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Bericht zur internationalen wissenschaftlichen Konferenz
"Medizin im besetzten Polen im Schatten des Nationalsozialismus"
vom 10.-12.Oktober 2014
im Kulturzentrum Zamek in Posen(Poznan)
1. Tag (Freitag, 10.10.2014)
11.00- 14.00 Uhr: Besichtigung der Gedenkstätte Zabikowo (mit Vorführung des dort
erarbeiteten Filmes zur Heil- und Pflegeanstalt Tiegenhof)
15.00 Uhr: Eröffnung der Konferenz und Begrüßung der Teilnehmer
Prof. Dr. Michal Musielak (organisatorischer Leiter der Konferenz)
Er erinnerte daran, dass hier in Posen vor 75 Jahren die ersten Gasmordversuche im Fort
VII schon im Okt. 1939 stattfanden. - In dem Raum hier, in dem die Konferenz durchgeführt
wird, tagte das Kabinett von NS-Chef Greiser.
Weiterhin wies er auf die Rolle der Biomedizin hin - als die dunkle Seite der heutigen Zeit. Im
weiteren erwähnte er das "Denkmal der Grauen Busse" vor dem Tagungsgebäude, dem
Kulturzentrum Zamek. Dies Kulturzentrum wurde von Wilhelm II. erbaut und war sein
ehemaliges Residenzschloss. Außerdem sei im 1.Stock des Gebäudes die Ausstellung "Das
Auge der Erinnerung" von den Künstlern des "Grauen Busses", Andreas Knitz und Horst
Hoheisel, zu sehen.
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Michal Musielak Friedrich Leidinger
Dr. Friedrich Leidinger (Arbeitskreis zur Erforschung der NS-"Euthanasie" und
Zwangssterilisation)
Er gab ein Grußwort im Namen des Arbeitskreises zur Erforschung der NS-"Euthanasie" und
Zwangssterilisation. Dieser Arbeitskreis zeichne sich dadurch aus, dass es keinen
Vorsitzenden, keine Satzung, kein Logo, keinen Sprecher gäbe ... und trotzdem gut laufe.
Vor 25 Jahren, im Jahre 1989, habe es ein erstes deutsch-polnisches Treffen gegeben, das
sehr wichtig gewesen sei. Im Land der Täter, in Deutschland, habe kein Interesse auf
Erinnerung bestanden, und in Polen gab es einen verordneten Antifaschismus.
Er wies auf den Auschwitz -Prozess hin, der hatte die Erinnerung zurückgebracht. Die Täter
hatten immer weiter gemacht und teilweise konnten sie die Opfer verhöhnen. Ein wichtiger
Einschnitt für die Aufarbeitung der NS-"Euthanasie"-Verbrechen war 1983 die Gründung des
Arbeitskreises durch Klaus Dörner, Ralf Seidel und Dirk Blasius. - Im Okt. 1989 traf sich der
Arbeitskreis erstmals in der DDR und dann 2003 in Polen, in Warschau. - Insgesamt gäbe es
eine eher durchwachsene Bilanz des Arbeitskreises. - Die Entschädigungsfrage konnte nicht
geklärt werden, andererseits wurde die wissenschaftliche Forschung zur Aufarbeitung der
NS-"Euthanasie"-Verbrechen wesentlich befördert. Im Jahr 1996 konnte auch durch die
Beteiligung des AK die biomedizinische Konvention des Europarates verhindert werden.
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1. Panel: Moderation - Dr.Witold Molik
Dr. Tadeusz Nasierowski (Warschau): Die Vernichtung psychisch Kranker im
besetzten Polen
Tadeusz Nasierowski
Am 9.Nov. 1916 war eine wichtige Konferenz im Deutschen Reichstag. Es ging um eine
historische Mission im Osten, man wollte einen polnischen Staat schaffen, um Einfluss in
Polen zu gewinnen. - Später, im 2.Weltkrieg, wurde es dann das Ziel einer Kolonisierung.
Im 2. Weltkrieg wurden ca. 8.500 polnische Ärzte getötet, das war die Hälfte aller Ärzte. Von
den Psychiatern wurden 270 getötet; 13 von ihnen begingen Selbstmord. - Viele der Ärzte
wurden auch von der Sowjetunion getötet (u.a. in Katyn). Das Ziel der Deutschen und
Russen war die Vernichtung der polnischen Intelligenz. Dazu kam die Vernichtung der
psychisch Kranken, was eine spezielle deutsche Angelegenheit war. War die Tötung der
psychisch Kranken in Polen ein Teil der T4-Aktion?
In Pommern war Kurt Eimann zuständig; dort auch für die Tötung Behinderter. In Polen
erfolgten schon bald die Tötungen in Kocborowo (Konradstein) und dann in Swiece
(zwischen dem 10.- 15. September 1939). Nach dem Überfall auf Polen war der
"volksdeutsche Selbstschutz" wichtig, der jeweils Angaben über den polnischen Widerstand
gab. - Die ersten Krankenmorde waren schon 14 Tage nach Kriegsbeginn in Swiece erfolgt.
Aus dem ehemaligen Krankenhaus wurde ein Gefängnis.
Auch behinderte Kinder wurden getötet. Sie wurden auf LKWs abtransportiert und dann auf
freiem Feld erschossen (wie ein Tontaubenschießen). Ca. 120 Kinder und 1000 Patienten
wurden getötet. Nachdem es zunächst als Gefängnis benutzt wurde, wurde es später für 700
Baltendeutsche als Krankenhaus wieder eingerichtet.
Eine besondere Rolle spielte SS-Untersturmführer Herbert Lange. Er ließ die Ermordung
psychisch Kranker schon im Okt. 1939 durchführen. Zunächst durch Erschießen, dann ab
Nov. 1939 mit Gas in Posen im Fort VII.
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Dr. Ingo Loose: Der Warthegau - ein Überblick über den Forschungsstand
Ingo Loose
Die Tötung der Behinderten wurde lange vernachlässigt, und eine juristische Aufarbeitung
gab es fast gar nicht. -
Wenn man sich mit dem Nationalsozialismus beschäftigt, so lassen sich drei Säulen
erkennen:
1. Die Rassentheorie
2. Die Frage des Lebensraumes
3. Der Antisemitismus
Der Holocaust war die Folge einer Radikalisierung, wobei die neue Forschung feststellt, dass
gleich von Anfang an der Weg zum millionenfachen Mord in Polen begann. Eine wichtige
Rolle spielte dabei die Euthanasie. Die Ermächtigung dazu gab Hitler erst in einem
rückdatierten Schreiben vom 1.Sept. 1939 an Karl Brandt und Philipp Bouhler. Sehr markant
war auch der Film "Ich klage an" aus dem Jahr 1941. Die SS und auch andere hatten keine
Skrupel, wenn es um die Tötung Wehrloser ging. In der T4-Aktion galten sie als nutzlose
Esser. - In der Region Westpreußen/ Wartheland wurden u.a. von Okt 1939- Sommer 1941
mehr als 6000 Kranke getötet.
Vier zentrale Aspekte seien bei der Aktion T4 zu unterscheiden:
1. Geheimhaltung: Das klappte gut; in der fremden Umgebung gab es auch eine deutlich
geringere Hemmschwelle; außerdem gab es den Begriff des "Gnadentodes"
2. Skrupellosigkeit (der Mordkommandos): Skrupel waren bei den Mordkommandos fast gar
nicht vorhanden. Nur über psychische Belastungen der Mörder wurde geredet. Deshalb galt
der Gasmord - auch bei Himmler - als geeigneter.
3. Mord als technisches Problem: In der T4-Aktion wurde Mord als technisches Problem
gesehen. Insbesondere im Altreich ging Erschießen nicht; es musste also eine andere
Lösung gefunden werden. Ab Okt. 1939 gab es daher Gastötungen in Fort VII, im Dez 1939
wurde dort auch Himmler Zeuge einer Gastötung.
4. Mord als Bestandteil der Siedlungspolitik: Zunächst gab es die Morde an nichtjüdischen
Personen: an Geistigkranken und Angehörigen der Intelligenz. Dann war es nur noch eine
Frage der Zeit, wann die Tötung der Juden begann. Auf Grund ihrer Rasse wurden sie als
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biologisch minderwertig gesehen. Sehr extrem handelte der Reichsstatthalter Arthur Greiser
im Ghetto Litzmannstadt. Er war ein fanatischer NS-Anhänger.
Bei den Tötungen Geisteskranker in Polen bestand die Frage, ob es zentrale Befehle aus
Berlin gegeben hätte. Aber oft war es Eigeninitiative der Gauleiter, die dabei aber ganz im
Sinne der T4 handelten.
In der deutschen Forschung tut sich bisher noch zu wenig in dieser Hinsicht. Viele Akten sind
noch nicht erforscht. Auch heute besteht noch ein geringer Aufmerksamkeitswert, auch
heute noch gibt es eine Tabuisierung, gerade auch von Seiten der Angehörigen.
Prof. Dr. Michal Musielak: Rassenhygiene in Deutschland und der medizinische
Berufsstand in Polen in der Zwischenkriegszeit
Michal Musielak
1921- Eugenische Gesellschaft
in Polen
Auch in Polen gab es eine starke Eugenik-Diskussion. Diese wollte - wie in Deutschland die
deutsche Rassenhygiene - die sozialen Probleme lösen. In Polen wie in Deutschland waren
die Ärzte die ersten, die sich damit befassten. 1917 kam es in Polen zur Gründung der
Gesellschaft gegen Unzucht, die 1921 ihren Namen änderte.
In Deutschland gab es zwei Ansätze zur Rassenhygiene:
a) Rassehygiene: mit Schallmeyer, Muckermann und Grotjahn
b) Rassenhygiene: mit Rüdin, Lenz, Fischer
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Wilhelm Schallmeyer, Ernst Rüdin, Alfred Plötz Leon Wernic (1870-1953),
Tomasz Janiszwewski (1867-1939)
Die Idee der Eugenik kam aus den USA. Dort wurden die ersten Sterilisierungen an
Indianern vorgenommen.
Zunächst gab es nur die Rassehygiene. Erst später entwickelte sich der zweite Strom der
Rassenhygiene, dort verbunden auch mit dem Begriff der nordischen Rasse.
Beide Strömungen der Eugenik gab es nach 1918 auch in Polen. Viele polnische Ärzte
zeigten Interesse an Rassehygiene, großen Einfluss hatten dabei die angelsächsischen
Länder. Es kam zur Gründung eines Ministeriums für Gesundheitswesen. - Die Idee von
Schallmeyer war, die Gesellschaft eugenisch zu kontrollieren. In Polen war der Blick auch
sehr auf Deutschland gerichtet, insbesondere auf das Buch von Alfred Grotjahn "Hygiene der
menschlichen Fortpflanzung" von 1926, in dem er für die planmäßige Ausmerzung durch
Verwahrung und Unfruchtbarmachung erblich Belasteter eintrat.
Eine große Rolle in Polen spielten die Militärärzte. Sie untersuchten mehrere tausend
Männer, die nach eugenischen Vorstellungen rekrutiert wurden. Die Vorbilder aus den USA
und Skandinavien waren insgesamt wichtiger als die aus Deutschland.
Andererseits gab es auch Gegner der Rassehygiene in Polen, darunter vor allem Ärzte und
Anstaltsleiter. Insgesamt lässt sich sagen, dass es zwar eine Reihe von Befürwortern der
Rassehygiene in Polen gab, aber das Umfeld war eher dagegen.
Anschließend: Besichtigung des Schlosses (heute: Kulturzentrum Zamek)
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Führung mit Bozena Gorczynska hier im Residenzsaal des NS-Reichstatthalter
Przybylowicz Arthur Greiser
Einladung zum Abendessen Mit Torte zum deutsch-polnischen Dialog
2. Tag (Samstag, 11.10.2014)
2. Panel (B): Medizin in Konzentrationslagern
Daria Czarnecka: Lagererfahrungen und Lagersozialisation als Einflussfaktoren auf
die Herausbildung des KZ-Syndroms
In ihrem Beitrag bezog sich Dania Czarnecka auf das Buch von Goffman "Die totale
Institution". - In den KZs wurde nach Ariern und Juden unterschieden. Die Häftlinge
wandelten sich nun in verängstigte Tiere. Nach der Befreiung hatten die Häftlinge oft
Probleme, sich an das normale Leben zu gewöhnen. Das galt auch für Angehörige. So
entstand ein KZ-Syndrom; man kam besser mit anderen Häftlingen zurecht als mit den
eigenen Angehörigen.
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Daria Czarnecka Maria Ciesielska
Maria Ciesielska: Das Frauen-Lagerkrankenhaus Auschwitz-Birkenau (1942-1945)
In dem Lagerkrankenhaus waren u.a. Karl Klemberg und Horst Schumann tätig.- Die SS-
Ärzte verabscheuten die Gefangenen. Die Referentin stellte die Frage, ob diese überhaupt
die Bezeichnung Ärzte verdienen.
Eduard Wirths war SS-Standortarzt; Fritz Klein war SS-Lagerarzt. Es gab eigentlich keine
Untersuchungen, es war nur eine Art Besichtigung. Es bestanden schlimmste Verhältnisse.
Die meisten Toten gab es wegen Typhus.
Joanna Wolska: Medizinische Experimente im Dritten Reich vor dem Nürnberger
Tribunal (9.12.1946- 20.8.1947)
Die Anklage umfasste verschiedene Punkte:
1. Konspiration/ Verschwörung
2. Verbrechen gegen die Menschlichkeit wegen Medizinexperimenten
3. Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Morde an Behinderungen)
4. Angehörige einer verbrecherischen Organisation
Der Prozess dauerte 133 Tage; es gab 89 Zeugen. - Die SS-Ärzte heilten nicht, sondern
führten Experimente durch. Viele Ärzte flohen später aus Europa, meist nach Südamerika. -
Wichtig war die Rassentheorie. In Straßburg wurden daher Skelette gesammelt. Es war ein
ganz übler Ort. - Im nahegelegenen KZ Stutthof wurden Leute ermordet und ihre Skelette
wurden nach Straßburg gebracht.
Prof. Hirth in Straßburg wollte 1944 die Dokumente vernichten, dazu auch 80 Skelette,
Leichen wurden in Teile geschnitten und verbrannt. Hirth wurde im Januar 1945 gefangen
genommen, im Juni 1945 verübte er Selbstmord.
Die meisten Vorwürfe betrafen die Rassentheorie. Bei den Prozessen gab es 7 Todesurteile,
7 mal 20 Jahre Haft, 1x 10 Jahre Haft - die anderen wurden freigesprochen.
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Joanna Wolska Dorota Sula
Dorota Sula: Medizinische Betreuung im KZ Groß-Rosen
Etwas ironisch meinte die Referentin zunächst, den Begriff "Medizinische Pflege" müsse man
für das KZ Groß-Rosen in Anführungszeichen setzen. Das Lager Groß-Rosen in
Niederschlesien war ein Außenlager des KZ Sachsenhausen; später wurde das Lager
selbständig. Zunächst waren dort meist Polen untergebracht, später dann auch Juden.
Besonders brutal war der Lagerarzt Dehner, er war ein fanatischer Anhänger der
"Euthanasie". - Im Rahmen der Aktion 14f13 wurden 127 Personen getötet. Auch gab es
medizinische Experimente in Groß- Rosen, diese waren meist nicht abgestimmt und
verliefen eher unsystematisch.
Diskussion:
Zu D. Czarnecka: Ab den 60iger Jahren gab es auch Selbsthilfegruppen für Menschen mit
dem KZ-Syndrom. Die Teilnehmer sprachen kaum mit den Angehörigen darüber, eher mit
den anderen Teilnehmern der Gruppe.
Zu M. Ciesielska: 1940/ 41 waren die Insassen der KZs meist Polen; erst später kamen
Juden dazu. Unter den Polen gab es im allgemeinen starke gegenseitige Hilfe - unter den
Juden weniger.
3. Panel (B): Psychiatrische Krankenhäuser unter NS-Herrschaft
Marco Gietema: Reaktionen niederländischer Ärzte und Pfleger auf die deutsche
Besatzungspolitik
Zunächst stellte er die Frage, wie es überhaupt möglich war, dass Nachkommen von Hegel,
Goethe, Leibniz, Beethoven usw. zu solchen Verbrechen in der Lage waren. -
Bei seinen Ausführungen bezog sich Gietema auf die Einrichtung Willem Arntsz Hoere.
Bisher gibt es dort nur wenig Forschung zur NS-"Euthanasie", hauptsächlich jeweils über
nichtjüdische Personen. Im Juni 1943 lebten dort 2100 Patienten. Es wurde überlegt, was zu
tun sei. Dann kam ein neuer Chefarzt, der sehr unbeliebt und ein extremer NS-Anhänger war
(Koeldemans). In den Jahren 1944/ 45 gab es eine hohe Sterberate, was auch mit dem
harten Winter zusammenhing. Dann habe es auch einen Streik gegeben. - Die Patienten
litten stark; auch einige Mitarbeiter starben. - Im Hungerwinter 1944/ 45 sind ca. 16.000
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Menschen in Holland umgekommen. Unklar ist, wieviel psychiatrische Personen darunter
waren.
Marco Gietema Jacek Mawrocik
Jacek Mawrocik: Archäologie der Massengräber von ermordeten Patienten aus der
Dziekanka- Anstalt (Tiegenhof) in Gnesen
Eine besondere Rolle in Tiegenhof spielte Herbert Lange. Sein SS-Kommando hatte im
Warthegau zahlreiche Behinderte umgebracht. Begonnen hatte es im Bunker 17 im Fort VII
(bei Posen). (Es wurden Tonaufnahmen dazu vorgespielt). - Später erfolgten auch
Untersuchungen in Kulmhof. Man arbeitete mit einem Gymnasium in Gnesen zusammen.
Dazu wurde ein Film gedreht. Weiterhin war man dort auf der Suche nach Überresten
(ähnlich wie in der Ukraine).
4. Panel (B) Erinnerung und Bildung
Moderation: Jolanta Ambrosewitz-Jacobs, Robert Parzer
J.Ambrosewitz-Jacobs, R.Parzer
Gerrit Hohendorf: Der neue Gedenk- und Informationsort für die Opfer der
nationalsozialistischen "Euthanasie"- Morde an der Berliner Tiergartenstraße 4
Noch vor 1,5 Jahren hatte man nicht daran geglaubt, dass der Gedenkort so schnell kommt.
Am 2. Sept. 2014 wurde er mit einem Festakt feierlich eröffnet, etwa 800 Gäste waren
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gekommen. Bemerkenswert war auch die Aufmerksamkeit in internationalen Medien. Nun
wurde - nach den Juden, Sinti und Roma, den Homosexuellen - an die lange vergessene
vierte Gruppe erinnert.
Die Tiergartenstraße 4 war der Sitz der verschiedenen Tarnorganisationen der "Euthanasie"-
Aktion (z.B. die Gekrat u.a.). Intern wurde so von T4-Aktion gesprochen. - Der Gedenkort
betrifft aber nicht nur die T4- Opfer, sondern auch die weiteren Mordaktionen an Behinderten
und Kranken. - In der Tiergartenstraße 4 hatten von 1940- 44 ca. 60 Mitarbeiter gearbeitet.
Dort steht jetzt eine blaue Glaswand sowie ein 30m langes Informationspult. Vorher gab es
nur eine Gedenkplatte im Boden, die auf Initiative von Götz Aly angebracht worden war - sie
wurde oft übersehen. Später kam die Metallskulptur von Richard Serra dazu, die für diesen
Zweck umgewidmet wurde. Das alles war sehr unbefriedigend gewesen. -
Das neue Denkmal war mit 500 000 € veranschlagt worden, es ist dann bei der Realisierung
auf 600 000 € erhöht worden. Es waren also sehr begrenzte finanzielle Mittel.
Der Ort ist ein sehr ungeschützter und verletzlicher Ort. Inzwischen ist er beliebt bei
Skateboardfahrern. Außer den genannten Geldern gab es noch 300 000 € von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft für das "Erkenntnisprojekt T4". - Der Katalog in Leichter
Sprache ist inzwischen schon vergriffen und wird aber im November wieder neu aufgelegt.
Gerrit Hohendorf Piotr Trojanski
Piotr Trojanski: Holocaustbildung an Universitäten? Über die Notwendigkeit, auf allen
Bildungslewels den Holocaust zu unterrichten
Auschwitz sollte weiter gefasst werden - es geht nicht nur um den Holocaust. - In der Zeit
des Kommunismus war die Judenvernichtung kaum ein Thema. Es wurde nicht
wissenschaftliche Forschung, sondern höchstens Propaganda betrieben. Eine Änderung
erfolgte erst ab 1999 (also nicht direkt nach der Wende). Dann gab es an sieben polnischen
Universitäten Seminare über Israel, Kurse in Hebräisch, aber immer noch wenig zum
Holocaust.
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Andreas Knitz, PD Dr. Thomas Müller, Dr. Horst Hoheisel: Das Denkmal der Grauen
Busse. Konzept und Erfahrungen in Poznan
Andreas Knitz Horst Hoheisel Thomas Müller
Das Denkmal der Grauen Busse und die begleitende Ausstellung "Das Auge der
Erinnerung", die zur Zeit noch in Posen zu sehen sind, werden am Montag nach der Tagung
abgebaut. Das Denkmal wird dann nach Konstanz auf die Reichenau gebracht, wo es am
Donnerstag aufgestellt wird. -
Die beiden Künstler Andreas Knitz und Horst Hoheisel arbeiten seit ca. 20 Jahren
zusammen. Im Jahre 2006 gewannen sie den Wettbewerb, in dem an die "Euthanasie"-
Morde in Ravensbrück gedacht werden sollte. 691 Patienten waren in der dortigen Heil- und
Pflegeanstalt Weißenau getötet worden. - Die Reichenau wird die 14. Station des Denkmals
sein. Wenn es dort angekommen ist, wird es insgesamt schon über 5000 km unterwegs
gewesen sein.
Er erinnerte an die Eröffnung des T4-Denkmals am 2.Sept. 2014 in Berlin. In der FAZ gab es
durchaus Kritik daran und den Kommentar: "Hätte man doch den Grauen Bus dort stehen
lassen." Die blaue Wand selber gäbe keine Erklärung für den Holocaust, es sei eher ein
Ausdruck von Beliebigkeit. Stattdessen hätten Knitz und Hoheisel eine weitere Idee gehabt,
nämlich an den 6 Eckpunkten der ehemaligen T4-Villa jeweils eine Stele aufzustellen. Die 6
Stelen ständen dann für je eine der sechs T4-Vernichtungsstätten (Pirna-Sonnenstein,
Hartheim, Grafeneck, Brandenburg, Bernburg und Hadamar). Eine Stele hätte dann auch in
der Philharmonie (im Foyer) gestanden.
Thomas Müller (Arzt an der Klinik Ulm): In der Ulmer Klinik habe es gute Unterstützung zur
Forschung an der NS-"Euthanasie" gegeben, wie auch an anderen Orten in Baden-
Württemberg. In Zwiefalten gäbe es ein eigenes Psychiatriemuseum; ähnliches auch in
Schussenried. Die Inhalte der Euthanasie wurden in diesen Museen thematisiert, dabei sei
auch eine Wanderausstellung entstanden.
Auch die Idee zum Grauen Bus sei in der Ulmer Klinik entwickelt worden. Sehr viele
Rückmeldungen habe es dabei von Angehörigen gegeben. Der begleitende Katalog zum
13
Denkmal der Grauen Busse sei ebenfalls sehr interessant und sollte auch an Schulen
gelesen werden.
Elzbieta Pasternak
Elzbieta Pasternak: Die internationale Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim -
Bildungsprojekte für Medizinstudenten
In diesem Vortrag wurde die Internationale Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz - mit
zahlreichen Fotos - vorgestellt.
Diskussionspanel: Sollen historische Argumente im Kontext aktueller bioethischer
Herausforderungen verwendet werden?
Mit Prof. Dr. Michal Musielak, Prof Dr. Marek Maciejewski, Dr. Michael Wunder, Dr.
Miriam Richter, Dr. Ewa Baum
M. Wunder: Ist der Begriff der Selbstbestimmung der zentrale Unterschied zwischen früher
und heute?
M. Richter: Es ist nicht nur dieser Begriff, es gibt auch andere Rahmenbedingungen.
M. Wunder (ist Mitglied im Nationalen Ethikrat): Im Nationalen Ethikrat sei er mit seiner
kritischen Position weitgehend allein. Dort hieße es: "Wir haben unsere Hausaufgaben
gemacht. Wir erkennen die universelle Würde des Menschen an." Das Geschichtsargument
wird dort abgelehnt. - In Polen beziehe man sich insgesamt wenig auf Geschichte bezüglich
der NS-"Euthanasie". Dass 2007 ein Seminar über NS-Medizin stattfand, war für viele eher
überraschend. In Polen sei man dagegen eher stolz auf die eigene Geschichte.
M. Musielak: In Polen sei Euthanasie fast ein Tabu. Es habe große Fortschritte in der
Medizin gegeben, dabei tauchen dann eher neue Begriffe auf wie "Neo-Euthanasie" usw.
M.Wunder: In Deutschland wird der Begriff der Euthanasie bei der Diskussion um die
Sterbehilfe nicht mehr verwendet - das ist in anderen Ländern deutlich anders. Dort wird der
Begriff "Euthanasie" eher ganz normal gebraucht. - Heute läge die Betonung in der Debatte
um Sterbehilfe auf der Selbstbestimmung - im Gegensatz zur Fremdbestimmung, die früher
eine große Rolle gespielt habe. In den 20er Jahren sei dann in Anschluss an das Buch von
Binding/ Hoche auch die Begrifflichkeit lebenswert/ lebensunwert aufgekommen.
Bis 2002 (also vor 12 Jahren) waren die Statistiken in den Niederlanden zur Euthanasie sehr
gut. Auch viele Fälle von Fremdbestimmung tauchten dort auf. Dann gab es Kritik -
14
insbesondere aus Großbritannien. Seitdem gibt es kaum noch diese Statistiken. - Inzwischen
kann man in den Niederlanden und Belgien auch die immer größere Ausweitung auf andere
Gruppen sehen, insbesondere z.B. die Kindereuthanasie.
E. Braun: Eine große Rolle spiele in Polen die Palliativmedizin. Darüberhinaus gäbe es auch
eine starke Diskussion um die Abtreibung und die in-vitro-Medizin.
M. Richter: Das Sterben wird heute pathalogisiert. In Polen gibt es ein Verbot der aktiven
Sterbehilfe. Insgesamt sei auch ein Bezug zu Gott wichtig. Neu seien inzwischen in Polen
auch die Patientenverfügungen. - Polen ist eines der wenigen Länder, die die
Bioethikkonvention des Europarates nicht ratifiziert haben. - In Deutschland gäbe es eine
schwierige eugenische Situation wegen des § 218.
M.Wunder, M. Richter, M. Musielak, E. Braun
Treffen des Arbeitskreises zur Erforschung der NS-"Euthanasie" und
Zwangssterilisation
- Zum T4-Denkmal in Berlin: Es wurde auf die Info-Leiste beim Denkmal hingewiesen. Diese
sei sehr gut und wichtig. Das Denkmal selber sei etwas marginal - eher eine
"Minimallösung".
- Der Tagungsband zum Treffen in München (Nov. 2013) ist im Komtur-Verlag erschienen
und kann im Buchhandel bestellt werden. Der Titel ist "Die Euthanasie-Opfer zwischen
Stigmatisierung und Anerkennung". Forschungs- und Ausstellungsprojekte zu den
Verbrechen an psychisch Kranken und die Frage der Namensnennung der Münchener
"Euthanasie-Opfer. Hrsg von G. Hohendorf, S. Raueiser, M.v.Cranach, S.v. Tiedemann
Infos auch unter: www.ak-ns-euthanasie.de
- Die nächsten Treffen des Arbeitskreises:
Frühjahr 2015: 5.-7.Juni in Großschweidnitz (Sachsen)
Herbst 2015: in Holland
Frühjahr 2016: noch offen
Herbst 2016: in Klingenmünster
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Samstag- Abend: Abendessen in der Aula der Adam-Mickiewicz-Universität
Adam-Michiewicz-Universität Abendessen in der Aula
3. Tag (Sonntag, 12.10.2014)
9.30- 12.00 Uhr: Besichtigung der Gedenkstätte Fort VII
siehe gesonderten Bericht in der Anlage
Parallel: Workshops für polnische Studenten
sowie Vorträge zu folgenden Themen:
- Dr. Stefan Konstanczak: Die nackte Existenz - "Hungerkrankheit" als Forschungsarbeit im
Warschauer Ghetto und in Vernichtungslagern. Philosophische Reflexionen.
- Stanislaw Antczak: Besonderheiten der deutschen Medizinverbrechen im Dritten Reich vor
dem Hintergrund der Vernichtung der Armenier und der Tutsi am Ende des 20.Jahrhunderts
- Dr. Piotr Semkow: Todesengel und Lebensunwerte. NS-Eugenik und Euthanasie im
Angesicht von Schuld Sühne
- Monika Tomkiewicz: Sterilisation der Roma - durchgeführt im Krankenhaus in Zlatow in
1943- 1945
- Dr. Agnieszka Gajewska: Die Abhandlung Stanislaw Lems über den Faschismus und die
Ärzte
- Dr. Bozena Mroczek: Die Schicksale jüdischer Kinder im Ghetto Warschau in den Schriften
Janusz Korczaks
- Magdalena Kucynska: Staatsgläubigkeit, Beibehaltung der pflegerischen Ethik und
rücksichtslose Sorge um das eigene Leben: Moralische Einstellungen polnischer und
deutscher Pflegerinnen im Zweiten Weltkrieg
- Dr. Joanna Szymoniczek: Der Gesundheitsdienst im besetzten Warschau
16
Letztes Panel:
.
Piotr Stanek Antonia Doroszewska Zdzislaw Jezierski
- Dr. Pietr Stanek: Die medizinische Betreuung für die Warschauer Aufständischen in den
Kriegsgefangenenlagern
- Dr. Antonia Doroszewska, Dr. Barbara Baranowska, Prof.Dr. Ewa Drnach-Gajerska: Die
Betreuung von Geburten in Polen im Zweiten Weltkrieg
- Dr. Zdzislaw Jezierski: Prof. med. Jan Olbrycht- Opfer und Ankläger von Verbrechen, die
deutsche Ärzte im Lager Auschwitz-Birkenau begingen
Schlusswort: Zusammenfassung der Konferenz
Michal Musielak Robert Parzer
Man habe zunächst etwas Angst vor der Konferenz gehabt, auch vor der Thematik.
Insgesamt sei die Konferenz sehr gut gelungen. Viele junge Leute aus Polen hatten daran
teilgenommen; es ist gut, dass es auch dort Interesse gäbe. Im Grunde sei eine
Nachfolgekonferenz nötig.
Bericht: Udo Dittmann (März 2015)
17
Anlagen:
- Bericht zur Exkursion in das ehemalige Arbeits- und Konzentrationslager Zabikowo
- Bericht zur Exkursion in Fort VII (dem Ort, an dem die Gastötungen begannen)
- Bericht zum "Denkmal der Grauen Busse" in Posen sowie zu den begleitenden
Ausstellungen "Das Auge der Erinnerung" und "Denkmal der Grauen Busse"
Gedenkstätte Zabikowo (bei Posen)
Bericht zur Exkursion in das ehemalige Arbeits- und Konzentrationslager Zabikowo
(im Ort Lubon, 9 km südlich von Posen) am 10.Okt. 2014 im Rahmen der
internationalen Konferenz "Medizin im besetzten Polen im Schatten des
Nationalsozialismus" in Posen
Im Ortsteil Zabikowo gab es in der NS-Zeit zwei Lager, die unterschiedliche Funktionen
hatten: zunächst ein Arbeitslager für den Autobahnbau, dann ein Konzentrationslager.
Heute ist auf dem Gebäude eine Gedenkstätte untergebracht (www.zabikowo.pl)
Anbei einige Infos aus einem Reiseführer zu Posen:
"Ein erstes Lager wurde hier 1941 eingerichtet, bis 1943 waren hier etwa 40.000 Juden
interniert, die als Zwangsarbeiter im sogenannten "Reichsautobahnlager Poggenburg" - so
die damalige Bezeichnung für Zabikowo - eine geplante Autobahn von Berlin nach Warschau
(und später nach Moskau) verwirklichen sollten. Zudem sollte eine zweite Autobahn Danzig
mit Breslau verbinden. Posen sollte somit zu einem bedeutenden Verkehrsknotenpunkt
ausgebaut werden. Das Lager war eines von zwanzig solcher Lager allein zwischen
Frankfurt/ Oder und Posen.
Die meisten der Lagerinsassen stammten aus Lodsch, wo sie im dortigen Ghetto zunächst
unter falschen Versprechungen zum Arbeitsdienst angeworben und später zwangsrekrutiert
18
wurden. Aufgrund der unmenschlichen Bedingungen starben viele der Häftlinge bereits nach
einigen Wochen. 1943 stellten die Deutschen den Bau der Autobahn aufgrund der
veränderten Kriegslage ein, die meisten Juden aus dem Lager wurden in die
Konzentrationslager in Auschwitz und Kulmhof deportiert.
Das zweite Lager erfüllte eine andere Funktion. Es war von 1943-1945 ein von der Gestapo
geleitetes Straflager für Polen. Bereits vor dem Krieg hatten Deutsche in Posen eine Liste
mit "unliebsamen" Polen vorbereitet, die dann während des Krieges hier interniert wurden.
Auch dr Besitz eines Radios oder Fotoapparats oder sonstige "reichsfeindliche Handlungen"
konnte ausreichen, um gefangen genommen zu werden. Das Lager erfüllte eine ähnliche
Funktion wie das Fort VII.
Schätzungsweise durchliefen 20.000 - 40.000 Menschen das "Arbeitserziehungslager" auf
dem Gelände einer alten Ziegelei. Teilweise gehörten sie auch anderen
Bevölkerungsgruppen an, beispielsweise waren hier deutsche Soldaten festgesetzt, die nicht
an den "Endsieg" glaubten. Nur wenige Insassen überlebten die Lager, viele wurden später
in Konzentrationslager deportiert.
Im Januar 1945 wurde das Lager aufgelöst, die letzten Überlebenden wurden in das KZ
Sachsenhausen gebracht. Nur wenige Tage später, am 26. Januar, wurde das kurz zuvor
von den Deutschen in Brand gesteckte Lager von der Roten Armee befreit."
(Aus: Markus Bingel - City Trip Posen, Bielefeld 2014, S. 96f)
Zur Exkursion nach Zabikowo:
Einladung zur Exkursion Mit zwei Bussen zur Gedenkstätte
19
Die Gedenkstätte - das "Muzeum" Das Außengelände
Nicht weit davon ... ... begann der Bau der Autobahn
Das Schilderhäuschen vor dem Arbeitslager Plakat zur Gedenkstätte Kulmhof
Führung in der Gedenkstätte... Robert Parzer übersetzt ins Deutsche
20
Das Wachpersonal
Der Autobahnbau: Berlin -Posen -Warschau Gehenkte Personen
Infos zum Arbeitslager Fotowand mit den Opfern
21
Vitrine mit Gegenständen der Opfer Erläuterungen zur Fotowand
Vitrine mit Zyklon B- Behälter Infos zur Gestapo-Zentrale in Posen
Orte, zu denen Zwangsarbeiter aus Zabikowo gebracht wurden
(Ravensbrück, Sachsenhausen, Neuengamme usw.)
22
Bekanntmachung mit Todesurteilen Vitrine mit Waffen der Täter
Plakat vom Reichsparteitag Arbeitslager an der Autobahnstrecke
von Berlin nach Posen
Film über den Tiegenhof Präsentation des Filmes
(erstellt in der Gedenkstätte Zabikowo)
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Gedenkstätte "Fort VII" -
Bericht zur Exkursion in die Gedenkstätte "Fort VII" im Rahmen der internationalen
Konferenz "Medizin im besetzten Polen im Schatten des Nationalsozialismus" in
Posen am 12.Okt.2014
Zunächst einige allgemeine Vorbemerkungen zu diesem Ort, der allgemein nur sehr wenig
bekannt ist:
Fort VII (am Stadtrand von Posen)
- erbaut in den Jahren 1876-1880
Der Ort, an dem die Gastötungen begannen
In Fort VII fanden schon im Oktober 1939 die ersten Gasmordversuche des SS-
Sonderkommandos Lange statt. Ab November 1939 wurden dann die ersten Versuche
mit Gaswagen im Tiegenhof durchgeführt.
Das gesamte Fort VII ist noch im Originalzustand erhalten. Heute ist es eine
Gedenkstätte. Informationen zur Gedenkstätte gibt es bisher nur in polnisch.
Diese erste Phase der Gastötungen ist noch wenig erforscht. 1983 gab es ein erstes
wichtiges Buch zu den Gasmord-Tötungen von Eugen Kogon, Hermann Langbein und
Adalbert Rückert mit dem Titel "Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas" im
S.Fischer-Verlag. (1) 25 Jahre später fand im Jahr 2008 eine große internationale und
öffentliche Tagung dazu in Oranienburg statt, die zu dem Buch führten "Neue Studien zu
nationalsozialistischen Massentötungen durch Giftgas", das von Günter Morsch und Bertrand
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Perz unter Mitarbeit von Astrid Ley in der Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgischer
Gedenkstätten herausgegeben wurde. (2)
Das Fort VII, in dem diese Entwicklungen begannen, ist allgemein noch recht wenig
bekannt. Deswegen soll es hier einige historische Anmerkungen zu diesem Komplex
geben.
"Durch die Nähe Posens zur russischen Grenze, die nach dem Wiener Kongress entstand,
und der strategischen Bedeutung, die Posen als "Vorposten" Berlins zukam, wurde ein Ring
von Verteidigungsanlagen rund um die Stadt angelegt, deren Herzstück die Zitadelle auf
dem Weinberg bildete.
Die Zitadelle erstreckte sich über eine Fläche von 100 ha, mehrere Tausend preußische
Soldaten waren hier zeitweise stationiert.
Das Kernwerk (Reduit) stand der preußischen Armee ab 1834 zur Verfügung, das gesamte
Areal wurde 1842 fertiggestellt. Die Festung wurde in einer zweiten Phase bis in die 1860iger
Jahre ausgebaut. Nun kamen mehrere Forts hinzu, die einen Verteidigungsring um die Stadt
bildeten, zudem wurde Posen zur Festung erster Klasse erklärt.
Die Reichseinigungskriege zeigten, dass Festungen dieser Bauart nicht mehr dem neuesten
Stand der Technik entsprachen, daher wurde ein zweiter Verteidigungsring um die Stadt
angelegt, das aus Einzelforts bestand, die autonom agieren konnten und nicht in dem Maße
von der Zitadelle abhängig waren." (Aus: M.Bingel: City/ Trip Posen. Bielefeld. 2014)
Zur Exkursion
Auf dem Weg zum Fort VII Am Eingangstor von Fort VII
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Der Eingang ins Konzentrationslager Vor dem Eingang
Das Festungsgelände -rechts Das Festungsgelände - links
Der Gang in das Konzentrationslager Alles ist eine Gedenkstätte...
Fotos von Erschießungen an der Wand Nachbildungen Gefangener ...
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Gefangener in einer Zelle Gefangene an einer Wand...
Zu den Wällen im Außengelände Munitionsdepots werden zur Gaskammer
umfunktioniert
Hier fanden schon im Okt.1939 die ersten Friedrich Leidinger und Robert Parzer
Gasmordversuche statt erläutern die Zusammenhänge
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Gedenksteine in der ehemaligen Gaskammer Gedenktafel
Das Außengelände im Fort
Mit Wällen... und Wachtürmen
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Zurück in die "Katakomben" des Fort VII
Vitrinen mit Dokumenten Eine Guillotine
Bilder aus Konzentrationslagern Weitere Gedenkräume
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Skizze einer Genickschussanlage
Unterirdische Gänge im Fort Wieder im Außengelände
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Alte Skizze des Fort VII
Rückfahrt mit dem Bus vom Fort VII
Literatur:
1. Eugen Kogon, Hermann Langbein, Adalbert Rückerl u.a. (Hrsg): Nationalsozialistische
Massentötungen durch Giftgas. Eine Dokumentation. Frankfurt a.M. 1983.
2. Günter Morsch, Bertrand Perz (Hrsg): Neue Studien zu nationalsozialistischen
Massentötungen durch Giftgas. Historische Bedeutung, technische Entwicklung,
revisionistische Leugnung. Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten.
Bd.29. Berlin. 2012.
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Das "Denkmal der Grauen Busse" in Posen (2014)
und die Begleitausstellung "Das Auge der Erinnerung/ The Ey of Memory"
Zunächst einige Infos zur Stadt:
Die Lage der Stadt zwischen Warschau und Berlin und die Zugehörigkeit zu verschiedenen
Staaten führte dazu, dass sowohl polnische als auch deutsche Einflüsse die Stadt prägten.
Die Dominsel und der Alte Markt bilden den historischen Teil von Posen, im Westen davon
liegt das deutsche Viertel mit dem ehemaligen Residenzschloss von Wilhelm II., das 1905 in
der wilhelminischen Zeit neben anderen imposanten Gebäuden erbaut wurde.
Das Schloss Wilhelms II. Einkaufsstraße
Das Theater Der Löwenbrunnen im Innenhof
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Gedenken an den Aufstand in Posen Museum des Posener Juni-Aufstandes
im Juni 1956 1956 (der im Westen fast unbekannt ist)
Das "Denkmal der Grauen Busse" vor dem Posener Schloss (Sept./ Okt. 2015)
Der Graue Bus ... mit Blick auf die Alte Universität
Vor dem Schloss... mit einem Info-Schild
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Zwei Ausstellungen zur NS-"Euthanasie" der Künstler Horst Hoheisel und Andreas
Knitz im Posener Schloss (Kulturzentrum Zamek)
- Das Auge der Erinnerung/ The Ey of Memory
- Das Denkmal der Grauen Busse
Eingang zur Ausstellung "The Ey of Memory"/ Oko Pamieci
Modell der Grauen Busse Der Graue Bus vor der Heil- und
Pflegeanstalt Weißenau (Ravensbrück)
"Arbeit macht frei" am Brandenburger Tor Vogelfrei - ein Vogelkäfig als Ort
politischer und sozialer Repression
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Menschen steigen in einen grauen Bus ein Teile aus einem Schwimmbad -
die ehemalige Synagoge in Posen
wurde zum Schwimmbad umgebaut
Die Tafeln zur Ausstellung "Das Denkmal der Grauen Busse"
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Innenansichten aus dem Schloss
Moderne Innenarchitektur
Auf dem Weg zur Tagung
Eingang zum Tagungsraum
Text und Fotos:
© Udo Dittmann