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AKTUELLE MEDIZIN REPORT Störende Einflüsse bei Schwangeren Der positive Effekt des Schlafs auf das Ge- dächtnis wird auch durch Hormone beein- flusst. Untersuchungen bei Frauen in ver- schiedenen Phasen des Menstruationszy- klus ergaben, dass nur in der Lutealphase, also wenn die Östrogenspiegel relativ hoch sind, der Schlaf die Gedächtnisleistung verbessert, nicht jedoch in der Follikelpha- se, wenn der Östrogenspiegel niedrig ist. Entscheidend für die im Schlaf statt- findende Gedächtnisbildung ist auch die Schlafqualität. Diese ist z. B. bei Patien- ten mit obstruktiver Schlafapnoe gestört, aber auch bei Schwangeren und stillen- den Müttern. „Bei solchen Kollektiven mit gestörtem Schlaf fand sich eine ver- schlechterte Gedächtnisleistung“, so Diekelmann. Darüber hinaus dürſten noch andere Faktoren bei der mit dem Schlaf verbun- denen Gedächtnisbildung eine Rolle spielen. Wichtig ist beispielsweise, ob vor dem zu Bett gehen neu gelernte Inhalte nochmals wiederholt werden. Aber auch die emotionale Bedeutung neuer Lerner- fahrungen bestimmt, wie intensiv diese Erfahrungen im Schlaf verarbeitet wer- den. Gegenstand neuerer Untersuchun- gen sind die Auswirkungen äußerer Ein- flüsse wie elektromagnetischer Funk- wellen auf den Schlaf und somit die Lernfähigkeit. Sti Schlafmedizinischer Kongress (DGSM), Wiesbaden, ) ) 17.19.10.2013 Musik und Entspannung fördern die Hirnreifung des Feten Besser Träumen im Mutterleib Für die Hirnentwicklung spielt beim ungeborenen Kind der Traumschlaf eine wichtige Rolle. Dieser kann durch Umwelteinflüsse wie etwa mütterlichen Stress oder akustische Wahrnehmungen beeinflusst wer- den. - „Zum Zeitpunkt der Geburt besteht der Schlaf beim Kind etwa zur Hälſte aus Traumschlaf und zur Hälſte aus Leicht- und Tiefschlaf“, sagte Prof. Matthias Schwab, Leiter des Schlaflabors an der Neurologischen Universitätsklinik in Jena. Der große Anteil des Traumschlafs legt nahe, dass diesem eine wesentliche Bedeutung bei der fetalen Hirnentwick- lung bereits im Mutterleib zukommt. Der Schlaf entwickelt sich zwischen der 28. und 36. Schwangerschaſtswoche aus einem Zustand unreifer Hirnaktivi- tät, wobei die Entwicklung des Traum- schlafs deutlich später erfolgt als die des Tiefschlafs. Traumschlaf wird nämlich im Wesentlichen in der Hirnrinde er- zeugt, die sich erst am Ende der Schwan- gerschaſt entwickelt. „Während sich das Gehirn im Tiefschlaf erholt, ist es im Traumschlaf vergleichbar aktiv wie im Wachsein“, so Schwab. Diese hohe Akti- vität dürſte entscheidend für die Hirn- reifung sein, da sie insbesondere die Ausbildung der Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Sinne eines neuro- nalen Netzwerks stimuliert. Erhöht Stress in utero das Depressionsrisiko? Die Entwicklung des Traumschlafs kann durch Umwelteinflüsse gestört werden. Dazu gehören mütterlicher Stress oder Kortisonpräparate, die zur Induktion der Lungenreife bei Schwangeren mit dem Risiko einer Frühgeburt eingesetzt wer- r r den. „Schon eine einmalige Gabe von Stresshormonen erzeugt eine Störung des g g Traumschlafs, die von häufigeren Wech- seln zwischen Traum- und Tiefschlaf be- gleitet wird und auch nach Beendigung der Behandlung bestehen bleibt“, so Schwab. Da häufige Wechsel der Schlaf- stadien ein typisches Zeichen einer De- pression sind, könnte Stress während der Schwangerschaſt durchaus ein Risikofak- tor für die Entwicklung für Depressionen im späteren Leben sein. Mutter und Kind lieben dieselbe Musik Während der Entwicklung ist der Fetus im Mutterleib kaum wach, obwohl der durch die Kreislaufgeräusche der Mutter verursachte Geräuschpegel durchaus mit Verkehrslärm vergleichbar ist. „Erst ab der 25. Schwangerschaſtswoche ist das Gehör ausreichend entwickelt und der Fe- tus kann durch Geräusche geweckt wer- den“, so Schwab. Weckreize müssen aller- dings tiefe Frequenzen haben, da durch die Bauchwand und die Flüssigkeit im Uterus hohe Frequenzen weggefiltert werden. Deshalb höre der Fetus bevor- zugt männliche Stimmen, mit Ausnahme der mütterliche r r n Stimme, die über die Knochenleitung wahrgenommen wird. Der Fetus ist insbesondere in der Lage, Rockmusik zu hören. Ansonsten entspricht sein Musikgeschmack dem der Mutter, d. h. er mag die Musik, die bei der Mutter zur Entspannung führt. Von der verminderten Ausschüttung mütterlicher Stresshormone profitiert auch das Baby. Sti Schlafmedizinischer Kongress (DGSM), Wiesbaden, ) ) 17.19.10.2013 © ingenium-design.de - Fotolia Schlafen! Vielleicht auch Träumen ... 20 MMW-Fortschr. Med. 2014; 156 (3)

Besser Träumen im Mutterleib

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Page 1: Besser Träumen im Mutterleib

AKTUELLE MEDIZIN_REPORT

Störende Ein� üsse bei SchwangerenDer positive E� ekt des Schlafs auf das Ge-dächtnis wird auch durch Hormone beein-� usst. Untersuchungen bei Frauen in ver-schiedenen Phasen des Menstruationszy-klus ergaben, dass nur in der Lutealphase, also wenn die Östrogenspiegel relativ hoch sind, der Schlaf die Gedächtnisleistung verbessert, nicht jedoch in der Follikelpha-se, wenn der Östrogenspiegel niedrig ist.

Entscheidend für die im Schlaf statt-� ndende Gedächtnisbildung ist auch die

Schlafqualität. Diese ist z. B. bei Patien-ten mit obstruktiver Schlafapnoe gestört, aber auch bei Schwangeren und stillen-den Müttern. „Bei solchen Kollektiven mit gestörtem Schlaf fand sich eine ver-schlechterte Gedächtnisleistung“, so Diekelmann.

Darüber hinaus dür� en noch andere Faktoren bei der mit dem Schlaf verbun-denen Gedächtnisbildung eine Rolle spielen. Wichtig ist beispielsweise, ob vor dem zu Bett gehen neu gelernte Inhalte

nochmals wiederholt werden. Aber auch die emotionale Bedeutung neuer Lerner-fahrungen bestimmt, wie intensiv diese Erfahrungen im Schlaf verarbeitet wer-den. Gegenstand neuerer Untersuchun-gen sind die Auswirkungen äußerer Ein-� üsse wie elektromagnetischer Funk-wellen auf den Schlaf und somit die Lernfähigkeit. Sti ■

■ Schlafmedizinischer Kongress (DGSM), Wiesbaden, Schlafmedizinischer Kongress (DGSM), Wiesbaden, Schlafmedizinischer Kongress (DGSM)17.–19.10.2013

Musik und Entspannung fördern die Hirnreifung des Feten

Besser Träumen im Mutterleib

Für die Hirnentwicklung spielt beim ungeborenen Kind der Traumschlafeine wichtige Rolle. Dieser kanndurch Umweltein� üsse wie etwamütterlichen Stress oder akustische Wahrnehmungen beein� usst wer-den.

−„Zum Zeitpunkt der Geburt besteht der Schlaf beim Kind etwa zur Häl� e aus Traumschlaf und zur Häl� e aus Leicht- und Tiefschlaf“, sagte Prof. Matthias Schwab, Leiter des Schla� abors an der Neurologischen Universitätsklinik in Jena. Der große Anteil des Traumschlafs legt nahe, dass diesem eine wesentliche Bedeutung bei der fetalen Hirnentwick-lung bereits im Mutterleib zukommt.

Der Schlaf entwickelt sich zwischen der 28. und 36. Schwangerscha� swoche aus einem Zustand unreifer Hirnaktivi-tät, wobei die Entwicklung des Traum-schlafs deutlich später erfolgt als die des Tiefschlafs. Traumschlaf wird nämlich im Wesentlichen in der Hirnrinde er-zeugt, die sich erst am Ende der Schwan-gerscha� entwickelt. „Während sich das Gehirn im Tiefschlaf erholt, ist es im Traumschlaf vergleichbar aktiv wie im Wachsein“, so Schwab. Diese hohe Akti-vität dür� e entscheidend für die Hirn-reifung sein, da sie insbesondere die Ausbildung der Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Sinne eines neuro-nalen Netzwerks stimuliert.

Erhöht Stress in utero das Depressionsrisiko?Die Entwicklung des Traumschlafs kann durch Umweltein� üsse gestört werden. Dazu gehören mütterlicher Stress oder Kortisonpräparate, die zur Induktion der Lungenreife bei Schwangeren mit dem Risiko einer Frühgeburt eingesetzt wer-er Frühgeburt eingesetzt wer-erden. „Schon eine einmalige Gabe von Stresshormonen erzeugt eine Störung des Störung des StörungTraumschlafs, die von häu� geren Wech-seln zwischen Traum- und Tiefschlaf be-gleitet wird und auch nach Beendigung der Behandlung bestehen bleibt“, so Schwab. Da häu� ge Wechsel der Schlaf-stadien ein typisches Zeichen einer De-

pression sind, könnte Stress während der Schwangerscha� durchaus ein Risikofak-tor für die Entwicklung für Depressionen im späteren Leben sein.

Mutter und Kind lieben dieselbe MusikWährend der Entwicklung ist der Fetus im Mutterleib kaum wach, obwohl der durch die Kreislaufgeräusche der Mutter verursachte Geräuschpegel durchaus mit Verkehrslärm vergleichbar ist. „Erst ab der 25. Schwangerscha� swoche ist das Gehör ausreichend entwickelt und der Fe-tus kann durch Geräusche geweckt wer-den“, so Schwab. Weckreize müssen aller-dings tiefe Frequenzen haben, da durch die Bauchwand und die Flüssigkeit im Uterus hohe Frequenzen wegge� ltert werden. Deshalb höre der Fetus bevor-zugt männliche Stimmen, mit Ausnahme der mütterlicheder mütterlicheder n Stimme, die über die Knochenleitung wahrgenommen wird.

Der Fetus ist insbesondere in der Lage, Rockmusik zu hören. Ansonsten entspricht sein Musikgeschmack dem der Mutter, d. h. er mag die Musik, die bei der Mutter zur Entspannung führt. Von der verminderten Ausschüttung mütterlicher Stresshormone pro� tiert auch das Baby.

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■ Schlafmedizinischer Kongress (DGSM), Wiesbaden, Schlafmedizinischer Kongress (DGSM), Wiesbaden, Schlafmedizinischer Kongress (DGSM)17.–19.10.2013

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