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Bern 2 Strategie für eine Stadtregion im Gleichgewicht bis 2045 MAS-Programm in Raumplanung 2015/17 Studienprojekt 1: Wohnstadt Bern? Perspektiven für die Raumentwicklung in der Hauptstadtregion Schlussbericht Autoren: Michael Charpié Nina Meier Livia Schälli Paul Schneeberger Alexander Sperlich Betreuer: Felix Günther Netzwerk Stadt und Landschaft NSL

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Bern2

Strategie für eine Stadtregion im Gleichgewicht bis 2045 MAS-Programm in Raumplanung 2015/17 Studienprojekt 1: Wohnstadt Bern? Perspektiven für die Raumentwicklung in der Hauptstadtregion Schlussbericht Autoren:

Michael Charpié

Nina Meier

Livia Schälli

Paul Schneeberger

Alexander Sperlich

Betreuer:

Felix Günther

Juli 2016

Netzwerk Stadt und Landschaft NSL

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Bern2 = Bern hoch zwei

Der Titel steht metaphorisch für das, was mit dieser Strategie angestrebt wird: Die Erhöhung der

Leistungsfähigkeit der Stadtregion (Stadt und Kernagglomeration) Bern in Bezug auf ihre Funktionen

als städtische Wohn- und Arbeitslandschaft sowie als zentraler Ort für Politik, Kultur und Sport.

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Schlagworte: Grünraum; Innenentwicklung; Siedlungsentwicklung; Stadtentwicklung; Verkehr Zitierungsvorschlag: Charpié Michael, Meier Nina, Schälli Livia, Schneeberger Paul, Sperlich Alexander (2016): Bern2 – Strategie für eine Stadtregion im Gleichgewicht bis 2045. Studienprojekt 1 MAS Raumplanung 2015/17, ETH Zürich, Zürich. Zürich, im Juni 2016
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Inhaltsverzeichnis

1 Kurzfassung – Bern2 (Bern hoch zwei) __________________________________________ 4

2 Ausgangslage – Stadt und Stadtregion _________________________________________ 6

3 Lagebeurteilung – Wunsch und Wirklichkeit _____________________________________ 8

3.1 Hohe Nachfrage nach Wohn- und Arbeitsraum _____________________________________ 8

3.2 Grünraum als politischer Hemmer ______________________________________________ 10

3.3 Siedlungsentwicklung als Knacknuss ____________________________________________ 11

3.4 Verkehrswege als Fesseln ____________________________________________________ 12

4 Strategie – Ein Raum, zwei Ziele, drei Ansätze __________________________________ 13

5 Konzentrationsentscheid und Zukunftsbild – Ein zweites Zentrum für Bern _________ 14

6 Vertiefung und Überprüfung – Die Massnahmen ________________________________ 16

6.1 Massnahmenkatalog 1: Grünräume öffnen, gestalten und sichern _____________________ 16

6.2 Massnahmenkatalog 2: Siedlung baulich nach innen entwickeln _______________________ 17

6.3 Massnahmenkatalog 3: Verkehrswege fruchtbar machen ____________________________ 17

6.4 Zeitplan zur Umsetzung der Massnahmen ________________________________________ 18

6.5 Nicht weiter verfolgte Massnahmen _____________________________________________ 19

7 Antrag und Umsetzung – «Motor» gesucht _____________________________________ 20

8 Anhang ___________________________________________________________________ 21

8.1 Massnahmenkataloge ________________________________________________________ 21

8.1.1 Massnahmenkatalog 1: Grünraum ______________________________________________ 21

8.1.2 Massnahmenkatalog 2: Innenentwicklung ________________________________________ 25

8.1.3 Massnahmenkatalog 3: Verkehr ________________________________________________ 28

8.2 Vortrag (Vorlage) für den Antrag ________________________________________________ 36

8.3 Ablauf der Testplanung und Aufbau der Trägerschaft Bern2 __________________________ 39

8.4 Übersicht über Volksentscheide zu Einzonungen seit 2006 (Stadtregion Bern) ___________ 40

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1 Kurzfassung – Bern2 (Bern hoch zwei)

Wohnstadt Bern? Perspektiven für die Raumentwicklung in der Hauptstadtregion Schweiz

Unsere Strategie «Bern2 – Strategie für eine Stadtregion im Gleichgewicht» postuliert für die Stadtre-

gion Bern zwei Ziele und drei Ansätze. Dabei gehen wir davon aus, dass die Stadt Bern und die Ge-

meinden der Kernagglomeration – Bolligen, Bremgarten, Ittigen, Köniz, Muri, Ostermundigen und Zol-

likofen – einen funktionalen Stadtraum bilden.

Unsere beiden Ziele sind:

1 Wohnbevölkerung und Arbeitsplätze im Gleichgewicht zu behalten.

Dem prognostizierten Arbeitsplatzwachstum ist mit einer entsprechenden Zunahme des Wohn-

raums zu begegnen.

2 Die bauliche Entwicklung auf das bestehende Siedlungsgebiet zu konzentrieren.

Die Stadtregion Bern hat den Vorgaben des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes und des

kantonalen Richtplans zu entsprechen.

Diese Ziele werden über drei Ansätze erreicht:

1 Bis 2025 werden die Grünräume gesichert und zugänglich gemacht.

Um Ausgleich und Akzeptanz für das Siedlungswachstum im bestehenden Siedlungsraum in der

Kernagglomeration Bern zu schaffen, sind sie Voraussetzung für die nächsten Schritte.

2 Bis 2035 wird konsequent baulich nach innen entwickelt.

Es wird eine räumliche Strategie der konsequenten baulichen Verdichtung nach innen angestrebt,

die neben bestehenden Potenzialen auch neue erkennt bzw. schafft.

3 Bis 2045 werden nationale Verkehrswege verlegt.

Um dauerhaft eine Weiterentwicklung von Siedlungs- und Freiräumen zu ermöglichen und der an-

gestrebten dezentralen Entwicklung gerecht zu werden, ist das «Korsett» zu lockern, in das die

nationalen Verkehrswege Stadt und Kernagglomeration Bern zwängen.

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Ein zweites Zentrum für Bern

Wir haben unsere Strategie anhand von drei Ansätzen (Massnahmenkatalogen) im Perimeter des

kantonalen Entwicklungsschwerpunkts (ESP) Wankdorf vertieft. In diesem Teilraum kommen diese

alle zur Geltung. Der ESP hat das Potenzial, sich neben der Altstadt zu einem zweiten Zentrum der

Stadtregion Bern weiterzuentwickeln.

Die drei Ansätze sehen das folgende vor:

1 Durch einen neuen Aare-Zugang und eine urbane Allmend Grünraum sichern.

Die bestehenden Grünräume sind optimal nutzbar zu machen. Der Zugang zur Aare ist zu verbessern,

und die beiden Allmenden sind zu einem klar definierten neuen «grünen Herz» des ESP zusammen-

zuführen. Dadurch lässt sich in der Bevölkerung Vertrauen im Hinblick auf die angestrebte bauliche

Innenentwicklung schaffen.

2 Durch Ausschöpfung der Potenziale die bauliche Innenentwicklung verstärken.

Die Potenziale zur baulichen Entwicklung für Arbeiten und auch Wohnen im ESP Wankdorf sind bes-

ser auszuschöpfen bzw. zu erhöhen. Neben zusätzlichen Ausnützungen sind weitere Flächen für Bau-

ten zu generieren. Wie gross das Potenzial ist, hängt davon ab, inwiefern sich die verkehrsmässige

Erschliessung steigern lässt und welche Flächen sich durch die Verlegung bzw. teilweise Tieflegung

der nationalen Verkehrswege gewinnen lassen.

3 Durch eine bessere Verkehrserschliessung die bauliche Innenentwicklung verstärken.

Die Ausschöpfung des Potenzials zur baulichen Entwicklung des ESP und die Weiterentwicklung der

Verkehrswege stehen in einer gegenseitigen Abhängigkeit. Eine Erhöhung der Anzahl der Raumnut-

zerinnen und Raumnutzer bedingt einen Ausbau vor allem des nationalen und lokalen öffentlichen

Verkehrs. Anzustreben ist zudem der Ausbau des Bahnhofs Wankdorf zu einem Haltepunkt im Sys-

tem des Fernverkehrs. Das erhöht das Beziehungspotenzial und schafft die Voraussetzung für eine

zusätzliche S-Bahnhaltestelle zwischen Wankdorf und Hauptbahnhof. Hinzu kommen neue Feinvertei-

ler, insbesondere zum Knoten Worblaufen. Baulich ist eine weitgehende Tieflegung von Bahnhof

Wankdorf und der Autobahn N 6 im Bereich des ESP anzustreben.

Dieser strategische Ansatz von den Grünräumen über die Innenentwicklung bis zur Verlegung der

Verkehrswege lässt sich etappieren, und er ist «aufwärtskompatibel». Die zeitliche Kaskade entspricht

der von uns vorgesehen Abfolge der drei Massnahmen «Sicherung und Zugänglichkeit Grünräume»

(bis 2025); «bauliche Innenentwicklung» (bis 2030); «Entflechtung Verkehrswege» (bis 2045). Die

Entflechtung der Verkehrswege ist keine Voraussetzung für die beiden anderen Massnahmen, aber

sie schafft für diese schrittweise zusätzlichen Spielraum.

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2 Ausgangslage – Stadt und Stadtregion

Im Rahmen des Studienprojekts «Wohnstadt Bern? Perspektiven für die Raumentwicklung in der

Hauptstadtregion Bern» formulieren wir eine Strategie, wie sich die Stadt Bern in den nächsten 30

Jahren räumlich entwickeln soll. Die Stadt Bern ist hinter Zürich, Genf, Basel und Lausanne die fünft-

grösste Kernstadt der Schweiz.

Obwohl die Lebensqualität in Bern mit der von der Unesco als Kulturerbe ausgezeichneten Altstadt

und der Nähe zu ländlichen Erholungsräumen und den Alpen hoch ist, weist die Stadt eine überdurch-

schnittlich grosse Zahl von Zupendlerinnen und Zupendlern aus. Die Karte, die ihre Herkunft abbildet,

verortet Bern im Städtenetz des schweizerischen Mittellandes zwischen Basel, Zürich, Luzern, Thun,

Freiburg, Lausanne, Neuenburg, Biel und Solothurn sowie im Kanton Bern. Hier gehört die Stadt Bern

zur Verwaltungsregion Bern Mittelland, die von den Verwaltungsregionen Seeland, Oberaargau, Em-

mental und Oberland umgeben wird. Ferner ist Bern Zentrum der Hauptstadtregion, einer Zusammen-

arbeitsorganisation, die aus Teilgebieten der Kantone Bern, Freiburg, Wallis, Neuenburg und Solo-

thurn besteht. Internationale Bedeutung kommt der Stadt Bern als Standort internationaler Organisati-

onen für das Post- und das Eisenbahnwesen zu. Zudem quert die Lötschbergachse des internationa-

len Eisenbahn-Transitkorridor Rotterdam–Genua ihren Osten.1

Als Bundesstadt und Kantonshauptstadt ist die Stadt Bern eine ausgeprägte Verwaltungsmetropole.

Daraus ergibt sich in der Stadt ein signifikanter Überhang an Arbeitsplätzen. Anfang 2013 standen in

der Stadt Bern 128‘848 Einwohnerinnen und Einwohnern 184‘844 Arbeitsplätze gegenüber (1 zu

1,43). Bezieht man neben der Stadt auch die übrigen Gemeinden der von der Regionalkonferenz

Bern-Mittelland definierten Kernagglomeration (urbanes Kerngebiet) in die Betrachtung ein (Bolligen,

Bremgarten, Ittigen, Muri, Köniz, Ostermundigen und Zollikofen), ist dieses Verhältnis aber nahezu

ausgeglichen. In diesem Raum, den wir als Stadtregion Bern bezeichnen, stehen 224‘914 Einwohne-

rinnen und Einwohnern 239‘967 Arbeitsplätzen (1 zu 1,06) gegenüber. Zwar verzeichnen die Stadt

Bern und die meisten an sie grenzenden Gemeinden mittlerweile wieder wachsende Bevölkerungs-

zahlen, doch zeigt der statistische Atlas der Schweiz, dass das weitere Umland von Bern zwischen

2010 und 2014 stärker gewachsen ist als der Verwaltungskreis Bern Mittelland. Einem Wachstum von

3,6 Prozent in Bern und seinem unmittelbaren Umland standen Zunahmen von 4,2 Prozent im Verwal-

tungskreis Seeland, und von 4,5 bzw. gar 6 Prozent in den freiburgischen Bezirken Sense und See

gegenüber. Das lässt auf eine fortschreitende Periurbanisierung schliessen, was zu einer Zunahme

von Verkehrsströmen und grossem Siedlungsflächenwachstum führt.2

In der Stadtregion Bern ist also weniger das Verhältnis von Wohnbevölkerung und Arbeitsplätzen

problematisch, als der Trend, dem dieses unterworfen ist. Hier besteht im schweizerischen Vergleich

das grösste Missverhältnis zwischen dem Wachstum von Arbeitsplätzen und Wohnbevölkerung, was

1 Stadt Bern, Strukturerhebung 2010, Pendlerströme, Bern 2013, S. 7.Zur Organisatorischen Gliederung vgl.

http://www.hauptstadtregion.ch/de/organisation/region-and-mitglieder (abgerufen am 8.12.2015.). 2 Um auf Daten zu basieren, die nach einheitlichen Kriterien erhoben wurden, wird die folgende Quelle beigezogen: Regionales Ge-

samtverkehrs- und Siedlungskonzept RGSK Bern Mittelland, 2. Generation, Bericht vom 25. November 2015, S. 24, 26. Sie entspricht in Bezug auf die Stadt Bern den Annahmen in den Grundlagen zum Stadtentwicklungskonzept (STEK) 2015. Zum Vergleich mit anderen Bezirken: Statistischer Atlas der Schweiz: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/thematische_karten/02.html Karte: Veränderung der ständigen Wohnbevölkerung zwischen 2010 und 2014 (abgerufen am 12.5.16).

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das Verhältnis zuungunsten der Wohnbevölkerung verschiebt und zur Zersiedelung im weiteren Um-

land beiträgt, die ihrerseits ein Anschwellen der Verkehrsströme nach sich zieht. Eine vergleichende

Betrachtung der Periode 2001 bis 2008 zeigt für die Agglomeration Bern einem Arbeitsplatzwachstum

von rund 5 Prozent ein Bevölkerungswachstum von nur 2 Prozent gegenüber. In Basel und Luzern

waren die beiden Wachstumsraten gleich gross, in der Agglomeration Zürich wuchs die Bevölke-

rungszahl stärker als jene der Beschäftigten. Als Gründe für das Missverhältnis in Bern gelten unter

anderem verhältnismässig hohe Steuern und ein knappes Angebot an Wohnungen und Bauland.3

Die politisch diskutierten bzw. absehbaren Ansätze für die Weiterentwicklung von Stadt und Agglome-

ration lassen sich unter dem Motto «in kleinen Schritten vorwärts» zusammenfassen. Eine wirtschaftli-

che Diversifizierung über die angestammten Bereiche Verwaltung, staatliche Unternehmen, Bildung

und Gesundheit hinaus ist politisch kein Thema. Auch die Stossrichtungen der räumlichen Entwick-

lung weisen in diese Richtung. In den Grundlagen zum Stadtentwicklungskonzept (STEK) 2015 ist von

«einer verantwortungsvollen Siedlungsentwicklung nach innen» die Rede, aber vor allem auch von

der «Möglichkeit einer zukünftigen Siedlungserweiterung an den heutigen Stadträndern».4

Basierend auf dieser Ausgangslage analysieren wir die prognostizierte Entwicklung der Nachfrage

nach Flächen für Wohnen und Arbeiten sowie die aktuelle Situation in den drei von uns als im höchs-

ten Masse raumrelevant erachteten Bereichen Siedlung, Grün und Verkehr in der Stadtregion Bern.

Diese ist in ihrer Gesamtheit als kernstädtischer Raum der Region Bern zu betrachten. Daraus leiten

wir für die Stadt Bern eine räumliche Strategie bis ins Jahr 2045 und einen örtlichen Konzentrations-

entscheid ab, der ohne Siedlungserweiterung an den Stadträndern auskommt.5

3 Michael Hermann: Bern – mehr Dynamik wagen, Vortrag vor dem Verein Bern neu gründen am 26.3.13.

4http://www.bern.ch/stadtverwaltung/prd/stadtplanung/staedtebauliche-planungen/kommunale-richt-und-nutzungsplanung/konzepte-und-

strategien (abgerufen am 27.11.15). http://www.jgk.be.ch/jgk/de/index/raumplanung/raumplanung/kantonale_raumplanung/entwicklungsschwerpunkte.html (abgerufen am 5.12.15). Der Richtplan des Kantons Bern fokussiert diesbezüglich stärker auf die Innenentwicklung (Zielsetzung A13a: «Der Kanton Bern verfolgt den Grundsatz <Innenentwicklung vor Aussenentwicklung> und setzt diesen konsequent um. Das bedeutet, dass Verdichtung und Verfügbarmachung von bestehenden Bauzonen Vorrang vor Erweiterungen haben. Dadurch sollen die Zersiedelung eingedämmt, das Kulturland geschont und hohe Infrastrukturkosten vermieden werden.»). 5 Der Befund zur Kernagglomeration ergibt sich aus der Tatsache, dass die Stadt Bern nur einmal mit einer Vorortsgemeinde fusioniert

hat, und zwar 1919 mit Bümpliz.

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3 Lagebeurteilung – Wunsch und Wirklichkeit

3.1 Hohe Nachfrage nach Wohn- und Arbeitsraum

Die in den Unterlagen des STEK 2015 enthaltenen Siedlungserweiterungen an den Stadträndern kol-

lidieren mit der Zurückhaltung des Souveräns in der gesamten Agglomeration Bern gegenüber Ein-

zonungen und baulichen Veränderungen. Dies ungeachtet der Tatsache, dass die Stadt Bern ein viel-

fältiges Angebot an Freiräumen bietet.6

Um eine Leitlinie für die Abschätzung der künftigen Nachfrage nach Wohn- und Arbeitsflächen zu

haben, halten wir uns an die Annahmen im Regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept

RGSK II Bern Mittelland. Dies, weil dort homogen konsolidierte Zahlen für die ganze Stadtregion ent-

halten sind. Der Bericht zum RGSK II postuliert bis 2030 ausgehend von den Daten für das Jahr 2013

für die Stadt Bern ein Bevölkerungswachstum von 12 Prozent (plus 0,7 Prozent pro Jahr) und für die

restlichen Gemeinden der Kernagglomeration von 11 Prozent (plus 0,64 Prozent pro Jahr). Die Zahl

der Arbeitsplätze wächst gemäss diesen Annahmen von 2013 bis 2030 in der Stadt um 8 Prozent

(plus 0,47 Prozent pro Jahr) und in den anderen Gemeinden des urbanen Kerngebiets um 11 Prozent

(plus 0,64 Prozent pro Jahr). Orientiert man sich an den neusten Szenarien des Bundes zur Bevölke-

rungsentwicklung in der Schweiz, sind diese Annahmen für die 15 Jahre von 2030 bis 2045 zu halbie-

ren. Um den drei Szenarien Rechnung zu tragen, die der Bund entwirft, betrachten wir diese Werte

als mittleres «Referenzszenario». Die Wachstumsannahmen der Szenarien Tief und Hoch weichen

davon um 30 Prozent nach unten bzw. um 50 Prozent nach oben ab. 7

Abbildung 1: Bevölkerungsentwicklung Stadt und Stadtregion Bern (Quelle: RGSK II, Szenarien BfS).

6 STEK 2015, Arbeitsbericht und Synthese vom 25. Juni 2015, S. 31, 32. Zur Berechnung der Bevölkerungsentwicklung siehe Abb.1.

7 Bundesamt für Statistik: Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz 2015 bis 2045, Neuchâtel 2015, S. 6.

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Unter dem Strich ist gemäss diesen Annahmen für die Jahre 2013 bis 2045 mit einer Zunahme der

Raumnutzerinnen und Raumnutzer in der Stadtregion Bern von 465‘000 auf 510‘000 bis 573‘000 Per-

sonen (plus 45'000 bis plus 108‘000 Personen) zu rechnen. Bei den Einwohnerinnen und Einwohnern

beträgt die Zunahme zwischen 24‘000 und 68‘000 Personen. Bei den Arbeitsplätzen ist von einem

Wachstum von zwischen 21‘000 und 41‘000 Einheiten auszugehen.8 9

Setzt man einen durchschnittlichen Flächenbedarf pro Einwohnerin bzw. Einwohner von 50 Quadrat-

metern und einen durchschnittlichen Flächenbedarf pro Beschäftigte bzw. Beschäftigten von 30 Quad-

ratmetern voraus, ergibt sich in der Stadtregion Bern bis 2045 eine zusätzliche Nachfrage von zwi-

schen 1‘195‘000 bis 3‘390‘000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche zum Wohnen und von 620’000

bis 1‘215‘000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche zum Arbeiten. Bezogen auf das mittlere Refe-

renzszenario ist mit einem Zusatzbedarf an Flächen von 1‘925’000 Quadratmetern Bruttogeschossflä-

che zum Wohnen und von 925‘000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche zum Arbeiten zu rechnen.

Das entspricht 41 Mal der Bruttogeschossfläche der Siedlung Tscharnergut (70'000 Quadratmeter).

Diese Dimension zeigt, wie gross die Herausforderung angesichts der Zurückhaltung des Souveräns

gegenüber Einzonungen und baulichen Veränderungen ist..10

11

8 STEK 2015, Arbeitsbericht und Synthese vom 25. Juni 2015, S. 14. Regionales Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept RGSK Bern

Mittelland, 2. Generation, Bericht vom 25. November 2015, S. 31, 32. Nationale Trends des Bundesamts für Statistik: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/01/03/blank/key/ent_erw.html (abgerufen am 12.5.16). 9 Zahlen auf- und abgerundet auf die nächsten 5000.

10 Es handelt sich hierbei um Prognosen und es ist ausdrücklich mit Abweichungen zu rechnen. Zudem wird diese Fläche nicht auf

einmal benötigt. Zur Bruttogeschossfläche des Tscharnerguts: ESP Wohnen -Jahresmagazin 2011. 11

Zahlen auf- und abgerundet auf die nächsten 5000.

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3.2 Grünraum als politischer Hemmer

Abbildung 2: Resultate von Volksentscheiden in Gemeinden der Stadtregion Bern zu Bauordnungen

und Einzonungen seit 2006. Rot: negative Entscheide; Grün: positive Entscheide. Grosse Flächen:

Revision Bauordnung; kleine Flächen: konkrete Einzonungen (Quelle: Der Bund, 15.12.09, 19.6.15).12

Die Stadtregion Bern ist eingebettet in grosse Grünräume und durchflossen von der Aare, deren Ufer

ebenfalls von viel Grün geprägt ist. Den Bewohnerinnen und Bewohnern ist das wichtig, und Parla-

ments- sowie Volksentscheide in den letzten zehn Jahren legen nahe, dass ihre Skepsis in Bezug auf

die Zukunft dieser räumlichen Qualität gross ist. Zahlreiche kommunale Vorlagen, die auf spezifische

oder grundlegende bauliche Veränderungen abgezielt haben, sind gescheitert – in den meisten Fällen

mit Verweis auf drohenden Grünraumverlust. Daraus lässt sich zweierlei ableiten: Das Unbehagen

gegenüber einer baulichen Weiterentwicklung, die zulasten des Grünraums geht, ist gross, und es

bestehen Defizite in Bezug auf das Wissen um dessen grossen Bestand.

12

Vgl. dazu auch Anhang 8.4.

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3.3 Siedlungsentwicklung als Knacknuss

Abbildung 3: Potenzialflächenabschätzung Stadt Bern: Rote Punkte: Überschneidungen von Gebäu-

den, die altersmässig für Sanierungen in Frage kommen und Bauklassen, die eine Innenentwicklung

gestatten. Rosa: Bauklasse E plus Denkmalpflegeobjekte = Bestandessicherung (Quelle: eigene Er-

hebung).

Unter der Prämisse, dass die weitere bauliche Expansion auf die grüne Wiese eingedämmt wird, ja als

Option ausser Trankanden fallen soll, stellt sich die Frage, ob und wo die Stadt Bern baulich nach

innen entwickelt werden kann. Da die Stadt über keine entsprechende Übersicht verfügt, haben wir

eine eigene grobe Abschätzung vorgenommen, wo Bauordnung und Status der Gebäude eine solche

Weiterentwicklung gestatten. Spielräume orten wir dort, wo sich spezifische Schnittmengen ergeben:

zwischen 50- bis 75-jährigen Gebäuden, die für Sanierungen in Frage kommen, und Bauklassen, die

eine Innenentwicklung gestatten. Die Übersicht zeigt, dass die Stadt Bern baulich dezentral verdichtet

werden kann. Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass solche Potenziale in den vergangenen Jahren

kaum aktiviert wurden. Hinzu kommt das Potenzial, das die vom Kanton definierten wirtschaftlichen

Entwicklungsschwerpunkte in der Stadtregion Bern bieten insbesondere die als Premium-ESP defi-

nierten Standorte Bern Ausserholligen, Bern Wankdorf und Ostermundigen Bahnhof. Hier erscheinen

wirkungsvolle hohe Ausnützungen realistisch.13

13

Von einer baulichen Weiterentwicklung ausgeschlossen sind Gebiete der Bauklassen 2 bis 3 (18,8 Prozent aller überbaubaren Flä-

chen), der Bauklasse E: (7,4 Prozent) sowie denkmalgeschütze Bauten (22 Prozent des gesamten Gebäudebestandes. http://www.jgk.be.ch/jgk/de/index/raumplanung/raumplanung/kantonale_raumplanung/entwicklungsschwerpunkte/esp.html.

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3.4 Verkehrswege als Fesseln

Abbildung 4: Verlauf der nationalen Verkehrswege (Autobahn und Eisenbahn durch die Stadtregion

Bern (Quelle: Swisstopo; eigene Darstellung).

Die nationalen Verkehrswege bescheren der Stadtregion Bern eine grosse Standortgunst, aber sie

beschränken auch die Weiterentwicklung des Siedlungsgebiets. Gemäss den aktuellen Planungen

steht das Management des prognostizierten Wachstums entlang der bestehenden Routen und Knoten

im Vordergrund. Bis 2025 wird der Hauptbahnhof ausgebaut, und für den übernächsten Ausbauschritt

wird eine Erweiterung der Zufahrt von Westen her um eine dritte Doppelspur ins Auge gefasst. Eine

substanzielle Veränderung ist lediglich für die Autobahn Wankdorf-Muri vorgesehen. Sie soll nach

2030 teilweise in einen Tunnel verlegt werden. Der Tatsache, dass der Eisenbahnknoten Bern in sei-

ner gegenwärtigen, auf einen einzigen Hub ausgerichteten Konzeption an seine Grenzen stösst und

die Siedlungsentwicklung in der Stadtregion Bern durch die dominanten nationalen Verkehrsinfrastruk-

turen eingeschränkt wird, lässt sich allein dadurch aber nicht begegnen. Im Gegenteil: Durch die vor-

gesehene Erweiterung der Zufahrt zum Hauptbahnhof von Osten her wird diese Fessel noch enger

gezogen.14

14

Für die Nationalstrassen vgl. Strategisches Bauprogramm Nationalstrassen, in: Botschaft zur Schaffung eines Nationalstrassen- und

Agglomerationsverkehrsfonds, S. 71, via: http://www.astra.admin.ch/dokumentation/00109/00113/00491/index.html?lang=de&msg-id=56248 (abgerufen am 12.5.16). Und für die Eisenbahn vgl. Sachplan Infrastruktur Schiene, Objektblatt 4.1 (abgerufen am 12.5.16).

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4 Strategie – Ein Raum, zwei Ziele, drei Ansätze

Aus diesen Erkenntnissen ergibt sich eine räumliche Strategie, welche die Themen des Stadtentwick-

lungskonzepts 2015 (Zentrum Bern und funktionale Räume; Stadtentwicklung nach innen und Frei-

räume; Stadterweiterung; Quartierzentren und Strukturen; Mobilität und Gesamtverkehr)15

aufnimmt,

aber ohne die dort vorgesehene Siedlungsentwicklung nach aussen auskommt.

Die Eckpunkte der Strategie sind:

Ein Siedlungsraum: Betrachtungsraum ist die Stadtregion. Dazu zählt die Stadt Bern plus die

Gemeinden Bolligen, Bremgarten, Ittigen, Köniz, Muri, Ostermundigen und Zollikofen. In Bezug auf die

Entwicklung von Einwohnerzahl und Arbeitsplätzen werden die Annahmen der RGSK II für die Jahre

bis 2030 übernommen und anschliessend bis ins Jahr 2045 extrapoliert.16

Zwei Ziele sind zu verfolgen:

1 Die Wohnbevölkerung und Arbeitsplätze sind im Gleichgewicht zu behalten.

Das heisst: Dem prognostizierten Arbeitsplatzwachstum ist mit einer entsprechenden Zunahme

des Wohnraums zu begegnen.

2 Die bauliche Entwicklung hat innerhalb des bestehenden Siedlungsgebiets zu erfolgen.

Die Kernagglomeration Bern soll den Vorgaben des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes

entsprechen.

Diese Ziele werden über drei Ansätze bzw. Massnahmenkataloge erreicht:

1 Bis 2025 werden die Grünräume gesichert und zugänglich gemacht.

Um Ausgleich und Akzeptanz für das Siedlungswachstum im bestehenden Siedlungsraum in der

Kernagglomeration Bern zu schaffen, sind sie gleichsam Voraussetzung für die nächsten Schritte.

2 Bis 2035 wird konsequent baulich nach innen entwickelt.

Es wird eine räumliche Strategie der konsequenten baulichen Entwicklung nach innen angestrebt,

die neben bestehenden Potenzialen auch neue erkennt bzw. schafft.

3 Bis 2045 werden die nationalen Verkehrswege verlegt.

Um dauerhaft eine Weiterentwicklung von Siedlungs- und Freiräumen in der Stadtregion Bern zu

ermöglichen und der angestrebten dezentralen Entwicklung gerecht zu werden, ist das «Korsett»

zu lockern, in das die nationalen Verkehrswege sie zwängen.

15

Vgl. dazu http://www.bern.ch/themen/planen-und-bauen/stadtentwicklung/stadtentwicklungskonzept/stadtentwicklungskonzept-2015. 16

Vgl. dazu im Detail Kapitel 3.1.

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5 Konzentrationsentscheid und Zukunftsbild – Ein zweites Zentrum für Bern

Abbildung 5: Bearbeitungsperimeter Wankdorf (eigene Darstellung).

Wir überprüfen und vertiefen unsere Strategie anhand eines Teilraums, in dem alle drei Ansätze zur

Geltung kommen, die wir postulieren: Grünräume sichern und zugänglich machen, baulich konse-

quent nach innen entwickeln und nationale Verkehrswege verlegen. Der 360‘000 Quadratmeter Flä-

che umfassende kantonale ESP Wankdorf, der sich über Teile der Gemeindegebiete von Bern, Ittigen

und Ostermundigen erstreckt, ist nicht nur die bedeutendste Verkehrsdrehscheibe in der Stadtregion

Bern, sondern in der ganzen Hauptstadtregion. Seine interkommunale Ausdehnung entspricht unse-

rem Ansatz, die ganze Stadtregion Bern zu betrachten. Hier ist nicht nur das Wechselspiel von Sied-

lung und Verkehr besonders intensiv und das Grundeigentum auf verhältnismässig wenige, vor allem

öffentliche Eigentümer verteilt. Auch hat der ESP Wankdorf durch seine Verkehrsgunst das Potenzial,

neben der Innenstadt von Bern zu einem zweiten Zentrum der Stadtregion zu werden. Das Zukunfts-

bild, das unserer Analyse zugrunde liegt, sieht die Weiterentwicklung des ESP Wankdorf zu einem

zweiten Pol der Stadtregion Bern vor. 17

Durch eine bessere Ausschöpfung der baulichen Potenziale und eine weitgehende Tieflegung der

nationalen Verkehrswege samt Ausbau des Bahnhofs zu einem zweiten Hub des öffentlichen Ver-

kehrs in der Stadtregion Bern lässt sich der bestehende, zeitlich nur sehr selektiv genutzte Arbeits-

platz-, Stadion- und Messestandort in den nächsten 20 bis 30 Jahren in ein pulsierendes zweites ur-

banes Zentrum transformieren. In ein zweites urbanes Zentrum, in dem sich ein beträchtlicher Teil des

Bevölkerungs- und Arbeitsplatzwachstums in der Stadtregion Bern bündeln lässt und welches es ge-

stattet, in anderen Teilen das herkömmliche Erscheinungsbild zu bewahren. Durch eine grosse Diver-

sität von Nutzungen und eine hohe, aber geschickt gestaltete bauliche Dichte samt klar definierten

17

http://www.espwankdorf.bve.be.ch/espwankdorf_bve/de/index/navi/index.html

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15

Frei- und Grünräumen kann eine hohe Aufenthaltsqualität geschaffen werden. Bern Wankdorf soll zu

einem attraktiven Ort für Wohnen, Arbeiten und Ausgehen werden. Die S-Bahn und andere öffentliche

Nahverkehrsmittel sorgen für einen optimalen Anschluss innerhalb der Stadtregion und ihres weiteren

Einzugsgebiets. Fernzüge, die hier Station machen, verbinden Wankdorf direkt mit anderen städti-

schen Zentren in der Schweiz und im Ausland, und der Autobahnanschluss sorgt auch strassenseitig

für eine optimale Erreichbarkeit. Eine attraktive urbane Allmend ist das grüne Herz dieses Orts, der

von der Peripherie der Stadt Bern zum zweiten Pol der Stadtregion Bern wird.

Anzulegen ist dieses zweite Stadtzentrum nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum bauli-

chen Ensemble der Altstadt von Bern und der Innenstadt rund um Bundeshaus und Hauptbahnhof.

Hauptsächliche Differenzierungsmerkmale können die «Anker» für die Freizeitnutzung sein: In der

Innenstadt herkömmliche sakrale und kulturelle Einrichtungen vom Münster über das Casino bis zum

Stadttheater, in Wankdorf die bereits vorhandenen Einrichtungen für publikumsintensive kulturelle und

sportliche Anlässe sowie Ausstellungen, vom Stade de Suisse über die Post-Finance-Arena bis zur

Bern-Expo.

Wankdorf ist als deklariertes städtisches Zentrum anzulegen, und die konstruktive Zusammenarbeit

zwischen allen staatlichen Ebenen, die zu seiner Genese führen wird, ist für die Schweiz und darüber

hinaus wegweisend. Die folgende Vertiefung dieses Zielbildes soll die Grundlage für eine Testplanung

schaffen, in deren Rahmen konkrete Umsetzungsmöglichkeiten ausgearbeitet werden können.

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16

6 Vertiefung und Überprüfung – Die Massnahmen

Abbildung 6: Zukunftsbild (eigene Darstellung).

6.1 Massnahmenkatalog 1: Grünräume öffnen, gestalten und sichern18

Ziel des Massnahmenkatalogs 1 ist die Akzentuierung der bestehenden Grünräume im ESP Wank-

dorf. Diese schafft die Akzeptanz für die vorgeschlagenen baulichen Veränderungen. Gegenwärtig

sind die grosse und kleine Allmend durch die Autobahn N 6 getrennt und dadurch in ihrer räumlichen

Wirkung und Grosszügigkeit stark eingeschränkt. Zudem ist der angrenzende Aareraum schlecht zu-

gänglich, dies unabhängig vom gewählten Fortbewegungs- resp. Verkehrsmittel. Ferner wird vor allem

die kleine Allmend bei Grossveranstaltungen temporär als Parkplatz genutzt.19

Zum einen sehen wir im Massnahmenkatalog 1 die Beseitigung der Hindernisse beim Zugang vom

Wankdorfplatz zur Aare vor (Massnahme 1.1); unter anderem sind dafür geeignete Querungen von

Eisenbahn und Autobahn zu schaffen. Zum anderen sollen die beiden Allmenden zum «grünen Herz»

des neuen zweiten Zentrums der Stadtregion Bern werden. In einem ersten Schritt soll dort das Par-

kieren unterbunden werden. Die ständigen Parkplätze werden in ein neu zu erstellendes Parkhaus

oder in eine Tiefgarage verlegt. Die temporären Parkplätze für Grossanlässe werden aufgehoben.

Ersatz für sie bieten die an Abenden und Wochenenden nicht ausgelasteten Parkplätze entlang der

Bahnhöfe und Haltestellen des S-Bahnnetzes, von denen aus sich Wankdorf per Bahn erreichen lässt

(Massnahme 1.2).

Eine Verlegung der Autobahn in einen Tunnel ermöglicht eine ebenerdige und grossflächige Verbin-

dung und Entwicklung der beiden Allmenden zu einer einzigen urbanen Allmend (Massnahme 1.4).

18

Vgl. dazu im Detail Massnahmenkatalog 1 (Anhang 8.1.1). 19

Freiraumkonzept Stadt Bern, STEK 2015; Begehung vom 1. Februar 2016; Monitoring zum Richtplan ESP Wankforf: Abb. 14.

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Mit der bewussten Gestaltung ihrer Randbereiche (Massnahme 1.3) ist der Übergang zwischen dem

Siedlungsraum und dem neuen «grünen Herz» festzulegen und dadurch verbindlich zu sichern. Die

Massnahmen können in verschiedenen Etappen ausgeführt werden. Das gestattet die Abstimmung

auf die Ausführung der anderen Massnahmen, insbesondere die Neuordnung der nationalen Ver-

kehrswege. Die Kosten dieses Massnahmenkatalogs bewegen sich in einer Grössenordnung von rund

150 Millionen Franken (+/- 50 Prozent).20

6.2 Massnahmenkatalog 2: Siedlung baulich nach innen entwickeln21

Ziel des Massnahmenkatalogs 2 ist es, durch eine markante bauliche Entwicklung nach innen im ESP

Wankdorf einen substanziellen Beitrag zur Erhaltung des ausgeglichenen Verhältnisses zwischen

Arbeitsplätzen und Einwohnerinnen und Einwohnern in der Stadtregion Bern zu leisten.

Gemäss unseren Abschätzungen können im ESP Wankdorf und ausgewählten angrenzenden Gebie-

ten bei Ausnützungsziffern von 1,4 bis 2,6 zusätzliche Flächen von maximal 1,85 Millionen Quadrat-

metern Bruttogeschossfläche für bis zu 45’000 zusätzliche Raumnutzerinnen und Raumnutzer erstellt

werden (Massnahme 2.1). Je nachdem, welches von den unter 3.1 dargestellten Szenarien ange-

nommen wird, lassen sich so theoretisch alle oder nicht ganz die Hälfte der zusätzlich bis 2045 prog-

nostizierten zusätzlichen Einwohnerinnen und Einwohner sowie Arbeitsplätze in der Stadtregion im

ESP Wankdorf unterbringen. Zusätzlich dazu sieht der Massnahmenkatalog vor, dass vom einseitigen

Wachstum von Büroarbeitsplätzen gemäss der gegenwärtigen kantonalen Strategie für die kantonalen

ESP zugunsten einer besseren Durchmischung Abstand genommen wird. Durch Dienstleistungs- und

Gewerbenutzungen in Erdgeschossen und unteren Obergeschossen sowie Wohnnutzungen in den

übrigen Obergeschossen wird auf eine gute Durchmischung und Belebung des zweiten Zentrums der

Stadtregion Bern hingewirkt (Massnahme 2.2).22

Damit der ESP Wankdorf seiner Rolle als zweites Zentrum der Stadtregion Bern gerecht werden kann,

ist eine qualitativ hochwertige Gestaltung des öffentlichen Raums vorzusehen. Es sind qualitätsvolle,

zusammenhängende öffentliche Aussenräume zu schaffen (Massnahme 2.3). Zur Schaffung der pla-

nerischen und rechtlichen Voraussetzungen sowie für die Gestaltung des öffentlichen Raums bewe-

gen sie sich in einer Grössenordnung von 350 Millionen Franken (+/- 50 Prozent).

6.3 Massnahmenkatalog 3: Verkehrswege fruchtbar machen23

Ziel des Massnahmenkatalogs 3 ist es zum einen, das «Korsett» zu lockern, in das die nationalen

Verkehrswege Autobahn und Eisenbahn den ESP Wankdorf zwängen. Möglich wird das durch die

teilweise Tieflegung des Bahnhofs Wankdorf (Massnahme 3.1a) und der Autobahn N 6 (Massnahme

20

Die in den Kapiteln 6.1, 6.2 und 6.3 genannten Summen sind Schätzungen, die um 50 Prozent tiefer oder höher ausfallen können. 21

Vgl. dazu im Detail Massnahmenkatalog 2 (Anhang 8.1.2). 22

Zum Raumbedarf pro Person vgl. oben Kapitel 2.1. Zur Strategie für die kantonalen Entwicklungsschwerpunkte vgl.

http://www.jgk.be.ch/jgk/de/index/raumplanung/raumplanung/kantonale_raumplanung/entwicklungsschwerpunkte.html#originRequestUrl=www.be.ch/esp (abgerufen am 9.6.16). 23

Vgl. dazu im Detail Massnahmenkatalog (Anhang 8.1.3).

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3.2). Zum anderen ist die Standortgunst vollumfänglich zu nutzen, die sich daraus ergibt, dass sich

hier auf Strasse und Schiene eine Schnittstelle zwischen dem Ost-West- und dem Nord-Südverkehr

befindet. Mit dem Massnahmenkatalog sollen die verkehrsmässigen Voraussetzungen dafür geschaf-

fen werden, dass der ESP Wankdorf die Rolle eines zweiten Zentrums der Stadtregion Bern über-

nehmen kann.

Die zu erwartenden Verkehrszunahmen sind durch den öffentlichen Verkehr und den Langsamverkehr

aufzufangen. Entsprechend dieser Prämisse ist die nationale Anbindung auf der Schiene zu verbes-

sern, und die lokalen Verbindungen Richtung Osten und Norden sind zu stärken. Durch den Ausbau

des Bahnhofs Wankdorf (Massnahme 3.1a) und die Verlegung des Halts der Züge im Nord-Süd-

Fernverkehr vom Hauptbahnhof dorthin, lässt sich auf den im Sachplan Infrastruktur Schiene enthal-

tenen weiteren Ausbau der Strecke Wankdorf-Hauptbahnhof sowie des Hauptbahnhofs selber ver-

zichten. Zudem kann dort eine zusätzliche S-Bahnhaltestelle Wyler realisiert werden (Massnahme

3.1b), was am südwestlichen Ende des ESP Wankdorf eine höhere bauliche Ausnützung gestattet.

Die vorgesehene direkte neue ÖV-Verbindung zwischen Bahnhof Wankdorf und Bahnhof Worblaufen

schafft nicht nur eine direkte Verbindung zum zentralen Hub des Regionalverkehrs Bern-Solothurn;

sie ist gleichzeitig die Voraussetzung für eine weitere Siedlungsentwicklung nach innen entlang dieses

Korridors (Massnahme 3.3a). Die tangentiale Lücke im Tram- und Busnetz im Osten der Stadt Bern

wird durch eine leistungsfähige Tangentialverbindung geschlossen (Massnahme 3.3b). Mit den neuen

ÖV Feinverteilern wird der Zentrumscharakter Wankdorfs gestärkt.

Die für diese Massnahmen anfallenden Kosten sind bahnseitig auf rund 1,6 Milliarden Franken zu

veranschlagen. Die Kosten für die Tieflegung der Autobahn bewegen sich in einer Grössenordnung

von 3 Milliarden Franken (+/- 50 Prozent).

6.4 Zeitplan zur Umsetzung der Massnahmen

Abbildung 7: Zeitliche Abfolge der vorgesehenen Massnahmen (eigene Darstellung).

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19

6.5 Nicht weiter verfolgte Massnahmen

Zwei weitere Massnahmen haben wir geprüft und ausgehend von unserem Konzentrationsentscheid

verworfen.

Erstens eine Positivplanung für Grünräume. Dabei würden im kantonalen Richtplan Vorranggebiete

für die Naherholung ausgeschieden und dafür nötige Infrastrukturen, unter anderem in Bezug auf Zu-

gang und Erschliessung, vorgesehen. Für die Weiterentwicklung des ESP Wankdorf drängt sich dies

nicht auf; wir haben die Massnahme deshalb verworfen. Zugänglichkeit und Sicherung von Grünräu-

men lassen sich dort mit einfacheren Mitteln sicherstellen. Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass

später auf diese Massnahme zurückzukommen ist. Dies, wenn sich zeigen sollte, dass sich Grünräu-

me nicht auf andere Weise verbindlich sichern lassen, oder es anderweitig nicht möglich ist, das Ver-

trauen der Bevölkerung hinsichtlich einer geeigneten baulichen Weiterentwicklung der Stadtregion

Bern zu gewinnen.

Zweitens eine Bündelung der nationalen Verkehrswege Autobahn und Eisenbahn zwischen Wankdorf

und Ausserholligen. Der Bau einer neuen SBB-Doppelspur entlang der Autobahn durch den Bremgar-

tenwald hat sich im Vergleich zur nun vorgeschlagenen Reorganisation des Bahnknotens Bern als

unökonomisch herausgestellt. Die unter der Prämisse, dass die nationalen Verkehrswege in Bern

«Fesseln» sind, welche die Siedlungsentwicklung behindern, ebenfalls in eine erste Analyse einbezo-

gene Tieflegung der Autobahn im Bereich Ausserholligen haben wir ebenfalls nicht weiterverfolgt.

Dies, weil sie sich ausserhalb unseres Bearbeitungsperimeters befindet.

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20

7 Antrag und Umsetzung – «Motor» gesucht24

Die Umsetzung von Bern2

bedingt eine geeignete Organisationsstruktur als «Motor». Da alle drei

Staatsebenen sowie grössere Grundeigentümer und Grundeigentümerinnen über die Entwicklung des

Gebiets mitentscheiden, reichen die formellen Institutionen und Abläufe nicht aus. Da der Bearbei-

tungsperimeter von Bern2

dem ESP Wankdorf entspricht, ist es naheliegend, auf der bestehenden

Organisation aufzubauen, diese aber neu zu gründen. Die Neugründung markiert die Neuausrichtung

von Wankdorf als zweitem Zentrum von Bern, das nicht mehr allein auf Arbeitsplätze und wirtschaftli-

che Aktivitäten ausgerichtet sein soll.

In einem ersten Schritt gilt es eine der Staatsebenen für die Idee Bern2

zu gewinnen. Das grösste

Interesse an der Weiterentwicklung des ESP Wankdorf dürfte die Stadt Bern haben, die politisch ex-

plizit darauf abzielt, mehr Wohnraum zu schaffen. Zudem lässt sich durch die Neuorganisation der

nationalen Eisenbahn das Zentrum und der öffentliche Verkehr zwischen dem Bahnhof Bern und dem

Nordquartier entlasten. Im Hinblick auf den Antrag gehen wir daher davon aus, dass der Gemeinderat

dem Stadtrat beantragt, eine Projektorganisation zu gründen und eine Testplanung zu initialisieren

(Vergleiche hier unten und Anhang 8.2). Um eine gewisse Verbindlichkeit zu schaffen, kann eine Pla-

nungsgemeinschaft für die Dauer der Testplanung gegründet werden, während der Fragen geklärt

und Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen abgeholt werden können. So kann das Zu-

kunftsbild von Wankdorf so geschärft werden, dass es von breiten Kreisen mitgetragen wird. Die Pla-

nungsgemeinschaft gibt die Strategie für die Trägerschaft vor, die im Anschluss an die Testplanung zu

gründen ist. Diese trifft sich in regelmässigen Abständen und stellt sicher, dass die Strategie weiter-

entwickelt wird, sie koordiniert die verschiedenen Massnahmen und gibt dem zweiten Zentrum von

Bern ein Gesicht (vgl. Anhang 8.3, Abbildung Anhang 7).

Ausgehend von diesen Überlegungen schlagen wir vor, aus unserer Strategie eine Testplanung für

die Weiterentwicklung des ESP Wankdorf abzuleiten. Als ersten Schritt empfehlen wir den folgenden

Antrag des Gemeinderats (Exekutive) an den Stadtrat (Legislative):

Beschlussentwurf

1. Der Stadtrat nimmt Kenntnis von der Strategie Bern2.

2. Er beauftragt den Gemeinderat, basierend darauf ein Testplanungsverfahren einzuleiten.

3. Er beauftragt den Gemeinderat, mit dem Bund, dem Kanton Bern, den Gemeinden Ittigen und

Ostermundigen in Kontakt zu treten und die Testplanung zu organisieren.

4. Er beauftragt den Gemeinderat, für die Testplanung eine Planungsgemeinschaft zu gründen

5. Er spricht einen Kredit von 300‘000 Franken für die Vorbereitung der Testplanung.

24

Vgl. dazu den detaillierten Vortrag (Vorlage) in Anhang 8.2.

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21

8 Anhang

8.1 Massnahmenkataloge

8.1.1 Massnahmenkatalog 1: Grünraum

Abbildung Anhang 1: Übersicht Massnahmen Grünraum (eigene Darstellung).

Ausgangslage

Der an das Gebiet des ESP Wankdorf angrenzende Teil des Aareraums ist vom Bahnhof Wankdorf

her schlecht zugänglich, relativ unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel (zu Fuss, Velo, ÖV und

auch MIV).25

Die grosse und kleine Allmend sind durch die Autobahn voneinander getrennt, was «ihre räumliche

Wirkung und Grosszügigkeit stark einschränkt» (Freiraumkonzept Stadt Bern, STEK 2015). Zudem

wird vor allem die kleine Allmend oft als Parkplatz genutzt (siehe Richtplan ESP Wankdorf / Abb. 14

im Monitoring und Controlling ESP Wankdorf).

Teilziele

Damit der ESP zu einem zweiten Zentrum für Bern mit hochwertigem Wohnraum werden kann,

ist entsprechender Naherholungsraum zu schaffen.

Zur Bildung einer Identität des zweiten Zentrums im ESP Wankdorf ist ein grosses grünes Herz

zu schaffen, und die angrenzenden Naherholungsgebiete sind optimal nutzbar zu machen. Die

negativen Auswirkungen der Verkehrsinfrastrukturen im Raum des ESP sind zu reduzieren.

25

Begehung vom 1.2.2016.

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Massnahmen Bern2

Die bereits bestehenden Grünräume im Bereich des ESP Wankdorf sind optimal nutzbar zu machen.

Damit der Aareraum als Naherholungsgebiet angeschlossen werden kann, ist der Zugang zu verbes-

sern. Es ist ein hindernisfreier Zugang vom Wankdorfplatz zur Aare anzustreben. Dieser bedingt eine

räumliche Verbindung unter der Autobahn und die Aufwertung bzw. die bewusste Gestaltung eines

öffentlichen Raumes vom Wankdorfplatz bzw. der Grossen Allmend durch den Bahnhof bis hin zum

Tunnel unter der Autobahn. Danach soll ein gut begehbarer Weg vom Niveau der Autobahn in den

Einschnitt Aare erstellt werden.

Damit ein «grünes Herz» geschaffen werden kann, sind die Allmenden durch die Entfernung der Au-

tobahn miteinander zu verbinden. Mit der bewussten Gestaltung der neuen Randbereiche der urbanen

Allmend ist der Siedlungsabschluss zu fixieren und der Grünraum ist langfristig gesichert. Zudem soll

damit eine optimale Nutzung der Allmend für alle Bevölkerungsteile ermöglicht werden.

Die Verschiebung der Autobahn bringt zudem eine deutliche Reduktion des Lärms und der Luftver-

schmutzung mit sich.

Auf die Nutzung der Allmenden als Parkplatz ist zu verzichten. Es sind Parkplätze ausserhalb des

ESP Wankdorf entlang des S-Bahnnetzes zu bestimmen, so dass für Grossanlässe ein grossräumi-

ges Park & Ride möglich wird. Dieses dezentrale Konzept lastet die S-Bahn ausserhalb der Spitzen-

zeiten besser aus.

Nach Massgabe eines noch zu definierenden Verhältnisses von Raumnutzerinnen- und Raumnutzer-

zahlen und Parkplätzen soll die Option offengehalten werden, ein neues Parkhaus zu erstellen.

Die einzelnen Massnahmen können in verschiedenen Varianten realisiert werden, abhängig von der

Ausführung der anderen Massnahmen und den zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel.

Massnahme 1.1: Durchgang zur Aare

Mit einer geringen Aufstockung der Mittel für den Unterhalt bei Stadtgrün Bern wird es möglich, die

bestehenden Zugänge möglichst umgehend zu verbessern (Ausschilderung, Beleuchtung etc.). Zu-

sammen mit dem Ausbau des Bahnhofs Wankdorf kann der direkte Zugang zur Aare (Tunnel unter

der Autobahn und Durchgang durch den Bahnhof) erstellt werden. Eine Unterführung unter der Auto-

bahn und eine Aufwertung des Bahnhofausgangs hin zum Aareraum sind aber auch ohne den Neu-

bau des Bahnhofs Wankdorf machbar.

Massnahmen 1.2, 1.3 und 1.4: Urbane Allmend

Eine bewusste Gestaltung der Randbereiche soll die Allmenden vor einer künftigen Bebauung schüt-

zen. Die Verbesserung der Verbindung zwischen den Allmenden (Verbreiterung der Brücke, gestalte-

rische Verbesserungen) und die Verschiebung und Dezentralisierung der Parkflächen von den All-

menden zu den Stationen des S-Bahnnetzes ist zusammen mit der Sicherung vor Überbauung die

Minimalvariante. Falls die Verschiebung der Autobahn nicht zustande kommt, kann eine Überdeckung

der Autobahn ein weiterer gangbarer Weg sein. Die Gestaltung der Randbereiche hängt davon ab, in

welchem Mass die Allmenden miteinander verbunden werden können.

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23

Herausforderungen

Risiken bestehen insbesondere in Bezug auf einzelne Voraussetzungen für Grünraum-Massnahmen

(Tieflegung der nationalen Verkehrswege; vgl. Massnahmenkatalog 3: Verkehr).

Ein Risiko ist auch die Mehrbelastung der Verkehrsinfrastruktur durch eine Zunahme der «Freizeitzu-

pendler» nach Wankdorf; das betrifft insbesondere die Autobahn.

Schliesslich ist bei der Planung darauf zu achten, dass die angestammten Allmend-Nutzungen beibe-

halten werden und für Bauphasen allenfalls Zwischenlösungen gefunden werden können.

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24

Tabelle Massnahmenkatalog 1: Grünraum

Massnahmen

Normalschrift = aktuelle Planung

Fett = ergänzende/neue Planung Bern2

Planungsinstrument Investition in Fran-

ken +/- 50% über-

nommen durch

1.1 Langsamverkehrsverbindung vom Bahnhof

Wankdorf in Richtung Bahnhof Worblaufen

durch den Aareraum / Verbindung durch Löch-

ligut zur Aare / Freizeitnutzung der bestehen-

den Schrebergärten (Karte Themenschwer-

punkt Siedlungsentwicklung nach innen und

Freiräume)

Direkter Zugang von den Allmenden zur

Aare durch den neuen Bahnhof und unter

der bestehenden Autobahn N 1 hindurch

STEK 2015

Projekt der Stadt Bern

und der Gemeinden

Ittigen und Ostermun-

digen

< 1 Mio. Fr.

(Stadt Bern, Ittigen)

Baukosten mit Mass-

nahme 3.1

1.2 Parkieren auf der Grossen und der Kleinen

Allmend (ca. 1500 Sockelangebot und 2000

Ergänzungsangebot)

Aufhebung der Parkierung auf den Allmen-

den, neues Parkplatzkonzept inkl. Tiefgara-

ge/Parkhaus für 1'000 Parkplätze

ESP Wankdorf (Monito-

ring und Controlling Be-

richt 2013)

Anpassung ESP

Wankdorf, Projekt

Stadt Bern mit weiteren

Gemeinden

2 Mio. Fr.

Stadt Bern, Kanton

Bern

1.3 Konkretisierung Randzonen der Allmenden Anpassung ESP

Wankdorf, Anpassung

BO

Siehe Massnahme

1.2

1.4 Verbinden der Allmenden

Entfernung der Autobahn N 6

Gestaltung Parkanlage

Siehe Massnahme 3.2

(Verkehr)

Projekt Stadt Bern,

Ittigen, Ostermundigen

Siehe Massnahme

3.2

150 Mio.26

Stadt Bern, Ittigen,

Ostermundigen

Total 153 Mio. Fr.

26

Berechnung Fläche 350'000 m2 * 300 Franken / m2 = 105'000'000 Franken (wie Grünstadt Zürich für den Stadtpark Hardau,

http://www.a-fabrik.ch/Hardaugebiet/Park/Wettbewerbe_15_Stadtpark%20Hardau_Projektwettbewerb.pdf), plus Zusatzkosten von 45'000'000 aufgrund teilweiser Neigung des Geländes und weiteren aufwendigen Arbeiten (Baumbestand etc.)

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8.1.2 Massnahmenkatalog 2: Innenentwicklung

Abbildung Anhang 2: Übersicht Massnahmen Innenentwicklung (eigene Darstellung).

Ausgangslage

Gemäss den anhand des Szenario Mittel des Bundesamts für Statistik extrapolierten Prognosen des

RGSK II bis 2030 ist in der Stadtregion Bern bis 2045 ein Zuwachs von 70’000 zusätzlichen Raumnut-

zern zu erwarten. Die Szenarien Tief und Hoch des Bundes nehmen ausgehend davon Abweichungen

um 30 Prozent nach unten bzw. um 50 Prozent nach oben an, was eine Bandbreite zwischen 45'000

und 108'000 zusätzlichen Raumnutzern ergibt.

Gemäss den aktuellen Planungen (STEK 2015, kantonaler Richtplan etc.) sind Innen-, aber auch

Aussenentwicklungen vorgesehen, um den Bedarf der nächsten 15 Jahre zu decken.

Teilziele

Das zu erwartende Bevölkerungswachstum bzw. der Zuwachs an Raumnutzenden hat inner-

halb der bestehenden Siedlungsgrenzen stattzufinden.

Die Innenentwicklung soll primär auf gut erschlossene Gebiete mit Potenzialen konzentriert

werden.

Es wird ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeitsplätzen und Wohnraum angestrebt.

Massnahmen Bern2

Die Bauordnung (BO) der Stadt Bern und die Bauordnungen der Nachbargemeinden Ittigen und Os-

termundigen sind so zu überarbeiten, dass die Potenziale gut erschlossener Siedlungsgebiete besser

ausgenützt werden können. Die vorgesehenen Ausnützungsziffern betragen zwischen 1.4 und 2.6, je

nachdem, ob es sich um ein Gebiet handelt, das weiterentwickelt oder neu orientiert wird.

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Dies soll einhergehen mit der Steigerung der Wohnqualität (vgl. Massnahmenkatalog 1: Grünraum)

und der Erweiterung des Erschliessungsangebots (vgl. Massnahmenkatalog 2: Verkehr).

In den Erdgeschossen und den unteren Obergeschossen sollen primär Arbeits- und Dienstleistungs-

nutzungen angesiedelt werden. In den weiteren Obergeschossen sollen Wohnnutzungen möglich

sein. Gegebenenfalls ist dafür die Festlegung eines konkreten Wohnanteils vorzusehen. Dadurch soll

eine gute Durchmischung und eine Belebung des zweiten Zentrums der Stadtregion Bern sicherge-

stellt werden.

Die zu erwartenden Sprungkosten sind zu berücksichtigen, und es ist der Bedarf an Schulen, weiteren

Bildungsangeboten, Kinderkrippen, Angeboten für ältere Personen, Versorgungs- und Entsorgungsan-

lagen zu erheben und in die weitere Planung einzubeziehen. Es ist abzuklären, inwiefern zu deren

Finanzierung Mittel aus einer möglichen Mehrwertabgabe auf Aufzonungen eingesetzt werden kön-

nen.

Die Tatsache, dass das Grundeigentum im ESP Wankdorf vor allem im Besitz öffentlicher Eigentümer

ist, die dem politischen Auftrag eines haushälterischen Umgangs mit dem Boden verpflichtet sind,

erleichtert die Umsetzung einer Innenverdichtungsstrategie. Das gilt auch für die Etappierbarkeit der

Massnahmen.

Die Massnahmenkataloge 1: Grünraum und 3: Verkehr sind darauf ausgerichtet, das Potenzial zur

Innenentwicklung zu erhöhen.

Herausforderungen

Die bauliche Weiterentwicklung von Wankdorf von einem wirtschaftlichen Entwicklungsschwerpunkt

zu einem zweiten städtischen Zentrum bedingt einen neuen Blick nicht nur auf diesen Raum, sondern

auf die ganze Stadtregion Bern. Insofern ist die Innenentwicklung von Wankdorf nicht nur baulich und

politisch, sondern vor allem auch mental eine grosse Herausforderung. Um dieser gerecht zu werden,

ist die Einsicht zu vermitteln, dass die Transformation der heute belasteten innerstädtischen Räume

entlang der Verkehrsachsen zu attraktiven Gebieten einen substanzieller Beitrag leistet, um das

Gleichgewicht von Wohnen und Arbeiten in der Stadtregion Bern zu erhalten. In ihnen steckt grosses

städtebauliches Potenzial.

Planerisch und baurechtlich können lediglich zusätzliche Potentiale für Wohn- und Arbeitsraum sowie

Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Entwicklung geschaffen werden. Es hängt von der

Nachfrage und von den Grundeigentümern ab, ob und wie die daraus resultierenden Möglichkeiten

ausgeschöpft werden.

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27

Tabelle Massnahmenkatalog 2: Innenentwicklung

Massnahmen

Normalschrift = aktuelle Planung

Fett = ergänzende/neue Planung Bern2

Planungsinstrument Investition in Franken

+/- 50%

übernommen durch

2.1 Gemäss ESP Wankdorf können im Ge-

biet des ESP zusätzliche Flächen von

750'000 m2 für 19’000 Raumnutzer er-

stellt werden

Es soll Wohnraum und Arbeitsraum für

bis zu 45’000 Personen (1,85 Mio. m2

BGF) geschaffen werden. Dadurch

sollen 1,1 Mio. m2 mehr Fläche sollen

geschaffen werden.

Richtplan ESP Wank-

dorf,

BO Teilrevision (Stadt

Bern, Ittigen, Ostermun-

digen)

2 Mio. Fr.

Stadt Bern, Ittigen, Os-

termundigen

2.2 Gemäss dem Richtplan ESP Wankdorf

sollen vor allem Arbeitsplätze geschaffen

und lediglich 14 % der Bruttogeschossflä-

che für Wohnnutzungen verwendet wer-

den.

Über den gesamten ESP Wankdorf ist

ein ausgeglichenes Verhältnis zwi-

schen Arbeiten und Wohnen anzustre-

ben. Je nach Teilgebiet sind die Erd-

geschossnutzungen im Sinne der Stra-

tegie Bern2 spezifisch zu definieren.

Richtplan ESP Wankdorf

BO Teilrevision (Stadt

Bern, Ittigen, Ostermun-

digen)

Siehe Massnahme 2.1

2.3 Der Gestaltung des befestigten Frei-

raums ist besonderes Augenmerk zu

schenken. Es sind qualitätsvolle, zu-

sammenhängende öffentliche Aussen-

räume zu schaffen.

348 Mio. Fr.27

Stadt Bern, Ittigen und

Ostermundigen

Total 350 Mio. Fr.

27

Rechnung über 195'000 m2 befestigter Freiraum.

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28

8.1.3 Massnahmenkatalog 3: Verkehr

Abbildung Anhang 3: Übersicht Massnahmen Verkehr (eigene Darstellung).

Ausgangslage

Das Potenzial zum Ausbau des ESP Wankdorf zum zweiten Zentrum der Stadtregion Bern ergibt sich

auch aus seiner Verkehrsgunst. Diese resultiert aus dem Verkehrsdreieck, das internationale und

nationale Achsen auf Schiene und Strasse hier bilden: Richtung Westen nach Freiburg-Lausanne-

Genf; Richtung Norden nach Olten–Basel–Deutschland/Zürich/Luzern; Richtung Süden nach Thun-

Interlaken/Lötschberg–Brig–Italien. Strassenseitig ist der ESP über den Autobahnanschluss Wankdorf

international, national, regional und lokal gut bis sehr gut erschlossen. Geschmälert wird diese Quali-

tät durch die Staus auf den Zufahrten von und nach Norden und Süden. 28

Schienenseitig ist der ESP regional und lokal durch die aus den beiden Teilen Nord und Süd beste-

hende S-Bahnstation sehr gut bedient, die gleichzeitig Knotenpunkt für städtische und regionale Tram-

und Buslinien ist. Wankdorf liegt denn auch in der ÖV-Güteklasse 1. International und national ist

Wankdorf auf der Schiene nur indirekt erschlossen. Fernzüge bedienen nur den Hauptbahnhof Bern,

wo auf die S-Bahn umgestiegen werden muss.

Schliesslich ist Wankdorf nach dem Bau der ersten Veloschnellroute via Breitenrain bis zum Bahnhof

Bern (Baubeginn 2016) ebenfalls gut mit dem bestehenden Stadtzentrum verbunden.

28

Vgl. z. B. Bundesamt für Strassen: Bericht über die Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen 2014, Bern 2015.

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Teilziele

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen sollen die verkehrsmässigen Voraussetzungen dafür

geschaffen werden, dass Wankdorf die Rolle als zweites Zentrum der Stadtregion Bern über-

nehmen kann.

Die zu erwartenden Verkehrszunahmen sollen durch den öffentlichen Verkehr und vom Lang-

samverkehr aufgefangen werden. Zum einen ist die nationale Anbindung zu verbessern, zum

anderen sind die lokalen Verbindungen Richtung Osten und Norden zu stärken.

Pendler und Pendlerinnen, die in Wankdorf oder Ittigen arbeiten, können dann auf den Umweg

über den Hauptbahnhof Bern verzichten. Dadurch lassen sich die Belastungen von S-Bahn und

auch Tram sowie insbesondere auch des Hauptbahnhofs Bern durch Umsteigerinnen und Um-

steiger reduzieren.

Durch den gezielten Ausbau des Feinverteilers soll die Siedlungsentwicklung gefördert wer-

den.

In der gegenwärtigen Planung vorgesehene Massnahmen

Nationale Erschliessung

Eisenbahn

Die SBB haben westlich der S-Bahnstation Wankdorf mit dem Bau des Entflechtungsbauwerks Bern

Wylerfeld begonnen. Durch zwei neue Gleisverbindungen, eine davon unterirdisch, soll auf dem Ab-

schnitt Bern Hauptbahnhof-Bern Wankdorf aus zwei nebeneinander geführten Doppelspuren bis

2021/22 eine Vierspur werden. Das ermöglicht eine grössere betriebliche Flexibilität. Bestandteil die-

ses Umbaus ist auch ein zusätzliches Gleis samt zusätzlichem Perron in Wankdorf Süd, das im kan-

tonalen Richtplan als Festsetzung enthalten ist. Langfristig ist im Kapitel 4.1 des Sachplans Verkehr,

Teil Infrastruktur Schiene, als Vororientierung eine Erweiterung der Kapazität auf dem Abschnitt Bern

Hauptbahnhof-Bern Wankdorf um zwei auf insgesamt sechs Gleise enthalten. Im selben Stadium

befinden sich die Projekte einer Verbindungslinie Ostermundigen(–Wankdorf–)Löchligut, sowie je ein

viertes Gleis im Bereich des Bahnhofs Wankdorf Nord sowie von Wankdorf Süd nach Ostermundigen.

Diskrepanzen gegenüber anderen Planungsinstrumenten gibt es in Bezug auf die Verbindungslinie

Ostermundigen–Löchligut. Im kantonalen Richtplan fehlt sie, im Richtplan ESP Wankdorf ist sie expli-

zit als «unterirdisch geführt» erwähnt. Der baulichen Entwicklung und der Siedlungsqualität (Raumbe-

darf und Lärmbelastung) nicht zuträglich ist die Lage der Eisenbahn, die den Entwicklungsschwer-

punkt von Norden nach Süden durchschneidet, und sein Potenzial in nordwestlicher Richtung be-

schränkt. Diese Problemlage wird sich angesichts der vorgesehenen Ausbauten akzentuieren, was

mit Aufwertung und Ausbau des ESP kollidiert.

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Autobahn

Gemäss der Botschaft des Bundesamts für Strassen zum Nationalstrassen- und Agglomerationsver-

kehrsfonds vom 18.2.2015 sind die folgenden Verbesserungen bzw. Ausbauten vorgesehen29

:

- Ab 2018/2019: Nutzung Pannenstreifen Abschnitt Wankdorf–Muri (Richtung Süden, Auto-

bahn N 6) in den Spitzenzeiten.

- Bis 2030: Erweiterung Abschnitt Wankdorf–Schönbühl (Richtung Norden, Autobahn N 1)

um zwei auf sechs Spuren.

- Nach 2030: Erweiterung Abschnitt Wankdorf–Muri (Richtung Süden, Autobahn N 6) um

zwei auf sechs Spuren (Bypass Ost).

Lokale Erschliessung

Feinverteiler

Die bestehende Planung (STEK 2015, Teilverkehrsplan Stadtteil 5, Richtplan ESP Wankdorf sowie

RGSK II) stimmt mit der Planung Bern2 für den Feinverteiler des öffentlichen Verkehrs (Tram und Bus)

sowie des motorisierten Individualverkehrs in den folgenden Zielen überein:

- Ein grosser Teil des durch die neuen Nutzungen entstehenden Verkehrs soll mit dem öffentli-

chen Verkehr abgewickelt werden. Dazu ist ein punktueller Ausbau der Strassen notwendig,

damit der öffentliche Verkehr bevorzugt werden kann.

- Das Verkehrsnetz Wankdorf soll als Gesamtverkehrssystem attraktiviert werden.

- Damit die gewünschten Verbesserungen beim öffentlichen Verkehr erreicht werden, soll auf

der Papiermühlestrasse der Anteil des motorisierten Individualverkehrs reduziert werden. Mit

Dosierungs- und Lenkungsmassnahmen soll der Verkehr aus der Stadt auf das übergeordnete

Netz geführt werden.

- Anpassung Führung Buslinie 40; nachfragegerechter Angebotsausbau.

Verdichtungsgebiet (Bahnhof Worblaufen) als regionaler Wohnschwerpunkt.

Aktuell werden zwei Ausbauten des lokalen öffentlichen Verkehrs (Tram) diskutiert: Bern Hauptbahn-

hof Richtung Ostermundigen und Länggasse–Bern Hauptbahnhof–Wyler–Wankdorf.

29

http://www.astra.admin.ch/dokumentation/00109/00113/00491/index.html?lang=de&msg-id=56248.

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Massnahmen Bern2

Massnahme 3.1: Teilweise Tieflegung Bahnhof Wankdorf und S-Bahnhaltestelle Wyler

Basierend auf der «Langfristperspektive Bahn» des Bundesamts für Verkehr, die für die Strecken von

Bern nach Basel, Zürich und Thun den Viertelstundentakt und dadurch einen grösseren Spielraum für

Linienführungen und Anschlussbeziehungen vorsieht, ist diese Option vom Gesichtspunkt der Linien-

netzentwicklung aus realistisch. Optimierungspotenzial besteht vor allem bei den drei Linien, die heute

zwischen Olten, Bern und Thun verkehren. Sie machen im Hauptbahnhof zur Weiterfahrt eine Spitz-

kehre, wodurch sie den Abschnitt zwischen Hauptbahnhof und Wankdorf mit je zwei Fahrten pro

Stunde und Richtung belegen. Haben diese Linien in Bern ihren Haltepunkt künftig nicht mehr im

Hauptbahnhof, sondern in Wankdorf, und werden die beiden geplanten zusätzlichen Verbindungen

pro Stunde von und nach Thun ebenfalls auf diese Weise weiter Richtung Olten geführt, werden zwi-

schen diesen beiden Haltepunkten Kapazitäten frei bzw. nicht belegt (minus 6 Trassen pro Stunde

und Richtung gegenüber heute; minus 10 Trassen gemäss den Planungen für die Jahre nach 2030).

Somit erübrigt sich ein weiterer kapazitätsmässiger Ausbau des Abschnitts Hauptbahnhof–Wankdorf.

Das ermöglicht nicht nur eine konsequente Entflechtung von Fern- und S-Bahnverkehr, sondern auch

die Einrichtung einer zusätzlichen S-Bahnhaltestelle «Wyler» von der Überführung Polygonstrasse

nordostwärts. Eine solche ist der baulichen Entwicklung des nordwestlichen Teils des ESP sowie des

daran angrenzenden Gebiets zuträglich; zudem stärkt sie die Bedeutung der S-Bahn-«City-Schiene»

Wankdorf–Hauptbahnhof–Ausserholligen.

Abbildung Anhang 4: Konzeptionen Fernverkehr Bern gemäss bestehender Planung (oben) und Vor-

schlag Entflechtung (eigene Darstellung).

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Abbildung Anhang 5: Möglichkeiten für Regionalverkehr nach Entflechtung Fernverkehr (eigene Dar-

stellung).

Ausgehend von diesen betrieblichen Überlegungen ist die bauliche Weiterentwicklung des Bahnhofs

Wankdorf sowie der Bau einer S-Bahn-Station «Wyler» abzuleiten. Im Fall Wankdorf sind Dimensio-

nierung und detaillierte Ausgestaltung der neuen Bahnanlage nach weiteren Vertiefungen von Be-

triebskonzepten festzulegen. Um im Sinne des Teilziels Verkehr eine grösstmögliche Wirkung hin-

sichtlich der Möglichkeiten für eine bauliche Entwicklung zu erzielen, ist von einer Tieflegung der Ach-

sen West–Süd und Nord–Süd auszugehen. Ein neu gestalteter Bahnhof kann zudem als Fussgänger-

verbindung zwischen Wankdorffeldstrasse, Hilfikerstrasse, Worblaufenstrasse und der Papiermüh-

lestrasse dienen.

Der Bahnhof ist so auszugestalten, dass ihn auch Güterzüge weiterhin passieren können.

Schliesslich wird unter dem Motto «Mehr Nutzen für gleich viel oder weniger Geld» maximal eine Kos-

tenäquivalenz mit den in den nationalen und regionalen Planungsgrundlagen vorgesehenen Ausbau-

massnahmen angestrebt.

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Massnahme 3.2: Tieflegung Autobahn

Der baulichen Entwicklung und der Siedlungsqualität (Raumbedarf und Lärmbelastung) nicht zuträg-

lich ist die Lage der Autobahn, die den Entwicklungsschwerpunkt von Norden nach Süden durch-

schneidet. Diese Problemlage wird sich angesichts der vorgesehenen Kapazitätserweiterungen und

dem Ausbauten an der A6 akzentuieren. Das STEK 2015 sagt dazu: «Die Zunahme auf dem Auto-

bahnnetz stagniert auf hohem Niveau. Was den Verkehr angeht, steht das Management des prognos-

tizierten Wachstums im Vordergrund. Eine substanzielle Veränderung ist lediglich für die Autobahn

Wankdorf–Muri vorgesehen. Sie soll nach 2030 teilweise in einen Tunnel verlegt werden.» Der Tatsa-

che, dass der Eisenbahnknoten Bern in seiner gegenwärtigen Konzeption an seine Grenzen stösst

und die Siedlungsentwicklung in der Kernagglomeration Bern durch die dominanten nationalen Ver-

kehrsinfrastrukturen eingeschränkt wird, lässt sich allein dadurch aber nicht begegnen. Daher ist mit

Bern2 eine Tieferlegung der Autobahn bereits ab dem Bahnhof Wankdorf vorgesehen.

Bei unserer technischen Überprüfung haben wir uns auf den Raum zwischen dem Autobahnkreuz

Wankdorf und dem Nordende des Verlegungprojekts Muri–Gümligen des Bundesamts für Strassen

konzentriert. Unter Beachtung der dafür vorgegebenen Parameter (maximales Gefälle 4 Prozent;

Überdeckung Unterkante 8 Meter) lässt sich die Autobahn hier tieflegen. Durch diese Tieflegung las-

sen sich weitere 100 Hektaren für die Bebauung freispielen und ermöglichen das Verbinden der bei-

den Allmenden zu einer urbanen Allmend. Falls eine Verlegung der Autobahn in einen Tunnel nicht

möglich ist, sind Alternativen, wie z.B. eine Überdeckung zu überprüfen.

Die partielle Tieflegung des Bahnhofs Wankdorf und der Autobahn N 6 lassen sich unabhängig vonei-

nander realisieren. Damit tragen wir der Tatsache Rechnung, dass die beiden Projekte aus unter-

schiedlichen eidgenössischen Kassen finanziert werden (Bahninfrastrukturfonds; Fonds für Natio-

nalstrassen und Agglomerationsverkehr). Hinsichtlich der Stadtentwicklung wäre eine kombinierte

Realisierung wünschenswert; zwingend ist sie aber nicht.

Massnahme 3.3: Feinverteiler Wankdorf–Worblaufen und Feinverteiler Bern Ost

Heute gibt es keine direkte ÖV-Verbindung zwischen den Bahnhöfen Wankdorf und Worblaufen (Kno-

ten des Regionalverkehrs Bern-Solothurn). Die Distanz von 3 bis 4 Kilometern ist nur mit Umsteigen

beim Bahnhof Papiermühle bzw. via Hauptbahnhof Bern möglich. Die Fahrt dauert rund 15 bis 20

Minuten; mit dem Auto sind es 7 bis 10 Minuten. Ab Bahnhof Wankdorf verkehrt bereits heute ein Bus

bis zum Bahnhof Papiermühle (Ittigen). Dieser bedient anschliessend Ittigen Aespliz, nach Worblaufen

muss auf die Linie S7 des RBS umgestiegen werden. Das Gebiet zwischen Papiermühle und Wor-

blaufen Bahnhof entlang der Worblentalstrasse ist heute geprägt von Industrie und Dienstleistungs-

nutzungen von Bund und Swisscom, hinzukommen vereinzelte Wohnnutzungen. Wenige Meter ober-

halb der Worblentalstrasse beginnt die Wohnsiedlung von Ittigen. Die Wohn- und Arbeitsnutzung ent-

lang der Worblentalstrasse und im umliegenden Gebiet soll gemäss dem Zonenplan der Gemeinde

Ittigen von 2013 gestärkt werden. Mit dem Feinverteiler soll die Entwicklung unterstützt und vorange-

trieben werden. Eine neue direkte ÖV-Verbindung Wankdorf–Worblaufen schafft eine Verbindung

zwischen dem neuen zweiten Zentrum der Stadtregion und ihrem Norden, zudem stärkt sie die beiden

ÖV-Knoten. Realisierbar ist auf dieser Achse aufgrund der Normalien (Strassenbreite; Steigung) so-

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wohl ein Bus als auch ein Tram. Eine Linienführung ist via Papiermühlestrasse, Bahnhof Papiermühle,

Worblentalstrasse zum Bahnhof Worblaufen möglich. Alternativ ist zwischen Papiermühle und Wor-

blaufen eine Führung auf dem bestehenden S-Bahn-Trassee (Meterspur) möglich.

Eine leistungsfähige Tangentialverbindung fehlt auch zwischen Wankdorf und den südlich davon ge-

legenen Quartieren im Osten der Stadt Bern. Auch diese Lücke kann mit einem neuen Feinverteiler

geschlossen werden. Vom Bahnhof Wankdorf ausgehend, lässt sich dieser via Guisanplatz zum

Freudenbergerplatz (Ostring) führen und dort an das bestehende Tramnetz anschliessen. Vorausset-

zung für eine solche Linie wäre die Massnahme 3.2 (Tieflegung Autobahn). Zu klären ist die Strecken-

führung bei der Allmend. Möglich, aber im Widerspruch zur Massnahme 1.4 (Urbane Allmend) wäre

die dann ehemalige Autobahnfläche zu nutzen.

Bei beiden neuen Linien ist ungefähr alle 500 Meter ist eine Haltestelle vorgesehen. Die Haltestellen

sollen so gewählt werden, dass sie entweder vorhandene Unterzentren stärken oder an Orten, wo das

Potenzial für die Entstehung eines Unterzentrums vorhanden ist.

Herausforderungen

Die teilweise Tieflegung der nationalen Verkehrsträger Eisenbahn und Autobahn bieten sehr grosse

Herausforderungen. Die Verknüpfung von Stadtplanung und nationaler Verkehrsplanung wäre ein

schweizweites «Leuchtturm»-Projekt. Bezogen auf die Eisenbahn müssten nicht mehr finanzielle Mit-

tel eingesetzt werden als für die Umsetzung der angedachten zweiten Ausbauetappe des Hauptbahn-

hofs Bern notwendig wären. Die Umsetzung der Massnahme 3.1 bedingt jedoch Klarheit darüber, ob

die künftige Strukturierung des nationalen Eisenbahnnetzes den Einbezug solcher «Vorstadt-

Bahnhöfe» ins das Netz des nationalen Fernverkehrs vorsieht. Insofern ist ein klares Bekenntnis des

Bundes zu diesem Ansatz Voraussetzung für dessen Realisierung. Das wiederum setzt eine entspre-

chende Projektorganisation voraus. Bezogen auf die Massnahme 3.2, welche die Nationalstrasse

betrifft, ist das Risiko beträchtlich, dass die Massnahme nicht umgesetzt werden kann. Dies, weil sie

weit grösser und finanziell aufwändiger ist, als das, was das Bundesamt für Strassen bis anhin an

Aus- und Umbaumassnahmen vorsieht. Eine Zentrumsentwicklung am Standort Wankdorf ist auch

ohne die Tieflegung der Autobahn möglich, jedoch sind bei der Entwicklung des Standorts Wankdorf

wesentliche städtebauliche Qualitätseinbussen zu erwarten. Die als Massnahme 3.3 postulierten neu-

en Feinverteiler-Verbindungen lassen sich demgegenüber verhältnismässig einfach realisieren, auch

deshalb, weil sich nicht auf ein bestimmtes Traktionsmittel (Tram oder Bus) fixiert sind.

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Tabelle Massnahmenkatalog 3: Verkehr

Massnahmen

Nur ergänzende/neue Pla-

nung Bern2

Zu bestehender Planung vgl.

oben.

Planungsinstrument Investition

In Franken30

+/- 50%

übernommen durch

3.1a Teilweise Tieflegung Bahn-

hof Wankdorf

Federführung: Bund

Sachplan Verkehr;

nachgeordnet kantonale

und regionale Instru-

mente

1,5 Mia. Fr.

Bund

3.1b S-Bahnhaltestelle Wyler

Federführung: Regional Bahn

Zusammenarbeit: Bund, Kan-

ton und Stadt Bern

Sachplan Verkehr;

nachgeordnet kantonale

und regionale Instru-

mente

40 Mio. Fr.

Bund und Kanton

3.2 Teilweise Tieflegung Auto-

bahn N 6

Federführung: Bund

Zusammenarbeit: Kanton und

Stadt Bern

Sachplan Verkehr;

nachgeordnet kantonale

und regionale Instru-

mente

3 Mia. Fr.

Bund

3.3a Feinverteiler Wankdorf-

Worblaufen

Federführung: Bernmobil

Zusammenarbeit: Gemeinden

und Kanton

RGSK Tramkonzept 150 Mio. Fr.

Stadt/Kanton/Bund

3.3b Feinverteiler WankdorfBern

Ost

Federführung: Bernmobil

Zusammenarbeit: Gemeinden

und Kanton

RGSK Tramkonzept 100 Mio. Fr.

Stadt/Kanton/Bund

Total 4,79 Mia. Fr.

30

Die Investitionskosten sind Schätzungen, die auf vergleichbaren Vorhaben basieren. Die Abweichungen können 50 Prozent nach

oben oder unten betragen. Beigezogene Vergleichsgrössen: 1.1a Tiefbahnhof = Durchmesserlinie Zürich (ohne Viadukt Altstetten-Hauptbahnhof); 1.1b S-Bahn-Haltestelle Wyler = Projekt S-Bahnhaltestelle Silbern in Dietikon (plus 6 Mio.Fr.); 1.3a Tramregion Bern (entsprechende Distanz); 1.3b Tramregion Bern (entsprechende Distanz) 3.2 Autobahntunnel in der Stadt Basel.

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8.2 Vortrag (Vorlage) für den Antrag

2016.Bern2.0001238 (17/015)

Vortrag des Gemeinderats an den Stadtrat

Bern2 – Ein Zweites Zentrum für Bern in Wankdorf, Kreditantrag für die Organisation einer

Testplanung und Planungsgemeinschaft für die Testplanung

1 Worum es geht

Der Norden von Bern galt schon früh als wichtiges städtebauliches Entwicklungsgebiet. Der erste

Eisenbahnzug fuhr im Juni 1857 von Herzogenbuchsee in den Wylerfeld-Bahnhof ein. Ende 2004

wurde die neue S-Bahn-Station Wankdorf in Betrieb genommen, und am 1. August 2005 wurde das

Fussballstadion Stade de Suisse Wankdorf eröffnet. Ende Oktober 2012 wurde der neue Autobahn-

anschluss Wankdorf in Betrieb genommen. Seit Dezember 2012 ist der Wankdorfplatz mit einem

Kreisverkehr neu organisiert, und die verlängerte Tramlinie 9 verkehrt bis zum S-Bahnhof Wankdorf31

.

Diese Entwicklung wird nun konsequent weitergeführt. Durch eine bessere Ausschöpfung der bauli-

chen Potenziale und eine Tieflegung der nationalen Verkehrswege samt Ausbau des Bahnhofs zu

einem zweiten Hub des öffentlichen Verkehrs in der Stadtregion Bern wird der bestehende ESP

Wankdorf in den nächsten 20 bis 30 Jahren in ein pulsierendes zweites Zentrum transformiert. So

kann hier in Zukunft ein substanzieller Teil des Bevölkerungs- und Arbeitsplatzwachstums der Stadt-

region aufgefangen werden. Als erster Schritt wird eine Testplanung durchgeführt, in die der Bund, der

Kanton Bern, die Gemeinden Ittigen und Ostermundigen sowie die Quartiervereine und weitere An-

spruchsgruppen einbezogen werden, um die Vision eines zweiten städtischen Zentrums Wankdorf zu

konkretisieren. Diese Konkretisierung wird die Grundlage für die zukünftige Planung des ESP Wank-

dorf.

2 Ausgangslage

Als Bundesstadt und Kantonshauptstadt ist Bern eine ausgeprägte Verwaltungsmetropole. Daraus

ergibt sich in der Stadt ein signifikanter Überhang an Arbeitsplätzen. Anfang 2013 standen in der Stadt

Bern 128‘848 Einwohnerinnen und Einwohnern 184‘844 Arbeitsplätze gegenüber (1 zu 1,43). Bezieht

man neben der Stadt auch die übrigen Gemeinden der von der Regionalkonferenz Bern-Mittelland

definierten Kernagglomeration in die Betrachtung ein (Bolligen, Bremgarten, Ittigen, Muri, Köniz, Os-

termundigen und Zollikofen), ist dieses Verhältnis aber nahezu ausgeglichen. In diesem Raum stehen

224‘914 Einwohnerinnen und Einwohnern 239‘967 Arbeitsplätze (1 zu 1,06) gegenüber. In der Stadt-

region Bern ist also weniger das Verhältnis von Wohnbevölkerung und Arbeitsplätzen problematisch,

als der Trend, dem dieses unterworfen ist. Hier besteht im schweizerischen Vergleich das grösste

Missverhältnis zwischen dem Wachstum von Arbeitsplätzen und Wohnbevölkerung, was das Verhält-

nis zuungunsten der Wohnbevölkerung verschiebt. Es trägt zur Zersiedelung im weiteren Umland bei,

die ihrerseits ein Anschwellen der Verkehrsströme nach sich zieht. Als Gründe für das Missverhältnis

31

ESP Wankdorf http://www.espwankdorf.bve.be.ch/espwankdorf_bve/de/index/navi/index/Raum.html (Zugriff 19.06.2016).

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in Bern gelten verhältnismässig hohe Steuern und ein knappes Angebot an Wohnungen und Bau-

land.32

Durch eine bessere Ausschöpfung der baulichen Potentiale und eine Tieflegung der nationalen Ver-

kehrswege samt Ausbau des Bahnhofs Wankdorf zu einem zweiten Hub des öffentlichen Verkehrs in

der Stadtregion Bern lässt sich der bestehende, zeitlich nur sehr selektiv genutzte Arbeitsplatz-, Sta-

dion- und Messestandort in den nächsten 20 bis 30 Jahren in ein pulsierendes zweites urbanes Zent-

rum transformieren. In ein zweites urbanes Zentrum, in dem sich ein beträchtlicher Teil des Bevölke-

rungs- und Arbeitsplatzwachstums in der Stadtregion Bern bündeln lässt und das es gestattet, in an-

deren Teilen das herkömmliche Erscheinungsbild zu bewahren. Durch eine grosse Diversität von Nut-

zungen und eine hohe, aber geschickt gestaltete bauliche Dichte samt klar definierten Frei- und Grün-

räumen ist eine hohe Aufenthaltsqualität zu schaffen, die Bern Wankdorf als Ort zum Wohnen, Arbei-

ten und Ausgehen attraktiv macht. Die S-Bahn und andere öffentliche Nahverkehrsmittel sorgen für

einen optimalen Anschluss innerhalb der Stadtregion und ihres weiteren Einzugsgebiets. Fernzüge

verbinden Wankdorf direkt mit anderen städtischen Zentren in der Schweiz und im Ausland, und der

Autobahnanschluss sorgt auch strassenseitig für eine optimale Erreichbarkeit. Eine attraktiv gestaltete

Allmend ist das grüne Herz dieses Orts.

Anzulegen ist dieses zweite Stadtzentrum nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum bauli-

chen Gesamtkunstwerk der Altstadt von Bern und der Innenstadt rund um Bundeshaus und Haupt-

bahnhof.

3 Vorgehen

Schlüsselakteure bei der Weiterentwicklung des ESP Wankdorf sind alle drei Staatsebenen sowie die

Grundeigentümer und Grundeigentümerinnen. Um möglichst alle Entscheidungsträger miteinzubezie-

hen, schlägt der Gemeinderat dem Stadtrat vor, zusammen mit diesen eine vertraglich gesicherte

Planungsgemeinschaft für die Dauer der Testplanung zu gründen. Nicht zuletzt geht es bei diesem

partizipativen Verfahren darum, von Anfang an Quartiervereine und andere Interessensvertretungen,

wie zum Beispiel Wohnbaugenossenschaften und verkehrlich ausgerichtete Organisationen, bei der

Planung des zweiten Zentrums miteinzubeziehen.

Da der Perimeter von Bern2

mit dem des ESP Wankdorf weitegehend übereinstimmt, ist es nahelie-

gend und richtig, dabei organisatorisch auf der funktionierenden Struktur des ESP Wankdorf aufzu-

bauen und all ihre Mitglieder in die Testplanung miteinzubeziehen. Die Neugründung dieser Organisa-

tion markiert die Neuausrichtung Wankdorfs als zweites Zentrum von Bern. In Zukunft sollen sich hier

die Nutzungen Wohnen und Arbeiten zusammen mit den grossen Publikumsmagneten die Waage

halten. Die Förderung von Arbeit und Wirtschaft wird nicht mehr das einzige Ziel sein, sondern noch

eines unter mehreren.

Die Testplanung schafft die Möglichkeit, gemeinsam Visionen und Bedürfnisse zu formulieren und

abzustimmen. So kann ein Zukunftsbild von Wankdorf entworfen werden, das von möglichst vielen

Anspruchsgruppen mitgetragen wird. Es wird Leitlinie für die weitere Planung sein. Um dies sicher zu

32

Michael Hermann: Bern – mehr Dynamik wagen, Vortrag vor dem Verein Bern neu gründen am 26.3.13.

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stellen, wird im Anschluss an die Testplanung eine Trägerschaft gegründet. Mitglieder sind die Orga-

nisationen, die an der Testplanung teilgenommen haben. Sie soll aber auch weiteren Organisationen

offen stehen. Die Trägerschaft trifft sich in regelmässigen Abständen und stellt sicher, dass Wankdorf

im Sinne der Strategie Bern2 weiter entwickelt wird. Sie koordiniert die verschiedenen Massnahmen

und kommuniziert die Fortschritte gegenüber der Öffentlichkeit. Aufgabenkatalog, Organisation und

Kredit dafür werden dem Stadtrat nach Abschluss der Testplanung separat vorgelegt.

4 Kostenzusammenstellung

Die Kosten für die Vorbereitung der Testplanung belaufen sich auf ca. Fr. 297‘000 (inkl. MwSt.). Sie

setzen sich wie folgt zusammen:

Erste Phase Planungskredit (Vorbereitung Testplanung) Fr. 250‘000

Diverses/Unvorhergesehenes (~10 %) Fr. 28‘000

Total exkl. MwSt. Fr. 278‘000

Total Bruttokredit inkl. 8 % MwSt. Fr. 300‘000

Für die Durchführung der Testplanung Bern2 wird in einem nächsten Schritt ein Kredit von rund einer

Million Franken (inkl. MwSt.) nötig sein. Der Gemeinderat schlägt vor, dass diese Kosten unter den

Mitgliedern der zu gründenden Planungsgemeinschaft aufgeteilt werden.

Beschlussentwurf

1. Der Stadtrat nimmt Kenntnis von der Strategie Bern2.

2. Er beauftragt den Gemeinderat, basierend darauf ein Testplanungsverfahren einzuleiten.

3. Er beauftragt den Gemeinderat, mit dem Bund, dem Kanton Bern, den Gemeinden Ittigen und

Ostermundigen in Kontakt zu treten und die Testplanung zu organisieren.

4. Er beauftragt den Gemeinderat, für die Testplanung eine Planungsgemeinschaft zu gründen

Er spricht einen Kredit von 300‘000 Franken für die Vorbereitung der Testplanung

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8.3 Ablauf der Testplanung und Aufbau der Trägerschaft Bern2

Abbildung Anhang 6: Zeitplan Prozessstruktur Bern

2.

Abbildung Anhang 7: Organigramm der Trägerschaft Bern

2, die auf einem Vertrag basiert. Die Träger-

schaft ESP Wankdorf wird in diese Organisation übergeführt.

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8.4 Übersicht über Volksentscheide zu Einzonungen seit 2006

(Stadtregion Bern)

Entscheide gegen Veränderungen (Parlaments- oder Volksentscheide)

- Bremgarten: Annahme Ortsplanungsrevision ohne Einzonunungen, 2010

- Ittigen: Ablehnung Ortsplanungsrevision, 2008

- Köniz: Beschluss Bauzonenmoratorium, 2008

- Muri: Ablehnung Ortsplanungsrevision, 2009 und 2012

- Muri: Annahme Restriktionen für Einzonungen (Moratorium), 2016

- Ostermundigen: Verzicht auf Einzonung Rütibühl, 2013

- Zollikofen: Entfernung Gebiet Rütti aus RGSK-Liste für mögliches Bauland, 2012

- Zollikofen: Annahme Motion gegen Einzonung Steinibachmatte, 2015

Entscheide für Veränderungen

+ Bern: Ablehnung Initiative gegen Waldstadt Bremer, 2015

+ Ostermundigen: Ja zu 100-Meter-Hochhaus, 2015

+ Zollikofen: Ja zur Einzonung Lättere, 2012

+ Bern: Ja zur Einzonung Viererfeld, 2016