Big in Japan mein Auslandspraktikum in Tokio/Yokohama · PDF fileEine kurze Einführung ins Labor genügte und ich konnte ... Somit bestätigte sich für mich der Ruf Japans als „Land

Embed Size (px)

Citation preview

  • Big in Japan mein Auslandspraktikum in Tokio/Yokohama

    Am 11. September 2012 begann mein Abenteuer Auslandspraktikum Japan. Im

    Rahmen meiner Ausbildung zur Biologielaborantin am KIT, durfte ich eine

    Doktorandin meines Instituts fr fnf Wochen an das RIKEN Plant Science Center in

    Yokohama begleiten. Das RIKEN ist ein Forschungsinstitut fr den Bereich der

    Naturwissenschaften und bekannt fr die Entwicklung seines Supercomputers im

    Juni 2011 mit dem weltweit schnellsten Computersystem. Ich selbst durfte im Plant

    Science Center arbeiten.

    Aber erst einmal musste ich dort ankommen. Nach elf Stunden Flug und weiteren

    drei Stunden Zugfahrt kamen wir in unserem Domizil in Ookayama einem Stadteil

    Tokios im International House der Tokyo University of Technology an und bezogen

    gleich unsere 9m groen Single-rooms. Am Abend wurden dann auch unsere Koffer

    geliefert, denn in der Rush-hour noch mit Koffern in die Bahn einsteigen wollen,

    wrde ich fast als ein Ding der Unmglichkeit bezeichnen. Am nchsten Tag ging

    es dann auch gleich zur Arbeit. Freundlich wurde ich von allen Kollegen

    aufgenommen und begrt. Eine kurze Einfhrung ins Labor gengte und ich konnte

    auch schon loslegen mit meiner Arbeit. Die allgemeinen japanischen Standards und

    Sicherheitsmanahmen im Biologielabor weichen zu meiner berraschung also

    kaum von den deutschen ab, was das Einarbeiten deutlich erleichtert. Die

    Vorstellung, dass das in jedem Land der Welt so sein knnte, lsst den Spruch: die

    Welt steht dir offen fast schon real werden. Meine Arbeit bestand aus der

  • Transformation von Plasmiden in Hefe, dem Screenen von groen berexpressions-

    Librarys und dem Testen von auxinresistenten Arabidopsispflanzen.

    Labor

    Ich bemerkte, dass den einzelnen Doktoranden und Post-Docs dort recht viele

    Freiheiten in ihrem Denken und Vorhaben gelassen werden. Whrend der Arbeitszeit

    wird aber kaum gesprochen. Alle scheinen hoch konzentriert zu sein, aber nicht zu

    konzentriert, um dir auch bei der hundertsten Begegnung am selben Tag ein

    Kopfnicken und Lcheln zu schenken. Somit besttigte sich fr mich der Ruf Japans

    als Land des Lchelns vollkommen. Aber nicht nur zur Begrung wird gelchelt,

    sondern auch aus Verlegenheit und um unangenehme Situationen wie

    Sprechpausen wegzulcheln.

    Aber nochmal zur Arbeitsmoral der Japaner. Ich hatte den Eindruck, dass zumindest

    im Forschungsbereich alle sehr diszipliniert sind. So ist es wahrscheinlich auch keine

    Seltenheit, wenn man spt abends oder auch am Wochenende dort noch Leute bei

    der Arbeit trifft. Trotzdem kommt aber das gemeinsame Beisammensein nicht zu

    kurz. Obwohl ich nur fnf Wochen dort war, bekam ich sowohl eine

    Willkommensparty als auch eine Abschiedsparty. Die Arbeit wird dann schon am

    spten Nachmittag niedergelegt, gemeinsam in typisch japanischen Restaurants zu

    Abend gegessen inklusive wie esse ich mit Stbchen-Kurs und anschlieend

    beim Karaoke fr japanische Verhltnisse so richtig die Sau raus gelassen. Im

    Alltag erlebt man die Japaner eher ruhig, zurckhaltend und fast schchtern, was

    sich anfangs aber auch als eine kleine Kommunikationshrde fr mich herausstellte,

    denn das Wort Nein gilt als sehr unhflich, weshalb sie zuerst immer mit einem Ja

    und einem Kopfnicken antworten und einem dann ganz vorsichtig ber tausend

  • Ecken erklren, dass sie doch keine Zeit haben oder sie die Idee nicht ganz so gut

    finden.

    Da ich werktags recht viel gearbeitet habe und jeweils eine Stunde von meinem

    Wohnort in Tokio zur Arbeitsstelle in Yokohama zu pendeln hatte blieb nicht viel Zeit

    fr Sightseeing. Dafr konnte ich das Wochenende aber nutzen, um Japan und seine

    Sehenswrdigkeiten die vor allem aus Tempeln, Shrines, Buddhas, aber auch dem

    berhmten Fischmarkt in Tsukiji bestehen etwas nher kennen zu lernen.

    Kinkaku-ji-Tempel Ryozen Kannon

    Fisch ist auch so ziemlich das einzige billige Essen, das es zu kaufen gibt. Fr einen

    Apfel muss man schon mal 200 Yen (~2) opfern und eine Wassermelone ist billig

    wenn sie nur 3000 Yen (~30 ) kostet. Apropos Essen: Auf der Strae oder in

    ffentlichen Verkehrsmitteln wird nicht gegessen. Erstens weil man die Mahlzeiten

    genieen und nicht zwischen Tr und Angel essen soll und zweitens wegen der

    Sauberkeit. Kein einziger Krmel ist am Boden der U-Bahn zu sehen und Mlleimer

    sind oftmals Fehlanzeige. Die Leute nehmen ihren Abfall mit nach Hause und

    entsorgen ihn dort. Auerdem werden in typisch japanischen Restaurants die

    Schuhe ausgezogen und die Hnde mit einem feuchten Tuch gewaschen. Dafr

    drfen die Nudeln aber so laut wie mglich in den Mund geschlrft werden. Hygiene

    und Sicherheit werden also ziemlich hoch geschrieben. So wird eine 1m groe

    Baustelle in einer kaum befahrenen Strae von drei Reihen Sicherheitszaun und

    mindestens einem Sicherheitsbeauftragten, der einen freundlich vorbeiwinkt,

  • abgesichert. Strikt nach dem Motto: Es muss ja alles seine Ordnung haben verhlt

    es sich auch an der Bushaltestelle. Anstatt sich gemeinsam bei strmendem Regen

    im Bushuschen aufzuhalten, muss die Reihenfolge der Anstehschlange genau

    eingehalten werden, auch wenn dann einige im Regen warten mssen. Der Erste,

    der da war hat eben ein hheres Anrecht auf einen der wenigen Sitzpltze im Bus

    oder Zug. Auch wenn der Zug gefhlt schon aus allen Nhten platzt gibt es kein

    Gedrnge. Jeder nimmt Rcksicht, ansonsten wrde wahrscheinlich Chaos

    ausbrechen in diesem Land, in dem so viele Menschen auf kleinem Raum

    zusammenleben.

    Andere Lnder, andere Sitten. Das habe ich in diesen fnf Wochen wirklich zu

    spren bekommen. Ich habe einen Einblick in eine vollkommen fremde Kultur

    erhalten und viel daraus gelernt, auch wenn ich nicht immer alle kulturellen

    Eigenschaften verstehen und nachvollziehen konnte.

    Japan war eine sehr erfahrungsreiche Zeit fr mich. Ich danke Herrn Renner, Herrn

    Riedel, Herrn Prof. Dr. Nick, Sybille Woerner, Katharina Svyatyna und Kasahara-san

    dafr, dass sie mir mit ihrem Einverstndnis die Mglichkeit gegeben haben nach

    Japan zu reisen.

    Anne Hesselschwerdt