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Bevölkerungsschutz 3 2004

Bevölkerungsschutzdownload.gsb.bund.de/BBK/Magazin/BBK_Bevoelkerungsschutz200403.pdf · bedingungen administrativ unterstützen müssen. Zwei Aspekte zur oben dargestellten Rettungs-kette

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Bevölkerungsschutz

3 2004

u1.qxp 11.08.2004 11:50 Seite 1

BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vor Ihnen liegt nun die zweite Ausga-be des Magazins Bevölkerungsschutzim neuen Outfit. Der Bitte im letztenEditorial, sich zu diesen Neuerungenzu äußern, sind Sie in vielfältiger Weisenachgekommen. Für Ihre Briefe, Mailsund Anrufe bedanken wir uns. Überdie größerenteils positiven Zuschriftenhaben wir uns sehr gefreut. Sie habenuns gezeigt, dass wir generell auf demrichtigen Weg sind. Ihre kritischenAnmerkungen nehmen wir sehr ernst.Und Verbesserungsvorschläge greifenwir gerne auf. Ein Aspekt, dem wir in unserer Bericht-erstattung in Zukunft mehr Aufmerk-samkeit schenken wollen, ist der Blickauf den Bevölkerungsschutz in unse-ren europäischen Nachbarstaaten.Durch das EU-Gemeinschaftsverfah-ren zu grenzüberschreitenden Hilfe-leistungen — wir berichteten in unse-rer letzten Ausgabe — wächst auchdas europäische Hilfeleistungspoten-zial zusammen. Als es vor wenigen Wochen in einembelgischen Industriegebiet eine schwe-re Gasexplosion mit vielen Toten undüber 120 Schwerverletzten gab, war esselbstverständlich, dass Hilfskräfte aus

Arbeiter-Samariter-Bund

Im Rahmen derVeranstaltungsserie

anlässlich des 50-jährigenBestehens der

Haager Konventionzum Schutz von Kulturgut

fand auch ein Tag der offenen Tür

am Zentralen Bergungsortder Bundesrepublik

in Oberried statt.Besonders die Führung durchden Barbarastollen stieß auf

großes Interesse (re.).(Foto: BBK/Tillenburg)

dem nahen Frankreich zum Einsatzkamen. Auch Deutschland hat überdas Gemeinsame Melde und Lagezent-rum von Bund und Ländern (GMLZ)sofort seine Hilfe angeboten.Während unser Magazin in Druckgeht, beginnen in Athen die 27. olym-pischen Sommerspiele. Noch nie hatdie Sorge vor Zwischenfällen oderAnschlägen zu derart umfangreichenSicherheitsvorkehrungen bei olympi-schen Spielen wie in Athen geführt.Bedrohungen so genannter „weicherZiele“ durch den Terrorismus sindein gemeinsames, nicht nur europäi-sches Problem. Auch Deutschlandwird sich nächstes Jahr angesichts desWeltjugendtages in Köln und der Fuß-ball-WM in zwei Jahren dieser Proble-matik mit einem gemeinsamen Kon-zept zur Gefahrenabwehr und zumSchutz der Teilnehmer und Besucherstellen müssen. Das deutsche Bevölke-rungsschutzsystem wird hierzu einenwichtigen Beitrag leisten.Wir wünschen Ihnen, liebe Leserin-nen und Leser, eine angenehme undanregende Lektüre.

Ihr Redaktionsteam

u2.qxp 11.08.2004 11:51 Seite 2

3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1

NACHRICHTEN

KATASTROPHENMEDIZIN FORUM

RUBRIKEN

KRISENMANAGEMENT

SERIEFORSCHUNG

NOTFALLVORSORGE

INTERNATIONAL

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

EINSATZPRAXIS

Kulturgutschutz in Deutschland 49

Medien 47

Termine 48

Impressum 48

Arbeiter-Samariter-Bund 29

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft 31

Deutscher Feuerwehrverband 33

Deutsches Rotes Kreuz 35

Johanniter-Unfall-Hilfe 37

Malteser Hilfsdienst 38

Verband der Arbeitsgemeinschaften der Helfer in den Regieeinheiten/-einrichtungen des Katastrophenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland e.V. 40

Technisches Hilfswerk 41

Leserbriefe, Meinungen 44

KatastrophenmedizinEin Zentrum des BBK im Aufbau 3

Personalia 2

Rundblick 45

Kommt die nukleare Bedrohung wieder?Nach Auflösung des Ost-West-Konfliktes ist die Welt keineswegs sicherer geworden 19

Schutz Kritischer InfrastrukturenEine neue Aufgabe des BBK 9

Fachinformationsstelle 23

Stabsmäßige EinsatzleitungSanitäts- und rettungsdienstliche Betreuung einer Großveranstaltung 13

Feuerwehrtag in Polen unter EU-Banner 16

Rettung durch HubschrauberLuftrettung auf der ILA 2004 27

INHALT

S01-Inhalt.qxp 08.09.2004 14:45 Seite 1

2 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

Michael Grobien zum Vorsitzer desSeenotrettungswerks gewählt

Auf ihrer Tagung am 3. Juni 2004 in Hamburghaben die Mitglieder des Beschlussfassenden Gremi-ums der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiff-brüchiger (DGzRS) Michael Grobien (Bremen) zumneuen Vorsitzer des Rettungswerks gewählt.

Nach der Gründungsversammlung am 29. Mai1865 in Kiel wurde der Hauptsitz der DGzRS in dieFreie Hansestadt Bremen verlegt. Noch heute hatdort die Gesellschaft ihr Domizil; in der Werder-straße 2 befindet sich die Zentrale des Rettungswerksmit der SEENOTLEITUNG BREMEN und derbetriebseigenen Reparaturwerft. Die DGzRS, in dendeutschen Gebieten von Nord- und Ostsee zu-ständig für den Such- und Rettungsdienst, kann in

diesem Jahr auf ihr 139-jähriges Bestehenzurückblicken.

Das Seenotret-tungswerk veranstaltetnunmehr zum 5. Malam ersten Sonnabendim Juli, also am 3. Juli2004, auf nahezu allenStationen zwischen Bor-kum im Westen undUeckermünde am Stetti-ner Haff den „Tag derSeenotretter“. Im Mittel-punkt dieses Aktionsta-ges soll die Arbeit der185 fest angestellten undrund 800 freiwilligen,ehrenamtlich tätigenRettungsmänner stehen.

Rund 330 000Spender und Fördererunterstützen heute das

deutsche Seenotrettungswerk, dessen gesamte Arbeitausschließlich durch freiwillige Zuwendungen getra-gen wird.

Als „Zeichen für Vertrauen“ wird der DGzRSseit Jahren in Anerkennung für die Arbeit auf Seeund an Land vom Deutschen Zentralinstitut fürsoziale Fragen, Berlin, das „Spenden-Siegel“ verlie-hen.

Der ehrenamtliche Vorstand der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger in seiner neuenZusammensetzung: Vorsitzer Michael Grobien (Mitte), seine Stellvertreter Christel Vinnen (li.) und Ger-hard Harder. (Foto: DGzRS, Bremen)

Er wurde damit Nachfolger von Hermann C.Helms, der diese ehrenamtliche Tätigkeit im Vorstandder DGzRS von 2000 bis 2003 ausübte. Helms legtesein Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder. Be-reits 1971 war er Mitglied des damaligen Bezirksver-eins Bremen. 1987 wurde er zum stellvertretendenVorsitzer gewählt.

Neu in den Vorstand berufen wurde derDiplom-Betriebswirt Gerhard Harder, Vorstandsvor-sitzender des Energieunternehmens swb AG, Bremen.Vorausgegangen war die Entlastung des Vorstandsfür das Verwaltungsjahr 2003. Der DGzRS-Vorstandbesteht jetzt aus den Herren Michael Grobien,Christel Vinnen und Gerhard Harder, alle Bremen.In der Satzung ist festgelegt, dass die Mitglieder desVorstands ihren Wohn- oder Dienstsitz in Bremenhaben müssen.

NACHRICHTEN

S02-Personalia.qxp 11.08.2004 11:55 Seite 2

3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3

KATASTROPHENMEDIZIN

Zentrum Katastrophenmedizin im BBK - einekurze Vorstellung

Eine der wesentlichen Aufgaben für den Be-völkerungsschutz ist der Schutz der Gesundheit, wieer auch im Zivilschutzgesetz derzeit ausdrücklich ver-ankert ist. Diese Aufgabe liegt genau im Schnittbe-reich der Zuständigkeiten von Innen- und Gesund-heitsressorts von Bund und Ländern; sie kann nurim koordinierten Miteinander mit Leben und größt-möglicher Qualität erfüllt werden.

Im neuen Bundesamt für Bevöl-kerungsschutz und Katastrophen-hilfe wird diese Aufgabe ineinem eigenen Zentrum„Katastrophenmedizin“wahrgenommen werden,das in den nächstenMonaten sukzessive auf-gebaut wird. Kernauf-trag für dieses Zentrumist die dauerhafte Bear-beitung der oben be-schriebenen Schnittstellein ihrer föderalen Aus-prägung. Hierzu werdendie Mediziner, die seit 2002in der ehemaligen Zentralstel-le für Zivilschutz tätig waren, ge-meinsam mit neu gewonnenen Fach-experten zusammen arbeiten. Eine engeKooperation mit anderen Einrichtungen (Robert-Koch-Institut, Bundesamt für Strahlenschutz, ...)erlaubt die Bündelung der an unterschiedlichenOrten verfügbaren Fachexpertise.

Als Ausdruck der gemeinsamen Verantwor-tung für diese Schnittstellenaufgabe wird die Aufsichtüber das Zentrum „Katastrophenmedizin“ gemein-

sam von BMI (allgemeine Dienstaufsicht) undBMGS (medizinische Fachaufsicht) wahrgenommen.

Medizinischer Bevölkerungsschutz im 21. Jahrhundert – ein Überblick

Die medizinische Versorgung von Verletztenund Erkrankten gerade bei Großschadensfällen,Katastrophen oder im Verteidigungsfall genießt un-

verändert hohe Priorität für sämtliche Vorsorge-maßnahmen des Staates für seine Bürge-

rinnen und Bürger.Hierbei haben die Erfah-

rungen der letzten Jahre ge-zeigt, dass nicht mehr „klas-

sische“ Kriegshandlungen,sondern in verstärktemMaß Naturgewalten(Hochwasser, Stürme)und internationaler Ter-rorismus (Anschlag aufsymbolträchtige Ziele,gezielte Sabotage kriti-

scher Infrastrukturen) alsaktuelle Bedrohung anzu-

sehen sind. Dies bedeutet,dass nicht mehr flächende-

ckende Zerstörung auch der me-dizinischen Einrichtungen als Aus-

gangsvoraussetzung zu nehmen ist. Andiese Stelle treten jetzt lokal bis regional begrenzteSchadenereignisse (z.B. die Elbflut im August 2002),die dort auch die Funktionstüchtigkeit des Gesund-heitswesens stark beeinträchtigen können.

Diese neue Bedrohungssituation bedeutet fürdie medizinische Versorgung von Verletzten undErkrankten, dass ausreichende Behandlungsmöglich-

KatastrophenmedizinEin Zentrum des BBK im Aufbau

Von MedR Dr. Joachim Habers (BBK)

S03-KatMed.qxp 11.08.2004 12:42 Seite 3

4 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

KATASTROPHENMEDIZIN

In dieser Aufgabenstellung finden sich letztlichalle Glieder der Rettungskette wieder. Die allesamtoperativ tätigen Kettenglieder müssen hierzu sachge-recht qualitativ und quantitativ verstärkt werden(Tabelle 1).

keiten in den umliegenden, nicht betroffenen Regio-nen zur Verfügung stehen werden. Die Basis hierfürbieten die Einrichtungen unseres alltäglichen Ge-sundheitswesens mit seinem umfangreichen Leistungs-angebot auf hohem qualitativem Niveau.

Zielvorgabe für das Gesundheitswesen im Zivil-und Katastrophenschutz im 21. Jahrhundert ist da-her nicht mehr eine improvisierte Notbehandlungauf inakzeptabel niedrigem Niveau am Katastrophen-ort, sondern eine möglichst rasche und koordinierteMobilisierung des gesamten (über-)regionalenGesundheitswesens.

Durch diese Mobilisierung kann einer Über-lastung einzelner Behandlungseinrichtungen wirksamvorgebeugt werden; dies ist gleichzeitig der besteGarant für weiterhin hohe Qualitätsstandards in dermedizinischen Behandlung.

Besondere Bedeutung kommt hierbei denkommunalen Gesundheitsbehörden zu, die das mög-lichst reibungsfreie Miteinander aller Mitwirkendenim Gesundheitswesen nicht nur unter Katastrophen-bedingungen administrativ unterstützen müssen.

Zwei Aspekte zur oben dargestellten Rettungs-kette als Aufgaben für das Zentrum Katastrophen-medizin im BBK sollen nachfolgend näher beleuch-tet werden.

Erweiterter Rettungsdienst – Standards im medizinischen Bevölkerungsschutz

Die Einsatzbewältigung bei Großschadensla-gen und Katastrophen hat für den medizinischenBevölkerungsschutz immer zwei Einsatzstellen zu

berücksichtigen: die„erste“ Einsatzstelle istsicherlich die Schadens-zone, an der Rettungs-kräfte unterschiedlicherFachdienste gemeinsamauch zur Menschenret-tung tätig werden. ImrettungsdienstlichenSprachgebrauch ent-spricht dies der präklini-schen Einsatzphase.

Hierneben exis-tiert aber auch nocheine „zweite“ Einsatz-stelle, die in den bisheri-gen Überlegungen nureine unbedeutendeNebenrolle spielte, näm-lich die erstversorgen-den Akutkrankenhäuser.Für beide Einsatzstellengilt, dass nur eine sorg-fältige, umfassende undständig aktualisierte Ein-satzplanung (im interna-tionalen Bereich als

„disaster preparedness“ bezeichnet) im Ereignisfalleine adäquate Einsatzbewältigung („disaster respon-se“) gewährleisten kann.

Im weiteren sollen die Vorteile von Standardsfür den medizinischen Bevölkerungsschutz zur Ein-

Kettenglied Verstärkung ddurch:

Ersthelfer Breitenausbildung in Erster Hilfe, ergänzt mitSelbstschutzinhalten

Organisierter Rettungs-dienst

Erweiterter Rettungsdienst (z.B. Verfahrensanwei-sungen zur Dekontamination Verletzter)Sanitäts- und Betreuungsdienst (Fahrzeugkompo-nenten zur Verstärkung des KatS der Länder)Transportlogistik für überregionale Patientenver-legungen (BGS, Bw, Hilfsorganisationen)

Krankenhaus Krankenhaus-Netzwerke (insbesondere für Eng-passressourcen)Krankenhaus-Unterstützungsprogramm (Perso-nalqualifizierung und Ereignis-bezogene Ergän-zung mit externem Fachpersonal)Integriertes Konzept zur Sanitätsmaterialbevorra-tungKooperation mit der ambulanten Versorgung(z.B. Medizinischen Versorgungszentren-MVZ)

Tabelle 1: Durch Verstärkung der einzelnen Glieder der Rettungskette kann einer Überlastung einzelnerBehandlungseinrichtungen wirksam vorgebeugt werden.

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3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 5

medizinischen und sozialen Bedürfnissen versorgenzu können.

2002 konnten zur Sichtung in zwei Konsen-suskonferenzen gemeinsame Grundlagen zwischenallen beteiligten Arztgruppen festgelegt werden: Not-fallmediziner, Katastrophenmediziner und Sanitäts-offiziere der Bundeswehr einigten sich auf einheitli-che Grundsätze zur Sichtung, die durch die Bundes-

satzbewältigung gerade an der „ersten“ Einsatzstelledargestellt und an Beispielen erläutert werden.

Basis der Katastrophenmedizin

Unbestritten ist — nicht zuletzt auch durchdas Votum der BMI-Schutzkommission in ihremzweiten Gefahrenbe-richt1 — dass die alltägli-che medizinische Ge-fahrenabwehr die Basisauch für die medizini-sche Einsatzbewältigungbei Großschadensfällenund Katastrophen bildet.Rettungsdienst als Ver-sorgungsstruktur sowieNotfallmedizin als Ver-sorgungsprozess bildendie Kristallisationskernefür den Einsatz ergän-zender Kräfte.

Diese ergänzen-den Kräfte wurden bis-lang schwerpunktmäßigim Bereich des Sanitäts-dienstes gesehen, diesungeachtet erheblicherDefizite, wie sie in Aus-bildung, Ausstattungund Struktur inzwischen zu beobachten sind. Umdiese ergänzende Funktion auch tatsächlich wahrneh-men zu können, müssen die angesprochenen Defizitein Ausbildung, Ausstattung und Struktur im Sani-tätsdienst beseitigt werden: aus dem Sanitätsdienstder Nachkriegszeit wird so der erweiterte Rettungs-dienst des 21. Jahrhunderts.

Standards — Sichtungskonsens

Die medizinische Schwerpunktaufgabe beiGroßschadensfällen und Katastrophen schlechthinist die Sichtung. Erst durch Sichtung kann eine sinn-volle Einsatzplanung mit Ressourcenverteilung aufdie Patienten geschehen; Sichtung verfolgt hierbeidas Ziel, jeden Patienten — im Rahmen der verfüg-baren Möglichkeiten — bestmöglich nach seinen

ärztekammer2 als verbindlich eingeführt wurden.Der Charakter von Sichtung als dynamischem Pro-zess wird inzwischen betont durch drei aufeinanderfolgende Zeitpunkte zur Sichtungsentscheidung:

•Grob überblickhafte Sweeping-Triage als Ord-nungskriterium an der Patientenablage mit derFragestellung: schwer oder leicht verletzt?

•Eingangssichtung am Behandlungsplatz (sieheunten)

1 Zweiter Gefahrenbericht der Schutzkommission beim Bundesmi-nister des Innern — Bericht über mögliche Gefahren für die Bevölke-rung bei Großkatastrophen und im Verteidigungsfall (Oktober 2001).2 Sefrin, Peter et al.: Katastrophenmedizin – Sichtungskategorienund deren Dokumentation, Deutsches Ärzteblatt vom 4.8.2003, Aus-gabe A, Seite 2057ff.

Tabelle 2: Eingangssichtung am Behandlungsplatz.

Status Maßnahmen

I(rot)

Vitalfunktionen gestört mitoder ohne zusätzliche Schädigung

Sofortbehandlung zur Wiederher-stellung der Vitalfunktionen

II(gelb)

Schwere Schädigung, Vitalfunktionen (noch) stabil

Standardbehandlung (Lagerung,Ruhigstellung, Infusion, Analgose-dierung, Sauerstoffinhalation) mitdauerhafter Überwachung der Vital-funktionen

III(grün)

Leichte Schädigung Psychosoziale Unterstützung undmedizinische Nachkontrolle

IV(blau)

Schwerste Schädigung mitinfauster Prognose

Betreuende palliative Behandlung

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6 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

KATASTROPHENMEDIZIN

•Ausgangssichtung am Behandlungsplatz mit derFragestellung: welcher Patient wann mit welchem

Rettungsmittel in welches Krankenhaus?Die Eingangssichtung am Behandlungsplatz

steht hierbei im Mittelpunkt (Tabelle 2).Besonderes Kennzeichen dieser Sichtungssys-

tematik ist das geänderte Therapieziel für die Kate-

gorie-IV-Patienten. Frühere Sichtungssysteme verfolg-ten hier unter Fokussierung auf Heilung als einzi-

gem Therapieziel quasiein „Alles-oder-Nichts“-Prinzip der Ressourcen-zuteilung. Im Gegensatzhierzu eröffnet die jetztgefundene Sichtungssys-tematik einen völligneuen Therapieansatz,der den medizinischenund sozialen Bedürfnis-sen dieser Patientengrup-pe eher gerecht werdenkann: palliative Behand-lung mit dem Ziel,Beschwerden zu lindernund menschliche Beglei-tung zu ermöglichen.

Noch uneinheitli-cher als die seinerzeitigenVorgaben für den Sich-tungsvorgang sind die inDeutschland verfügbarenRegistrierungssysteme:

• DRK-Verletztenan-hängekarte, hervorgegan-gen und zwischenzeit-lich mehrfach modifi-ziert auf der Basis vonSuchdienstkarten, dienoch aus der Kriegszeitstammen• Schweizer Patien-tenleitsystem, modifi-ziert beispielsweise alsso genannte „BielefelderKarte“• Patientenanhänge-karte, gemeinsam entwi-ckelt von Landesfeuer-wehrverband und Ar-beitsgemeinschaft der

Berufsfeuerwehren in Nordrhein-Westfalen•Vielfältige lokale „Eigenkonstruktionen“

Gerade bei der gleichzeitigen Verwendungvon Registriersystemen unterschiedlicher Herkunft —

Verletztenanhängerkarte.

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3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 7

etwa bei Großschadensfällen mit überregionalemHelfereinsatz — zeigten sich die Schwächen dernicht kompatiblen Registriersysteme.

Um hier reibungsloses Zusammenwirken zuermöglichen, konnte ein verbindlicher Katalog vonLeistungsmerkmalenzum Mindestdatensatzund zur Beschaffenheitzusammengestellt wer-den. Auch diese Min-deststandards wurden ineiner Konsensuskonfe-renz unter Beteiligungaller Mitwirkenden 2002festgelegt und durch dieBundesärztekammer alsverbindlich veröffent-licht.

Der Mindestda-tensatz für Registriersys-teme besteht jetzt aus:

•Eindeutige Patienten-Identifikationsnum-mer, z.B. KFZ-Kenn-zeichen plus durchlau-fende Nummerierunginnerhalb eines Ret-tungsdienstbereichs

•Optionales Datenfeldfür weitere Personalan-gaben wie Name, Vor-name und Geburtsda-tum oder Geschlechtund geschätztes Alter

•Sichtungskategorie mitFarbcode

•Hauptdiagnose mit „Strichmännchen“ zur Darstel-lung der Lokalisation z.B. einer Verletzung

Die Mindestanforderungen an die Beschaffen-heit von Registriersystemen umfassen jetzt:

•wetterfest, wasserfest, stabil und widerstandsfähig•zuverlässige und flexible Befestigungsmöglichkeit•Nummernaufkleber mit aufgedruckter Patienten-

Identifikationsnummer•Tasche für Begleitpapiere, z.B. medizinischen

Dokumentationsbögen

Standards — DIN 13050 als Basis für gemeinsameSprache in der medizinischen Gefahrenabwehr

Die Einsatzbewältigung an jeder Großscha-densstelle ist vom obligaten Zusammenwirken vieler

Einsatzkräfte gekennzeichnet. Gerade für den Ret-tungsdienst als flächendeckend verfügbarem Sofort-Einsatzinstrument ist die rasche überörtliche Hilfe-leistung in der ersten Einsatzphase eines Großscha-densfalls inzwischen zur eingeübten Routine gewor-den.

Für die konkrete Zusammenarbeit vor Ortmangelt es aber gerade im Rettungsdienst schon aneiner gemeinsamen Sprachregelung. Dies betrifftsowohl die eindeutige Bezeichnung von Einsatzräu-men wie auch die von Führungskräften und Füh-rungseinrichtungen.

Besonders bei Großschadensfällen mit überregionalem Helfereinsatz haben sich die Schwächen dernicht kompatiblen Registriersysteme gezeigt. (Foto: BBK/Elbracht)

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8 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

Nach langjährigem Vorlauf konnte — wahr-scheinlich durch die Ereignisse des Jahres 2001 kata-lysiert — noch im Jahr 2002 eine DIN 13050 zuBegriffen im Rettungswesen verabschiedet werden.Hierdurch ist im Prinzip die Basis für eine gemein-same Sprachregelung gelegt, wenn auch ein Länder-vorbehalt einzelne Provinzegoismen erlaubt.

Dennoch existieren zwei Jahre nach Einfüh-rung der DIN 13050 im tatsächlichen Sprachge-brauch weiterhin nebeneinander3:

•Patientenablage — Verletztensammelstelle — Ver-letztenablage — Verwundetennest

•Behandlungsplatz — Verbandplatz — Patientenver-sorgungsstelle

•Bereitstellungsraum — Krankenwagenhalteplatz —Rettungsmittelhalteplatz — Ladezone

•Organisatorischer Leiter Rettungsdienst — Einsatz-leiter Rettungsdienst — Technischer Leiter Ret-tungsdienst

•Leitender Notarzt — Ärztlicher Leiter•Technische Einsatzleitung — Örtliche Einsatzlei-

tung•Abschnittsleitung Rettungsdienst — Sanitätsein-

satzleitung.

Durch konsequente Anwendung der gemein-sam gefundenen Sprachregelung können Übertra-gungsfehler und daraus resultierende Reibungsverlus-te sicher vermieden werden.

Standards – DV 100 als Basis für erfolgreicheZusammenarbeit

Bezieht sich die DIN 13050 primär nur aufdie Kommunikation im Einsatzabschnitt Rettungs-dienst, so benötigt die Zusammenarbeit der ver-schiedenen Fachdienste an der Großschadensstellein erster Linie ein sachgerechtes Führungssystem,um reibungsfreie Kooperation zu ermöglichen.

Die neue DV 100 als Führungsvorschrift fürden Bevölkerungsschutz ist inzwischen von fastallen Bundesländern verpflichtend eingeführt wor-den. Hierin wird das aktuelle Führungssystem –bestehend aus •Politisch-gesamtverantwortlicher Komponente•Operativ-taktischer Komponente (für die Einsatz-

bewältigung in der Schadenszone) und

•Administrativ-organisatorischer Komponente (fürdie administrativ-organisatorische Unterstützungder operativ-taktischen Komponente aus demlokalen bis überregionalen Umfeld)

umfassend beschrieben.

Der medizinische Bevölkerungsschutz findetsich in der DV 100 an zwei Positionen wieder: imoperativ-taktischen Bereich ist er im Einsatzab-schnitt Rettungsdienst vertreten; im administrativ-organisatorischen Stab ist er durch den Amtsarzteingebunden.

Mensch oder Material – womit beginnt Einsatz-planung?

Der Einsatzerfolg nicht nur bei Großscha-densfällen oder Katastrophen liegt immer in dergelungenen Zusammenführung von motivierten undgut ausgebildeten Einsatzkräften mitsamt dem tech-nischen Material, das zur Einsatzbewältigung not-wendig ist.

Dabei ist in der Vergangenheit der Fokusnicht selten zu einseitig nur auf die Belange dertechnischen Ausstattung gelegt worden. Dabei gerietin Vergessenheit, dass erst die ausgebildete Einsatz-kraft hochwertiges Material sinnvoll in den Einsatzbringen kann.

Aufgabe für die kommenden Jahre mussdaher sein, hier entsprechend gegenzusteuern undPersonalmanagement schon in der Einsatzplanungverstärkt in den Mittelpunkt der Bemühungen zustellen. Aufgabenfelder gerade für Einsatzkräfte ausder medizinischen Gefahrenabwehr sind dabei:

•Motivation zur (ehrenamtlichen) Mitwirkung imSystem der medizinischen Gefahrenabwehr

•Konfliktfeld „Freistellung vom Arbeitsplatz“•Aus- und Fortbildung•Kontinuierliches Praxistraining•Persönliche Schutzausstattung•Technische Ausstattung.

KATASTROPHENMEDIZIN

3 Die korrekte Bezeichnung nach DIN 13050 ist blau abgesetzt

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3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 9

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

Moderne Gesellschaften sind in ihrer Funktionsfä-higkeit von zahlreichen Infrastrukturen abhängig. Sogenannte Kritische Infrastrukturen (KRITIS) wie bei-spielsweise die Trinkwasserversorgung sind darüberhinaus für Mensch und Tier (über-)lebenswichtigund daher besonders schützenswert. Das neue Zent-rum „Schutz Kritischer Infrastrukturen“ im Bundes-amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfewill einen Beitrag dazu leisten, die Gefährdung Kriti-scher Infrastrukturen in Deutschland zu erkennenund zu analysieren sowie gemeinsam mit anderen Be-hörden und Partnern Schutzkonzepte zu entwickeln.Die Aufgaben dieses Zentrums lassen sich unteranderem aus den konkreten Erkenntnissen über dieVerletzlichkeiten von High-Tech-Gesellschaften ablei-ten, die beispielsweise aus den Terroranschlägen vom11. September 2001 in den USA, den verheerendenHochwasserlagen des Sommers 2002 in Mitteleuro-pa oder den überregionalen Stromausfällen in Nord-amerika und Europa im Sommer/Herbst 2003 (sog.„Blackouts“) gewonnen werden konnten.

Dem Schutz Kritischer Infrastrukturen kommtauch im Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK)vom 6. Juni 2002 und dem ihm zugrunde liegendenKonzept für eine „Neue Strategie zum Schutz der Be-völkerung in Deutschland“ eine ganz bedeutendeRolle zu, um die vitalen Interessen der Gesellschaftsowie die Funktionsfähigkeit von Staat und Wirt-schaft dauerhaft zu wahren und zu sichern. Last butnot least ist der Schutz Kritischer Infrastrukturenauch ein zentrales Thema in der transatlantischenSicherheitspartnerschaft zwischen Deutschland undden USA, zwischen Deutschland und seinen Nach-barn sowie auf Ebenen der EU und der NATO.

KRITIS – Was ist das?

Kritische Infrastrukturen sind gemäß einervorläufigen Übereinkunft der Regierungsressorts„Organisationen und Einrichtungen mit wichtigerBedeutung für das staatliche Gemeinwesen, beideren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wir-

Schutz Kritischer Infrastrukturen Eine neue Aufgabe des BBK

Von Dr. Wolfram Geier (BBK)

kende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungender öffentlichen Sicherheit oder andere dramatischeFolgen eintreten würden.“

Kritische Infrastruktur Transport/Verkehr: Hohe Mobilität von Perso-nen und Gütern ist eine der Grundlagen moderner Gesellschaften,ihrer Sicherung kommt große Bedeutung zu.(Foto: BBK/Stein)

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10 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

KRITIS – Wodurch bedroht?

Aufgrund ihrer Komplexität sind KritischeInfrastrukturen einerseits selbst Gefahrenquelle wiebeispielsweise kerntechnische oder petrochemischeAnlagen, andererseits aber durch nahezu alle denk-baren externen Gefahrenkategorien, wie schwereNaturereignisse, Havarien oder menschliches Fehl-verhalten (Sabotage, Terror, Krieg) bedroht. Da dieFunktionsfähigkeit eines Großteils der KritischenInfrastrukturen von der dauerhaften Verfügbarkeitausreichender Energie (v.a. Elektrizität) und voneinem effektiven Informations- und Kommunikati-onsnetz abhängt, kommt der Sicherung dieser Auf-gaben und dem Schutz der Bevölkerung unter die-sen Aspekten eine herausragende Bedeutung zu.Gleichzeitig bringt die bereits vorhandene bzw. wei-ter rasch fortschreitende Internationalisierung derEnergie- und Telekommunikationsmärkte, aber auchanderer Wirtschaftszweige weitere Risiken mit sich,wie vor allem die Blackouts in Skandinavien undSüdeuropa gezeigt haben. Gleiches gilt für die Priva-tisierung und Parzellierung von ehemals staatlichenInfrastrukturen.

KRITIS – welcher Schutz ist möglich?

Effektiver Schutz Kritischer Infrastrukturenerfordert heute ein umfassendes und kontinuierlichweiterzuentwickelndes Arbeitsprogramm, das ausständiger Gefährdungsanalyse, Schwachstellendetek-tion sowie Entwicklung und Anwendung von prakti-kablen Schutzkonzepten besteht. Dafür sind ausge-wiesene, inter- und transdisziplinär zusammenarbei-tende Experten aus den Natur-, Ingenieur- und Sozi-alwissenschaften in staatlichen Sicherheitsbehördennotwendig, die mit der Vielzahl privatwirtschaftlichorganisierter Betreiber von Kritischen Infrastruktu-ren eine vertrauensvolle Sicherheitspartnerschaft auf-bauen (sogen. „Public-Private-Partnership“).

Zu den konkreten Aufgaben des neuen Zen-trums KRITIS im BBK gehören daher u.a.:

•Ausarbeitung von KRITIS-spezifischen Gefähr-dungs- und Risikoanalysen,

•Aufbau von KRITIS-spezifischen Sicherheitspart-nerschaften mit anderen Behörden und öffentli-chen Institutionen (BKA, BGS, BfV, BW etc.)

Neben der nationalen Sicherheit können vorallem die Wirtschaft, die öffentliche Gesundheit, dieöffentliche Ordnung und die Funktionsfähigkeit derRegierungs- und Verwaltungsapparate betroffen sein.In Deutschland werden die Kritischen Infrastruktu-ren in folgende Sektoren eingeteilt:

•Energieversorgung (Elektrizität, Gas, Mineralöl)•Telekommunikation und Informationstechnik•Versorgung (einschließlich Trinkwasser, Ernäh-

rung, Gesundheitswesen, Notfall- und Rettungs-wesen, Entsorgung)

•Transport- und Verkehrswesen (einschließlichPost)

•Gefahrenstoffe (einschließlich sensitive Indus-trien und Gefahrguttransporte)

•Finanz-, Geld- und Versicherungswesen•Behörden und öffentliche Verwaltung•Sonstiges (Großforschungseinrichtungen, heraus-

ragende oder symbolträchtige Bauwerke, Kultur-gut, Medien)

Zwischen nahezu allen Sektoren bestehen teilsmassive Interdependenzen, die sich im Schadenfallbesonders negativ auswirken können (siehe Abhän-gigkeit aller Sektoren von der Verfügbarkeit elektri-schen Stroms).

Trinkwasser ist das wichtigste Lebensmittel überhaupt. Schutz derTrinkwasserinfrastruktur und Gewährleistung der Versorgung derBevölkerung besitzen daher höchste Priorität.

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3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 11

verfügbarkeit. Der Aufbau eines EDV-gestütztenGefährdungskatasters Kritischer Infrastrukturen istdaher eine besondere Herausforderung, der sich dasneue Zentrum in enger hausinterner Zusammenar-beit mit dem Zentrum Krisenmanagement und demdortigen Projekt deNIS stellt.

Kooperationen und Partnerschaften

Von ganz zentraler Bedeutung für die Arbeitund den Erfolg des neuen Zentrums zum SchutzKritischer Infrastrukturen im BBK sind funktionie-rende Kooperationen und Partnerschaften sowohlmit anderen Behörden als auch mit den überwie-

auf nationaler und internationaler Ebene (EU,NATO u. a.),

•Aufbau eines KRITIS-spezifischen Gefährdungs-katasters,

•Aufbau einer KRITIS-spezifischen „Public-Priva-te-Partnership“ mit privaten Dienstleistern derEnergiewirtschaft, der Verkehrswirtschaft, demGesundheitswesen u. a. Branchen,

•Durchführung von Studien, •Erarbeitung von Maßnahmeplänen für den

kurz-, mittel- und langfristigen Schutz von KRI-TIS,

•Erarbeitung von Masterplänen für die Notfall-planung zum Schutz von KRITIS,

•Beratung von Behörden des Bundes, der Länderund Kommunen sowie von Unternehmen,

•Aufbau von KRITIS-bezogenen Risikokommuni-kationsstrukturen (Öffentlichkeits-arbeit),

•Mitwirkung bei der Erarbeitung neuer Selbst-schutz- und Selbsthilfekonzeptionen für dieBevölkerung auf Grundlage der Erkenntnisse auso.g. Analysen und Studien.

Organisationsstruktur

Gemäß seiner Aufgabenschwerpunkte gliedertsich das neue Zentrum in vier Fachbereiche, diesich neben KRITIS-spezifischen Risikoanalysen unddem Aufbau eines Gefährdungskatasters vor allemum die Sektoren Energie, Kommunikationstechnik,Versorgung (Trinkwasser, Ernährung, Gesundheit,Notfall- und Rettungswesen), Verkehr sowie Behör-den und Verwaltung kümmern. Prinzipiell werdenalle Bereiche Kritischer Infrastrukturen bearbeitet,wobei jedoch nach Priorisierungsaspekten des Bevöl-kerungsschutzes gewichtet wird. Um die vielfältigenAufgaben bewältigen zu können, arbeiten im neuenZentrum KRITIS des BBK verschiedenste Wissen-schaftsdisziplinen eng zusammen. Ingenieure, Natur-wissenschaftler und Sozialwissenschaftler, unterstütztvon Verwaltungsfachleuten, konzipieren praxisorien-tierte Risikoanalysen und effektive Schutzkonzepte.Datensammlung, Informations- und Datenanalysesowie die Schlussfolgerungen nehmen einen hohenStellenwert ein und stellen sich gleichzeitig dem ge-rade in Deutschland aufgrund von zahlreichen Zu-ständigkeiten und gesetzlichen Vorschriften nichtgerade kleinen Problem der bundeszentralen Daten-

gend privaten Dienstleistern Kritischer Infra-strukturen. Erste Erfolg versprechende Schritte sindgetan. So hat sich nicht zuletzt auf Initiative desBBK erst vor kurzem ein „Runder Tisch“ derGeschäftsbereichsbehörden im Bereich KRITISgebildet, dem neben dem BBK das Bundeskriminal-amt, das Bundesamt für Sicherheit in der Informati-onstechnik und das Technische Hilfswerk angehö-ren. Darüber hinaus werden Arbeitskontakte zuBehörden im Geschäftsbereich anderer Bundesres-sorts nach Abstimmung aufgebaut so z.B. zur Regu-

Kritische Infrastruktur Energieversorgung: Das Wasserkraftwerk Lau-fenburg ist bundesweit das drittgrößte Laufwasserkraftwerk. DieKraftwerkskapazität reicht aus, um eine Stadt wie Frankfurt a. Mainmit sauberem Strom zu versorgen.(Foto: obs/NaturEnergie AG)

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lierungsbehörde für Telekommunikation und Post(RegTP), zum Eisenbahnbundesamt, zur DeutschenFlugsicherung, zur Bundesanstalt für Landwirtschaftund Ernährung, zum Deutschen Wetterdienst, zumUmweltbundesamt u. a. Gleiches gilt natürlichauch für die Anbieter und Dienstleister in den ein-zelnen Sektoren wie beispielsweise die DeutscheBahn AG oder die Stromkonzerne. Den Aufbau die-ser Kooperationen zwischen Staat und Wirtschaftwird neudeutsch „Public-Private-Partnership – PPP“genannt und charakterisiert einen in Deutschland

Ausblick

Mit Gründung des Zentrums Schutz Kriti-scher Infrastrukturen im neuen Bundesamt fürBevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wurdeein Meilenstein gesetzt, der die Bedeutung des The-mas KRITIS deutlich unterstreicht. Die Arbeiten desZentrums stehen trotz zahlreicher Ad-hoc-Analysen,begonnener Studien und erster interner Präsentatio-nen noch ziemlich am Anfang. Die Komplexität derAufgabe wird vor allem bei den zahlreichen, teils

Interdependenzen zwischen den zahlreiche Sektoren und Branchen Kritischer Infrastrukturen.

noch deutlich zu intensivierenden Prozess dergemeinsamen Strategieentwicklung und Problembe-wältigung.

Dritter wichtiger Partner sind Forschung undWissenschaft, die sich mit einzelnen KritischenInfrastrukturen intensiv beschäftigen. Neben Univer-sitäten haben hier vor allem die außeruniversitärenInstitutionen wie beispielsweise die Fraunhofer-Insti-tute entsprechende Bedeutung.

„Networking“ oder der Aufbau und die Pflegevon Netzwerken zu Behörden, privaten Unter-nehmen oder aber in den Forschungsbetrieb istdaher eine der ständigen und wichtigsten Aufgabendes Zentrums, die sich wie ein roter Faden durchdie gesamte Arbeit des Zentrums zieht und die alssein Kerncharakteristikum gelten kann.

noch nicht oder nur unzureichend erforschten Inter-dependenzen zwischen den einzelnen Sektoren deut-lich. Da sowohl die Bedeutung Kritischer Infrastruk-turen für das Funktionieren moderner Gesellschaf-ten als auch die Vulnerabilität der Gesellschaftenaufgrund der Komplexität der Kritischen Infrastruk-turen weiter zunehmen werden, wird auch die Arbeitdes neuen Zentrums im BBK auf diesem Gebietkontinuierlich zunehmen und bei sich realisieren-dem personellen und materiellen Ausbau im Ergeb-nis für ein höheres präventiv gewichtetes Schutzni-veau und ein effektives Krisenmanagement imSchadenfall stehen.

KRITISCHE INFRASTRUKTUREN

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EINSATZPRAXIS

Der Sanitätsdienst des Malteser Hilfsdienstes (MHD)für den 95. Katholikentag vom 16. bis 20. Juni 2004in Ulm verlief reibungslos. Der Grund dafür lag nichtzuletzt in der intensiven Vorbereitung des Einsatzesund der bewährten Verwendung eines Stabsführungs-systems.

Im Zwei-Jahres-Rhythmus findet in einer deut-schen Stadt ein Katholikentag statt. Traditionell wirddas Generalsekretariat des Malteser Hilfsdienstes mitSitz in Köln mit der sanitäts- und rettungsdienstli-chen Betreuung der fünf Tage dauernden Veranstal-tung beauftragt.

Lage und Einsatzplanung

Die Besonderheit dieses Einsatzes bestand da-rin, dass sich die Veranstaltungen jeweils über weiteTeile des Stadtgebietes streuten. Es mussten täglichzirka 40 bis 50 Veranstaltungsorte sanitätsdienstlichabgesichert werden, wobei die Teilnehmerzahl bei denVeranstaltungen jeweils verschieden war.

Im Wesentlichen konzentrierten sich die Ver-anstaltungsorte auf das Messegelände, das Congress-centrum Ulm (CCU), den Innenstadtbereich undverschiedene Schul- und Gemeindezentren.

Allein der logistische Aufwand für den Einsatz„Katholikentag“ ist enorm. Als die Teilnehmer desKatholikentages Ulm am Sonntag die Stadt verließen,hatten die ca. 340 ehrenamtlichen Helfer aus 23Diözesen insgesamt rund 30.000 Stunden Diensthinter sich. Sie waren mit 129 Einsatz- und Trans-portfahrzeugen angereist, die in einer stadtnahenKaserne stationiert waren.

Rund 470 Mal wandten sich die Katholiken-tagsteilnehmer an eine der 15 im gesamten Stadtge-

biet aufgebauten Sanitätsstationen des Malteser Hilfs-dienstes. Chirurgische Notfälle (50 %) und internis-tische Erkrankungen und Notfälle (30 %) waren diehäufigsten Gründe, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Stabsmäßige EinsatzleitungSanitäts- und rettungsdienstliche Betreuung einer Großveranstaltung

Von Ulrich Granitzka

Rund 230 medizinisch ausgebildete Kräfte, da-von 10 Ärzte, 40 Rettungsassistenten und 50 Ret-tungssanitäter waren von morgens acht Uhr bis teil-weise spät in den Abend unterwegs.

Einsatzführung und Durchführung

Der Einsatz wurde von einer Einsatzleitung(EL), die in der Hauptfeuerwache der Stadt Ulmuntergebracht war, stabsmäßig geführt. Unterhalbder Einsatzleitung wurden von drei Einsatzabschnitts-leitungen (AL) die ihnen unterstellten Kräfte selb-ständig geführt und in den zugewiesenen Räumen

Die 129 Einsatzfahrzeuge waren in einer stadtnahen Kaserne stationiert.

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EINSATZPRAXIS

Verpflegung wurde als eine besonders wertvolle Unter-stützung bei der Einsatzdurchführung beschrieben.

Für Lagen, die eine Führung des Einsatzesdurch eine personell vollständig besetzte Einsatzlei-tung erforderten, war ausreichend eingewiesenes Per-sonal sofort erreichbar.

Als Fachberater des Rettungsdienstes der StadtUlm war der Dienst habende Organisatorische Lei-ter Rettungsdienst, der vom DRK gestellt wird, stän-dig in der Einsatzleitung anwesend. Er hatte direk-ten Zugriff auf den Einsatzleitrechner der Feuerwehrund konnte Einsatzanfragen, die in der EL aufliefen,sofort disponieren. Gleichzeitig konnte er zu jederZeit mögliche Engpässe des örtlichen Rettungsdiens-tes darstellen und über besondere Lagen informieren.

Stabsbesprechungen mit allen Sachgebietslei-tern und den Einsatzabschnittsleitern konnten inder Einsatzleitung durchgeführt werden, wobei einbesonderes Augenmerk auf besondere Lagen gelegtwurde. Unter anderem waren für das Einsatzstich-wort „MANV“ in Zusammenarbeit mit dem örtli-chen Rettungsdienst Vorsorgemaßnahmen getroffenworden.

Eine aktuelle Lagedarstellung über die geplan-ten Einsatzorte wurde nach Abschnitten unterteiltmittels Stellwänden und Detailplänen realisiert.

Kommunikation

Die Kommunikation zu den Abschnittenerfolgte über 4-m-Funk auf einem eigenen Kanal per

eingesetzt. Für die zentralen Großveranstaltungenwurden die jeweilig zuständigen Einsatzabschnittslei-tungen verstärkt.

Der Einsatz wurde im grundsätzlichen Auf-bau von einem Einsatzleiter und einem Führungs-stab geführt. Im Normalbetrieb wurde er durch den

Das weitflächige Einsatzgebiet stellte hohe Anforderungen an die Mobilität der Helfer.

Leiter des Stabes „klein“ geführt. Dabei wurden dieSachgebiete 2 (Lage) und 3 (Einsatz) sowie die Sach-gebiete 1 (Personal) und 4 (Versorgung) zusammen-gefasst. Das Sachgebiet 5 (Presse) wurde durch dieBundespressereferentin der Malteser besetzt, dienach Möglichkeit mit dem Einsatzleiter im Stadtge-biet unterwegs war, jedoch bei allen Stabsbespre-chungen und bei Anforderung anwesend war. ZurSicherung des Informations- und Kommunikations-wesens wurde auch das Sachgebiet 6 (Informationund Kommunikation) durch den Fernmeldedienstals Führungsunterstützung besetzt. Zusätzlich warauch der Bundesarzt der Malteser als medizinischerLeiter des Einsatzes in der Einsatzleitung vertreten.

Ein Verbindungsmann der Malteser im Orga-nisationsbüro des Deutschen Katholikentages sicher-te den ständigen Kontakt zum Veranstalter.

Die Sachgebiete 1 und 4 wurden vom Bun-deswehr-Logistikzentrum der Rommelkaserne, diegleichzeitig die Unterkunft für alle Helfer bot, ausgeführt. Die gute Zusammenarbeit mit der Bundes-wehr in den Bereichen Logistik, Unterkunft und

Rund 230 medizinisch ausgebildete Kräfte, darunter 10 Ärzte, 40Rettungsassistenten und 50 Rettungssanitäter waren im Einsatz.

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geben. Diese Zusammenarbeit funktionierte reibungs-los und führte praktisch zu einer kompletten Entlas-tung des Rettungsdienstes, der für die „Lage Katho-likentag“ keine zusätzlichen Ressourcen bindenmusste.

Generalprobe für den Weltjugendtag 2005

Im August des nächsten Jahres werden fürden Großraum Köln rund 400.000 junge Menschen

Telefon. Für den Fall, dass diese Meldewege nichtfunktionieren, standen der Einsatzleitung und denAbschnittsleitungen jeweils Kradmelder zur Verfü-gung, die auch Materialtransporte vornehmen konn-ten und als Erkunder zur Verfügung standen.

Die drei Einsatzabschnittsleitungen der Malte-ser arbeiteten weitgehend autark. Auch hier wurde ineinem Stabssystem gearbeitet. Dies hat den Vorteil,dass Aufgaben genau definiert sind und systematischabgearbeitet werden konnten. Es zeigte sich wiedereinmal, dass klare Strukturen und die Verwendungbewährter Arbeitsmaterialien, wie zum Beispiel derEinsatz von Nachrichtenvordrucken (Meldezettel im4-fach-Durchschreibesatz) sinnvoll sind.

In den Einsatzabschnitten standen, neben denAnbindungen über Mobiltelefon, Möglichkeiten derFührung über 4-m- und 2-m-Funk zur Verfügung, sodass sowohl alle Unfallhilfsstellen als auch einzelneTrupps notfalls über 2-m-Funk erreicht werdenkonnten.

Die enge Anbindung der Einsatzabschnitte anihre Führungsstelle und deren Verbindung mit derEinsatzleitung war bei allen größeren und kleinerenAnfragen von Vorteil. So konnten neben medizini-schen Belangen auch Anfragen der Polizei, z.B.wegen verlorener Kinder, und die von Teilnehmernschnell und unkompliziert beantwortet werden.

Vorplanung für besondere Lagen

Für besondere Einsatzlagen wurde eine täglichwechselnde Reserve aus freien Teams vorgehalten.Der Auftrag dieser Gruppen war, innerhalb von 15Minuten an jedem Punkt in der Stadt zu sein, umdort eine weitere Möglichkeit zur Versorgung vonVerletzten aufbauen zu können.

Für Eigenunfälle oder Erkrankungen in deneigenen Reihen wurde rund um die Uhr ein Ret-tungstransportwagen und ein Notarzt-Einsatzfahr-zeug vorgehalten. Auch für „seelische Notlagen“ warman gewappnet — ein Seelsorger der Malteser warjederzeit erreichbar.

Die Rettungsleitstelle der Stadt Ulm fordertedie Malteser regelmäßig als Helfer vor Ort (FirstResponder) an. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabendes Landes Baden-Württemberg wurden Patientenvor Ort von den Kräften der Malteser versorgt undin der Regel an den örtlichen Rettungsdienst über-

als Dauergäste und 800.000 Teilnehmer zur großenAbschlussmesse mit dem Papst erwartet. Die Malte-ser werden auch hier verantwortlich die Planungund Durchführung des Sanitäts- und Rettungsdiens-tes auf dem Veranstaltungsgelände wahrnehmen. Mitdem Einsatz in Ulm konnten im Hinblick auf diesesEreignis Führungsstrukturen überdacht werden unddas Personal im „Echtbetrieb“ arbeiten.

Als Ergebnis kann eines festgehalten werden:Die klassischen Organisations- und Führungsstruk-turen nach DV 100 sind weiterhin aktuell undhaben gezeigt, dass eine auf ihr basierende Planungden Einsatz in der Durchführung zum Erfolg wer-den lässt.

Die Einsatzleitung war in der Hauptfeuerwache deer Stadt Ulmuntergebracht. (Fotos: Granitzka)

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Die ersten Maitage standen in Polen ganz im Zeichender Feuerwehr. In Debno (Neudamm), Westpommern,nahm die Feuerwehr offiziell neue Räumlichkeitenin Betrieb. In Stettin fand der zentrale „Tag des Feu-erwehrmannes“ statt. Im Bekenntnis zum polni-schen EU-Beitritt erhielten Feuerwehrleute aus ver-schiedenen Ländern Auszeichnungen für ihr Engage-ment in Polen.

ca. 75 % der Mittel bereit, den Rest brachten dieGemeinde und Privatfirmen auf. Das entbindet dasUnternehmen jedoch nicht von seiner Verantwor-tung für die Sicherheit der Bevölkerung: Für denErsteinsatz vor Ort ist eine eigene Werkfeuerwehrzuständig. Darüber hinaus engagiert sich das Unter-nehmen in der Gemeinde. Das neue Tanklöschfahr-zeug gehört ebenso dazu wie die Übernahme derKosten für die alljährliche Großübung.

Ausbildungsstand

Diese Vorsorge zahlte sich bereits aus: Beieiner Havarie auf dem Firmengelände — nach demBersten einer Rohrleitung kam es zu einem Brand —waren die Werk- und Berufsfeuerwehr entsprechendvorbereitet. Durch rasches Eingreifen verhinderten sieeine Katastrophe. Tadeusz Nowak zufolge — er istLeiter der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehr inDebno — haben die Einsatzkräfte in Polen durch dieKooperation mit ausländischen Feuerwehren viel ge-lernt. Hinsichtlich der vielfältigen Kontakte seienseine Feuerwehrleute heute Vorreiter in Polen.

Partnerschaften

1991 hatte die Administrative von Renkum inden Niederlanden Verbindung nach Debno aufge-nommen. Ins Gespräch kamen auch die dortigeFreiwillige Feuerwehr (FF) mit hauptamtlichen Kräf-ten und ihre polnischen Kollegen. Die Entschei-dung, Debno das alte Löschfahrzeug zu überlassen,fiel schnell. Bisher sind nicht nur fünf Fahrzeuge(drei Löschfahrzeuge (LF), ein Bus und ein Geräte-wagen Gefahrgut) eingetroffen. Die Niederländerhaben auch Lehrgänge, wie beispielsweise Atem-

Feuerwehrtag in Polen unterEU-BannerVon Irene Kölbl und Stefan Wagner, Berlin

INTERNATIONAL

Wachanbau

Die Erweiterung der Feuerwache in Debno gehtauf ein besonderes Gefahrenpotenzial zurück. ImAusrückebereich ist eine kanadisch-polnische Berg-baugesellschaft tätig, die an verschiedenen Bohrstel-len Erdöl und Erdgas fördert sowie verarbeitet. DieFinanzierung des Anbaus erfolgte auf ungewöhnli-che Weise. Die Hauptkommandantur der Berufsfeu-erwehr stellte statt einer Komplettfinanzierung nur

Feierlicher Akt: Die Feuerwehrleute sehen der Auszeichnung und Beförderung entgegen.

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schutz und erste Hilfe, empfohlen bzw. den Aus-tausch angeregt.

Bei der feierlichen Einweihung der Feuerwachesprach Feuerwehrkommandant Ben Jansen, FF Ren-kum, seine eigenen Erfahrungen an: „Nach inzwi-schen einigen Jahren der Zusammenarbeit sehe ichmit Freude, wie sich alles entwickelt. Für uns Feuer-wehrleute gilt: Wenn gutes Material und gute Arbeits-bedingungen vorhanden sind, ist bereits die halbeArbeit geleistet“.

1992 haben die Städte Strausberg (Branden-burg) und Debno ihre seit 1978 bestehende Partner-schaft neu belebt. Eine Kooperation, in die auch dieFeuerwehr mit eingeschlossen ist. An die gemeinsa-me Geschichte erinnerte Stadtbrandmeister UweSchmidt, der Wehrführer der FF Strausberg.

Des Weiteren steht Debno regelmäßig mit denFeuerwehren der Städte Bückeburg, Niedersachsen,Varde, Dänemark, und dem THW-Ortsverband See-low in Verbindung. Sehr beständig ist die seit 1996währende Zusammenarbeit mit dem THW. PeterStrohbach, Ortsbeauftragter für Seelow, hat siedamals zwischen den nahe gelegenen Orten initiiertund mittlerweile beinahe schon institutionalisiert.

Zu Ehren der Feuerwehrleute

Der Mai gilt in Polen als Monat des Brand-schutzes mit landesweiten Feierlichkeiten. Die Ent-scheidung, welcher Ort die zentrale Veranstaltungausrichtet, trifft die Hauptkommandantur, die Lei-tung der Berufsfeuerwehr. Den diesjährigen Feuer-wehrtag in Stettin abzuhalten, hatte zwei Gründe:Zum einen brachte die grenznahe Hafenstadt deneuropäischen Zusammenschluss sinnbildlich zumAusdruck. Zum anderen war die vor kurzem ausge-baute und modernisierte Woiwodschaftskommanda-tur der staatlichen Feuerwehr offiziell zu übergeben.

Anerkennung

Zu den Feierlichkeiten waren Führungskräfteaus Politik und Feuerwehrwesen geladen. Anwesendwaren u.a. Teofil Jankowski, der Hauptkommandantder staatlichen Feuerwehr, und Waldemar Pawlak, derVorsitzende des Hauptverbandes der FreiwilligenFeuerwehren Polens. Dankadressen richteten Andrzej

tin führt. Bei verschiedenen Einsätzen arbeitetendeutsche und polnische Feuerwehrleute bereits zusam-men. Bei gemeinsamen Aus- und Fortbildungen konn-te nicht nur die Vorgehensweise im Einsatzgesche-hen abgestimmt werden. Ein offizieller Partnerschafts-vertrag mit der FF Schmolecin besteht nun seit mitt-lerweile elf Jahren.

Brachmanski, Staatssekretär im polnischen Innenmi-nisterium, und der Stettiner Bürgermeister MarianJurzyk an die Einsatzkräfte. Der Beitritt zur Europäi-schen Union, den Polen am Vortag endgültig vollzo-gen hatte, erfüllte die Redner mit Freude: Ein „Torfür neue Erfahrungen, Begegnungen und Erkenntnis-se“ habe sich aufgetan.

Einige der Auszeichnungen, die Brachmanskiund Jankowski anschließend überreichten, warendiesem grenzüberschreitenden Engagement im Feu-erwehrbereich gewidmet. Die Anerkennung wurdefolgenden ausländischen Feuerwehrangehörigen zu-teil: Stellvertretend für die gesamte FF nahm ErnstKlein, Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr Penkun(Mecklenburg-Vorpommern), die Auszeichnung fürdie „Rettung von Leben und Bewahrung von Habund Gut“ in Silber entgegen. Seine Einsatzkräfte sindan der Grenze zu Polen für den Autobahnbereichder A11 zuständig, die vom Berliner Ring nach Stet-

Austausch von Gastgeschenken: Nach der Einweihung der Woi-wodschaftskommandantur überreichte der Berliner Landesbranddi-rektor Albrecht Broemme (2.v.l.) dem Leiter der polnischen staatli-chen Feuerwehr Teofil Jankowski (2.v.r.), einen Helm.

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INTERNATIONAL

Die Kontakte der FF Renkum (Niederlande)nach Polen waren auf politischer Ebene entstanden.Kommandant Ben Jansen, HBM Dick van den Brulund Gerrit Beekhuizen, die die inzwischen freund-

überschreitenden Zusammenarbeit. Bei einer großenWasserrettungsübung auf der Oder wurde den Zu-schauern ein Überblick des vielfältigen Einsatzspek-trums geboten.

Anschließend ging das offizielle Veranstal-tungsprogramm in der Woiwodschaftskommandan-tur weiter. Die Feuerwache war 1903 errichtet wor-den. Von Beginn an waren die Räumlichkeiten fürdie Feuerwehr bestimmt: Freiwillige Feuerwehrenund auch die Werkfeuerwehr der Stettiner Werftwaren dort untergebracht. Mit dem Inkrafttreten der„Feuerwehrgesetzgebung“ (1991) veränderten sichZuständigkeiten und Aufgaben der Woiwodschafts-kommandantur, die einen neuen Dienstsitz benötig-te. 1993 stellte die Werft den renovierungsbedürfti-gen Bau in der Firlikastraße zur Verfügung. Über einEU-Projekt standen schließlich Mittel für die Instand-setzung und Modernisierung bereit. Mit den Gel-dern ließ sich auch das neue Kommunikations- undVerbindungsfahrzeug mit zwei Funkplätzen finanzie-ren. Nach Schulung polnischer und deutscher Feuer-wehrleute soll dieses nicht nur in Westpommern,sondern auch in Mecklenburg-Vorpommern zumEinsatz kommen.

Neue Herausforderungen

Auf die Frage, ob der EU-Beitritt sich auf ihreArbeit ausgewirkt habe, gaben Politiker diploma-tisch, Feuerwehrleute eher resigniert Auskunft. DieVorbereitungen für die Erweiterung sind bereits seitzwei Jahren gelaufen, so dass sich die Verwaltungsar-beit jetzt nicht geändert habe. Die Feuerwehr aberhabe zunehmend mit der Bürokratie zu kämpfen.Statt sich den Belangen der Feuerwehrleute widmenzu können, sei immer mehr „Papierkram“ zu bear-beiten.

Für Brandamtmann Willi Welkisch — er koor-diniert gemeinsam mit Kollegen für die BerlinerFeuerwehr die Kontakte nach Polen — lässt sich dieEU-Erweiterung folgendermaßen zusammenfassen:Die Wirtschaft habe die Grundlagen geschaffen, diePolitik den Weg freigemacht. Nun müssen die Men-schen den Weg gehen. Den Weg, den Feuerwehrleu-te und THW-Angehörige aus Dänemark, Deutsch-land, den Niederlanden und Polen in Debno vorabschon mit Leben erfüllt haben.

Der Feuerwehrtag endete mit einer großen Wasserrettungsübungauf der Oder: Die Berufsfeuerwehr, der THW-Ortsverband Seelowund die polnische Polizei veranschaulichten die Möglichkeiten einergrenzüberschreitenden Zusammenarbeit. (Fotos: Stefan Wagner)

schaftliche Verbindung sorgfältig pflegen, gehörtenebebfalls zu den Geehrten.

Der Schweizer Jürg Kern war Technik- und Aus-bildungsoffizier bei der FF Herisan, Kanton Appen-zell. Seit 1991 hatte er Kontakt zur Feuerwehr inKoszalin. Er half dort bei der Beschaffung von Fahr-zeugen und Material, die er aus der Schweiz herbei-brachte. Seit seiner Pensionierung vor zwei Jahrenwohnt er in Polen. Sein Fachwissen bringt er heuteimmer noch in die Ausbildung der Berufsfeuerwehr-leute der Woiwodschaft ein.

Nachdem die Ehrungen verliehen waren,demonstrierten die Berufsfeuerwehr und der THW-Ortsverband Seelow die Möglichkeiten einer grenz-

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KRISENMANAGEMENT

Nichtverbreitungsvertrag

Zu Zeiten der Ost-West-Konfrontation ver-suchten die beiden Seiten, hier die NATO unterFührung der Vereinigten Staaten von Amerika, dortder Warschauer Pakt mit der Union der sozialisti-schen Sowjetrepubliken an der Spitze, Überlegenheitdurch militärische Rüstung zu gewinnen. Noch ge-prägt durch den Schrecken der amerikanischenKernwaffen-Einsätze zum Ende des zweiten Welt-krieges im August 1945 über Hiroshima und Naga-saki gehörte die nukleare Aufrüstung zum wichtigs-ten Projekt in Ost wie West. Gleichzeitig achtetendie vier Siegermächte aber auch schon darauf, dassdiese neue Superwaffe nur in ihren Händen bleibensollte. So fand die Entwicklung die Atombombeoffiziell und bestätigt nur in den USA, England,Frankreich und der Sowjetunion statt. Mit gewisserzeitlicher Verzögerung gesellte sich später China zuden so genannten Atommächten. Nun weiß jederZeitungsleser, dass damit der Kreis der Atommächtemit Sicherheit nicht vollständig ist, abgesehen vonder Frage, ob nur Russland der alleinige atomareNachfolgestaat der Sowjetunion ist.

Mit Indien und Pakistan haben zwei Staaten,die ebenso wie Israel und Kuba den Atomwaffen-sperrvertrag (Nonproliferation Treaty, kurz NPT)oder auch Nichtverbreitungsvertrag (NVV) von 1970nicht unterschrieben haben, durch Kernwaffenversu-che demonstriert, dass sie willens und fähig sind,sich atomar aufzurüsten. Israel wird immer wieder inden Kreis der Kernwaffen besitzenden Staaten einge-reiht, enthält sich selbst aber jeder Äußerung in die-

ser Hinsicht. Einzig bei Kuba, dem vierten abseitsstehenden Staat, braucht man sich offensichtlichkeine Gedanken zu machen.

Südafrika hat nach eigenem Bekunden Kern-waffen entwickelt, inzwischen aber verschrottet undtritt nun als ein überzeugter und anerkannter Nicht-Kernwaffenstaat auf. Argentinien und Brasilien gel-ten als technologisch fähig zur Entwicklung vonKernwaffen, sind aber nach eigenem Bekunden eben-so kernwaffenfrei wie die „nuklearen Erben“ derUdSSR, nämlich die Ukraine, Weißrussland undKasachstan.

Mit Nordkorea hat ein Staat seinen mögli-chen Austritt aus dem Vertrag in den Raum gestellt,ohne dass dies zu allzu heftigen Reaktionen imKreis der Weltgemeinschaft geführt hat. Dabei istNordkoreas Bestreben, Kernwaffen zu entwickeln,offenkundig. Ebenso klar ist die politische Unzuver-lässigkeit und Instabilität des herrschenden Clans.Momentan scheint die geografische Lage und dasdaraus resultierende geringe Interesse dem Staat dieäußere Sicherheit zu garantieren. Zudem liegen mitIrak und Afghanistan zwei andere Konfliktherde imZentrum des Weltinteresses.

Als weiterer Staat, dem ein Interesse an derMacht verleihenden Waffe nachgesagt wird, gilt derIran. Allerdings sind die finanziellen und techni-schen Voraussetzungen derzeit wahrscheinlich nichtgegeben. Teils wird auch bezweifelt, ob das Bestre-ben wirklich vorhanden ist.

Damit gilt es festzuhalten, dass die Kernwaffeunverändert in den militärischen Waffenarsenalendiverser Staaten vorhanden ist (Karte 1). Diese Staa-

Kommt die nukleare Bedrohung wieder?Nach Auflösung des Ost-West-Konfliktes ist die Welt keineswegs sicherer geworden

Von Dieter Franke, BBK

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KRISENMANAGEMENT

um radioaktives Material in feinster Pulverform frei-zusetzen.

Die Dirty Bomb ist keine Atombombe. Beiihrer Detonation wird also in dem in der Bombevorhandenem radioaktiven Material keine Kettenre-aktion initiiert. Das wäre auch physikalisch gar nichtmöglich, denn es handelt sich nicht um angereicher-tes Uran oder Plutonium. Vielmehr kann nahezualles Verwendung finden, was sich an radioaktivemMaterial beschaffen lässt. Dieses wird lediglich einerkonventionellen Bombe beigefügt. Die Detonationsorgt dafür, dass der radioaktive Stoff mit der Deto-nationswolke verteilt wird.

Damit zeigt sich eine Eigenschaft dieser Waffe,die sie deutlich von biologischen und chemischenunterscheidet. Die mit der Detonation verbundeneHitze ist nicht in der Lage, die Radioaktivität zuzerstören oder auch nur abzuschwächen. Biologi-sche oder chemische Substanzen hingegen bereiten

den Waffenkonstrukteu-ren gerade durch ihrethermische Sensibilitätgroße Schwierigkeiten,wenn sie zur Ausbrin-gung der tödlichenAgenzien ähnliche Wegegehen wollen.

Allerdings mussman zugeben, dass auchradioaktive Stoffe nichtalle gleichermaßen geeig-net sind. Jedoch lassensich unproblematischsolche finden, die sichbesonders gut als Pulverausbringen lassen, diesich chemisch nicht soleicht mit anderen Ele-menten, insbesondere

solchen in der Atmosphäre, verbinden und die immenschlichen Körper eine hohe biologische Halb-wertszeit haben.

Die Verfügbarkeit solche Substanzen ist rela-tiv groß. Neben dem schwarzen Markt kommenÜberfälle auf Transporte sowie Diebstähle in Be-tracht. Jedes Jahr werden in Deutschland radioaktiveStoffe für den medizinischen Bereich, für For-schungslabore und für Mess- und Prüfeinrichtungenin hoher sechsstelliger Zahl über unsere Straßen

ten sind nicht sämtlich als zuverlässig einzustufen.Die Lagerung und Bewachung schließlich muss ineinigen Fällen selbst bei vorsichtiger Wortwahl alsschlampig bezeichnet werden.

Dirty Bomb

Die Proliferation von Wissen oder Materialzum Bau von Kernwaffen ist ohne Zweifel eine Ge-fahr, die nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann.Allerdings darf sie bei nüchterner Betrachtung auchnicht überbewertet werden. Die kriegsbegründendeSorge der US-amerikanischen Regierung, wonach derIrak damals u.a. kurz vor dem Bau der Kernwaffegestanden habe, hat sich durch die Inspektionen derVereinten Nationen vor dem Krieg und die Sucheder Amerikaner im Nachhinein als falsch erwiesen.Die Atombombe im Stile von „Little Boy“ oder „Fat

Mit „Dirty Bomb“ wird die Möglichkeit bezeichnet, konventionellen Sprengstoff zu nutzen, um radioaktives Material in feinster Pulverform freizusetzen.

Man“ (Hiroshima bzw. Nagasaki) zu entwickeln,fällt auch dem Staat schwer, der bereit ist, seine ganzefinanzielle Macht rücksichtslos ausschließlich in die-ses Projekt zu investieren.

Dies schließt jedoch eventuelle nukleare Be-drohungen nicht aus. Sie sind aufgrund der weltwei-ten Verfügbarkeit entsprechenden Materials aller-dings eher in anderer Form realisierbar. Die „DirtyBomb“ oder „Schmutzige Bombe“ bezeichnet dieMöglichkeit, konventionellen Sprengstoff zu nutzen,

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In den letzten zehn Jahren hat die IAEA, dieInternationale Atomenergie Behörde, über 500 be-hördlich bestätigte Fälle von Schmuggel oder Verlustvon Kernbrennstoffen bzw. als gefährlich eingestuf-ten radioaktive Quellen registriert. Schätzungengehen davon aus, dass allein in Deutschland rund1.000 geeignete Quellen vorhanden sind, deren Akti-vität jeweils über einem Curie also 3,7 x 1010 Bec-querel liegt. Im Bereich des Schengener Abkommens,

befördert. Die Transporte beziehungsweise die Ver-packungen sind entsprechend gekennzeichnet undgeben Aufschluss über Art und Aktivität des In-halts. Ferner lagern natürlich diese dann angeliefer-ten Stoffe an ihren Zielorten. Sicherlich sind sie ent-sprechend den Auflagen der Genehmigungsbehör-den gesichert untergebracht, letztendlich ist abereine Entwendung nicht auszuschließen. Als eine wei-tere Quelle muss an mobile oder eingebaute Strahler

in zahlreichen Mess- und Prüfeinrichtungen gedachtwerden. Seien es nun so genannte Baustellen-Strah-ler, mit denen Schweißnähte oder andere Material-qualitäten vor Ort geprüft werden, oder seien esStrahler, die im Produktionsprozess die Dicke, denFüllstand oder die Reinheit des Produktes feststellenkönnen.

in dem relativ freier Verkehr möglich ist, dürften esmehr als 10.000 solcher Quellen sein.

Fiktion ist das alles nicht. Zwar ist weltweitkeine zur Detonation gebrachte Dirty Bomb be-kannt. Gebaut wurde sie aber schon. Im Jahr 1996platzierte eine islamistische Splittergruppe tsche-tschenischer Separatisten im Izmailovo-Park mitten

Karte 1: Nach wie vor gehören Kernwaffen zum Waffenarsenal einiger Staaten.

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KRISENMANAGEMENT

im Herzen von Moskau eine Bombe, bei der dasDynamit mit Caesium-137 versetzt war. Sie nutztensie aber „nur“ zur Demonstration ihrer Möglichkei-ten nach dem Motto: „Wie könnten jederzeit, wennwir wollten“ und machten die örtlichen Sicherheits-behörden selbst auf das gefährliche Päckchen auf-merksam.

Der islamistische Hintergrund gibt Anlass zurSorge. Wenn im Allgemeinen eine hohe Eigenge-fährdung bei der Vorbereitung oder Durchführungeines Anschlages für den Täter eine Hemmschwelledarstellt, so gilt dies nicht für denjenigen, der be-denkenlos bereit ist, sein Leben im Kampf zu opfern.Bei der Prävention gegen terroristische Anschlägemuss heute berücksichtigt werden, dass der Attentä-ter ggf. keine Rücksicht auf sein Leben nimmt under bewusst zur „effektiven“ Platzierung seiner Tat inden Medien eine große Opferzahl sucht. Damit hater für die Vorbereitung seines Anschlages erweiterteMöglichkeiten. Er kann bedenkenlos radioaktivesMaterial verwenden, einkalkulierend, dass sein Lebennach vielleicht zwei bis drei Wochen aufgrund derbeim Hantieren mit den Substanzen absorbiertenStrahlendosis beendet sein wird. Und diese Zeitspan-ne reicht, um eine Dirty Bomb zu bauen und imterroristischen Sinne effektiv zur Detonation zubringen. Ferner kommen als Einsatzort neben denunter konventionellen, biologischen oder chemi-schen Gesichtspunkten betrachteten Orten weitereAnschlagsziele in Frage. Während bislang hauptsäch-lich Menschenansammlungen wie große Sportveran-staltungen oder geschlossene Gebäude wie Versamm-lungsstätten oder U-Bahn-Systeme in den Übungs-szenarien auftauchten, muss man jetzt auch offeneund gering frequentierte Plätze in größeren Städtenin die Planungen einbeziehen, da die Wirkung nichtauf den unmittelbaren Anschlagsort und den Momentder Detonation beschränkt bleibt.

Mini Nuke

Vielleicht muss in Zukunft die Atombombeneu definiert werden. In den USA wurde im März2003 durch die Regierung ein Gesetzentwurf einge-bracht, mit dem die Entwicklung neuer Atomwaffeninitiiert und dazu gleichzeitig ein Gesetz aus demJahre 1994 aufgehoben werden soll, dass die Ent-wicklung solcher Bomben mit einer Detonations-

stärke von bis zu fünf Kilotonnen verbot. Ziel istdie verharmlosend so genannte Mini Nuke, einekleine, flexibel einzusetzende Mini-Atombombe, dievorrangig gegen verbunkerte Einrichtungen gerichtetwerden kann. Damit soll den Militärs eine kleineund gut zu handhabende Waffe zur Verfügung ste-hen, deren Einsatz und Wirkung sich kontrollierenlässt und die angeblich keine Kollateralschäden an-richtet. Doch dies dürfte wohl nur verschleierndeWerbung sein. Eine Mini Nuke wäre alles andere alseine „saubere“ Gefechtsfeldwaffe. Ihre Detonationauf der Erde oder nach dem Eindringen in die Erdeführt nun einmal unweigerlich zum Entstehen vonradioaktiven Fall Out, zur Bindung der radioaktivenSpaltprodukte an die aufgrund der Detonationstem-peratur geschmolzene Materie.

Kommt es wirklich zu einer atomaren Aufrüs-tung der USA mit Mini Nukes, dann muss wohlmit einer Senkung der Einsatzschwelle gerechnetwerden. Daher steht zu befürchten, dass bislang stillhaltende Staaten ihr Waffenarsenal in die gleicheRichtung hin weiterentwickeln werden und der ato-mare Wettlauf mit neuen Teilnehmern in eine neuebedrohliche Runde einsteigt. Denn ein bisschenAtombombe ist ebenso unsinnig wie ein bisschenschwanger.

Quellen:

- www.auswaertiges-amt.de/www/de/aussenpolitik/friedenspoli-

tik/abr_und_r/nvv_html

- Schwarz, Erdmann: Atomterror, Knaur Taschenbuch Verlag,

München 2004

S19-ABC-Terror.qxp 11.08.2004 12:01 Seite 22

3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 23

FACHINFORMATIONSSTELLE

Bitte im Fensterbriefumschlag absenden oder per Fax übermitteln:01888-550-579

Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Fachinformationsstelle für Zivil- und Katastrophenschutz

Deutschherrenstraße 93-95

53177 Bonn

Ich bitte um kostenlose Zusendung der unten angekreuzten Titel an meine Anschrift:

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Zivilverteidigungs-,Zivilschutz- und Kata-strophenschutzrecht

Best.-Nr: 3/04/27

Entwurf des Gesetzesüber die Errichtung desBundesamtes für Bevöl-kerungsschutz und Kata-strophenhilfe. Beschluss-empfehlung und Berichtdes Innenausschusses

(4. Ausschuss) zu demGesetzentwurf der Bun-desregierung - Drucksa-che 15/2286 -In: Verhandlungen desDeutschen Bundestages,Drucksache 15/2608vom 3.3.2004, 7 S.

Best.-Nr: 3/04/6

Entwurf eines Gesetzeszur Sicherung von Ver-

kehrsleistungen (Ver-kehrsleistungsgesetz -VerkLG). Gesetzentwurfder BundesregierungIn: Verhandlungen desBundesrates : Drucksa-che 85/04 vom30.1.2004, 22 S.

Best.-Nr: 3/04/76

Entwurf eines ZweitenGesetzes zur Änderung

des Katastrophenschutz-gesetzes des LandesSachsen-Anhalt. Gesetz-entwurf LandesregierungIn: Drucksache / Sach-sen-Anhalt / Landtag4/1360 vom 24.2.2004,17 S.

Best.-Nr: 3/04/94

Gesetz über die Errich-tung des Bundesamtes

S23-FIS.qxp 11.08.2004 12:04 Seite 23

24 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

FACHINFORMATIONSSTELLE

für Bevölkerungsschutzund Katastrophenhilfevom 27. April 2004In: Bundesgesetzblatt,Teil I (2004), 19 vom30.4.2004, S. 630 - 631

Best.-Nr: 3/04/75

Gesetz zur Neuordnungdes Brand- und Katastro-phenschutzrechts imLand Brandenburg. Ge-setzentwurf der Landes-regierungIn: Drucksache / Bran-denburg / Landtag3/6938 vom 15.1.2004,86 S.

Bevölkerungsschutz

Best.-Nr: 3/04/89

Zivile Sicherheitsvorsor-ge in Deutschland : Stra-tegie und Umsetzung /Dieter FrankeIn: Notfallvorsorge(2004), 1, S. 9 - 13

Best.-Nr: 3/04/101

Der Bund macht seineHausaufgaben, Auf- undAusbau neuer Koordi-nierungsinstrumente fürein effizienteres Zusam-menwirken von Bund

und Ländern / GeroldReichenbachIn: Homeland Security,das Medium für InnereSicherheit und Bevölke-rungsschutz (2004), 1, S.28 - 29

Best.-Nr: 3/04/88

Ein halbes JahrhundertAKNZ / Dieter FrankeIn: Notfallvorsorge(2004), 1, S. 6 - 8

Best.-Nr: 3/04/15

„Terrorismusbekämp-fung und Bevölkerungs-schutz“. Rede von Bun-desminister Schily zurEröffnung des 7. Euro-päischen Polizeikongres-ses „Terrorismusbekämp-fung und Bevölkerungs-schutz“ am 16. Februar2004 in BonnIn: BMI-Pressemitteilungvom 16.2.2004, 6 S.

Katastrophenschutz

Best.-Nr: 3/04/80

Curriculum Standardi-sierte ABC-Grundausbil-dung / Ständige Konfe-renz für Katastrophen-vorsorge und Katastro-

phenschutz, Projektgrup-pe 9 „Chemische undbiologische Risiken undGefahrenlagen“. Leitung:Dr. Willi Marzi. - Stand:20.02.2004. - Köln,2004. - 9 S.

Best.-Nr: 3/04/28

Emergency Preparednessand Response in theUnited States. Presentati-on to The German Aca-demy for Crisis Manage-ment and Civil Defense,December 9, 2003, BadNeuenahr, Germany ;Prepared Remarks /Under Secretary BrownIn: Fachkongress zur 50-Jahr Feier der AKNZ :Zivile Sicherheitsvorsor-ge in Deutschland, Stra-tegien und Umsetzung,Bad Neuenahr-Ahrwei-ler, 8.-9. Dezember 2003.- Bad Neuenahr-Ahrwei-ler, 2003. 8 S.

Best.-Nr: 3/04/110

Entscheidung der Kom-mission vom 29. Dezem-ber 2003 mit Bestim-mungen zur Durchfüh-rung der Entscheidung2001/792/EG, Euratomdes Rates über ein Ge-meinschaftsverfahren zurFörderung einer ver-stärkten Zusammenar-beit bei Katastrophen-schutzeinsätzen.(2004/277/EG, Euratom)

In: ABl. EU Teil L 87vom 25.3.2004, S. 20 -30

Best.-Nr: 3/04/7

Erstattungskostensätze2004 einschließlichBetriebsstoff, ohne Kos-ten für Besatzung, Start-,Lande- und Hafengebüh-ren. Hilfeleistungen derBundeswehr im Frieden; ÄnderungIn: VMBl. (2004), 1, S. 7-9

Best.-Nr: 3/04/113

EU-Regionalpolitik inKatastrophengebieten.Hochwasser 2002 in denneuen Bundesländern /Carmella Pfaffenbach,Karin Vorauer-MischerIn: Geographische Rund-schau 56 (2004), 5, S. 10- 14

Best.-Nr: 3/04/92

Für lebenswerte Städteund Gemeinden / GerdLandsbergIn: Notfallvorsorge(2004), 1, S. 25 - 27

Best.-Nr: 3/04/55

Impfschutz für Einsatz-kräfte des Katastrophen-schutzes / Matthias

S23-FIS.qxp 11.08.2004 12:04 Seite 24

3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 25

SchmidtIn: Florian Hessen(2004), 3, S. 16 - 17

Best.-Nr: 3/04/104

JERE 2004. Notfall-übung am MünchenerFlughafen mit starkermilitärischer Unterstüt-zungIn: Soldat und Technik(2004), 5, S. 12 - 13

Best.-Nr: 3/04/102

Kooperationsmodell inder Gefahrenabwehr: inRheinland-Pfalz koope-rieren Bund, Land undKommunen / JürgenDomkeIn: Homeland Security,das Medium für InnereSicherheit und Bevölke-rungsschutz (2004), 1, S.32 - 34

Best.-Nr: 3/04/135

Mitteilung der Kommis-sion der EuropäischenGemeinschaften an dasEuropäische Parlament,den Rat, den Europäi-schen Wirtschafts- undSozialausschuss und denAusschuss der Regionen:Ausbau der Katastro-phenschutzkapazitätenin der EuropäischenUnion KOM(2004) 200endg.; Ratsdok. 7890/04.

Empfehlungen der Aus-schüsseIn: Verhandlungen desBundesrates, Drucksache280/1/04 vom 4.5.2004,8 S.

Best.-Nr: 3/04/129

Measures of Effective-ness in Large-scale Bio-terrorism Events / Fre-derick M. BurkleIn: Prehospital and dis-aster medicine 18 (2003),3, S. 258 - 262

Best.-Nr: 3/04/18

Neue Normen für GW-L: Logistikfahrzeuge fürden täglichen Einsatzund für den Katastro-phenfall / ThomasZawadkeIn: Feuerwehrfachzeit-schrift (2004), 3, S. 144 -148

Best.-Nr: 3/04/79

7. Europäischer Polizei-kongress : 16.-17.02.2004in Bonn-Bad GodesbergIn: Behörden Spiegel 20(2004), 2 vom 1.3.2004,S. 8, 10Inhaltsverzeichnis: Bun-desinnenminister Schilyeröffnete den Kongress.Koordination und Kri-senmanagement. DerBund bietet Hilfe an :

neues Bundesamt als"Knotenpunkt". Ent-scheidungen vereinfa-chen : der 24-Stunden-Mechanismus der EU.Weltweite Einsätze blei-ben Alltag : THW prä-sentierte sich auf 7.Europäischen Polizei-kongress. Der V-Fall ver-liert an Bedeutung :zivil-militärische Zusam-menarbeit.

Best.-Nr: 3/04/96

Der neue Zivil- und Ka-tastrophenschutz: eineBewertung aus Sichteiner Hilfsorganisation /Benedikt LiefländerIn: Homeland Security,das Medium für InnereSicherheit und Bevölke-rungsschutz (2004), 1, S.4 - 6

Best.-Nr: 3/04/99

Wissensmanagement imZivilschutz: deNIS. Bun-desweite Katastrophen-vorsorge mit geobasier-tem Online-Wissensma-nagementIn: Homeland Security,das Medium für InnereSicherheit und Bevölke-rungsschutz (2004), 1, S.23 - 25

Medizin, Rettungsdienst

Best.-Nr: 3/04/2

„Medizinischer Katastro-phenschutz: Hessen Bei-spiel gebend“ / MichaelF. R. PopovicIn: WehrmedizinischeMonatsschrift 48 (2004),1, S. 28 - 30

Best.-Nr: 3/04/26

Das „Richtige“ tun. Ent-scheiden und Handelnim Rettungsdienst. Teil 1 / Hendrik SudoweIn: Rettungsdienst 27(2004), 3, S. 40 - 45

Best.-Nr: 3/04/127

Case Report: PenetratingCardiac Injury Seconda-ry to a Terrorism-RelatedNail Bomb Explosion –Herzverletzung durcheine Sprengstoffanschlagmit einer Nagelbombe[Übersetzung des Titels]/ Yasufumi Asai [u.a.]In: Prehospital and dis-aster medicine 18 (2003),3, S. 249 - 252

Best.-Nr: 3/04/103

Das deutsche Gesund-heitswesen. Leistungsfä-

S23-FIS.qxp 11.08.2004 12:04 Seite 25

26 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

FACHINFORMATIONSSTELLE

higkeit im Krisen- undKatastrophenfall / Joa-chim HabersIn: Homeland Security,das Medium für InnereSicherheit und Bevölke-rungsschutz (2004), 1, S.54 - 56

Best.-Nr: 3/04/47

Fixe Kartenkombination:neue Verletztenanhänge-und Suchdienstkarte[Teile I und II] / UlrikePantzerIn: Rotes Kreuz, dasFachmagazin des DRK(2004), 2, S. 14 - 15

Best.-Nr: 3/04/120

Lack of Hospital Prepa-redness for ChemicalTerrorism in a Major USCity : 1996-2000 / MarkE. Keim, Nicki Pesik,Nana A.Y. Twum-Danso

In: Prehospital and dis-aster medicine 18 (2003),3, S. 193 - 199

Best.-Nr: 3/04/48

Zusammenarbeit derFachdienste in der Was-serrettung. Fach- undorganisationsübergreifen-de Einsatzkonzepte /André WesterIn: Notfall- und Ret-tungsmedizin 30 (2004),2, S. 98 – 99

Technik, Feuerwehrwesen

Best.-Nr: 3/04/85

Erläuterungen zurFwDV 500 „Einheitenim ABC-Einsatz“ / Gis-

bert Rodewald, Vorsit-zender der Arbeitsgrup-pe FwDV 500; LutzRieck, Vorsitzender derProjektgruppe FwDVdes AFKzVIn: Feuerwehrfachzeit-schrift (2004), 4, S. 204 -210

Best.-Nr: 3/04/52

Modernisierung desKatastrophenschutzesstockt : Konzepte in derSchublade - doch Fahr-zeuge und Geräte wer-den nicht beschafft /Bernd PawelkeIn: DFV-Aktuell vom3.3.2004, 1 S.

Best.-Nr: 3/04/56

Pressearbeit vor Ort -ein Konzept bewährtsich : "Wer nicht spricht,über den redet man" /

Stephan SchienbeinIn: Florian Hessen(2004), 3, S. 34 - 35

Best.-Nr: 3/04/18

Neue Normen für GW-L:Logistikfahrzeuge fürden täglichen Einsatzund für den Katastro-phenfall / ThomasZawadkeIn: Feuerwehrfachzeit-schrift (2004), 3, S. 144 -148

Best.-Nr: 3/04/56

Pressearbeit vor Ort -ein Konzept bewährtsich : "Wer nicht spricht,über den redet man" /Stephan SchienbeinIn: Florian Hessen(2004), 3, S. 34 - 35

Den gesamten Bestand der Fachinformationsstelle

finden Sie in der

deutschen Literaturdatenbank für Zivil- und Katastrophenschutz (deLiKat)

unter der Internetadresse

http://194.95.178.104/

S23-FIS.qxp 11.08.2004 12:04 Seite 26

3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 27

NOTFALLVORSORGE

Auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld fand vom 10.bis 16. Mai 2004 die Internationale Luft- und Raum-fahrtausstellung (ILA 2004) statt. Zahlreiche mehrtä-gige Konferenzen und Veranstaltungen waren in die-ser Zeit anberaumt. Themen der Tagung „Rotor &Rescue“ waren Hubschrauber als First Responderund im Katastrophenmanagement.

An die Ereignisse des 11. September 2001 er-innerte dabei Roy Resavage, der Präsident der Inter-nationalen Hubschraubervereinigung. Die Anschlägeauf das World Trade Center und das Pentagon wirk-ten sich auch auf den Luftverkehr aus: Alle Maschi-nen mussten am Boden bleiben; das galt gleicher-maßen für Hubschrauber. Demzufolge konnten Ver-letzte weder von offiziellen — das Department ofDefense verfügt über 11.000 Hubschrauber — nochvon kommerziellen Hubschraubern (Anzahl: 10.000)aus der Luft versorgt bzw. abtransportiert werden.

Die hohe Hubschrauberanzahl in den USAist auf die weitläufigen, ländlichen Strukturen zurück-zuführen. Der bodengebundene Rettungsdienst istoftmals nicht in der Lage, die weiten Anfahrten inakzeptablen Zeiten zu bewältigen. Selbst bei denkommerziell genutzten Hubschraubern halten Betrei-ber Fluggeräte vor, die über eine Notfallausrüstungverfügen (z. B. Defibrillator).

Das amerikanische Department of HomelandSecurity hat inzwischen ein nationales Notfallmana-gementsystem (National Incident Management Sys-tem - NIMS) ausgearbeitet. Die darin enthalteneErweiterung der Einsatzmöglichkeiten, u.a. für FirstResponder, gibt Standards für den Umgang mit demKatastrophenfall vor. Vorgehensweisen, mit denensich das Land für eventuelle Gefahren gewappnet

sieht. Seit den Anschlägen finden zudem regelmäßigeÜberprüfungen aller Crewmitglieder statt: Gemein-sam gilt es ein einheitliches Sicherheitskonzept zuverwirklichen.

Als Mitglied des UN Disaster Teams ist Ltd.Branddirektor Peer Rechenbach, BF Hamburg, dieZusammenarbeit von SAR- und Rettungsdienst ver-traut. Er verwies darauf, dass nationale Gefahrenla-

Rettung durch HubschrauberLuftrettung auf der ILA 2004

Von Irene Kölbl und Stefan Wagner, Berlin

gen „ein Team, einen Plan, einen Kampf, aber auchein einheitliches Training erfordern“. Bei der Wald-brandbekämpfung diene die Erkundung aus der Luftder schnellen Informationsgewinnung. Schwierigergestalte sich jedoch die Brandbekämpfung aus derLuft angesichts des Transportbedarfs an Materialund Personal. Ein Training mit der Bundeswehr war

Ein SAR-Hubschrauber der Luftwaffe vom Typ Bell UH-1D (vorne)und ein Zivilschutz-Hubschrauber des Bundes vom Typ Bell 212.(Foto: Stefan Wagner)

S27-ILA.qxp 11.08.2004 12:04 Seite 27

28 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

gehe um einen gesetzlichen Auftrag, bei dem derBGS die gleiche Sprache wie Feuerwehr, Hilfsorgani-sationen, Polizei und THW spricht.

Polizeidirektor Achim Friedl, der stellvertre-tende Kommandeur der BGS-Fliegergruppe, betonte,dass Flug- und Luftsicherheit zusammengehören. Sieseien gemeinsam zu planen und auszuarbeiten. Nebender technischen und betrieblichen Sicherheit seienMaßnahmen gegen gefährliche Eingriffe und Miss-brauch zu treffen. Zur Zeit des Baader-Meinhof-Ter-rorismus galten auch Hubschrauberstützpunkte alsAnschlagsziele, so dass mögliche Interventionen wieEntführungen oder Befreiungsversuche vorzuplanenwaren. Die veränderte Sicherheitslage betreffe Staatund Gesellschaft:

•Die Fluggäste haben sich verschärften Sicherheits-kontrollen — vorgesehen sind künftig Ausweispa-piere, die jpg-komprimierte Rohdaten eines Ge-sichtsbildes sowie optional noch Fingerabdrückeoder Irisscan auf einem kontaktlos auslesbarenChip enthalten — zu stellen.

•Die Luftfahrzeugindustrie hat beispielsweise schuss-sichere Türen zum Cockpit einzubauen. Sicher-heitshinweise müssen den Gegebenheiten einzelnerFlugmuster angepasst sein.

•Die Luftfahrzeugbetreiber haben neben der Prü-fung ihres Personals den sicheren Betriebszustandund den Schutz gegen unerlaubte Inbetriebnahmeihrer Fluggeräte nachzuweisen.

•Die Flughäfen haben nicht nur geeignete Mittelvorzuhalten, um Personen und Gepäck umfassendzu kontrollieren. Firmen, die auf dem Geländetätig sind, haben sich ebenfalls regelmäßigenSicherheitsüberprüfungen zu unterziehen.

•Der Staat hat mit dem Entwurf des Luftsicher-heitsgesetzes, den der Bundestag am 18. Juni 2004angenommen hat, die Luftsicherheit präzisiert.

Fest stehe, dass die Prävention vorab durchumfassende Vorkehrungen, die alle Bereiche derLuftfahrt einschließen, gegeben sein muss.

bisher nicht möglich, „denn unsere Pressluftatmergelten als Gefahrgut. Andererseits aber fliegen wir aufBoxen mit Handgranaten. Hierbei handelt es sichnicht um Gefahrgut, das sind Waffen. Aber derartigeProbleme lassen sich lösen“, war der HamburgerExperte dennoch überzeugt, „wenn wir es wollen“.

Der Aufbau technisch optimal ausgestatteterSpezialeinsatzgruppen, so genannter Task Forces, fürSchiffsbrandsicherung, Höhenrettung, ABC etc. seiauf gutem Wege. Angesichts eines vorgesehenen Akti-onsradius von 150 km seien mindestens neun Stütz-punkte erforderlich. Nur so lasse sich sicherstellen,dass die Kräfte innerhalb von 60 Minuten tätig wer-den können. Als einzige Organisation verfüge derBGS über nutzbare Fluggeräte, um die Einsatzpla-nungen umzusetzen.

Klaus-Jürgen Jess, BGS, erwähnte verschiede-ne Einsätze der vergangenen Jahre, bei denen Hub-schrauber des Bundesgrenzschutzes tätig waren:Beim Elbehochwasser im Sommer 2002 waren Men-

NOTFALLVORSORGE

schen zu retten, Wasserproben zu nehmen und Such-aktionen mit Wärmebildkameras durchzuführen.2003 unterstützten Fliegerstaffeln in Frankreich, Por-tugal und der Schweiz die Waldbrandbekämpfung.Die Einsatzkräfte seien für diese Gefahrenlagen ausge-bildet, die Maschinen für diese Einsätze geeignet. Es

Bei seinem ILA-Rundgang besuchte Brandenburgs InnenministerJörg Schönbohm (li.) auch den Informationsstand des BBK. (Foto: BBK/Stein)

S27-ILA.qxp 11.08.2004 12:05 Seite 28

3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 29

ASB fördert den Aufbau vonSchulsanitätsdiensten

Schüler werden zu kompetenten Ersthelfern

Der ASB betreut gemeinsam mit der Arbeiter-Samariter-Jugend (ASJ) inzwischen bundesweit in 45

Städten Schulsanitätsdienste. DerBundesverband unterstützt seineGliederungen in diesem Jahr miteinem Förderprogramm, für das

er 30.000 Euro bereitgestellt hat. In einem Koopera-tionsprojekt des Bundesverbandes, bei dem die Fach-bereiche Notfallausbildung, Freiwilligenarbeit undASJ zusammenarbeiten, wurde eine Kampagne mitdem Titel „Die Junior Sanis“ entwickelt. Mit Falt-blättern, Aufklebern und Postern soll der Schulsani-tätsdienst (SSD) bei Schülern, Lehrern und Elternvorgestellt und noch bekannter gemacht werden.

Junge Menschen fühlen sich gerade bei kon-kreten Projekten gefordert. Eines der besten Beispie-le: die Hochwasserkatastrophe an der Elbe und ihrenNebenflüssen im Sommer 2002. Tausende von Ju-gendlichen halfen spontan mit, beim Deichverstär-ken, bei der Beseitigung von Schäden oder bei derVersorgung der Flutopfer. Jugendliche übernehmengerne Verantwortung, wenn sie das Gefühl haben,etwas Sinnvolles zu tun. Deshalb setzen sich 85 Pro-zent der gesellschaftlich engagierten jungen Leute inVereinen, Bildungseinrichtungen und Jugendorgani-sationen für andere ein.

Die Schule als Lebenswelt

Das gilt auch für Initiativen in der Schule. Sieist für Kinder und Jugendliche heute nicht nur Bil-dungsstätte, sondern auch ein wichtiges gesellschaft-liches Umfeld. Hier verbringen sie einen großen Teilihres Tages und können sich neben dem Unterrichtauch in Arbeitsgemeinschaften und bei Fortbildun-gen engagieren. Gerade der Schulsanitätsdienst bie-

Arbeiter-Samariter-Bund tet sinnvolle Möglichkeiten, aktiv etwas für andereund nicht zuletzt für sich selbst zu tun.

ASJ Lübeck: SSD in der Praxis

Große Pause an einem Gymnasium in Lübeck:Beim Gedrängel hinaus auf den Schulhof stolpertdie zwölfjährige Anna auf der Treppe, fällt undschlägt sich das Knie auf. Die anderen Schüler blei-ben erschrocken stehen, starren ratlos auf die blu-tende Wunde. Wenige Minuten später ist „Schulsani“

FORUM

Regelmäßig muss kontrolliert werden, ob die Erste-Hilfe-Tasche voll-ständig gepackt ist.

Tobias mit seiner Notfalltasche zur Stelle, ein Lehrerhat ihn zur Hilfe gerufen. Tobias spricht beruhigendauf die erschrockene Anna ein, schaut sich die Ver-letzung an und stellt fest, dass es nur eine Schürf-wunde ist. Mit ein paar Handgriffen versorgt er dasKnie mit Desinfektionsmittel und Pflaster und hilftder Mitschülerin wieder auf die Beine. Alles halb soschlimm, für den Helfer ein Routinefall. Tobias istSchulsanitäter und auf solche Situationen bestensvorbereitet.

Der Schulsanitätsdienst bietet interessiertenjungen Menschen eine gute Möglichkeit, sich fürihre Schulgemeinschaft einzusetzen. Und das tun dieSchülerinnen und Schüler in Lübeck bereits seitzwei Jahren. Zurzeit sind in der Hansestadt 27 Schul-

S29-Forum.qxp 11.08.2004 12:54 Seite 29

30 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

FORUM

haben, dürfen natürlich beim Schulsanitätsdienstmitmachen. „Es reicht, dass man die Schulungen mit-gemacht hat und zeigt, dass man ein bisschen was

mit ist die Arbeit nicht getan. Auch Bürokratie ge-hört dazu. In einem schriftlichen Einsatzberichtmüssen alle wichtigen Daten vermerkt werden.

Am häufigsten werden die Schulsanis beiKreislaufschwächen zur Hilfe gerufen. Benjamin, derim Katharineum für den Schulsanitätsdienst verant-wortlich ist und im nächsten Jahr Abitur macht,musste feststellen, dass viele seiner Mitschüler nichtausreichend frühstücken und deshalb unterzuckern.„Ansonsten haben wir viel mit Wunden, Prellungenund Stauchungen aus dem Sportunterricht und denPausen zu tun“, erzählt der 16-jährige Christian. Inder Regel passieren in der Woche zwei bis drei Un-fälle, bei denen die Schulsanitäter zum Einsatz kom-men. „Im Winter gab es aber auch schon mal einePhase, in der wir pro Tag ein bis zwei Unfälle zuversorgen hatten“, berichtet Sorush. „Wenn´s glattist und die Kinder zum Bus rennen, dann gibt´s rei-henweise aufgeschlagene Knie“, erzählt er. Drama-tisch verlaufen die Einsätze zum Glück nur selten.

Eine gute Ausbildung gehört dazu

Insgesamt 88 Stunden Ausbildung an achtWochenenden inklusive einer theoretischen sowieeiner praktischen Prüfung haben alle Schulsanitäterhinter sich. Aber auch diejenigen, die die Prüfungnicht bestehen, weil sie zu wenig Zeit zum Lernen

ASJ Lübeck gestartet. Lehrer und Eltern waren vondieser Idee begeistert, und auch den Schulleitungenerschien das ein sinnvolles Projekt. Schließlich ereig-nen sich an Deutschlands Schulen jährlich mehr als1,5 Millionen Unfälle. Da kann schnelle Versorgung„aus dem Hause“ oft Schlimmeres verhindern.

Die Einsätze sind vielseitig

Schulsanitäter sind immer dann gefragt, wennein Mitschüler krank oder verletzt ist. Das Sekretari-at ruft per Handy bei ihnen an, wenn Hilfe benötigtwird. Dann heißt es: Zum Sanitätsraum laufen, die„Sanitasche“ holen und schnellstmöglich zum Unfall-ort. Hier ein Pflaster auf eine Schnittwunde kleben,da eine Schürfwunde am Knie desinfizieren odereine Prellung mit dem Cool-Pack kühlen — so sehendie alltäglichen Aufgaben eines Schulsanitäters aus.Nach der Erstversorgung bleibt der „Schulsani“ wennnötig eine Zeit bei dem Verletzten und begleitet ihndann zurück in seine Klasse oder wartet in schwere-ren Fällen, bis der Rettungsdienst kommt. Doch da-

sanitäter der Arbeiter-Samariter-Jugend (ASJ) an sechsverschiedenen Schulen aktiv, und es sollen noch mehrwerden. Die Initiative, an einigen Lübecker Schuleneinen Schulsanitätsdienst aufzubauen, hatte 2001 die

Schnell und einfach: Wird die Hilfe eines Schulsanitäters gebraucht, kann er per Handy alarmiert werden.

S29-Forum.qxp 11.08.2004 12:54 Seite 30

3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 31

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft

kann. Es sind ja eine Reihe von ausgebildeten Sani-tätern dabei, an deren Seite ein Ersthelfer, der dasSystem verstanden hat, mitmachen kann“, erklärtLars Waßmann, Leiter des Schulsanitätsdienstes derASJ in Lübeck.

549 Menschen vor dem Ertrinkengerettet

61.600 Rettungsschwimmer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) haben im vergange-nen Jahr mit 2,25 Millionen Wachstundenauf ehrenamtlicher Basis für mehr Sicher-heit an Küsten und Binnengewässerngesorgt. Sie retteten 549 Menschen vordem sicheren Tod durch Ertrinken. Bei145 Einsätzen setzten sie ihr eigenes Lebenaufs Spiel.

Ohne dieses weltweit einmalige ehrenamtlicheSystem wären in Deutschland im Jahr 2003 nahezu1.200 Menschen ertrunken. Trotz aller Sicherungs-maßnahmen kamen 644 Menschen im Wasser umsLeben. Die meisten Menschen starben nach Anga-ben der DLRG an unbewachten Stellen von Binnen-seen und Flüssen. „Städte und Gemeinden müssenkünftig vernünftige Sicherheitskonzepte für die Ge-wässer auf der Basis klarer Risikoanalysen erarbeiten,um einen weiteren Anstieg der Ertrinkungsfälle zuverhindern. Nur ein Badeverbotschild aufzustellenund sich damit aus der Verantwortung zu stehlen istfahrlässig,“ kritisiert DLRG-Präsident Dr. Klaus Wil-kens die gängige Praxis.

Kurzsichtige Kostendämpfungsmaßnahme

„Als völlig verfehlte, kurzsichtige kommunaleKostendämpfungsmaßnahme“ bezeichnete Dr. Wil-kens die weiter steigende Zahl von Bäderschließun-gen. Damit werde nicht nur die DLRG getroffen,sondern in erster Linie die Schulen. Schwimmunter-richt sei ein wichtiger Bildungsbestandteil. Die DLRGbeklagt seit Jahren sinkende Ausbildungszahlen. Mit233.750 Schwimm- und Rettungsschwimmprüfungenim Jahr 2003 sei das niedrigste Ergebnis seit Jahr-zehnten erzielt worden. Mittelfristig gefährde diese

Die Jugendlichen werden in Erste-Hilfe-Kursen intensiv auf ihre Auf-gaben vorbereitet. (Fotos: ASB/H. Sachs)

Lob und Vorteile

Die Vorteile, die ein Schulsanitätsdienst derSchule bringt, möchten Schulleiter und Lehrer nichtmehr missen. Neben einer großen zeitlichen Entlas-tung sind sie froh, nicht mehr alleine verantwortlichfür die Versorgung verletzter oder kranker Schülerzu sein. Sie kennen auch die Vorteile, die ein Schul-sanitätsdienst für das Klima an einer Schule hat:Das „Aufeinander Zugehen“ wird gefördert, sowohlbei den Schülern, als auch bei den Lehrern. DieSchulsanis selber werden in ihrem Selbstbewusstseingestärkt, übernehmen Verantwortung, identifizierensich stärker mit ihrer Schule und werden durch ihrneues Selbstvertrauen sogar zu besseren Schülern.

A. Valentino/B. Fornoff

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32 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

FORUM

tranken im Jahr 2000 weltweit 410.000 Menschen,davon 37.500 in Europa. Um die Sicherheit zu erhö-hen haben die Lebensretter ein Maßnahmenpaketgeschnürt. Es enthält vier Elemente:

•Seit Februar 2003 gilt an Badestellen weltweit einneues einheitliches Kennzeichnungssystem, dasBadegäste und Wassersportler über Gefahren infor-miert.

•Vertreter der DLRG und ILSE arbeiten zur Zeit inder International Standard Organisation (ISO)und dem Deutschen Institut für Normung (DIN)an einer Norm für Zeichen und grafische Symbolezur Wassersicherheit. Die DLRG rechnet damit,dass die neue Norm im Jahr 2006 fertiggestellt istund damit die Kennzeichnung für alle Anwenderzwingend vorschreibt.

•Die ILSE hat ein europäisches Konzept für dieGefahrenanalyse von Gewässern, Stränden undBadegebieten erarbeitet. Das „risk assessment“ er-möglicht eine Klassifizierung nach Gefahrenlagenund gibt den Betreibern wichtige Hinweise für dieAbsicherung. Ab 2006 soll das System in Zusam-menarbeit mit der Blue Flag europaweit umgesetztwerden.

•Als besonderes Kennzeichen für durch Rettungs-schwimmer bewachte Strände wird künftig ein sti-lisierter Rettungsschwimmer mit Badekappe aufrotem Grund zu sehen sein. Das Zeichen ist welt-weit geschützt und soll Badegästen und Wasser-sportlern signalisieren, dass im Notfall schnelleund qualifizierte Hilfe geleistet wird.

Zukunftsorientierte Konzepte

Am 19. Oktober 2003 wurde die DLRG 90Jahre alt. Sie beging das Jubiläum mit einem Festaktam Sitz des Bundesverbandes in Bad Nenndorf.Im Vorfeld der Feierlichkeiten hatte die DLRG 250Fachleute aus dem In- und Ausland zu einemInternationalen Symposium zur Wassersicherheit ein-geladen. Experten und Gäste aus 17 Nationen be-rieten mit Fachleuten der DLRG, Vertretern vonMinisterien des Bundes, der Länder und Kommu-nen, des Katastrophenschutzes und Wissenschaftlernaus verschiedenen Disziplinen über neue, zukunfts-orientierte Konzepte der Wassersicherheit und derProphylaxe.

Wassersporttourismus ist heute weltweit und dieSicherheitsvorkehrungen sind oft ungenügend,“ be-schreibt Dr. Wilkens, der auch Präsident der ILSEist, die aktuelle Situation. Den Schwerpunkt setztdie DLRG in der International Life Saving Federati-on of Europe (ILSE), dem Dachverband der euro-päischen Wasserrettungsorganisation. Nach einerStatistik der World Health Organisation (WHO) er-

Politik die Schwimmfähigkeit der Bevölkerung. „Dannmüssen wir mit noch mehr Ertrinkungsopfern rech-nen“, so der Chef der Lebensretter. Die DLRG for-dert in einer Resolution eine konsequente Abkehrvon diesem Sparkurs.

Angesichts steigender Ertrinkungszahlen undzunehmender Hochwasserkatastrophen ist es zwin-gend notwendig, so die DLRG, die Wasserrettung inden Rechtsgrundlagen des Zivil- und Katastrophen-schutzes zu verankern und das Verfahren mit demnötigen Nachdruck voranzutreiben. Seit dem letztenHochwasser an der Elbe und ihren Nebenflüssen seizu viel Zeit vergangen und „seit geraumer Zeit be-wegt sich fast nichts mehr“, zeigt sich der DLRG-Präsident enttäuscht.

DLRG trägt international Verantwortung

Als größte Wasserrettungsorganisation der Weltmit 800.000 Mitgliedern und Förderern übernimmtdie DLRG auch international Verantwortung. „Der

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In den 90 Jahren ihres Bestehens hat sich derausschließlich auf ehrenamtlicher Grundlage arbei-tende Verband aus kleinen Anfängen zu einer natio-nal wie international geachteten Organisation entwi-ckelt. In Deutschland ist es ihr gelungen, seit derGründung des Verbandes im Jahr 1913, die Zahl derjährlichen tödlichen Ertrinkungsunfälle um fast 90Prozent zu senken. Durch die konsequente Ausbil-dungsarbeit im Schwimmen und Rettungsschwim-men stieg die Zahl der Schwimmer in der Bevölke-rung im Zeitraum von neuen Jahrzehnten von dreiauf nahezu 80 Prozent.

Deutscher Feuerwehrverband

Digitalfunk-Test bei Feuerwehr-Meisterschaften

Einen digitalen „Feldversuch“ der besonderen Arthaben T-Systems, Motorola und der Deutsche Feuer-

wehrverband bei den Deutschen Feuer-wehr-Meisterschaften in Halle (Saale)durchgeführt: Mit rund 120 Geräten ineinem digitalen Bündelfunknetz wurdedie Kommunikation der Wertungsrichterund Organisatoren sichergestellt.

An der Großveranstaltung nahmenrund 1600 Sportler und Wertungsrichter

aus allen 16 Bundesländern teil. Von den 113 Grup-pen am Start qualifizierten sich 19 für die Teilnah-me an der Feuerwehr-Olympiade 2005 in Varazdin(Kroatien). Schirmherr der 9. Deutschen Feuerwehr-Meisterschaften war der Bundesminister des InnernOtto Schily.

„Die Feuerwehr braucht ein sicheres, leis-tungsfähiges Kommunikationssystem“, unterstrich

Hans-Peter Kröger, Präsident des Deutschen Feuer-wehrverbandes. „Die Elbeflut vom Sommer 2002hat gezeigt, dass die Kommunikation mit dem ana-logen Funksystem eklatante Mängel aufwies. Nur

Sandra Holzbecher ist Deutsche Meisterin und erfolgreichste deut-sche Athletin in den Internationalen Feuerwehr-Sportwettkämpfen. (Foto: R. Thumser)

mit zeitgemäßer Technik können wir unserer Aufga-be künftig gerecht werden.“

Ausführliche Informationen, Fotos und Sie-gerlisten der Deutschen Feuerwehr-Meisterschaftenin Halle gibt es im Internet unter www.dfv.org/pres-se. sö

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FORUM

Die Brandschutz- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge (o. und u.li) ist Tagungsort des diesjährigen Fachforums von DFVund vfdb. (Foto: S. Jacobs)

Bundes. Deshalb ist der fachliche Austausch auf die-sem Feld wichtiger den je“, sagt DFV-VizepräsidentRalf Ackermann. Referatsleiter Dr. Volker Meyer

Breitenausbildung im Fokus des Forums Brandschutzerziehung 2004

Brandschutz und Rettungsmaßnahmen sollen künf-tig ebenso wie die Erste Hilfe in die Breitenausbil-dung des Bundes einfließen. Eine hochinteressanteEntwicklung, die in den Feuerwehren aufmerksambeobachtet wird — und sich sicher auch in Deutsch-lands größtem Expertenforum für die Brandschutz-aufklärung und Brandschutzerziehung niederschlägt.Wer daran teilnehmen möchte, sollte sich jetzt spu-ten: Noch bis zum 30. August sind Anmeldungenzum Frühbucherpreis möglich!

Das „Forum Brandschutzerziehung und -auf-klärung“ findet am 26. und 27. November 2004 ander Brandschutz- und Katastrophenschutzschule desLandes Sachsen-Anhalt in Heyrothsberge (bei Mag-deburg) statt. Der Veranstaltungsort ist aus allenRichtungen gut zu erreichen und soll verstärkt auchTeilnehmer aus den Neuen Bundesländern anspre-chen. Gemeinsame Veranstalter sind die Vereinigungzur Förderung des deutschen Brandschutzes (vfdb)und der Deutsche Feuerwehrverband (DFV).

„Der erfolgreichen Sicherheitserziehung durchdie Feuerwehren kommt angesichts von Terrorgefah-ren und Naturkatastrophen steigende Bedeutung zu.Das betrifft vor allem die Breitenausbildung des

von der vfdb betont: „Das ,Forum Brandschutzerzie-hung und -aufklärung’ hat sich als wegweisenderWorkshop etabliert. Es ist für Brandschutzerzieherder Feuerwehren, für externe Präventionsexperten,für Fachleute der Versicherungen und für alle, dieMaterial für deren Arbeit entwickeln, die maßgebli-che Ideenbörse.“

In diesem Jahr steht das Forum unter demSchwerpunktthema „Brandschutzaufklärung beiMenschen mit Handikaps“. Selbstverständlich sollsich die Arbeit aber auch auf andere Felder erstre-cken — dazu sind Arbeitsgruppen vorgesehen. DFVund vfdb rufen interessierte Referenten zur Mitar-beit auf. „Call for papers“ und die Anmeldeunterla-gen stehen unter www.brandschutzaufklaerung.deund www.dfv.org/fachthemen zum Download bereit.

Das Forum 2004 wird zum Selbstkostenpreisangeboten: Frühbucher zahlen 85 Euro, danach be-

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Deutsches Rotes Kreuz

Sudan: Größter Rotkreuz-Einsatzweltweit

„Die Flüchtlingskatastrophe im Sudan ist zur Zeitdie größte humanitäre Katastrophe weltweit. Inder internationalen Rotkreuz-Rothalbmond-bewegung bündeln wir deshalb alle Kräfte,um den Menschen zu helfen“, sagt DRK-Generalsekretär Clemens Graf von Wald-burg-Zeil.

„Wir dürfen keine Zeit verlieren“

Mit 118 Delegierten des InternationalenKomitee vom Roten Kreuz (IKRK) und 1.150 Hel-fern des Sudanesischen Roten Halbmonds entwi-ckelten sich die Hilfen des Roten Kreuzes in der

In einem Zelt aus Plastikplanen schützt eine Frau ihre beiden Neu-geborenen vor der Hitze.

Vorhersage von Unwettern ver-bessern – Feuerwehren kooperie-ren mit DWD

„Die Unwettereinsätze der Feuerwehren nehmenständig zu, die Schwere der Schäden steigt und wirmüssen immer mehr Opfer beklagen. Das beunru-higt uns sehr“, sagt Albrecht Broemme, Vizepräsi-dent des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV). DieFeuerwehren setzen deshalb auf eine bessere Vorher-sage von Unwettern und haben mit dem DeutschenWetterdienst ein neues Warnsystem entwickelt.

Das Feuerwehr-Wetter-Informations-SystemFeWIS stellt Wetterdaten und -vorhersagen, aktuelleund individuelle Wetterwarnungen, Radarbilder,Gefahrenprognosen für Waldbrände und sogarBerechnungen von Schadstoffwolken im Internetzur Verfügung. Es soll den Feuerwehren helfen, sichauf Unwetter und Naturkatastrophen präziser vorzu-bereiten und gezielter auf sie reagieren zu können.DWD-Präsident Udo Gärtner und DFV-Vizepräsi-dent Albrecht Broemme als Landesbranddirektorvon Berlin stellten das System in Berlin vor. Broem-me: „FeWIS wird uns helfen, trotz der Besorgniserregenden Entwicklung auch künftig schnell undeffizienter zu helfen.“ sö

läuft sich die Teilnehmergebühr auf 100 Euro proPerson. Darin sind auch das gemeinsame Abendes-sen am 26. November, das Mittagessen am 27. No-vember sowie Pausensnacks enthalten. Übernach-tungsmöglichkeiten im Zwei-Bett-Zimmer an derBKS Heyrothsberge gibt es — solange die Kapazitä-ten reichen – für nur 12 Euro inklusive Frühstück.

Tagungsbüro: Deutscher Feuerwehrverband,Unter den Linden 42, 10117 Berlin, Telefon; 030/ 20674804, Telefax: 030/ 20674805, E-Mail: [email protected].

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FORUM

Zwei Frauen geben ihren Kindern eine Salz-Zucker-Lösung gegen Durchfall.

(Fotos: Fredrik Barkenhammar

chen die Menschen zusätzlich Schutz gegen denRegen. Das DRK verteilte 21.000 Wolldecken,10.500 Plastikplanen, 4.500 Seifenpakete (mit je ca.10 Stück) und 4.500 Küchensets an Flüchtlinge inDarfur.

Der Regen birgt viele Gefahren für die Flüchtlinge

Die Regenzeit erschwert die Verteilung derHilfsgüter. Heftige Regengüsse haben die meistenStraßen völlig aufgeweicht, so dass sie nicht mehrbefahren werden können. Viele Flüchtlinge sind sovon der Außenwelt abgeschnitten und können nichtmit Hilfsgütern versorgt werden.

Aber auch in den noch leichter zugänglichenFlüchtlingslagern spitzt sich die Lage zu. „In demfeuchten Klima verbreiten sich krankheitserregendeBakterien und Malaria übertragende Mücken inrasender Geschwindigkeit. Außerdem häufen sichschwere Erkältungserkrankungen bis hin zu Lungen-entzündungen“, sagt DRK-Teamarzt Dr. JoachimGardemann. Der Facharzt für Kinderheilkunde istmit einem fünfköpfigen DRK-Team mit einer mobi-len Gesundheitsstation in der westsudanesischenStadt El Fasher. Täglich werden dort bis zu 500 Hil-fesuchenden behandelt.

Häufigste Diagnose: Unterernährung

Dr. Gardemann schreibt in seinem Tagebuch:„Bereits am frühen Morgen drängen sich die Men-schen – darunter hauptsächlich Frauen und Kinder -vor unserer Station. Manchmal entdecken wir untereinem bunten Tuch am Körper einer Mutter einenSäugling mit dem Gesicht eines alten Menschenund stumpf-rötlichen Haaren. Das sind die klini-schen Zeichen von bedrohlichem Nahrungsmangel.“Unterernährung ist die häufigste Diagnose in derDRK-Gesundheitsstation. Gefährlich wird sie vorallem für Kinder. Ihr Immunsystem ist durch denNahrungsmangel so geschwächt, dass Ihnen dieKraft fehlt, gegen Krankheiten wie Malaria oderDurchfall anzukämpfen. „Ich habe noch nie so klei-ne Kinder gesehen“, berichtet DRK-PressereferentFredrik Barkenhammar aus dem FlüchtlingslagerAbushock, nahe der Stadt El Fasher. „Ein einjähri-

die Menschen schnell mit den notwendigsten Din-gen versorgt werden: Sie bekommen frisches Trink-wasser, Nahrung und ein Dach über den Kopf.Zelte und Plastikplanen bieten den FlüchtlingenSchutz gegen die glühende Hitze. Die Temperaturensteigen in Darfur nachmittags bis auf 50 Grad Celsi-us und jetzt, wo die Regenzeit begonnen hat, brau-

westsudanesischen Region Darfur zum momentangrößten Rotkreuz-Einsatz weltweit. In Darfur sindmittlerweile rund 1, 2 Millionen Menschen auf derFlucht. „Jeder ist von dem ungeheuren Ausmaß derKrise überwältigt“, sagt Dr. Joachim Gardemann,DRK-Teamarzt in Darfur. „Durch die gegenwärtigeRegenzeit wird die humanitäre Krise noch ver-schärft. Wir müssen die Hilfsaktionen im Sudan ver-stärken und dürfen dabei keine Zeit verlieren“, soGardemann.

Frisches Trinkwasser, Nahrung und ein Dach über den Kopf

Neben der medizinischen Versorgung derFlüchtlinge, dem Schutz von Zivilpersonen und derSuche nach Vermissten kümmern sich die Rotkreuz-und Rothalbmond-Helfer vorwiegend darum, dass

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man der Firma zurückschicken muss, reicht aus, umin den Besitz des begehrten Dokuments zu gelan-gen. Medicent verspricht, dass das Dokument dazuberechtigt, in den meisten Bundesländern auf einemKranken- oder Rettungswagen zu fahren.

Johanniter warnen vor Sanitäternohne Ausbildung

Mitarbeiter der Johanniter-Unfall-Hilfe stauntennicht schlecht, als sie im Internet-AuktionshausEbay Rettungssanitäter-Ausbildungen ange-boten sahen. Startpreis 250 Euro. Anbieterist die Hamburger RettungsfachschuleMedicent. Der Meistbietende erhält Schu-lungsunterlagen und später eine Bescheini-gung, die ihn als Rettungssanitäter ausweist— ohne schulische und praktische Ausbildung,ohne Krankenhauspraktikum und ohne jemals einenKrankenwagen von innen gesehen zu haben.

Voraussetzung ist ein Mindestalter von 17Jahren und ein Erste-Hilfe-Lehrgang. Ein Test, den

Johanniter-Unfall-Hilfeges Kind wiegt hier ungefähr vier Kilo. Das ist weni-ger als die Hälfte des Normalgewichts in demAlter“, schreibt er.

DRK-Hilfsflug mit 35 Tonnen Kindernahrung

Letzte Woche flog das DRK 35 Tonnen spe-zielle Kindernahrung in die westsudanesische StadtEl Fasher, die momentan im Flüchtlingslager Abus-hock verteilt wird. Die aus Milchpulver bestehenden

und mit Proteinen, Mineralien und Vitaminen ange-reicherten Riegel sollen Kleinkindern kurzfristig ge-nug Energie liefern, um wieder zu Kräften zu kom-men.

Seit 25 Jahren ist das Deutsche Rote Kreuzim Sudan tätig und verfügt deshalb über eine engeBeziehung zum Sudanesischen Roten Halbmond.“Nur durch diesen langjährigen Aufbau von Vertrau-en und das weltweite Netzwerk der Rotkreuz- undRothalbmondbewegung ist eine effektive Hilfe fürZehntausende überhaupt möglich”, sagt Dr. Garde-mann. Amely Pabst

Als unverzichtbar sieht die JUH den praktischen Teil der Ausbildungfür Rettungssanitäter an. (Foto: JUH)

DRK-Teamarzt Dr. Gardemann untersucht ein Flüchtlingskind in dermobilen Gesundheitsstation in El Fasher.

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FORUM

Zum Auftakt des Jubiläumstreffens zog die Malteser Jugend im Fest-zug durch Freiburg. (Fotos: Malteser)

„Die Malteser sind unser großes Hobby!“

Wer 25 Jahre jung wird, der hat schon viel gesehenund ein großes Geburtstagsfest verdient. Um dasJubiläum ihrer MalteserJugend gebührend zu feiern,waren am diesjährigenPfingstwochenende mehr als 1.600 Jugendliche nachFreiburg gekommen, denn am 25. März 1979 war

Malteser HilfsdienstMedicent Chef Michael Schönherr ist der An-sicht, wichtig sei nicht so sehr die Ausbildung. „Ein,guter‘ Rettungssanitäter ist nicht der, der eine Aus-bildung mit einer Eins absolviert, sondern der, derverantwortungsvoll und zuverlässig ist.“ Er selbstwürde zwar nie Menschen im Krankenwagen einset-zen, die über keine praktische Erfahrung verfügen.Der Markt dafür sei aber da. „Ich habe inzwischenmehr als genug Anfragen“ sagt Schönherr.

Leander Strate, JUH-Fachbereichsleiter Ret-tungsdienst und Bevölkerungsschutz, sieht das ganzanders. Er bezeichnet die Ausbildung per Post-Frage-bogen als gefährlich. Gefährlich in der Hauptsachefür die Menschen, die in einem Notfall auf schnelleund qualifizierte Hilfe angewiesen sind. „Zwar sollteman immer nach neuen, zukunftsweisenden undmodernen Lernmethoden suchen“, so Strate, „abergerade in diesem Fall ist eine Reduktion der Lehrin-halte auf eine ausschließlich theoretische Schulungschon fast als fahrlässig zu beurteilen. Bei der Aus-bildung zum Rettungssanitäter ergänzen sich dietheoretischen und praktischen Inhalte genau abge-stimmt und befähigen den Absolventen, in einemNotfall qualifiziert helfen beziehungsweise assistie-ren zu können. Reduziert man die Ausbildung aufdas Beantworten von standardisierten Fragen, sowird das zentrale und wesentliche Moment der Aus-bildung außer Acht gelassen. Der Rettungssanitätermuss eine Situation genau beurteilen, seine Hand-lungsschritte exakt planen und vor allem auch denUmgang mit erkrankten oder verletzten Menschengelernt haben. Dazu gehört ganz wesentlich die Pra-xis zum Beispiel von Blutdruckmessung, EKG-Ablei-tung oder das Schienen von Frakturen. Solche In-halte können unmöglich nur durch ein Kreuz aufeinem Blatt Papier vermittelt werden.“ Aus diesemGrunde rät Leander Strate allen Interessenten, einesolche Zertifizierung nicht zu erwerben und stattdessen die bisherige, 520 Stunden umfassende Aus-bildung zu absolvieren. Bei den Johannitern hättenBewerber ohne diese Ausbildung keine Chance.

fs/rv

die Formierung der Jugendorganisation des MHDvon einer Bundesdelegiertenversammlung nirgendwoanders als in Freiburg beschlossen worden.

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Leiter.“ Drei Discjockeys aus einer Großdisco beiRastatt stehen abwechselnd an den Reglern, ehren-amtlich natürlich, und heizen mit HipHop, House,Rock und Pop gut ein. Logisch: einer von ihnen istFreiwilliger der Malteser Jugend. Begeistert sind aberalle drei: „Sowas an Begeisterung — und dann nochvöllig ohne Alkohol! Das gibt es sonst nirgends!“Aber es sind wirklich ganz normale Jugendliche, die„lediglich“ von ihren Gruppenleitern eine sinnvolleFreizeitgestaltung vorgelebt bekommen: „Zu denMaltesern kann jeder kommen, es gibt ganz bewusstkeine hohen Hürden“, sagt Dörte Schrömges. Dochin der Praxis erweise sich, dass sehr viele Kinder undJugendliche kämen, die eine ganze Menge zu gebenhätten. Und wer zunächst mit Problemen gekom-

Samstagvormittag. In einer guten halbenStunde muss das Essen fertig sein. Marcel Stern (14),sein jüngerer Bruder André (11) und SebastianSchlund (13), sind seit Stunden im Einsatz. Sie säu-bern Gemüse, schwenken Nudeln, füllen Geschnet-zeltes um und verpacken fertige Lebensmittelratio-nen in bereitstehende Transportfahrzeuge. SechsFeldküchen stehen in der unscheinbaren Halle imIndustriegebiet Süd. 65 Helfer verarbeiten an diesemVormittag 200 Kilogramm Fleisch, 90 KilogrammPaprika, 120 Kilogramm Spätzle und literweise Sahne,dazu kiloweise Salz und Gewürze, zu einem leckerenund gesunden Mittagessen. Sebastian staunt: „Dassind riesige Mengen, das konnte ich mir gar nichtvorstellen!“ Und die vielen Lunchpakete: „Das warvielleicht eine Hektik beim Verpacken!“ Durch seinfreiwilliges Engagement bei der Malteser Jugend hater bereits einen Schatz an Erfahrung gesammelt, derihm später nützlich sein kann — beim Zivildienstoder im Katastrophenschutz. „So etwas wie hier —das ist wichtig fürs Leben“, bestätigt Marcel, „wennes einen Verkehrsunfall oder eine richtig große Kata-strophe gibt, weiß man gleich genau, was manmachen muss.“

Wenig später fahren am Seiteneingang derFreiburger Stadthalle mehrere Transportfahrzeugeder Malteser vor — das Essen kommt. Zwanzig,dreißig Helfer bringen die großen Wärmebehälter indie Halle. Alles geschieht mit System, die Hygienewird ebenso eingehalten wie die Disziplin. Daraufachtet Martin Roesen, der als niedergelassener Arztin Freiburg arbeitet. Dass er heute hilft, ist für ihnEhrensache, war er doch 1979 Gründungsmitglied.

In der Stadthalle ist André, der vor andert-halb Stunden noch Gemüse putzte, in vollem Ein-satz. Seine Spezialität ist das Abspritzen und Einsor-tieren von Geschirr in der mobilen Küche. Er iststolz: „Das ist schon das zweite Mal, dass ich dabeibin!“ Fürwahr — keine Selbstverständlichkeit füreinen Elfjährigen, und Sebastian und Marcel sindnatürlich auch mit von der Partie. Das Motto derdrei Helfer formuliert dann Sebastian: „Die Maltesersind eben unser großes Hobby!“

Samstagabend, Zeit für die Disco. Zufriedenblickt sich Dörte Schrömges, die Bundesjugendrefe-rentin, in der Halle um: „Das ist schon toll, dass soviele Jugendliche mitgekommen sind.“ In ersterLinie sei dies das Verdienst der Gruppenleiter, dieihre Leute mobilisieren: „Gute Gruppen habe gute

Kam nach Freiburg und suchte das Gespräch mit der MalteserJugend: Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerdes Innern, Fritz Rudolf Körper.

men sei, der lerne dazu und gewinne neue Möglich-keiten.

Am Pfingstsonntagnachmittag dann der Got-tesdienst. Das große Freiburger Münster ist bis aufden letzten Platz gefüllt. Johannes Freiherr Heere-man, der Geschäftsführende Präsident des MalteserHilfsdienstes, lässt es sich nicht nehmen, in einemGrußwort den Jugendlichen und ihren Gruppenlei-tern für ihr ehrenamtliches Engagement zu danken.Die musikalische Gestaltung hat die Gruppe Basileaübernommen, die schon tags zuvor als eine von dreiBands auf dem Augustinermarkt im Herzen Frei-

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FORUM

Herausforderungen, die sich aus terroristischen Akti-vitäten, extremen Wetterphänomenen, zeitweisemAusfall von volkswirtschaftlich bedeutsamen undlebenswichtigen Infrastrukturen und der zunehmen-den Gefahr von Anschlägen auf große Menschenan-sammlungen ergeben und hinsichtlich Koordinationund Hilfeleistung eines vernetzten integriertenManagements bedürfen. Hinsichtlich der notwendi-gen disziplinübergreifenden Optimierung des Infor-mations-, Kommunikations- und Ressour-cenmanagements für den Bevölkerungs-schutz will das Bundesamt mit seinensieben Kompetenzzentren Orientierunggeben, verbesserte Instrumente schaffenund den Transfer strategischen und ope-rativen Wissens um den Bevölkerungs-schutz intensivieren.

Die Mitglieder der SKK begrüßten die Aktivi-täten auf Bundesebene. Insbesondere die Überlegun-gen für eine bessere Verzahnung von Bund, Län-dern, Kommunen und Hilfeleistungsträgern entsprä-chen dem Grundverständnis der am 29. September1997 in Köln gegründeten SKK, erklärte deren Vor-sitzender Dr. Norbert Burger und sagte dem neuenBundesamt die Unterstützung zu. Er bedauerte, dassbei dieser Sitzung die Ländervertreter fehlten. Zielder SKK ist es, als integratives Forum die interdis-ziplinäre Zusammenarbeit aller am Bevölkerungs-schutz Beteiligten zu fördern. Deshalb hatten bereits1996 die im Zivil- und Katastrophenschutz mitwir-kenden Verbände und Organisationen (Verband derArbeitsgemeinschaften der Helfer in den kommunalenRegieeinheiten des Katastrophenschutzes (ARKAT),Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland (ASB), Deut-scher Feuerwehrverband (DFV), Deutsche Lebens-Rettungsgesellschaft (DLRG), Deutsches Rotes Kreuz(DRK), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH), Malteser Hilfs-dienst (MHD) und die Helfervereinigung des Tech-nischen Hilfswerkes (THW-HV)) gemeinsam verein-bart, eine solche Konferenz ins Leben zu rufen undals „Denkfabrik“, losgelöst von Zuständigkeitsbarrie-ren, für alle interessierten Institutionen zur aktivenMitwirkung zu öffnen. Neben den genannten Orga-nisationen wirken heute der AK V der StändigenKonferenz der Innenminister und -senatoren, dieDeutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin, dasSchutzforum, das Deutsche Komitee für Katastro-phenvorsorge, die Bundesanstalt THW, das Bundes-amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe,

Bericht über Sitzung des SKK

Anläßlich der 11. Plenarsitzung der Ständigen Kon-ferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophen-schutz (SKK) am 1. Juli 2004 stellte der Vizepräsi-dent des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz undKatastrophenhilfe (BBK), Rudolf L. Atzbach, dieStruktur und die strategischen Zielsetzungen derneu geschaffenen Bundesoberbehörde vor. Seit dem1. Mai 2004 im Amt, skizzierte Atzbach die neuen

Verband der Arbeitsgemeinschaftender Helfer in den Regieeinheiten/-ein-richtungen des Katastrophenschutzesin der Bundesrepublik Deutschland e.V.

burgs für den musikalischen Rahmen beim „Marktder Möglichkeiten“ sorgten. Bei diesem kunterbuntenund kurzweiligen Auftakt zum Bundesjugendtreffensprachen auch der Präsident des Malteser Hilfsdiens-tes, Constantin von Brandenstein-Zeppelin, undFritz Rudolf Körper, Parlamentarischer Staatssekretärim Bundesinnenministerium. Körper betonte bei die-ser Gelegenheit die Wichtigkeit des ehrenamtlichenEngagements in der Gesellschaft und hob den Ge-meinschaftssinn der Malteser Jugend und besondersdie Tätigkeit der Gruppenleiter hervor.

Zu guter Letzt gab es noch einen zünftigenAbschlussabend, mit Auftritt eines echten Zaube-rers. Was war am Schönsten? Anna (11) aus Bock-horst: „Das mit dem Ball!“, doch Mathias (10) istanderer Meinung: „Nein, die Ringe, die auseinandergingen und wieder zusammen!“ Doch Martina Wie-ber, Jugendreferentin der Erzdiözese Freiburg, lacht:„Nein, das schönste Zauberkunststück war, dass alleso fröhlich waren und die Helfer so toll mitgemachthaben!“ Sebastian Sigler

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Technisches Hilfswerk

Schnell-Einsatz-Einheit-Wasserver-sorgung-Ausland: Die Trinkwas-serexperten des THW könnenweltweit eingesetzt werden.

Die Nachrichtenlage ist unklar: Sintflutartige Regen-fälle haben zu massiven Überschwemmungen in wei-ten Teilen des Landes geführt, die Wasser- undStromversorgung ist zusammengebrochen,unzählige Menschen sind betroffen. Nichtselten stehen Hilfsorganisationen Kata-strophen gegenüber, deren Einschätzungaus der Ferne zumindest schwierig, manch-mal überhaupt nicht möglich ist. Oft trifftInternationale Hilfe zwar umgehend ein, eine Ent-spannung der Lage oder erste Erfolge sind oft erst

das Bundesministerium des Innern, das Bundesmi-nisterium der Verteidigung, das Bundesministeriumfür Gesundheit und Soziale Sicherung, die kommu-nalen Spitzenverbände, die Bundesärztekammer, dieStändige Konferenz für den Rettungsdienst , Versi-cherungswirtschaft sowie Bürgerselbsthilfegruppenin der SKK mit.

Aus den bisherigen Projektgruppen (Integrier-tes Hilfeleistungssystem, Zivil-Militärische Zusam-menarbeit, Ehrenamt und Katastrophenschutz, Har-monisierung von Ausbildung und Führung, Einheit-licher Sprachgebrauch, Risiko-/Gefahrenanalysen,Zeitgemäßer Selbstschutz, Chemisch-biologische Ri-siken und Gefahrenlagen, Medien- und Öffentlich-keitsarbeit) konnten inzwischen zahlreiche Empfeh-lungen für die Praxis des Katastrophenschutzes gege-ben werden (z. B. Curriculum „Standardisierte ABC-Grundausbildung“, Wörterbuch des Zivil- und Kata-strophenschutzes sowie mehrere Ausbildungspro-gramme und Organisationsrichtlinien, vgl. auchwww.katastrophenvorsorge.de).

Die ARKAT betreut seit 1997 das Themenfeld„Integrierte Hilfeleistung“. In dieser Projektgruppewirken. mit: DRK, DFV, THW,JUH, LBK Mecklen-burg-Vorpommern, AKNZ, Bundeswehr(FüSKB 15)und Polizei-Führungsakademie. Den Schwerpunktder konzeptionellen Arbeit bildet die Entwicklungeiner modularen Systematik für die Bereiche Füh-rung, Kommunikation und Logistik. Die Vernetzungder unterschiedlichen Hilfeleistungspotenziale imRahmen einer ganzheitlichen Sicherheitsvorsorge istbisher organisatorisch, technisch, personell und logis-tisch konzeptionell nicht gelöst. Beispielsweise gehö-ren elektronische Möglichkeiten der Informationsge-winnung und –verarbeitung, die Nutzung gemein-samer Datenbanken oder internetgestützter multime-dialer und mobiler Kommunikationstechniken heutenoch nicht zum selbstverständlichen Instrumentari-um des Katastrophenmanagements. Dringend zuempfehlen ist deshalb ein Austausch zwischen Wirt-schaft, Hochschulen und Praxis des Katastrophen-managements über zeitgemäße Möglichkeiten dermethodischen, technischen und logistischen Unter-stützung und Vernetzung der Prozesse in Großscha-densszenarien. Sicher ein Thema auch für eine dernächsten Plenarsitzungen der SKK.

Klaus-Dieter Kühn

Der Mangel an sauberem Trinkwasser ist gerade für die Kleinstenlebensbedrohend.

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FORUM

Während ihres Einsatzes in Sri Lanka gaben die THW-Spezialisten2,33 Millionen Liter sauberes Trinkwasser an die Bevölkerung ab.

(Fotos: THW)

Neben der technischen Ausstattung ist dasFirst-Aid-Consulting, die Beratung bezüglich weite-rer Maßnahmen, der wichtigste Bereich im Aufga-benspektrum der Schnelleinsatzeinheit. „Hier wirddas gesamte Fachwissen des THW im Bereich Was-ser zusammengezogen, denn ohne Experten in die-sem Bereich kann auch die am besten ausgerüsteteEinheit keine nennenswerten Erfolge erzielen“,betont Walz. Auf rund 36 Fachleute aus den THW-Länderverbänden Baden-Württemberg, Bayern, Hes-sen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland kann das ersteModul der SEEWA derzeit zugreifen. Weitere dreiModule an verschiedenen Standorten im Bundesge-biet sind in Planung.

Obwohl es die SEEWA erst seit wenigen Mo-naten gibt, so können ihre Mitglieder bereits Ein-satzerfahrung vorweisen. Allein in den letzten Mona-ten vor der Indienststellung wurden die THW-Trink-wasserexperten auf Ersuchen des Auswärtigen Amteszu Einsätzen im Ausland entsandt. Sowohl nach demschweren Erdbeben im Iran im Dezember 2003 alsauch nach der Überschwemmungskatastrophe in SriLanka im Mai 2003 leisteten sie Hilfe. „Das warengenau die Situationen, bei denen die SEEWA künftigausrücken wird“, blickt Walz auf das vergangene Jahrzurück. Die Lage sei beide Male unklar gewesen unddie einzige verfügbare Information die, dass dieWasserversorgung zu großen Teilen zusammengebro-chen sei.

In Sri Lanka hatten Monsunregenfälle zu denschwersten Überflutungen seit über 50 Jahren geführtund über 100.000 Brunnen verseucht. Die Wasser-versorgung war ausgefallen. Während ihres Einsatzesgaben die THW-Spezialisten 2,33 Millionen Litersauberes Trinkwasser an die Bevölkerung ab, mitmobilen Anlagen reinigten sie 202 Brunnen, stellten62 Wassertanks mit insgesamt 100.000 Litern Fas-sungsvermögen auf und analysierten mehr als 250Wasserproben. Die Wasserverteilung erfolgte in Zu-sammenarbeit mit den zuständigen Behörden und derGesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ).Um die Nachhaltigkeit der Hilfe zu gewährleisten,lernten die THW-Trinkwasserspezialisten örtlicheHelfer im fachgerechten Reinigen von Brunnen, demDurchführen von Labortätigkeiten und dem Betrei-ben von Trinkwasseraufbereitungsanlagen an.

Nach dem schweren Erdbeben, das am zwei-ten Weihnachtsfeiertag die südiranische Stadt Bamfast völlig zerstörte, stellte das THW unter anderem

„Die Idee, eine Schnelleinsatzeinheit für denBereich Wasseraufbereitung ins Leben zu rufen, ent-stand nach den zahlreichen Einsätzen, die unsereTrinkwasserspezialisten in jüngerer Zeit zu bewälti-gen hatten“, berichtet Friedrich Walz, der für dieSEEWA verantwortliche THW-Geschäftsführer inBiberach. Nach zwei Jahren intensiver Planung wares schließlich im April dieses Jahres so weit: UteVogt, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bun-desminister des Innern, stellte das erste Modul derSEEWA in Dienst. Standort ist im baden-württem-bergischen Blaubeuren. „Dort ist die technischeAusrüstung stationiert“, erklärt er. Weitere Kompo-nenten sind Logistik sowie das so genannte First-Aid-Consulting.

nach Tagen spürbar. Um auf Katastrophen, wie bei-spielsweise sintflutartige Regenfälle, Erdbeben oderlang anhaltende Dürreperioden, schnell reagierenund umgehend humanitäre Soforthilfe auf den Wegbringen zu können, hält die Bundesanstalt Techni-sches Hilfswerk (THW) so genannte Schnelleinsatz-einheiten bereit. Ihre Aufgabe ist das rasche Umset-zen erster Hilfsmaßnahmen sowie die Erkundungweiterer Einsatzoptionen. Die Schnell-Einsatz-Einheit-Wasserversorgung-Ausland (SEEWA) ist eine davon.

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„Manchmal ist das Bereitstellen von sechs Kubikme-tern Wasser in der Stunde für den Moment durchausausreichend, da vielleicht die TrinkwasserbehälterLeck geschlagen sind und das Rohrleitungssystem —zum Beispiel nach einem Erdbeben — an einer odermehreren Stellen unterbrochen ist“, beschreibt Walzein mögliches Szenario. „Unsere Ingenieure empfeh-len dann die nächsten Schritte und teilen mit, wasnoch gebraucht wird.“ Das notwendige Material könnedann vor Ort beschafft oder aus Deutschland nachge-führt werden. „Sinn und Zweck eines solchen Sofort-hilfeeinsatzes ist neben der Umsetzung der Erstmaß-

lokalisieren zu können. Für das Beheben leichterSchäden steht eine mobile Werkstatt zur Verfügung.„Wir können Schweißarbeiten an Lecks direkt durch-führen und kleinere Rohrbrüche sofort beheben“,erklärt Walz.

Bei größeren Schäden ist vor allem der Fach-verstand der THW-Spezialisten gefragt — das so ge-nannte First-Aid-Consulting. Die SEEWA-Ingenieurebewerten zunächst die Lage und leiten die entspre-chenden Sofortmaßnahmen ein, die eine schnelle Ver-besserung der Situation bewirken sollen. In einemzweiten Schritt beraten sie die örtlichen Behördenoder andere Hilfsorganisationen bei der Entschei-dungsfindung bezüglich des weiteren Vorgehens.

auch die Trinkwasserversorgung des Imam Khomei-ni Krankenhauses sicher. Darüber hinaus übernah-men Trinkwasserspezialisten die Wasserversorgungeiner italienischen Krankenstation außerhalb derStadt und belieferten einige Ortschaften mit Trink-wasser. Eine der zwei Hauptwasserleitungen der Re-gion war bei dem Erdbeben zerstört worden. Nach-dem chemische Analysen des THW ergeben hatten,dass die Wasserqualität wieder in Ordnung war,übernahmen die örtlichen Behörden wieder dieTrinkwasserversorgung.

„Die künftigen Einsätze der SEEWA werdensich jedoch in etlichen Punkten von den Trinkwas-sereinsätzen der Vergangenheit unterscheiden“, erläu-tert Walz. Während in Sri Lanka und im Iran ver-gleichsweise große Teams mit bis zu 20 Personen imEinsatz waren, setzt die SEEWA auf kleine operativeTeams, die unmittelbar nach Eintreffen des Hilfeer-suchens in die Schadensregion entsandt werden kön-nen — „dadurch gewinnen wir wertvolle Zeit.“ Bis-lang wurden die Trinkwasserexperten des THW erstin einer späteren Phase in Bewegung gesetzt. Vieleder ehrenamtlichen SEEWA-Helfer sind im Berufsle-ben als Führungskräfte bei Wasserwerken, -versor-gungsunternehmen, Stadtwerken oder Ingenieurbü-ros angestellt. „Das ist einer der großen Vorteile einerehrenamtlich getragenen Organisation wie dem THW.Das Fachwissen aus dem Beruf kann in unsere Tätig-keit als Zivil- und Katastrophenschützer einfließen“,erklärt Walz.

Zwölf Stunden nach Alarmierung steht dasSEEWA-Team samt Ausrüstung abflugbereit am Flug-hafen. Die Ausrüstung kann sowohl mit Linien- alsauch Transportmaschinen in das Einsatzgebiet ge-bracht werden. Die technische Ausrüstung der SEEWAbesteht aus bis zu 20 Tonnen Ausstattung und Gerät.

Zur humanitären Soforthilfe stehen den THW-Trinkwasserspezialisten mit Eintreffen im Schadens-gebiet eine Aufbereitungsanlage mit einer Leistungvon sechs Kubikmetern in der Stunde sowie eine Um-kehrosmoseanlage mit einer Leistung von 500 Liternin der Stunde zur Verfügung. Weitere Anlagen ausTHW-Beständen können dem Bedarf entsprechendnachgeführt werden. Um die Qualität des Wassersüberprüfen zu können, führt die SEEWA zudem einmobiles Trinkwasserlabor mit. Darüber hinaus ver-fügt das Team über eine umfangreiche Vermessungs-und Lecksuchausstattung, um Schäden in der vor-handenen Infrastruktur zur anschließenden Behebung

In Krisengebieten mit zerstörter Infrastruktur, wie hier in Ruanda, istdie Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser in derRegel das drängendste Problem.

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FORUM

Mit großem Interesse habe ich das neu gestaltete Ma-gazin „Bevölkerungsschutz“ gelesen und darf Ihnenzum überarbeiteten Erscheinungsbild gratulieren.Auch wenn vermutlich die bisherige Farbgestaltungihre Berechtigung hatte, finde ich, dass das Magazineine massive Aufwertung erfahren hat. Das Weißsteht dem Magazin wesentlich besser, macht die Sei-ten freundlicher, lässt den Text besser ins Auge ste-chen. Ich sehe darin auch das bekannte Prinzip„weniger ist mehr”.

Übersichtlicher strukturiert und mit eineranderen Seitengestaltung wirkt „Bevölkerungsschutz“weitaus positiver und eleganter, die Lesbarkeit hatnicht darunter gelitten.

Interessant und aufschlussreich fand ich dieNeuerungen, die zum Bundesamt für Bevölkerungs-schutz und Katastrophenhilfe geführt haben. AlteHasen werden sich an die wechselvolle Geschichteerinnern.

An Informationen sparen Sie weiterhin nicht;über manche stolpere ich aber doch. Es erstaunt michmanchmal schon, für wie viele Projekte und Aktio-nen etwas unsinnige Bezeichnungen kreiert werdenund dann auch noch mit Abkürzungen, die einemzwar nicht das Leben schwer machen, aber den Um-gang mit der Sache schon. Noch dazu geht der Trendzu Anglizismen, was ich persönlich nicht befürworte.Als ob es im Deutschen nicht auch entsprechendeBezeichnungen gäbe!

Im Forum greifen Sie vermutlich auf die Pres-sestellen und Mitarbeiter der verschiedenen Organi-sationen zurück. Da würde ich mir manchmal wün-schen, dass man auf eine bessere Fotoqualität achtetund Themen aufgreift, die nicht anderweitig schonmehrmals verbraten wurden. Ich würde es vielmehrals Chance sehen, gerade in Ihrem Magazin Themenzu erörtern, die in anderen Zeitschriften so vielleichtnicht zum Tragen kommen. Da sollte sich die ent-sprechenden Organisationen mal auf die Hinterbei-ne stellen und ihren Beitrag dazu leisten.

Ich freue mich schon auf die kommenden Aus-gaben und werde sie sicherlich mit gleichem Interes-se lesen wie bisher . Lassen Sie nicht ab davon, aufdie Bedeutung des Bevölkerungs- und Katastrophen-schutzes hinzuweisen! Es ist ein wichtiger Auftrag,den Sie da erfüllen.

Wolfgang J. Rotzsche M.A.,Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Leserbriefe, Meinungen

nahmen, bereits von Anfang Grundlagen für dieImplementierung nachhaltiger Hilfe zu schaffen.“

Ein SEEWA-Einsatz ist in der Regel nach weni-gen Tagen zu Ende. „Das Team kann sich bis zuzehn Tagen autark versorgen“, erklärt Walz. Danachsind die Nachschubwege geregelt. „Wir führen aus-reichend Nahrungsmittel mit, verfügen mit der Camp-ausstattung über unsere eigenen Unterkünfte undHygieneeinrichtungen und sogar den Strom produ-zieren wir selbst.“ Außerdem ist dies in etwa derZeitraum, für den akute Soforthilfe bereitgestelltwerden muss und das weitere Vorgehen in die Wegegeleitet wird. In Absprache mit den örtlichen Behör-den, den Regierungen und den Vereinten Nationenwird dann geklärt, ob ein Folgeeinsatz des THWnotwendig ist. „Das THW kann beispielsweise weite-re Trinkwasseraufbereitungsanlagen oder Einheitenzum Instandsetzen der Infrastruktur entsenden“,erläutert der Trinkwasserexperte.

Das Echo auf unsere Bitte, ihre Meinung zum Maga-zin und seinem neuen Erscheinungsbild zu äußern,war vielstimmig. Das neue Layout wurde wohl allge-mein begrüßt, viele Leser aber haben auch Kritik undeigene Vorstellungen hinsichtlich des Inhaltes formu-liert. Alle diese Anregungen wiederzugeben würde denRahmen des Forums sprengen, unbeachtet werdensie aber nicht bleiben.

Stellvertretend für alle anderen sei hier dasSchreiben unseres langjährigen Lesers Wolfgang J.Rotzsche aufgeführt:

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NACHRICHTEN

Workshop des GMLZ

An der Akademie für Krisenmanagement, Notfall-planung und Zivilschutz (AKNZ) fand vom 15. bis16.07.2004 in Zusammenarbeit mit dem DeutschenZentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein Work-shop statt.

und zum Umgang mit Satellitenbildern an konkre-ten Beispielen.

Am zweiten Seminartag wurden spezielle The-men in Bezug auf das GMLZ erörtert. Hierzu ge-hörten vor allem Themen wie ein SachstandsberichtGMLZ sowie die Erörterung der Fragen zu denUnterstützungsmöglichkeiten des GMLZ im Rahmendes AK V-Beschlusses zur länderübergreifenden Kata-

strophenhilfe.Weitere Themen

waren: Aufgaben desGMLZ im Rahmen desEU-Gemeinschaftsver-fahrens zur Förderungeiner verstärkten Zu-sammenarbeit bei Kata-stropheneinsätzen sowieein aktueller Sachstands-bericht zum Ausbaustanddes deutschen Notfall-vorsorge-Informations-systems (deNIS) II.

Bei den nahezuaus allen genanntenBereichen anwesendenTeilnehmernInnen fandder Workshop großenAnklang, was sich in dendurchweg positivenRückmeldungen zur Ver-anstaltung niederschlug.Es ist geplant, jährlich

für die gleiche Zielgruppe einen Workshop desGMLZ durchzuführen.

Die Themenschwerpunkte für die vom 07. bis08.07.2005 geplante Veranstaltung an der AKNZwurden bereits einvernehmlich ermittelt.

Thomas Mitschke

Zielgruppe des Workshops waren die LeiterIn-nen der Lagezentren der Innenministerien der Länder,ReferatsleiterInnen der Innenministerien der Länderfür den Bereich Zivil- und Katastrophenschutz, aus-gewählte Vertreter von Bundesbehörden sowie Vertre-ter der Organisationen, die im Zivil- und Katastro-phenschutz mitwirken.

Schwerpunkt war das Thema „Möglichkeitenund Grenzen der Satellitenfernerkundung im Rah-men der International Charter on Space and MajorDisasters“.

Am ersten Workshoptag wurden den Teilneh-merInnen durch Vertreter des DLR die Grundlagender Satellitenfernerkundung und der Anforderung vonSatellitenbildern über das GMLZ erläutert.

Den Abschluss des ersten Tages bildeten prak-tische Übungen in Kleingruppen zur Interpretation

Teilnehmer des Workshops üben die Interpretation von Satellitenbildern.

Rettungshunde-WM in Wittstock

Die 1993 gegründete Internationale Rettungshunde-Organisation IRO fördert die grenzüberschreitendeZusammenarbeit der internationalen Rettungshunde-

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NACHRICHTEN

Grenzüberschreitende Kooperation imKulturgutschutz

Vom 14. - 16. Juli 2004 fand in Bad Neuenahr unterLeitung der Akademie für Krisenmanagement, Not-fallplanung und Zivilschutz (AKNZ) anlässlich des50-jährigen Jubiläums der Haager Konvention zumSchutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (HK)ein internationaler Workshop mit Teilnehmerinnenund Teilnehmern aus 5 europäischen Ländern statt.Vertreten waren Delegierte von staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen aus Italien, Österreich,Rumänien, der Schweiz und Deutschland, die in ihrenLändern für den Kulturgutschutz zuständig sind.

Der Workshop wurde durch den Vizepräsi-denten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz undKatastrophenhilfe (BBK), Rudolf L. Atzbach, mitder Begrüßung der Delegierten eröffnet.

Themenschwerpunkt war die Erarbeitung vonMöglichkeiten der grenzüberschreitenden Kooperati-on zum Schutz von Kulturgut in Katastrophenfällen.Trotz einer Vielzahl von bilateralen Katastrophenhil-feleistungs-Abkommen mit den Nachbarstaaten hatdas verheerende Elbhochwasser des Jahres 2002 ekla-tante Schwachstellen bei der grenzüberschreitendenKoordinierung zur Rettung unwiederbringlicher Kul-turgüter aufgezeigt.

Die Notwendigkeit zum Aufbau nationalerExpertenpools, die bei Bedarf auf der Grundlage derinternationalen Abkommen auch grenzüberschrei-tend tätig werden können, und die schnelle Weiter-gabe von Informationen über moderne Kommunika-tionsmittel an betroffene Nachbarländer wurden alsSchwerpunkte für die Bewältigung zukünftiger Kata-strophenlagen bei der Erarbeitung in Arbeitsgruppenausgemacht. Die Erfahrung aus früheren Ereignissenhat gezeigt, dass viele Rettungseinsätze im Kultur-gutschutz nur durch die Initiative und den persönli-chen Einsatz der engagierten Kulturgutschützer mög-lich war. Die staatliche Zusammenarbeit mit denNachbarländern hat sich oft als zu schwerfällig undzeitraubend erwiesen.

Alle Delegierten vertraten die Ansicht, dassmindestens einmal jährlich ein solcher Workshopstattfinden sollte, damit die internationale Zusam-menarbeit verbessert und intensiviert werden kann.

Roland Stachowiak

organisationen in den Bereichen Ausbildung undEinsatz. Jährlich finden Weltmeisterschaften für Ret-tungshunde statt. Vom 29. Juni bis 04. Juli 2004richtete der Bundesverband Rettungshunde e.V. dieWettkämpfe in der brandenburgischen Stadt Witt-stock/Dosse aus. Hier erhielten Teams verschiedens-ter (Hilfs-)Organisationen die Möglichkeit, sich mitanderen zu messen. Daneben bot die Begegnungmit Kollegen aus aller Herren Länder Gelegenheitzum fachlichen Austausch.

Eingespieltes Team: Hundeführer und Hund. (Foto: Stefan Wagner)

Die Wettkämpfe dienen zwar der Einschätzungdes Leistungsvermögens, sind jedoch kein Nachweisder Einsatzfähigkeit der Rettungshunde. Im Vorder-grund stehen die sportlichen Leistungen, der Ver-gleich. In diesem Sinne hatten sich insgesamt 102Teilnehmer aus 15 Nationen für die Prüfungen in jedrei Sparten angemeldet.

Die Internationale Prüfungsordnung für Ret-tungshunde ist das Regelwerk, nach dem die Teamsdie Übungen absolvieren müssen. Bei der Nasenarbeitkönnen sich die Teilnehmer — je nach Ausbildungdes Hundes — für Fährten-, Flächen- oder Trümmer-suche entscheiden. Ferner gehören die so genanntenGehorsamsübungen zum Programm. Bei Gewandt-heit und Unterordnung hat der Hund die Komman-dos seines Hundeführers jederzeit und sofort auszu-führen. Erlaubt sind jeweils nur einmalige Hör-und/oder Sichtzeichen. Irene Kölbl

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MEDIEN

Atomterror: Schurken, Staaten, Terro-risten — die neue nukleare Bedrohung

Von Martin Schwarz und Heinz Erdmann, Knaur Taschenbuch Verlag, München, 2004 233 Seiten, € 12,90ISBN 3-426-77753-3

Im Januar 2003 warnte der russische General IgorValyukin anlässlich eines Empfangs für eine Delega-tion des amerikanischen Verteidigungsministeriumseher beiläufig davor, dass die tschetschenischen Ter-

kommission zu den Vorgängen des 11. September2001 zu der Erkenntnis, dass auch Kernkraftwerkeauf der ursprünglichen Zielliste der Al-Quaida ge-steuerten Passagierflugzeuge gestanden hätten. Wäh-renddessen sind in Oak Ridge, Tennessee, die Mili-tärstrategen der USA dabei, mit vier Milliarden US-Dollar die Anlage für die Produktion der Mini-Nukes auszubauen. Hierbei handelt es sich um klei-ne Atomwaffen mit einer Sprengkraft unter fünfKilotonnen. Sie sollen als Bunker brechende Waffeeingesetzt werden und möglichst Kollateralschädenvermeiden.

Schwarz arbeitet heute nach Tätigkeiten alsOsteuropa- und Balkankorrespondent, Wirtschafts-journalist und Chefredakteur des ÖsterreichischenIndustriemagazins als freier Journalist und Publizist.Ebenso Erdmann, der vorher u.a. für verschiedenedeutsche und österreichische Zeitschriften als Poli-tik- und Wirtschaftsjournalist tätig war. Sie habensich bereits mit ihrem gemeinsamen Buch „Saddamsblutiges Erbe“ kritisch mit dem Versuch auseinan-dergesetzt, mit Waffengewalt Frieden und Zufrieden-heit zu bringen. In ihrem neuen Werk, das vom Ver-lag als Sachbuch des Monats beworben wird, be-schreiben und analysieren Schwarz und Erdmann dieweltweit zunehmende Gefahr einer nuklearen Kata-strophe. Ihr Werk ist gespickt mit 249 Quellverwei-sen, quasi für jede Seite ein Beleg, für jede Behaup-tung ein Beweis. „Die Weiterverbreitung nuklearerTechnologien ist zum weltpolitischen Sicherheitspro-blem Nummer eins geworden.“ Mohammed el Bara-dai, der Generaldirektor der Internationalen Atom-energiebehörde zog dieses Fazit. Schwarz und Erd-mann bestätigen dies mit jeder Zeile. Sie verfolgennicht nur die Spuren bekannter und vermuteter Kern-waffen besitzender Staaten, sie machen sich auchGedanken zu möglichen terroristischen Überlegun-gen sowie den geradezu unglaublich leichten Zugän-gen zu den für derartige Aktionen benötigten Mate-rialien.

Der Blick in die Zukunft, den die Autorenrichten, sieht das frühere Gleichgewicht des Schre-ckens, das zwischen Ost und West für relativeSicherheit gesorgt hat, durch ein sehr labiles Mobiledes Schreckens ersetzt, in dem gegebenenfalls schondas missgedeutete Stirnrunzeln eines Staatschefs aus-reicht, seinen Nachbarn in angeblich selbstverteidi-gender Absicht auf den Knopf drücken zu lassen.

Dieter Franke

roristen es immer noch nicht aufgegeben hätten, andas russische Nukleararsenal heranzukommen. Unddieses ist, nicht nur nach Einschätzung der Interna-tionalen Atomenergiebehörde, höchst unzureichendgeschützt. In diesen Tagen im Sommer 2004 kommtder Bericht der US-amerikanischen Untersuchungs-

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48 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 3 2004

IMPRESSUMAnschrift der Redaktion:Postf 200351, 53133 Bonn

Herausgegeben im Auftrag desBundesministeriums des Innernvom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Deutschherrenstraße 93-95,53177 Bonn

Verlag: BBK, Internet: http://www.zivilschutz-online.deE-Mail:[email protected]

Erscheint im Februar, Mai,August und November. Redak-tionsschluss ist jeweils der 10.des Vormonats.

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Bei Nichterscheinen der Zeit-schrift im Falle höherer Gewaltoder bei Störung des Arbeits-friedens besteht kein Anspruchauf Haftung.

TERMINE

20. bis 21. August 20046. Berliner Rettungs-dienst-SymposiumOrt: BerlinInfo: www.berliner-feu-erwehr.de [email protected] Tel.: 030 / 387 28 - 822

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21. bis 22. August 2004:Tag der offenen Tür derBundesregierungOrt: Berlin

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18. September 2004:Augsburger Wasserret-tungssymposium 2004Ort: Augsburg, Universi-tät (Juristische Fakultät)Info: www.wasserret-tungssymposium.orgoder [email protected]

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18. bis 19. September 2004:RETTcon1. Rettungsdienstkongressmit integriertem 9. Ret-tungsdienstsymposiumund FachmesseOrt: Hamburg, Landes-feuerwehrschuleInfo: 040/42851 4585oder www.feuerwehraka-demie.de

30. September bis 2. Oktober 2004:Florian 2004Ort: Halle

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9. Oktober 2004:Internationale Wald-brandkonferenz desCTIFOrt: Wels (Österreich)Info: www.ctif.org

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13. bis 14. Oktober 2004:Forum Katastrophenvor-sorge und GefahrentagOrt: Mainz (ZDF)

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13. bis 16. Oktober 2004:13. Fachtagung Luftret-tungOrt: Garmisch-Partenkir-chenInfo: www.adac.de/luft-rettung

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26. bis 27. November 2004:Forum Brandschutzer-ziehung und -aufklärungOrt: Brandschutz- undKatastrophenschutzschu-le HeyrothsbergeInfos: www.brandschutz-aufklaerung.de, www.dfv.org und Telefon (030) 20674804

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18. bis 20. Januar 2005:acqua alta 2005Internationale Fachmesse für Klimafolgen und KatastrophenschutzOrt: Neue Messe MünchenInfo: www.acqua-alta.de

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21. bis 23. März 2005:First International Sym-posium on Geo-informa-tion for DisasterManagementOrt: Delft, Niederlande

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6. bis 11. Juni 2005:Interschutz 2005Internationale Messe fürRettung, Brand-/Kata-strophenschutz undSicherheitOrt: Messe Hannover

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6. bis 11. Juni 2005:InterpoliceInternationale Fachaus-stellung für Polizei undInnere SicherheitOrt: Messe Hannover

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Termine 2004 Termine 2005

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3 2004 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ

KULTURGUTSCHUTZ IN DEUTSCHLAND

Die im Jahre 764, wahrscheinlich als Eigenkloster desfränkischen Gaugrafen Cancor gegründete Benedikti-ner-Abtei Lorsch gehört zu den bedeutendsten Klos-tergründungen der frühen Karolingerzeit. Bereits 772wurde das Kloster reichsunmittelbar und stand inenger Beziehung zum Hof Karls des Großen.

Die ostfränkischen Nachfolger Karls bestimm-ten Lorsch zu ihrer Grablege; Ludwig der Deutscheund sein Sohn Ludwig der Jüngere wurden hier bei-gesetzt.

Zahlreiche Schenkungen führten in der Folgezu ausgedehnten Besitzungen, die von der Schweizbis an die Nordseeküste reichten und den Äbten be-trächtlichen politischen Einfluss sicherten.

Das änderte sich erst 1232, als Lorsch seineEigenständigkeit verlor und zu Kurmainz gelangte.Zunächst wurden die Benediktiner durch Zisterzien-ser ersetzt, diese dann durch Prämonstratenser; imZuge der Reformation wurde das Kloster 1556 aufge-löst und im 30-jährigen Krieg weitgehend zerstört,lediglich die so genannte „Königshalle“ und der Resteiner romanischen Kirche blieben erhalten.

Neben der wirtschaftlichen und politischenBedeutung ist die kulturelle nicht zu unterschätzen.Bis zur Auflösung des Klosters galt die Bibliothekals eine der bedeutendsten Europas, die sich beson-ders um die Überlieferung antiker Autoren (Vergil,Ovid, Cicero) verdient gemacht hatte. Die Beständereichten von spätantiken Handschriften bis zu imeigenen Skriptorium geschaffenen oder kopiertenWerken, wie dem „Lorscher Evangeliar“, einer um810 entstandenen, prachtvoll ausgestatteten und inGoldtinte geschriebenen Evangelienhandschrift, oderdem „Lorscher Arzneibuch“, der ältesten erhaltenenmedizinisch-pharmazeutische Handschrift deutscherHerkunft, die um 795 in Lorsch entstanden ist.

Angesichts der großen Bedeutung für die euro-päische Kultur- und Geistesgeschichte wurde KlosterLorsch 1991 in die UNESCO-Liste des Weltkulturer-bes aufgenommen. nps

Heute: Kloster Lorsch, Hessen

Die so genannte „Königshalle“ (dahinter der Kirchenrest) mit ihremauffälligen Fassadenschmuck und Resten von karolingischer, roma-nischer und gotischer Malerei im Obergeschoss ist das einzige ausder Karolingerzeit erhaltene Gebäude. Eine genaue Datierung (vor800, erste Hälfte 9. Jahrhundert, letztes Viertel 9. Jahrhundert) istbisher noch nicht gelungen; ebenso unklar ist ihre ursprünglicheFunktion (Profanbau, Sakralraum). (Fotos: Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen)

Kloster Lorsch um 1615, kolorierter Kupferstich von Matthäus Merian.

u3-KuGuSchu.qxp 12.08.2004 16:10 Seite 1

Bevö lkerungsschu t zBundesamt für Bevölkerungsschutz und KatastrophenhilfePostfach 20 03 51, 53133 BonnPVSt, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, G 2766

1954 wurde die Haager Konvention zum Schutz von Kultur-gut bei bewaffneten Konflikten begründet. Mit einem um-fangreichen Veranstaltungsprogramm wird die Bedeutungdieses Vertrages gewürdigt, u.a. mit der „Verschluckung“ amZentralen Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland inOberried (Titelfoto). Mehr über die Veranstaltungen undAktionen zu diesem Jubiläum erfahren Sie im nächsten Heft.

Im Rahmen der Internationalen Luft- und Raumfahrt-ausstellung (s. S. 27)) nahmen erstmals Hubschrauberbe-satzungen aus allen an der Luftrettung beteiligten Organi-sationen an einer gemeinsamen Veranstaltung teil. Im Namenvon Bundesinnenminister Otto Schily sprach Minis-terialdirektor Dr. Rüdiger Kass (o.) den angetretenen Mann-schaften, auch für die nicht anwesenden, Dank und Anerken-nung aus. Zuvor hatte der Abteilungsleiter BGS im BMI dasfortwährende Engagement des Bundes in der Luftrettungbekräftigt. (Titelfoto: BBK/Elbracht; Foto oben: BBK/Stein)

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