7
B A N D 3b ZEITSCHRIFT FÜR NATURFORSCHUNG H E F T 3/4 Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse des Wasserstoffperoxyds an einer Quecksilberoberfläche " Von ALBRECHT BETHE Aus dem Institut für animalische Physiologie der Universität Frankfurt a. M. (Z. Naturforschg. 3b, 69—77 [1948]; eingegangen am 31. Dezember 1947) ** 1. Die p H -Bereiche, in welchen die Katalyse des Wasserstoffperoxyds an einer Queck- silberoberfläche von kontinuierlich (relativ hohes p H ) in rhythmisch-pulsierend (mitt- leres p H ) und von dort in Passivität (relativ niedriges p H ) übergeht, werden durch die Gegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen Seite ver- schoben. Am wirksamsten erwies sich bisher das Chlor-Ion. 2. Im aktiven Zustand des Systems steigert kathodische Polarisation des Hg die Katalyse, wirkt also wie eine Erhöhung des p H ; anodische Polarisation des Hg setzt sie herab, wirkt also wie eine Erniedrigung des p H . Befindet sich das System in passivem Zustand (also bei niedrigem p H ), so hat die Richtung des polarisierenden Stromes die umgekehrte Wirkung. Es wird dies mit den Veränderungen an der Phasengrenze [brau- ner Oxyd (?)-Film an Stelle blanker Oberfläche] erklärt. 3. Mechanische Eingriffe an der Phasengrenze, z. B. Erschütterung, wirken je nach dem herrschenden p H und dem augenblicklichen Zustand katalysehemmend oder katalyse- fördernd. Bei relativ großer Aktivität tritt die Herabsetzung, bei relativ geringer Aktivität die Steigerung in den Vordergrund; in der labilen Mittellage hängt der Er- folg der mechanischen Reizung nur von dem augenblicklichen Zustand des Systems ab. 4. Die zwischen einer in die Flüssigkeit eintauchenden Pt-Elektrode, die als Sauer- stoffelektrode wirkt, und dem Quecksilber herrschende Spannung ist um so größer, je höher der Aktivitätsgrad ist. In passivem Zustand kehrt sich das Vorzeichen um. Beim spontanen Pulsieren, ebenso bei ausgelösten Reaktionen, bewegt sich die Span- nung parallel zu den Änderungen der Sauerstoffentwicklung zwischen einem Maximum und einem Minimum. 5. Bei hoher Erschütterungsempfindlichkeit wirkt ein plötzlicher Ausgleich der zwi- schen beiden Elektroden herrschenden Spannung als Reiz. 6. Die Vorgänge bei der H 2 0 2 -Katalyse, insbesondere beim Pulsieren und bei der Rei- zung, werden mit den entsprechenden Vorgängen an einer Blinkschaltung verglichen. N ach den Mitteilungen von B r e di g und Mit- arbeitern 1 5 geht die kontinuierliche Kata- lyse von H 2 0 2 an einer Hg-Oberfläche unter ge- eigneten Bedingungen in rhythmisch unterbro- chene Katalyse über. Die auftretenden Pulse sind mit Potentialschwankungen verbunden. Während der passiven Phase bedeckt sich die Hg-Oberfläche mit einer gelben bis braunen Haut; bei Beginn der aktiven Phase wird sie wieder blank. Zu stark * Die Untersuchungen konnten nicht abgeschlossen werden, weil die ganzen Apparaturen im Januar 1944 einem Fliegerangriff zum Opfer fielen. Auch die Mehrzahl der Kurven und Protokolle ging dabei verloren. Manche Befunde können daher nicht genü- gend belegt werden und vieles blieb problematisch. Was hier vorgelegt werden kann, scheint mir aber trotz einiger Unsicherheiten interessant genug zu sein, um es als Anregung für andere der Öffentlich- keit zu übergeben. ** Die Arbeit wurde am 2. November 1944 von der Z. physik. Chem. zur Veröffentlichung angenommen, ist dort aber nicht mehr erschienen. saure Reaktion führt zu dauernder Passivität, zu stark alkalische zu dauernder Aktivität. Zwischen letzterer und dem Stadium rhythmischer Tätig- keit liegt ein Gebiet, in welchem jede genügend starke Erschütterung eine einmalige Unterbre- chung der Aktivität hervorruft. Hieran wurde angeknüpft. Methodik Die Veränderungen der Sauerstoffentwicklung wur- den meist fortlaufend graphisch registriert und zu glei- cher Zeit mit dem Auge verfolgt. Zur Registrierung wurde ein 0 s t w a 1 d scher „Chemograph" ähnlich der 1 G. B r e d i g u. J. W e i n m a y e r , Z. physik. Chem. 42, 601 [1903]. 2 E. W i 1 k e , Diss. Heidelberg 1904. 3 G. B r e d i g , Biochem. Z. 6, 283 [1907], 4 G. B r e d i g u. E. W i l k e , Biochem. Z. 11, 67 [1908]. 5 A. v o n A n t r o p o f f , Z. physik. Chem. 62, 513 [1908], . - This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.

Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/3/ZNB-1948-3b-0071.pdfGegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/3/ZNB-1948-3b-0071.pdfGegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen

B A N D 3b Z E I T S C H R I F T FÜR N A T U R F O R S C H U N G H E F T 3/4

Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse des Wasserstoffperoxyds an einer Quecksilberoberfläche "

V o n A L B R E C H T B E T H E

Aus dem Ins t i tu t f ü r animalische Physiologie der Univers i t ä t F r a n k f u r t a. M. (Z. Naturforschg. 3b, 69—77 [1948]; eingegangen am 31. Dezember 1947) **

1. Die pH-Bereiche, in welchen die Katalyse des Wasse r s to f fpe roxyds an einer Queck-si lberoberf läche von kont inuier l ich ( re la t iv hohes p H ) in rhythmisch-puls ierend (mitt-leres p H ) und von dor t in Pass iv i tä t ( re la t iv niedriges p H ) übergeht , werden durch die Gegenwar t der bisher untersuchten, f remden Ionen nach der alkalischen Seite ver -schoben. Am wi rksamsten erwies sich bisher das Chlor-Ion.

2. Im akt iven Zustand des Systems s te iger t kathodische Polar i sa t ion des H g die Kata lyse , w i r k t also wie eine Erhöhung des pH ; anodische Polar isa t ion des Hg setzt sie herab, w i r k t also wie eine E rn i ed r igung des p H . Befindet sich das System in passivem Zustand (also bei n iedr igem p H ) , so hat die Richtung des polar is ierenden Stromes die umgekehr t e W i r k u n g . Es wird dies mit den Veränderungen an der Phasengrenze [brau-ner Oxyd (? ) -F i lm an Stelle b lanker Oberfläche] e rk lä r t .

3. Mechanische E ing r i f f e an der Phasengrenze, z. B. E r schü t t e rung , wi rken je nach dem her rschenden p H und dem augenblicklichen Zustand katalysehemmend oder katalyse-fördernd. Bei re la t iv großer Akt iv i t ä t t r i t t die Herabsetzung, bei re la t iv ge r inger Akt iv i t ä t die S te ige rung in den Vordergrund; in der labilen Mit tel lage hängt der Er -folg der mechanischen Reizung nur von dem augenblicklichen Zustand des Systems ab.

4. Die zwischen einer in die F lüss igke i t eintauchenden Pt -Elekt rode , die als Sauer-s tof fe lekt rode wi rk t , und dem Quecksilber herrschende Spannung ist um so größer , je höher der Ak t iv i t ä t sg rad ist. In passivem Zustand kehr t sich das Vorzeichen um. Beim spontanen Puls ieren , ebenso bei ausgelösten Reaktionen, bewegt sich die Span-n u n g para l le l zu den Änderungen der Sauers tof fentwicklung zwischen einem Maximum und einem Minimum.

5. Bei hoher Erschüt te rungsempfindl ichkei t w i rk t ein plötzlicher Ausgleich der zwi-schen beiden Elek t roden herrschenden Spannung als Reiz.

6. Die Vorgänge bei der H202-Katalyse, insbesondere beim Puls ie ren und bei der Rei-zung, werden mit den entsprechenden Vorgängen an einer Bl inkschal tung vergl ichen.

Nach den Mitteilungen von B r e d i g und Mit-arbeitern1—5 geht die kontinuierliche Kata-

lyse von H 2 0 2 an einer Hg-Oberfläche unter ge-eigneten Bedingungen in rhythmisch unterbro-chene Katalyse über. Die auftretenden Pulse sind mit Potentialschwankungen verbunden. Während der passiven Phase bedeckt sich die Hg-Oberfläche mit einer gelben bis braunen Haut; bei Beginn der aktiven Phase wird sie wieder blank. Zu stark

* Die Unte r suchungen konnten nicht abgeschlossen werden, weil die ganzen A p p a r a t u r e n im J a n u a r 1944 einem Fl iegerangr i f f zum Opfer fielen. Auch die Mehrzahl der Kurven und Protokol le ging dabei ver loren. Manche Befunde können daher nicht genü-gend belegt werden und vieles blieb problematisch. Was hier vorge leg t werden kann, scheint mir aber t ro tz e iniger Unsicherhei ten in teressant genug zu sein, um es als A n r e g u n g f ü r andere der Öffentlich-keit zu übergeben.

** Die Arbei t wurde am 2. November 1944 von der Z. physik. Chem. zur Veröf fent l ichung angenommen, ist dort aber nicht mehr erschienen.

saure Reaktion führt zu dauernder Passivität, zu stark alkalische zu dauernder Aktivität. Zwischen letzterer und dem Stadium rhythmischer Tätig-keit liegt ein Gebiet, in welchem jede genügend starke Erschütterung eine einmalige Unterbre-chung der Aktivität hervorruft.

Hieran wurde angeknüpft.

M e t h o d i k

Die Veränderungen der Sauerstoffentwicklung wur-den meist fort laufend graphisch registriert und zu glei-cher Zeit mit dem Auge verfolgt. Zur Registrierung wurde ein 0 s t w a 1 d scher „Chemograph" ähnlich der

1 G. B r e d i g u. J . W e i n m a y e r , Z. physik. Chem. 42, 601 [1903].

2 E. W i 1 k e , Diss. Heidelberg 1904. 3 G. B r e d i g , Biochem. Z. 6, 283 [1907], 4 G. B r e d i g u. E. W i l k e , Biochem. Z. 11, 67

[1908]. 5 A. v o n A n t r o p o f f , Z. physik. Chem. 62, 513

[1908], . -

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License.

On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 DeutschlandLizenz.

Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.

Page 2: Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/3/ZNB-1948-3b-0071.pdfGegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen

von B r e d i g und A n t r o p o f f 5 beschriebenen Form benutz t (Abb. 1), mit welchem die in dem Reaktions-gefäß R (Durchmesser 20 mm) bei der Sauers toffent-wicklung ents tehenden Druck- bzw. Volumschwan-kungen auf eine F r a n k sehe Kapsel F (bei photo-graphischer Reg i s t r i e rung ) oder auf ein H y r t h 1 e -

t roden. G isol ier te Le i tungen .

sches Tonometer ( f ü r Rußschre ibung) übe r t r agen wurden. Die Kapi l la re C, welche den Überschuß von Gas aus t re t en läßt , w u r d e je nach den Versuchsbedin-gungen gewähl t . Der Hahn Hi diente dazu, jederzei t das Nul ln iveau fes ts te l len zu können. (Ein zweiter Hahn H2 diente zum Ablassen der F lüss igkei t . )

Die beiden eingeschmolzenen P la t ind räh te dienten entweder zur Anlegung von Spannungen oder zur Ab-le i tung der ents tehenden Potent ia ldi f ferenzen. Diese wurden entweder über eine Poten t iometerscha l tung einem Kapi l l a re lek t romete r z u g e f ü h r t und subjekt iv beobachtet oder zusammen mit der „Volumkurve" mit-tels eines relativ schnellreagierenden Spiegelgalvano-meters photographisch aufgezeichnet . Die f re ie Pt -Elekt rode w i r k t in H 2 0 2 als 0 2 -Elekt rode .

Das p H der jeweil igen Ausgangs lösung wurde in den meisten Versuchen mit einer Glaselektroden-Auf-s te l lung bestimmt, die Hr . J ä g e r vom F r a n k f u r t e r Kolloid-Inst i tut f reundl ichs t zur V e r f ü g u n g gestel l t hatte. In der Regel wurde auch das p H solcher Proben der Ausgangs lösung bestimmt, welche die glei-chen Zusätze erhal ten ha t ten wie während des Ver-suchs, und das pH der Lösung, die am Ende des Ver-suchs noch im Reakt ionsgefäß verbl ieben war . Die s tets benutz te 10-proz. H 2 0 2 -Lösung zeigte ein p H von 4,85 bis 4,95. (Verdünn te re Lösungen ergaben höhere p H -Wer te ; die 1-proz. Lösung z. B. den W e r t 5,36.)

B r e d i g und Mitarbei ter änder ten das pH der H202-Lösung durch Zusatz von Acetatgemischen oder auch nur durch Zugabe von NaOH bzw. Ess igsäure . Ich ziehe Natr iumphosphatgemische t ro tz der von B r e -

6 G. B r e d i g u. S t a r k , Z. physik. Chem., Abt. B, 2, 282 [1928].

d i g und S t a r k 6 geäußer ten Bedenken vor . Wie mir scheint, sind die Versuche leichter zu reproduz ie ren ; vor allem ver laufen die au f t r e t enden Veränderungen der Katalyse, besonders die rhythmischen, wesentl ich langsamer als bei Acetat und sind daher leichter mit dem Auge zu verfolgen.

D e r E i n f l u ß d e s l o n e n m i l i e u s

Die Art des Geschehens hängt nach den Arbei-ten der Bredigschen Schule im wesentlichen von der Wasserstoffionenkonzentration der Versuchs-lösung ab. Dies ist insofern auch richtig, als allein durch Änderungen der Wasserstoffionenkonzen-tration alle Übergänge von dauernder Katalyse bis zu vollkommener Passivität herbeigeführt werden können; die Wasserstoffionenkonzentration, bei welcher ein bestimmtes Stadium erreicht wird, z. B. das Auftreten rhythmischer Pulse, liegt aber nicht fest, sondern ist vor allem abhängig von der Art und der Konzentration anderer Ionen. Fer-ner spielen die Temperatur und wohl noch einige andere Faktoren eine Rolle.

Diese Feststellung war Bredig und seinen Mit-arbeitern noch nicht möglich, weil es an einer ge-eigneten Methode zur pH-Messung fehlte, die erst durch die Einführung der Glaselektrode geschaf-fen wurde. Zwar haben W i 1 k e 2 sowie B r e d i g und W i l k e 4 eine ganze Reihe von Substanzen (Neutralsalze und Kolloide) auf ihre Wirkung untersucht, dabei aber hauptsächlich Änderungen in der Form der auftretenden Pulse gefunden.

Am geeignetsten zur Untersuchung des Ein-flusses von Fremdsubstanzen auf den pn-Bereich der verschiedenen Arten des katalytischen Ge-schehens erwies sich die Prüfung des elektrischen Verhaltens. Dazu wurde vom Quecksilber einer-seits und einer freien Pt-Elektrode andererseits zu einem Kapillarelektrometer (s. oben) abgeleitet.

Im aktiven Stadium verhält sich das Hg zum Pt negativ, im passiven positiv, aber in viel ge-

PH

• • • •

'Vx v'VVv • • •

t Z Z Z I L — -

Abb. 2. Schema der kata lyt ischen Vorgänge in Ab-hängigkei t vom p H (von l inks nach rechts zuneh-mend). Senkrecht ges t re i f t : Gebiet der Pas s iv i t ä t ; ge-well t : Gebiet des Pu ls ie rens ; p u n k t i e r t : Gebiet der Erschüt terungsempfindl ichkei t ; l ee r : Gebiet obliga-te r Akt ivi tä t . D a r u n t e r : Umschlag der L a d u n g des Hg gegenüber der P t -Elekt rode von posi t iv nach

negat iv .

Page 3: Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/3/ZNB-1948-3b-0071.pdfGegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen

ringerem Maße (s. S. 75). Der Umschlag in positiv gibt, wenn er bleibt, eine recht scharfe Grenze gegenüber dem Gebiet, in welchem spontanes, rhythmisches Pulsieren möglich ist (Abb. 2). Die-ses wiederum geht nach der alkalischen Seite durch ein noch erschütterungsempfindliches Ge-biet in dauernde Aktivität über. Die Erschütte-rungsempfindlichkeit erstreckt sich auch noch ein Stück nach der stärker sauren Seite in das Gebiet der Passivität.

Wie die Abb. 3 zeigt, liegt der Umschlag zwi-schen Passivität und Pulsieren (und ebenso der Übergang in bloße Erschütterungsempfindlichkeit und in dauernde Aktivität) je nach den Zusätzen zur H202-Lösung bei recht verschiedenem pE- Am weitesten in das saure Gebiet reicht er, wenn Zu-sätze fehlen (Abb. 3, I ) . Bei Gegenwart von Natriumacetat rückt der Umschlag etwas gegen die alkalische Seite ( I I ) . Sehr viel stärker ist dies bei Zusatz von Natriumphosphat der Fall ( I I I ) ; bei höherer Konzentration des Phosphats über-schreitet er die Neutralitätsgrenze (IV und V) .

Auch Neutralsalze bewirken, der gepufferten Lösung zugesetzt, eine Verlagerung des Um-schlagspunktes. Am meisten trifft dies nach den bisherigen Versuchen für Chloride zu (VI und VII ) . Daß schon Spuren von NaCl genügen, um die Katalyse aufzuheben, war bereits B r e d i g und W e i n m a y e r 1 bekannt; es handelt sich da-bei aber nicht um eine Vergiftung, wie Bredig meinte, sondern um eine Verlagerung des Um-schlagspunktes. Wird die Lösung alkalischer ge-

4 VH 5 6 7 8 9

WA -FB PO

W / / / / / / / A V/M —CRHUOR

W/MM W/MM V/M FBPO,

' / / / / / / / / / / / , V/////////A V / / / / / / / / M VA ; TBPOU

W / / / / / / / A V / / / / / / / / / / A V / / / / / / / / / / Z Y/A

T777777777777 MÖH 777/7/////// 7///Z77/5 Y/r/////////, J (///////////t

H— i

V / / / / / / / / / / Z Y / / / / / / / M V/MM VZZ/Wm Y/A NiOH—*

Abb 3. Grenze zwischen P a s s i v i t ä t ( s c h r a f f i e r t ) und A k t i v i t ä t ( l ee r ) in A b h ä n g i g k e i t vom bei ve r -schiedener Z u s a m m e n s e t z u n g der Reak t ions f lü s s ig -kei t ( H 2 0 2 s t e t s 10-proz.). Die P f e i l e unter den Stä-ben zeigen an, bei welchem p R t r o p f e n w e i s e S ä u r e bzw. A lka l i zugese tz t w u r d e , b is der U m s c h l a g der L a d u n g e in t ra t . I ohne an fäng l i chen Zusa t z . I I e t w a Vsoo-m. Na-Acetat. I I I »/«oo-m. N a 2 H P 0 4 . I V und V V3o-m.Na2HP04 . V I wie I V mi t e t w a Vsooo-m. K C l .

V I I wie I V mi t Viooo-m. N a C l .

macht, so kehrt, wie die genannten Autoren be-reits erwähnt haben, die Katalyse wieder.

Um die im Sinne einer Verschiebung der Um-schlagspunkte wirksamen Ionen in eine Anionen-und eine Kationenreihe zu bringen, reicht die Zahl

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Abb. 4. V e r ä n d e r u n g e n der K a t a l y s e u n t e r dem Ein-f luß ka thod i sche r (—) und anodischer ( + ) Po l a r i s a -t ion des H g sowie durch E r s c h ü t t e r u n g (Ei und E 2 ) bei von oben nach u n t e n zunehmender W a s s e r s t o f f -i o n e n k o n z e n t r a t i o n ( schemat i sch) . Ges t r i che l t e Hor i -zonta le j ewe i l ige Nu l l -Lage der Saue r s to f f en twick -lung . W ä h r e n d der mit 0 beze ichneten Zei ten l i eg t ke ine S p a n n u n g am H g . Angenommen ist, daß die a n g e l e g t e S p a n n u n g und die E r schü t t e rung immer von

u n g e f ä h r g le icher G r ö ß e sind.

der Versuche und der untersuchten Salze nicht aus.

D i e W i r k u n g z u g e f ü h r t e r E l e k t r i z i t ä t

Die B r e d i g sehe Schule1—5 hat bereits die Wirkung polarisatorischer Einflüsse auf das kata-lytische Geschehen untersucht und gefunden, daß je nach der Polung, der angelegten Spannung und der bestehenden Wasserstoffionenkonzentra-tion der Vorgang mehr oder weniger nach der aktiven bzw. der passiven Seite verschoben werden kann. Ein dauernd aktives System kann z. B. zum Pulsieren, ein pulsierendes zum Stillstand und durch Stromwendung zu anhaltender Katalyse gebracht werden. Auch intermittierender Gleich-strom und sogar Wechselstrom können derartige Effekte hervorrufen.

Diese Vorgänge habe ich in großen Umrissen etwas näher untersucht. Das Ergebnis dieser Ver-

Page 4: Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/3/ZNB-1948-3b-0071.pdfGegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen

Abb. 5. „Volumkurve" . Unten Signal der angelegten Spannung ; Angaben in Volt ; Kathode an Hg mit = , Anode an Hg mit X bezeichnet, a : 1l3oo-m. Na 2 HP0 4 , auf 25 cm3 9 Tropfen Vio-ro. N a H 2 P 0 4 . b und e: J e 9 wei te re Tropfen N a H 2 P 0 4 . Langsame spontane Pulse. E Erschü t t e rung , sp spontan. Zei t in sec. Dieselben

Bezeichnungen auch bei spä teren Abb.

Abb. 6. W i r k u n g verschiedener Spannungen und der Erschü t te -r u n g in verschiedenen Phasen, a: 1l3co-m. Na 2 HP0 4 und 9 Tropfen NaI I 2 P0 4 . Vor b und d wurden je 9 wei tere Tropfen zugesetzt ,

r = r e f r a k t ä r . Zei tmaßstab wie in Abb. 5.

t • • * * * f I

Abb. 7. 10-proz. H 20 2 ohne Zusatz . Polar isa t ion mit höheren Span-nungen; s t a rke Nachwirkung bei anodischer Polar isa t ion, t Ein-

schalten; 4 Ausschalten.

suche, soweit es mir z. Zt. eindeutig erscheint, ist in Abb. 4 schematisch dar-gestellt.

Ausgegangen wurde in der Regel von einem Sta-dium dauernder Kata lyse (d. h. also relat iv hohem p H ) , bei welchem noch keine Erschüt terungsemp-findlichkeit bestand: die

Versuchslösung wurde dann s tufenweise saure r gemacht. Es gelang nie, al le aufgezeichneten Sta-

dien in einem Versuch nacheinander zu er-halten, weil entweder durch ein Zuv ie l an zugese tz ter Säure bzw. durch unaufgek lä r te , nicht sel ten vorkommende Schwankungen in der Empfindl ichkei t des Systems (s. S. 76) das eine oder andere Stadium übersprungen oder der Versuch vorzei t ig abgebrochen wurde. Ich möchte aber als sicher anneh-men, daß die Reihenfolge den tatsächlichen Verhäl tn issen entspr icht .

Die Stadien a—e wurden sowohl bei Phos-pha tpu f fe r wie bei Aceta tpuffer beobachtet, die Stadien f—g bisher aber nur bei Acetat : es ist jedoch anzunehmen, daß sie auch bei Phospha tpuf fe r in Ersche inung t re ten wer-den, wenn man den Säurezusatz genügend weit t re ib t , wozu ich nicht mehr kam. Jedenfa l l s lagen n ich t reg is t r ie r te Vorver-suche vor, welche in diesem "Sinne sprachen.

Bei obligater Katalyse bleibt Anlegung einer mäßigen Spannung (4—8 Volt) wir-kungslos. Eine geringe Steigerung der Wasserstoffionenkonzentration führt zum Bild der Abb. 4a: Bei kathodischer Po-larisation des Hg nimmt die 00-Entwic.k-lnng etwas zu und sinkt nach Stromöff-nung wieder ab. Bei anodischer Polari-sation geht die Gasentwicklung erheblich zurück, bleibt nach Stromöffnung auf tie-

fem Niveau und steigt erst nach Umpolung (Stab 6) wieder auf die alte Höhe (Abb. 5 a). Den gleichen Effekt gibt Erschütterung(Abb. 6a . die ohne vorhergegangene anodi-sche Polarisation und während kathodischer Polarisation unwirk-sam ist. Bei zu schwacher anodi-scher Polarisation kann die Hem-mung der Katalyse durch Erschüt-terung bewirkt werden (Abb. 6a„).

Page 5: Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/3/ZNB-1948-3b-0071.pdfGegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen

c

Sekunden

p - i +

Abb. 8. a : 17 cm3 Perhydrol, 34 cm3 dest. Wasser , 0,8 cm3 10-proz. Na - Acetat . b: Nach 4 Tropfen 1 - p r o z . Essig-säure auf 25 cm3 ( f requente Pu l se ) . In c Umkehr der W i r k u n g "der Polar isa t ion. Angaben in Milliampere. In c Umkehr der Reaktion bei kathodischer und anodischer Polar i sa t ion des Quecksilbers gegenüber den-

selben Einf lüssen in a .

Das nächste Stadium (Abb. 4b) ist dadurch ge-kennzeichnet, daß die anodische Senkung spontan zurückgeht (manchmal noch während der Polari-sation); Erschütterung beschleunigt den Rück-gang (Abb. 6 h). Hinterher tritt manchmal eine vorübergehende Erhöhung der Aktivität ein. Diese inverse Nachwirkung der anodischen Polarisation kann, besonders bei ungepufferter Lösung und relativ hoher Spannung, exzessive Formen anneh-men und die primäre Wirkung der Polarisation weit übertreffen (Abb. 7). Ohne angelegte Span-nung wirkt eine erste Erschütterung passivierend, während eine nachfolgende die Gasbildung wieder in Gang setzt. Die Rückkehr kann aber auch schon spontan erfolgen (Abb. 5b).

Im Stadium c treten bei anodischer Polarisa-tion, meist unter Senkung des Niveaus, Rhythmen auf, die nach Öffnung des Stromes entweder gleich aufhören oder noch einige Zeit verlang-samt weitergehen. Kathodische Polarisation bringt sie unter Steigerung der Katalyse sofort zum Stillstand. Erschütterung ruft spontan zurück-gehende Passivität hervor.

Bei weiterem Säurezusatz (Stadium d) erhält man spontane Pulse. Kathodische Polarisation bringt sie ifnter Zunahme der Gasentwicklung zum Stillstand (Abb. 8b, Ende) oder verlangsamt sie (Abb. 8b, Anfang und Mitte). Auch hier sind

Nachwirkungen keine Seltenheit (Abb. 8 b). Schwache anodische Polarisation beschleunigt die Pulse unter Senkung des Niveaus; starke anodische Polarisation führt zum Aufhören der Gasentwick-lung und zur Hautbildung. Erschütterung bricht sowohl die Dauer der passiven wie der aktiven Phase vorzeitig ab (Abb. 5 c).

Stadium e. Ist die Katalyse durch weitere Säuerung unter Hautbildung zum Stillstand ge-kommen oder auf ein Minimum reduziert, so ist anodische Polarisation fast ohne sichtbare Wir-kung; nach Stromöffnung tritt aber meist eine Steigerung der Katalyse ein. Kathodische Polari-sation führt jetzt zu rhythmischen Pulsen, die nicht selten periodische Form (mit oder ohne Hebung des Niveaus) annehmen (Abb. 4e; nach Skizzen einer Originalaufnahme). Erschütterung verursacht schnell wieder verschwindende, ein-malige Steigerungen der Aktivität.

Bis zu diesem Punkt lassen sich die Befunde etwa so auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Kathodische Polarisation steigert die Katalyse, anodische setzt sie herab. Daher fällt der Effekt der Polarisation je nach dem Grad der bestehen-den Aktivität (also je nach der aktuellen Reak-tion bei sonst gleichen Verhältnissen) verschie-den aus, und das Gebiet des labilen Gleichgewichts zwischen Erregungsgrad und Refraktaritäts-

Page 6: Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/3/ZNB-1948-3b-0071.pdfGegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen

grad7 kann durch anodische Polarisation von der Seite höherer Aktivität, durch kathodische Polari-sation von der Seite geringer oder fehlender Akti-vität erreicht werden *.

Bei weiterer Verschiebung der Reaktion nach der sauren Seite tritt nun aber etwas prinzipiell Neues zutage, indem die Wirkung der Stromrich-tung ins Gegenteil umschlägt (Stadium f und g ) : Kathodische Polarisation setzt jetzt, soweit das noch möglich ist, die Sauerstoffentwicklung herab, anodische Polarisation steigert sie und kann unter Anstieg des Niveaus zu schneller rhythmi-scher Tätigkeit führen (Abb. 8c).

Die Abb. 8 c stammt aus dem einzigen e rha l ten ge-bliebenen Kurvenbla t t , das dieses Verhal ten, wenn auch nicht sehr schön, so doch mehrfach zeigt. Die Ab-bi ldung läß t im Stre i fen b, der c di rekt vorausgeht , erkennen, wie sich der Umschlag vorbere i te t : Bei der letzten kathodischen Polar isa t ion in b und der ers ten in c s inkt die Kurve schon während des Stromdurch-gangs ab. Nach der Pause (P ) gibt die gleiche Strom-stärke, die vorher in b noch zu einer posit iven Wir -kung füh r t e , in c die inverse Reakt ion; ebenso w i r k t anodische Polar isa t ion im Gegensatz zu a kata lyse-fördernd.

Da alle Stadien, ausgehend von stürmischer Katalyse über das Gebiet leichter Erregbarkeit durch Erschütterung und das rhythmischer Tätig-keit bis herab zu vollkommener Passivität und umgekehrt, allein durch Änderungen der Wasser-stoffionenkonzentration hervorgerufen werden können, liegt es nahe, auch die Phänomene auf Änderungen der Wasserstoffionenkonzentration zurückzuführen, welche bei der Polarisation auf-treten. Faßt man das Hg als metallische Elektrode auf, so sind die Stadien a^-e ohne weiteres ver-ständlich. Diese Auffassung ist nicht mehr zuläs-sig, sowie bei zunehmender Wasserstoffionenkon-zentration der Lösung die Sauerstoffentwicklung zum Stillstand gekommen ist, denn dann ist die Hg-Oberfläche mit einer gelben bis braunen Mem-bran überzogen. Diese wird als Diaphragma wir-ken und bei Stromdurchgang von sich aus zu Konzentrationsänderungen aller vorhandenen Ionen führen, also auch zu Änderungen der Wasserstoffionenkonzentration (siehe B e t h e u n d T o r o p o f f 8 ) . Untersuchungen über die Wirkung einer Membran, die einer Metalloberfläche un-mittelbar aufliegt, fehlen meines Wissens. Da die

* So e r k l ä r t sich die Beobachtung W i l k e s 2 , daß sowohl kathodische wie anodische Polar isa t ion zu Rhythmen führen , die le tz tere aber mehr Alkal izusa tz ver langt .

Art der Membran, die schon bestehende Wasser-stoffionenkonzentration und andere in Lösung befindliche Ionen von Einfluß auf Größe und Rich-tung der Konzentrationsänderungen bei Strom-durchgang sind, so ist es sehr gut möglich, daß sich im Stadium f und g die Richtung der Ände-rungen der Wasserstoffionenkonzentration gegen-über den Stadien a—e umkehrt.

Diskutabe l erscheint mir die Frage , ob nicht auch in den Stadien a—e eine Membran-Polarisat ion vor-l iegt , indem die Sauerstoffschicht über dem Hg als D iaphragma wi rk t . Bei der Bildung der Oxydhaut (nach A n t r o p o f f 5 vielleicht Hg 20 2) würde sich dann die Na tur des Diaphragmas ändern und die Um-kehr der W i r k u n g der Polar isa t ion in den Stadien f und g e rk l ä ren können.

Mit der gegebenen Deutung der Polarisations-erscheinungen ist die Wirkung mechanischer Ein-griffe (Erschütterung, Ritzen der Hg-Oberfläche mit einer Glasnadel usw.) vereinbar, wenn man annimmt, daß der Eingriff einerseits bei bestehen-der Katalyse die Bildung der Oxydmembran durch Zerreißen der Sauerstoffschicht begünstigt, und andererseits eine vorhandene Oxydmembran zer-reißt und so dem Wasserstoffperoxyd den Zutritt zur Hg-Oberfläche wieder ermöglicht. Durch diese Annahme finden folgende Tatsachen eine plausible Erklärung: 1. Daß Erschütterung bei starker Katalyse (Stadium a) sowie bei dicker Membran (Stadium g) unwirksam ist. 2. Daß im Stadium b die erste Erschütterung katalysehemmend wirkt und die jeweils folgende die Katalyse wieder her-vorruft. (Dieser getrennte Erfolg kann oftmals hintereinander hervorgerufen werden; das Um-gekehrte zeigte sich einigemal im Stadium f.) 3. Daß im labilen Gebiet der Erschütterungsreiz nur vorübergehend wirkt. 4. Daß bei genügend starker kathodischer Polarisation Erschütterungs-reize unwirksam bleiben, die vor und nach der Polarisation wirksam sind (Abb. 6e).

Gegen die vorgebrachte Deu tung der Polarisat ions-phänomene können aber auch verschiedene Bedenken geltend gemacht werden. Bei der lebhaften Gasent-wicklung müßten sich Änderungen der Wassers toff-ionenkonzentra t ion an der Phasengrenze nach Strom-öf fnung schnell ausgleichen; im Stadium c bleiben aber die durch anodische Polar isa t ion erweckten Rhythmen of t l ängere Zeit, wenn auch ver langsamt, bestehen. Man müßte schon annehmen, daß sich das pH

in der ganzen F lüss igke i t smenge während der Polari-sat ion geänder t hat . Besondere Schwierigkeiten be-

7 A. B e t h e , P f l ü g e r s Areh. ges. Physiol. Menschen T ie re 244, 1 [1940]; 246, 485 [1943].

8 A. B e t h e u. Th. T o r o p o f f , Z. physik. Chem. 88, 686 [1914]; 89, 597 [1915]. -

Page 7: Beobachtungen über die Bredigsche rhythmische Katalyse ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/3/ZNB-1948-3b-0071.pdfGegenwart der bisher untersuchten, fremden Ionen nach der alkalischen

unregelmäßigen Sprüngen aufbaut, energetisch eine Ladung, die in dreifacher Weise zum Aus-druck kommt: Auftreten der Gasentwicklung, Um-kehr und Steigerung der Potentialdifferenz zwi-schen Katalysator und Flüssigkeit und Größer-werden der Oberflächenspannung des Quecksil-bers ( B r e d i g und W e i n m a y e r 1 ) . Alle drei Vorgänge nehmen erst schnell, dann langsamer zu und erreichen — die Kurve der Gasbildung häufig mit einer kleinen Enderhebung (Abb. 5c) — ein Maximum, auf das (für das beobachtende Auge blitzartig) Aufhören der Gasentwicklung, Abfla-chung der Hg-Oberfläche und Absinken der Span-nung bis auf ein Minimum folgt. Nach Analogie zu den Kippvorgängen an der bekannten Blink-schaltung aus Stromquelle, Kondensator und Glimmlampe wird man diese beiden, in ihrer Höhenlage mit den Versuchsbedingungen wech-selnden Punkte als Zündspannung und Lösch-spannung bezeichnen können.

Ist die Zündspannung noch nicht, oder wird sie spontan überhaupt nicht erreicht, so kann die Aus-lösung des Kippvorgangs durch Zuführung von Energie, sei es durch einen elektrischen, sei es durch einen mechanischen Reiz, herbeigeführt werden. Ist die Aufladung noch zu gering, so ver-hält sich das System, ebenso wie die Blinkschal-tung ( B e t h e 7 ) , gegen einen sonst wirksamen

77

Reiz mehr oder weniger refraktär; daher kommen wie dort bei zu schneller, rhythmischer Reizfolge Teilrhythmen (Beantwortung nur jedes 2., 3. usw. Reizes; s. auch B r e d i g und W i l k e 4 ) und als Zwischenstufe Alternantes (abwechselnd große und kleine Reaktionen) zustande.

Bei der Blinkschaltung lädt eine Stromquelle einen Kondensator; die Begrenzung der Zünd-und Löschspannung liegt in der Glimmlampe. Beim katalytischen Kippsystem liefert ein chemi-scher Vorgang die Energie; Kondensator und Be-grenzungseinrichtung sind in der Oberflächen-schicht zwischen Quecksilber und Flüssigkeit ver-einigt. Diese Oberfläche stellt einen Kondensator mit geringer Isolation dar, die bei Erreichung einer gewissen, mit den Bedingungen sich ändern-den Spannung oder bei mechanischen Insulten durchschlägt. Je niedriger — ceteris paribus — die Wasserstoffionenkonzentration der Lösung ist, desto durchlässiger wird der Oberflächenfilm, und es kommt zur Dauerkatalyse. Je höher die Wasserstoffionenkonzentration ist, desto besser werden die isolatorischen Eigenschaften; sie füh-ren schließlich zu dauernder Passivität, die an-fangs noch durch mechanische Einflüsse (Er-schütterung) durchbrochen, später aber nur durch elektromotorische Gegenkräfte überwunden wer-den kann.

Über die Gesetzmäßigkeit der elektrischen Schwellenerregung von Nerven V o n L U D O L F J E N C K E L

Aus dem elektromedizinischen Entwick lungs labora tor ium der At las -Werke A.G., Bremen (Z. Naturforschg. 3b, 77—93 [1948]; eingegangen am 27. Dezember 1947)

Durch eine auf rein elektrischen Größen au fgebau te Theor ie werden die Bedingungen f ü r die minimale E r r e g u n g eines Nervs bei e lektr ischer Reizung in umfassender Weise beschrieben. Die Aussagen der Theorie werden mit dem bekannten E r f a h r u n g s m a t e r i a l verglichen. Auf den Grundlagen der Theorie wird eine Deu tung der zur E r r e g u n g füh-renden Elementa rvorgänge versucht .

Das Bedürfn is , die Zei tabhängigkei t der minimalen E r r e g u n g s s p a n n u n g formal zu beschreiben und,

wenn möglich, theoretisch zu deuten, hat im L a u f e der Zei t zu einer außerordent l ich großen Zahl von Reiz-theor ien ge führ t , die entweder auf mehr oder weniger wi l lkür l i chen Modellvorstellungen beruhen, oder sich damit begnügen, die beobachteten Erscheinungen mit Hi l fe re in formaler Ansätze wiederzugeben. Die mei-sten dieser Reizgesetze beschränken sich von -vorn-herein auf Spezialfäl le der elektrischen Reizung, näm-

lich die Reizung mit Rechtecksspannungen und Kon-densa torent ladungen und die Reizung mit Weehsel-spannungen höherer Frequenz . Ih r W e r t ist dement-sprechend sowohl in theoret ischer als auch in p rak t i -scher Hinsicht beschränkt ( W e i s s , H o o r w e g , N e r n s t , E b b e c k e - B l a i r - S c h a e f e r ) 1 .

Von den Theorien, welche die sogen. Akkommodation berücksichtigen, also auch die Schwellenwertfunktionen

1 H. S c h a e f e r , Elekt rophysio logie . F ranz Deu-ticke, Wien 1940.