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LXXVIII ] Verwey~ Gesehleehtsreife und Praehtkleid. V. Heft "2 ! "215 (19~6) P$iza~D, A., SAND, K., CARIDI~OIT, F., Gynandromorphisme biparti fragmentaire d'origine ingle. C. R. Boo. Biol., Vol. 89 (19~3), p. 1'27i--1272. (1925) --, L'gvohtion des potentialitgs ehez la poulette. C. 1%. Soe. Biol., Vol. 99, p. 695. (1871) SAMOan, S., Die Regeneration der Federn. VmcI~OW'SArch. f. Path. Anat., Vol. 50, p. 3"23. (1926) SAI~D~ K.,- In.: l:[andbueh der normalen and pathologisehen Physiologie. Be)~in, Vol. I.(Fortpflanzung, Entwieklung und Waehstum), p. "215--"260, "2~12-"29"2, "299~3"25. (19"2~) Tiers.IbiS% C. B, The Birds of Sind. Part VII. Ibis, Vol. 6 (Serie 11), p: .110--1;t6. (19"26) V~aw~x, J., ..Geschleehtsreife und Praehtkleid tier V5gel. L Zwisehenkleid vo.n.lCissa.tridactyla (L.). Zool. Jahrb., Vol. 63, Physiol., p. 209--~"2"2. (19"27a)--,:}V.ib~"obgn. II. Zwisohenkleid yon Uric~ c~alge (L.). Zoo]. Anzeiger, V~li:7~, .p} 1--4. (199.7 b)1.) --~: )/Iagurit3, and Breeding dress in Birds. III and .IV. The Plumages of Tr;inga canutus L. and Tri~tga crassirostris Temm. and Schlegel. ZooL Medefleel. (Leiden), VoL 10, p. 158--183. Bilder aus dem Leben eines Sperberpaares zur Brutzeit. yon ltorst Siewert. 3~it 12 Tafeln und einem Textbild nach Naturaufn~hmen des Verfassers. Zur Brutzeit ist der Sperber ein heimlieher Vogel. Es ist meist gar nieht so'!eieht,~seinen Itorst zu finden, denn dort, Wo sieh der junge WMd in buntem Weehsel durcheinandersehiebt, wo unter and zwischen sehlanken Kiefernstangeil diehtbeastete Fiehten das Lieht nur stark ged~mpft agf .den griinen weiehen 3/Ioosteppieh fallen lassen, dort mug man ~hl~ sucJaen. Der Si~erber hebt es, auf schmalen Schneisen entlang zu fliegen, um zu jage~, odor dort auf den Baumstubben aufzubloeken, seine Boule zu rapfei~ und zu krSpfen. Manche Stellen werden immer wieder fiir diesen Zweek benutzt. StSl3t man nun in der Brutzeit auf einen solchen Rupfplatz, so kann man sieher sein, dal3 der Horst nieht mehr weit entfernt ist. Auf diese Weise fand ieh aueh am 3. lV[ai des vorigen Jahres in einem I-Iinterpommersehen Revier auf einem sehmalen Piirsehpfade, der dutch ein toils yon Kiefernaltholz, tells yon Diekungen und Kulturfl~ehen 1) In diesem Beitrag fiber canutus verwies ieh auf einen zweiten Beitrag aus 1927, in Proc. Meet. Kon. Akad. Wetenschappen Amsterdam. Dieser Beitrag ersehien aber nicht.

Bilder aus dem Leben eines Sperberpaares zur Brutzeit

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LXXVIII ] Verwey~ Gesehleehtsreife und Praehtkleid. V. Heft "2 ! "215

(19~6) P$iza~D, A., SAND, K., CARIDI~OIT, F., Gynandromorphisme biparti fragmentaire d'origine ingle. C. R. Boo. Biol., Vol. 89 (19~3), p. 1'27i--1272.

(1925) --, L'gvohtion des potentialitgs ehez la poulette. C. 1%. Soe. Biol., Vol. 99, p. 695.

(1871) SAMOan, S., Die Regeneration der Federn. VmcI~OW'S Arch. f. Path. Anat., Vol. 50, p. 3"23.

(1926) SAI~D~ K.,- In.: l:[andbueh der normalen and pathologisehen Physiologie. Be)~in, Vol. I.(Fortpflanzung, Entwieklung und Waehstum), p. "215--"260, "2~12-"29"2, "299~3"25.

(19"2~) Tiers.IbiS% C. B, The Birds of Sind. Part VII. Ibis, Vol. 6 (Serie 11), p: .110--1;t6.

(19"26) V~aw~x, J., ..Geschleehtsreife und Praehtkleid tier V5gel. L Zwisehenkleid vo.n.lCissa.tridactyla (L.). Zool. Jahrb., Vol. 63, Physiol., p. 209--~"2"2.

(19"27a)--,:}V.ib~"obgn. II. Zwisohenkleid yon Uric~ c~alge (L.). Zoo]. Anzeiger, V~li:7~, .p} 1--4.

(199.7 b)1.) --~: )/Iagurit 3, and Breeding dress in Birds. I I I and .IV. The Plumages of Tr;inga canutus L. and Tri~tga crassirostris Temm. and Schlegel. ZooL Medefleel. (Leiden), VoL 10, p. 158--183.

Bi lder a u s d e m L e b e n e ines S p e r b e r p a a r e s zur B r u t z e i t .

yon ltorst Siewert.

3~it 12 Tafeln und einem Textbild nach Naturaufn~hmen des Verfassers.

Z u r Bru tze i t ist der Spe rbe r ein heimlieher Vogel. Es ist meis t gar nieht so ' !e ieh t ,~se inen I t o r s t zu finden, denn dort, Wo sieh der junge W M d i n bun tem Weehse l durcheinandersehiebt , wo unter and zwischen sehlanken Kiefe rns tange i l d iehtbeas te te F ieh ten das Lieh t nur s tark ged~mpft agf .den griinen weiehen 3/Ioosteppieh fallen lassen, dor t mug man ~hl~ sucJaen.

D e r Si~erber heb t es, auf schmalen Schneisen ent lang zu fliegen, um zu jage~, odor dor t auf den B a u m s t u b b e n aufzubloeken, seine Boule zu rapfei~ und zu krSpfen. Manche Stellen werden immer wieder fiir diesen Zweek benutzt . StSl3t m a n nun in der Bru tze i t auf einen solchen Rupfpla tz , so kann man sieher sein, dal3 der H o r s t nieht mehr weit entfernt ist.

A u f diese W e i s e fand ieh aueh am 3. lV[ai des vorigen J a h r e s in e inem I - I in te rpommersehen Revie r auf einem sehmalen Pi irsehpfade, der dutch ein toils yon Kiefernal tholz , tells yon Diekungen und Kul turf l~ehen

1) In diesem Beitrag fiber canutus verwies ieh auf einen zweiten Beitrag aus 1927, in Proc. Meet. Kon. Akad. Wetenschappen Amsterdam. Dieser Beitrag ersehien aber nicht.

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! J. f. 0. 246 Siewert. Ein Sperberpaar zur Brutzeit. [ ' 1930

begrenztes Kiefernstangenholz mit unter- und zwischenst~ndigen ~'iehten ftihrte, auf eine Strecke yon 50 m verteilt f~nf Sperberrupfungen, die mieh veranlaSten, ngch dem Hors t zu suehen.

Es waren die Reste yon zwei Eichelhiihern, einem Buchfinken~ einem Bergfinken und einem Weidenlaubs~inger. Sorgfiiltig suchte ieh nun den umliegenden Bestand ~b und hatte auch naeh einiger Zeit etwa 20 m yon der Schneise und den Rupfungen enffernt den Hors t gefunden. Noch sehimmerte es hell durch den halbvollendeten l~eisig- ban, der auf zwei Seiteniiste eines Astquirles in 10 m Iff6he dicht an den Stature einer 15 m hohen Fichte, nach NO geriehtet, aufgesetzt war. Die l~undung der Mulde und die Form des Randes waren schon

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LXXVIII Heft 2 ] Siewert, Ein Sperberp~ar zur Brutzeit. 247

deutlich herausgearbeitet, doch enthielt der Hors t noch keine Eier. Oerade wollte ieh nach der Besichtigung wieder herabsteigen, als ich neben mir ein Oer~useh vern~hm und schon blickte ich in die orange leuchtenden Augen des urn sein Nest besorgten Weibchens, d~s s~ch dicht vor mir mit gef~ehertem StoB in der Luft herumwarf und sofort wieder lautlos versehwand. Das war unsere erste Begegnung. Kurz daranf sah ich noch d~ts Sperberpaar aus der Krone eines alten Eichen- iiber~_l~lters wie zwei Schatten abstreichen.

M~nnchen nnd Weibchen bauen also wahrscheinlich den Hors t gemeinsam auf und jagen in dieser Zeit nuch noeh beide fiir sich, was die Eiehelh:,iherrupfllngen, die nur yore Weibchen herriihren k6nnen, beweisen.

Am 11. 5. suchte ich den Hors t wieder auf und fand ihn voll- kommen f'ertig vor. Er war in den T~gen ganz bedeutend, besonders ~m Rande, erhSht und mit kleinen fl'~sehen Fichtenzweigen ausgesehmtickt worden, was ich spSter niemals wieder beobachtet babe. Durch die Vel:starkung des Randes war eine tiefe FIulde yon etwa 20 cm Durch- messer entstanden, eine sehr zweekmiiBige Ba~lart~ denn dureh das h~ufige Anfliegen nnd a~lf dem Rande Stehen wird der Hors t im Laufe der Brutzeit zusammengedriickt und immer flacher, so daf~ dieser am meisten beanspmchte Tell mSglichst widerstandsf~thig ausgei'tihrt sein nml]. Als Baustoffe waren zum gr61~ten Tell schwache Fichtenzweige und vereinzeilt diinne Kieferngstehen verwendet worden, auch war die Mulde nicht besonders ausgefiitteft, sondern das eine bisher gelegte E i lag auf feinen mit Rentierflechten bedeckten Zweigen, Rindenschuppen und ~Nadeln. Am ¥ormi t t ag nm 10 Uhr hatte das Sperberweibchen lest auf dem Horst gesessen nnd sich auch nicht durch mein Herum- treten stOren lassen. A m Nachmittage um 4 Uhr fand ich dann ein Ei v o r u n d legte die notwendigen Vorrichtungen an, welehe mir die Beobachtungen ermSglichten~ deren Ergebnisse ich hier wiedergebe.

Die Eier werden in Abst~nden yon etwa 48 Stunden gelegt~ wobei die Tageszeit versd~ieden sein kann. Am 13. Mai legte das Weibchen, seinem ganzen Verhalten naeh zu urteilen, etwa nm 10 Uhr, w~hrend es am 17. Mai yon nfir um 17 Uhr d~bei beobaehtet wurde. Einer der besten Kenner tier Biologie des Sperbers, I. H. OwEI~), h~Llt die Morgenstunden zwisehen 9 und 11 Uhr fiir die Regel und berichtet aucql yon ihm gut bekannten VSgeln, die ihre Eier immer um diese

1) I. EI. Ow~, Some Breeding-Habits of the Sparrow-Hawk. British Birds, Vol. XII, 1919~ pg. 75.

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J. f. 0. 248 Siewert, Ein Sp.rberpaar zur Brntzei~. [ 1930

Zeit legien. Naehdem die Hglfte der Eier gelegt ist - - also beim 2. his 3. El, wenn es sin F~infergelege ist - - beginnt das Weibchen lest zu briiten. Es wartet also nieht erst ab, bis das Gelege vollziihlig ist. Zur besseren Uebersieht lasse ieh hier eine Zusammenstel lung der Beobachtungsdaten folgen.

Mai 3.

11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20.

1. Ei I-Iors~ ist halt) fertig. 10 Uhr, ~reibehen auf dem Horst.

2. Ei

3. Ei

17 Uhr~ Weibchen auf dem Horst. 10 Uhr, Weibchen sitzt fest anf dem Korst.

4. Ei 16 Uhr~ Weibchen sitzt fest auf dem ldtorst. Weibehen briitet den ganzen Tag lest.

5. Ei Weibchen briitet lest.

I m ganzen wurden fiinf Eier gelegt, immer an den aufeinander folgenden Tagen, doch ist es bei einem Gelege yon 6 Eiern nicht ungew6hnlich, da~ der Zei t raum zwischen der Ablage der letzten Eier bis zn 72 Stunden betr~gt. 1) Die Eier des Sperbers sind auf weigmn Grunde lebhatt kastanienbraun gefleckt, meist mit einer Kranzbildung um den stumpfen Pol, doch kommen immer verschwommen und schwach gezeichnete Stttcke vor, dis gSnzlieh vom Norm~ttyp abweichen, wie es auch auf der T g e l zu erkennen ist. Bei diesem Gelege wurde das schwach gezeichnete Stitck als letztes gelegt. Ohne Frage steht diese gerade bei Sperbergelegen mit ihrer hohen Eizahl schon oft beobachtete Erscheinung in Zusammhang mit dem Alter und der Geschlechtsreife des Vogels, sowie mit der GrSl~e des Geleges. Die auf zahtreiche Untersuchungen gegriindeten Ergebnisse L tL O w s s s sind in dieser t t insicht so interessant, dag ich sie bier w6rtlich anfithren mSchte. E r sagt"): , ,Wenn das erste Ei lebhaft gezeiehnet ist, so ist es das Produkt eines Vogels, der dis voile Cxeschlechtsreife (maturity) erreieht hat, und aueh die tibrigen werden dann, vielleicht mit Ausnahme des Ietzten, stark gezeichnet sein. Besteht das Gelege aus 6 Eiern, so wird in diesem Falle die Zeiehnung fast immer lebhaft sein; sind nnr 5 vorhanden, so verliert das letzte die Klarhei t und weicht oft in der Pgrbung yon den anderen ab. W enn das erste Ei nur sehwach ge-

1) I. H. Ow~, Some Breeding-~abigs of the Sparrow-Hawk. British Birds, Vol. XII. 1919 pg. 61.

9) Ders. 1. c. Vol. XII. 1919 pg. 63.

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L X X V I I I ] Siewert~ Ein Sperberpa~r zur Brutzelt. 249 Heft 9 ]

zeichnet ist und das zweite wieder lebh~ft, so glanbe ich, dal3 es rich um einen jungen Vogel handelt~ der voraussichtlich nicht mehr als 5 Eier legt, und yon denen das letzte wieder schwach gezeichnet rein wird. Ist das erste und auch das zweite Ei schwach in der Zeichnung, so hMte ich sie ftir das Produkt eines alten Vogels und auch der Rest des Geleges wird so rein. SobMd ein Vogel die volle Reife erlangt, scheinen seine Eier Tiefe und Kl~rheit der Zeiehnung zu bekommen, die dann nach einiger Zeit wieder nachlal3t/-'

Was nun den Legeakt selbst betrifft~ so war ich so glticklich~ diesen Vorgang zu beobaehten nnd sogar im Bilde festzuhalten. Leider h~be ich die P~ rung nie gesehen, ~ber ich m~chte ~mnehmen, daf~ sie auf dem Hors{e stattfindet, denn er ist w~hrend seines Banes, w~hrend der ganzen Brutzeit und sp~tter, wenn die Jungen heranwachsen, der eigentliche Lebeusmittelpunkt des Sperberpaares, an den es mit allen seinen Trieben gebunden ist und zu dem es stets wieder zurtickkehrt.

Am 17. ±~/[M begann ich um 16 Uhr meine Beobachtungen. Beim Untersuchen des Horstes, der jetzt fiinf Eier enthielt, war

das Weibchen mehrmMs in rasender Schnelligkeit durch die Baumwipfel vortibeIgeschossen. Als ich jedoch mein Versteck bezogen hatte, blockte es bald anf einem Art neben dem Horst anf, ~ber nur far ein paar Augenblicke, dann stieg es ~uf den Rand, betrachtete seine drei Eier, nahm einen kleinen Ast in den Schnabel und legte ihn, wie um Ordnung zu machen, beiseite. Darauf trat es bedgchtig in die 1Vlulde, drehte und wendete mit Schnabel und Fgngen die Eier, spreizte das Bauch- gefieder anseinander nnd lief~ rich nach einigem Probieren nieder. Ein paar Mal dnsselte es regelrecht ein~ der Kopf nickte nach vorn tiber und die hider schoben rich fiber die Angen. Doch das w~thrte nicht lange und nach 10 Minuten erhob es rich und wendete die Eier. Um 16'5 Uhr stand das Weibchen, die Front mir zugewendet, auf und nahm eine sehr merkwtirdige, eigenttinflich starre I-Ialtung ein. Das Bauch- gefieder schob rich wie zwei grol~e I-Iosen nach beiden Seiten ausein- ander, der Stol~ wurde etwas tiber die Wagerechte empor gehoben und das ganze ttbrige Gefieder strgnbte rich merklich. Nach drei Minnten beschgftigte es rich wieder mit seinen - - jetzt vier - - Eiern. ordnete und wendete umst~ndlicher Ms sonst und lief~ rich dann wieder nieder. Der ganze Legeakt hatte Mso nicht l~inger als drei Minuten gedauert. Im Verlauf yon anderthMb Stunden wendete es d~nn noch zwei Mal~ w~hrend es in der Zwischenzeit lest auf dem Gelege sM].

Ich hatte schon erw~hnt, dal~ w~hrend des itorstbaues noch beide VSgel getrennt jagen und jeder rich "con der eigenen Beute ernghrt.

Journ. f. Orn. LXX¥IIL Jahrg. April 1930. 17

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~50 Siewert, Ein Sperberpaar zur ]3rutzeit. [J" f" O. 1930

Mit Beginn der Brutzei% ich vermute schon yore ersten, sicher aber yore zweiten Ei ab~ trit~ eine vollst~ndige Arbeitsteilung ein, wie sie bet V6geln mit so ausgepr~gten GrSlgenunterschieden der Gesehleehter - - Steinadler, Seeadler, t t a b i c h t - - d i e Regel ist. Hat doch das Sperber- weibehen bisweilen tiber das doppelte Gewicht des kleinen zierliehen M ~innehens !

Das Weibehen widmet sich yon nun ab nut noeh der Betrennng des Geleges, w~hrend das M~nnehen a ls Spezialist des Kleinvogelfanges at{ssehlieglieh ftir die Ern~hrung des Brutvogels sorgt und sieh niemals am Brutgeseh~ft selbst beteiligt. Es wgre wohl auch kaum imstande dazu, denn sein K6rper ist viel zu klein und zierlieh~ nm ein so gIoges G-elege vollst~ndig bedeeken und erw~irmen zu k6nnen. Die Beute bringt as dem Weibchen nieht an den Horst, sondern die Uebergabe findet in der Nghe auf einem meist st~tndig dazu benutzten Rupfplatz statt, wozu es das Weibehen dureh Locken herbeiruft. Das ist ein weieher sanfter IJaut, der wie tsiiak tsiiak tsiiak klingt und in rhythmischer Folge ausgestoBen wird. Mag das Weibehen nun ruhig br~iten oder in der warmen Sonne mit dem Kopf unter dem Gefieder sehlafen, bet diesem Laut erhebt es sich sofort und streieht dem Futter verheigenden Klange entgegen sehnell ab. Dann finder bisweiten eine Begrtignng statt, bet der das Mgnnchen den Lockruf, das ~Veibchen abet einen

klagenden Ton, wie ~ee iiee gee hSren l~13t. Eimnal habe ieh aueh yore Weibehen den Loekton geh6rt, beim Anfliegen am I-Iorst, sonst abet nut die klggenden Laute, wenn es nieht wie gewShnlich stumm kam und verschwand. Die Laut~ugerungen der Raubv8gel sind ja fiir gew6hnlich nieht sehr mannigfaltig, und meist lgl3t nut die Versehiedenheit in St~trke und Rhythmus des Vortrages die sie auslSsenden Reize erkennen. So ist der Angstruf des Sperbers, den ieh einmal yore M~nnehen h6rte, als sein Mil~trauen dureh ein Gerguseh erweckt war, nut ein sehneller und kriiftiger ausgestol3ener Lockruf, der h6her und h~rter klingt, etwa wie ta ik ta ik taik, und fast zu einem Triller zu. sammmengezogen wird. Als dann das Weibehen naeh kurzer Zeit zuriiekkam, stieg dieses nur die klagenden IJaute aus und war erst still. Ms das ~ n n e h e n naeh 5 Minuten verschwand. Ich m6ehte diese Laut- ~ugerung des ~Veibehens als eine l~eaktion auf das es erregende Loeken oder den Anbliek des ~I~innehens ansehen, denn ich habe sie immer nut dann vernommen~ wenn eine Begegnung stattfand.

Wenn das Weibehen auf das Locken des 2~I~n~nehens zur Entgegen- nahme der Nahrung abgestriehen ist, so erscheint regelm~Ng das Mi~nnchen auf dem Itorst. Was ist das fiir ein entztiekender k!einer

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LXXVIII Heft ~ ] Siewert~ Ein Sperberpaar. zur ]3rutzeit. 251

Kerl! Die Oberseite des Gefieders gl~nzt in mattem Schieferblan, gegen das sich ein leuehtendes Oeker an Ztigeln und Kehle wirkungs- yell abhebt. Wie zierlieh ist es gegen dal3 grol3e braune ~,Veib. Fast sieht es arts wie ein kleiner Falke, wenn es so breitbeinig in tier Nest- mulde fiber den Eiern steht und lebhaft umherbliekt, als wollte es sieh vergewissern, ob auch alles in Ordnn~g ist. Dann nimmt es manehmal eiuen kleinen Zweig in den Sehnabel, legt ihn wieder beiseite und fliegt pl6tzlich unter sanftem Locken ab. Hat das Weibchen nnter- dessert noeh nieht fertig gekrSpft, so erscheint es noeh einmal, wieder- holt dasselbe und fliegt sogleich wieder fort. Dann kommt das Weibchen auf den ttorst zurfick~ oft noeh mit dem letzten Bissen im Sehnabel, den es erst bier verschluckt; so hastig hat es geschhmgen, um m~glicbst bald wieder zum ]3rtiten zu kommen. Nach kurzem Ordnen der Eier nnd Wegrgumen eines st~renden Zweiges mit dem Schnabel breitet es das Bauchgefieder auseinander, dal~ es wie eine Tasehe wird~ in der die Eier warm and sieher in den Dunen liegen, plustert sich guf und lgf~t sich nach einigem Drehen nnd Znrechtlegen des Gefieders auf dem CTelege nieder. So wartet es auf den Loekton des ~/fgnnchens, der neue Atzung verheiflt. Die Jagd scheint besonders in den friihen Morgenstunden bis in den Vormittag hinein ausgetibt zu werden, denn ich beobachtete das l~[gnnchen an einem Tage schon um 5 Uhr und zum zweiten Mal um 7 Uhr anf dem ttorst, an anderen Tagen nut je einmal um 9 Uhr herum. Ieh nehme jedoeh an, dab es mindestens zweimal am Tage mit ]3eute kommt.

In der wgrmenden l\Iorgensonne fiJhlt sich das briitende Sperber- weibchen am wohlsten, denn tagsiiber fallen die Strahlen nut spgrlieh durch das Zweiggewirr. Satt nnd mtide naeh der Atzung schiebt es die Lider tiber die hellen Augen und sehlgft ein. Manchmal steekt es den Kopf aueh zwisehen die Fliigel ~md ruht so fiber eine halbe Stunde, bis es sich an seine Pfliehten erinnert und die Eier wieder wendet. Dann briitet es wetter. Ist es taunter, so entgeht keine Bewegung, kein voriiberfliegender Vogel den gltihenden Augen. In einem fort geht der Kopf hin und her, denn bald h~lt eine herunddetternde Haubenmeise, bald Bin singender Buehfink oder ein vorbeisurrender Buntspeeht seinen Bliek gefangen. So sitzt der briitende Vogel auf seinem [-Iorst als ein unbeteiligter Zusehauer des sieh in seiner Umgebung abspielenden Lebens. Niemals wird er zur Brutzeit alert jagen, und je mehr sie fortsehreitet~ desto fester ist die Bindung. Der alle anderen Triebe unterdriickende ]3rut- trieb beherrscht das Weibchen jetzt vollst~ndig. Nag die Fiehte im Sturm bin und her gesehlendert werden oder ein Hagel~ der es zu er-

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schlagen droht, mit Sehlof~en bis zu 4 cm Durchmesser und bis 20 g Oewioht niederprasseln, wie ich ihn zu jener Zeit dort erlebte, nichts wird es so leicht zum Verlassen des Oeleges bewegen kSnnen. Es verl~l~t den Horst immer nut auf kurze Zeit, um die yore M~nnchen gebraehte Beute zu krSpfen und um seiu Gesehmeii] abzustol]en, denn die Umgebung bleibt peinlieh s~uber, bis die Jungen ausgesehl~ipft sind, und aufier einer ~¢Lauserfeder wird niehts die Burg ira Wipfel verraten.

Groi]e Sorgfalt wird auf das h~ufige Wenden der Eier gelegt. Meist wird dazu nur der Sehnabel, manehmal werden auch noeh die F~nge gebraucht. Es geschieht in unregelmi~l~igen Absti~nden, die naeh meinen Aufzeichnungen nicht iiber eine 3/~ Stunde und nicht unter 5 Minuten, im Durehschnitt 20 Minuten dauern. Mit Vorriicken der Brutzeit wird es nicht mehr so sorgf~ltig ausgefiihrt und der Vogel ver~ndert dabei seine Lage meist etwas, so dal~ er sich nach mehrma]igem Wenden einm~l ganz um seine Aehse gedreht h~ben kann.

Sobald das Weibchen fest auf den Eiern sitzt, beginnt es zu mausern, und zw~r sowohl die Handsehwingen, die ieh wiederholt in tier N~ihe des Horstes fund, a]s auch das Kleingefieder. Das M~nnehen mausert in dieser Zeit nieht, denn es mu9 ja zur Ausiibung tier Jagd iro Besitz seiner vollen Flugf~higkeit bleiben. Ich babel atteh niemals, trotz eifrigen Suchens, Federn yon ibm gefunden. 5~[eine Beobaehtungen erstreekten sich, yore vollen Gelege ab gerechnet, his zum 13. Bruttag, also his zum 31. Mai. Etwa yore 20. ab, bald naehdem das Ge]ege vollst~indig war, setzte die Mauser sichtbar ein dureh auff~Ilig unruhiges Verhalten des Vogels, besonders wenn die Sonne ~uf den Horst schien. Das ~Veib- chen putzte sieh jetzt oft, knabberte an den Zweigen des Nestes herum, n~hm eine ausgefallene Feder in den Schnubel, hob bisweilen den Kopf mit weitgeSffnetem Schnabel senkrecht empor und g~hnte wie ein Mensch der lunge Weile hat. Am 27. Mai hingen dann iiberall verstreut die weii~en Dunen herum, die bei dem h~ufigen Putzen des Bauehgefieders herausgerissen und teilweise versehluckt wurden. Anfangs putzte es sieh meistens im Sitzen, indem es den Stol~ auseinanderbreitete, der Driise mit dem Schnabel Fett entnahm und sorgfi~ltig jede einzelne Feder durehzog. Sp~tter stand es immer h~ufiger dazu auf~ trat auf den Horst- rand uud ordnete das Brust- und B~uehgefieder, wobei es besouders lunge den Brutfleek bearbeitete, doch sah ieh es sieh nie ]finger als 10 5£inuten hintereinander dieser Besehi~ftigung hingegeben. AllmShlich waren die Glieder yore langen Briiten steif geworden. Dann reekte und dehnte es sieh erst, bevor es auf den Rand trat und das Gefieder ordnete. Der Stol~ breitete sieh wie ein F~eher ~useinander, dal] die

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LXXVIII] Heft 2 J Siewert, Ein Sperberpaar zur Brutzeit. 253

seh6ne Qnerbiinderung roll zur Geltung kam, ein Flfigel spannte sieh in seiner vollen L~inge aus, and auf dem einen Stander balanzierend streekte das Weibehen den anderen mit ge6ffnetem Fang gerade ~Tom I~6rper ab. Ein sch6nes und eigenartiges Bild. Oder es kratzte sieh mit einem Fang am Ztigel, wobei es den Sehnabel 6ffnete and die Kopffedern zu einer I-Iolle stri~ubte. Erst wenn alte diese kleinen Verriehtungen er- ledigt waren, g6nnte es sieh wohl noeh Bin paar Minuten Zeit, bevor es wieder seinen Pfliehten naehging. Dann sag es mit loekerem Ge- fieder, aus dem die weil3en Flgehen am Grunde der Riiekenfedern hell hervorleuehteten, am Rande des I-Iorstes nnd betraehtete seine ftinf kostbaren Eier, die bald zu selbst~ndigem Leben erwaehen wiirdem

Wie friedlich sah der Sperber so aus. Ganz anders, als der ver- hagte Raubvogel in der Vorstellung so vieler Menschen. I-[ier lernte ieh ihn in seiner Sorge um die Brug, als ein anf die Umwelt harmoniseh abgestimmtes und in seinen Grenzen vollkommenes Gesch6pf kennen~ das yon Trieben beherrseht wird, deren Ursaehen und Zusammenh~tnge wir nut ahnen! Seine SehSnheit zu zeigen und seine Eigenart in einem kleinen, aber wichtigen Absehnitt seines Lebens zu erkennen nnd zu deuten sei dies ein sehwaeher Versneh.

Zusammenfassung der Ergebnisse.

1. Der Ban des Horstes dauert etwa 16 Tage. 2. Die Eier werden gewShnlich in Abst~inden yon 48 Stunden zu

versehiedenen Tageszeiten gelegt. Das Weibehen beginnt naeh Ablage des 2. oder 3. Eies lest zu briiten.

3. Die Zeichnung der Eier und die GrSi3e des Geleges stehen in Zusammenhang mit der Geschlechtsreife des Vogels.

4. Der Legeakt dauert etwa drei l~inuten, dabei steht das Weibchen auf and nimmt eine eigentiimlieh starre Haltung ein. Das Bauch- gefieder schiebt sieh wie zwei grol3e Hosen anseinander, der Stol3 wird fiber die Wagereehte emporgehoben und das fibrige Cxefieder str~ubt sich.

5. Das Sperberpaar jagt bis zum Beginn der Brutper!ode getrennt. Dann tritt eine v611ige Arbeitsteilnng ein. Das Mannehen sorgt fiir die Nahrnng, das Weibehen briitet.

6. Die Uebergabe der Beute findet anf eineln stgndig benutzten i~upfplatz start; das M~tnnchen fordert das Weibehen dureh Loeken auf.

7. Wiihrend das Weibehen kr6pft, erseheint das Miinnehen auf dem Horst.

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8. Das Weibchen jagt hie yore Hors t aus, w~ihrend es briitet. Es verl~il]t ihn nut auf kurze Zeit zum Kr(ipfen und um sich des Kotes zu entledigen.

9. Das Wenden der Eier wird durchschnittlich alle 20 Minuten ~or- genomme~, meist mit dem Schnabel, doch werden manchmal auch die FSnge gebraucht.

10. Sobald das Gelege vollst~ndig ist, f~ngt das Weibchen an zu mausern. Das M~innchen mausert in dieser Zeit nicht, da es zur Ausiibung der J a g d roll flugf~hig bleiben mul~.