolf kam mit der „Sei“ nach Zittau …

    … 24 Jahre später kam sein Freund P. Busch, auch ehemaliger Riesaer … 24 Jahre später kam sein Freund P. Busch, auch ehemaliger Riesaer wie G.W., mit der gleichen, aber restaurierten Maschine nach Zittauwie G.W., mit der gleichen, aber restaurierten Maschine nach Zittau

    Beeindruckend der 1. Sechszylinder in SerienfertigungBeeindruckend der 1. Sechszylinder in Serienfertigung