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Acta Polymerica 36 (1985) Nr. 7 378 KAMMER und GRAFE : Bestimmung der kritischen Oberflachenspannung der Adsorption fester Polymere Bestimmung der kritischen Oberflachenspannung der Adsorption fester Polymere mittels Flussigkeitsspreitungsdruck H. W. KAYMER und F. GRAFE Technische Universitat Dresden, Sektion Chemie, DDR-8027 Dresden Benetzungsphanomene werden haufig zur Abschatzung der Oberflachenspannung fester Stoffe herangezogen. ZISMAN fuhrte dazu das Konzept der kritischen Oberflachenspannuiig der Benetzung yc ein. Die kritische Oberflachenspannung ist ein Charakteristikum der Festkorperoberflache in bezug auf ihren Kontakt mit Flussigkeiten. In Analogie dazu wird eine auf der Adsorption basierende kritische Oberflachenspannung yc" empfohlen und deren experimentelle Bestimmung an Beispielen gezeigt. Onpedeaenue xpumurecxozo nosepxnocmnozo nammcenua adcop6yuu meepdbax nosuMepos npu noxozu u nosepxnocm- nozo daesenua wudxocmnozo C~OIC flBJleHH54 CMaWXBaHMR WXTO IlCnOJIb3yloT An54 O q e H K H IIOBePXHOCTHOI'O HaTFIXeHHFI TBepAbIX BeIl(eCTB. qHCM AH &JIR 3TOm qeJIH BBeJI KOHqeIIqHIO KpHTHWCKOrO IIOBePXHOCTHOl'O HaTRHEeHHR CMaYIlBaHAR ?Ic. ~PIiTHYeCHOe IIOBepX- HOCTHOe HaTFIXeHHe XapaKTepH3yeT lIOBepXHOCTb TBepAOl'O Tens OTHOCIlTeJIbHO HOHTaKTa C XEEIAMOCTIIMH. no aHamorm c ~HCMAHOM npeAnonaraeTcR TaK ~amsae~oe HpaTnsecKoe noBepxHocTHoe H a m m e m e a~cop6q~n yp. 3KcnepmMeHTanmoe onpe,qeneme BTOR BenmHHbI no~a3a~o H a HecKonbmx npmepax. Estimation of critical surface tension of adsorption of polymers Wetting phenomena are often used to estimate the surface tension of solids on the basis of the ZISMAN concept of critical surface tension of wetting, ye. The critical surface tension characterizes the surface free energy of a solid in contact with a liquid. In analogy to ZISYANthe so-called critical surface tension of adsorption ycn is proposed. The various forms of ye's and their relationship to the surface free energy of substrates are discussed. Experimental results are presented. 1. Einleitung Die Oberflachenspannung fester Polymere ist eine wichtige GroBe, da sie die Fahigkeit einer Oberflache zur Adsorption von Molekiilen oder zur Ausbildung einer adhasiven Bindung mit einer zweiten Komponente zu bewerten gestattet. Die Erzeugung definierter Strukturen in Polymer-Polymer-Kompo- sitionen oder die Anwendung von Makromolekiilen zur Stabili- sierung kolloidaler Systeme ist ohne Kenntnis thermodynami- scher GroBen von polymeren Oberflachen nicht moglich. Aus diesem Grunde ist der Untersuchung von Oberflachenphano- menen an Polymeren in den vergangenen Jahren grol3e Auf- merksamkeit gewidmet worden [l-61. Neue theoretische und experimentelle Methoden zur Ermittlung der Oberflachen- und Grenzflachenspannung von Polymeren im fluiden und festen Zustand sind entwickelt worden. Die Oberflachenspannung ist die reversible spezifische Arbeit zur Erzeugung von Oberflache. Ihre Messung im fluiden Zu- stand bereitet daher keine grundsatzlichen Probleme. Anders ist die Situation im festen Zustand. Die extrem hohe Viskositat verhindert in diesem Falle eine direkte Bestimmung der Ober- flachenspannung. Aus diesem Grunde bedient man sich indirek- ter Methoden, unter denen solche, die Benetzungsphanomene ausnutzen, am haufigsten angewendet werden. Bringt man ver- schiedene Flussigkeiten mit einer Festkorperoberflache in Kontakt, so spreiten sie in unterschiedlichem Grade auf der Festkorperoberflache, d. h., es bilden sich nnterschiedliche Kontaktwinkel zwischen Flussigkeit und fester Oberflache aus. Qualitativ erkennt man sofort, daB der Kontaktwinkel ein Ma13 sein mu13 fur die Differenz zwischen den spezifischen Arbei- ten zur Verminderung von freier Festkorperoberflache und zur Schaffung von Grenzflachen zwischen Festkorper und Flussigkeit. Daraus folgt, daB es grundsatzlich nicht moglich ist, beide Terme zu separieren. Aus Benetzungsuntersuchungen kann daher die Oberflachenspannung des Festkorpers nicht bestimmt werden. Quantitativ ergibt sich das aus der YOONG- schen Gleichung YS" - Ysr = Yzv cos 8, (1) die den Zusammenhang zwischen den Grenzflachenspannungen ylv an der Grenze zwischen Flussigkeit und Dampf, yal an der Grenze zwischen Festkorper und Flussigkeit und yS6 an der Grenze zwischen Festkorper und Dampfphase beschreibt. 8 ist der Kontaktwinkel zwischen Flussigkeit und Festkorper- oberflache. Nur die GroBen 8 und yl,, in (1) sind direkt mebbar. Die sorgfaltigsten und umfangreichsten Untersuchungen des Spreitverhaltens von Fliissigkeiten auf Festkorpern wurden von ZISMAN ausgefuhrt [3, 7, 81. ZISMAN konnte empirisch zei- gen, daB fur homologe Reihen organischer Flussigkeiten auf einer Festkorperoberflache ein linearer Zusammenhang zwischen cos 8 und der Oberflachenspannung ylv besteht: ~0s = 1 + - Yl,), (2) worin a und yC Konstanten sind. Mit (2) fuhrte ZISMAN das Konzept der kritischen Oberflachenspannung der Benetzung ein, das sich als sehr fruchtbar erwies. Gleichung (2) entnimmt man, daB in der Grenze yl,,+yc der Kontaktwinkel 8 gegen Null geht. Die kritische Oberflachenspannung der Benetzung yc ist damit ein Charakteristikum der Festkorperoberflache in bezug auf ihren Kontakt rnit Flussigkeiten. Flussigkeiten mit ylv > yc spreiten in unterschiedlichem Grade auf der Fest- korperoberflache, wahrend sie von Flussigkeiten rnit ylv < yc vollstandig benetzt wird. ZISMAN ersetzt damit die absolute GroBe ysv durch die relative yc. GOOD zeigte spater [9], da13 sich bei einer Auftragung von cos 8 iiber (ylv)-1/2 ebenfalls ein linearer Zusammenhang ergibt, dessen Extrapolation nach cos 8 + 1 auch zu ye fuhrt. Diese Auftragung gestattet die Einbeziehung nichtlromologer Fliissig- keiten rnit relativ hohen Oberflachenspannungeii. Es taucht die Frage auf, in welchem Zusammenhang ye und ysv stehen. Einige Autoren [lo, 111 neigen dazu, beide GroBen gleichzusetzen. Das ist jedoch nach (1) nur gerechtfertigt, wenn in der Grenze 8 + 0 ySl verschwindet. Fur eine solche Annahme gibt es keinen Grund. Um eine Beziehung zwischen yc und ym zu finden, mu13 man die Grenzflachenspannung ySl als Funktion von ySv und ylv ausdrucken. GOOD und GIRIFALCO [12] postu- lieren folgenden Zusammenhang zwischen diesen GroBen fur die Grenzflache fest/flussig: (3) Dabei bezeichnet @ einen empirischen Parameter, der nach (3) positiv ist und fur den @ 5 1 gelten muD. Der Parameter @ IaBt sich nur naherungsweise theoretisch bestimmen. Wichtig

Bestimmung der kritischen Oberflächenspannung der Adsorption fester Polymere mittels Flüssigkeitsspreitungsdruck

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Page 1: Bestimmung der kritischen Oberflächenspannung der Adsorption fester Polymere mittels Flüssigkeitsspreitungsdruck

Acta Polymerica 36 (1985) Nr. 7

378 KAMMER und GRAFE : Bestimmung der kritischen Oberflachenspannung der Adsorption fester Polymere

Bestimmung der kritischen Oberflachenspannung der Adsorption fester Polymere mittels Flussigkeitsspreitungsdruck H. W. KAYMER und F. GRAFE

Technische Universitat Dresden, Sektion Chemie, DDR-8027 Dresden

Benetzungsphanomene werden haufig zur Abschatzung der Oberflachenspannung fester Stoffe herangezogen. ZISMAN fuhrte dazu das Konzept der kritischen Oberflachenspannuiig der Benetzung yc ein. Die kritische Oberflachenspannung ist ein Charakteristikum der Festkorperoberflache in bezug auf ihren Kontakt mit Flussigkeiten. In Analogie dazu wird eine auf der Adsorption basierende kritische Oberflachenspannung yc" empfohlen und deren experimentelle Bestimmung an Beispielen gezeigt.

Onpedeaenue xpumurecxozo nosepxnocmnozo nammcenua adcop6yuu meepdbax nosuMepos npu noxozu u nosepxnocm- nozo daesenua wudxocmnozo C ~ O I C

flBJleHH54 CMaWXBaHMR W X T O I l C n O J I b 3 y l o T An54 O q e H K H IIOBePXHOCTHOI'O HaTFIXeHHFI T B e p A b I X BeIl(eCTB. q H C M AH &JIR 3TOm q e J I H BBeJI KOHqeIIqHIO KpHTHWCKOrO IIOBePXHOCTHOl'O HaTRHEeHHR CMaYIlBaHAR ?Ic. ~ P I i T H Y e C H O e IIOBepX- HOCTHOe H a T F I X e H H e X a p a K T e p H 3 y e T lIOBepXHOCTb TBepAOl'O Tens OTHOCIlTeJIbHO HOHTaKTa C XEEIAMOCTIIMH. n o a H a m o r m c ~ H C M A H O M n p e A n o n a r a e T c R T a K ~ a m s a e ~ o e H p a T n s e c K o e n o B e p x H o c T H o e H a m m e m e a ~ c o p 6 q ~ n y p . 3 K c n e p m M e H T a n m o e onpe,qeneme BTOR B e n m H H b I n o ~ a 3 a ~ o H a H e c K o n b m x npmepax.

Estimation of critical surface tension of adsorption of polymers Wetting phenomena are often used t o estimate the surface tension of solids on the basis of the ZISMAN concept of critical surface tension of wetting, ye. The critical surface tension characterizes the surface free energy of a solid in contact with a liquid. In analogy to ZISYAN the so-called critical surface tension of adsorption ycn is proposed. The various forms of ye's and their relationship to the surface free energy of substrates are discussed. Experimental results are presented.

1. Einleitung

Die Oberflachenspannung fester Polymere ist eine wichtige GroBe, da sie die Fahigkeit einer Oberflache zur Adsorption von Molekiilen oder zur Ausbildung einer adhasiven Bindung mit einer zweiten Komponente zu bewerten gestattet. Die Erzeugung definierter Strukturen in Polymer-Polymer-Kompo- sitionen oder die Anwendung von Makromolekiilen zur Stabili- sierung kolloidaler Systeme ist ohne Kenntnis thermodynami- scher GroBen von polymeren Oberflachen nicht moglich. Aus diesem Grunde ist der Untersuchung von Oberflachenphano- menen an Polymeren in den vergangenen Jahren grol3e Auf- merksamkeit gewidmet worden [l-61. Neue theoretische und experimentelle Methoden zur Ermittlung der Oberflachen- und Grenzflachenspannung von Polymeren im fluiden und festen Zustand sind entwickelt worden.

Die Oberflachenspannung ist die reversible spezifische Arbeit zur Erzeugung von Oberflache. Ihre Messung im fluiden Zu- stand bereitet daher keine grundsatzlichen Probleme. Anders ist die Situation im festen Zustand. Die extrem hohe Viskositat verhindert in diesem Falle eine direkte Bestimmung der Ober- flachenspannung. Aus diesem Grunde bedient man sich indirek- ter Methoden, unter denen solche, die Benetzungsphanomene ausnutzen, am haufigsten angewendet werden. Bringt man ver- schiedene Flussigkeiten mit einer Festkorperoberflache in Kontakt, so spreiten sie in unterschiedlichem Grade auf der Festkorperoberflache, d. h., es bilden sich nnterschiedliche Kontaktwinkel zwischen Flussigkeit und fester Oberflache aus. Qualitativ erkennt man sofort, daB der Kontaktwinkel ein Ma13 sein mu13 fur die Differenz zwischen den spezifischen Arbei- ten zur Verminderung von freier Festkorperoberflache und zur Schaffung von Grenzflachen zwischen Festkorper und Flussigkeit. Daraus folgt, daB es grundsatzlich nicht moglich ist, beide Terme zu separieren. Aus Benetzungsuntersuchungen kann daher die Oberflachenspannung des Festkorpers nicht bestimmt werden. Quantitativ ergibt sich das aus der YOONG- schen Gleichung

YS" - Ysr = Yzv cos 8 , (1)

die den Zusammenhang zwischen den Grenzflachenspannungen ylv an der Grenze zwischen Flussigkeit und Dampf, yal an der Grenze zwischen Festkorper und Flussigkeit und yS6 an

der Grenze zwischen Festkorper und Dampfphase beschreibt. 8 ist der Kontaktwinkel zwischen Flussigkeit und Festkorper- oberflache. Nur die GroBen 8 und yl,, in (1) sind direkt mebbar.

Die sorgfaltigsten und umfangreichsten Untersuchungen des Spreitverhaltens von Fliissigkeiten auf Festkorpern wurden von ZISMAN ausgefuhrt [3, 7, 81. ZISMAN konnte empirisch zei- gen, daB fur homologe Reihen organischer Flussigkeiten auf einer Festkorperoberflache ein linearer Zusammenhang zwischen cos 8 und der Oberflachenspannung ylv besteht:

~ 0 s = 1 + - Y l , ) , (2)

worin a und yC Konstanten sind. Mit (2) fuhrte ZISMAN das Konzept der kritischen Oberflachenspannung der Benetzung ein, das sich als sehr fruchtbar erwies. Gleichung (2) entnimmt man, daB in der Grenze yl,,+yc der Kontaktwinkel 8 gegen Null geht. Die kritische Oberflachenspannung der Benetzung yc ist damit ein Charakteristikum der Festkorperoberflache in bezug auf ihren Kontakt rnit Flussigkeiten. Flussigkeiten mit ylv > yc spreiten in unterschiedlichem Grade auf der Fest- korperoberflache, wahrend sie von Flussigkeiten rnit ylv < yc vollstandig benetzt wird. ZISMAN ersetzt damit die absolute GroBe ysv durch die relative yc.

GOOD zeigte spater [9], da13 sich bei einer Auftragung von cos 8 iiber (y lv)-1/2 ebenfalls ein linearer Zusammenhang ergibt, dessen Extrapolation nach cos 8 + 1 auch zu ye fuhrt. Diese Auftragung gestattet die Einbeziehung nichtlromologer Fliissig- keiten rnit relativ hohen Oberflachenspannungeii.

Es taucht die Frage auf, in welchem Zusammenhang ye und ysv stehen. Einige Autoren [lo, 111 neigen dazu, beide GroBen gleichzusetzen. Das ist jedoch nach (1) nur gerechtfertigt, wenn in der Grenze 8 + 0 ySl verschwindet. Fur eine solche Annahme gibt es keinen Grund. Um eine Beziehung zwischen yc und ym zu finden, mu13 man die Grenzflachenspannung ySl als Funktion von ySv und ylv ausdrucken. GOOD und GIRIFALCO [12] postu- lieren folgenden Zusammenhang zwischen diesen GroBen fur die Grenzflache fest/flussig:

(3) Dabei bezeichnet @ einen empirischen Parameter, der nach (3) positiv ist und fur den @ 5 1 gelten muD. Der Parameter @ IaBt sich nur naherungsweise theoretisch bestimmen. Wichtig

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KAMMER und GRAFE: Bestiininung der kritischen Oberfl~cliciispaiiiiung der Adsorption fester Polymere

Acta Polymerica 36 (1985) Nr. 7

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ist, daB er den Kontakt zwiscben Festkorper und Fliissigkeit erfal3t.

Kombiniert inan die Gleichungen (1) und (3), folgt

und man sicht sofort, da13 in der Grenze 0 + 0

gilt fur den Zusammenhang zwischen ysu und yc. Gleichung (5) zeigt in1 Ralimen der Naherung (3) das bereits oben Erwahnte: Die kritisclie Oberflachenspannung yc wird sowohl durch die OberfIaclienspan~iung des Festkorpers ysv a h auch durch die Wechselwirkung zwischen Festkorper und Fliissigkeit, also den Parameter D, bestimmt. Nur fiir D = 1, was gleichbedeutend mit ysl = 0 ist, sind beide GroBen gleich.

Aus den bisherigen Darlegungen iiber die kritische Ober- flachenspannung der Benetzung yc folgt, da13 Flussigkeiten mit ylu > ye in unterschiedlichem Grade auf der Feststoffoberflache spreiten, w8hrend Flussigkeiten mit ylu < yc zu vollstandiger Benctzuiig fiihrcn. ZISMAN [3] beobachtete weiterhin, daB Fliissigkeiten niit ausreicliend niedriger Oberflachenspannung auf Festkorperoberflachen mit holier Energie nicht unbedingt spreiten. Er fuhrte dies auf die Erniedrigung der Oberflachen- spannung des Festkorpers durch Adsorption van Fliissigkeits- dainpf an der Oherflache zuruck. Das ist jedoch nichts anderes als Filmbildung auf der Oberflache oder vollstandige Benetzung fiir yiu > yc bei gleiclizeitiger Bildung eines Kontaktwinkels. Bei hb\\-esenheit van Adsorption fur yl,, > yc markiert die kritische Oberflachenspannung ye gerade den Phasenubergang von Spreitung zu vollstandiger Benetzung. Zu ihrer Bestim- mung gemiil3 (21 konneii aber durchaus Flussigkeiten beitragen, bei denen Adsorptiotiserscheinungen verbunden rnit Film- bildung an der Oberflache auftreten. Im Rahmen der Auf- tragungen nacli ZISMAN und GOOD ist dieser Anteil nieht separierbar.

\\-ir \vollcii in1 folgenden untersuchen, wie die Adsorption zur Bestiniinung einer weiteren kritischen Oberflachenspannung herangezopeii werden liatin.

2. Adsorption a n festen Oberfliichen und kritische Oberfiichenspannung der Adsorption yez

Eine Festkorperoberflache mi t der Oberflachenspannung ys (Grenzflache Festkorper/Vakuum) ha t das Bestreben, Molekule aus der Gasphase zu adsorbieren, wenn sich dadurch die Oberflachenspannung erniedrigt. Die adsor- bierte Schicht bedingt eine Erniedrigung von ys auf ysv:

ysu = ys - 3t

Den Term 7z bezeichnen wir als Flussigkeitsspreitungsdruck. Nach den Uberlegungen i n der Einleitung m u 0 3t = 0 immer d a n n gelten, wenn die Flussigkeit, die i m Kontakt m i t dem Festkorper ist, eine groI3ere Oberflachenspannung als der Festkorper h a t (genau: ylu > y8@2) , da in diesem Falle keine vollstandige Benetzung auftr i t t . Fur ylu < ysv@c2

voll- standig. I m Bereich

(6)

- = ycZIsM*R benetzt die Flussigkeit den Festkorper

bildet sich ein Kontaktwinkel aus, und gleichzeitig mu13 sich der Flussigkeitsspreitungsdruck bemerkbar machen. Wenn fur ylu > ycZISMAN keine Adsorption auftr i t t , fallen ycZ1sMax und yc* zusammen. Anderenfalls gilt

Setzt m a n (6) in (1) ein und berucksichtigt die Beziehung von GOOD und GIRIFALCO i n der Form,

ysl = l/x + ylu - 2~ YK, folgt an Stelle von ( 4 )

Tragt m a n die linke Seite von (9) uber (ylU)-ll2 auf, so muB sich fur ylu > ys . ac2 in guter Naherung eine Parallele zur Abszisse ergeben, d a 3t = 0 ist. Bei Unterschreiten dieser Grenze t r i t t gemal3 (9) jedoch ein annahernd h e a r e r Abfall auf ; die zugehorige Oberflachenspannung ist die kritische Oberflachenspannung der Adsorption yen .

Denselben Effekt erhalt man bei Variation der Tem- peratur m i t ein und derselben Flussigkeit, d a sich die Oberflachenspannung der Flussigkeit s tarker m i t der Tem- peratur andert als die des Festkorpers. Man beginnt mi t ylu > ysdSc2 und erreicht durch Temperaturanderung den Bereich (7).

3. Ercperirrientelles

Die Raiidwinkelmessungen wurden in einer doppelwandigen, rnit Wasser temperierbaren, geschlossenen Glaskamrner aus- gefulirt. Bohrungen im Deckel des GefaBes ermoglichten alle notwendigen Manipulationen im Innenraum. Mit eincr gebogenen Pipet,te wurde MeBfliissigkeit aus einem in der Kammer befind- lichen VorratsgefiiB entnommen und zur Tropfenbildung auf dem Feststoff verwendet. Die Pipette blieb wahrend der Rand- winkelmessungen stets rnit dem Tropfeii im Kontakt. AulJer dem VorratsgefaD befand sich noch eine Petrischale mit MeB- fliissigkeit im Innenraurn, um das Gleichgewicht Flussigkeitl Fliissigkeitsdampf zu sicliern. Etwa cine Stunde nach Erreichen der Tcniperaturkonstanz wurden die Messungen ausgefuhrt.

Zur Randwinkelmcssung verwcndetcn wir ein Stereomikro- skop ini Gegenlicht, das Messungen an l~ciilen Seiten des Trop- fenprofils erlaubtc. Nach jeder Messung wurdc der Tropfen scltrittweisc vergrofiert, so da13 die Raiitl~~~inkelbestimmung (ca. 10 mal) jeweils auf einer ,,frisclien" Polymeroberfliichc crfolgen konntc. Dcr MeBfehlcr lag bei At9 N &lo.

Die zu untersuchenden Polpmere wurdcn als Feststoffblocke eingesetzt. Mittels Schlcifpapier auf einer rotierenden Scheibe erzeugten wir zwei parallele Flaclien ; durch Polieren mit cinem weiclieii Tuch bekarn einc Fliiche die fur Randwinkelinessungen erforderliche spiegelnde Oberflachengute. Die Blocke wurdcn vor jeder Messung mit Tetrachlorkohlenstoff oder Aceton ent- fettet und bei 80°C sowie 1 Torr Restdruck ca. 1 Stunde von Adsorptionsschichten befreit. Die Reinigung der organischen Flussigkeiten erfolgte nach den in der Chemie iiblichen Verfahren [13]. Zur uberpriifung des Reinheitsgrades wurden die Flussig- keiten gaschromatographisch untersucht bzw. die Flussig- keitsoberflachenspannung mittcls Stalagmometer gemessen. Die Ubereinstimmung mit den Literaturwerten war befric- digend.

4. Resrtltute iind Diskussion

Sehr gut untersucht sind die Benetzungsphanomene von n-Alkanen auf Teflon. Es lag d a r u m nahe, zunachst mi t diesem System eigene und i n der Li teratur veroffentlichte Werte zur Best immung der kritischen Oberflachenspan- nung der Adsorption yc" heranzuziehen. Bild 1 zeigt die Resultate gemal3 (9). Jede der drei MeSreihen lafit den er- warteten Knick erkennen. Der n-Heptanwert s inkt gegen- uber den Daten der hoheren Alkane ab, folglich muB fur das Teflon ycz = 20,3 bis 21,7 m N / m bei 20°C gelten. Die Messung von kleinen Randwinkeln ist schwierig und daher fehlcrbehaftet ; dennoch zeigen diese drei unabhangigen

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Acta Polymerica 36 (1985) Nr. 7

380 KAMMER uiid GRAFE : Bestimmung der kritischenOberflachenspaniiung der Adsorption fester Polyrnere

4.5 c

\ - I I I I

AS 0,190 0,200 0,210 [m/mN)f/2 0,730

I ;y," I - r'2

Bild 1. Grenzflachenenergetische Daten der n-Alkane auf Teflon (n-Alkane rnit C = 16, 14, 1 2 , 11, 10, 9, 8, 7 und 6). X : ZISMAN

[3], o : NEUMANN [14] , o: Autoren [15]

3.8 L I I I I I I

0,200 0,710 0,270 0,230 0.740 lm/mN)1/2 0,760 (&")+2

steigender Temperatur, nicht mehr konstant bleibt, sondern abnimmt. Beide Einflusse wirken somit dem gesuchten Effekt entgegen, sie erschweren die Bestimmung von yc". Derartiges beobachteten wir am System 1,2-Dibrom- methan/Polyethylen, dargestellt im Bild 4 . Die Ver- wendung einer Flussigkeitsreihe zur Bestimmung von ycZ erweist sich als zuverlassiger als die Variation der Tem- peratur in einem bestimmten System Festkorper/Flussig- keit. Letztere Methode kann man jedoch zur Abschatzung von yc" heranziehen.

In Tabelle 1 sind alle bisher erhaltenen Resultate zu- sammengestellt. Mit Hilfe der grenzflachenenergetischen Zustandsgleichung (11) nach NEUMANN [17] wurden Rand- winkelmessungen zur Bestimmung von dy,/dT herange- zogen :

Man ermittelt mit Hilfe von (11) durch Vorgabe bestimmter 7,-Werte fur jede Temperatur die Isotensoliquiden der MeBflussigkeiten und tragt sie in einem cos 8 - y,-Dia- gramm auf. Aus den experimentell ermittelten 0-Werten laBt sich dann in einfacher Weise der dazugehorige ys- Wert bestimmen. Fur solche relativen Anderungen an einem Feststoff/Flussigkeitssystem liefert (11) ausreichend genaue Aussagen. Die verwendeten Flussigkeiten erfullten mit Sicherheit die Forderung ylv > ys@c2. Mit der Naherung

Bild 2. Grenzflachenenergetische Daten der n-Alkane auf Teflon (mit = 12, 9, und 7) bei 40, 60 und berechneten wir yCn bei 20°C und stellten diese kritischen Oberflachenspannungsdaten yc-Werten von ZISMAN gegen-

MeBreihen eindeutig, daB es gelingt, die dureh Adsorption hervorgerufene Erniedrigung von ys auf ySv zu erfassen.

Die Verwendung einer homologen Flussigkeitsreihe ermoglicht bei Variation der MeBtemperatur genauere Aussagen uber yCz. Bild 2 zeigt die entsprechende Aus- wertung von Randwinkeldaten bei 40, 60 und 80°C fur die n-Alkane auf Teflon. Der Wert fur n-Heptan liegt erwartungsgemaa in allen Fallen niedriger als der hoherer Alkane. Bei 80°C beobachtet man auch das Absinken des n-Octan-Wertes. n-Octan wird bei 60°C noch nicht ad- sorptiv gebunden, und der dazugehorige ylv-Wert kann, entsprechend der Schrittweite der Versuchsparameter, ycz zugeordnet werden. Fur n-Octan auf Teflon erhalt man bei 60°C einen Wert fur die ,,kritische Oberflachenspannung der Adsorption" von 17,s mN/m.

Da sich, wie bereits erwahnt, die Oberflachenspannungen von Fliissigkeit und Festkorper in ihrer Temperaturab- hangigkeit unterscheiden, kann man prinzipiell auch durch Variation der Temperatur bei Verwendung einer Flussigkeit die kritische Oberflachenspannung yc* eines Festkorpers bestimmen. Bild 3 zeigt dies am Beispiel von Triethylen- glykol auf Polyethylenterephthalat. Das gelingt aber nicht in jedem Falle, da man zu beachten hat, daB

gelten. Die letzte Ungleichung von (10) verringert den EinfluB des zweiten Terms von (9), wahrend die Tempera- turabhangigkeit von @ und ys dazu fuhren konnen, daB der erste Term von (9) rnit zunehmenden y ~ l ' ~ , d. h. mit

"\ x\ X

'X \

X X

I I I I

0,149 0,151 0,153 (m /m N ) 1/2 0,155 I ;Y,J"2

Bild 3. Grenzflachenenergetische Daten von Triethylenglykol auf Polyethylenterephthalat

57k

2 5 4 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0,160 0,163 0,166 (m/mN)"Z

l;Y,J'/Z

Bild 4. Grenzflachenenergetische Daten von 1,2-Dibrom-methan auf Polyethylen

Page 4: Bestimmung der kritischen Oberflächenspannung der Adsorption fester Polymere mittels Flüssigkeitsspreitungsdruck

SCHIMMEL, SCHRODER und CHIANG: Polysilosanc. 1

Temp.

"C

Tabelle 1. Grenzflachenenergetische Daten ausgewahlter Polyinere

Yc" dY,/dT

mN/m mN/mK

Acta Polyrnerica 36 (1985) Nr. 7

381

Ycn (bei 20 "C)

mN/m Polymer

~,ZISJIAN [3] (bei 2 O O C )

mN/m Fliissigkeit

60 25 35 30

PTFE I n-Octan 17,s -0,063 37,O -0,075

(363) -0,037 44,2 -0,068

PS Nitromethan

PE 1,2-Dibrorn-methan PETP PE I Nitromethan

Triethylenglykol

20,3 37,4 45,2

(36,9)

PE I Benzonitril

18,5 33 43 31

PTFE - Polytetrafluorethylen, PS - Polystyren, PETP - Polyethylenterephthalat, PE - Polyethylen

uber. Fur alle Beispiele gilt

y c Z ~ s ~ ~ ~ < x

Damit bestatigt sich die in (8) getroffene Aussage. Die kritische Oberflachenspannung ycZ1sMAN liegt gemaR (5) in der Nahe von ysv, die kritische Oberflachenspannung ycx hingegen nach (8) in der Nahe von yy. Nur bei Abwesen- heit von Aidsorption fallen beide GroDen zusammen.

Literattir

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1/2. Stuttgart: Georg Thieme Verlag 1959.

829.

Z./Z. Polymere 201 (1965) 52.

Eingegangen a112 25. Januar 1984

Pol ysiloxane 1. GPC-Kalibrierung fur lineare Diethoxypolydimethylsiloxane bei unbekannter Viskositats-Molmasse-Beziehung

I<.-H. SCHIMMEL, E. SCHRODER und C. CHIANG

Tcclmischr H~~chschule ,,Carl Schorlemmer" Lcuna-Merscburg, Sektion Chemie, DDR-4200 Merseburg

Es wird cine Methode zur Kalibrierung der GPC fur lineare Polydimethylsiloxanc beschrieben, die auf der Universal- gleichung nach BENOIT beruht. Die Konstanten a, und K p der KUHN-MARK-HOuwlNK-Beziehung werden aus den1 Vergleich der Grenxviskositaten mit den Elutionskurven dcr Polysiloxane unter Verwendung der Polystyrenkalibrier- kurve ermittelt.

IIonucumxcanai. 1 . r l IX-xanu6pos~a d m nunerinbtx d u ~ m ~ i ~ ~ ~ n ~ n ~ d ~ ~ e m u n c u n o l ~ c a n o s npu neu3secmito~ coomno- uienuu a e x d y B J W R O C ~ ~ I O u aonexympnoii aaccori OIIHCbIBaeTCR MeTOA K ~ J I M ~ ~ O B K H rnx AJIR JIMHe~HbIX IIOJIMAMMeTHnCMJIOKCaHOB, KOTOPbIfi OCHOBaH Ha YHHBep- CaJIbHOM YpaBHeHPlM EEHYA. KOHCTaHTbl aP M IT, COOTHOIUeHE%R HYHA-MAPKA-XOYBMHKA OIIpe~eJIRIOTCR M 3 CpaB- HeHMR IIepeAeJIbHOl'O YMCJIa BR3KOCTH C HpkIBOB 3JIIOMpOBaHMfl IIOJIMCHJIOKCaHOB, IIPMMeHffR H ~ J I E ~ ~ ~ O B O W I ~ I O KPM- BYlO AJIR IlOJlMCTHpOJIOB.

Polysiloxanes. 1. GPC-calibration of linear dietlmxypoly(diinethylsi1oxanes) with unknown viscosity-inolar mass-relation A GPC-calihration method fur linear poly(dimetl~ylsi1oxanes) on the basis of the universal calibration according to BENOIT is described. The constants a, and K p of the KUHN-kIARK-HOUWINK-relation are determined by comparing the intrinsic viscosity with the elution curves polysiloxanes, using the polystyrene calibration curve.

1. Einfiihriiiig dcr Einzelmolekiile des untersuchten polymeren Stoffes und deren Elutionsvolumen, sofern nicht mit einem Molmasse-

Die Bcstinimung von Molmassenverteilungen und deren detektor gearbeitet wird. Die C;elpermeationschromatographie Mittelwerten durch Gelpermeationschromatographie ist zu einer (GPC) trennt im Idealfall nur nach der GroBe der Wolckule, weitverbreiteten Methode in der Polymercharakterisierung d. h. nach ihrem Volumen in Losung und damit nach dem Ver- geworden. Voraussetzung fur die erfolgreiche Anwendung dieses hdtnis von PorengroLle der stationaren Phase zum Knauel- Fraktionierverfahrens zur Molmassenverteilungsermittlung ist volumen. Die Relation zwischen Molmasse und Elutionsvolumen die Kenntnis des Zusammenhanges zwischen der Molmasse wird dadurch eine stoffspezifische GroBe. Sie nimmt unter