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Bewegungsmechanismus von Wasserdampf in porosen bla t tf o r m i gen Mate r ia I i e n*) Von Dr. HANS SCHASCHEK Aus dem Forschungslaboratorium der Zellstoifiobrik Waldhof, Mannheim-Waldhof In einer fruheren Arbeit wurde von W. Vollmer festgestellt, da8 der Transport von Wasserdampf durch Papier und einige Folien hauptsachlich von der Oberflachendiffusion Sbernommen wird. Als Fort- setzung und Erweiterung dieser Arbeit wird im folgenden gezeigt, daB die Wasserdompfdurchlassig- keit bei Papieren quantitativ behandelt werden kann und einer Vorausberechnung zuganglich ist. Zur noheren Untersuchung des Bewegungsmechonismusvon Wasserdamof wird die Temperaturabhangig- keit der Oberflachendiffusion gernessen und diskutiert. Auf einige Besonderheiten, die beim Transport von Wasserdampf durch Kunststoff-Folien beobachtet wurden, wird hingewiesen. Oberflachendiffusion Ein aus hochgemahlenem Zellstoff hergestelltes Cellu- losepapier, welches fur Luft oder Gase praktisch undurch- lassig ist, braucht fur Wasserdampf bekanntlich keines- wegs undurchlassig zu sein. Dieser Befund weist darauf hin, daR der Wasserdampf nicht nur durch freie Poren, sondern auch nach einem ganz anderen Transportmecha- nismus durch das Papier dringen kann. Wie wir heute wissen‘), handelt es slch dabei urn die sog. 0 b e r - f 1 ache n d i f f u s i o n. Den M e c h a n i s mu s der Oberflachendiffusion kann man sich so vorstellen: Entsprechend der hdsorptions- theorie von Brunauer, Emmett und Teller2) werden die Wasserdampfmolekeln mit steigendem Partialdruck zu- nachst in einer monomolekularen Schicht aufgefiillt, bis die gesamte wirksame innere Oberfllche besetzt ist. Dieser Punkt ist bei einer Raumfeuchtigkeit von etwa 25O/o er- reicht, was einem Gleichgewichtsdruck von etwa 4,4 Torr entspricht. Da bis zu diesem Druck noch keine Oberflachen- diffusion auftritt, mu6 man folgern, daR diese monomole- kulare Schicht infolge der Wechselwirkungskrafte stark an die Oberfllche gebunden ist und die Beweglichkeit der Wassermolekeln daher verhindert wird. In Bild 1 ist dieser Sachverhalt bei drei verschiedenen Membranen aus Cellulosepapier dargestellt. Die durch freie Poren hindurchgehende Wasserdampfmenge n/dp, gestrichelt gezeichnet, ist bis zu dem erwahnten Druck mit dem Gesamttransport identisch. Bei der Membran 14 ist der Transport durch die Poren bereits so klein, daR er vernachlassigt werden kann. Erst die in den folgenden Schichten adsorbierten Molekeln tragen infolge ihrer im- Bild 1. Mengenstrome fur Wasserdampf und Luft bei drei ver- shiedenen Papiermembranen 12, 13 und 14 in Abhangigkeit vom Feuchtigkeitsgefalle ’) Nach einern Vortrdg bei der internen Aibeitssitzung des Fdmausschusses ,,Trocknungstechnik” der VDI-Fachgruppe Ver- fahrenstechnik dnl 16./17. April 1956 in FrankfurtiMain-HiSchst. mer groaeren Beweglichkeit in wachsendem Mane zur Oberflamendiffusion bei. Der die Richtung der Diffusion bestimmende Oberflachenkonzentrationsgradient wird durch die Adsorptions-Isotherme bestimmt und ist daher expe- rimentell verhaltnismaBig leicht zuganglich. Bei naherer Betrachtung zeigt es sich, daB die Oberflachendiffusion nicht nur dem Konzentrationsgefalle dUdp, sondern auch nod der Konzentration (? selbst proportional ist. In Bild 2 ist dieser Zusammenhang dargestellt. Hier ist der Zusatz- transport durch Oberflachendiffusion n,/dp gegen das Produkt C ! . d&/p aufgetragen. Wie man erkennt, ergeben sich fur die drei Membranen 12, 13 und 14 tatsachlicb Geraden, die uberdies einen gemeinsamen Abszissen- schnittpunkt haben. Unter Zugrundelegung dieser Tatsa&en muRte es nun moglich sein, aus einer Messung der Luftdurchllssigkeit, aus einer Eichmessung mit Wasserdampf und aus Kennt- nis der Adsorptions-Isotherme den Vcrlauf der Wasser- dampfdurchlassigkeit fur beliebige Feuchtigkeitsgefalle vorauszuberechnen. Man kennt nlmlich aus der Adsorp- tions-Isotherme den Wert &. d&!dp und erhalt auf Grund einer Einzelmessung einen Wert fur den Gesamtmengen- strom nldp. Auf Grund einer Luftmessung, die den durch die freien Poren transportierten Anteil liefert, bekommt man durch Subtraktion vom Gesamtmengenstrom den Bild 2. Abhangigkeit des Zusatztransportes durch Oberflachen- diffusion vom Produkt aus Oberflachenkonzentration g und Kon- zentrationsgefalle dc/dp bei drei versdliedenen Membranen 12, 13 und 14 Wert izo/Ap fur die Oberflachendiffusion. Da auch der posi- tive Abschnitt auf der Abszisse von vornherein bekannt ist, der - wie spater noch gezeigt werden sol1 - nur von der Temperatur abhangt, ist auch die Gerade eindeutig gegeben, und man kann aus ihr ohne Schwierigkeiten auch andere Stromungswerte ablesen. Diese, gegen die relative Feuchtigkeit aufgetragen. Iiefern dann die Kurve der Oberflachendiffusion. Die Flachenabschnitte unter die- ser Kurve entsprechen dann bei vorgegebenen Feuchtig- keitsgefallen der gesuchten Wasserdampfdurchlassigkeit. Messung der Wasserdampfdurchlassigkeit Die Wasserdampfdurchlassigkeit von Papier wird ge- wohnlim nach der sog. S c h a l e n m e t h o d e gemessen. Mit der zu prufenden Papiermembran wird ein.e Alumi- 698 Chemie-1ng.-Techn 28. Jahq 1956 I Nr. I1

Bewegungsmechanismus von Wasserdampf in porösen blattförmigen Materialien

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Bewegungsmechanismus von Wasserdampf in porosen bla t tf o r m i g en Mate r ia I i e n*)

Von Dr. H A N S S C H A S C H E K

Aus dem Forschungslaboratorium der Zellstoifiobrik Waldhof, Mannheim-Waldhof

In einer fruheren Arbeit wurde von W. Vollmer festgestellt, da8 der Transport von Wasserdampf durch Papier und einige Folien hauptsachlich von der Oberflachendiffusion Sbernommen wird. Als Fort- setzung und Erweiterung dieser Arbeit wird im folgenden gezeigt, daB die Wasserdompfdurchlassig- keit bei Papieren quantitativ behandelt werden kann und einer Vorausberechnung zuganglich ist. Zur noheren Untersuchung des Bewegungsmechonismusvon Wasserdamof wird die Temperaturabhangig- keit der Oberflachendiffusion gernessen und diskutiert. Auf einige Besonderheiten, die beim Transport

von Wasserdampf durch Kunststoff-Folien beobachtet wurden, wird hingewiesen.

Oberflachendiffusion Ein aus hochgemahlenem Zellstoff hergestelltes Cellu-

losepapier, welches fur Luft oder Gase praktisch undurch- lassig ist, braucht fur Wasserdampf bekanntlich keines- wegs undurchlassig zu sein. Dieser Befund weist darauf hin, daR der Wasserdampf nicht nur durch freie Poren, sondern auch nach einem ganz anderen Transportmecha- nismus durch das Papier dringen kann. Wie wir heute wissen‘), handelt es slch dabei urn die sog. 0 b e r - f 1 a c h e n d i f f u s i o n.

Den M e c h a n i s m u s der Oberflachendiffusion kann man sich so vorstellen: Entsprechend der hdsorptions- theorie von Brunauer, Emmett und Teller2) werden die Wasserdampfmolekeln mit steigendem Partialdruck zu- nachst in einer monomolekularen Schicht aufgefiillt, bis die gesamte wirksame innere Oberfllche besetzt ist. Dieser Punkt ist bei einer Raumfeuchtigkeit von etwa 25O/o er- reicht, was einem Gleichgewichtsdruck von etwa 4,4 Torr entspricht. Da bis zu diesem Druck noch keine Oberflachen- diffusion auftritt, mu6 man folgern, daR diese monomole- kulare Schicht infolge der Wechselwirkungskrafte stark an die Oberfllche gebunden ist und die Beweglichkeit der Wassermolekeln daher verhindert wird.

In Bild 1 ist dieser Sachverhalt bei drei verschiedenen Membranen aus Cellulosepapier dargestellt. Die durch freie Poren hindurchgehende Wasserdampfmenge n/dp, gestrichelt gezeichnet, ist bis zu dem erwahnten Druck mit dem Gesamttransport identisch. Bei der Membran 14 ist der Transport durch die Poren bereits so klein, daR er vernachlassigt werden kann. Erst die in den folgenden Schichten adsorbierten Molekeln tragen infolge ihrer im-

Bild 1. Mengenstrome fur Wasserdampf und Luft bei drei ver- shiedenen Papiermembranen 12, 13 und 14 in Abhangigkeit

vom Feuchtigkeitsgefalle

’) Nach einern Vortrdg bei der internen Aibeitssitzung des Fdmausschusses ,,Trocknungstechnik” der VDI-Fachgruppe Ver- fahrenstechnik dnl 16./17. April 1956 in FrankfurtiMain-HiSchst.

mer groaeren Beweglichkeit in wachsendem Mane zur Oberflamendiffusion bei. Der die Richtung der Diffusion bestimmende Oberflachenkonzentrationsgradient wird durch die Adsorptions-Isotherme bestimmt und ist daher expe- rimentell verhaltnismaBig leicht zuganglich. Bei naherer Betrachtung zeigt es sich, daB die Oberflachendiffusion nicht nur dem Konzentrationsgefalle dUdp, sondern auch n o d der Konzentration (? selbst proportional ist. In Bild 2 ist dieser Zusammenhang dargestellt. Hier ist der Zusatz- transport durch Oberflachendiffusion n,/dp gegen das Produkt C!. d&/p aufgetragen. Wie man erkennt, ergeben sich fur die drei Membranen 12, 13 und 14 tatsachlicb Geraden, die uberdies einen gemeinsamen Abszissen- schnittpunkt haben.

Unter Zugrundelegung dieser Tatsa&en muRte es nun moglich sein, aus einer Messung der Luftdurchllssigkeit, aus einer Eichmessung mit Wasserdampf und aus Kennt- nis der Adsorptions-Isotherme den Vcrlauf der Wasser- dampfdurchlassigkeit fur beliebige Feuchtigkeitsgefalle vorauszuberechnen. Man kennt nlmlich aus der Adsorp- tions-Isotherme den Wert & . d&!dp und erhalt auf Grund einer Einzelmessung einen Wert fur den Gesamtmengen- strom n ldp . Auf Grund einer Luftmessung, die den durch die freien Poren transportierten Anteil liefert, bekommt man durch Subtraktion vom Gesamtmengenstrom den

Bild 2. Abhangigkeit des Zusatztransportes durch Oberflachen- diffusion vom Produkt aus Oberflachenkonzentration g und Kon- zentrationsgefalle dc /dp bei drei versdliedenen Membranen 12,

13 und 14

Wert izo/Ap fur die Oberflachendiffusion. Da auch der posi- tive Abschnitt auf der Abszisse von vornherein bekannt ist, der - wie spater noch gezeigt werden sol1 - nur von der Temperatur abhangt, ist auch die Gerade eindeutig gegeben, und man kann aus ihr ohne Schwierigkeiten auch andere Stromungswerte ablesen. Diese, gegen die relative Feuchtigkeit aufgetragen. Iiefern dann die Kurve der Oberflachendiffusion. Die Flachenabschnitte unter die- ser Kurve entsprechen dann bei vorgegebenen Feuchtig- keitsgefallen der gesuchten Wasserdampfdurchlassigkeit.

Messung der Wasserdampfdurchlassigkeit Die Wasserdampfdurchlassigkeit von Papier wird ge-

wohnlim nach der sog. S c h a l e n m e t h o d e gemessen. Mit der zu prufenden Papiermembran wird ein.e Alumi-

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nium-Schale verschlossen. J e nachdem, bei welchem Feuch- tigkeitsgefalle gemessen werden soll, wird vorher die Schale entweder mit einem Trockenmittel, mit Wasser oder mit einer gesattigten Salzlosung gefiillt und in einen klimatisierten Raum gebracht. Nachdem sich ein konstan- tes Feuchtigkeitsgefalle in der Probe eingestellt hat, er- kenntlich an der konstanten Gewichtsabnahme, wird die durch die Membran in der Zeiteinheit hindurchgegangene Wassermenge unmittelbar ausgewogen.

Aus dem vorher Gesagten geht hervor, daR der durch die Oberflachendiffusion gelieferte Zusatztransport bei einem Feuchtigkeitsgefalle z. B. von 0 bis 65O/o rel. Feuch- tigkeit um ein Vielfaches kleiner sein muR, als bei dem anschliebenden Gefalle von 65 bis 10@/0 rel. Feuchtigkeit.

Bild 3 zeigt MeRergebnisse, die na& dieser Methode gewonnen wurden. Hier ist die Stromungsmenge in g-Was- ser pro 1 mz, 1 Torr Druckgefalle und 24 h gegen die rel. Feuchtigkeit aufgetragen. Man sieht, daB die Stromungs- werte iiber den mittleren Feuchtigkeitsgefallen ungefahr auf der uns schon bekannten Kurve liegen. Auf ihr selbst konnten sie natiirlich nur dann liegen, wenn eine lineare Interpolation erlaubt ware. Hier haben wir es aber kei- neswegs mit differentiellen Schritten zu tun. Was aber

Flache [cmz]

ber. I gef.

Gefalle

45- 75 12,o 12,2 6.5 -- 75 1 5,8 65 -100 54,8 53,l

Temperaturabhangigkeit der Oberflachendiffusion Was aber weit mehr interessiert hat als diese Uber-

einstimmung zwischen Theorie und Praxis bezuglich des Wasserdampftransportes, war die Oberflachendiffusion selbst und ihr Mechanismus. Um dariiber etwas ndheres zu erfahren, muSte auch noch die Temperaturabhangigkeit der OberfHchendiffusion untersucht werden.

Wasserdampf- durchlassigkeit

ber. I gef.

1 2,lO ' 1,85

4,38 4,45 3,?8 3,lO

20.1 19,4

Bild 3 (links). Zur Vorausbercdnung der Wasserdampfdurchlassigkeit (WDD) eines

Pap i e r e s

68,3 I 24t6 0 -100 67,5

Bild 4 ( rehts) . Die StrGmungs-Apparatur (Erklarung irn Text)

24,9

Experimentell waren dabei einige Schwierigkeiten zu uberwinden. Da rnit Wasserdampf gearbeitet wurde, durfte wegen der Gefahr einer Kondensation vor allem bei hohe- ren Temperaturen an keiner Stelle der Apparatur die Sat- tigungstemperatur unterschritten werden. Deshalb wurde die gesamte Apparatur in ein temperierbares Wasserbad getaucht. Bild 4 zeigt die Versuchsanordnung. Links er- kennt man das Absolutmanometer, welches so lang ist, daR man mit Temperaturen bis zu 70 "C arbeiten kann. In der Mitte befindet sich das mit 0 1 gefiillte Differential- manometer und auf beiden Seiten von diesem sind die Ausgleichsvolumina in Form auswechselbarer Rundkolben angeordnet. Die Hahne sind alle oben angeordnet und so angebracht, daR die Hahnkiiken no& unter der Wasser- linie liegen. Die Messung und die Auswertung wurden in der gleichen Weise wie bisher vorgenommen.

Im Bild 5 werden Messungen bei hoheren Temperatu- ren gezeigt. An der gleichen Papiermembran wurden die Mengenstrome bei 20°, 40" und 70 "C gemessen und gegen das Partialdruckverhaltnis aufgetragen. Man erkennt, daR die Mengenstrome rnit steigender Temperatur abnehmen. Dies wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, daR auf dem Bilde die Abszisse fur die verschiedenen Temperatu- ren verzerrt dargestellt ist. Wenn man auch jetzt wieder die n,lAp-Werte gegen das Produkt C? dUdp auftragt, so erhalt man Bild 6. I-Iier sind die fur die Membranen 12, 13 und 14 die MeRwerte fiir 20", 40" und 70 "C eingezeimnet. Die drei Geraden haben wieder bei 20 "C einen gemein- samen Schnittpunkt auf der Abszisse. Jetzt erkennt man, daB das gleiche auch fur die beiden anderen Temperaturen gilt. Die Verkleinerung der Abszissenabschnitte kommt dadurch zustande, daR sowohl die Konzentration E als au& die Neigung der Isothermen dUdp mit der Tempera- tur abnehmen. Betrachtet man das Produkt C?. dC/p an den Schnittpunkten genauer, so stellt sicb heraus, daD sie eirien direkten Beweis fur die Immobilitat der monomole- kularen Schicht liefern. Erst wenn die erste adsorbierte Schicht aufgefullt ist, beginnt die Oberflachendiffusion.

Chernie-lug . -Ye&n. 28. Jahrg. 1956 / Nr. 11 699

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Bild 5. Mengenstrom von Wasserdampf in Abhtin- gigkeit vom Partialdruck- gefalle an der Papier- mfmbran 12, bei drei

I I 0 92 44 46 48 l,o verschiedenen Tempera-

PIPs iurcn gemesscn

I'?

20°C - Membran 72

70°C n- 11 14 40°C Pq I I

0

Bestimmt man namlich aus den Adsorptions-Isothermen bei 20", 40" und 70 "C die Werte fur gIm ' dC,,/dp, wobei Clm die Belegungskonzentration der ersten adsorbierten Schicht bedeuten soll, so findet man, in Abszisseneinhei- ten angegeben, 13; 3,5 und 1. Wie man sieht, ist die Uber- einstimmung mit den durch Extrapolation gefundenen Werten gut.

Eine dem Fickschen Gesetz analoge Gleichung kann auch fur die Oberflachendiffusion angegeben werden, namlich

worin " D der Oberfliichendiffiisionskoeffizient, U der Po- renumfang und (? die Oberflachenkonzentration in cm3/cm2 sein sollen. Der Oberflachendiffusionskoeffizient hat hier die Dimension [cmYs]. An Stelle von d6/dx ist es vorteil- haft, ein Druckgefalle einzufuhren, indem man schreibt

p ist jetzt der Wasserdampfpartialdruck, f f p die bei der Messung herrschende Druckdifferenz und L die konstant bleibende Dicke der Membran. In die erste Gleichung ein- gesetzt ergibt sich

(3).

dE/dp ist die Neigung der Adsorptions-Isotherme an der Stelle p . " D ist in diesem Ausdruck noch nicht als konstant zu betrachten. Um dies zu erreichen, mu8 man setzen:

OD = "Do E, Daraus folgt

worin -D(, jetzt wirklich eine Konstante ist. Streng genom- men gilt diese Gleichung nur fur den Fall, daR E = Elm ist. d(?/dp hingegen besitzt Gultigkeit fur alle vorkommenden

F-Werte, also auch fur E < Elm. Diese Einschrankung ist physikalisch sinnvoll, denn sie erfullt die Forderung, daR nJdp = 0 bei (? = E1 ist, auch wenn der Konzentrations- gradient einen in diesem Falle sogar betrachtljchen Wert annimmt, da dVdp bei groRen Werten beginnt und bei (? = Elm durch ein Minimum geht, wie spzter gezeigt wer- den kann.

Rechnet man den Oberflachendiffusionskoeffizienten fur verschiedene Papiermembranen aus, so findet man, daR er in der GroRenordnung von 10" bis 10- cmVs liegt, also in einem Gebiet, das etwa zwischen den Diffusions- wertcn von Flussigkeiten und denjenigen von festen Kor- pern zu finden ist.

Man kann nun in der Gleichung

Bild 6 (links). Abhangigkeit des Zusatztransportes durch Ober- flachendiffusion vom Produkt aus Oberflachenkonzentration und Konzentrationsgefalle bei deli Mcmbranen 12, 13 und 14 und bpi drei verschiedenen Tempe-

raturen

Bild 7 (rechts). Zur Bestimmung der Aktivierungsenergie

a u Q die Temperaturabhangigkeit der einzelnen Glieder diskutieren. UIL ist ein konstanter, von der Temperatur unabhangiger Faktor. Die Temperaturabhangigkeit des Diffusionsfaktors OD,, ermittelt man am besten graphisch, indem man in bekannter Weise In "Dl , gegen lfT, wie in Bild 7 dargestellt, geindR folgender Beziehung auftragt:

CD, = o~~~ e - E . ~ f R T (5) bzw.

und ln 'Dn1 = In OD,, - E,/RT, fur die Temperatur T i

In O D o 2 = In OD,,, - E,/RT, fur die Temperatur T,. Durch Subtraktion findet man

Mit dem aus der graphischen Darstellung zwischen 20" und 40 "C entnommenen Wert fur In ODol - In ODnl = 0,93 re- sultiert

0,93 = yL ' 0,22. 10F E 2

und daraus schlieRlich E , = 2.0,93. 0,22. 10V = 8,5 kcaliMo1.

DaR die A k t i v i e r u n g s e n e r g i e mit steigender Temperatur abnimmt, soll vorerst nicht interessieren. Es geniigt zu wissen, daR die mittlere Aktivierungsenergie einen Wert von etwa 8 bis 9 kcal/Mol hat. Dieser Befund stimmt mit anderen Angaben aus der Literatur gut uber- ein3),

Die Oberflachenkonzentration F betrachtet man der Einfachheit halber als Parameter, der konstant gehalten werden kann. Demzufolge ist dann auch die T e m p e r a - t u r a b h a n g i g k e i t d e s K o n z e n t r a t i o n s g r a - d i e n t e n bei konstantem c zu betrachten, also

- . id!) dT dp C '

Der Ausdruck (d(?/dp), nimmt mit steigender Temperatur auf jeden Fall ab, wie es im Bild 8 zu sehen ist. Dadurcb, daO die Isothermen im gleichen AbszissenmaRstab gezeich- net sind, erhalten sie eine etwas ungewohnte Form. Trotz- dem erkennt man deutlich, daR bei konstantem c die Nei-

700 Chemie-1ng.-Techn 28. Jahrg. 1956 / Nr. 11

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I6 Ym 12

c 8

4

0 # 80 120 160 Torr 240 rFzBza P Rild 8. Verlauf der Adsorptionsisotherme von Wasserdampf an Cellulosc bei drei

verschiedenen Temperaturen

P /P, Bild 9. Oberflachenkonzentrationsgradien- ten bei drei verschiedenen Temperaturen in

Abhangigkeit vorn Partialdruckgefzlle

gung rnit steigendem Druck p , also auch mit zunehmender Temperatur, immer flacher wird. Da C mit p durch die Adsorptionswarme verkniipft ist, kann man den Ausdruck

Die Adsorptionswdrme EAda nimmt mit zunehmender Be- legungsdichte bekanntlich deutlich ab4). Da aus thermo- dynamischen Griinden beim Sattigungsdruck p , die Ad- sorptionswarme in die Verdampfungswarme E L ubergeht, ist diese daher auf jeden Fall kleiner als die Adsorptions- warme. Es sind wohl auch Ausnahmen5) bekannt, wo E2,,1s < El, ist, aber dann hat die Adsorptions-Isotherme ein vollig anderes Aussehen. Sie bleibt namlich bis zum Slttygungsdruck konvex gekrummt. Dies ist hier zweifel- 10s nicht der Fall.

Zur bessercn Anschaulichkeit ist im Bild 9 die Ande- rung der Neigung der Adsorptions-Isothermen bei den drei Teniperaturen 20". 40" und 70 "C gegen die rel. Feuch- tigkeit p i p , aufgetragen. AuRerdem sind die Punkte glei- cher Konzentration miteinander verbunden. Auch hier erkennt man deutlich, daR die Neigungen bei konstanter Konzentration mit steigender Temperatur abnehmen. Die voll eingezeichneten Kreise deuten auf das Minimum der Kurven hin. Dan die Temperaturabhangigkeit d/dT(dUdp),, einem Exponentialgesetz folgt, beweist Bild 10. Hier ist InfdCldp),, gegen 1/T aufgetragen. AuRerdem kann man aus dieser Darstellung entnehmen, daR die Adsorptions- warme, dargestellt durch die Neigung der Geraden, in der erwarteten GroRenordnung liegt, z. B. rund 12,7 kcal/Mol bei c = 3 , und daR weiterhin die Adsorptionswarme rnit zunehrnender Konzentration stark anwachst und bei c 0 einem Wert von 15,? kcal/Mol zustrebt. Reim Sattigungs- druck ist El,,js = EL und betragt 10,5 kcal/Mol.

FaRt man nun die Ergebnisse zusammen, so gilt fur die T e m p e r a t u r a b h a n g i g k e i t d e s M e n g e n - s t r o m e s :

Wber diese Funktion laRt sich noch einiges sagen. Zunachst ist festzustellen, daB E , stets kleiner als Ekds sein muR. Dies folgt aus einer einfachen Uberlegung.

Bei der Oberflachendiffusion bewegen s i b die Wasser- dampfrnolekeln entlang einer Oberfllche, wobei sie unter Aufwendung einer Aktivierungsenergie gezwungen sind, qewisse Potentialberge zu iiberwinden. Es ist einleuchtend, daR an einer glatten Oberflache die mittlere Aktivierungs- energie kleiner sein wird als bei einer rauhen Oberflache. Sind die Potentialschwellen aber so groR, daR die zur Uberwindung erforderliche Aktivierungsenergie groRer als die Adsorptionswarme wird, so tritt teilweise Desorp- tion ein, bzw. hort die Oberflachendiffusion schliefilich ganz auf, da dann jede Molekel beim VeTSuCh des Obergangs von einem Ort der Oberfllche zu anderen in die Gasphase iibergehen wurde.

lszmsl I / J Bild 10. Anderung der Neigung der Adsorptionsisotherme bei den Konzentrationen c = 3, c = 4 und c = 8 Gew.-O/o in

Abhangigkeit yon der Temperatur

In unserein Falle betragt die Aktivierungsenergie der Oberfllchendiffusion bei mittleren E-Konzentrationen etwa 60 bis 80"iu der Adsorptionswarme.

Das Resultat unserer Wberlegungen ist eigentlich ver- bliiffend, denn es besagt, daR der Mengenstrom der Ober- flachendiffusion mit steigender Temperatur wegen des stets positiven Wertes fur (El,,, - EA) abnimmt. Wber- tragen auf einen Trocknungsvorgang wiirde das bedeuten, daR der TrocknungsprozeR bei hoherer Temperatur lang- samer ablauft.

Diese scheinbare Diskrepanz klart sich leicht aut, wenn man der G1. (7)

eine etwas andere Gestalt gibt:

Darin ist n i t die rel. Feuchtigkeit p / p , gemeint. Die Temperaturabhangigkeit des Dampfdruckes ist bekannt und lautet - EL/RT

P = P0.e Daraus folgt unmittelbar

mit einer neuen Konstanten K" = K' p , .

Bezieht man also den Mengenstrom no jetzt aut die Einheit des Feuchtigkeitsgefalles p, welches selbst wegen der Zunahme des Absolutdruckes mit der Temperatur im- mer kleiner wird, so ergibt sich, wie nicht anders zu er- warten, daB n,/Acp mit steigender Temperatur zunimmt. Auch die Exponentialfunktion geht in gleicher Richtung, denn EAna-EEL ist kleiner als E,. Somit ist der Energie- term negativ geworden, was gleichbedeutend ist rnit einer Zunahme der Oberflachendiffusion mit steigender Tempe- ratur. Diese Verhaltnisse werden anschaulicher, wenn man Bild 11 betrachtet. Hier sind in Abhangigkeit vom Partial- druckgefalle die Verdampfungswarme des Wassers EL, und die Aktivierungswarme fur die Oberflachendiffusion E, , die beide konstant sind, aufgetragen. AuRerdem ist die Adsorptionswdrme EAda eingezeichnet, die bei 15,? kcal/Mol beginnend mit steigendem Gleichgewichtsdruck bis zum Wert der Verdampfungswarme EL abfallt. Darunter ist die Differenz E B d s - EL eingetragen. Die Bedingung, daR E A ~ ~ - E , < E,, oder umgekehrt, daR E,ds - E , < EL ist, ist weitgehend erfullt.

Da andererseits E, = 0,s E A d s sein soll, muR E , + E L > EAhds > EA gelten. Diese Plausibilitatsbetrach- tung 1aRt den SchluR zu, daD es, theoretisch wenigstens, eine Substanz geben muR, bei welcher der Trocknungsvor-

('hemie-lng.-TediIi. 18. Jah rq . 19% / N r . 11 70 Z

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Bild 11 (links). Zum Vergleirh von Adsorp- tionswarme (EAdu): Verdampfungswarme

(EL) und Aktivierungsenergie (EA)

Bild 12 (rechts). Transport von Wasser- dampf durch eine Polyathylen-Folie

gang mit steigender Temperatur tatsaimlich langsamer gehen soll, namlich dann, wenn EAds etwa den funf- fachen Wert der Verdampfungswarme hatte und somit EAds > E, > EL w&re.

Vielleicht liegt es in der Natur der Sache, daR es eine solche Substanz nicht geben kann, es sei denn, daR beim Erwarmen eine Art Disproportionierung stattfinden wurde.

Wasserdampfdurchlassigkeit von Kunststoff-Folien AbschlieBend soll noch kurz auf eine Erscheinung ein-

gegangen werden, die bei Kunststoff-Folien und auch bei einer bestimmten Art yon Papier beobachtet wurde.

Es wurde damals schon gezeigtl) daO die Wasserdampf- durchlassigkeit bei einer P o 1 y a t h y 1 e n - oder P V C - F o 1 i e anders verlauft als bei Papiermembranen. Abge- sehen davon, daB die Transportmenge bei Polyathylen etwa um eine Zehnerpotenz kleiner ist als bei sehr did- tem Papier, ist festgestellt worden, daR die Wasserdarnpf- durchlassigkeit bei hoheren Feuchtigkeiten wieder ab- nimmt. Da die durch die Folie hindurchgehenden Wasser- rnengen aul3erst gering sind, ist es nicht leicht, exakte MeRergebnisse zu erhalten. Aber auch in der verbesserten Apparatur zeigte es sich, daR dieser Effekt vorhanden ist. Ilas Bild 12 zeigt Wasserdampfmessungen an Polyathylen bei 20 "C. Auffallend dabei ist, daR bereits bei kleinen rel. Peuchtigkeiten die nldp-Werte eine fallende Tendenz auf- weisen und bei Erreichen einer Feuchtigkeit von ehva ?P/o erneut steil abfallen. Erniedrigt man daraufhin den Gleichgewichtsdruck durch kurzeres Abpumpen des Was- serdampfes aus dem Gasraum, so zeigt sich eine deutliche Hysterese. Vielleicht ist diese darauf zuruckzufuhren, daR die bei der evtl. K a p i 1 1 a r k o n d e n s a t i o n gefull- ten Poren nicht reversibel getrocknet und vom Wasser befreit werden konnten. Erst nach langerem Trocknen im Ilochvakuum lagen die Stromungswerte wieder auf der ursprunglichen Kurve.

Wenn die Vermutung stimmt, da5 dieser Effekt seine Ursache in einer besonderen P o r e n v e r t e i 1 u n g hat, dann muate au& an anderen Proben, die eine an l iche Porenverteilung wie Polyiithylen aufweisen, dieser Effekt auftreten.

Als geeignetes Material erschien hierfur E c h t p e r - g a m e n t, von dem man weiR, daR es eine vom normalen Papier abweichende Porenverteilung hat. Bild 13 zeigt zunachst die nach einer speziellen Methode gewonnenen Porenverteilungen in einem Papier und in Echtpergament. Beim Vergleich dieser Haufigkeitskurven fallt sofort auf, daR das Echtpergament in der IIauptsache sehr v i d e kleine Poren enthiilt und nur einige groRere, die sog. Nadel- locher. Bei gewohnlichem Papier ist die Porenverteilung wesentlich breiter. Wenn uberhaupt eine Abnahme der Stromungsmenge infolge Kapillarkondensation auftreten und experimentell gefunden werden soll, dann nur, wenn sehr viele kleine Poren vorhanden sind, da sonst der Effekt von den groReren Poren uberdeckt wird. Im Bild 14 sind Stromungswerte von Dioxan- und Wasserdampf an Echt- pergament dargestellt. TatsZchlich zeigt Dioxan, welches hauptsachlich genommen wurde, um eventuelle Quellungs- effekte auszuschalten, den erwarteten Effekt. Die Stro- mungswerte gehen durch ein Maximum. Die gleiche Mes-

40

70

30

x .- z i;" 20 B .b

70

0 2 4 6 8 70 cm 7210-5 L87L19.731 Porenradius

Bild 13. Porenradienverteilung in einem normalen Papier und in Ecfitpergament

0 q2 94 96 48 -1 PIP5

Bild 14. Transport von Wasserdampf und Dioxan-Dampf durcfi Ecfitpergament

sung mit Wasserdampf beweist, daR auch hier ein ahn- licher Kapillareffekt vorliegen mu& dieser jedoch dur& die starke Oberflachendiffusion uberdeckt wird und daher nicht ausreicht, um die Kurve nach unten umbiegen zu lassen.

Diese zuletzt angefuhrten Ergebnisse, speziell die bei Polyzthylen gefundenen, sind nicht leicht zu interpretie- ren und miissen als vorlaufig angesehen werden.

Eingeg. 13. Juni 1956 (B 7491

Literatur

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