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WENN DER KUCKUCK RUFT Lustspiel in drei Akten von TONI BICHLER Bearbeitung des Stückes von Hans Naderer

Bichler-Wenn der Kuckuck · Dieses Buch darf vom Empfänger weder verkauft, noch verliehen, noch sonst irgendwie weitergegeben werden. Wird das Buch nicht gekauft, so ist es an den

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WENN DER KUCKUCK RUFT

Lustspiel in drei Akten

von

TONI BICHLER

Bearbeitung des Stückes

von Hans Naderer

Dieses Buch darf vom Empfänger weder verkauft, noch verliehen, noch sonst irgendwie weitergegeben werden. Wird das Buch nicht gekauft, so ist es an den Verlag zurückzusenden. Alle Rechte, insb. das Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und der Übersetzung sowie Aufführungs-, Verfilmungs-, Sende- und Fernsehrecht, vorbehalten.

©

EVA BIELER VERLAG WIEN

WENN DER KUCKUCK RUFT

Lustspiel in drei Akten

von

TONI BICHLER

Bearbeitung des Stückes

von Hans Naderer

Regie- und Soufflierbuch

EVA BIELER VERLAG Klederinger Str. 62/17

1100 Wien Österreich

Telefon +43/1/258 99 55 Fax +43/1/258 99 55

Mobil +43/699 19 24 91 47 Email: [email protected] Homepage: www.bieler.at

Inhaltsangabe

Simon ist ein reicher Bauer und zugleich Bürgermeister. Der alte Wolf setzt ihn unter der Bedingung zu seinem Erben ein, dass er einen Tag lang die Wahrheit spricht. Leichter gesagt als getan, denn gerade an diesem Tag kommen „zufällig“ der Finanzamtsdirektor, der Vizebürgermeister und Simons Frau Agnes, um mit ihm reinen Tisch zu machen. Schweren Herzens und vom Kuckuck gewarnt, gibt Simon seine Fehler der Vergangenheit zu.

Personen 3D/5H

Simon Seisl, Sägewerksbesitzer, Bauer und Bürgermeister Agnes, seine Frau Der alte Wolf Walter, Knecht bei Seisl Hanni, Magd bei Seisl Die Jakobinerin, eine Bäuerin Rohrmoser, ein Bauer und Vizebürgermeister Herr Berger, Finanzamtsdirektor

Bühnenbild 1 innen

Dekoration: Wohlhabend eingerichtete Wohnstube im ländlichen Stil, rechts vorne eine Türe in die Küche, hinten Mitte eine Tür, die in den Hausflur führt (Hauptauftritt), rechts hinten ein Erker (etwas erhöht) mit Fenster und Bank, davor ein kleiner Tisch, links hinten Ofen mit Bank, davor Tisch und Stühle, links vorne führt eine Treppe in den ersten Stock, über dem Tisch eine Hängelampe, an der Wand eine Uhr. Die weitere Ausstattung ist dem Spielleiter bzw. Bühnenbildner überlassen. Der erste Akt spielt am Vormittag, der zweite vier Stunden später bis in den Abend, der dritte einige Minuten nach dem zweiten. Rechts und links vom Zuschauer aus gesehen.

1. Akt

1.Szene

Hanni, Agnes, dann Simon (Hanni ist beim Wäschebügeln, Agnes sitzt auf der Ofenbank und strickt, hinter der

Szene hört man das laute Blasen einer Trompete - könnte auch ein anderes Instrument sein)

Hanni: Schön blasen kann er, der Walter, gelt Bäuerin? Agnes: (lächelnd) Ja, aber manchmal greift er schon daneben auch. Hanni: Ja, weil er zu wenig Zeit zum Üben hat. Erst neulich hat unser

Kapellmeister g’sagt, er sollt sich halt in einer Musikschul’ ausbilden lassen, es ist schad’ um sein musikalisches Talent. (Musik verklingt)

Agnes: Hast ihn wohl gern den Walter? Hanni: (etwas verschämt) Ja, schon, - aber was nutzt dös, wir sind ja beide arme

Teufel. Agnes: (etwas ernst mit Schwermut) Wenn man jung und gesund ist, so wie ihr

zwei, dann ist man net arm. (aufseufzend) Arm könnt ihr mich nennen. Man arbeitet und rackert sich ab den ganzen Tag - - - und man weiß eigentlich net für wen oder was!

Hanni: Aber Bäuerin, da kannst doch du nix dafür, dass du das Kind damals verloren hast.

Agnes: Sag das nicht, Hanni. (gedrückt) Ich bin nicht frei von Schuld. Ich hätt’ halt nicht arbeiten sollen bis zum letzten Tag. Aber du weißt ja, wie’s zugeht in so einer Wirtschaft. (hart, wie anklagend) Und der Bauer kennt keine Schonung! (man hört wieder das laute Blasen der Trompete)

Hanni: (horcht) Also, der Walter ist ja direkt ein musikalisches Genie! (es ertönt ein schriller Misston der Trompete)

Agnes: (lacht) Jetzt hat er aber anständig daneben gegriffen, wirklich ein musikalisches Genie, hahaha!

Simon: (kommt sehr verärgert über die Treppe herunter) Das ist ja zum narrisch werden mit dem Spinner! Aber die Trompeten hau’ ich ihm noch einmal um den nächsten Baum, dann kann er Blasen.

Agnes: Reg’ dich doch nicht so auf, Simon. Simon: Da soll man sich nicht aufregen - - Hanni: (ihn unterbrechend) Aber Bauer - - Simon: (sie unterbrechend) Dich hat niemand g’fragt, also misch dich net ein! Hanni: Ich sag’ eh nix mehr! Simon: Wird auch gut sein. Agnes: Jetzt tu dich nur wieder beruhigen, Simon.

2. Szene

Vorige, dazu Walter Walter: (kommt mit der Trompete Mitte herein, nimmt das Mundstück ab, lässt

Wasser aus der Trompete rinnen) Teufel, das Blasen macht durstig! Simon: Wirst du für’s Arbeiten zahlt, oder für’s Trompetenblasen? Walter: Na, schon für’s Arbeiten. Blasen tu ich umsonst. Und außerdem haben wir

jetzt im Sägewerk gerade Pause. Simon: Du machst ja die ganze Gegend narrisch mit deiner damischen Blaserei!

Walter: Ja mei, a Trompeten ist halt keine Flöten. Simon: Schau, dass d’wieder an dei Arbeit kommst! Walter: Ja, ja, ich geh’ schon. (will hinten abgehen) Simon: An Moment noch! Tu mein Wagen aus der Garage und tank’ ihn auf, ich

muss wegfahren. Agnes: Wo willst denn hin, Simon? Simon: Zum alten Wolf muss ich rauf. Agnes: Was? Zum alten Wolf? Simon: Ja der mir den da (deutet auf Walter) so rekommandiert hat. Grad das

G’scheiteste war das net. (zu Walter) Und jetzt geh und tu, was ich dir an’gschafft hab’!

Walter: Bin schon weg, Bauer! (geht hinten Mitte ab und bläst draußen laut ein paar Takte von „Auf Wiederseh’n...“)

Simon: (schreit zum Fenster raus) Wirst net sofort aufhören, Ruabenzutzler narrischer! (Trompete vertönt) Am liebsten tät’ ich ihm’s zusammen dreschen, das Marterinstrument.

Hanni: Die schöne Trompeten ruinieren, das wär’ a große Sünd’! (hat schon vorher die Wäsche zusammengepackt und geht nun damit und dem Bügeleisen in die Küche rechts ab)

3. Szene

Vorige, dazu Rohrmoser Rohrm: (tritt hinten Mitte ein) Grüß Gott beieinander! Habe die Ehre, Herr

Bürgermeister! Agnes: Grüß dich, Luis (geht mit dem Strickzeug in die Küche ab) Simon: Setz’ dich nieder! (holt von der Kredenz Schnaps und Gläser) Rohrm: Dankschön! (setzt sich) Simon: Was treibt denn dich heut zu mir her? (schenkt ein) Rohrm: Ja, ich wollt’ gestern nach der Bauverhandlung schon mit dir reden, aber

du warst ja gleich verschwunden. Simon: Ich hab’ mit dem Wegscheider wegen einem Holzkauf verhandeln

müssen! Prost! (beide stoßen an) Rohrm: Gesundheit! (beide trinken) Ich muss mit dir ganz ernstlich reden, wegen

dem Lampl-Veit! Simon: Da gibts nix zum Reden, Herr Vizebürgermeister! Rohrm: Der Veit möcht ja selber mit dir reden, aber… Simon: … aber ich net mit ihm. Zehn Jahr hat er sich in meinem Haus net

anschauen lassen und jetzt möcht er auf einmal mit mir reden? Ha, dass ich net lach’!

Rohrm: Er braucht dringend Geld, dass er seinen Rohbau fertig stellen kann. Simon: Für den Lampl-Veit hab’ ich kein Geld! Rohrm: Und grad für den Veit solltest net so abweisend sein! Ich glaub’, dass du

dem Veit damals unrecht tan hast! Simon: (auffahrend, geht zum Fenster) Fangst jetzt schon wieder mit die alten

Geschichten an?! Rohrm: (geht ihm nach) Lass uns jetzt einmal ganz vernünftig reden, Simon! - - -

Du und der Veit habt’s damals den alten Hummel die Arbeit gemacht und wie er im Steinbruch verschüttet worden ist, hat er in seiner letzten Stund’ das Testament gemacht. Einem von euch hat er die Anger-Wiesen und dem Anderen die Peer-Alm vermacht.

Simon: (hartnäckig) Sehr richtig! Aber mir hat er die Anger-Wiesen zug’sprochen. Rohrm: Der Veit sagt aber, es soll genau umgekehrt gewesen sein. - Der alte

Hummel hat ja kaum noch reden können. Es wär ja möglich, dass du dich verhört hast?

Simon: Ich habe schon richtig gehört! Rohrm: Schau Simon, die Anger-Wiesen hat dir einen Haufen Geld ein bracht. Simon: Na und? Rohrm: Du hast damals schon genau gewusst, dass die Autobahn geplant ist und

dass sie durch die Anger-Wiesen führen wird. Simon: (setzt sich und schenkt ein) Hör’ mir mit den alten Sachen auf. (schaut auf

die Uhr) Überhaupt - ich hab’ nimmer länger Zeit, ich muss zum alten Wolf hinauf.

Rohrm: Das kannst dir sparen, er ist bereits auf dem Weg zu dir. Simon: Was? Er kommt zu mir, sagst? Rohrm: Ja, er will seine Sach’ in Ordnung bringen, hat er g’sagt. Und du gehörst ja

zu seiner Verwandtschaft. Vielleicht gibt es was zum erben! - Ich muss jetzt aber auch wieder weiter!

Simon: Jetzt bleib’ doch noch ein bissl, Luis, so eilig wirst du es wohl nicht haben. (schenkt ihm ein) Gesundheit, Luis!

Rohrm: (beide stoßen an) Prost, Simon! Simon: Seine Sach’ will er in Ordnung bringen, hast g’sagt? Rohrm: Ja! Simon: Geht’s ihm net gut, dem alten Wolf? Rohrm: Ganz schlecht geht’s ihm. Der pfeift schon auf dem letzten Loch! Simon: Na, na? Rohrm: Höchstens noch bis zum Herbst gibt ihm der Doktor! Simon: Das wären ja nur mehr ein paar Monat. Rohrm: Stimmt! Er weiß es ja selber, darum hat er schon alles für sein Begräbnis

angeordnet. Simon: Für sein Begräbnis, sagst? Rohrm: Freilich! Menschen, hat er g’sagt, dürfen außer dem Geistlichen

überhaupt keine hinter seiner Leich’ gehen, nur Viecher! Seine Schaf’, die zwei Hund’, die drei Katzen und die zwei Goaß. Höchstens der Walter darf von der Weiten mit seiner Trompeten blasen, aber nur, wenn er nimmer falsch blast, hat er g’sagt. (beide lachen) Ja, ja, er war alleweil ein richtiger Spaßvogel, der alte Wolf.

Simon: Ja, das stimmt! Mit die Viecher hat er sich besser verstanden, wie mit den Menschen.

Rohrm: Weil die Viecher ehrlich sind, hat er g’sagt, was man von den Menschen net behaupten kann. Er hat auch so manches Viech zu sich genommen, weil’s sonst in so eine Tierversuchsanstalt kommen wär und das ist das größte Verbrechen, hat er g’sagt.

Simon: Ja, ja, man hat sich nie so recht auskennt mit ihm. Rohrm: Wenn der einen Vogel g’lockt hat, hast net unterscheiden können, ruft

jetzt wirklich ein Kuckuck oder ist es der alte Wolf. Simon: Und kein Mensch weiß, wie es in punkto Geld bei ihm ausschaut. Die

einen sagen er hat nix, die anderen wieder sag’n, er hat Geld wie Mist. Rohrm: Na, na, Geld hat er schon, einen ganzen Haufen, ich hab’s ja selber g’

sehen! Simon: Was? Du hast es selber g’seh’n. Rohrm: Freilich, wie ich ihm damals den Schimmel ab’kauft hab’. Im Kasten hat

er’s aufg’stapelt, die Tausender! Scheine, Scheine und nochmals Scheine! In dem sein Kasten schaut’s aus wie auf einer Bank!

Simon: Dass der sein Geld so in der Hütten liegen hat und net auf einer Sparkassa?

Rohrm: Er meint, dass es bei ihm im Kasten sicherer ist, wo doch die Banken überfallen und ausgeraubt werden. Und außerdem sagt er, die meisten Bankdirektoren sein Spitzbuben, genau wie die Politiker.

Simon: Aber woher soll denn der Alte so viel Geld haben? Rohrm: Woher? Simon: Ja! Rohrm: Aus Amerika hat er’s mit’bracht, er war ja über dreißig Jahr drüben. Simon: Ja, ja, stimmt! Sind ja viele Leut’ reich worden in Amerika drüben. - Und

ein Geizkragen war er ja alleweil, der alte Wolf und als solcher wird er auch sterben.

Rohrm: Genau so ist es! (schaut auf die Uhr) Jetzt hab’ ich aber höchste Zeit. Ich muss ja noch nach Untersberg. (trinkt den Schnaps aus) Vergelts Gott für’n Schnaps.

Simon: Ist schon gut und pfüat dich, Luis! Rohrm: Ja, eins muss ich dir noch unbedingt sagen. Simon: Was denn, Luis? Rohrm: Der alte Wolf kommt net nur zu dir, er will auch die andern Verwandten

aufsuchen. Er will, hat er g’sagt - so gewissermaßen die ganze Verwandtschaft inspizieren, und dem, der ihm den besten Eindruck macht, will er sein ganzes Geld vermachen. - Kannst dich danach richten. So und jetzt pfüat dich, Simon! (hinten ab)

4. Szene

Simon, Hanni, Agnes Simon: (allein für sich) Einen Kasten voll Geld hätt’ der alte Wolf, sagt er. - Ob

das auch wirklich wahr ist? Dem Rohrmoser trau ich net ganz, er ist net auf meiner Seiten. Der hat schon bei der letzten Gemeinderatswahl gegen mich g’stimmt, weil er selber Bürgermeister werden wollte. - (Pause) - Aber wissen tut der schlaue Fuchs alles in unserer Gemeinde - vielleicht stimmt’s doch. - (schreit) Agnes, - Hanni - Agnes!

Hanni: (kommt aus der Küche) Was gibt’s denn, Bauer? Simon: Wo ist denn Agnes? Hanni: In der Kuchl draußen sind wir. Simon: Schnell da herinnen. Ordnung machen, schau wie’s da überall ausschaut. Hanni: Ist ja eh alles sauber. Simon: Was sauber? Da, die Schnapsflaschen und die Glasln gehören weg, a

frische Tischdecken drauf und Blumen müssen her, a bissel g’ schwind? Hanni: Kommt vielleicht a Besuch? Simon: Ja freilich, und was für einer, ganz ein besonderer! Agnes: (kommt aus der Küche) Du Simon, die Lindnerin ist da. Sie sagt, sie muss

ganz dringend mit dir reden. Simon: Die ist mir grad noch abgegangen. Hanni: Ja, die Lindnerin war heut’ in der Früh schon einmal da, aber ich hab dich

net finden können, Bauer. Simon: Wo ist sie denn? Agnes: In der Küche draußen.

Simon: Tut’s derweil da herinnen Ordnung machen, der alte Wolf ist unterwegs zu uns.

Agnes: Der alte Wolf? Simon: Ja, er geht die ganze Verwandtschaft inspizieren, wer den besten

Eindruck auf ihn macht, der kriegt sein ganzes Geld! Agnes: (ganz ruhig) Der kriegt sein Geld? Simon: Ja, und er hat viel Geld! Also schaut’s, dass alles in Ordnung kommt. Der

Walter soll den Rolfi von der Ketten lassen, weil der alte Wolf will net haben, dass ein Hund an der Ketten hängt. Und den alten Vogelkäfig holt’s vom Dachboden, den stellen wir da her - - -

Agnes: Wir haben ja gar keinen Vogel… Simon: Das macht nix! Wir sagen einfach, er ist grad ausgeflogen. Agnes: Dem alten Wolf machst du nix weiß. Der sieht den Menschen ins

Inwendige. - Und überhaupt, wir brauchen doch das viele Geld net. Simon: Ja bist du denn von Gott verlassen! Geld kann man nie genug haben. -

Wo ist denn überhaupt die Photographie vom Wolf, die uns damals seine Schwester geben hat?

Agnes: Du hast sie ja selber in die Rumpelkammer g’schmissen. Simon: Die Photographie muss her! (rasch in die Küche ab) Agnes: Hanni, such’ die Photographie! Hanni: Ja, Bäuerin. Ich schau auch gleich wegen dem Vogelkäfig. (geht über die

Treppe ab) Agnes: (ruft aus dem Fenster) Walter! W a l t e r! Walter: (draußen unsichtbar)Ja, Bäuerin, was gibt’s denn? Agnes: Lass den Hund los und schau, dass im Stall alles sauber ist! (legt frische

Tischdecke auf, stellt Blumen an das Fenster usw.) Walter: (erscheint am Fenster) Aber der Bauer will’s net, dass er Hund frei

herumlauft. Erst neulich hat er mich z’sammg’schimpft, weil ich den Rolfi nur ein paar Minuten laufen hab’ lassen.

Agnes: Heut’ will er’s aber! Walter: Das tu ich gern. Der arme Hund tut mir eh so leid, alleweil an der Ketten.

(verschwindet vom Fenster, von draußen) So Rolfi, jetzt kannst laufen! Hanni: (kommt über die Treppe mit Photo und Vogelkäfig, stellt beides auf die

Ofenbank) - Ich weiß net - ich hab’ so ein G’fühl, als ob der alte Wolf ins Haus Glück bringen tät!

Agnes: Glück könnt’ ma wohl brauchen, aber anders als es der Bauer meint. Simon: (kommt aus der Küche) So, jetzt haben wir aber höchste Zeit! Hanni, geh

schnell in den Stall und bring’s Viech in Ordnung, striegeln, bürsteln, kampeln und und und - aber ein bissel schnell, wenn ich bitten darf!

Hanni: Bin schon weg, Bauer, - ich fliege… (hinten ab) Simon: (nimmt Photo und stellt es auf) So, das Bild kriegt jetzt einen Ehrenplatz.

Der Alte soll sehn, dass wir alleweil viel auf ihm g’halten haben. Agnes: (kopfschüttelnd) Jetzt red’st dir das schon selber ein. Sind ja alles

Narreteien. Simon: Ich werd’ dir schon beweisen, dass das keine Narreteien sind! Agnes: Was hat denn die Lindnerin wollen? Simon: (beschäftigt sich verlegen mit Photo und Vogelkäfig) W e r? Ah so, die

Lindnerin, meinst? Ja, a - Holz hat sie wollen, weil ihr der Sturm ‘s Häusl stark ruiniert hat.

Agnes: Soso, - und du hast ihr das Holz geben? Simon: Ja freilich, ist ja genug Holz da.

Agnes: Du bist aber sonst net so großzügig, Simon… Simon: (unwillig) Dir kann man wirklich nix recht machen. Gib ich nix her, bin ich

hartherzig. Hab’ ich einmal ein gutes Herz, hast auch wieder was auszusetzen. - Überhaupt hab’ ich jetzt andere Sachen im Kopf! - (rennt über die Treppe ab)

Agnes: (lacht still vor sich hin und schüttelt den Kopf) Na, na, und alles nur wegen dem dummen Geld. (geht langsam in die Küche ab)

5. Szene

Wolf, dann kommt Simon (die Bühne bleibt kurz leer, es ruft zweimal der Kuckuck, dann erscheint am Fenster die hagere Gestalt des alten Wolf, er schaut durch das Fenster, welches offen ist, nach links und rechts, sieht, dass niemand in der Stube ist, pfeift laut, dann tritt er mit Stock durch die Türe hinten ein, er schaut sich in der Stube um, betrachtet den

Vogelkäfig, fährt mit dem Finger darüber und bläst den Staub weg, lächelt verschmitzt und geht in den erhöhten Erker, sodass er für Simon nicht sichtbar ist)

Simon: (kommt über die Treppe mit Schreibpapier) So, jetzt kann er kommen, der alte Spinner!

Wolf: (tritt aus dem Erker hervor) Grüß dich, Simon! Simon: (etwas erschrocken) Ja, Grüß dich, Wendelin! Das freut mich aber, dass

du dich einmal bei uns anschau’n lässt. Grad vorhin haben wir g’red’t von dir, die Agnes und ich.

Wolf: Na, wirklich? Simon: Ja, wir reden oft von dir, Wendelin. Wolf: (sich umsehend) Hast es recht schön da, alles blitzblank sauber (fährt mit

dem Finger über den Vogelkäfig) Kein Stäuberl da, (bläst ihm den Staub vom Finger ins Gesicht) ja, da ist ja gar ein Vogelhäusl. (sieht durch die Stäbe als ob er den Vogel suchen würde) Wo ist denn’s Vogele?

Simon: Muss grad ausg’flogen sein. A Kanari ist es, er fliegt alle Augenblick auf’s Dach und wieder zurück, darum haben wir alleweil ‘s Fenster offen.

Wolf: Aha, und den Sand hat er auch mitg’nommen? Simon: Ha? - Was sagst, Wendelin? Wolf: Den Vogelsand mein ich, hat er auch mitg’nommen, schau, schau, und ‘s

Wasser auch. Na, na, so ein schlaues Vögele. Simon: Ja, ja, ein reinrassiger Harzerroller ist es. Wolf: Das schau ich mir an, wenn er zurückkommt mit Wasser und Sand am

Buckel! (schaut sich weiter um) Na, und da ist ja gar ein Photographiebildl von mir - - -

Simon: Ja, das Bild hab’ ich deiner Schwester abbettelt, wie die Nachricht kommen ist, du bist in Amerika g’storben. Gott sei Dank hat das aber net g’stimmt. - Ja, und seit dem steht das Bild da. - (mit Handgeste) - aber jetzt setz dich einmal nieder und erzähl’ mir ein bissl was von dir. Wie geht’s dir denn?

Wolf: (setzt sich) Ja, net grad am Besten. Simon: (setzt sich auch) Ja, ja, der Doktor hat mir schon g ‘sagt, dass es dir net

besonders gut geht, aber ich hab’s net glauben können. Wolf: Der Doktor hat schon recht. Simon: Na, na, Wendelin, ich wünsch dir noch ein langes Leben. Wolf: Nutzt nichts, (hüstelt und tut so, als ob er mit Atemnot kämpfen muss)

Lang mach ich’s nimmer. - Und da möcht’ ich halt mein Testament machen, - - -

Simon: Heut’ schon? (gibt ihm eine Zigarre) Wolf: Je eher, desto besser und lieber. - - Simon: (holt einen Fußschemel und stellt ihn zu Wendelin und gibt dessen Füße

darauf) Ja, wenn’s schon durchaus sein muss - - - aber ich will mich net vordrängen.

Wolf: Eigentlich kommen ja nur drei Erben in Betracht. Du - - Simon: (schnell) Ja - - - (zündet ihm die Zigarre an)

Wolf: (fortfahrend) die Jakobin und der Raggl. Simon: Also, ich will ja niemanden schlecht machen, aber was den Raggl betrifft,

er trinkt halt ein bissl gern. Wolf: Ja, ja, ich hab’s schon gehört. Simon: Alle Tag hat er einen Rausch. - - - Wolf: Am Sonntag zwei! Simon: - - Ja, und die Jakobin, sie ist halt ein Tratschmaul, kein Mensch mag sie

und arbeiten mag sie auch net. Wolf: Ja, wenn die Sach’ so ist, dann wäre wohl mein Geld am besten bei dir

aufg’hoben? Simon: Also, das muss ich schon dir überlassen. Wolf: Aber der, wo mein Geld kriegt, der muss von Grund auf ein ehrlicher und

rechtschaffener Mensch sein. Simon: Bin ich das vielleicht net? Wolf: Ich weiß es net, aber du hast dir oft mit List und Falschheit einen Vorteil

verschafft, was ich so g’hört hab’! Simon: Alles Verleumdung und Neid der Besitzlosen. Wenn ich net ehrlich und

rechtschaffen wär’, glaubst ich wär’ dann Bürgermeister? Wolf: Das sagt gar nix! Je mehr Amterln einer hat, desto mehr Butter hat er auf

dem Kopf. Schau sie dir nur an die Herr’n Aufsichtsräte usw., alles Falotten!

Simon: Wenn du so daherredest, musst du mir schon Beweise bringen. Wolf: Ich brauch keine Beweise, ich kenn mich gut aus und ich sag dir’s ins

Gesicht, dass du net zehn Stunden die Wahrheit sagen kannst. Simon: Das ist doch zum Lachen! - Ich und net zehn Stunden die Wahrheit

sagen. Wolf: (herausfordernd) Kannst ja wetten, wenn du so sicher bist! Simon: (entschlossen) Und was gilt die Wett’? Wolf: Ich weiß eigentlich eh net, wem ich alles vermachen soll, also lass’ ich das

Schicksal entscheiden. (rückt näher) Simon, wenn du von jetzt an bis zum Sonnenuntergang, - das sind genau zehn Stunden - keine Lug, also alleweil die Wahrheit sagst, - dann - dann mach’ ich dich zu meinen Universalerben.

Simon: (starrt ihn an) Ist - - ist - - das dein Ernst? Wolf: Wenn du aber die Wett’ verlierst, dann zahlst du - sagen wir dem Walter

100.000.- Schilling auf die Hand. Es ist eigentlich eine ungleiche Wette, aber mitnehmen kann ich mir doch nix von mein’ Geld.

Simon: Warum denn grad dem Walter? Wolf: Weil das ein armer Teufel ist und dir kann’s ja gleich sein, wer das Geld

kriegt, wenn du verspielst. (hält ihm die Hand hin) - - - Also, gilt die Wett’? Simon: (schlägt ein) Die Wett’ gilt! Wolf: (legt die Hand um Simons Schulter) Jetzt schau einmal auf die Uhr,

Simon. In ein paar Minuten schlägt die Zehne. Wenn die Achte schlagt und du den ganzen Tag alleweil die Wahrheit g’sagt hast, hast du die Wett’ gewonnen. Hast du aber nur einmal g’logen, dann hast du verspielt und zahlst die 100.000.- Schilling.

Simon: (freudig und siegessicher) Es gilt! Aber jetzt trinken wir ein Glas’l drauf. (holt Schnapsflasche und zwei Gläser)

Wolf: Soll mir recht sein. Simon: Ich hab’ vorhin dir zu Ehren den besten Schnaps rauf geholt vom Keller,

selber brennt! (schenkt ein)

Wolf: Wieso, du hast doch gar nicht g’wusst, dass ich komm’ hast du zumindest gesagt.

Simon: Ah so, ja, ja, freilich! Prost! Wolf: (beide stoßen an) G’sundheit! (nochmals kostend) Ist das wirklich dein

Bester? Simon: Wenn ich dir sag!

Wolf: (mit dem Finger drohend) Simon! - (auf die Uhr zeigend) A paar Minuten kannst dich noch auslügen, aber dann wird’s ernst! Und es wird dir net leicht fallen, zehn Stunden in allem die Wahrheit zu sagen. - Aber ich will dir die Sach’ erleichtern. - Du hast net gleich verspielt, wenn du dich so unversehens verplapperst und dir eine Lug rausrutscht - - - In dem Moment werd’ ich dir eine kleine Warnung schicken.

Simon: Eine Warnung? Wolf: (verschmitzt) Ja, bei einer kleinen Lug wird plötzlich irgendwo der Kuckuck

rufen - dann kannst du dich noch besinnen. - - Bei einer großen Lug aber wird der Hahn krähen, - - dann ist’s aber höchste Zeit, sonst hast du die Wett’ verspielt.

Simon: (lachend) Ja, wie willst denn das machen? Wolf: Das ist meine Sach’! Und eines sag’ ich dir noch: Du darfst net glauben,

dass du mich beschwindeln kannst: Ich werd’ den ganzen Tag sichtbar oder auch unsichtbar bei dir sein, bis zum Sonnenuntergang. (die Uhr schlägt zehn, beide schauen gebannt hin, Wolf nimmt Hut und Stock) - So jetzt hab’ ich dir alles gesagt. (eindringlich) Und ich sag’ dir’s, Simon, nimm die Sach’ ernst - - es geht um Geld - um viel Geld! (geht langsam ab)

Simon: (sieht ihm wie angewurzelt nach) Geld - - - viel Geld. Wolf: (erscheint am Fenster, lehnt sich über die Brüstung und droht mit

erhobenen Zeigefinger) Gib acht, Simon - wenn der Kuckuck ruft - (geht ab, dabei ruft der Kuckuck, indessen fällt der)

Vorhang

2. Akt

1. Szene

Simon, Agnes, dann Wolf Simon: (sitzt am Tisch und blättert nervös in einer Zeitung) Agnes: (steht am offenen Fenster und schaut hinaus) Dem alten Wolf muss es

recht gut gefallen bei uns, weil er den ganzen Tag da bleibt. Simon: Mir wär’ lieber, wenn ich ihn schon los hätt’! Agnes: (verwundert) Ich versteh dich net. Z’erst warst ganz narrisch vor lauter

Freud’, dass er kommt und jetzt willst ihn los haben?! Simon: Alles hat seine Grenzen. Deswegen muss er doch net da bleiben bis die

Sonn’ untergeht. (streckt sich) Ich leg’ mich jetzt ein bissl nieder, nachher kann wenigstens nix passieren.

Agnes: (erstaunt) Ja, was soll denn passieren? Simon: Wenn man schlaft, red’t man nix. Agnes: Ich versteh dich net. Jetzt am helllichten Tag willst schlafen? Simon: Mir ist net recht gut! Pass gut auf, dass mich stört. Erst um acht Uhr darfst

mich aufwecken. (im Abgehen) Mich wird der Alte net dran kriegen. (geht über die Treppe ab)

Agnes: (kopfschüttelnd) Der ist aber heut’ sonderbar. Wolf: (kommt hinten durch die Mitte herein) Wo ist denn der Simon? Agnes: Ein bissl niederg’legt hat er sich. Wolf: Was? Niederg’legt sagst? Agnes: Ja, bis acht Uhr hat er g’sagt will er durchschlafen. Wolf: Ausgerechnet bis acht Uhr? Agnes: Ja! Wolf: (nach kurzer Pause) Wie bist denn zufrieden mit dem Simon? Agnes: Ja mei - er ist net der Beste und auch net der Schlechteste. Wie halt alle

Mannsbilder. Wolf: Ist net heute Vormittag die Lindnerin da g’wesen? Agnes: Ja. Wie kommst denn jetzt auf die Lindnerin? Wolf: Ja weißt, wo die auftaucht, gibt’s meistens allerhand dunkle Geheimnisse.

Was hat sie denn wollen? Agnes: Holz braucht sie, hat der Simon g’sagt, weil ihr der letzte Sturm ‘s Haus

arg demoliert hat. Wolf: Was du net sagst? Ich bin aber heut’ Vormittag bei ihrem Häusl vorbei

gangen. Hab nix gesehen, dass der Sturm was demoliert hätt, ‘s ganze Häusl in schönster Ordnung.

Agnes: Dann hat mich der Simon ang’logen. Wolf: Ang’logen sagst? Agnes: Das kommt bei ihm schon öfters vor. Wolf: Ah so, das kommt öfters vor? Agnes: Ja, ja. Aber interessieren tät’s mich doch jetzt, was die Lindnerin von ihm

wollen hat. Wolf: Musst ihn halt fragen. Agnes: Das Fragen hab ich mir schon abgewöhnt, er sagt mir doch net die

Wahrheit. Wolf: An deiner Stell’ tät ich ihn aber grad h e u t fragen. Weißt Agnes, wir

Mannsbilder haben oft so Stimmungen, wo wir ein bissl aus uns

herausgeh’ n. Agnes: Meinst? Wolf: Freilich, war ja bei mir auch net anders. Agnes: Hast eigentlich net so unrecht. Ich hab’ mir schon oft denkt, ob der Simon

net vielleicht irgendein Geheimnis vor mir hat. Und grad das mit der Lindnerin kommt mir ein bissl verdächtig vor.

Wolf: Eben! Agnes: Ja Wendelin, du hast recht, ich werd’ mich mit dem Simon gehörig

ausreden. Wolf: Ja, das tust und zwar so recht freundlich, so von hintenherum, dann

kann’s leicht sein, dass du so Verschiedenes erfahren wirst. Agnes: Weißt du vielleicht was über ihn? Wolf: Nix Besonder’s und dann kennst du ja das alte Sprichwort: Eine Krähe

hackt der anderen kein Auge aus. Verstehst mich? Agnes: Ja, ja, ihr Mannsbilder helft’s alle z’samm. Wolf: Eben. Am besten ist, du ziehst dir jetzt dein schönstes G’wand an, machst

dich recht sauber, tust ihm recht schön und wenn du so richtig im Zug bist, fangst halt an mit der Generalbeicht’.

Agnes: Wie soll ich denn am besten anfangen? Wolf: Na, sagst halt, es wär’ jeder Mann dumm, wenn er seine Jugend net

richtig ausnützt - - - Agnes: Ja, gut! Wolf: Und dann bringst halt das Gespräch so ganz zufällig auf die Lindnerin. -

Das Weitere wirst dann schon selber treffen. Agnes: (begeistert) Ja, so werd’ ich’s machen. Ich dank’ dir, Wendelin. Und jetzt

geh ich mich umzieh’n. (geht über die Treppe ab) Wolf: (vergnügt) Mein lieber Simon, du wirst heute net ruhig schlafen, auf keinen

Fall bis acht Uhr.

2. Szene

Wolf, Hanni, dann Walter Hanni. (kommt hinten Mitte herein) Ah, sie sind allein, Herr Wolf?! Wolf: (freundlich) Ja Hanni, ich bin allein. Hanni: (schüchtern) Ja, ich möcht’ nämlich mit ihnen reden. Wolf: (freundlich) Brauchst net sie zu mir sagen. Also red’! Hanni: (zögernd) Ja, der Walter hat mir schon öfters von ihnen - äh, von dir,

erzählt. Wolf: Ja, er hat mir auch von dir erzählt, dass er dich gern hat usw. - - - Hanni: Das ist eben das Unglück! Wolf: Ja, und was soll denn da ich machen? Hanni: Helfen sollst uns, dass wir heiraten können. Wolf: Ja, wenn’s weiter nix ist, das werd’ ich schon schaukeln. Hanni: (freudig erregt) Wirklich? - Aber wie soll denn das g’schehen? Wolf: Das musst schon mir überlassen. Hanni: Jetzt ist mir leichter! - (umarmt ihn impulsiv) - Ich muss dir ein Bussl

geben. Wolf: Aber bitte, nur her damit! Hanni: (küsst ihn) Wolf: Mei ist das gut! Hanni: (fröhlich) Heut’ ist der schönste Tag in meinem Leben! (geht lachend in

die Küche ab) Wolf: (wischt sich den Mund ab) Also solche Bezahlungen hab’ ich gern. Walter: (kommt mit Trompete durch die Mitte hinten herein) Ist der Bauer net da? Wolf: Na, der ist net da. - Aber du kommst mir jetzt grad recht. Walter, du musst

jetzt blasen und zwar so laut musst du schmettern, wie noch nie in deinem Leben.

Walter: Aber nachher schmeißt mich der Bauer raus. Wolf: Nein, der schmeißt dich net raus! - Walter, du musst dir dein Glück

erblasen, verstehst mich? Walter: Verstehn tu ich dich zwar net, aber wenn’s so ist, dann blas’ ich schon so,

dass dem Bauern ‘s Trommelfell zerreißt. (rennt rasch hinten Mitte ab)

3. Szene

Wolf, Berger, dann Simon Wolf: So, mein lieber Simon, gleich wird dein Weckruf ertönen! Berger: (tritt hinten Mitte ein) Grüß Gott! Wolf: Oh, der Herr Finanzamtsdirektor! Grüß Gott! Besuchen’s heut’ einmal den

Herrn Bürgermeister. Berger: Ja, ich wüsst’ mir schon eine angenehmere Beschäftigung, aber es muss

sein. Der Herr Seisl ist der größte Dickhäuter in punkto Steuersachen. Wolf: (verschmitzt) Ich glaub, Herr Direktor, da haben’s ihnen heut’ einen

günstigen Tag ausg’sucht. Heut’ ist der Herr Seisl, sehr zugänglich. Berger: (lacht) Aber net in Steuersachen. Wolf: Vielleicht auch in Steuersachen. (von draußen hört man jetzt Walter in

voller Lautstärke die Trompete blasen) Berger: (hält sich die Ohren zu) Was ist denn das für ein Geschmetter? Wolf: (ruft zum Fenster hinaus) Gut so, Walter! Blas’ als wenn’s die Posaune

von Jericho wär’! Simon: (kommt, ohne den Direktor zu sehen, über die Treppe) Aufhör’n! Ich hab’

doch gesagt, dass ich meine Ruh haben will! (schreit zum Fenster hinaus) Sofort aufhören! (mit einem Schlag verstummt die Trompete, Simon wendet sich um)

Wolf: Besuch ist kommen, Simon! Simon: (mit gespielter Freundlichkeit) Oh, der Herr Direktor Berger! Das freut

mich aber wirklich! - Nehmens doch Platz, Herr Direktor! Berger: Danke! (setzt sich) Simon: (holt Schnaps und zwei Gläser) Na, so eine Überraschung! Berger: Weil sie mich schon öfters eingeladen haben, so hab’ ich mir heute

gedacht, besuchst einmal den Herrn Bürgermeister Seisl. Simon: Eine gute Idee! (schenkt ein) Sie haben ja mein’ Obstler noch gar net

probiert. Ist ein gutes Tröpferl! (stoßt an) Prost, Herr Direktor! Berger: Zum Wohl sein, Herr Seisl! - Wie steht’s denn mit der Schnapsbrennerei? Simon: Net besonders gut, Herr Direktor. Wahnsinnig trocken war das Obst und

da braucht’s unheimlich viel, dass überhaupt was raus rinnt. - Aber beim Finanzamt seh’n’s das halt einfach net ein. Kein Verständnis.

Berger: Drum bin ich ja gekommen, um mich von ihnen aufklären zu lassen. Simon: Ah, sie sind also quasi amtlich da? Wolf: (zündet sich eine Zigarre an und liest die Zeitung) Berger: So halb privat und halb amtlich. Simon: Aha: So halbe halbe, versteh’!

Berger: Herr Bürgermeister, sie sind doch ein Mann mit Amt und Würden - Simon: Jawohl! Berger: Bürgermeister, Genossenschaftsvorstand etcetera - - Simon: Richtig, Herr Direktor! Berger: Sie sind ein Mann, der für Ordnung sorgt und sie werden sicher auch im

eigenen Haus Ordnung halten wollen! Simon: Hab’ ich immer g’halten, Herr Direktor! Berger: Na schön! (nimmt Akt aus seiner Tasche) Die Erhebungen meiner Organe

haben aber ergeben, dass ihre Steuererklärungen in den letzten Jahren sehr lückenhaft und unvollständig sind.

Simon: (sehr verlegen) So, so - - (steht auf, geht zu Wolf, der inzwischen mit einer Zeitung im Erker Platz genommen hat) Du Wendelin, möchst net vielleicht in den Stall rausgehen und ein bissl nachschauen. Interessiert dich sicher, ob’s meine Viecher gut haben.

Wolf: Na, na, ich bleib schon da. Ich stör’ euch aber g’wiß net. Ich les’ meine Zeitung und hör gar net hin, was ihr redet’s.

Simon: (wieder zum Direktor) Also unvollständig sollen meine Angaben sein? Berger: Ja, speziell die Angaben über den Holzeinkauf! Simon: Herr Direktor, sie müssen doch bedenken ‘s Holz ist sauteuer und dann

der Absatz vom Schnittholz wird alleweil schwieriger, überhaupt der Exporthandel.

Wolf: (brennt mit der Zigarre ein Loch durch die Zeitung, wo er nun immer alles beobachten kann)

Berger: Und wie schaut’s denn mit der Milchwirtschaft aus? Simon: Ja, das geht alles über die Genossenschaft. Wir liefern die ganze Milch an

die Molkerei und da ist alles genau auf’zeichnet und auch dem Finanzamt gemeldet.

Berger: Und die Milch, die sie nicht an die Molkerei liefern? Simon: Wie meinen’s? Berger: Was ist denn mit der Milch, die sie ab Hof verkaufen? An Privatpersonen

und Fremdengäste? Simon: Aber Herr Direktor, die paar Liter! Berger: Sie meinen wohl: Hektoliter? Simon: Was ihnen net einfallt, Herr Direktor, keine 10 Liter - (es ruft der Kuckuck) Berger: Hat da jetzt net grad ein Kuckuck g’rufen? Simon: Ja, mir ist’s auch so vorkommen. Wolf: Ist ja der Wald in der Nähe, warum soll da net ein Kuckuck rufen? Berger: Also, Herr Bürgermeister, ich seh’ schon, so kommen wir zu keinem

richtigen End’! Simon: Schaun’s Herr Direktor, man braucht ja für den eigenen Haushalt auch

Milch und – na ja - so genau schreibt man da net jeden Liter auf… Berger: Aha! Sie geben also zu, dass sie erheblich mehr Milch verkauft haben? Simon: Na, na, also erheblich net! Berger: Sagen wir so ungefähr 4.000 Liter? Simon: Nein, nie! (Kuckuck ruft) Na ja, das dürft so ungefähr stimmen -- - - Berger: Na sehen sie, mit’m Reden kommen die Leut’ z’samm. (blättert im Akt)

Dann geben sie an, dass sie 1984 nur 1.200 Festmeter Holz eingekauft haben.

Simon: Jawohl, das stimmt genau! Berger: Nach unseren Aufzeichnungen haben sie aber mindestens doppelt so viel

eingekauft.

Simon: Was ihnen net einfallt! Berger: Mir fällt gar nix ein. Ich stütze mich nur auf die amtlichen Erhebungen. -

(drängend) - Also, Herr Seisl? Simon: (erhebt sich und holt einen Kalender) Na ja, da muss ich erst in mein’

Kalender nachschauen. Wissen’s, da hab ich alles ganz genau aufg’schrieben. - Ja, da steht’s ja! - -

Berger: (ist aufgestanden und schaut Simon über die Schulter in den Kalender und macht sich Notizen)

Simon: (bemerkt nun, dass ihm Berger zuschaut) Moment, diese Angaben sind nur für mich bestimmt.

Berger: Danke! Diese Aufzeichnungen genügen mir vollkommen. (packt die Akten wieder ein) Seh’n sie, Herr Bürgermeister, jetzt ist alles ganz kurz und schmerzlos gangen. Sie werden die entsprechenden Nachzahlungen leisten und wir werden von weiteren Amtshandlungen absehen. (erhebt sich) Ich danke ihnen für die Bewirtung und nun, auf baldiges Wiedersehen, Herr Bürgermeister!

Simon: Hoffentlich net so bald! Berger: Das hängt ganz von ihnen ab, Herr Bürgermeister! (geht ab) Simon: (wütend) Muss der ausgerechnet heut’ daherkommen. - (zu Wolf) Aber ich

bin standhaft blieben, gelt Wendelin. Kannst mir keine einzige Lug nachweisen. Stimmt alles, was ich g’sagt hab’.

Wolf: (gänzlich uninteressiert) So? Ich hab’ gar net hing’hört. Weißt, Steuersachen sind eigentlich von der Wett’ ausg’nommen.

Simon: Ausg’nommen? Warum hast denn nachher den Kuckuck rufen lassen? Wolf: Nur zur Warnung! Simon: Wird mich ein schön’s Geld kosten, die Nachzahlung! Wolf: Kriegst es ja hundertfach herein! - Aber jetzt werd’ ich mir den Stall

anschau’n. Bin schon neugierig, wie’s da ausschaut. (geht hinten Mitte ab) Simon: Jetzt geht er. Hätt’ der Spitzbub net früher gehen können. Aber jetzt werd’

ich mir einmal den narrischen Trompeter in die Kur nehmen und nachher leg’ ich mich wieder nieder. (will in die Küche ab eher, gleichzeitig kommt hinten Rohrmoser herein)

4. Szene

Simon, Rohrmoser Rohrm: Grüß dich, Simon! Simon: Was willst denn du schon wieder da? Rohrm: Ich muss dringend mit dir reden, wegen dem Lampl-Veit. Simon: Ich hab’ dir heut schon einmal g’sagt, da gibt’s nix zu reden. Rohrm: Ich war grad auf’m Gemeindeamt und dort ist heut’ der gerichtliche

Bescheid ein’gangen, dass der Rohbau vom Veit versteigert wird. Simon: Na und? Rohrm: Das muss verhindert werden. Wenn du dem Veit schon kein Geld geben

willst, obwohl du das leicht könnt’st, so mach ihm wenigstens Bürgschaft, dass er das Geld aufnehmen kann.

Simon: Ich bin doch kein Narr! Ich schmeiß doch mein Geld net beim Fenster raus.

Rohrm: Simon, du weißt ganz genau, dass du dem Veit das Geld eigentlich schuldig bist, ja sogar noch viel mehr.

Simon: Fangst jetzt schon wieder mit die alten Sachen an?

Rohrm: Du zwingst mich ja dazu. Schau, mir derbarmt der Veit. Er traut sich net mit dir reden, obwohl er im Recht ist. Wie der alte Hummel damals im Steinbruch g’legen ist, hat er dem Veit die Anger-Wiesen und dir die Alm vermacht!

Simon: Umkehrt ist’s g’wesen! Mir hat er die Anger-Wiesen und dem Veit die Alm zug’sprochen.

Rohrm: Du hast dir die Anger-Wiesen einfach g’nommen, weil kein Zeuge da war, das weißt du ganz genau!

Simon: Nix weiß ich! Rohrm: Du willst also die Lug aufrecht halten? Simon: Ich lüg’ net - - (zweimal ruft der Kuckuck) Rohrm: Simon, sag’ die Wahrheit! Du brauchst keine Angst haben, dass dich der

Veit deswegen gerichtlich belangen wird. Simon: (mit sich kämpfend) Ich kann dir nix anderes sagen, als dass mir der alte

Hummel damals die Anger-Wiesen - - (es kräht der Hahn, Simon erschrickt) - - na ja, es könnt’ ja sein, dass ich mich damals verhört hab’, aber - - (es ruft der Kuckuck) - - meinetwegen soll der Veit das Geld haben, aber dann wird ein Strich über das Ganze g’macht!

Rohrm: Na, na, so einfach geht das net. Das sind mindestens 400.000.- Schilling, die der Veit verloren hat u n d die Wiesen.

Simon: Was? 400.000.- Schilling und die Wiesen? Bist denn du ganz narrisch worden?!

Rohrm: G’hört die Anger-Wiesen dir oder dem Veit?! Simon: Die Anger-Wiesen g’hört mir! - - (es ruft der Kuckuck) - - In

Dreiteufelsnamen, ja, die Wiesen g’hört dem Veit! Rohrm: Na endlich sagst einmal die Wahrheit. Simon: Ja, dass einmal a Ruh’ wird! - - Am Montag kann sich der Veit das Geld

holen. Rohrm: Und die Anger-Wiesen Simon: Die Anger-Wiesen? Rohrm: Ja? Simon: Wird auf’m Veit überschrieben. - - (schnell) Aber die Alm nachher mir! Rohrm: Ja, die gehört dann dir. Kannst dir eine Jausenstation einrichten. Simon: Ich bin eigentlich eh froh, mir ist die Sach’ schon lang zuwider g’wesen. Rohrm: Eben! Jetzt ist dir g’holfen und dem Veit auch! (reicht ihm die Hand) B’hüt

dich, Simon! Simon: (schaut gar nicht hin) Ja, b’hüt dich und verschon’ mich künftig mit dein’

Besuch! Rohrm: Nix Bestimmtes weiß man nicht! (geht hinten ab) Simon: Das hab’ ich jetzt von meiner Wahrheit. Jetzt kann ich dem Veit 400.000.-

Schilling zahlen und die Anger-Wiesen bin ich auch los. Wolf: (steckt den Kopf durch das Fenster herein) Tut’s dir leid, Simon?

(verschwindet wieder) Simon: (droht dem Wolf mit der Faust nach) Du alter Lump! Wenn net der Luis

das viele Geld im Kasten selber g’sehen hätt’, ich hätt’ mich nie mit dem alten Spitzbuben einlassen - - -

5. Szene

Simon, dazu Agnes, Wolf Agnes: (kommt im Sonntagsstaat über die Treppe, in wiegendem Schritt tänzelt

sie auf Simon zu, dann holt sie Schnaps und Gläser) Simon: (höchst erstaunt) Ja, was hast denn du heut’ vor? Agnes: Nix hab ich vor. Warum soll ich mich net einmal schön anzieh’n? Simon: (aufgeräumt) Recht hast! (schwärmerisch) Sauber bist, Agnes! Könnt’ sich

direkt noch einer verschau’n in dich! Agnes: Die Zeiten sind vorbei! Prost, Simon! (beide stoßen an und trinken, dann

lehnt sie sich zurück, wie in Erinnerung) War’n aber schöne Zeiten, gelt Simon?

Simon: Ja, ja, nur ein bissl schnell vergangen halt. - Agnes: Eigentlich ist ja jeder Mann dumm, wenn er seine Jugend net so richtig

ausnützt. - - (trinkt nach einer Pause, dann) Aber du warst g’wiß net dumm, gelt Simon?

Simon: Wie meinst denn das Agnes: Du verstehst mich schon. - Ich weiß zwar net viel von deiner

Vergangenheit, aber dass du grad net einer von den Tugendhaftesten warst, kann ich mir schon denken.

Simon: Ja, ja, ich will mich auch gar net besser machen, als ich war. Agnes: Hast es recht arg trieben mit den Madl’n, gelt? Simon: Na, na, so arg war’s auch wieder net. Agnes: (näher rückend, seine Hand fassend) Erzähl mir ein bissl was. Wer war

denn deine Erste? Simon: Ja, das war die Müller Steffi, ein saubers Madl mit kohlschwarze Augen. Agnes: Und die Zweite? Simon: Die zweite war die rote Kathl, die dann den Weitlaner g’heirat’ hat, ganz

ein wildes Ding, na ja, wie halt alle Roten! Agnes: Und die Dritte? Simon: Das warst du! Agnes: Du wirst mir doch net vormachen wollen, dass das alles war? Simon: Wenn ich dir sag’, es ist die Wahrheit! (Kuckuck ruft leise, er dreht sich

nervös um und rutscht verlegen hin und her) Agnes: (nach einer Pause, ihn scharf anschauend) Sag’ einmal, Simon, was hast

eigentlich mit der Lindnerin? Simon: Mit der Lindnerin? Agnes: Ja, heut war sie sogar zweimal da - - Simon: Ich hab’ dir’s doch schon g’sagt, dass sie Holz braucht, weil der Wind ihr

Häusl demoliert hat. Agnes: Das ist net wahr, Simon! Ihr Häusl ist ganz in Ordnung. Sie hat was

anderes von dir wollen! Simon: (schon unwillig) Wenn ich dir sag’: Sie hat nix anderes wollen. (der

Kuckuck ruft zweimal, etwas stärker) Na ja, wennst es schon unbedingt wissen willst: Geld hat sie wollen.

Agnes: Und du hast ihr’s geben? Simon: Ja! Warum denn net? Agnes: (mit erhöhter Stimme) Simon! Warum hast du der Lindnerin Geld geben? Simon: Weil sie’s halt braucht! (ärgerlich) Und jetzt hör schon endlich mit der

dummen Fragerei auf! Agnes: Wenn man einer Person wie der Lindnerin Geld gibt, kann das nur eine

Art Schweigegeld sein. Da steckt nix anderes als ein Frauenzimmer dahinter (fast liebevoll) Sag’ die Wahrheit, Simon.

Simon: Du phantasierst ja! Ich hab’ mit keinem anderen Madl was g’habt, (Kuckuck) als mit der Steffi und der Kathl. (in diesem Moment lauter

Hahnenschrei, aber Simon überhört ihn in seiner Erregtheit) Agnes: (erstaunt horchend) Wie unser Hahn heut merkwürdig schreit. Simon: Hat jetzt der Hahn kräht? Agnes: Ist dir wohl gar net aufg’fallen, Simon, Na! Simon, jetzt red’! Simon: (geht zum Fenster, um es zuzumachen, in dem Moment kommt die

Gestalt des alten Wolf ans Fenster, Simon erschrickt) Was machst denn du da?

Wolf: (unschuldig) Müd’ bin ich und da hab’ ich mich auf das Bankerl herg’legt. Scheint die Sonn’ so schön warm her. Willst was von mir?

Simon: Na, na, ich wollt nur das Fenster zumachen. Wolf: Lass nur offen, die Agnes braucht jetzt sicher frische Luft! (verschwindet

wieder vom Fenster) Agnes: Also, Simon, sag’ schon was du mir verheimlichst. Simon: (kommt wieder zu ihr heran) Na schön! Warum sollst es auch net wissen,

ist ja eigentlich nix dabei! Also, ich hab’ einmal eine Liebschaft mit einer Kellnerin g’habt. In Untersberg drüben war sie im Dienst. Ein anständiges Madl!

Agnes: Kommst vielleicht jetzt noch mit ihr z’samm? Simon: Na, sie ist schon lang g’storben! Agnes: Aber was hat denn das mit der Lindnerin zu tun? Simon: Mit der Lindnerin. Agnes: Ja! Simon: Eigentlich gar nix. (schwacher Kuckuckruf) Agnes: Du Simon, hat die Liebschaft vielleicht Folgen g’habt? Simon: Was für Folgen? Agnes: Du, verstell’ dich net, ist vielleicht ein Kind da? Simon: Ein Kind? Agnes: Ja? Simon: Na, net dass ich wüsst’. (Hahnenschrei stark, wütend) Jetzt ist mir schon

alles wurscht! Ja, es ist ein Kind da! - Ein Bub ist es! Aber ich hab’ ihn noch nie g’seh’ n!

Agnes: Ein Bub, - und du hast ihn noch nie g’sehn? Simon: Na, die Lindnerin hat ihn aufgezogen und deswegen das Geld. So jetzt

weißt alles! Agnes: Und wo ist der Bub jetzt? Simon: Das weiß ich net. Ich hab’ mich nie um das Kind kümmert, ich hab’ meine

Sach’ zahlt, damit nix aufkommt und die Lindnerin hat das Kind weit weg bracht.

Agnes: (schlägt die Hände zusammen) Ein Kind von dir und du weißt net, wo es ist, das hätt’ ich mir net denkt von dir.

Simon: Ich hab’ meine Sach’ g’leistet und es ist schon lang her. Deswegen ändert sich doch nix zwischen uns.

Agnes: Mein lieber Simon, es wird sich sehr viel ändern. Das Kind muss her. Ich will an ihm gut machen, was du verbrochen hast. Gleich red’ ich mit der Lindnerin.

Simon: Agnes, du wirst doch net - - - Agnes: Für mich gibt’s jetzt nix mehr, als das Kind. Warum hast du mir das nicht

früher gesagt, wo ich doch so gern ein Kind g’habt hätt’, wenn’s auch net das eigene ist.

Simon: Schau, Agnes - - - Agnes: Streng dich net an. Das Kind muss her und wenn ich bis ans Ende der

Welt rennen muss. (geht eilig Mitte hinten ab) Simon: (setzt sich nieder) Wär’ ich doch damals eine halbe Stund’ spazieren

gangen! Wolf: (kommt herein) Was hat denn die Agnes? Simon: (wütend) An allem bist nur du schuld, mit deiner dummen Wett’, - du

Wahrheitsfanatiker! - Jetzt hat sie mir die G’schicht mit der Kellnerin rausg’lockt und jetzt rennt sie durch den ganzen Ort und sucht mein Kind!

Wolf: (mit gespielter Anteilnahme) Sapperlot, sapperlot. Wie kann man aber auch solche Sachen machen?

Simon: Wie kann man, wie kann man. - Zwanzig Jahr’ hat sie nix g’wusst und alles ist gut gangen. Schuld bist nur du mit deiner verdammten Wett’!

Wolf: Mich trifft keine Schuld. Ich hab’ dir’s von Anfang an g’sagt, dass dir net leicht fallen wird, die Wett’ zu gewinnen.

Simon: (siegessicher) Aber gewinnen tu ich sie! In einer halben Stund’ hab’ ich’s überstanden.

Wolf: Nur langsam. In einer halben Stund’ kann viel passieren. Simon: Mir net, mein Lieber, ich bin jetzt dressiert auf die Wahrheit. Wolf: (winkt mit dem Taschentuch durch das Fenster) Simon: Ich brauch kein Kuckuck mehr und kein Hahn. Wolf: Umso besser für dich!

6. Szene

Simon, Wolf, Rohrmoser Rohrm: (tritt hinten ein, herrisch und selbstbewusst) Grüß Gott, die Herren! (mit

Seitenblick auf Wolf) Simon: Bist du schon wieder da? Rohrm: Zum dritten Mal heut’ und es heißt ja: aller guten Dinge sind drei! Simon: Ja, überhaupt du! Rohrm: Weiß ich! Simon: Und, was willst? Rohrm: Ich hab’ was ganz Wichtiges mit dir zu reden und zwar in meiner

Eigenschaft als Vizebürgermeister. Simon: Dann red’, Herr „Vizebürgermeister“! Rohrm: Wir haben grad vorhin beim Kirchenwirt eine Besprechung g’habt und da

ist einstimmig beschlossen worden, dass ich als Delegierter zu dir entsendet werde.

Simon: Da bin ich aber neugierig, was mir der Herr Delegierte zu sagen hat!? Rohrm: Es wird im Ort herumgeredet, dass es schon seit Jahren bei der

Verteilung der Waren und Produkte im Lagerhaus net ganz sauber zugehen soll und du ein bissl stark auf dein eigenen Sack schaust?!

Simon: So, so! Und wenn’s so wär’, was ist dann? Rohrm: Dann bist du Bürgermeister g e w e s e n. Wenn das wahr ist, dann musst

du, wie man sagt, demissionieren! Simon: Mein lieber Herr Vizebürgermeister, ich möcht’ dich fragen: Was hättest

denn du als Bürgermeister und Genossenschaftsvorstand getan? Du hätt’st wahrscheinlich vorher das Schlechteste Zeug g’nommen und das Beste den Anderen geben, net?

Rohrm: Das steht net zur Debatte, was i c h tan hätt’! Ich hab’ dich zu fragen, ob das Gered’ von den Leuten auf Wahrheit beruht oder net!

Simon: (gerade auftrumpfend) Ja, wahr ist’s - und dumm wär’ ich g’wesen, wenn ich anders gehandelt hätt’!

Wolf: (einwerfend) Bravo, Simon! Rohrm: (verweisend zu Wolf) Du bist net g’fragt! (zu Simon) Also, wenn die Sach’

so ist, dann ist ja eh alles klar. (hält Simon eine Schrift hin) Dann brauchst nur da zu unterschreiben!

Simon: Aha! Rohrm: Die anderen Amterln musst natürlich auch z’rücklegen! So will’s die

Gemeinde! Simon: So will’s die Gemeinde? Rohrm: Jawohl! Simon: Sag’ lieber, so willst’s d u! - (liest nun) Ich, Simon Seisl lege mit dem

heutigen Datum das Amt des Bürgermeisters der Gemeinde Pfaffstätten aus gesundheitlichen Gründen zurück. - (unterschreibt) Aha, sehr gut. - (gibt Rohrmoser das Schreiben) Willst noch was?

Rohrm: Nein, damit ist alles erledigt. - (herablassend) Gemeinderat kannst natürlich bleiben. Wir werden ja weiter nix unternehmen!

Simon: (abweisend, mit deutlicher Geste zur Tür hinten) Ich dank’ für die Ehr’! Rohrm: Also dann, auf Wiederschau’n! - Pfüat dich, Wolf! (ab) Wolf: Simon, das hat mir jetzt imponiert von dir! Simon: Ich bin froh, dass ich die Amterln los bin. Man hat eh nix wie Scherereien

und am Schluss Undank!

Wolf: Ja, ja, die Menschen sind schlecht und falsch! (schaut zum Fenster hinaus, dann dreht er sich rasch um und schreit) S i m o n!

Simon: Was denn? Wolf: Die Sonn’ geht unter! (im gleichen Moment schlägt die Uhr acht Uhr, beide

schauen gebannt hin, dann Simon) Simon: Gott sei Dank - - - Ich hab’s überstanden!

Vorhang