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Beobachtungen tiber fremde KOrper im GlaskOrperraum. Von Dr. R. Berlin. Seit der Becndigung meincs Aufsatzes ,,Ueber den Gang der in den GlaskSrperraum eingedrungenen fremdeu Kfrper"*) (Ende Februar 1867) hatte ich Gelegenheit, auf diesem Gcbiete eine verhiiltnissmiissig grossc Zahl weiterer Beobachtungen zu machen, so dass sich die Zahl der neuen F~lle auf 11 belauft. 9 derselben stammen aus meiner eigenen Praxis, es betragt daher mit Hinzu- rechnung der friiheren 26 die Summe der yon mir be- obachteten F~tlle 35. Um dieser Zahl eincn einigermassen statistischen Worth zu geben, will ich bemerken, dass (lie Gesammtsumme der yon mir behandelten Augen- kranken sich auf 10,304 beziffert. Unter diesen befanden sich 11.16 Personen mit hugenverletzungen und somit wiirden die fremden K6rper im GlaskSrperraum 3,1~ der Augcnverlctzungen ausmachen. ~) $. d. Archiv XIII. 2, S. 278. 18 *

Beobachtungen über fremde Körper im Glaskörperraum

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Beobachtungen tiber fremde KOrper im GlaskOrperraum.

Von

Dr. R. Ber l in .

Seit der Becndigung meincs Aufsatzes ,,Ueber den Gang der in den GlaskSrperraum eingedrungenen fremdeu Kfrper"*) (Ende Februar 1867) hatte ich Gelegenheit, auf diesem Gcbiete eine verhiiltnissmiissig grossc Zahl weiterer Beobachtungen zu machen, so dass sich die Zahl der neuen F~lle auf 11 belauft. 9 derselben stammen aus meiner eigenen Praxis, es betragt daher mit Hinzu- rechnung der friiheren 26 die Summe der yon mir be- obachteten F~tlle 35. Um dieser Zahl eincn einigermassen statistischen Worth zu geben, will ich bemerken, dass (lie Gesammtsumme der yon mir behandelten Augen- kranken sich auf 10,304 beziffert. Unter diesen befanden sich 11.16 Personen mit hugenverletzungen und somit wiirden die fremden K6rper im GlaskSrperraum 3,1~ der Augcnverlctzungen ausmachen.

~) $. d. Archiv XIII . 2, S. 278.

18 *

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Die absolute Gleichmlissigkeit aller F/ille in Bezug auf die Cardinalfrage, die Verwundung der hinteren Bulbuswand, die interessanten pathologisch-anatomischen Befunde: schliesslich die praktischen hnhaltspunkte, welche sich ffir die Diagnose, in einzelnen Fallen auch ftir die Therapie ergeben haben, veranlassen mich, die VerSffentlichung der gewonnenen Resultate nieht mehr aufzuschieben.

Verwundung der hinteren Bulbuswand war in allen Fiillen nachweisbar, welche auf die Frage hin fiberhaupt untersucht wurden. Von unsern 11 Ffillen konnte dies 10mal geschehen.

Bei einem Fall kam das huge nicht zur hutopsie, well hier die Extraction des fremden KSrpers und somit die Erhaltung des Bulbus gelang.

Die iibrigen 10 Ffille zerfallen in 2 Hauptgruppen, und zwar in solche, bei welchen die directe Verletzung der hinteren Bulbuswand durch den fremden KSrper yon vorn herein nachgewiesen werden konnte, und in solche, bei welchen zwar eine Verwundung der hinteren Bulbus- wand vorhanden war, der Beweis abel dass dieselbe dutch den unmittelbaren Contact mit dem fremden KSrper hervorgerufen wurde, indirect geffihrt werden muss.

Yon der ersten Gruppe besitze ich 2 Beispiele, und zwar ein Priiparat yon Dr. I wan off und einen klinischen Fall aus eigener Praxis.

Beobachtungen.

1. Von der Geschichte des Iwanoff'schen Falles ist mir Nichts bekannt. Das Pr/iparat selbst stellt einen stark phthisischen linken Bulbus dar. Im i~usseren un- teren Quadranten der Hornhaut eine fast horizontale, ziemlich geradliuige, fiber 2"' lange Narbe, dicht

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unter tier Hornhautmittc; am oberen inneren Umfange der Sclera eine ausserordentlich tiefe Einziehung yon aussen bemerkbar.

Auf dem Durchschnitt zeigt sieh die tiefste Stellc der Einziehung als eine die ganze Dicke der Sclera durchsetzende Narbe, in welche ein fiber 2 '" langer und etwa eben so breiter, seharfkantiger Eisensplitter hineinragt. Derselbe ist yon festen, br~tunlichen Schwarten umgeben, welche auch den vorderen Theil des Glask0rper- raumes eilmehmen. Der hintere Theil des durch totale NetzbautablOsung stark verkleinerten Glask6rperraumes bat dtinnfliissigen Inhalt. Auch (lie Chorioidea ist voll- stiindig abgelSst und nur an der unmittelbaren Umge- bung der Scleralnarbe zeigen sich Sclera, Chorioidea und Retina lest verwachsen; w/ihrend sich fiberall sonst zwischen Sclera und Chorioidea einerseits und zwischen Chorioidea und Retina andererseits cine diinne, leicht br~tunlicb tiugirtc Flfissigkeit vorfindet.

2. Am ~. Januar 18(iS stcllt sich der 24.j~brige Knecht Christian MSnch yon Embcrg vor. Vor 8 Tagen, in der Neujahrsnacht, hat er ein altos, blindgeladenes ~;ewehr losgesctlossen; in demselben Augeublick ffihlt er etwas gegen sein rechtes Augc springen. Den anderen Tag bcmerkt er leichte Unmeblung des Blicks bei sehr gcriugeu Entzfindungserschcinungcn. Die stetige hb- nahmc des Sehvcrm0gens veranlasstc ihn, ~trztliche Hfilfe zu suchen. Die Injection ist auch jetzt noch itusserst gering; subjective Beschwcrdcn sind nicht vorhanden. Unmittelbar fiber dem unteren Hornhautrand einc scharfe, ~enkrechte, etwa 1 Mm. lange Narbe.

Linse diffus, aber unvollst~udig getrfibt. Der obere Pupillarraud an einer ganz umschriebenen Stelle mit der vorderen Linseakapsel verwachsen; hier die intcnsivste Triibung der Linse: etwa 5 Linien oberhalb des oberen

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Hornhautrandes, ein wenig nach innen vom verticalen Meridian, eine runde Hervorragung yon etwa der Aus- dehnung und Form ether menschlichen Linse: welche yon stark geriitheter Schleimhaut tiberzogen ist. Diese Stelle ist miissig empfindlich gegen Beriihrung; Bewegungen des Auges, auch die gerade nach oben, nicht schmerz- haft. Quantitative Lichtempfindung gut. Gcrade nach unten ein kleiner, umschriebener Ausfall im Gesichts- felde.

Nachdem w~thrend 3 Tagen absoluter Ruhe und unter Anwendung yon Atropiu sich die Injection der Conjunctiva bis auf die Stelle des Tumor und dessen unmittelbare Umgebung verloren hatte, wird parallel dem Verlaufe des Musculus rectus superior ein etwa 6"'

langer Einschnitt in die Conjunctiva gemacht. Dabei zeigt sich, dass tier Tumor unterha!b der Sehne des Muskels liegt. Diese wird nun am itusseren Rande, etwa auf 3'" (ter L~inge nach eingeschuitten, woraut die Spitze des Messers in eine kleine IIShle gelangt, aus welcher ein Tropfen dicken Eiters und mit demsel- ben ein kaum ] Quadratmillimeter grosses Sttick Zfind- hfitchen entfernt wird. Die Schleimhautwunde wurde mit ether Sutur geschlossen und Patient nach (i Tagen ent- lassen.

Der Weg, den der fremde KOrper in diesen F~tllen gemacht hatte, konnte kein anderer sein, als dass er Hornhaut und Linse perforirte, dann den Glask0rperraum bis zur hinteren Bulbuswand durchmass und hier direct Retina, Chorioidea und Sclera durchschlug. Im ersten Falle war die Kraft mit dem Durchschlageu der Sclera erschSpft, im zweiten braeh sich dieselbe erst am Wider- stand des Sehne des Musculus rectus superior.

Die zwcite Gruppe yon Falleu, in welcher die An- wesenheit eines fremden KSrpers im GlaskSrperraum mit

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Yerwundung der hinteren Bulbuswand zusammentrifft, zerfiillt in zwei Unterabthciluugen, und zwar:

a) in solche F~ille, welche frisch zur Beobachtung kommen, d. h. in welchen die Wunden der Retina, meistcnthcils der Chorioidea und einmal der Sclera noch als solche nachzaweisen waren; und

b) in alte F~tile, welche als Residuum der frfiher stattgehabtcn Yerwundung nut eine der Einschlagstelle des fl'emden KSrl)ers ann'ahernd diametral gegenfiber- liegeude Verwachsung der drei Augenh~iute etc. auffinden lassen.

Von ersteren besitze ich 6 neuc Pr~iparate. Die be- treffenden Bulbi wurden, was den Zeitraum zwischen Verwundung und Operation angeht, der frischeste Fall 17 Stunden, die beiden nfichsten je 48 Stunden, der vierte 7 Tage, der ftinfte 8 Tage, der sechste 21 Tage uach Einwirkung des Traumas enucleirt.

Von alten FMlen steheu mir 2 Bulbi zu Gebote; der eine war l0 Monate, der andere 9 Jahre nach der Kata- strophe entfernt wordeu. Letztcren verdanke ich der Giite des Herrn Professor v. Bruns . Die Beschreibung dieser weiteren F~lle lasse ich tier Reihe nach folgen, je nach dem Zeitraum, welcher zwischen Verwundung und Oi)eration verflossen ist.

3. Emil Eberenz, Arbeiter in der Maschinenfabrik zu Esslingen, stellt sich am 17. April 1867 vor. u 17 Stunden ist ihm bei der hrbeit etwas in's rechte huge gesprungen: sofortige bcdeutende Herabsetzung .des Sehverm0gens; m~tssiger Schrnerz. Lebhafte RSthe der Conjunctiva bulbi, keine Chemosis, Bulbus wcich, Ciliar- gegend nicht schmerzhaft bei Berfihrung. In der Horn- haut eine grosse, ziemlich scharfe Wunde von etwas fiber 4'" Liingc, oben zipfelf~irmig; sie verliiuft fast senkrecht, ein Minimum nach aussen yore verti(:alen Meridian; Linse

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total gctriibt. Quantitative Lichtempfindung gut; fast (lie ganze obere Hi~Ifte des Gesichtsfeldes fehlt.*)

Diagnose: Corpus alienum im GlaskSrperraum, so- fortige Enucleatio bulbi.

Der gleich nach der Operation geSffnete Bulbus zeigt eine hochgradige hnsammlung yon Blut im GlaskSrpcr, so zwar, dass die gauze untere Htilftc davon eingenomm~n wird. U~lterhalb dieser Blutmasse, auf dcm Grunde des Auges hart auf, liegt eiu 5"' langer, his zu 2~/.~ " '

*) Bei Uutcrsuehung des Gesiehtsfeldes dfirfen wlr uns in solchen Fiilleo nieht mit einer oberfli/ehliehen 1)riifung der Orlentirung, wie solehe bei gewShnlieheo Cataraeten mit fiir die Praxis ausreichender Genauigkeit gehandhabt wird, begnfigen. Ieh babe wiederholt eioe ab- solut siehere, wenn aueh zuweilen etwas laugsame Orientirung consta- tilt, wenn ieh eine gewSh~fliche Lampe auf 3--4 Fuss vet dem Pa- tienten sehnell hie und her bewegte, wiihrend eine exaetere Methode ausgebreitete Besehr.:inkung des Gesichtsfeldes naehwies. :Es ist bier durehaus nothwendig, dass das zu untersuchende Auge fixirt und die exeentriscbe Empfindlichkeit der Retina mit kleinen Liehtquellen durch- mustert werde. Zu diesem Zwecke stelle ieh etwa 4 Fuss vor dem Pa- tienten eine reeht bell brennende Lampe auf u,ld lasso dieselbe unaus- gesetzt fixiren, w'ghrend ich eine mSgliehst kleine Lampe 2--3 Fuss vor dem Gesiehte (lurch das gauze Gebiet des Gesichtsfeldes hiadurch bewege; die Angaben fiber die Stellung dieser kleineu Liehtquelle, bei abweehselnder Bedeekung derselbeu mit tier Hand, lassen eln geoaues Urtheil iiber Vorhandensein oder h'iehtvorhandenscin eluer Gesiehtsbe- sehr~nkung zu. Um elne mSgliehst kleine Lichtqaelle zu erziclen, habe ieh aueh wohl eioen Cylinder yon geschwi~rztem Bloeh um die zwelte Lampe anbringen lasseo, und in diesen ia der lIShe der Flamme eine Oeffnung gebohrt; es erhellt, dass man dureh Modification in der GrSsse dleser 0effnung, sowie dureh Eutfernung der Lampe eine ausserordent- lieh feine Scala you Liehtquantiti/ten erzielen kann. Unter UmstSnden habe ich reich auch des Augenspiegels bedient, so zwar, dass die zweite Lampe hinter dem Riicken des 1)atlenten aufgestellt wurde. Dureh Steigerung der Entferoung zwisehen Augenspiegel und dieser Lampe kano man natiirlich einen noeh felnereu .~aassstab fiir die quantitative Lichtempfindung gewlnnen, allein wir verlieren dureh die Diffusion des refleetirteo Liehtbildes den Vortheil einer kleiueu eoneeutrirten Lieht- quelle. Ieh brauche wohl nieht zu erwi/huen~ dass diese Untersaehunger~ uoter Umstiioden ein ungewShnliches Maass yon Geduld erfordern.

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breitcr Eisensplitter. Er liegt quer zur Augenaxc, zu zwei Dritttheilen in der rechtcn BulbusMlfte, sein vor- derer Rand ist 1~/~, sein hinterer 31/4 ``` vom Hornhaut- rande entfernt.

Nach vorsichtiger Entfernung des Blutes gewahrt man an der hinteren Bulbuswaad 3 ' " senkrecht unter- halb des Sehnerveneintrittes cinen klaffcnden Spalt in der Retina yon 11/., "` L~nge und 1 " ' Breite; die R~ndcr etwas naeh vorn gebogen; zwischen Retina und Chorioidea hicr ein wenig Nut. Die mikroskopische Untersuchung tier Spaltr~nder nach mehrwSchentlicher Erh~trtung des Priiparates in Mfiller'scher Fltissigkeit crgiebt, dass in unmittelbarer N~he der RRnder meist nur Rudimente der Netzhaut vorhanden sind. Die Retina- schnitte, obgleich hier ziemlich in der N'~he des Sehner- yen, zeigcn sich sehr schmal, cs fehlen ihncn meistens die St'ibchen und Zapfen und ein verschiedcn grosset Theil der KSrnerschichten; die Nervenfaserschichte ist racist erhalten uM mit ihr die Gef~sse, welchc ihr, wie cs scheint, als Stiitze dienen. An manchen Stellen fin- det sich eine starke, locale Verdickung beider KSrner- schichten, und es ist an solchen Prhparaten dic Zwischen- k6rnerschicht meist geschwunden. Solche Bilder boten sich indess zu wenig zahlreich dar, als dass dieser Punkt tinct gcnaueren Untersuchung hhtte untcrworfen werden k6nnen, ich lasse es daher dahingestellL ob dieselben nicht ctwa durch partielle schr~tgc Schnittrichtung her- vorgerufen wurden, wic solche bei den zcrfetzten R/in. dern ja so leicht entstehen konnten.

Abet ein anderes Bild, entschieden vitalen Urspruugs, bot sich an den Spaltrttndern. Es finden sich n~mlich in einzelnen Schnitten in der Nervcnfaserschicht und zwar nur in dieser rundliche, ganz rein granulirte, matt glanzende Kugeln ohne irgend eine Andeutung eines Kernes oder eines KernkSrperchens. Ihre GrSsse schwankt

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bedeutend, die kleinsten haben etwa den halben Durch- messer eines Blutkiirperchens, wiihrend die grSssten den 5--4fachcn Durehmesser eincs solchen crreichen; sie sind ausserordentlich regelm~issig fund oder oval mid findcn sieh meistens nur vereinzelt. In einem einzigen Priiparat kamen sic in grSsseren Gruppen vor; aus die- sem gelang es, die Kiirper zu isoliren und ihrcn directel~ Zusammenhang mit ~Nervenfasern nachzuweiscn, als dercn varicose, kolbige Endanschwellungen sie sich darstellen. (S. Fg. 7.) Welcher Seite des S1)altrandes diess Prfipa- rate angehSrten, weiss ich nicht mehr anzugeben. Ich fasse dicse Anschwellungen als dieselben (_;ebilde auf, wclche in Fall IV. l.c. vorgefunden wurden, sie unter- ~cheidcn sich yon jeneu dutch die geriligere Quautitat, ihre geringere GrSsse, den matten Glanz und ihre durch- aus rundlichc Form, sie sind ebcn als im Ganzen jfin- gere Gebilde aufzufassen, und ich will hier noch beson- ders darauf hin~eiseu, dass tier Bulbus 17 Stunden nach dcr Verlctzung entfcrnt wurde.

Was die iibrige Retina angeht, so ist auch in tier weiteren Umgcbung dcs Spaltes nichts Pathologisches zu finden. Gegen den Aequator hin indessen und yon hier aus nach vorn zeigt die Retina fiberall eine Ansammlung yon EiterkSrperchen in der h'ervenfaserschicht. Die Eiter- kiirperchen sind durchaus auf diesc beschr/inkt. Dic iibrigen Schichten lasscn nichts Pathologisches erkenueu; die St/tbchen fehlcn zwar an einzelnen Pr~paraten, an andcrn fehlen sic stellenweise, abet ihr fast regelm/issi- ges Yorhandcnsein und ihv normalcs Verhalten da. wo sie sich finden, erlaubt den Schluss, dass sic in jenen nur mechanisch dutch die Prfiparation abgerissen wurden. Die Stiitzfasern silld nicht veriintlert. Was die Form des Eitcrs angeht, so fand ich ausschliesslich kleine, runde, rein granulirte, scharf contourirte KSrper, welche auf Zusatz yon A, wenn iiberhaupt, dann stets nut einen

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Kern erkenncn Iiessen. Sic ~varen in grSsserer Menge unmittelbar an der limitans zu finden, erstreekten sic]'. jedoch ill fast allen F~tllen bis zur Ganglienschicht. Ihre relative Massenhaftigkeit war in allen Priil)araten annii- hernd die gleiche; m i tde r Ablmhme der Dicke der Net'- venfaserschicht nahm natiirlich die absolute Menge al). Die Pat's eiliaris retinae war normal. An fast alien Pr~- paraten zeigte sieh ferner schon makroslr dass eine kleine Sehiehte des zuniichst gelegenen 61askSrpers a~ ~. (let' Retinae haften gebliel)en war. Diese Theile zeigen sieh dieht durchsetzt mit l:.iterkSrperchen derselben Natur, wie sic in der Retina vorkonmmn. Nur in den vordersten Theilen des GlaskS:pers zeigten sich einzelne ,()vale und spindelt'Srmige Gebilde. Anders geformte zel- lige Elementc wurden im (~}laskSrl)er nicht aufgeflmden. Die Chorioidea zcigte sich zanitchst it, dem dem ItetinaI- .spalt gegentiberliegenden Theile mit dieken Massen yon Blut besetzt. Nach vorsiehtiger Entfernung derselben finden ~vir dic darunter liege.hale Aderhaut zum Theil ihres epitelialen Pigments beraubt; vielleielit ist dieser Mangel haul~tsttehlieh auf rein meehanisehe Weise dutch Abr~umen der I~lutmassen entstanden. (}egen das I,ieht gehalten, zeigt hier (lie hderhaut einen hufeisenf0rmigen scharfen Riss, desseu II/tnder fast v/Jllig aneinander liegen. Die (;esammtlgnge dieses Risses mag l'/,a"' betragm~. An Querdurchsehnitten, welehc den Spalt senkreeht dureh- ,selmeid(m, finden sieh an den I.r selbst keine t)e- nmrkenswerthen VerSnderungen "tusser einer unregel- m~ssigen Zerfetzung, wodurch in loto die Aderhant auf eine ldeine 8trecke damper ~:ir(l. 8onst ist diese Mere-- bran mit reiehlichen l,;iterk6rperehen dm'ehsetzt. Die elastisehe .~Iembran ist intakt, nut wellig gefaltet, die Chorioeapillaris zeigt geringgradigc Anhgtufung ~'on Eiter- k/Jrperehen, die grSssere :~lenge liegt zwisehen den mitt- leren (}efiissen; etwas weniger massenhaft, doeh reich-

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licher als in der Choriocapillaris findet sich Eiter in der lamina fusca. Die ver~tstelten Pigmentzellen siud unver- 5ndert. Untersuchen wir (lie einzelnen Schichten fiir sich, so finden wit in tier Gefi~ssschicht auf der Fli~cheu- ansicbt eine ausserordentlich reichliche Ausbreitung you EiterkOrperchen. Dieselben zeigcn hier nicht jene abso- lut ruuden und scharfen Contouren, wie in tier Netzhaut and im Glask(irper, vielmehr scheinen ihre Riinder oft mehr oder weniger rauh and zackig. Ausnahmslos fand ich auch hier na~h Zusatz yon )[ nie mehr als einen Kern. Die EiterkSrperchen liegen frei zwischen dem abrigen Gewebe; eine besonders hervorragende Anh~u- fung in tier Nahe yon Gef~tssen habc ich nieht beobach- tet. Dagegen zeigten einzelne Gefiisse yore kleinsten Caliber, welche ich unmittelbar in Capillaren fibergehen sah, eine massenhafte Mengc yon weissen Blutkfrperehen zwischen den rothen (Fig. 1), zuweilen bei strotzender Ftillung: die Ansammlung der weissen BlutkSrperchea war an einzelnen Stellen so massenhaft, dass ich auf den ersten Blick ein mit Eiterkiirperchen geffilltes kleines Gefi~ss zu sehen glaubtc. (Fg.2.) Die pigmentlosen Stroma- zellen sind sehr deutlieh. Nirgends fand sich an densel- ben eine Kerntheilung. Das die Gefasse begleitende Biude- gewebe ist yon durehaus normaler Besehaffenheit. (Fig. 3.} Ganz vereinzelt im Stroma zerstreut finden sieh grosse ovale, fast runde Zellen mit stark granulirtem Inhalt und nut' einem, meistens undeutlieh durehscheinenden, in der Mitte der Zelle liegenden, grossen Kern. Diese Zellm, habeu deu 2- oft 5faehen Darehmesser yon EiterkSrper- ehen. (Fig. 1.) Die Chorioeapillaris isolirt, zeigt, wie sehon an Quersehnitten ersiehtlieh war, aueh bei Flttehen- ansieht eine wesentlieh geringere Ansammlung yon Fiter- kSrperehen. Dicselben sind dureh ihre viel rundere und seh~rfere Contour yon denen der grSsseren Gefass- schieht unterschieden. Bei genauerer Betraehtung zeigt

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sich, dass dieselbe nur vereinzelt in den Zwischenmaschen tier Capillaren, dagegen s'orwaltcnd innerhalb des Ca- pillarrohres gelegen sind; sie sind hier oft zwischen den BlutkSrperchen zu 4, 5, 6 und mehr nahs bei cinander liegend anzutrsffen und unterscheidsn sich auf den ersten Blick durch ihren stiirkeren Glanz, ihre bedeutendere GrOsse und feine Grannlirung, noch besser aber an car- mingef~trbten PrStparaten dutch ihre Rosafiirbung yon dem grfingelben Colorit der BlutkOrperchen. Dis Kerne der Capillaren verhalten sich durchaus normal (Fig. 1). In den Zwischcnmassen der Haargefiissc finden sich, wenn auch nicht besonders hiiufig, doch reichlicher als in dc'r grossen Gef~tssschicht, die grossen oben beschriebenen runden odcr ovalen, stark granulirten Zellen.

Ganz analog wie die unmittelbare Umgebung des Chorioideaspaltes verhiilt sich die Chorioidea in ihrer weiteren Ausbreitung mit dem Unterschied, dass fiber- all sonst die Ep!tslialschicht sich als intakt erweist. Die Meng c der Eiteransammlung in dcr Chorioidea nimmt indessen, je mehr wir uns nac'h vorne begeben, ab, so zwar, dass die vorderen Abschnitte der Chorioidea und zwar merkwfirdiger Weiss auch in unmittelbarer h~iihe des fremden K(irpsrs gar kcine EiterkOrperchen mshr auffinden lassen, w~thrend hier umgekehrt zahh'eiche EiterkSrperchen in der Ncrvcnfaserschicht dcr Retina nnd in dem angrenzenden Theil des GlaskOrpers gefun- den werden. Der Ciliarmuskel enthii.lt keinen Eiter, da- gegcn ist die Iris mit zahlreichen rundlichen nnd ovalen Zellcn durchsetzt; sie scheinen am massenhafiesten an der hinteren Wand unmittelbar vor der dicken Pigment- lage vertreten zu sein.

4. Gottlicb Graeter, 19 Jahre alt, aus der Ma- schinenfabrik in Esslingen, stellt sich am 17. Mai 1867 vor. Am 16. war ihm bsi der hrbeit (Meisseln yon

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Gussstahl) etwas in's linke Auge geflogen, worauf rasche Abnahme der Sehkraff, wclche sich bis heute noch ver- schlechterte, heffige Injection der Conjunctiva des Bulbus. Auf der Hornhaut etwa yore Centrum ausgehend, nach oben und innen verlaufend eine scharfe Wunde der Hornhaut yon 3t/.., ''' L~,nge, welche sieh etwas in die Sclera erstreckt. Vordere Kammer aufgehoben, Iris oben durchschnitten. VSllige Linsentrfibung. Patient sieht noch Bewegung der Hand. Quantitative Lichtempfindung gut. Orientirung sicher abet langsam. Bci Priiflmg mit zwei Lichtquellen ergiebt sich eiu ausgicbiger Defect des Gesichtsfeldes naeh oben und nach aussen. Ueber Em- pfindlichkeit der Ciliarmuskelgegend ist nichts notirt.

D iagnose : Corpus alienum im GlaskSrper. Am 18. Mai, gerade 48 Stundeu nach stattgehabter

Verletzung, wird eiu Versuch gemaeht, den fl'emden KSr- per zu extrahiren, abet ohne Erfolg; fiber denselben wird welter unten berichtet wcrden. Darauf sofortige Enuc- leation. Der sogleich erSffnete Bulbus zeigt massenhafte Ansammlung yon Blur in tier unteren II'~Ifte des Glas- kSrpers, besonders aber unten und innen. Dieses Blur hat eine briiunliche F~trbung im Gegensatz zu frisehen, rothen Ergfissen, welche sich zwisehcn Netzhaut und Chorioidea einerseits und zwischen Chorioidea und Sclera andererscits vorfinden. Untcrhalb des Blutes im Fundus findet sich hier ein gliinzender, auf einer Seite ganz scharfer Stahlsplitter yon 31/~ ''' Liinge und gut 1 " '

Breite auf dem Grunde lest aufliegend. Er liegt etwa 2 ' " nach innen yore verticalen Meridian, sein vorderer Rand ist 1 ' " , sein hinterer 4~/~ ''' vom Hornhautrande entfernt. Die Retina bietet an ihrem unteren und hinteren Umfange bis tiber die HShe des Sehner- yen verschiedene klaffende grosse und kleine Lticken in Folge der bei den misslungenen Extractionsversuchen vorgeuommenen Sondirungen mit einer Knopfsonde. Es

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ist daher unmSglicb, besonders wegen der hier entstan- denen frischen Blutungen, einen dieser klaffenden Spalten als die itltere Retiuawunde zu erkenuen. Auch wurde aus dicsem Grunde eine mikroskopische Durchforschung der zerfetzten Retina als voraussichtlich resultatlos unter- lassen. Die Chorioidca zcigt eine starkc Linie nach oben yon der Papille einen 21/4 ̀ `` langen, fast wagerecht ver- laufenden haarscharfen Spalt, d e r n u r gegen das Licht gehalten zu klaffen scheint. Die ganze Chorioidea ist durch cine hintcre diinne, vorn m/~chtige Schichte fi'ischea Blutes vonder Sclera abgel/ist.

Die mikroskopische Untersuchung der Chorioidea nach Erh~irtung in Miil l c r ' scher Flfissigkeit ergiebt an senkrecht dutch den Spalt gelegten Schnitten an den R~tndern nichts auffallend Abnormes, nut scheint (lie elastische Membran sich ctwas zurfickgezogen zu haben, wenigstens cndet sic an fast allen Schnitten eine Strecke vor dem fi'eien Rande der Wunde, welche anniihernd die Dicke der Cborioidea bctr/igt. Diese Schnitte sind dicht durchsetzt mit EiterkSrperchen.

Was die Quantit~tt dicser EiterkSrperchen angeht, so ist dieselbe in umnittelbarer ~N~the des Spaltes einc ausscrordentlich reichlichc, "~ber auch auf Querschnitten, welehe gut 3'" yon der Wunde entfernt angelegt sind, lassen sich noch solche erkcnncn. Die Hauptmasse dcr- selben zeigt sich fiberall in der N~the der Chorioeapillaris in der N~the der kleinen Gef~tsse.

Wenn bei einer Entfernung von circa 3'" yon deln Chorioidealspalt die Mange der EiterkSrperchen be- deutend abnahm, so sind sic doch in der ganzen Aus- breitung der Aderhaut aufzufinden, ja noch vorne in der Gegcnd der Ciliarmuskel finden sie sich wieder hs und zwar nicht sowohl unten, in der NiChe des fremden KSrpers, sondern auch an den correspondirenden oberen und seitlichen hbschnitten. Das Pigmentepithel ist fiber-

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all intakt. Die Chorioidea in der unmittclbarsten Um- gebung des fremden KSrpers zeigt ein eigenthiimliches Verhalten. Wenn man hier nach Abpinselung des Epithels feint Lagen der Choriocapillaris durch Abzupfen der Gefttssschieht prttparirt, so bekommen wir ganz analoge Bilder wie in dem vorhergehenden Fa!le: nfimlieh Gef/isse kleinsten Calibers, welche direkt in Capillaren iibergehen, zeigen eine reichliche Fiillung mit EiterkSrperchen, viele der Capillaren ebenfalls. Dazwischen sieht man die Blut- kSrperchen minder deutlich, vielmehr oft nut feine detri- tus/ihnliche Massen. Die EiterkSrperchen verhalten sich durchaus versehieden wie in dem vorigen Fall; sie sind, meistentheils auch diejenigen, welche noch innerhalb der Gefttsslumina liegen, ausserordentlich gross, vielleicht das 2--3fache im Durchmesser wie die BlutkSrperehen. Ihre Contouren sind durehgehends sehr undeutlich; sie siud grob granulirt und auf Zusatz yon A, ebenso nach Car- minimbibition zeigen sich in vielen 2 auch 3 Kerne.

Neben manchen der kleinen mit EiterkSrparcheh gefiillten Gef~isse lassen sich dicke Lagen yon Bindege- webe, fast immer yon Zfigen ver~,stelter Pigmentzellen be- gleitet, naehweisen, ~'elche durchaus normal sind. Ebenso verhalten sieh die pigmentirten Stromazellen normal; und an den i)igmentlosen Stromazellen ist es mir kein einziges Mal gelungen, irgend eine Form yon Zellen- wucherung aufzufinden. Im Corpus ciliare wenig, da- gegen viel Eiter im Irisgewebe. Quersehnitte dutch die Retina lassen nirgends mit Sicherheit EiterkSrperchen erkennen. u zeigen diese Schnitte, dass die Netz- haut intakt ist. Die einzige pathologisclleVeriinderung, welche ich an ihr land, welche aber fiber das ganze Re- tinagebiet ausgedehnt war, betraf die St~tbchenschieht iu der ~Ni~he des fremden KSrpers. Die St~tbchen erschienen zuweilen sehr ungleieh in ihrer Dicke, zeigten hier und da, besonders an ihrer Spitze, leicht knopffiirmige An-

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:schwellungen, an einzeluen Stellen in unmittelbarerN~he des fremden KSrpers sind nur noch kleine gliinzende, rundliche Rudimente der St~tbchenschicht zu erkennen, dazwischen hart an dcr limitans externa griissere rund- lithe oder ovale Gebilde yon der 2--3fachen Ausdehnung eines Kerns der iiusseren Schicht, welche nicht hell und starkgl~inzend wie die sogenannten Schleimkugeln Ri t - t e r ' s, sondern stark granulirt sind. Sie enthalten keinen Kern. In der Pars ciliaris retinae land ich keine Eiter- bildung. Der Glask(irper enth~tlt in seinem vor der Ora serrata gelegcncn Theile reichliche grosse ZeUen mit meist einem sehr grossen Kern; dieselben Gebilde finden sich tiberall an dem der Retina in diinnen Schichten an- haftendem Glaskiirper. Zuweilen zeigeu diese grossen Zellen 2, selten mehr Kerne.

5. J. Schabel, 27 Jahr alt, Arbeiter in der Maschinen- werkstatt zu Canstatt. Den 16. Januar 1868 fuhr ihm beim Meisseln yon Gussstahl etwas in's rechte Auge; sofortige starke Herabsetzung des Sehverm5gens. Den andern Tag wurde Patient ill die Klinik aufgenommen.

Sehr starke subconjunctivale Injection. Zwischen Hornhautcentrum und innerem Hornhautrande eine an- nRhernd senkrecht verlaufendc, rauhrandige Wunde yon 31/2 `" L~nge. Ciliargegcnd fiberall gegen Berfihrung Russerst empfindlich, oben mehr als uuten. Totale Lin- sentrtibung. Quantitative Lichtempfindung Russerst ge- ring, die Stellung der Lampe wird nur in einem kleinen nach unten und aussen gelcgencn Bereiche des Gesichts- feldes erkannt.

D i a g n o s e : Corpus alienum im Glaskiirperraum. Im Laufe des Tages stellte sich Ciliarneurose sin.

welche sich wlihrend der l~acht auf eine solche HShe stei- gerte, dass Patient am n~chsten Morgen selbst die an-

Archiv fiir Oph~halmologie, XIV. 2. 19

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fangs verweigerte Enucleation forderte. Erhebliehe Che- mosis.

Enucleation 48 Stunden nach der Verwundung. Der sogleich ert~ffnete Bulbus zeigt im unteren Umfange und nach hinten und innen Massen yon Blur, daneben ziem- lieh dichte Eiterzfige, besonders in der vorderen H~lfte. Auf dem Fundus hart auf liegt ein grosset gl~nzender Stahlsplitter 3% '" lang, fiber 2 '" breit und fiber 1/2'" dick; sein vorderer Rand ist 31/, "`

yon dem vorderen Hornhautrande entfernt; dicht nach aussen und unten vom Sehnerven zeigt sich eine starke, bucklige NetzhautablSsung dutch Blut, welche etwa die seitliche Ausdehnung yon 2'" hat und sich nach unten bis zum Fundus des Auges erstreekt. Die Netz- haut ist in dem oberen Dritttheil tier AblSsung stark zeffetzt, zeigt reichliche kleine Lficken. Bei starker Lupenvergr6sserung erkennt man, dass das Netzhautge- fiige hier vorwaltend aus den Gefassen besteht, an welchea kleine Partien yon Netzhautgewebe haften; unmittel- bar unter dieser Stelle eine fiber 1'" dicke Lage yon Blut. Unterhalb dieses Blutes zeigt sich ein kleiner scharfli.niger Substanzverlust der Chorioidea. Diese Liicke stellt etwa ein gleichschenkliges Dreieek dar, dessert Schenkel die L/~nge yon je c. 1/~ Mm. betragen. Ent- sprechend dieser Lficke finder sich ein etwa 1/, Mm. langer~ nut bei LoupenvergrSsserung deutlich sichtbarer, haar- scharfer, nicht penetrirender Spalt in der Sclera. Die mikroskopische Untersuchung der zerfetzten Retinapartie bietet nichts Interessantes. Die iibrige Retina, auch die entferntesten Theile zeigen eine in hohem Grade ausge- sprochene Atrophic tier St~bchen und Zapfen. In der Nervenfaserschicht, hart auf der Limitans, finden sieh wenig reichliehe, runde, zellige Gebilde, deren Natur nicht mit Sicherheit festzustellen ist, welche aber mit Wabrseheinlichkeit als Eiterk6rperchen aufzufassen sind.

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Der diesem Schnitte tiberall anhaftende Glaskiirper bietet attsserordentlich zahlrciche, grosse, runde Zellen mit 1, 2, 3, auch mehr Kernen.

Die Chorioidea zeigt zuniichst auf Querschnitten eine so masscnhafte Ansammlung yon Eiter, dass im Stroma Nichts als Eiter und Pigmentzellcn zu erkennen sind. Die Lagen, ftir sich untersucht, zeigen miissige Ansamm- lung von Eitcr in dcr Suprachorioidea. Die Chorioca- pitlaris und griisscre Geffissschicht sind dicht infiltrirt. Diescr Grad yon Entzfindung ist fiber das gesammte Bercich der Chorioidea gleichmiissig vcrbreitet. An fein zerzupftcn Pr/tparaten der vorher isolirten Choriocapil- laris finden sich klcine Gef'hsse, wclche sich durch die Dfinne ihrer Wandungen und die sie begleitenden Zfige welligen Bindegewcbcs als Vcnen erkennen lassen, welche auf den ersten Blick hin wie mit Eiter gefiiitt erscheinen. Es entstcht dic Frage, ob diese EiterkSrperchen auf den Gefiissen resp. in seinen Wandungen haften, oder ob sic innerhalb des Gef~ssrohrs liegen. Versuche, durch Druck auf das Dcckglas Bcwcgung in die Masse zu bringen, misslangcn; selbst zweifellos in den Gef'~ssen licgende Saulen yon Blutk6rperchen machten keine Bewegungcn in der Richtung dcr Liingsaxc des Geffisses. Gegen die Annahmc aber, dass der Eiter auf den Gef/issen oder in den Wandungen seincn Sitz babe, spricht die Thatsache, dass die Profilansicht dcr Wandungen nur wcnige Spuren zelliger Gebilde aufweist, w~thrcud die Masse des Eiters gcrade das Lumen des Gefiisses einnimmt. Ausserdem crgebcn Querschnitte zur Evidcnz, dass das ganze Lumen solcher Gef~sse mit Eiterzellen ausgefiillt ist. Die Ge- rinnung, wclche der Bcwegung in den Gcfiissen hinder- lich entgegentrat, machte das Haftenbleiben in dem Quer- schnitt miiglich. Das Pigmentcpithel ist mit husnahme dcr unmittelbaren Umgebung der Chorioidawunde intact.

19 *

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Die Kerne der Capillaren schienen fast alle verdickt und an einzelnen glaube ich Theilung constatirt zu haben. Der Ciliarmuskel enthiilt reichliche Quantitiiten yon Eiter- kiirperchen. Das Irisgewebe ist ebenfalls reichlich nit solchen durchsetzt.

6. Christian Weber, 30 J. alt, Kesselschmied in der Eisengiesserei zu Berg, stellte sich an 25. Febr. 1868 bei nir vor. u 3 Tagen, bei der Arbeit, Morgens gegen 8 Uhr (es wurde Stahl mit grosset Gewalt gegen Stahl geschlagen,) mcint Patient beobachtct zu haben, dass bei einem schlecht geftihrten Schlag seines Mitar- beiters Funken yon dessert Hammer fiogen. Er selbst sptirte unmittelbar darnach einen dunklen Strich vor dem linken huge, den er nehrmals wegzuwischen benfiht war. Schnerz war keiner vorhanden. Erst mehrere Stunden spater beobachtete man Riithe des Auges. Am Nachmittag gegen 3 Uhr ring das Sehvermiigen an, sehr rasch abzunehnen, und zwar so progressiv, dass am niichsten Morgen dasselbe verschwunden gewesen sein soll. Starke subconjunctivale Injection; grosse Empfind- lichkeit der ganzen Ciliarnuske]gegend. Hornhaut leicht diffus getrtibt; keine Wunde oder Narbe in ihr oder der Sclera zu entdecken, auch nicht bei VergrSsserung; der Lidkrampf crschwerte diese Untersuchung sehr. Durch ein miissiges IIypopyon, welches sowohl den untersten Theil der vorderen Kammer, als auch das Pupillargebiet einnahm, ist jede weitere Einsieht in den Zustand der Iris, der Linse und tiefer unmSglich gemacht. Quanti- tative Lichtempfindung gut. Orientirung far hellbren- nende Lampe nicht vorhanden.

Diagnose : Corpus alienun im Glaskiirperraum. ~achden Patient 4 Tage lang auf seinen Wunsch

antiphlogistisch und symptomatisch behandelt worden war, bewogen ihn die exorbitanten Schmerzen in die Enu-

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Cleation zu willigen. DieEntzfindungserscheinungen hatten sich unterdessen betr~chtlich gesteigert und es war be- deutende Chemosis eingetreten. Die quantitative Licbt- empfindung hatte sich vermindert. 7 Tage nach der Ver- letzung wurde dic Enucleation vorgenommen.

Beleuchtung der Cornea am frisch ausgeschnittenen Bulbus mittelst concentrirten Sonnenlichts l~,sst eine scharfe, horizontale, ctwas fiber 1/2'#' lange ~Narbe er- kennen, welche etwa die Mitte des i~usseren, unteren Hornhautquadranten einnimmt. Der sogleich gefffnete Bulbus zeigt den GlaskSrper ausserordentlich dicht mit Eiter durchzogen. Dic dichtesten Ziige nehmen den vor- deren GlaskSrperabschnitt ein. Ziemlich bedeckt yon Eiter zeigt sich hier ein kleiner, papierdtinner Eisen- splitter yon rechteckigcr Gestalt, etwas fiber 1/2'" lung, etwas weniger als 1/,,,, breit. Er liegt fiach der hin- t.ereu Linsenwand auf und zwar etwa die Mitte des i~usseren unteren Quadranten einnehmend.

Die Macula lutea erscheint anf den ersten Blick als eine horizontale, erhabene Plica. Bei genauer Betrachtung zeigt sich indessen diese scheinbare Plica als tin haar- feiner, c. 1/2 Linie langer Riss in der Retina, dessert Rander ein wenig nach vorn zu umgebogen sind. Eine Verklcbung der Retina mit der Chorioidea finder an dieser Stelle nicht statt. Ebenso wenig ist eine Chorioidea- wunde nachzuweisen. Auch keine Verklebung der Cho- rioidea mit der Sclera. Die Retina erweist sich, was zu- n~chst dic Wundr~inder betrifft, fast gar nicht ver~tndert, selbst die Zapfen sind in unmittelbarer .NiChe derselben in grosser Ausdehnung intact. Sonst ist die Retina iu den dem Glask(irper zuniichst gelegenen Schichten his in die Nervenzellenschichte hinein, in m~tssigem Grade mit EiterkSrperchen durchsetzt. In den anderen Schichten babe ich mit Sicherheit keinen Eiter nachweisen k0nnen. Mit Ausnahme der unmittelbaren ~Tiihe der Wunde sind die

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St~bchen- und Zapfenschicht sonst nirgens normal: hie und da sind sie auf kleine kuglige Elemente redueirt, an anderen Stellen ist noch ann~ihernd ihre Form zu er- kennen; sie sind hier aber stark granulirt, verbreitert, an ihrem vorderen Ende nicht selten zu feiner, granu- litter Detritusmasse zerfallen. Die Chorioidea ist in ihrem ganzen Umfange mit sehr geringen Mengen yon EiterkSrperchen durchsetzt, selbst an der der Retina- wunde correspondirenden Stelle zeigt sich keine hervor- ragende Masse yon Eiter in dieselbe eingebettet. Der Ciliarmuskel enth~lt reichliche Eiterkiirperchen; die Iris sehr reichlich; die Pars ciliaris retinae befindet sich in einem Process iippiger Zellenwucherung. ]~s lassen sich hier mikroskopisch 2 Ztige yon Eiter deutlich erkennen, in Rhnlicher Weise, wie dies yon Knapp*) beschrieben wurde, eine peripherische, radiiir verlaufende (yon der Pars ciliaris retinae aus) und eine meridional verlaufende yon der Hyaloidea aus. Der ganze Glaskiirper bi]det eine durchscheinend milchig getrtibte Masse; Blut ist keines vorhanden. Die milchige Trfibung beruht auf massenhafter Ansammlung yon Eiterk~irperchen, welche sich in dem vorderen Abschnitt, besonders zwischen Re- tina und Linse, so verdichtet, dass die Masse des Glas- kSrpers hier absolut undurchsichtig ist.

7. Ferdinand Stumpfrock, 27 Jahre alt, Schlosser yon Hitslach, steIlte sich vor am 13. Juli 1867. Vor 4 Tagen beim Probieren eines Gewehres hatte er das Ge- ffihl, als spr~nge ibm etwas in's ]inke Auge. Patient be- merkte eine leichte Blutung am unteren Hornhautrande. Unmittelbar nach der Verletzung starke SehstSrnng, wie wenn ein dicker Klumpen vor dem Auge liige; kein Schmerz. Am niichsten Tage nahm die SehstSrung wieder

*) S. d. A.rchiv XII I . 1, S. 151 u. ft.

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etwas ab, um aber den folgenden Tag mit gleichzeitig eintretender Entzfindung wieder schnell zu wachsen.

Bei der Vorstellung zeigt sich unten am Limbus corneae eine kleine, kaum 1/~ Linie grosse ~arbe; leichtes Hypopyum, Iritis, die Pupille durch ein Exsudat ver- schlossen, keine Atropinwirkung. Betastung der Ciliar- muskelgegend sehr empfindlich, nur Spuren quantitativer Lichtempfindung.

Patient, auf die ~Nothwendigkeit einer Enucleatio bulbi aufmerksam gemacht, willigte erst 4 Tage sp~ater in dieselbe, so dass die Operation 8 Tage nach der Ver- letzung vorgenommen wurde.

Der unmittelbar nach der Enur erSffnete Bulbus zeigt den GlaskSrper mit dickem Eiter ausge- ffillt. Gerade an der obersten Kuppe des Bulbus c. 11/2 ' "

nach aussen yore verticalen Meridian findet sich im Glas- kSrper etwa 1 Linie unterhalb der oberen Bulbuswand in Eiter gehtillt ein dfinnes Pliittehen eines Zfindhtitchens uon anniihernd quadratischer Form und gegen 1/2'" lang und breit. Unrnittelbar oberhalb derselben sieht man eine kleine Zusammenhangstrennung der Retina yon

nicht ganz der Lange einer halben Linie. Dieser Riss geht etwas schr~ig durch die Substanz der hier ausser- ordentlich stark angeschwollenen Retina. Dieselbe ist mit der Chorioidea fest verwachsen, die Chorioidea mit der Sclera verklebt.

Querdurchschnitte durch die verwachsene Chorioidea und Retina zeigen, dass auch die Chorioidea stark ange- schwollen ist. Die Retina 1/~sst auf diesem Querschnitte unmittelbar neben dem Risse nichts als EiterkSrperchen erkennen, in kurzer Entfernung yon demselben sind in- dessen die Limitans und die Stiitzfasern, letztere auffal- lend deutlich gl/inzend und bis in die Gegend der /~us- seren KOrnerschicht nachzuweisen.

Die ganze Retina ist bis nach vorn zur Ora serrata

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in der Art gleichmiissig verandert, dass sich von Stabche~ und Zapfen nut kleine, rundliche Rudimente vorfinden. Die iibrigen Lagen bis zur Limitans inclusive sind tiber- all nachzuweisen, aber sehr ungenau gegen einander dif- ferencirt. In hinreiehend diinnen Schnitten kann man die einzelnen Elemente der Schichten deutlich erkennen~ ohne dass wesentliche Alteration an ihnen erkennbar wfire. Die St~ltzfasern sehr deutlich, breit und gl~inzend. In der Nervenfaserschicht zahlreiche EiterkSrperchen, be- sonders hart an der Limitans. In einem Pr~parat glaube ich im Querdurchsehnitt kleine Gefiisse, vollgepfropft mit EiterkSrperchen, gefunden zu haben. An der Chorioidea erkennt man zun~chst, entsprechcnd dem Retinariss, eine seharfe Zusammenhangstrennung der Lage des Pigment- epithels und der Lamina elastica; tiefer geht die Zusam- menhangstrennung nicht. Das unmittelbar darunterlie- gende Gewebe im Zustande hochgradiger eitriger Infil- tration. Die ticferen $chichten lassen das Stroma und die veriistelten Pigmentzellen als normal erkennen, sind aber dicht mit EiterkSrpcrchen durchsetzt; die Gef~tsse, auch solche yon grSsserem Caliber, cnthalten zwischea deutlichen, seharf contourirten Blutkiirpercben zahlreiche EiterkSrperchen yon verschiedener GrSsse und Form (Fig. 4).

Schon in unmittelbarer Niihe der Chorioideawunde, etwa in der Entfernung yon 1"', ist die Quantitat des Eiters eine viel geringere; sie nimmt naeh dem Aequator zu noch mehr ab, um nach vorn in unmittelbarer NRhe des Museulus eiliaris wieder sehr bdtriiehtlieh zu werdeu. Die Hauptmasse des Eiters ist tiberall an die der Chorio- capillaris unmittelbar angrenzende Gef~ssschicht gebunden. Einige kleine Venen zeigen sich in mehr oder minderem Grade mit Eiterk5rperchen gefiillt, welche die verschie- densten Formen der weissen BlutkSrperehen darstellen, mit dem Untersehiede, dass die stark granulirten Zellen

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besonders gross und zahlreich erscheinen, huch lassen sich in vielen mehrere Kerne nachweisen. Das Pigment- epithel ist normal. Der Ciliarmuskel und die Iris sind dicht mit Eiter durchsetzt.

Auch dic Pars ciliaris retinae zeigt, besonders im oberen Bulbusabschnitt, eine ausserordentlich reiche An- hfiufung yon zelligen Elementen.

8. Gottlieb Kurrle, 16 Jahre alt, yon Rothenberg, stellte sich am 24. November 1867 vor. Vor 21 Tagea ist ihm beim hbschiessen einer Pistole etwas in's rechte Auge gesprungen. Bald darauf hat sich heftige Entziin- dung des Auges mit rascher Abnahme der Lichtempfin- dtmg eingestellt und nahm Beides bis zum heutigen Tage allm~lig zu. In dcr Hornhaut, fast in der Mitte, eiue tiber 2'" lange, horizontale Narbe. Gegend des Ciliar- muskels nach aussen und oben empfindlich. Keine quan- titative Lichtempfindung. Noch am Tage der Vorstel- lung, also 21 Tagc nach der Verletzung, Enucleatio bulbi.

Unmittelbar nach der Operation ErSffnung des Bulbus. Der Glask5rper ist ein absolut undurchsichtigerEiterpfropf. Etwas nach vorn vor der Mitte derselben liegt ein grosses, gl~inzendes Sttick Kupferhfitchen annfihernd in der HShe des horizontalen Meridians (s. Fig. 9). Die Hyaloidea ist total abgeliist; nur nach innen vom Sehnerveneintritt zeigt sich eine Verwachsung der Hyaloidea mit der Re- tina; ebenfalls eine Verwachsung dieser Membran mit der Chorioidea und der Chorioidea ihrerseits mit der Sclera. Auch die Retina ist bis auf diese Verwaehsungs- stelle total abgelSst. Chorioidea tiberall anliegend.

Die mikroskopische Untersuchung der Verwachsungs- stelle der Retinae, Chorioidea und Sclera ergiebt in Be- zug auf Chorioidea, dass bier eine absolute Zusammen- hangstrennung der vordersten Lagen. derselben, bes. der Schichte des Pigmentepithels und der Lamina elastica

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stattgefunden hat, wie im vorhergehenden Fall. Die un- mittelbar angrenzenden Theile der Aderhaut, sowohl der :Flache nach als auch in der Tiefe zeigen eine dichte In- filtration des Gewebes mit EiterkSrperchen. Die tiefsten Schichten lassen sich jedoch selbst an der Stelle der unmittelbaren Verwundung wieoer erkennen, wiewohl auch sie mit Eiter impr~ignirt sind. Schon die unmittel- barste Nachbarschaft der Wunde, etwa 1/o"' ';on hier entfernt, zeigt Eiterkiirperchen nur vereinzelt, und zwar verhiilt sich die grSssere hintere Hii.lfte der Aderhaut so; nur gegeu vorhe in der unmittelbaren Niihe des Corpus ciliare w~tchst die Masse des Eiters wieder an, und selbst die reichliche und bier lockere Suprachorioidea nimmt in auffallendem Grade an dem Processe Theil. Die Pig- mentschicht zeigt nirgends als in der unmittelbaren NiChe der Wunde, wo die Epitelien ctwas bleicher sind, irgend cine Spur yon Verfinderung. Ebenso wenig ist irgendwo sonst im Stroma oder Bindegewebe eine active Theil- nahme aufzufinden.

Der Ciliarmuskel zeigt m~ssige Massen -con Eiter- kiirperchen, reichliche die Iris. Die Pars ciliaris ist in mRssigem Grade mit Eiter durchsetzt. Die Retina zeigt in der Nervenschicht reichlichen Eiter. Die tibrigen Schichten sind im Durchschnitt sehr undeutlich, die Stfitz- fasern deutlich breit und weit nach hinten wahrnehmbar. Von Stiibehen und Zapfen nur winzige kleine kSrnige Ueberreste. Der Glaskiirper bildet einen yon seiner bis zur ora serrata abgeliisten Hyaloidea fest umschlossenen Eitersack. Die ganz nach vorn gelegenen Theile zeigen ausserst massenhafte Eiterzellen, zahlreiche sich in den verschiedensten Richtungen kreuzende Fasern, in den mittleren und hinteren Theilen haben die Fasern einen der Augenachse parallelen Verlauf.

9. Otto Mangold, 6 Jahr, yon Esslingen. Vorgestellt

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am 17. Septbr. 1866. Vor 14 Tagen ist ihm beim Zer- schlagen eines Zttndhtitchens etwas in's linke Auge ge- sprungen.

Unmittelbar am inneren Hornhautrande eine kleine Narbe. Dicht daneben in der Iris eine gelbliche tumor- artige tIervorwSlbung yon nahezu halbkugliger Form und etwa dem Durchmesser yon 1~/~ '''. Linse klar, keine diffuse Iritis. Im Augenhintergrund wurde nichts Pathologisches mit dem Augenspiegel entdeckt. M/issige subconjunctivale Injection, welche haupts~tchlich die inhere Halfte der Conjunctiva bulbi einnabm. Eine Sehstiirung konnte, soweit di~ Angaben des 6jiihrigen Knaben ver- lasslich waren, nicht eruirt werden. Es wurde damals die Diagnose Corpus alienum in der hintern 3.ugenkammer gestellt. Nachdem am inneren Hornhautrande ein breiter Einstich wie zur Iridectomie gemacht worden war, wurde die unmittelbar hinter dem gelblichen Tumor gelegene Irispartie mit der Pincette gefasst und mit dieser ein zusammengerolltes Kupferhfitchenstiick yon etwas fiber 1 "' Liinge extrahirt. Die geringen Entziindungser- scheinungen wichen jetzt schnell und am 21. October, also 16 Tage nach der Operation, konnte Patient frei yon Entztindung entlassen werden. Vor der Entlassung indessen wurde das huge noch einmal einer genaueren Untersuchung unterworfen. Jetzt zeigte sich gegen innen unten aus der Tiefe des Auges heraufkommend ein weisser Reflex; diese Stelle war nicht mit Gefiissen tiberzogen, das SehvermSgen erwies sich nicht mehr intact, doch liess sich nattirlich keine genauere Messung der StSrung des excentrischen und centralen $ehens anstellen. Ira Journal finde ich deshalb nur die h'otiz: ,,SehvermSgen raangelhaft". Ich selbst sah den Patienten erst 10 Mo- hate spiiter wieder. Das Auge war phthisisch, m~tssig entziindet; gegen Berfihrung iiusserst empfindlich, keine quantitative Lichtempfindung. Da attch das andere Auge

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hie und da Lichtscheu und Thrfmentr~iufeln gezeigt hatte, ~o konnte ich nicht anders, als in die yon dem behan- delnden hrzte, meinem Freunde Dr. E. Spi~th in Ess- lingen, vorgeschlagene Enucleation willigen. Derselbe nahm die Operation alsbald vor und hatte die Gfite, mir den unerSffneten Bulbus zuzusenden.

An dem sehr phthisischen Bulbus f~tllt yon aussen eine itusserst tiefe Einziehung der Sclera auf, welche in der HShe des horizontalen Meridians an der Aussenseite gelegen ist. Ihre direkte Entfernung yore Hornhautrande betriigt 21/~ '". Auf dem Durchsehnitt pr~tsentirt sich diese Stelle als eine ~Narbe der Sclera, welche so tief eingezogen ist, dass die innerste Spitze derselben um eine starke Linie dem Centrum des Bulbus n~her liegt, als das innere h'iveau der angrenzenden nicht eingezo- genen Sclera.

Die Narbensubstanz selbst wird geliefert yon den aussen auf der Sclera liegenden Gebilden.*) An der Spitze der Scleraeinziehung finder eine Verwachsung der 3 hugenhiiute statt; die Netzhaut ist fast total abgeliist. Das Innere des gebildeten Netzhauttrichters enthiilt eine mi~ssig dicke Glask(irperschwarte, welche ebenfalls an der Verwachsung participirt.

Yon der Mittheilung weiterer Details sehe ich ab, nur will ich hervorheben, dass ich in diesem Falle, wenn auch in miissigem Grade, mehr weniger unregelm~ssige Zellen ira Ciliarmuskel aufgefunden babe, und zwar meine ich bier die nicht verwundeten Theile desselben.

10. Das letzte Praparat kann ich ganz kurz erwah- hen. Es stammt aus der Tfibinger Klinik ~on einem etwa 16jiihrigen M~tdchen, welchem vor 9 Jahren ein

*) Vgl. L u b i n s k y , d. Archiv XII~. 2, S. 357.

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Kupferhtitchen in's huge gesprungen sein soil. Der Bulbus ist ausserordentlich phthisisch, er hat gewiss nicht 1/4 des normalen u In Mitte der abge- 15sten Retina findet sich ein kleines Kupferhtitchenstfick; unmittelbar neben dem Sehnerveneintritt eine Verwach- sung der 3 Augenhiiute.

Gang des fremden K0rpers.

An der Hand der ~orstehenden Detailbeschreibungen sind wit in der Lage, zuv(irderst die Frage zu beant- worten, auf welche Weise die beschriebenen Yerwundun- gen der hintern Bulbuswand zu Stande gekommen sind.

Es wurde mir vor l~tngerer Zeit der Einwurf ge- macht, dass diese Verwundungen durch indirekte Ein- wirkung entstanden sein m6chten. Obgleich der betref- fende College sieh dutch die Einsicht meiner Priiparate Yon der Irrthflmlichkeit seiner Deutungsweise tiberzeugte; so ist mir doch die Thatsache, dass fiberhaupt yon sach- verstiindiger Seite ein solcher Einwurf gemacht wurde, zu wichtig, als dass ich reich nicht dadurch veranlasst siihe, diese Frage eingehender zu besprechen.

Ich schweige ganz yon der Unmiiglichkeit, dass auch nur in einem einzigen unserer Fiille der positive Beweis geliefert werden kiinnte, dass bier eine indirecte Ein- wirkung jene Zusammenhangstrennung der Retina, der Chorioidea, oft aueh der Sclera hervorgerufen haben sollte: ich will reich auch aller theoretischen Grtinde enthalten, welche ~egen die Miiglichkeit cines solchen u unter den gedachten Umst~inden fiberhaupt sprechen; dagegen will ich versuchen, ftir den einzelnen Fall, aus den anatomischen Befunden den Beweis zu lie- fern, dass die vorgefundene Zusammenhangstrennung

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jedesmal die Folge des directen Insultes der verletzten Membranen durch den fremden KSrper waren.

Im Fall 2 begegnen wir einer zweifachen Durchboh- rung der Umhiillungsmembranen durch den tremden Kiir- per mit Austritt des letzteren. Im Fall 1 ebenfalls einer zweifachen Trennung, aber mit Zurtickhaltung des Kiir- pers in der zweiten Wunde. Bei Fall 9 welter ist eine ~arbe der Sclera ann~hernd diametral gegeniiber der Einschlagsstelle vorhanden, wiihrend das eingedrungene Kupferhtitchen in unmittelbarer Niihe der Einschlagstelle gefunden wurde. Dasselbe hatte also zweimal genau den- selben Weg einmal vorwiirts und einmal rtickwiirts durchmessen.

Im Fall 5 ein nicht pcrforirender Spalt in der Selera bei gleichzeitiger Durchtrennung der Retina und Cho- rioidea an der betreffenden Stelle.

Dreimal, Fall Schmid, Kurrle, Stumpfrock, finden wir bei vorhandenen Retinawunden unvollstiindige Durch- trennung der Chorioidea, einmal mit Eingetriebensein yon Retinalsubstanz (Fig. 8) in die Aderhaut.

Alle 7 Fiille entziehen sich yon selbst jeder andern Deutung, als dass die an tier hintern Bulbuswand vor- gcfundenen Verletzungen nicht durch directe, gewaltsame Einwirkung der jedesmal im Innern des Auges vorge- fundenen fremden KSrper hervorgerufen sein mussten. Diese positiven Resultate wiegen schon sehr schwer ftir die andern F~lle. Abet betrachten wir die restirenden nigher :

Sie zerfallen in 3 Gruppen: Zu der ersten rechne ich diejenigen, in welchen zu-

gleich Retina- und Chorioideawunden vorhanden sind; in die zweite solche, welche blos Zusammenhangs-

trennung der Retina nachweisen lassen; und die letzte bilden die alten Fiille, bei denen wir

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nichts als eine locale Verwachsung der 3 Augenh~ute an irgend einer Stelle der hintern Bulbuswand vorfinden.

Die erste Hauptgruppe zeigt 3 constante gemein- schaftliche Eigenthfimlichkeiten. Bei manchen Schwan- kungen niimlich in Form und Griisse der Retinawunde, welche ungezwungen auf die geringe Widerstandsfahig- keit dieser Membran zurfickzuffihren sind, fanden wir niemals die Chorioideawunde die Liinge des fremden KSr- pers fiberschreiten, vielmehr meistens bedeutend unter derselben zurfickbleiben. Ferner fanden wir in keinem einzigen Fall dieser Gruppe den Chorioideaspalt klaffen.

Im Gegensatz hierzu wird in der Literatur bei Cho- rioidea-Rupturen gerade das Klaffen der Risse, welches allerdings manchmal sehr schmal angegeben wird, als das haupts~tchlichste Kennzeichen ffir die ophthalmosko- pische Untersuchung hervorgehoben, well es nut dadurch mSglich wird, die unterliegende Sclera zu Gesicht zu bekommen. Endlich beobachteten wir in der unmittel- barsten Umgebung der Chorioideawunde stets entzfindliche Ver~inderungen, eine Reactionserscheinung, welche gewiss auf einen st~rkeren Reiz als blosse Zerreissung hindeutet, um so mehr, da in der Regel die 3 H~tute an der Stelle der Verletztmg sich verklebt zeigten.

Wenn nun jede der genannten Eigenschaften schon ftir sich ein grosses Gewicht in Anspruch nehmen kann, so glaube ich, dass das constante Zusammentreffen der- selbcn in unserer ganzen Gruppe beweiskriiftig genug ist, um fiir dieselbe einen direkten Contact des fremden K~irpers mit der hintern Bulbuswand zu constatiren.

Dic Kleinheit der Wunde und ihre Scharfe sind gleichfalls Eigenschaften der zweiten Gruppe, welche die Falle mit blossen Retinawunden in sich begreift. Solche F~lle beobachtete ich 2. :Fall V. (l. c.) und Fall Weber in diesem Aufsatz. Den ersten betreffend, so war die Retinawunde so klein, dass nur wenige Sehnitte behufs

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mikroskopischer Untersuchung durch dieselbe gefiihrt werden konnten. Es ist tibrigens wohl miiglich, dass ich bei der Kleinheit dieser Wunde eine unvollkommene Zusammenhangstrennung der Chorioidea, wie ich spiiter im Fall Stumpfrock und Kurrle fand, fibersehen babe. Es ist dies um so eher denkbar, als bier zugleich au der Stelle der Wunde eine Verwachsung der 3 Hi~ute stattfand, was icb sonst nur bei Verletzung der Chorioidea beobachtete. Aber halten wir uns ganz an die Ausdeh- hung und Form der Wunde. Abgesehen yon ihrer ge- ringen, ja winzigen Liinge, klafftc sie durchaus nicht, ihre l~iinder liegen so hart an einander, dass sie nur durch eine minimale Menge eitrigen Glaskiirpers getrennt sind. In derselben Priignanz finden wir diese Eigen- schaften im Fall Weber. Die Retinawunde ist bier nicht ganz 1/2'" lang und nur gegen das Licht ge- halten, zeigt sie einen haarfeinen Spalt. Gegeniiber der Thatsache, dass bis jetzt keine durch indirektcn Einfiuss entstandene Retinaruptur beobachtet wurde, welche nicht gerade dutch st~trkeres Klaffen der Riinder ihr Dasein verrathen hiitte, muss man gewiss zugeben, dass unsere haaxfeinen, kaum halblinienlangen Spalten dutch direkte Einwirkung des fremden KSrpers cntstanden sin&

Es bleiben yon den gesammten 19 Fallen, welche ich bis jetzt auf diese Frage untersuchen konnte, im Ganzen noch 2, die letzte Gruppe, ttbrig, in welchen nut eine Verwachsung der 3 Augenhiiute aufgefunden wurde. Dies sind die alten Fiille No. III I. c. und No. 10. Diese Verwachsungen sind zweifelsohne als die Residuen frtt- herer Verwundungen aufzufassen, und wenn wit fttr alle fibrigen Falls den •achweis geliefert haben, dass die vorgefundene Verwundung der hintern Bulbuswand auf direkte Einwirkung des fremden Kiirpers zuriickzuffihren sind, so glaube ieh nicht zu weir zu gehen, wenn ieh

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diesen Zusammenhang auch ftir die beiden restirenden F~tlle in Anspruch nehme.

Ich glaubc hiermit dargethan zu haben, dass bei 19 hintereinandcr untersuchten Augen, in welchen ein frem- tier KSrper im GlaskSrper gefundcn wurde, dieser fremde K6rper jedesmal die gegenfiberliegendc Bulbuswand er- reicht hatte. Die Ausnahmslosigkeit dieses Befundes in einer so grossen Zahl yon Beobachtungen beweist end- gfiltig, dass dieser Gang ffir alle diejenigen frcmden K6rper die Regel ist, welche frei in den GlaskSrperraum gelangen. Im Ganzcn hatte der fremde KSrper 14 Mal das Schicksal, yon der hintcrn Wand zurtickgeschleudert zu werden, 4 Mal blieb er stecken, einmal durchbohrte er die gegeniiberliegende Wand ganz und lag ausser- halb des Bulbus.

Diese Zahlen bestiitigen meine frfiher aufgestellte Vermuthung, dass in der fiberwiegenden Mchrzahl der F~ille der fremde KSrper ricochettirt.

Pathologisch - anatomische Resultate.

Die pathologisch-anatomischen geritnderungen im Int~ern des Auges, welche in Folge des Eindringens des fremden KSrpers eintreten, sind einerseits abhiingig yon der durch den fremden K(irper gesetzten Verletzung, andererseits yon dera Reiz, welchen er auf den gesamm- ten Bulbus ausiibt. Wir ktinnen dieselben demnach wohl in primare und secundare Veranderungen unterscheiden. Ich will reich hier auf die Besprcchung der oben ange- ftihrten frischen Fiille beschranken und fitr die alten Fiille nur noch die hervorragenden Folgezustiinde bertick- sichtigen.

Was uns zuerst bei Ertiffnung des frisch exstirpirten Augapfels in die Augen fallt, ist der Zustand des Glas-

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kfirpers. In unsern 6 frischen Fallen fanden wir drci- mal ausgiebige Blutung. Die Quelle der Blutungen daft wohl jedesmal hauptsachlich in der Verwundung der Ader- haut gesucht werden, abet auch die Retinawunde liefert einen naeh Umst~nden gr~sseren oder geringeren Beitrag zu dieser Blutung. Einmal (Schabel) war eine h~morrha- gische Netzhautablfisung vorhanden; es ist dies der ein- zige Fall unserer Kategorie, in welchem ich bis jetzt eine prim~.re Netzhautabl~sung yon macroskopischem Umfang beobachtete. Dass die Blutungen ihrer Haupt- masse nach den unteren Abschnitt des Auges einnahmen, kann natiirlich nicht auffallen, und ist ja filr ausgiebige Blutungen im GlaskSrper iiberhaupt bekannt; abet auf eine Thatsaehe glaube ich aufmerksam machen zu sollen, n~mlich darauf, dass die grSsste Quanti~t des Blutes immer in unmittelbarer Umgebung des fremden Kfirpers gefunden wurde. Diese Thatsache erklart sich wohl ein- fach daraus, dass das Blur dem tiefsten Theile des Auges zustrebt und dem fremden K~rper um so leichter folgt, als derselbe dutch seinen doppelten Gang in dem schlei- migen GlaskSrper-Gefiige gewaltsam Bahn gebrochen hat. Dieser Vorgang, so einfach er erscheint, ist ftir die Diag- nose yon grosser Bedeutung.

In den genannten 3 Fallen war ausser der Blutung secundi~re Veranderung in Form von Eiterung nachzu- weisen; bei Schabel sogar makroskopisch; diese secun- dare Veri~nderung war bei Eberenz schon 17 Stunden nach der Verletzung wahrnehmbar. Sie ist wohl jedes- mal auf den Reiz des anwesenden fremden K(irpers zu- rtickzuftihren: und es ist bekannt, dass yon den bier vorgefundenen fremden KSrpern die Fragmente tier Ztindhiltchen den grSssten Entztindungsreiz aus- fiben, eine Beobachtung, welche auch unsere F/ille best~tigen. Ausserdem glaube ich aber, dass dieser Reiz in gewissem Grade von der Griisse des fremden

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Kiirpers und dcm Maasse der stattgehabten Erschiit- terung abhiingig ist. So erkliirt sich z. B. die mas- senhafte Eiterbfldung ira Glaskiirper, welche im Fall Kurrle und Stumpfrock angetroffen wurde, aus dem st~rkeren Entztindungsreiz der vorhandenen Ztindhutstficke und aus der l~ingeren Dauer dieses Reizes; die Eiterung im Fall Schabel vielleicht aus der GrSsse des fremden Kiir- pers und alas der stattgehabten Erschiltterung. Bei Fall Weber indessen, wo ein so winziges Stfick Eisen vorge- funden wurde, treffen diese Erkl~trungsversuche nicht zu. Die anatomische Lage des Splitters an der hintern Wand der Linse giebt ebenfalls keinen geniigenden Erkl~rungs- grund. Ich glaube daher, dass wir, wie ffir die iibrigen Organe, besonders die Haut, so auch ftir den Glaskiirper eine induviduelle Verschiedenheit der Vulnerabilitiit an- nehmen milssen; fiir Weber schr mir diese hnnahme um so mehr berechtigt, da auch die Operationswunde eiterte und eine gleichzeitigc kleine Contusion am linken Zeigefinger eine phlegmoni}se Entzfindung zur Folge hatte.

Bei Stumpfrock mache ich auf die hbliisung der tIyaloidea, wie solche jfingst "con Iwan off*) beschrieben wurde, aufmerksam; dieselbe ist in Fig. 9 in 2facher VergrSsserung nach der Natur wiedergegeben.

Was die Retina angeht, so findcn wir die Verwun- dung derselben constant. Dicse Wunden waren meisten- theils scharf, wie geschnitten, nur 2 Mal deutlich klaf- fend, fast alle mit etwas nach vorn gebogenen R~ndern. Es erscheint auffallend, dass diese Verwundungen keine unmittelbare entziindliche Reaction des Retinagewebes hervorriefen, wenigstens waren die entztindlichen Ver~tn- derungen der Wundriinder, wie sie sich im Fall V (l. c.) Fall Stumpfrock und Fall Kurrle darstellten, immer mit

*) 8. ,,klinische Monatsbl~tter fiir Augenheilkunde", V., S. 292. 20*

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starker entziindlicher Theilnahme des unmittelbar angren- zenden Chorioidea-Abschni~tes und localen Verklebung beider Haute vergesellschaftet. Aber eine eigenthfimliche and bestimmt auf die unmittelbare Folge der Verwun- dung zurfickzuffihrende Veranderung der Retina, wie sie schon im Fall IV (1. c.) beobachtet wurde, finden wit auch in einem der neuen Falle (Eberenz) wiederholt, namlich varicSse hnschwellung der durchtrennten Nervenfasern.

Wenn diese Beobachtung auch kein unmittelbares klinisches Interesse bietet, so will ich doch nicht unter- lassen, darauf hinzuweisen, dass wir hier eine Yeran- derung auf traumatische Einwirkung bin, und zwar in einemFalle 17 Stunden nach derselben, constatiren, welche his jetzt nut bei cinem bestimmten Entzfindungs(?)-Pro- cess der Retina gefunden wurdc und zwar bei Retinitis im Gefolge Bright'scher Nierenerkrankung. Ich lasse dahingestellt, ob nicht auch bei dieser Retinitisform me- chanische Verhaltnisse eine Rolle spielen, welche eine Zusammenhangstrennung der ~Nervenfasern wahrend des Lebens bewirken kSnnen. In den reichlichen Blutungen, welche diesan Process in der Retina begleiten, ware viel- leicht ein genfigendes Moment zur Entstehung solcher Rupturen gegeben. Gegenfiber der Thatsche wenigstens, dass nicht in allen Fallen yon Morbus Brightii diese Ge- bilde in der Retina nachgewiesen warden, scheint es mir nicht so ungerechtfertigt, jene Frage aufzuwerfen, und ich glaube, dass zur Beantwortung derselben zuniichst das hugenmerk darauf zu richten sein wird, ob auch in andern, mit reichlicher Blutung einhergehenden Retina- erkrankungen varicSse Nervenfasern vorkommen.

Die hauptsachlichsten secundaren Erkrankungen der Retina, ~elche in unsern Fallen beobachtet wurden, stellten sich dar als ein breiter und deutiicher Werden der Miiller 'schen Fasern; in einem griisseren Procentver- haltniss als eine htrophie der Stiibchen- und Zapfen-

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schicht, welche sich gradweise als sebr verschieden kund- giebt; und scbliesslich als Eiteransammlung, wclche haupt- s~chlich die Schicbt der Nervenfasern betraf.

Was den ersten dieser Befunde angeht, so ist der- selbe hinreichend bekaant und ich brauche b~iehts hin- zuzuft~gen. Zum zweiten Punkt, der Atrophie der St~b- chert und Zapfen, will ich bemerken, dass dieser Befund ausnahmslos mit einer hochgradigen St,)rung des $ehver- mSgens zusammenfiel, und dass der Grad der Atrophie in directem Verhaltniss zur SehstSrung zu stehen schien. Diese Befunde sind f~ir die Diagnose wiehtig. Der dritte Punkt bedarf einer n~bere~ Er~)rterung.

Bekanntlich hat R i t t e r*) gegen fiber S c h w e i g g e r**), welcher zuerst die eitrige Retinitis beschrieben hat, das genuine Auftreten derselben bestritten. Schiess***) und K n a p p t ) dagegen spreehen sieh fiir die Selbsst~tn- digkeit dieses Processes aus, allein die yon ihnen mitge- theilten Details mSchten vieIleicht noch nicht beweis- kr~ftig genug erscbeinen.

Mcine Beobachtungen, welche sich auf verschiedene Grade yon Panophthalmitis und zwar nur auf mensch- lithe Augen beziehen, dtirften zur LSsung dieser Frage beitragen.

Bei Fall Eberenz begegnen wir 17 Stunden nach der Verletzung einer sehr reichlichen Eiterbildung in der Chorioidea und einergleichfalls bedeutenden Eiter~nsamm- lung in der Retina. Der hintcre Absehnitt der Retina zeigt aber diese Ansammlung yon Eiter gar nieht, w~h- rend bier gerade die bedeutendste in der Aderhaut statt- finder. In dem mittleren Abschnitte der Netzbaut und

") S. d. Archiv VIII. 1, S. 80. * ' ) S. d. Archiv VI. 2, S. 266.

*~*) S. d. Arehiv IX. 1, S. 38. t ) S. d. Arckiv XIII. 1, S. 161.

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Chorioidea, ein Bereich, in welchem die aneinanderlie- genden Membranen beide im Zustand der eitrigen Ent- ziindung sind, finden wir bei vollkommener Integrit~t des Pigmentepithels alle Schichten der Retina, selbst die Stitbchen und Zapfen, intact und den Eiter wieder nnr auf die husdehnung der Nervenfaserschicht beschriinkt. Ja, in den vorderen Abschnitten sehen wir gar keinen Eiter mehr in der Chorioidea, wahrend die cntsprechenden Abschnitte der Retina resp. der Nervenfascrschicht gerade sehr reichlich bedacht sind.

Fiir diesen Fall darf ich daher mit Recht die Unab- hiingigkeit der Eiterbildung in der ~Netzhaut yon der Chorioidea in hnspruch nehmen. Abet ich beanspruche dieses Unabh~ingigkeitsverhaltniss nicht bloss fiir diesen Fall, sondern ich behauptc, dass dasselbe durchgehends die Regel ist. Ffir den Fall Kurrle ist dies z. B. mit Sicherheit nachzaweissen; bier zeigt nur die allcrunmit- telbarste Umgebung der in der N~he des Sehnervenein- tritts gelcgenen Chorioideawunde Eiterinfiltration, die be- nachbarten Theile schon nur vereinzelte Eiterkiirperchen: und doch ist gerade die Nervenfaserschicht des hinteren Retinaabschnittes in hohem Grade mit Eiter infiltrirt. Auch in allen tibrigen Fiillen yon gleichzeitiger Eiter- bildung in der Chorioidea und Retina land ich niemals wo anders Eiter als in der Nervenfaserschicht, hiichstens erstreckte sieh derselbe bis an die Ganglienzellen. Die tibrigen 8chichten bis auf die mehr oder weniger atro- phischen St~bchen und Zapfen nicht nachweisbar ver- ~ndert. Es wiirde jedenfalls eine gewaltsame ~'ichtbe- achtung der Thatsachen daza gehSren, zu glauben, dass in allen diesen Fallen die EiterkSrperchen gleichsam nur an ihrer Quelle, der Chorioidea, und am Ziele ihrer Wanderang, der Nervenfaserschicht, gefunden wfirden, ohne dass auf dem weiten Wege dahin in allen den ver-

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schiedenen Augen ein einziges Mal ein EiterkSrperchon mit Sicherheit aufgefunden wurde.

Somit, glaube ich, beweisen wenigstens meine Fs dass der in der Retina vorgefundene Eiter aus der Cho- rioidea nicht stammt. Es liegt auch gar kein Grund vor, a priori die Behauptung aufzustellen, dass der in der Nervenfaserschicht aufgefundene Eiter nicht auch in derselben entstanden sein soll, da dieses Gewebe sowohl hinsichtlich des Gefs als auch der pr~iexi- stirenden zelligen Gebilde geniigende Elemente der Eiter- production besitzt. Wenn ich reich aber des Urtheils ~iber die Quelle desselben in der Retina vorl~ufig ent- halte, so thue ich das in dem Bewusstsein, dass es bei dem jetzigen Stand der allgemeinen Frage fiber die Ent- stehung des Eiters sehr gewagt erscheinen dtirfte, die- selbe fiir alle Organe des menschlichen KSrpers schon entscheiden zu wollen.

Ich will iibrigens hierbei daran erinnern, dass ich eiumal im Fall 7 einen Querschnitt zu Gesicht bekam, in welchem mir ein kleines Retinagef~sschen mit Eiter- kSrperchen erfilllt zu sein schien.

Muss nun schon fiir den Eiter in der Netzhaut ein Abh~ngigkeitsverh~iltniss desselben yon der Chorioidea gel~tugnet werden, so ist dies um so mehr der Fall fiir den GlaskSrper; da ja der Eiter, um bis dahin zu ge- langen, erst die Retina zu passiren h~tte. Aber auch fiir den GlaskSrper ist die Frage, welche Elemente die Quelle des Eiters abgeben, zur Entscheidung noch nicht reif. Fall Eberenz schien mir in dieser Hinsicht aus- reichendes Material zu einer Hypothese zu bieten. Es ist oben bemerkt, dass ausser einigen ovalen und spin- delfSrmigen Zellen im vorderen Theil des GlaskSrpers in diesem Fall in dem hinteren, an der Retina liegenden Theile nur kleine, scharf contourirte Zellen gefunden wurden, welche hie mehr als einen Kern enthielten. Diese

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gleichen den in der Retina vorgefundenen EiterkSrperche~ an Form and Griisse absolut und ebenso den in den Ge- fassen der Chorioidea vorgefundenen weissen Blutkiirper- ehen. In diesem, 17 Stunden nach der Verletzung ent- fernten huge hot auch der GlaskSrper kein einziges. Gebilde, welches eine Uebergangsform darstellte, wie sie bei zelliger Neubildung vorkommen. Nach unserer Mci- nung sollten, wenn hier der Eiter you pr/iexistirende~ Zellen stammte (0. Weber ) , namentlich bei eider so kurzen Entwicklungsfrist die Uebergangsformen nicht allein vorhanden sein, sondern sie sollten vielleicht das quantitative Uebergewicht haben.

So machte es mir dieser Fall wahrscheinlich, (lass die Retina, resp. deren Gef/tsse*), die Quelle jener dureh- aus gleichm~ssigen Gebilde abgegeben hahen. Aber eia sp~tterer Fall, Gr~iter, scheint mir diese Hypothese umzu- stossen; bier fand ich gar keinen Eiter in der Retina, wKhrend die angrenzende GIaskiirperschicht reichliche, grosse, oft mehrkernige Zellen darbot. Ich glaube daher, dass allerdings die Zellen des GlaskSrpers resp. die Zellen der Hyaloidea an der Eiterproduction einen Antheit nehmen.

Bei dieser G elegenheit will ich nicht unerwiihnt ]as- sen, dass ich in allen meinen Pr~iparaten die Pars ciliaris retinae, auf deren Ver~inderung Knapp**) mit Recht hingewiesen hat, untersuchte. Ich fand in 4 F~.llen, und gerade in denjenigen, welche reichliche GlaskSrpereite- rung boten, die Pars ciliaris retinae betheiligt und zwar meist im Zustande fippigster Zellenwucherung.

hls einen der h~ufigsten Befunde der Retina, welcher auch fiir die Diagnose yon Wichtigkeit sei, habe ich die Atrophie der St~tbchen und Zapfenschieht erwahnt.

*) Vergl. Cohnhe im, Virchow's Archly XL. 1. ~') Archly f. Ophth. XIIL 1, S. 15. ~.

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Ich will hier auch noch darauf hinweiscn, dass der Grad der Atrophie meistentheils mit dem Grade der Eitcrinfiltratiou des GlaskGrpers ziemlich gleichen Schritt hielt.

Wenn wir zu diesen Thatsachen hier noch die Be- obachtungen an Fall Eberenz berticksichtigen, in welchem gerade die Stabchen und Zapfenschicht, selbst die der hinteren Retinaabschnitte, intact gefunden wurde, welche der am meisten mit Eiter infiltrirten Aderhaut unmittel- bar anlagen, so scheint der Schluss erlaubt, dass diffuse eitrige Entztindung des GlaskGrpers die Ern~.hrung der wichtigsten Retinaelemente mchr beeintrachtigt, als acute Entz~indung der Aderhaut. In einzelnen Pr@araten, Fall 5 1. c., Strumpfrock und Kurrle, fanden sich die Rander der Retinawande dutch und durch in einem solchen Grade yon Eiter durchsetzt, dass auf kleine Strecken yon Retinagewebe nichts zu erkennen war. Diese Stellen zeigten dazu die Eigenthttmlichkeit, dass Retina und Chorioidea unter einander verwachsen waren und die un- mittelbar angriinzende Chorioidea denselben Zustand iip- pigster Eiterung erlitt. In diescn Stellen der aller- stiirksten entztindlichen Reaction scheint mir eine Fusion beider Processe der eitrigen Entztindung der Netzhaut und der Chorioidea eingetreten zu sein; und solche Bil- der, d. h. wenn man nur Bilder yon Entztindung ~hnlichen Grades sieht, kGnnten allerdings die Meinung eines Ab- hangigkeitsverhaltnisses der Retinaeiterung yon der Cho- rioidea aufkommen lassen. So verdienstvoll die mtihe- vollen Arbeiten yon R i t t e r und Schiess sind, so musste doch der hohe Grad tier Entziindung, welchen sie durch die lange Dauer des Reizzustandes in ihren Experimenten erzielten, nothwendiger Weise das Urtheil tiber die Rollen, welehe die einzelnen Membranen spielen, wesentlich er- schweren.

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Unsere Falle geben uns eiaen Fingerzeig, in welcher Weise diese Experimente anzusteIlen sind, namlich, dass wir die Entztindungsvorg~ngen auch in m6glichst frtihen Phasen, und zwar hauptsiichhch ill diesea, zu studiren haben: ein Weg, den neulich C o h n h e i m (l. c.) mit so viel Gltick eingeschlagen hat.

Wir kommen schliesslich zu den pathologisch-auato- mischen Ver~inderungen des Uvealtractus.

Die Chorioideawunde war bis auf 2 Falle immer vorhanden; wie oben bemerkt, war sie wahrscheinlich in einem dieser Falle wegen ihrer Kleinheit tibersehen worden.

Alle Chorioideawunden zeichnen sich dadurch aus, dass in ihrer Umgebung Verklebung der 3 Augenhaute stattfand; der Reiz zu dieser entziindlichen Th~tigkeit ging wohl jedesmal yon der Chorioidea aus; denn nur

in ihr fand man constante, unmittelbare Reaction auf die Verwundung. Diese Reaction sprach sich immer dutch die Anwesenheit yon EiterkSrperchen in der Chorioi- des aus.

Dem Grade dieser Eiteranh~ufung und der Ausdeh- hung des Bezirks nach, in welchem die EiterkSrperchen aufgefunden wurden, fanden wir die verschiedensten Stufen; wRhrend z. B. im Fall Kurrle nur die allerun- mittelbarste Umgebung der Wunde, deren Rayon kaum t/~ -, mass, deutliche Mengen yon EiterkSrperchen aufzuweisen hat, finden wir das Eiterbereich bei Fall Grater und Eberenz auf 3 Linien und weiter yon der Wunde sich erstrecken. Zu dieser, ich darf wohl sagen, primaren oder reinen Wundentziindnng der Chorioidea gesellt sieh dann, Hand in Hand mit der Entziindung der tibrigen Bulbustheile, eine secundiire Chorioiditis, welche aber yon dem vorderen Abschnitte der Chorioi- dea ausgeht, und in der Regel mit Eiterung im Ciliar-

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muskel, jedesmal mit Eiterbildung im Irisgewebe und mit massenhafter Eiterung in den vorderen GlaskSrperab- schnitten verbunden ist.

Dieses Bild stellt die eigentliche eitrige Iridocyclitis dar; und die letztere seheint mir erst den Uebergang zur wirklichen Panol)hthalmitis einzuleiten.

Gaaz besonderes Interesse fliissten mir diejenigen Befunde ein, welche fiber die Entstehung des Eiters in der Chorioidea Aufschluss zu geben geeignct sind.

Am meisten sind diese Beobaehtungeu in dem viel- fa~h citirten Fall F, berenz; hier finden wir 17 Stunden nach der Yerwunduag, abgesehen yon Retina und Glas- kSrper, reichliche Eiterung in der Choriodea. Was die Lage der freien EiterkSrperchen angeht, so ist die Haupt- ansammlung in der Gegend der kleinen, der Capillaris angrenzenden Gefii, sse, wie dies yon S c h w e i g g e r*) sehon langst hervorgehoben wurde. Das die Gefiisse beglei- chende Bindegewebe aber ist durchaus normal (Fig. 3).

Dagegen zcigen sich kleine Venen, welche wie voll- gepfropft mit Eiter sind (Fig. 2) un(l zahlreicbe Ansamm- lung weisser BlutkSrperchen in den Capillaren (Fig. 1). Auch die pigmentlosen Stromazellen, welchen R i t t e r und S c h i e s s die Hauptrolle in der Eiterproduetion zu- schreiben, sind unverfindert.

Ich stehe nicht an, in diesem Falle ein Beispiel ftir diejenige Entstehungsweise des Eiters in der Chorioidea des Menschen zu statuiren, welche C o h n h e i m (1. c.) in seinen Versuchen an dean Mensenterium yon FrSschen und Kaninehen gefunden hat.

So viel mir bekannt, ist bis jetzt noch keine einzige Beobachtung ver5ffentlicht worden, welche die Identit~t

*) Verhandlung der veto 3.--6. September 1859 in Heidelberg ver- mammelten Augens~-zte.

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der Eiter- und weissen BlutkSrperchen am Menscher~ nachwiese, wiewohl die absolute morphologische Gleieh- heit dieser Gebilde schon frilher*) mehrfach zu der Ver- muthung jener Identitr~t gefiihrt hatte. Es ist ein blei- bendes Verdienst Cohnhe im ' s , durch seine schSnen Ex- perimente die Emigration weisser BlutkSrperchen durch die Venenwandung nacbgewiesen und so das Verst~tnd- niss yon dem Wesen der frisehen EiterkSrpereben ermSg- licbt zu haben.

Es fragt sich nun zun~ebst, ob alle EiterkSrperchen, welche wir in der Chorioidea finden, a]s emigrirte weisse BlutkSrperchen anzusehen seien, oder nicht. Es muss a priori die MSglichkeit zugegeben werden, dass eine An- h~tufung der beweglichen Zellen der Chorioidea**) statt- gefunden haben kann, wie dieser Vorgang fiir die beweg- lichen Zellen der Cornea yon Kremianzky***) nachge- wiesen wurde. Indessen die Massenhaftigkeit der Eiter- kSrperchen, wenigstens im Fall Eberenz, scheint mir zu beweisen, dass den bcweglicben Chorioideazellen hSch- stens ein kleiner Beitrag zu der Eiterung zugeschrieben werden kSnnte. Aber auch Zellenneubildung kSnnte statt- gefunden haben, wie solche neuerdings wieder H of fro an n und v. R e c k l i n g s h a u s e n J ) gegen Cohnheim eben- falls bei experimenteller Hornhautentziindung gefunden zu haben glauben. Fiir Fall Eberenz wieder glaube ieh, dass keine Zellenneubilduag stattgefnnden hat, und zwar glaube ieh dies aus dem Grunde, weil ich bier, ebenso wie in der Retina und dem GlaskSrper, auch in tier Chorioidea keine einzige Uebergangsform gefunden habe.

*) Vergl. V i rchow, ,,Cellularpathol.", 1. Anti., S. 140. **) u Haase , d. Archiv XIV. 1.

~ S. Wiener reed. Wochenschrift, 1868, I. u. if. r) $. Centralblatt f. d. reed. Wissenschaft, :1867, S. $1.

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In den spiiteren Fallen aber habe ich wiederholt im Stroma grSssere rundliche Zellen mit 2 und 3 Kernen, andere mit bisquitf'6rmig eingeschnfirtem Kern, ferner kleinere und grSssere spindelfiirmige Zellen mit 2, auch mchreren Kernen aufgefunden: Formen, welche wit ge- wShnt sind, als Prodacte des Zcllenneubildungsprozesses aufzufasscn. Ob diese Gebilde yon den emigrirten weissen Blutkiirperchen herrtihrcn, ob sie Producte yon Wuche- rung der Bindegewebs- oder Stromazellen sind, ja ob sie fiberhaupt als Beweise stattgcfundcner Zellenneubildung aufzufassen sind, in diesen gewichtigen Fragen eine Ent- scheidung abgeben, halte ich mich durch meine Beob- achtungen nicht bcrechtigt. Es genfigt mir nachgewiesen zu haben, class in 4 Fiillen eitriger Chorioideitis rcich- licher Eiter in den Venen vorhanden war, und dass dieser Eiter inncrhalb der Venen sclbst u eingehen kann, welche jedenfalls im Sinne des Wachsthums zu deuten sind.

Der h~tufigste husgang unserer hugenverletzung ist Phthisis bulbi. Diese fehlt allerdings zuweilen, aber in allen iilteren Fallen, welchc ich zu beobachten Gelegen- heir hatte, und in den mir frisch zu Gesichte gekom- menen, deren Verlauf ich vcrlblgen konnte, trat mit der Zeit immer Erblindung ein. In denjenigen erblindeten Augen, wclche ich anatomisch untersuchen konntc, land ich mit Ausnahme eines einzigcn Falles NctzhautablSsung. Dieser Fall zeichncte sich durch eincn aussergewShnlichca Gang des fremden Kiirpers aus. Dcrselbe war niimlich etwa 3 Linien untcrhalb des unteren Hornhautrandes durch die Sclera eingedrungen und nicht nach hinten geflogen, sondern hatte in der Richtung nach oben und etwas nach innen einen ausserordentlich langen Wund- kanal durch die Sclera gcmacht. Kaum an der inneren Wundiiffnung hervorgekommen, welche der Hornhaut gut um 1 ' " n~her lag als die iiusserc, war cr unter

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dem Corpns ciliarc stecken geblieben. Wenn ich friiher die Verletzung dcr hintern Bulbuswand als Ursache yon NetzhautablSsung anschuldigte, so steht dieser huffassung dcr letzterwiihnte Fall durchaus nicht entgegen. Die Vcrletzung der hderhaut und der Netzhaut geschah bier niimlich in einem so weit nach vorn gelegenen hbschnit 4 dass dicselbe, wie erfahrungsm~issig fcststeht, nicht mehr die Bedingungen zu sp~tterer NetzhautablSsung abgiebt, denn wir befinden uns bier nicht welt yon dem gewohn- ten Operationsterrain bei Cataractextractionen und Iri- dectomien.

Das Sehvermiigen war in dicsem Falle auf geringe Spuren quantitativer Lichtempfindung reducirt gcwesen. hls anatomisches Substrat dieser FunktionsstSrung fand ich Atrophic der St~tbchen und Zapfen nebst ausgiebiger Hypertrophic der Mfiller 'schen Fasern. Der Durch- schnitt der Papille ergab keine Excavation. Der fremde Kiirpcr hatte tiber ein Jahr im Innern des Augcs gelege~. und wiederholt zu heftigen cntztindlichen Anf~illen u anlassung gegebcn. Ueberhaupt ist mir kcin einziges Mal irgend einc Form yon Ectasic der Formh~ute zur Beobachtang gekommen. Ich will die Miiglichkeit gern zugestchen, dass bci uusercr Art yon Augenverletzung besonders durch das Mittelglied der Linsenquellung glau- comatiisc Prozesse tiberhaupt eingcleitct wcrdcn kiinnen; die Thatsache aber, dass in 35 F~llen niemals solche Formen zur Beobachtung kamen, spricht daftir, dass die unmittclbaren Folgen und die consecutivcn u welche der in den Glask(irperraum eingedrungene fremde Kiirper nach sich zieht, im A1]gemeinen der Entwickelung glaucomatSser Prozesse nicht giinstig sin&

Diese Beobachtung scheint mir nichts Befremdendes zu haben, wenn wir bedenken, dass fast ausnahmslos das Endresultat der Verletzung Net zhautabl0sung war,

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ein Zustand, welchem bekanntlich, wenn er in seiner reinen Form auftritt, Spannungsverminderung der Form- hitute als integrirendes Symptom zukommt.

Diagnostisches und Therapeutisches.

Schon vor Jahren hat v. Grae fe*)be i Gelegen- heit der Besprechung einer Differentialdiagnose den diag- nostischen Werth yon SehstSrungen beim u fremder KSrper im hinteren Theile des GlaskSrpers be- tont; allein dieser Wink scheint bis jetzt nicht diejenige Wfirdigung gefunden zu haben, welche er verdient. Ich lege auf die genaue Priifung des SehvermSgens in unsern F~llen ein ganz besonderes Gewicht, aber ich will hier noch einmal ausdriicklich hervorheben, dass nicht allein die centrale Sehsch~rfe, sondern immer gleichzeitig mit dieser dieLichtpercerption in den peripherischen Gesichts- feldabschnitten einer sorgfaltigen Untersuchung unter- zogen werden muss.

Schon wiederholt habe ich der Thatsache Erw~hnung gethan, dass bei allen ~lteren F~llen, welche ich beob- achtete, schliesslich Erblindung eingetreten ist, und dass sowohl die Sectionsresultate, wie auch einzelne Beobaeh- tungen am lebenden Auge der Vermuthung Raum geben, dass dicse Erblindung fast immer durch NetzhautablSsung entsteht, ein Ausgang, weIchen ich in vielen FMlen als eine Consequenz der u der hintern Bulbus- wand ansehe. Es wfirde in hohem Grade lebrreich sein, wenn diejenigen Herren Collegen, welche F~lle yon Fremd- kSrper im GlaskSrperraum mit scheinbar dauernder In- tegritat des SebvermSgens verSffentlichten, diese F~.lle waiter beobachten resp. fiber die etwaigen Yer~nderungen

*) $. d. Archiv VI. 1, S. 136.

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besonders des excentrischen Sehens Bericht erstatten wollten.

Filr die ~ilteren F~tlle scheint auch die Form der Entziindung, wenn solche auftritt, nicht ohne diagnosti- schen Werth zu sein, insofern als dieselbe auf dem Wege der Iridocyclitis bald zu grSsseren oder geringeren Graden yon Phthisis bulbi ffihrt, wRhrcnd ectatische Pro- zesse, wenn sie tiberhaupt vorkommen, jedenfalls zu den Seltenheiten gehSren. In den frischen Fiillen sind die Formen der Entzfindung weniger verwerthbar; auch das sonst so wichtige Symptom, die Empfindlichkeit der Ci- liarmuskelgegend, hat durum hier untergeordneten Werth, il~sofern es nur die Diagnose Iridocyclitis unterstiitzt.

Dagegen giebt uns in diesen frischen Fallen eine genauere Prtifung des SehvermSgens fiber den Zustand des GlaskSrpers und der Retina so hinreichende huf- schltisse, dass dieselben fast ausnahmslos in Hinblick auf die hnamnese und den gleichzeitigen Befund einer klei- nen, penetrirenden Wunde dic Diagnose entscheiden.

Ich weise noch einmal darauf bin, dass hier nur yon solchen Fiillen die Rede ist, in dcnen starke optische Hindernisse einen Einblick in den GlaskSrperraum ver- hindern.

Wie aus den oben mitgetheilten Krankengeschichten hervorgeht, fanden wir in allen frischen Fallen hoch- gradige StSrungen des SehvermSgens. Die Formen und Grade dieser Stiirungen standen mit den anatomischen Befunden in einem so constanten Zusammenhange, dass ich in den spiitcren Fallen unter Berilcksichtigung des Krankheitsbildes den path. anatom. Befund wenigstens des Glaskiirpers mit ann~hernder Sicherheit diagnosti- ciren konnte.

Die hiichsten Grade der SehstSrung, sowohl des cen- tralen als des excentrischen Sehens fanden sich n~tmlich immer mit diffuser Glask0rpereiteruug vergesellschaftet,

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ja cs fiberschritten diese Sehstiirangen in der Regel, wie dies besonders in Fall Weber und Schabel hervortritt, selbst diejcnigen Grade, welche als die rein optische Stiirung yon Seiten tier GlaskSrpertrfibung erwartct werden durften; die Atrophic der St~tbchen und Zapfen, welche jedesmal bei diesen diffusen Eiterungsformcn ge- funden wurde, gab uns nachtriiglich die anatomische Basis ftir die Erkl~rung dieser excessiven Functions- stiirungen. In einem vor mehreren Jahren beobachteten frischen Falle fand ich allerdings eine so hochgradige StSrung des SehvermSgens, dass nur Spuren quantita- tiver Lichtcmpfindung ohne OrientirungsvermSgen vor- handen war, w~thrend die anatomische Untersachung des Auges keinen Eitcr, sondern complete Yerdriingung des Glask~rpcrs durch Blut ~tlteren und jfingeren Datums nachwics. In diesem Fall fehlten aber im Krankheitsbild die Symptome innerer Entztindung; so war insonderheit keine erhebliche Iritis und gar keiae Chemosis vorhanden.

Abgesehen yon dieser excessiven Blutung habe ich sonst bei blossen Glaskiirperblutungen niemals Herab- setzung der centralen Sehscharfe gefunden; selbst bei vollstiindiger Linsentrfibung wax dic quantitative Licht- empfindung dcrjcnigcn bei reiner Cataract entsprechead. Dagegen fehlte niemals eine ausgiebige Gesichtsfeldbe- schr,~tnkung und zwar nahm diese stets einen betrRcht- lichen Thcil der oberen Gesichtsfeldhiilfte cin. Diese Blutungen fund ich nur bei Gegenwart von Eisensplittern. Es ist gcwiss nicht vorauszusetzen, dass andere fremde KSrper, insbesondere Fragmcnte yon Ziindhiitchen, nicht eben so gut als sic Chorioideawunden hervorrufen, auch GlaskSrperblutungen veranlasscn sollten, aber es scheint, als wcnn die Eiterbildung, welche dem chemischen Reiz dcr Ziindhfitchen so sehnell folgt, eine rapide Zerstiirung tier BlutkSrl)erchen einleitet.

In solcl~n frischen F~llcn, welche kein Urtheil fiber Archly filr OphthaLmologie~ X.IV. 2. 21

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die Propulsivkraft, ~,elche dell fl'emden K~}rper vorwrtrts getriebcn, zulassen, ist bei kleinen penetrirenden tIorn- haut- oder Sclerawunden der Nachweis einer bedeutenden Gesichtsfeldbeschrankung fiir die hnwesenheit eines frem- den KSrpers ira GlaskSrperraum cntscheidend. Ill der Praxis kSmmt uns die Wiehtigkeit dieses Symptoms haupts~tchlich zu Nutze, wenn es sich um Verletzung mit Eisensplittern handelt, da gerade hier jeder hnhalts- punkt fiir die Beurtheilung der Propulsivkraft meistens fehlt. Zu wiederholten Malen habe ich allein auf Grund dieser Gesichtsfeldbeschranl(ung die Diagnose zwischen einfaeher Cataracta traumatica und Complication dieses Zustandes mit Corpus alienum ira GlaskSrperraum dif- ferenziren kSnnen. So consultirte mich fast gleichzeitig mit Grater (Fall IV) der hrbeiter Gottlieb Sehiele aus einer hiesigen Eisengiesserei. Beiden war wahrend der Arbeit, bei der sie mit grosset Gewalt Eisen zerschlagen batten, etwas in's huge gesprungen; beide hatten ziem- lich ausgedehnte Hornhautwunden und v011ige Linsen- trfibung, beide batten vol[kommene quantitative Licht- empfindung; Gr~ter's Gesichtsfeld zeigte eine ausgedehnte Beschr~nkung nach oben aussen, Sehiele's excentrisches Sehen dagegen keine StSrung. Ich machte daher bei diesem die Extraction tier Cataract. Die Operation heilte ohne alle StSrung, das SehvermSgen wurde gut und ist bis jetzt so geblieben; mit dem hugenspiegel war nichts yon einem fremden KSrper im GlaskSrperraum zu entdecken. huch his jetzt ist keine Art yon Eutztindung aufgetreten.

Bei Griiter fund sich entsprechend der Beschriinkung im ~iusseren oberen Theil des Gesichtsfeldes unten und inneu im Glaskiirperraum eine grossc Menge yon Blut, und unter dessen Hauptmasse ein Eisensplitter yon 21/2 '" LUnge.

Aber nicht blos fiber die Anwesenheit eines fremden Xiirpers im GlaskSrperraum tiberhaupt, sondern auch tiber

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dessen Lage sind wir im Stande, mit Beriicksichtigang des Ortes, welchen die Gesichtsfeldbeschr~tnkung einnimmt, unter Umstiinden einen sicheren Schluss zu ziehen. Zu solchen Schliissen fiihrten in crster Linie die oben an- gefiihrten Beobachtungen, dass die fremden K0rper, welche ira Grunde des Auges auflagen, stets von der grSssten Masse Blur umgeben gcfunden wurden. Diese Thatsache, welche mir in Fall IV I. c. und in Fall Eberenz so priig- nant entgegengetreten war, driingte mir die Frage auf, ub nicht etwa durch genauere Ermittelung des Ortes und der husdehnung der Gesichtsfeldbeschriinkung ein in so welt attsreichender $chluss auf die Lage der vorhandenen Blutung resp. des fremden K0rpcrs gezogen werden dfirfte, dass auf diesen Befund hin Extractionsversuche mit hus- sicht auf Gclingcn unternommen werdeu kSnuten.

Die Gelcgenheit zur Uutersuchung dieser Frage bot sich im Fall Grater. Wie gesagt, land ich hier (tie Ge- sichtsfeldbeschr~tnkung nach aussen und oben. ich schloss daraus, dass die Hauptmenge des Blutes und mit iht" der fi'emde K(irper etwas nach inncn yore verticalen Meridian gelegcu sei. Bci dieser Gelegenheit erinnerte ich reich, dass ich die compactea fremdeu K0rper resp. Eisensplitter nicht an der anatomisch tiefsten Stelle des Bulbus, sondern immer etwas vor derselbcn aufgefunden habe. in Hiublick auf diese Thatsache schloss ich, dass der fremde Kiirper im innet'n untern Quadranten des Bulbus etwas nach innen yore verticalen Meridiau uad etwas nach vorn yore Aequator zu suchen sei. Ich machte nun in der Weise, wie v. Graefe") angegeben hat, einen Seleraschaitt, welcher 41/2 "' you der Horuhaut eutfernt am Rande des Musculus rectus inferior bcgann and sich 3'" nach innen erstrecktc. W~thrend der Ausfiilu'uag des

*) S. d. Arckiv IX. '2, S. 179. 21"

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Schnittes ftihlte ich deutlich, dass das Messer einen hartea, rauhen Widerstand bertihrte, und glaubte daher des frem- den Kiirpers sicher zu sein. Ich ging darauf mit einer Pincette in der Richtung nach hinten in die Wunde ein, und da ich .hier nichts fand, entschloss ich reich zu drei- sterer Durehsuehung der hintern Bulbushiilfte mittelst der Knopfsonde; auch diese Versuche, dell fremden KSr- per zu finden, blieben ohne Erfolg, und so musste ich reich entschliessen, die Enucleation vorzunehmen. Der enueleirte Bulbus wurde in der Art geSffnet, dass yon der Einstichsiiffnung aus ein dem Aequator paralleler Sehnitt das Auge in eine vordere und hintere tIi~lfte zerlegte. Nun zeigte sich, dass der ursprtingliche Sclera- schnitt gerade den hintern Rand des fremden KSrpers tangirt hatte.

Wenn gleich der vorliegende Extractionsversuch als solcher ungliicklich ausfiel, so bewies er doch, dass die Lage des fremden KSrpers richtig erschlossen worden war, und es ergab sieh hieraus die Hoffnung, dass Mes- sungen der jedesmaligen Lage der fremden KSrper in unsern frfihern Pr~parate ein noch sichereres Urtheil fiir ~thnlicha Fiille zulassen wiirden.

Diese Messungen hatten nun folgendes Resultat: 1. stellte sich heraus, dass s~mmtliche eompacte

Eisensplitter, welche nicht in der gegenfiberliegenden Bulbuswand haften geblieben waren oder durehgeschlagen hatten, auf dem Grunde des Auges hart auflagen; nile flaehen, blattartigen Kiirper, sowie ein Steinsplitter, hatten, wenngleich sie meistentheils auch betr~tchtlich gesunkea waren, nie den Fundus erreicht, sondern wurden schwe- bend im GlaskSrper angetroffen;

2. die schweren, d. h. also die auf dem Grunde lie- genden FremdkSrper, fanden sich alle (s. Fig. 10, Fig. 11, 12 u. 13) im vordern untern Quadranten. Eine genaue Messung der Entfernung ihres vordern und hintern Endes

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yore Hornhautrande erg:~b, dass ein 3"' yore Horn- hautrande gemachter Einstich in die Sclera jcdesmal direct auf den fremden KSrper gestossen ware. Es sollte sich bald Gelegenheit bieten, die praktische Tragweite dieses Durchschnittsmaasses zu erproben. Dell 29. Juli 1867 stellte sich der 16jiihrige Schlosser Wilhelm Berg aus Canstatt vor. Vor 4 Tagen war ibm bei der hrbeit etwas in's linke huge geflogen: gleich darauf bedeutende Abnahme des Sehvermiigens, welche sich allm~lig mit gleichzeitigem Auftreten leichter Entztindung des Auges steigerte. B c i d e r Vorstellung fand sich in der ttorn- haut dicht unter der Mitte eine scharfe, horizontale Narbe von fast 3'" Liinge. Linse total getriibt. M~issige Injec- tion der Conjunctiva bulbi.

Quantitative Lichtempfindung gut. Gesichtsfeldbe- sehriinkung nach innen und oben. Betastung der Ciliar- gegend nur aussen und unten empfindlich.

Diesmal musste also aus der Oertlichkeit der Ge- sichtsfeldbeschr~nkung geschlossen werden, dass der fi'emde KSrper in der linken Hiilfte des Bulbus liige. Diese Vermqthung wurde noch bekriiftigt durch die lo- cale Empfin(flichkeit der Ciliarmuskelgegend.

Gestiitzt auf (lie oben angegebenen Durchschnitts- maasse maehte ich nun 3'" yon der Hornhaut ent- fernt einen Einstich in (lie Sclera, und zwar gerade im verticalen Meridian. gon hier aus wurde der Schnitt 4'" nach aussen verl~tngert. - - Nachdem ich nun die Sclerawunde ein klein wenig k]affend gemacht hatte, kam an ihrer innercn Hglfte ein Eisensplitter zum Vor- schein, welcher mit der Pincette leicht ausgezogen wer- den konnte. Er war fast 3"' lang, ca. 1/2'" breit und yon etwas geronnenem Blut umgeben, welches seiner br~iunlichen I,'arbe nach wohl an dem Tage der Verwun- dung ergossen sein konnte. Der hugapfel wurde sebr bald nach der Operation leicht phthisiseh und das Seh-

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;)2t)

vermSgen ging damit natilrlich verloren. Die Entzfindung wich allerdings u n d e s hat sich bis jetzt keine solche mehr eingestellt.

Diese beideu ]etzteren Beobachtungeu beweisen also, dass unter giinstigen Umstiinden trotz des verhinderten Einblicks in den Glaskiirperraum die Lage des fremden KSrpers mit einer Oenauigkeit bestimmt werden konnte, welche erfolgreiche Extractionsversuehe ermiiglichte. Be- stimmend ffir reich, diese Versuche zu machen, war die wiederholte Beobaehtung, dass die schweren KSrper, und bei Eisensplittern handelt es sich ja meistentheils um solche, stets auf dem Grunde des Augapfels und zwar vor dem Aequator liegend, gefunden wurden.

Diese Thatsache erklfire ieh mir daraus, dass der fremde KSrper allerdings die physikalisch tiefste Stelle des huges anstrebt, diese abet nieht mit der anatomisch tiefsten Stelle zusammenf~illt. Dadurch niimlich, dass wir fiir gewShnlich die Visirebene unter die horizontale Ebene senken, resp. die Hornhaut etwas nach unten rotiren, ist auch tier untere Aequatorialabschnitt um dasselbe Maass nach hinten gerfickt und der physikalisch tiefste Punkt des Auges liegt daher vor dem Aequator. Die Senkung der schweren Splitter geht fibrigens sehr sehnell; ich habe mit den im menschlichen Auge aufge- fundenen Splittern Versuche an frisehen Sehweinsaugen angestellt; die liingste I)auer der Senkung durch etwa 2/a der ganzen GlaskSrperschicht dauerte hie eine ganze Minute. Man muss bei diesen Versuehen die KSrper erst in die Glaskiirpermasse untertauchen.

Was die Behandlung im Allgemeinen angeht, so sind es zwei Hauptindicatiouen, welehe wir zu erfiillen haben: Die Erhaltung des verletzten, sodann die des zweiten huges.

Die Erhaltung des verletzten Auges in dem umfas- senden Sinne des Wortes, die Integritiit des Sehver-

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mSgens mit einbegriffen, ist ein ideales Ziel, hinter wel- chem die Therapie mit den seltensten Ausnahraen leider �9 weit zurtickbleibt.

Wo wirklich einmal fiir liingere Zeit cin gutes Seh- vermSgen conservirt wurde, Fiille, welche zu beobachten ich keine Gelcgenheit hatte, da sind wohl in der Regel besonders giinstige Umstiinde, haupts/ichlich ausserordent- liehe Kleinheit des Corpus alienum, an diesem Ausgange molt" Schuld, als die gcwissenhaftcste Behandlung.

Ich glaube einen dauernden Bestand des Sehver- mSgens in unserer Krankheitsform fiberhaupt noch in Zv,eifel ziehen zu mfissen, weil die regelm~tssige Ver- letzung dcr hinteren Bulbuswaud den Kcim zu spiiterer Erblindung in sich tri~gt.

Gelingt es uns aber nur ill einer sehr geringen Pro- centzahl, ein mittelmiissiges und meist ~ortibergehendes SehvermSgen zu erzielen; so ist doch ein andercs Ziel tier Therapie, welches wir in einer grossen Zahl der I,'iille nfit Aussicht auf guten Erfolg anstreben k0nnen, die Er- haltung tier Form des verwundeten Augapfels,

Die rein symptomatische Behandlung erreicht diesen Zweck nicht selten; abet sie i~t dana, wenn wir den Patienten nicht unter sicherer Aufsicht wissen, ein hiichst trtigerisches Heilresultat wegen der Gefahr der sympa- thischen Erkrankung des zweiten Auges, und darum ge- rathen die beiden tIauptindicationen nicht selten mit einander in Conflict.

Es ist zu natiirlich, wenn der Patient und auch der Arzt sich stri~ubt, eine Versttimmelung des mensehlichen Antlitzes vorzunehmen, ,~ie sie die Enucleation hervor- raft. hllein welche u miissten ~ir uns machen, wenu wir ein einzigcs Mal zSgerten, eine conservirende Behandlungsweise yon rein kosmetischem Werth gegen- fiber der capitalen C, efahr absoluter Erblindung aufzu- geben !

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Wo ist aber die Grenze, bis zu welcher wir warten ditffen? v. Grae fe*)ha t auch auf diesem Gebiete in -r Weise unser Wissen bereichert, indem er uns auf den hohen prognostischen Werth der Schmel'z- haftigkeit tier Ciliarmuskelgegend, welche manchmal so- gar im zweiten Auge auftritt, aufmerksam gemacht hat; allein auch dieses Symptom kSnnte uns unter UmstRnden zu spat warnen.

Von der Rapidit~t, mit welcher die sympathische Erkrankung in die Erscheinung treten kann, bietet der fo]gende Fall ein trauriges Beispiel:

u filnf Jahren consultirte reich ein kr~ftiger~ bliihend aussehender Mann yon 37 Jahren wegen Ent- ztindung des linken Auges. Die Untersuchung ergab Prall- heit des Auges, erweiterte Pupi]le, starke Injection. Der Augenspiegel liess nur eineu rothbraunen Reflex aus dem Innern gewahren. Ciliarmuskelgegend oben innen empfind- rich. Ich machte die Diagnose ,,Iridochorioiditis n-dt Druckvermehrung" und verrichtete sofort die Iridectomie.. Die Art der Heilung, welche unter langem Klaffen der Operationswunde vor sieh ging, ermiiglichte die Diagnose, dass es sich um einen Tumor im Innern des Auges hau- delte; da indessen die Operation die excessive Ciliar- neurose beschwichtigt hatte, so glaubte ich dem Wunsche des Patienten nachgeben zu dtirfen und entliess ihn ihn 14 Tagen nach der Operation.

8 Tage nach tier Entlassung stellte er sich wieder vor. Die Schmerzhaftigkeit im linken huge hatte sicb neuerdings eingestellt und ausserdem ein nicht Mher de- finirbares Geftihl yon Spannung und Unannehmlichkeit ira rechten Auge. Dieses Geffihl will Patient erst seit 24 Stunden bemerken. Das SehvermSgen dieses Auges

e) S. d. Archiv XII. 2, S. 152.

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war noch intact: h = 1/5. Aeusserer Umst~tnde wegen konnte ich den Patienten erst 3 Stunden nach der huf- nahme operiren.

Diese kurze Zeit geniigte, eine leichte subconjunc- tivale Injection des bis dahin gesunden Auges einzulei- ten. Der enucleirte linke Bulbus zeigte eiuen melano- tischen Tumor, yon der Chorioidea ausgehend. Den Tag nach der Operation war das Bild der Iridocyclitis am rechten Auge schon begonnen und in Zeit yon 6 Wochen war trotz aller Bemfihungen alas Sehvermiigen bis zu schwacher quantitativer Lichtcmpfindung geschwunden. Vor Kurzem ist der Patient in der Tfibinger Klinik an melanotischem Leberkrebs gestorben. Der rechte Bulbus war phthisisch und zeigte die gewShnlichen Veranderungen der Iridochorioiditis.

huf der andern Seite kann dauernde Empfindlich- keit der Ciliarmuskelgegend sowohl im verletzten, als auch im zweiten Auge vorhanden sein, ohne dass dieses Symptom den Beginn sympathischer Affection erzeugt.

Am 20. Februar 1867 consultirtc reich der 22j~hrige Bauer Wilhelm EmmendSrfer yon Linzingen In seinem ffinften Lebensjahre hatte er das rechte Auge durch einen Messerstich eingebiisst. Der Bulbus ist phthisisch. Grosse Empfindlichkeit des oberen Theiles der Ciliarmuskel- gegend beider hugen. Sehvermiigen des linken Auges --~ 2/s (leichter myopischer hstigmatismus); h ~ 1/9. Dem Patienten wurde dringend gerathen, sich den phthisischen Bulbus entfernen zu lassen, abet er konnte sich nicht zur Operation entschliessen. 11 Monate sp~tter stellte er sich wieder vor.

Es hatte sich his jetzt keine Entziindung des linken huges eingestellt, auch war das SehvermSgen durchaus dasselbe geblieben, die Empfindlichkeit der Ciliarmuskel- gegend bestand in derselben Weise wie frtiher.

Bei solcher Unsicherheit der hnhaltspunkte ffir den

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Zeitpunkt, mit welchem die Iridochorioiditis eintritt, er- scheint es gerechtfertigt, wenn der Arzt friihzcitig sich zur Enucleation des verletzten Auges entschliesst, sobald dieses erblindet ist. Ja, ich habe in einzelnen Fallen nicht Anstand genommen, selbst dann schon zu enucle- iren, wenn noch einiges SehvermSgen vorhanden war. Wit viel SehvermSgen man sich berechtigt glaubt, zu opfern, das muss der eigene Tact, das eigene Gewissen entscheiden. Jedeufalls kiinnte ich reich nicht entschliessen, einen noch irgendwie brauchbaren Grad von SehvermSgen aufzugeben.

Zu solchen nicht mehr brauchbaren Graden rechne ich die erhaltcne quantitative Lichtempfindung bei gleich- zeitiger Cataract, well die Staaroperation unter diesen Umst~nden durchaus ungfinstige Chancen bietet. Aus- nahmsf'~llc*) sind I{aritiitcn, und solche kiinnen keine Basis ffir therapeutische Grunds~ttze abgeben.

Abet immerhin f~tllt der Entschluss, einen Bulbus mit noch einigem Sehvermiigen zu opfern, ~tusserst sehwer, und in diesem Geftihl halte ich es ftir Pfiicht, die conservirende Methode der Extraction des fremden Kiirpers nach Miiglichkeit zu cultiviren.

Diesc Methode ~firde wenigstens eine leidliche Form des Bulbus erhalten und die Gefahr sympathischer Ent- ziindung, wenn nicht in allen, so doch in den meisten F~illen beseitigen. Freilich liegt eine grosse Schwierig- keit darin, dass wohl nur in einer kleinen Gruppe yon Ftillen die gefundenen diagnostischen hnhaltspunkte zur Bestimmung der Lage des fremden KSrpers fiihren werden.

hber wenn sich die Richtigkeit derselben im hllge- meinen bestRtigt, so ~erden auch (lie Schwierigkeiteu

*) VgL Jacobson, d. Arehiv X. 1, S. 129.

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nicht unfiberwindlich scin, einen Extractionsmodus zu finden, welcher die unmittelbare Gefahr der Phthisis bulbi ausschliesst und die Erhaltung desjenigen Grades yon SehvermSgen ermSglicht, welchen die Natur der Verwun- dung iiberhaupt zuliisst.

S tu t tgar t , im Mai 1868.

Erklarung der Abbildungeu.

F i g u r I. Kleinste Vene aus der Chorioidea in Capillarea iiber- gohend, veto Fall :Eberenz, 17 Stunden naeh tier Verletzung. d Vene; f ~ Capillare; a ~ weisse BlutkSrperchen; b ~ rothe Blut- k~irperehen; c-----grosse granulirte Zelle in den Zwischenriiumen der Capillarea gelegen; e---~ Kerne der Capillarea.

F i g u r 2. Vene, welche wie mit Eiter gefiillt erscheint, yon Fall Eberenz, 17 Stunden naeh tier Verletzung. a ~ weisse BlutkSrperchen; b ~ rothe BlutkSrperchen; d ~ Venenwaad.

F i g u r 3. Yene yon kleinstem Caliber, ~umgeben yon Ziigen nor- malen Bindegewebes, yon Fall Eberenz, 17 Stmtden naeh der Ver- letzung, a ~-- weisse BlutkSrperehen; b ~ rothe BlutkSrperehen; d Yenenwandung; g----- Bindegowebsk6rper; h -~- ver~istelte Pigment. zelle.

F i g u r 4. Durehsehnitt elner Chorioideavene bei eitriger Chorlo- iditls yon FaD Stumpfroek, 7 Tage naeh der Verletzung. a, ~, 'a verschiedene Formen der weissen B]utkSrperchen; b ~ rothe Blut- kSrperchen; d----~ Venenwand.

F i g u r 5. Retinasehnitt yon Fal l Sehmidt (1. e.). Wundrand der Retina 48 Stunden naeh der u Verdickung der Nerven- fasersehicht dutch varicSse Ansehwellung der Nervenfasern.

F i g u r 6, 6, 6. Nervenfasern mit varir Aasehwellungen isolirt.

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F i g u r 7, 7. VarieSse Auschwellungen der Sehnervenfasern aus der Retlnawunde yon Fall Eberenz, 17 Stunden nach der Yerletzung.

F i g u r 8. Nicht penetrirende Chorioideawunde yon Fall Schmidt (1. c.). Die Retinasubstanz ist keilfSrmig in die Chorloidea eingetrieben. a ~ EiterkSrperehen der Chorioidea; b ~ ausgetretene Blutk~rperchen der Retina; d ~ Gef/isslumina; h ~ ver/istelte Pigmentzellen; z, z~ z ~--- Retina Zapfen.

F i g u r 9. Horlzontaler Durchschnitt des JLuges Yon Fall Kurrle. V ~ vordere "~Vuude; v ~ Wunde an der hinteren Augenwand; e Corpus alienum im eitrlgen GlaskSrper. In dlesem Falle ist die Retina und glelchzeltlg die Hyaloldea abgelSst.

F igur 10, 11, 12, 13, 14, 15. Sehematlsehe Sagittaldurehsehnitte der Augen yon Schmidt (1. c.), Notz (1. e.), Eberenz, Gr~/ter, Berg. ~ehabel, mlt der gemessenen Grgsse und Lage der fremden KSrper~ V ~ vordere ~Vunde; v ~ Wunde der hinteren Augenwand; e ffi= fremder KSrper.

Es ist erslchtlich, dass alle dlese schweren fremden K6rper (es handelt sieh in diesen Fiilleu um compaete lgisensplitter,) fest auf dem Grunde der Augen aufliegen, ferner dass die fiinf ersten ganz~ der sechste zum grSsseren Theil im vorderen, unteren Quadranten des Auges liegen,