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Bergwaldprojekt e. V. Vom Wald in die Welt Naturschutzarbeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung mit Jugendlichen

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Bergwaldprojekt e. V.

Vom Wald in die WeltNaturschutzarbeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung mit Jugendlichen

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Herausgeber: Bergwaldprojekt e.V., Veitshöchheimer Str. 1b, 97080 Würzburg, [email protected], www.bergwaldprojekt.de

Die »Waldschule für die biologische Vielfalt« wurde von 2013 bis 2018 gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit:

Haftungsausschluss:Der Bericht gibt die Auffassung und Meinung des Zuwendungsempfängers wieder und muss nicht mit der Auffassung des Zuwendungsgebers übereinstimmen.

Selbstverpflichtung zum nachhaltigen PublizierenNicht nur publizistisch, sondern auch als Unternehmen setzt sich der oekom verlag konsequent für Nach-haltigkeit ein. Bei Ausstattung und Produktion der Publikationen orientieren wir uns an höchsten ökologi-schen Kriterien.Dieses Buch wurde auf 100 % Recyclingpapier, zertifiziert mit dem FSC®-Siegel und dem Blauen Engel(RAL-UZ 14), gedruckt. Auch für den Karton des Umschlags wurde ein Papier aus 100% Recycling-material, das FSC®-ausgezeichnet ist, gewählt. Alle durch diese Publikation verursachten CO2-Emissio-nen werden durch Investitionen in ein Gold-Standard-Projekt kompensiert. Die Mehrkosten hierfür trägtder Verlag.Mehr Informationen finden Sie hinten im Buch und unter: http://www.oekom.de/allgemeine-verlagsinformationen/nachhaltiger-verlag.html

© 2018 oekomGesellschaft für ökologische Kommunikation mbH,Waltherstraße 29, 80337 München

Umschlaggestaltung: Elisabeth Fürnstein, oekom verlagUmschlagabbildung: © Bergwaldprojekt e.V.Druck: CPI Books GmbH, LeckAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-96238-003-8E-ISBN 978-3-96238-478-4

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Vom Wald in die Welt

Naturschutzarbeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung mit Jugendlichen

Bergwaldprojekt e.V.

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Inhaltsverzeichnis

Vom Wald in die Welt – Zur Einführung ........................................... 7

Erster Teil – Bewertung 1. Werte schaffen. Naturschutzfachliche Evaluation der Arbeiten in den Waldschulwochen 2013 bis 2016 Hendrik von Riewel ....................................................................132. Werte bilden. Naturerfahrungen, Umwelteinstellungen, Umweltwissen und soziale Erfahrungen in den Waldschulwochen. Pädagogische Evaluation. Olivia Dieser, Martin Remmele, Hanna Rommel, Katinka Sauer ... 39

Zweiter Teil – Überlegungen

1. Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung Julia Meyer, Ramona Zimmermann ........................................... 612. Ellenbogen ausfahren? – Wettbewerb und Bildung für nachhaltige Entwicklung Philipp Schäfer ......................................................................... 833. Zeit für Freiräume – Über Zeit, Bildung und Nachhaltigkeit Madlen Krause ........................................................................1014. Zur Förderung globaler Solidarität als Aufgabe der Pädagogik Theresa Lang ......................................................................... 1235. Bildung zum guten Leben – Der Diskurs über Nachhaltigkeit als Diskurs über das gute Leben Nele Fritzsche ........................................................................ 141

AutorInnenverzeichnis ................................................................ 157

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Vom Wald in die Welt – Zur Einführung

Vom Wald in die Welt - Zur Einführung

Liebe LeserInnen,

in der »Waldschule für die biologische Vielfalt« des Bergwaldprojekt e.V. wur-den und werden weiterhin Jugendliche und junge Erwachsene über konkrete Naturschutzarbeiten in heimischen Ökosystemen direkt am Schutz und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen beteiligt. Im Zuge der Arbeitseinsätze öffnen sich Räume des gemeinsamen Nachdenkens über zentrale Nachhaltigkeitsfra-gen. Die Einsätze haben den Anspruch, über die Naturschutzarbeit Bildungs-erfahrungen zu ermöglichen, die sich im Kontext Bildung für nachhaltige Ent-wicklung (BNE) verorten lassen. Nach vierjähriger finanzieller Förderung der Einsätze im Rahmen des Bundesprogramms »Biologische Vielfalt«, in denen sowohl wir als auch unsere TeilnehmerInnen intensiven Gebrauch von diesen Räumen gemacht haben, bieten wir sie nun einem breiteren Publikum zum Nachdenken und Ausprobieren an. »Vom Wald in die Welt« ist ein Buch für alle, die sich (nicht nur pädagogisch) für eine zukunftsfähige Gesellschaft inte-ressieren und einsetzen. Zunächst ein paar Worte zur Wurzel und zum Lebensraum, aus denen he-raus sich die Arbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwickelt hat. Das Bergwaldprojekt führt seit 1991 freiwillige Naturschutzeinsätze in ganz Deutschland mit Erwachsenen durch. Entstanden ist die Idee zu solchen Einsät-zen im Zuge der Waldsterbensdebatte als Positivprojekt bei Greenpeace in den 1980er Jahren. Relativ schnell gründeten sich daraus nationale Organisationen: 1990 die Stiftung Bergwaldprojekt in der Schweiz, 1993 der deutsche Verein. Aktuell (Stand: März 2018) ist das Bergwaldprojekt darüber hinaus auch in Österreich, Spanien und Liechtenstein vertreten. Ziel der Arbeitseinsätze war und ist es, a) die vielfältigen Funktionen der Ökosysteme zu erhalten, b) den TeilnehmerInnen die Bedeutung und die Ge-fährdung unserer natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu machen und c) eine breite Öffentlichkeit für einen naturverträglichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu bewegen. Der Verein versteht sich als Plattform für all diejenigen, die sich für den Schutz und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen aktiv ein-setzen wollen. Im Laufe der Jahre wurde diese Plattform immer weiter ausgebaut. Neben den Freiwilligenwochen für Privatpersonen wurden auch weitere Projekt-kategorien entwickelt, die es Menschen mit Beeinträchtigungen (ab 1995), Un-ternehmen mit ihren MitarbeiterInnen (1996) und Familien (2002) ermöglich-ten, an den Einsätzen teilzunehmen. Die TeilnehmerInnen bekommen über die

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Vom Wald in die Welt – Zur Einführung

Arbeiten die Möglichkeit, ein Verständnis für die Ursachen der ökologischen Kri-sensituationen zu entwickeln und, so ist es im Titel bereits angedeutet, mit diesen Erfahrungen aus dem Wald auch in ihrem eigenen Alltag – in der Welt – aktiv zu werden und ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Einsatzgebiete sind dabei immer Flächen in öffentlicher Hand (keine Privatwälder). Dadurch dass BürgerInnen in ihren eigenen Wäldern (und auf weiteren naturschutzfachlich wichtigen Flächen wie Mooren, Offenland etc.) Hand anlegen, wird hier an die klassische Allmende angeknüpft. Die geteilte Sorge um die Flächen drückt sich in konkreter und körperlich anstrengender Arbeit zum Schutz und Erhalt dieses Naturkapitals aus. Seit 2007 wurden auch Jugendliche und junge Erwachsene, zunächst in einzelnen Pilotprojekten, an den Naturschutzarbeiten beteiligt. Die-se Pilotphase war notwendig, um die grundsätzliche Machbarkeit des Konzepts zu prüfen, die Voraussetzungen der verschiedenen Altersklassen zu erfassen und die Kontakte mit Bildungsträgern aufbauen zu können. 2011 wurden die po-sitiven Erfahrungen in einem pädagogisch fundierten Bildungskonzept zusam-mengefasst und das Pilotprojekt 2012 abgeschlossen.

Start frei für die WaldschuleNun waren die Anforderungen erfüllt, um das Projekt Waldschule in eine eige-ne Kategorie zu überführen und zu etablieren. Von 2013 bis 2016 wurden 45 einwöchige Einsätze mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Kooperati-on mit verschiedenen Bildungseinrichtungen durchgeführt. Das Projekt wurde im Bundesprogramm »Biologische Vielfalt« vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit bis März 2018 gefördert. Fünf weitere Projektwochen sind schon während des Förderzeitraums, angestoßen von der Förderung und im Bemühen um eine Verstetigung des Projekts, über eine Unternehmenskooperation mit der Andreas Stihl AG durchgeführt worden. Die nachfolgenden Ergebnisse und the-oretischen Überlegungen basieren auf den Erfahrungen, die wir aus diesen ins-gesamt 50 Einsatzwochen gewinnen konnten. Die Plattform Bergwaldprojekt füllte sich mit weiteren, bislang unterrepräsentierten gesellschaftlichen Grup-pen: Erstens mit Jugendlichen, und, zweitens, kamen diese aus den unterschied-lichsten Milieus. Von Fachhochschulen, Trägern für das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ), Förderzentren, Gesamtschulen, Gymnasien, internationalen Aus-tauschorganisationen, Reformschulen, sozialpädagogischen Einrichtungen, Stadtteilschulen und Universitäten beteiligten sich insgesamt 1.281 Jugendliche und junge Erwachsene an den Naturschutzarbeiten. Das Aufgabenspektrum war dabei je nach Region und Jahreszeit sehr unterschiedlich. Die Abläufe in den Einsatzwochen waren jedoch weitestgehend identisch.

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Eine Projektwoche in der »Waldschule für die biologische Vielfalt« Die Gruppe reist in der Regel am Sonntagnachmittag zur Unterkunft an. Im Sinne der Sorge um den Material- und Energieverbrauch sind die Unterkünfte so einfach wie möglich gewählt. Die Ausstattung variiert zwischen fester Be-hausung mit Strom und Warmwasser im Frühjahr oder im Herbst bis hin zu Zeltplätzen ohne Strom, dafür mit Waschmöglichkeiten in der Natur (Brun-nen, Bach, Gumpen, Teiche) im Sommer. Begleitet werden die Gruppen im-mer von einem Team des Bergwaldprojekts, das aus der Projektwochenleitung, der Küchenleitung und ehrenamtlichen GruppenleiterInnen besteht (Betreu-ungsschlüssel ca. 1 : 5). Die Projektwochenleitung hat einen fachwissenschaft-lichen Hintergrund, ist somit AnsprechpartnerIn für die forstliche Koopera-tionseinrichtung, sorgt für die Qualität der ausgeführten Arbeiten und kann den fachlichen Hintergrund der Arbeiten erklären. Unterstützt wird sie von ehrenamtlichen, geschulten GruppenleiterInnen, die ebenfalls Teilaufgaben in der Organisation und der Betreuung auf den Arbeitsflächen und in den Unter-künften übernehmen. Der Küchenleitung kommt die Aufgabe zu, die Gruppe mit vegetarischer, vollwertorientierter und, soweit möglich, mit biologischen, saisonalen und regionalen Lebensmitteln zu versorgen. Die anschließenden Tage verlaufen klar strukturiert. Die Arbeitstage beginnen jeweils um 6:00 Uhr mit dem Wecken, um 6:30 Uhr gibt es das Frühstück noch in der Unterkunft. Ab ca. 8:00 Uhr beginnen die Arbeitseinsätze in betreuten Gruppen im Wald. Ne-ben einer zweiten Frühstücks- und der Mittagspause gibt es jederzeit die Gele-genheit, zu pausieren, um die Kraftreserven aufzufüllen oder das Personal des Bergwaldprojekts zu ökologischen, Nachhaltigkeits- und gesellschaftlichen Hin-tergründen zu befragen. Nach dem Ende der Arbeiten gegen 17:00 Uhr kehrt die Gruppe zur Unterkunft zurück, und um 19:00 Uhr gibt es das gemeinsame, dreigängige Abendessen. Ein inhaltliches Begleitprogramm wird die ganze Zeit, auch abends an den Unterkünften, angeboten – immer ausgehend von den kon-kreten Arbeiten, die aktuell anstehen, und den daraus entstehenden Fragen bei den Jugendlichen. Freitagmittag enden die Arbeiten. Eine Exkursion mit dem örtlichen Forstpartner gewährt weitere landschaftliche Einblicke jenseits der Ar-beitsflächen und mündet in den Abschlussabend, an dem nochmals Zeit zu Re-flexion und Ausklang ist. Samstagvormittag endet die Projektwoche im Rahmen der »Waldschule für die biologische Vielfalt«.

Die Idee hinter den ProjektwochenAufgrund der freiwilligen Arbeit im Gemeinschaftsgut Staatswald werden er-lebbare Fragen zu Ressourcenbewusstsein und Umgang mit den verfügbaren Ressourcen aufgeworfen. Konsequenzen des eigenen Handelns werden deutlich.

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Vom Wald in die Welt – Zur Einführung

Die Arbeiten im Wald sind handlungs- statt problemorientiert und ermöglichen auf diese Art und Weise ein produktives Aufgehen in einer Tätigkeit, welches als Grundbedingung für Einblicke in die abstrakten Themenfelder Biologische Vielfalt und Nachhaltigkeit für viele Jugendliche notwendig erscheint. Mittels des Herauslösens aus Gewohnheits- und Sachstrukturen werden zudem Räume geöffnet, die ökologisches Handeln erfahrbar machen. Die Waldschulwochen ermöglichen über die notwendige Arbeit ein ganzheitliches authentisches Ler-nen zu ökologischen Themen jenseits von Unterrichts- oder Seminarstrukturen.Ergänzend zu den Projektwochen sind Unterrichtsmanuale zu den Themen Nachhaltigkeit, Wald, Ernährung, Biodiversität und Konsum entwickelt wor-den, die allen Einrichtungen auf der Webseite des Vereins zur Verfügung stehen. Diese ermöglichen eine teilnehmerInnenorientierte Vor- und Nachbereitung, die thematisch auch mit den jeweiligen Arbeiten in den Projektwochen ver-knüpft werden kann. Die Ergebnisse aus dem Projekt werden in diesem Band dargestellt und sol-len zur Reflexion und Nachahmung anregen. Das Buch ist dabei zweigeteilt: Der erste Teil umfasst einen praktischen Erfahrungsbericht über die Arbeit an Nachhaltigkeitsthemen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die wir als Team des Bergwaldprojekts seit 2013 gemacht haben. Das Projekt ist im Rahmen der Förderung evaluiert worden. Einerseits wurden die naturschutzfachlichen Leistungen quantitativ erfasst und in Zusammenhang mit der Nationalen Stra-tegie für die Biologische Vielfalt auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Der erste Beitrag von Hendrik von Riewel geht den naturschutzfachlichen Wirkungen der Einsätze nach. Andererseits sind seitens der Pädagogischen Hochschule Karlsru-he auch quantitative und qualitative Erhebungen zur pädagogischen Wirkung der Projekte gemacht worden. Im zweiten Artikel, der gemeinschaftlich von den wissenschaftlichen MitarbeiterInnen Dr. Olivia Dieser und Martin Remmele, die das Forschungsprojekt administrativ und als BetreuerInnen von Abschluss-arbeiten begleitet haben, und den Studentinnen Hanna Rommel und Katinka Sauer, die eben jene Abschlussarbeiten geschrieben haben, erstellt wurde, ist die pädagogische Evaluation zusammengefasst. Die praktische Arbeit in den Einsatzwochen wurde von theoretischer Arbeit in Workshops und Seminaren begleitet. Aus universitären Seminaren ist eine Reihe an Abschlussarbeiten hervorgegangen, die sich mit Fragen rund um das Themenfeld Bildung für nachhaltige Entwicklung beschäftigt haben. Aus diesen Abschlussarbeiten sind die Ergebnisse in Artikelform extrahiert worden und im zweiten Teil des Bands in folgender Reihenfolge veröffentlicht: Julia Meyer und Ramona Zimmermann fragen grundlegend nach der Be-deutung des Nachhaltigkeitsbegriffs und wie dieser im Zusammenhang mit Bil-

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Vom Wald in die Welt – Zur Einführung

dungsfragen eingeordnet werden kann. Ihr Artikel ist der Auftakt zu weiteren Überlegungen zur Umsetzung von Nachhaltigkeit in Bildungsmaßnahmen. Philipp Schäfer beschäftigt sich in seinem Beitrag mit einem der wesentlichen Motoren der Wachstumsgesellschaft: dem Wettbewerb. Er fragt nach den Aus-wirkungen auf BNE-Maßnahmen, die wettbewerbsorientiert aufgebaut sind und kann aufzeigen, dass solche Wettbewerbe Gefahr laufen, deutlich mehr Menschen für die Themen zu ent- als zu be-geistern. Er fordert (pädagogische) Räume, die jenseits des Wettbewerbs positive Gemeinschaftserfahrungen er-möglichen. Madlen Krause fragt nach den zeitlichen Strukturen in Bildungskontexten und plädiert für eine gehaltvolle Beschäftigung mit Nachhaltigkeitsthemen und damit für einen anderen Umgang mit Zeit. In linearen Fortschrittsgeschich-ten lassen sich Prozesse effektivieren, indem wir sie beschleunigen. Da die Dis-kussion um eine nachhaltige Zukunft gerade dadurch gespeist wird, dass wir ökologisch und gesellschaftlich gesehen aber längst keine Fortschrittsgeschichte mehr erzählen können, müssen auch unsere Bildungsmaßnahmen nach anderen Mustern strukturiert werden, um ernsthafte Veränderungen in den Köpfen und der Gesellschaft realisieren zu können. Theresa Langs Beitrag entsteht aus der Frage heraus, wie der aktuellen glo-balisierten Vernetzung zwischen den Menschen und der unvermeidlichen Ver-bindung von heutigen und zukünftigen Generationen (aufgrund der Auswir-kungen, die das Verhalten der heute Lebenden auch in ferner Zukunft haben werden) auf einer emotionalen Ebene Rechenschaft geleistet werden kann. An-ders gefragt: Wenn wir mit so vielen Menschen heute und in Zukunft in Verbin-dung stehen, wie können wir Mitgefühl und Solidarität mit diesen Menschen entwickeln? Oder: Inwieweit sollte die Forderung nach Solidarität essenzieller Bestandteil von BNE-Maßnahmen sein? Doch was sind die Inhalte des solidarischen Verhaltens? Nele Fritzsche argu-mentiert eine starke Verbindung zwischen dem Nachhaltigkeitsdiskurs und der Frage danach, was eigentlich ein gutes (menschliches) Leben ausmacht. Sie un-tersucht VerbraucherInnenbildungskonzepte daraufhin, welche impliziten oder expliziten Annahmen sie zu einem solchen guten Leben machen und stellt diese vor. Damit schließt sie den Kreis der Überlegungen zu Nachhaltigkeit, dem gu-ten Leben, der Pädagogik und wie wir uns gemeinschaftlich für ein gutes Leben heute und in Zukunft für möglichst viele Menschen einsetzen können.

Die Artikel sind aus dem Wissenschaftsjargon in eine allgemeinverständliche Sprache ‚übersetzt‘ – das Buch richtet sich an alle, die sich, ob fachlich oder pri-vat, für (pädagogische) Nachhaltigkeitsfragen interessieren. Wir haben in allen

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Vom Wald in die Welt – Zur Einführung

Artikeln versucht, anschauliche Beispiele zu finden, die dabei helfen, die theore-tische Reflexion auf praktische Weise sichtbar zu machen. Auf direktes Zitieren und indirekte Zitatangaben wurde in den Texten größtenteils verzichtet. Den Hinweis auf die jeweils zu Grunde liegenden Abschlussarbeiten und die Grund-lagenliteratur für tiefergehende Beschäftigung findet sich in den anhängenden Literaturhinweisen. Die Abschlussarbeiten können bei vertieftem Interesse über das Bergwaldprojekt digital angefordert werden (E-Mail an info@bergwaldpro jekt.de).

Ein letzter Hinweis in eigener Sache: Alle theoretischen Konzepte warten noch auf eine Beweisführung in der Praxis – mit diesem Buch ist noch kein Schritt hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft gemacht. Ohne die Überfüh-rung in die Praxis bleibt es eine, wenn auch hoffentlich spannende, Gedankenü-bung. Für einen ernsthaften gesellschaftlichen Umbruch in Richtung Nachhal-tigkeit, eine große Transformation, wie es heute heißt, bedarf es Menschen, die den Mut und die Kraft aufbringen, Dinge anders zu machen als bisher. Dieses haben wir theoretisch an der Arbeit an diesem Buch und vor allem praktisch von all den Jugendlichen und jungen Erwachsenen gelernt, die uns und der Gesellschaft mit ihrer Tatkraft dabei geholfen haben, Flächen zu schützen, Wäl-der umzubauen und Moore zu renaturieren. Die Veränderung entsteht aus der freudvollen und gemeinschaftlichen Arbeit an einer lebenswerten gemeinsamen Zukunft.

Wir wünschen viel Freude und Erkenntnisgewinn beim Lesen und gutes Gelingen bei der Umsetzung der Ideen, die dieser Band mitgibt.

Martin Ladach ist Projektleiter für die Waldschule beim Bergwaldprojekt e.V.. Als Verantwortlicher für das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt geförderte Projekt »Waldschule für die biologische Vielfalt« begleitete er die Abschlussarbeiten, die im Rahmen der Evaluation entstanden sind, und die zusammenfassenden Beiträge in diesem Band.

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Werte schaffen – Naturschutzfachliche Evaluation

Werte schaffen. Naturschutzfachliche Evaluation der Arbeiten in den Waldschulwochen 2013 bis 2016 Hendrik von Riewel

Diese Evaluation beleuchtet die Wirkung der forstlichen und naturschutzfach-lichen Arbeiten, die im Rahmen des Projekts »Waldschule für die biologische Vielfalt« erbracht wurden. Das Projekt wurde von 2013 bis 2018 im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. Mit einem Fördervolumen in Höhe von knapp 391.000 € wurde die Durchführung von 45 vom Bergwaldprojekt e.V. organisierten Waldschulwochen für die biologische Vielfalt in Kooperation mit Bildungs-trägern in und aus ganz Deutschland unterstützt. Weitere fünf Projektwochen konnten mithilfe einer mit der Förderung angestoßenen Unternehmenskoo-peration (mit der Andreas Stihl AG) im Förderzeitraum durchgeführt worden. Der Aspekt Bildung steht im Mittelpunkt des Projekts. Die Evaluation der Bil-dungsziele erfolgt in den weiteren Artikeln dieses Bandes. Da der methodische Kern der Waldschulwochen und ihrer Bildungsinhalte die konkrete forstliche und naturschutzfachliche Arbeit auf den Flächen ist, gehört die naturschutz-fachliche Evaluation der Arbeiten notwendig zur Gesamtevaluation. Die Arbeiten werden in Kooperation mit einem forstlichen bzw. natur-schutzfachlichen Partner durchgeführt. Die »Waldschule für die biologische Vielfalt« achtet darauf, dass die Maßnahmen naturschutzfachlich notwendig und sinnvoll sind, also einen realen und praktischen Bezug haben. Das Bil-dungskonzept der »Waldschule für die biologische Vielfalt« fußt auf der Über-zeugung, dass die praktische, produktive und freudvolle Teilhabe an forstlichen und naturschutzfachlichen Maßnahmen den jungen TeilnehmerInnen gedank-liche und emotionale Zugänge zu Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitsthemen erschließt und einen verantwortungsvollen und damit sorgsamen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen ermöglicht. Da allein das Wissen um den global und national schlechten Zustand der biologischen Vielfalt in der Regel noch keine Verhaltensänderungen hin zu einer umweltverträglicheren Lebens-weise bewirkt, braucht es in den meisten Fällen, so die Überzeugung, eine an-schauliche Praxis, um auch lebenspraktische Konsequenzen daraus ziehen zu können – um das Thema zu ‚be-greifen‘. Wenn in der »Waldschule für die biologische Vielfalt« über Umweltschutz, Artenvielfalt, Wald etc. gesprochen

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Werte schaffen – Naturschutzfachliche Evaluation

wird, wenn also Bildung stattfindet, passiert das während oder im Kontext von Naturschutzarbeiten auf Gemeinwohlflächen. Es werden folglich neben der Bildungsarbeit immer auch konkrete Leistungen für Natur und Umwelt er-bracht. Dafür beschäftigt sich die Evaluation zunächst generell mit den Möglich-keiten, Natur und Maßnahmen in ihr zu bewerten. Darauf folgt eine Analy-se der Arbeiten auf drei Ebenen. Zum einen vergleichend hinsichtlich ihrer Wirksamkeit gegenüber den Zielen der Nationalen Strategie für die biologische Vielfalt. Zum anderen werden die Arbeiten hinsichtlich quantitativer und mo-netärer Aspekte analysiert. Abschließend wird die Position des Bergwaldprojekt e.V. vor dem Hintergrund der Ergebnisse verortet.

1. Hintergrund – Inwertsetzung von NaturDieses Kapitel beschäftigt sich mit den Hintergründen und Möglichkeiten der Inwertsetzung von Natur zur Bewertung von Maßnahmen in Ökosystemen, Biotopen etc. Die Möglichkeit, den Erfolg der naturschutzfachlichen Maßnahmen über ein auf das jeweilige Projekt abgestimmtes wissenschaftliches Monitoring und daraus abgeleitete Ergebnisse zu beurteilen, überstieg die Möglichkeiten dieser Evaluation. Da die Projektwochen im Bundesgebiet verteilt stattfanden und zu Beginn der Projektlaufzeit nicht absehbar war, an welchen Standorten die Einsätze im Verlauf der Förderphase stattfinden werden, war ein solches Mo-nitoring für die Flächen nicht zielführend. Dieser Ansatz wurde folglich nicht weiter verfolgt. Ein weiterer, in den letzten Jahren populär gewordener Ansatz, basiert auf der TEEB-Initiative (The economics of ecosystems and biodiversity), die An-sätze zur ökonomischen Bewertung von biologischer Vielfalt und Ökosystem-leistungen aufzeigt. Der Unterschied der ökonomischen Betrachtungsweise ge-genüber einem naturwissenschaftlichen Ansatz liegt in der anthropozentrischen Herangehensweise. Ökosystemleistungen beschreiben direkte und indirekte Beiträge von Ökosystemen zum menschlichen Wohlergehen, das heißt Leistun-gen und Güter, die dem Menschen einen direkten oder indirekten, materiellen, gesundheitlichen (physischen und psychischen) Nutzen bringen. Diese Leistungen von Ökosystemen lassen sich einteilen in:- Basis- oder unterstützende Leistungen: Grundlegende Leistungen wie z. B. Photosynthese, auf die alle anderen Leistungen aufbauen- Versorgungsleistungen: Marktfähige Güter wie z. B. Trinkwasser

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Werte schaffen – Naturschutzfachliche Evaluation

- Regulationsleistungen: Prozesse von Ökosystemen, die Nutzen für den Menschen haben, z. B. Filterwirkung von Bodenschichten - Kulturelle Leistungen: z. B. Leistungen bezüglich Erholung, spiritueller Erfahrungen etc.

Der Ansatz der ökonomischen Analyse von Biodiversität und Ökosystemlei-stungen ist es, den Wert von Natur für Mensch und Gesellschaft sichtbar zu machen, diesen Wert so besser in Entscheidungsprozesse integrieren zu kön-nen und darüber zu insgesamt naturverträglicheren Produktions- und Kon-summustern zu kommen. Leitbild der TEEB-Initiative ist, »die Biodiversität in all ihren Dimensionen – Qualität, Quantität und Vielfalt der Ökosysteme, Arten und Gene – nicht nur aus gesellschaftlichen, ethischen oder religiösen Gründen zu erhalten, sondern auch im Sinne des wirtschaftlichen Nutzens für heutige und zukünftige Generationen.« Eine ökonomische Bewertung kann in monetärer (z. B. Kosten- / Nutzen-Analyse) und nicht-monetärer Form (z. B. Präferenzanalysen etc.) erfolgen. Die Monetarisierung der geleisteten Arbeiten in den Projektwochen der »Waldschule für die biologische Vielfalt« bot eine realisierbare Möglichkeit, die Leistungen der Projektwochen zu messen. Me-thodisch arbeitet diese Evaluation daher mit Kostenrechnungen über die Ana-lyse der erbrachten Leistungen. Der Vorteil einer Analyse monetärer Größen ist die gute Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Projekten und in diesem Fall auch hinsichtlich der effektiven Verwendung der Fördergelder. Die zu Grunde gelegten Kosten der Maßnahmen sind annäherungsweise bekannt und werden über gängige (Lohn-)Kostensätze für forstliche und na-turschutzfachliche Arbeiten hergeleitet. Diese Kosten zeigen den Input, also die Leistungen, die die »Waldschule für die biologische Vielfalt« mit der Durchfüh-rung verschiedener Maßnahmen in den Erhalt und die Aufwertung verschie-dener Ökosysteme investiert bzw. eingebracht hat. Die direkten, indirekten und zukünftigen Wirkungen der Maßnahmen, die Ökosystemleistungen sind, auch wenn sie hier nicht valide für die einzelnen Flächen nachgewiesen werden können, in ähnlichen naturschutzfachlichen Maßnahmen nachgewiesen (siehe Studien Literaturverzeichnis). So lässt sich dieser Wert auch für die Arbeiten der »Waldschule für die biologische Vielfalt« unterstellen. Ebenso haben Unter-suchungen gezeigt, dass die in solche Maßnahmen investierten Gelder oft den gleichen, oder sogar höheren Gegenwert in Form von Aufwertung von Ökosy-stemleistungen und Ökosystemfunktionen erbracht haben. Um das zu belegen, wird die Wirksamkeit der Arbeiten hinsichtlich naturschutzfachlicher Ziele, hier im Kontext der Nationalen Strategie für die biologische Vielfalt (NBS),