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Beziehungen zwischen tierischen Schädlingen und Baumerkrankungen

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220 W. Scbwenke

ULRICH, B.; M^VZ,~ER, E., 1983: Abiologische Folgewirkungen der weitrS.umigen Ausbreitung yon Luftverun- reinigungen. Umweltforschungsplan des Bundesministers des Inneren; Luftreinhattung: Forsch.-ber., 104 02 615. Herausgeber: Umweltbundesamt Bonn.

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Geol. Jb. F 19, im Druck. ZO'rrl, H. W.; M~Es, E., 1983: Niihrelementversorgung und Schadstoffbelastung yon Fichten6kosystemen im

S/idschwarzwald unter Immissionseinflug. _'vlict. dr. bodenkdl. Ges. 38, 429-434.

Anschrift des Verfassers: Dr. E. v Z~7.scHwflz, Goethestraf~e 84, D-4150 Krefeld 1

Beziehungen zwischen tierischen Sch~idlingen und Baumerkrankungen

Von W. SCHWENKE, ~'IIDNCHEN

Wenn man nach m6glichen Beziehungen zwischen tierischen Schadlingen und den neuartigen Baumerkrankungen fragt, geht man am besten von Baumerkrankungen allgemein aus. Man kann grunds~itzlich drei Tiergruppen unters~heiden, die als Urheber oder Mitwirkende bei Baumerkrankungen eine wesentliche Roile spielen k/Snnen: I. Prim~irschiidlinge, die imstande sind, bei Frag an gesunden B~iumen sich stark zu vermehren, 2. Sekund~irsch/idlinge, denen eine solche Vermehrung nur an erkrankten Niumen m6glich ist, und 3. Krankheits~ibertr~iger, die mit ihrem prim~iren oder sekund~iren FraR zugleich eine bestimmte Krankheit i~bertragen. Aus- geklammert seien hier die unbestimmten Beziehungen, die zwischen Tieren und Baumerkran- kungen entstehen k6nnen, wenn in die yon Tieren geschaffenen Fra~wunden Pathogene ein- dringen.

Im folgenden seien die drei genannten Tiergruppen etwas n~iher betrachtet und die Krank- heitsabertrdger an den Anhng gestellt. Als einziger PrimiirscMdling geh6rt in diese Gruppe der Groge Braune Riisselk~ifer, Hylobius abietis. Wenn er sich als Larve in rotfaulen Wurzelst6cken entwickelt, kann er als K.;ifer beim Rindenfrai~ die RotfSute fibertragen (NuoRrEvA 1972). Unter

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: Forstw. Cbl. 104 (1985), 220-225 �9 1985 Verlag Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0015-8003 / lnterCode: FWSCAZ

0015-8003/85/10403-00220 $ 0.2.50/0

Beziehungen zwischen tierischen Schadlingen und Baumerkrankungen 221

den sekundiiren Sch.:idlingen sind die bekanntesten Krankheits/~bertr~iger die Ulmensplintkii- fer, die den pilzlichen Erreger des Ulmensterbens verbreiten. Weiterhiri wurde auch noch bei einer Reihe anderer Borkenkiifer die Obertragung yon Bliiue-Pilzen nachgewiesen (FRANCKE- GROS,',IAr,;.~ 1963; CHRISTIANSE.X et al. 1983).

Eine der Ursachen-Hypothesen zu den gegenw~irtigen Baumerkrankungen betrachtet be- stimmte Biattpilze (REH~t:ESS 1983), eine andere Hypothese (IC',NDLEI~ 1983; BUT~N 1984) unbe- kannte Viren oder iihnliche Pathogene als Haupt- oder Teilurheber. Von Seiten der Zoologic w,~re hierzu - in Bezug auf das Obertr~iger-Problem - zu sagen, dal3 unter den an oder in B~iu- men lebenden Tieren in Europa keine Arten bekannt sind, die Blattpilze oder viroide Erreger i~bertragen.

Die Vertreter der niichsten Tiergruppe, der Primarscha'dlinge, fressen normalerweise an ge-- sunden B~iumen, meiden jedoch erkrankte nicht. Sie zeigen beziiglich des Zustands ihrer Frag- b~iume eine grol~e Bandbreite. Die wichtigsten Prim~irsch~idlinge sind das Schalenwild, Wiihl- m~iuse, Nematoden, Hylobius und Bauml~use. Seit jeher geht ein Teil der Blatt-- und Nadelver- fiirbungen und der absterbenden B~iume auf ihr Konto, doch sind die Baumverluste durch Prim~irsch;J.dlinge, insgesamt gesehem gering und betreffen ganz (iberwiegend nur junge und jiingste B~iume. Lediglich durch sch~ilendes Wild und Bauml~iuse kfnnen vereinzelt auch iihere B~iume - dutch Bauml~iuse nur Tannen - zum Absterben gebracht werden.

Als vor einigen Jahren die Erkrankungen zuerst bei der Tanne sichtbar wurden, fragte man sich, ob nicht Bauml~iuse daran wesentlich beteiligt seien. Unsere Untersuchungen (unver(Sff.) zeigten aber, daf~ die Dichte dieser Trieb- und Stamml~iuse viel zu gering war, als daft sie zu den Krankheitssymptomen h~itte fi~hren k6nnen. Dasselbe lief~ sich von den wurzelsaugenden Fa- denvAirmern, Nematoden, sagen, die wir in die Untersuchungen einbezogen, well die Feinwur- zeln der erkrankten Tannen auff~llige Sch~iden zeigten. Sp~itere Erhebungen fiber Nematoden bei Fichtenwurzeln ergaben das gteiche Resultat. Aus (-5sterreicb, tauchte dann noch die Vermu- tung auf (ScHMurZr.NHOrER 1981), dal~ bei dortigen Tannenerkrankungen ein im Stature-Phlo- em lebender Nematode eine Rolle spiele. Auch dieser Spur gingen wit nach; doch blieben alle Proben negativ.

Wenn soeben yon Nematoden, Hylobius und anderen Tieren ais Prim2irsch~dlingen die Rede war, wird mancher vielleicht die Schmetterlinge und Blattwespen vermif~t haben, die her- k6mmlicherweise als Primiirschfidtinge getten. Sie verdienen diese Zuordnung jedoch nur, so lange fie in niedriger Dichte am Baum leben, in diesem Prlm~irzustand bitden sic stabilisierende Faktoren des C)kosystems. Erst wenn -- bei Erkrankung der Fragb~iume - ihre Primaritiit in die Sekundarit~it umschl~igt, was mit einer Massenvermehrung verbunden ist, werden sie fi.ir Baum und Okosystem zum Risikofaktor und fi~r den Waldschutz zurn, Problem

Damit sind wir bei den Sekundarscha~liingen, den in Bezug auf Baumerkrankungen wichtig- sten Tieren. Es sollen die Betrachtungen bier auf die zwei Hauptgruppen beschr~inkt werden, das sind: I. ein Teit der Schmetterlinge und Blattwespen (deren sehr ~hnliche Larven im folgen- den als ,,Raupen" zusammengefaf~t seien) - und 2. atle Borkenk~fer. Diese zwei Artengruppen sir.d typische Massenwechse!sch~idling~, die ihre Dichte kurzfristig, fast exp!osionsartig stei- gem k6nnen.

Whhrend die R.aupen, wie erw~hnt, nur bei Erkrankung von B~iumen sekund~ir werden, also temporare Sekund~irschSdlinge sind, k~Snnen die Borkenk~ifer grunds~itzlich, bei jeder Dichte, nur an erkrankten oder abgestorbenen B~iumen existieren und sind somit permanente Sekund~ir- sch~idlinge.

Oft hSrt man die Meinung, die Borkenk~ifer k6nnten primiir werden, also yon erkrankten auf gesunde B~iume i~bergehen; ja, gerade in diesem Ubergang wird die eigentliche Gefahr dutch Borkenk~ifer gesehen. Diese Meinung ist aber irrig. Bis heute gibt es keinen Nachweis daffir, dal3 Borkenk~ifer einen gesunden, in vollem Saft stehenden Baum erfolgreich besiedelten. Mit dieser Feststellung ist den Borkenk~ifern nichts von ihrer Bedeutung genommen. Ihre gro- i~e Gef~ihrlichkeit besteht nach wie vor darir~, daflo sic geschw~ichte (~ erkrankte) B~ume und Best~inde vernichten kannen, die ohne Borkenk~iferbefall am Leben geblieben w~.ren.

222 W. Sct'm.enke

Ein Baum, der - aus welchen Griinden auch immer - eine physiologische St6rung erf~ihrt und dadurch geschw~icht wird, d. h. erkrankt, kann in diesem Zustand ,,sch~idlingsdisponiert", d. h. fiir den Massenangriff von Sekun&irsch~idlingen geeignet sein - er kann es, braucht es jedoch nicht. Ein weitverbreiteter lrrtum besteht in der Meinung, dai~ jeder physiologiscb ge- st/Srte Baum zwangsliiufig scMdlingsdisponiert ist.

Auf diesem Irrtum beruhen die hiiufigen FehleinscMtzungen bezfiglich der Beziehungen yon ,,Folgesch~idlingen" zu den heutigen Baumerkrankungen. So wurde z. B., als in den letzten .~ahren d~e Fichtengespinstbiattwespe, Ceplmtcia abietis, in Nord-, Nordost- und Ost-Bayern ztl grol~r~iumigen Massenvermehrungen gelangte, als selbstverstiindlich betrachtet, dal~ die Rau- penfral~herde sich mit den Gebieten stiirkerer Baumerkrankung bzw. h6herer SO:-Werte der Luft de&ten. Das taten sie aber durchaus nicht (ScHwEN~E 1983). Ebenso wird heute meist angenommen, daft die erkrankten B~iume von Borkenkiifern befallen werden, die als Folge- scMdlinge die Krankheit verscMrfen und die Sterbequote erh6hen. Aber auch das ist nicht der Fall. Beide Vorgiinge: die derzeitigen Baumerkrankungen und Borkenk~ifer-Vermehrungen, scMiegen sich aus. Das ist inzwischen bereits yon vieten Praktikern erkannt worden.

Warum sind die neuartig erkrankten B~iume weder fiir Raupen- noch fiir Borkenk~ifer-Ver- mehrungen disponiert?

Zur Beantwortung dieser Frage muf~ man dem Begriff der ,,Scha.dlingsdisposition" etwas n~iher auf den Grund gehen, tm Verlauf yon Jahrmillionen haben die Sekund~irsch~idiinge sich an ihre Fraf~biiume angepai~t und dabei gelernt, bestimmte physiologische St6rungen im Baum, die ihnen Vorteile bringen, auszunu~zen. Nach heutigen Erkenntnissen handelt es sich dabei ausschlieglich urn Wasserhaushaits-St6rurigen, deren Ursache-Wirkungskette fiir die Raupen zu einer Verbesserung der Nahrungsqualit~it der Blattorgane, fiir die Borkenk~ifer dagegen zu einer Senkung des Harz- und Saftdruckes in Stamm und )(sten fClhrt. Die Wasserhaushalts- St/Srungen wiederum resultieren f/~r die Raupen stets und for die Borkenkiifer meist aus Trok- ke~perioden. Bei den Borkenkiifern treten noch Schnee- und Sturmbruch, F~illung und Rau- penfral~ hlnzu. Die trockenen Witterungsperioden nehmen also bei der Entstehung der Mas- senvermehrungen yon Sekund~irschiidlingen eine SchlOsselstellung ein. Diese Tatsache ist dem Land- und Forstwir*. seit altersher bekannt: TrockerLjahre sind Insektenjahre.

Die fiir die Raupen aus der Trockenheit hervorgehende Erniihrungsverbesserung beruht im wesenttichen auf einer verst~irkten Zuckerbildung in den Bl~ttern und Nadeln. Unsere langj~ih- rigen Untersuchungen ergaben, dag mit zunehmendem Zuckergehalt der Blattorgane das Rau- pengewicht und der Weibchenanteil erh6ht, die Entwicklung beschleunigt, die Sterblichkeit gesenkt und, insgesamt, die Vermehrungskraft des Sch~idlings stark gesteigert werden (Sct-tWEN~,E 1962, 1963).

Wie sieht es nun rnit dem Zuckergehalt in Bl~ittern und Nadeln der derzeit erkrankten B~iu- me aus? Zt-.CH und Mitarbelter fanden I983, dag der Blattzuckergehalt erkrankter Buchen nie- driger war als der gesunder Buchen, also gerade umgekehrt wie es zur Forderung yon Raupen n~3tig w~ire - und auch unsere diesj~ib, rigen Messungen an Nadelprefls~if'~en yon Fichten zelgten bei erkrankten B~iumen keinen h~Sheren Zuckergehak als bei gesunden. Diese Ergebnisse ma- chen deutlich, warum die erkrankten B~iume nicht for Raupenvermehrungen disponiert sin& ihnen fehlt die hierfOr n6tige erniihrungsphysiologische Grundlage.

Was die Borkenkiifer betrifft, sprechen alle Erfahrungen &fOr, dat~ der Harz- und der Saft- druck die zwei wichtigsten Abwehrwaffen der B~iume gegen die Borkenk~ii:er bilden. Messun- gen und Beobachtungen an verschiedenen Nadelb~iumen in Europa und Amerika (ScHwERDT- FEGER 1955; VITF. 1961; VITE et al. 1962; MEItKER 1967 u. a.) ergaben bei Trockenheit eine starke Abnahme des Harzdrucks bei gleichzeitig starker Zunahme des Borkenk~iferbefalls. Umge- kehrt, beobachteten wit in den vergangenen Jahren mehrfach, dat{ Borkenk~ifer, die im Dunst- bereich yon Pheromonfallen quasi gezwungen waren, in gesunde Fichten einzudringen, yon den B~iumen ausnahmslos totgeharzt wurden.

Betrachtet man nun die derzeit erkrankten B~iume auf ihren Harz- und SaftftuR hin, erkennt man, dag sie diesbeziigiich keine Unterschiede zu gesunden B?iumen zeigen. Das heiflt: die

Beziehungen zwischen tierischen Schddlingen und Baumerkrankungen 223

erkrankten B-aume sind fiir Borkenk.~fer-Vermehrungen nicht disponiert, weil sie offensichtlich die zur Borkenk-afer-Disposition notwendige Wasserhaushalts-St6rung nicht aufweisen. Dies wird durch die Befunde von KOCH (1984) unterstrichen, wonach der Wasserzustand der er- krankten Biiume sich nicht yon jenem gesunder BS.ume unterscheidet.

Nun fliegen bekanntlich die Borkenk-afer nicht wahllos B~iume an, um zu probieren, ob de- ren Harz 7 oder Saftdruck niedrig genug zum Eindringen sind, sondern sie erhalten hieriiber yon den B-aumen eine Fernmitteilung inForm der Rindenduftstoffe. Zugleich mit den Wasserhaus- haltsst6rungen durch D/irre, Schneebruch oder F-allung entwickelt die Rinde ein bestimmtes Rindenduftstoff-Muster (das bei Nadelb-aumen vorwiegend aus vielen Terpenen besteht (FR.~NCKE et al. 1976 u. a.), an das die schw~irmenden Borkenk-afer slch angepagt haben. Wir k6nnen sicher sein, auch wenn Ver6ffentlichungen hier/.iber noch nicht vorliegen, daig das Rin- denduftstoff-Muster der erkrankten B~ume nlcht mit jenem identisch ist, an das die Borkenkii- fer sich anpaf~ten. Das heiRt: es gehen yon den erkrankten B~iumen auch keine Anlockreize for die schw~rmenden K~ifer aus.

In einigen F'allen fanden wir alterdings unter der Rinde erkrankter Fichten. Brutbilder des Buchdruckers und des Kupferstechers. Dabei handelte es sich stets um B-aurae kurz vor oder nach dem Absterben. Es ist anzunehmen, daft im Endstadium der Erkrankung der Wasserhaus- halt und die Harzung zusammenbrechen und so das Eindringen der Borkenk~ifer erm6glicht wird. Von diesem Sp~itbefall war jedoch nut eln relativ kleiner Tell der absterbenden BS.ume betroffen, was allein schon daraus verst~indlich wird, dag die zeitliche und 6rtliche Koinzidenz zwischen dem Absterben und dem Flug der Borkenk~ifer durchaus nlcht immer gegeben ist. Auf~erdem scheint der Absterbe-Vorgang kurz zu sein.

H~iufiger war der Besatz abgestorbener B-aurae mit den bekannten Totholz-Borkenk-afern der Gattungen tfylurgops, Dryocoetes u. a., die auf~erhalb dieser Betrachtung stehen.

Auf eines sei bier jedoch ausdr[icklich hlngewiesen: Nichts w~ire fataler als aus den soeben er6rterten Beobachmngen den Schlug zu ziehen, dag in Wiildern mit erkrank~en Biiumen die Borkenk-afer-Oberwachung und BekS.mpfung nicht mehr n6tig seien. Denn die erkrankten B-aurae bilden in der Regel keine geschlossenen Best-ande, sondern sind einzeln oder gruppen- ffrmig verteilt und haben sehr oft neben sich schnee- oder sturmgebrochene oder auf andere Weise im Wasserhaushalt gest6rte und damit for Borkenk~ifer disponierte B~iume. Daraus erge- ben sich zwei Notwendigkeiten: 1. Die Borkenk~ifer-Oberwachung und Bekiimpfung mfissen iiberall weitergehen, zumal nach den vergangenen Dfirre-Perioden und Schneebruch-Katastro- phen; 2. Beide Schadens- bzw. Absterbe-Formen: die auf die neuartigen Erkrankungen und die auf die Borkenk~ifer zurOckgehenden, miissen auseinandergehalten werden. Es gibt ein falsches Bild, wenn mann beide in einen Topf wirft. Sie kfnnen auch ohffe weiteres auseinandergehal- ten werden, selbst in den F-allen des Borkenk-afer-Sp~tbefalls absterbender B~iume. Denn letzte- re zeigen auf~er anderen Kronen- und Nadel-Merkmalen auch elnen anderen Borkenk-afer-Be- fail, niimlich einen Anfangsbefatt mit nut einer K-afer-Generation im Gegensatz zum Altbefall mit mehreren K{ifer-Generationen der echr.en Borkenk;ifer-B-aume.

Die Hauptursache der neuartigen Baumerkrankungen wird in Luftverunreinigungen ge- sucht. Sieht man die Literatur (FOHRER 1983) daraufhin durch, was sie fiber Beziehungen zwi- schen lmmissionen und tierischen BaumscMdlingen aussagt, erhalt man ein sehr widerspruchs- volles Bild, in welchem sich Anlockung und Abweisung tierischer SchS.dlinge, oft ein- und der- seiben Art, durch immissionsgesch~digte B-aume vereinen. In Anbetracht der Schwierigkeiten - . zumal in friiheren Jahren - Immissionssch~iden yon anderen Sch~iden an B~iumen zu unterschei- den, eriibrigt sich bier, diese Widerspriiche und das ganze Problem n-aher zu betrachten. Ober die Bezlehungen zwischen Immissionen und tierischen BaumscMdlingen wird man erst zu schliissigen Aussagen kommen, wenn es gelungen ist, die verschiedenen Immissionswirkungen im Baum exakt nachzuweisen.

Abschliet~end ist festzustellen, daf~ nach den heutigen Erkennmissen an clem besorgniserre- genden Zustand eines Teils unserer Waldb~iume tierische Sch-adlinge nicht wesentlich beteiligt sind und da-g es auch nicht danach aussleht, als wiirden sie sich kiinftig wesentlich daran beteili- gen.

224 W. Schwenke

Zusammenfassung

Es gibt drei Gruppen tierischer Sch~dlinge an B~iumen: Krankheits/.ibertr~iger, Prim~ir- und Se- kund~irsch.:idlinge. Am wichtigsten find die Sekundiirschiidlinge, die geschw~ichte (disponierte) B~ume zu st~irkerer Vermehrung ben/Stigen. Sie lassen sich in tempor~ire (Larven yon Lepido- pteren und Tenthrediniden ~ ,,Raupen") und permanente (Borkenk~ifer) gliedern. Erstere tre- ten in geringer Dichte auch an gesunden B~iumen (prim~ir sch~idlich) auf, letztere kommen nut an geschw~ichten B~iumen vor. AIle Sekund~rsch~idtinge gelangen durch Wasserhaushaltsst6- rungen im Baum zu st~rkerer Vermehrung, die Raupen auf dem Weg einer Nahrungswert- Erh6hung in Bl~ittern und Nadeln, - die Borkenkiifer auf dem Weg fiber eine Senkung des Harzdruckes und Saftflusses. Die z. Zt. erkrankten Bfiume (,,Waldsterben") sind trotz ihrer Na- delverluste im Wasserhaushalt stabilisiert und daher f~r Sekund~irsch?idlinge nicht disponiert.

Summary

Interrelationships between animal pests and tree diseases

There are three groups of animal pests causing injury to trees: vectors, p r ima~ pests and se- condary pests. Most important are the latter which attain high densities only on weakened (susceptible) trees. They can be divided into temporary (larvae of lepidoptera and tenthredini- dae - "caterpillars") and permanent secondary, pests (bark beetles). The first are living in low densities also on healthy trees (primary pests); the latter occur only on weakened trees. All secondary pests are favoured by disturbances in the water balance of the trees: caterpillars by improved nutritional conditions in the leaves and bark beetles through reduced resin pressure and sap flow. The presently sick trees (,,Waldsterben") have, in spite of needle losses, a stabi- lized water balance and therefore are not susceptible to secondary pests.

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Ertragskutudlicbe Aspekte der Walderkrankungen 225

ZVCH, W.; SU'V~ER, T.; KOTSCH~.~aEb-rHE.% R., 1983: Mineralstoff'versorgung voraussichtlich immissionsge- schiidigter Biume in NO-Bayern. Kali-Briefe Biintehof 16 (9), 566-571.

Anscbr(ft des W,fassers: Prof. Dr. WOLF(;.~,.X6 SC:H,~'~N~:r, Lehrstuhl f6r Angewandte Zoologie, Amalienstra/.{e 52, D-8000 Miinchen 40

Ertragskundliche Aspekte der Walderkrankungen

Von H. ROHt.E

1 Problemstellung

Die vielgestattigen Krankheitserscheinungen, die an den meisten unserer heimischen Baumar- ten beobachtet werden, haben in j6ngster Zeit ein besorgniserregendes Ausmal~ erreicht. Um ein m6glicbst umfassendes Bild yore Krankheitsgeschehen zu erhalten, isr eine eingehende Analyse der schadbedingten fxnderungen yon Wachstumsabl~iufen und ihrer Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Waldbest~inde unumgiinglich. Um diese Wachstumsreaktionen effas- sen zu k6nnen, hat der .Miinchner Lehrstuhl fiir Waldwachstumskunde im Jahr 1981 breit ange- legte Untersuchungen an Fichte, Kiefer und Buche eingeleitet.

Ziel dieser Verifffentlichung ist es, die bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse f/ir die Baumart Fichte vorzustellen. Dabei handelt es sich neben der Analyse einer gr6tgeren Anzahl yon Probest;immen vor allem um die Ergebnisse von Erhebungen auf Weiserfl~ichen zur Heriei- tung bestandes- und standortstypischer Wachstumsreaktionen.

2 Einzelstammuntersuchungen

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchungen wurden insgesamt 74 ProbestS, mme in Fichten- besdinden mit einem Alter yon fiber 60 Jahren gewonnen. Dari)ber hinaus wurden an ausge- w~ihlten B~iumen aus den Forsdimtern Sauerlach, Bodenmais und Garmisch-Partenkirchen ein- gehende Untersuchungen im Kronenraum.. durchgef(ihrt (Messung der Trlebl~ingenzuw~ichse, Biomassenanalysen). Tabelle 1 gibt einen Uberblick iiber die Anzahl der in den Hauptschadge- bieten Bayerns geernteten Probeb~iume.

Bei der Auswahl der Untersuchungsb~iume wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, daft alle in einem Bestand geernteten B~iume hinsichtlich ihrer Dimensionen und ihrer sozialen Po- sition vergleichbar waren. Aufgerdem wurden nur B~iume der herrschenden Schicht entnom- men. Leider gelang es nicht immer, in Bezug aus Dimension und Alter v611ig iibereinstimmende Vergleichsbiiume zu finden. Da augerdem davon auszugehen war, dafg die Wachstumsvorg~inge bei den gesch~idigten B~iumen in den letzten Jahren h/Schstwahrscheinlich langsamer abgelau- fen waren, mugten die Dimensionen dieser B;iume etwas geringer gew~ihk werden als die der gesunden Biiume. So:nlt konnte einigerma~en sichergestellt werden, dai2 die Analysenb~iume aus einem Bestand vor Eintritt der Sch~digung in etwa die gleichen Dimensionen aufzuweisen hatten.

2.1 Kronenanalysen Tabelle 2 gibt einen Oberblick iiber die Kronenkennwerte der Untersuchungsbiiume des P;ir- chenvergleiches und der Weiserfl~iche in Garmisch-Partenkirchen. Dabei fiillt auf, dat~ bei den

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: Forstw. Cbl. 104 (1985), 225-242 �9 1985 Verlag Parey, Hamburg und Berlin ISSN ~'X:315-8003 / InterCode: FWSCAZ

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