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Bitcoin – Eine Diskursanalyse KAI GÄRTNER 1 30. Juni 2011 1 [email protected]

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Bitcoin – Eine Diskursanalyse

KAI GÄRTNER1

30. Juni 2011

1 [email protected]­berlin.de

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Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung......................................................................................................31 Identifikation der Akteure............................................................................42 Technische Dimension ...............................................................................6

Transaktionen...............................................................................................6Mining...........................................................................................................7Konsistenz des Systems..............................................................................9Mögliche Schwachstellen.............................................................................9

3 Macht...........................................................................................................11Definitionsmacht.........................................................................................11Durchsetzungsmacht..................................................................................11Verhinderungsmacht..................................................................................12

4 Ideologie.....................................................................................................13Cypherpunk und Anarchie..........................................................................13Wirtschaftspolitik und staatliche Interessen...............................................14

5 Normen.......................................................................................................15Bitcoin – Währung oder Tauschobjekt........................................................15Beschaffungskriminalität und Spekulationen.............................................17

6 Kommunikation..........................................................................................18Neutrale Berichterstattung.........................................................................19Positive, bewertende Berichterstattung und Werbung...............................20Negativ, bewertende Berichterstattung......................................................20

7 Fazit.............................................................................................................228 Quellenverzeichnis....................................................................................23

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0 Einleitung

Bitcoin:   Seit   etwa   sechs   Wochen   stößt   der   technisch   interessierte Internetnutzer immer wieder auf diesen Begriff. Die Zusammensetzung aus dem Wort Bit, für die kleinste Informationseinheit und dem englischen Wort Coin für Münze, lässt auf ein elektronischen Zahlungsmittel schließen.Doch die Idee von elektronischem Geld ist nicht neu. Bereits in den 90er Jahren  gab  es  erste  Versuche  elektronisches  Geld  zu  schaffen,  wie   zum Beispiel   „DigiCash“2  und   dennoch   hat   sich   keine   dieser   Währungen durchsetzen können.3 Ob es Bitcoin ähnlich ergehen wird, ist ungewiss. Im Moment werden sie als Experiment wahrgenommen, das für den einen das schnelle Geld und die neue Hackerwährung schlechthin verspricht und für andere „The Most Dangerous Project We've Ever Seen“4 ist.Bitcoin   ist   der   Versuch   eine   digitale,   kryptographische   Währung   zu etablieren, die frei von staatlicher Kontrolle und absolut anonym einsetzbar ist. Es basiert auf einer Arbeit und der ursprünglichen Clientsoftware von Satoshi Nakamoto, über den so gut wie nichts bekannt ist.5 Die   zentrale   Verwaltung   übernimmt   eine   P2P­Software   und   alle Transaktionen   werden   über   ein   Public­Private­Key­Verfahren   realisiert, wobei der öffentlich zugängliche Schlüssel als Kontonummer dient. Mit dem geheimen, Private­Key werden Transaktionen bestätigt, verliert man einen Private­Key verliert man alle Bitcoin, die auf dem entsprechenden Konto existieren.Diese Analyse soll  neben einer kurzen Einführung in das Thema Bitcoin zeigen,  welche  Brisanz   in  dieser  Technologie   steckt  und  weshalb   sie   im Moment so heftig diskutiert wird.

2 Erfunden von David Chaum3 [Pitlove, Bogk: 2011]4 [Calacanis: 2011]5 [Nakamoto: 2011]

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1 Identifikation der Akteure

Grundlage   einer   jeden   Diskursanalyse   ist   die   Analyse   der   beteiligten Akteure um anschließend ihre Rolle, in den verschiedenen Dimensionen zu bestimmen. 

Entwickler und Community

Die Idee für kryptographische Währungen selbst ist nicht neu. Bitcoin in ihrer konkreten Umsetzung gehen auf  die Arbeit  „Bitcoin:  A Peer­to­Peer  Electronic Cash System“ von Satoshi Nakamoto6 zurück. Viele gehen davon aus, dass es sich bei diesem Namen um ein Pseudonym handelt. Manche vermuten   hinter   ihm   sogar  Gavin   Andresen,7  einen   der   vier   leitenden Entwickler des Projekts. Wie für OpenSource Projekte üblich, gibt es eine größere Community die gemeinsam an dem Projekt arbeitet. Das bedeutet, dass der Quellcode des Projekts offen liegt und jedem frei gestellt ist, sich an der Weiterentwicklung zu beteiligen.

Nutzer von Bitcoin im legalen Bereich

Genutzt werden sollen Bitcoin zum einen von Käufern, als auch Verkäufern bestimmter   Waren   und   Dienstleistungen.   Bisher   ist   dies   nur   auf   einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von Webseiten möglich. Diese bieten neben technischen   Produkten   und   Dienstleistungen   wie   Hostings   und Programmen,   auch   Spiele,   Musik,   Bücher   und   Konsumgüter   aus Nischenbereichen   an.   Inzwischen   nehmen   auch   Organisationen   wie WikiLeaks Spenden in Bitcoin an. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hat diese Möglichkeit inzwischen aber wieder von ihrer Webseite entfernt.8

6 [Nakamoto: 2008]7 [Sheridan: 2011]8 [Cohn: 2011]

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Nutzer von Bitcoin im illegalen Bereich

Neben dem Handel  mit   legalen Produkten und Dienstleistungen,  gibt  es Nutzer   die   Bitcoin   für   den   Erwerb   von   illegalen   Produkten   und Dienstleistungen einsetzen, wie zum Beispiel Drogen, Pornographie oder für Hacking­Attacken. Hierbei sind vor allem das Drogen­Portal Silk Road9 oder Hackergruppen   wie   LulSec10  zu   nennen,   die   entweder   Bitcoin   als Zahlungsmittel verwenden oder auf illegale Weise versuchen an Bitcoin zu gelangen.

eCash-Anbieter

Bisher   existieren   eine   handvoll   Webseiten   auf   denen   Bitcoin   in   real existente   Währungen,   wie   Dollar,   Yen   oder   Euro   umgetauscht   werden können,   die   populärste   ist   dabei   Mt.   Gox.11  Die   meisten   Anbieter   von elektronischen   Zahlungsdienstleistungen   unterstützen   den   Handel   mit Bitcoin jedoch nicht. PayPal ging noch einen Schritt weiter und Verbot den Handel mit Bitcoin gleich ganz.12 Auch Aktionshäuser wie eBay betrachten Bitcoin   als   Währung   und   verbieten   deren   Handel   entsprechend   ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Gegner von Bitcoin

In Deutschland haben bisher weder Politik noch Ermittlungsbehörden ihre Position zu Bitcoin bekannt gegeben. Nur der der Bundesverband Digitale Wirtschaft   e.V.   (BVDW)   warnte   inzwischen   seine   Mitglieder   vor   der Nutzung von Bitcoin.13

9 [Kalenda, Reisinger: 2011]10 [Ball: 2011]11 [www.mtgox.com]12 [Hendricks: 2011]13 [Dellingshausen: 2011]

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In den USA gibt es bereits erste Vorstöße von Politikern Bitcoin zu verbieten und die amerikanische Drogenbehörde (DEA) teilte mit, die Entwicklungen genau zu beobachten.14

Spekulanten

Seit   dem   verstärkten   Medieninteresse   an   Bitcoin   gibt   es   auch   eine zunehmende   Anzahl   von   Menschen,   die   versuchen   mit   Bitcoin   Geld   zu verdienen. Dabei gibt es auf der einen Seite technikbegeisterte Bastler, die mit speziell  aufgerüsteten Rechnern versuchen möglichst viele Bitcoin zu „minen“15 und zum anderen versuchen Investoren große Mengen an Bitcoin zu   kaufen,   um   sie   anschließend   möglichst   gewinnbringend   wieder   zu verkaufen,   da   der   Tauschpreis   zwischen   Bitcoin   und   Dollar   starken Schwankungen unterliegt.16

2 Technische Dimension

Grundsätzlich bestehen Bitcain aus Hashwerten, die über einen komplexen Berechnungsvorgang ermittelt  werden und mit einem Public­Private­Key­Verfahren  ausgetauscht  werden,  wobei   jede  Transaktion   in  einer  ewigen Logdatei  mittels  P2P auf  ein  breites  Netzwerk von Teilnehmern  verteilt wird. Alle Transaktionen werden im Netzwerk verteilt und anschließend zu Blöcken   zusammengefasst,   welche   mittels   aufwendig   berechneter Hashwerte unterschrieben werden.

Transaktionen

Jeder   Nutzer   hat   einen   oder   mehrere   eindeutige   Public­Keys   die   als Kontonummern fungieren.  Möchte  jemand einem anderen Nutzer Bitcoin übertragen verwendet er seinen Private­Key und und den Public­Key des 

14 [Wolf: 2011]15 Vergleiche Abschnitt Technische Dimension 16 [Stöcker: 2011]

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Empfängers. Anschließend wird diese Transaktion im Netzwerk verteilt und mit   einem neuen  Hashwert  bestätigt.  Als  Algorithmus  wird  dabei  H256 verwendet.  In der ewigen Logdatei  wird ebenfalls  geprüft,  ob ein Nutzer über die entsprechende Anzahl von Bitcoin verfügt, die er ausgeben möchte. Sollte dies nicht der Fall sein, wird die Transaktion abgelehnt. Mit einer zunehmenden   Verbreitung   und   Wertsteigerung   ergibt   sich   das   Problem, dass   man   Bitcoin   aufsplitten   muss.   Dafür   wurde   bereits   in   der Ursprungsversion   sichergestellt,   dass   man   ein   BitCoin   auf   10 ­8  Stellen aufteilen kann.

Einer der größten Kritikpunkte an Bitcoin ist, dass eine einmal gemachte Transaktion nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Bei einer falsch getätigten Zahlung ist man also immer auf das Wohlwollen des Empfängers angewiesen.  Dies  und  die  mögliche  Anonymität  der  Transaktionspartner sind es gerade, die Bitcoin so vergleichbar mit Bargeld machen.

Da auf diesem Wege Bitcoin nur weitergegeben aber nicht erzeugt werden können,   müssen   Bitcoin   generiert.   Dies   geschieht   über   das   sogenannte Mining.

Mining

Mit Mining bezeichnet man den Vorgang, bei dem für eine beliebige Anzahl von   Transaktionen   ein   abschließender   Hashwert   berechnet   wird.   Jedes Mitglied des Netzwerks, das einen solchen Hashwert beisteuert bekommt eine gewisse Anzahl von Bitcoin gutgeschrieben. Aktuell liegt diese bei 50 Bitcoin,   was   einem   Gegenwert   von   ungefähr   1.000$   entspricht.   Die Gutschrift   neuer   Bitcoin   für   geeignete   Hashwerte   wird   dabei   durch   die Software der Clients gesteuert.

Gleichzeitig wird durch den sogenannten Proof of Work sichergestellt, dass nur etwa alle 10 Minuten ein neuer Block generiert wird, um die steigende Rechenleistung   im   Netzwerk   zu   berücksichtigen.   Dafür   werden   an   die 

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errechneten Hashwerte spezielle Anforderungen gestellt, sodass man mehr zufällige   Hashwerte   berechnen   muss,   bis   ein   passender   gefunden   wird. Üblicherweise wird so etwas über Vorgaben realisiert, dass beispielsweise die   ersten   n   Bits   eines   Hashwertes   0   sein   müssen,   wobei   der Arbeitsaufwand mit steigendem n zunimmt.

Die Anforderungen sind inzwischen so hoch, dass ein normaler Heimrechner kaum noch zum Mining verwendet werden kann, da die Errechnung eines passenden Hashes Monate oder Jahre benötigen würde. Darum verwenden Miner spezielle Rechner mit modernsten Grafikkarten zur Berechnung, da sich die GPU besser zur Verarbeitung von parallelen Aufgaben eignet als eine   normale   CPU.   Dabei   muss   ein   einmal   errechneter   Hashwert   nicht sofort   genutzt   werden,   um   einen   neuen   Block   von   Transaktionen   zu bestätigen,  er  muss  nur   innerhalb  der  gleichen Schwierigkeitsklasse  von Aufgaben  liegen.17  Aufgrund der  hohen Hardwareanforderungen und den relativ   hohen   Gewinnen   hat   sich   eine   breite   Bewegung   entwickelt,   die versucht optimale Rechner zum Mining zusammenzustellen und sich über Kühlungs­ und Übertaktungsmöglichkeiten austauschen. Inzwischen gibt es auch Ansätze  für  eigens zum Mining erstellte  Rechencluster,   in  der  sich Einzelpersonen zusammenschließen können. Entsprechende Software wird ebenfalls innerhalb der Community bereitgestellt.

Während auf der einen Seite der Schwierigkeitsgrad für neue Hashwerte erhöht wird, wird die Zahl der für Hashwerte vergebenen Bitcoin etwa alle halbe Jahre reduziert. Man geht davon aus, dass 2034 der letzte BitCoin generiert ist, womit dann etwas 21 Millionen Bitcoin existieren. Aktuell sind es etwa 6,5 Millionen.

17 [Pritlove, Bogk: 2011]

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Konsistenz des Systems

Da   das   Mining   immer   unprofitabler   wird   und   letztendlich   keine   neuen Bitcoin mehr durch Mining generiert werden können, wurde bereits jetzt eine   Transaktionsgebbühr   von   0,0005   Bitcoin   im   Client   implementiert, welche   man   auf   freiwilliger   Basis   erhöhen   oder   ohne   Verwendung   des Clients ganz umgehen kann.18  Diese erhält derjenige, der die Transaktion mit   einem   entsprechenden   Hashwert   bestätigt.   Da   in   einem   Block   eine Vielzahl   von   Transaktionen   zusammengefasst   sind,   ergibt   sich   bei steigendem   Wert   von   Bitcoin   noch   immer   ein   Anreiz,   Rechenleistung beizusteuern.

Sollten   zwei   konkurrierende   Blöcke   auftauchen,   indem   gleichzeitig   zwei Hashwerte   verwendet   wurden   um   Transaktionen   zu   einem   Block zusammenzuführen,   entscheidet   das   gesamte   P2P­Netzwerk   über   die Fortführung.  Es  ist  so  festgelegt,  dass die  längere Kette von Blöcken im Netzwerk gewinnt. 

Mögliche Schwachstellen

Um die Konsistenz der Gesamtkette sicherzustellen überprüfen alle Clients im Netzwerk jeden neuen Block auf seine Gültigkeit. Dazu verwenden sie die Eigenschaft  von Hashcodes,  dass sie  zwar schwer zu berechnen aber relativ leicht zu verifizieren sind. Sollte es Fehler in den Blöcken geben wird der   entsprechende   Block,   alle   folgenden   sowie   die   darin   enthaltenen Transaktionen   neu   berechnet.   Hier   liegt   zwar   ein   theoretischer Schwachpunkt   des   Systems,   da   man   immer   wieder   Blöcke   als   falsch deklarieren kann, jedoch müssten über die Hälfte der Clients einen Block als falsch identifizieren, diesen letztendlich zu löschen. 

18 [Garzik: 2011]

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Eine   Möglichkeit   bei   einer   zunehmenden   Zahl   von   Netzwerkknoten   die Mehrheit zu manipulieren liegt nach dem aktuellen Wissenstand noch nicht vor.19

Ein weiteres Problem ist der enorme Datentransfer den Bitcoin erzeugen. Die   ewige   Logdatei   wird   von   allen   Clients   gespeichert   und   überprüft. Aktuell   liegt   diese   mit   ca.   120.000   Blöcken   bei   ungefähr   500MB Speicherbedarf. Ein Problem, das gerade der mobilen Nutzung von Bitcoin zum Verhängnis werden kann. Zwar gibt es bereits Implementationen für zum Beispiel Android, die nicht die gesamte Logdatei mitführen, jedoch ist noch   nicht   absehbar,   ob   der   zunehmende   Datenverkehr   bei   einer   sehr breiten Nutzung von Bitcoin beherrschbar ist.20

Weitere Risiken ergeben sich durch Angriffe auf Handelsplattformen oder den Endnutzer,  wie die Erlebnisse der  letzten Wochen gezeigt  haben. So brach   nach   einem   Angriff   auf   die   Handelsbörse   Mt.   Gox   der   Kurs   von Bitcoin bis auf wenige Cent ein, wurde aber anschließend korrigiert indem ein   Rollback   verhinderte,   dass   Tausende   Bitcoin   zu   Centbeträgen   den Besitzer wechselten.21  Ebenso sind erste Trojaner aufgetaucht, die gezielt versuchen,   Private­Keys   der   Nutzer   auszuspähen.22  Dies   ist   aber   eine Schwachstelle die eher beim Nutzer als bei Bitcoin selbst liegt.

Als letztes bliebe noch die Möglichkeit der Manipulation über den Quelltext. Da das ganze Projekt aber als OpenSource angelegt ist, erweist sich das als schwierig. Dennoch sind gewisse Aspekte wie Mining und Transfergebühren durch   Veränderungen   an   der   Software   veränderbar   und   bieten   daher Möglichkeiten zur Manipulation.

19 [Pritlove, Bogk: 2011]20 [ebd.]21 [Borchers, Wilkens: 2011]22 [Clark, Klingler: 2011]

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3 Macht

Analysiert   man   die   drei   im   Praktikum   behandelten   Machtformen, Definitions­,   Durchsetzungs­   und   Verhinderungsmacht   im   Kontext   von Bitcoin im Einzelnen, so stellt man fest, dass sie sich gegenseitig bedingen und   im aktuellen  Prozess  noch  nicht   jedoch   theoretisch  existente  Macht eingesetzt wurde.

Definitionsmacht

Zu   aller   erst   liegt   die   Definitionsmacht   bei   den   Nutzern.   Nur   die gegenseitige   Anerkennung   und   Einigung   auf   Bitcoin   als   Zahlungsmittel geben Bitcoin einen Wert. Andernfalls wären es nur aufwendig errechnete Hashcodes ohne materiellen Gegenwert. Sollten Bitcoin eines Tages zu einer anerkannten   Währung   werden,   würde   dies   eine   weitere   Form   von Definitionsmacht benötigen. In diesem Fall aber eine politisch legitimierte. Da   die   Debatte   jedoch   noch   relativ   neu   ist,   gibt   es   selbst   unter   den Anhängern von Bitcoin noch Streit  darüber,  ob Bitcoin wirklich als  Geld bzw.   als   Währung   anzusehen   sind   oder   eben   nur   ein   stark   im   Preis steigendes Tauschobjekt.

Der Vorstoß von BVDW, PayPal und den zwei amerikanischen Senatoren Charles Schumer (New York) und Joe Manchin (West Virginia)23 zeigt, dass sie   zwar   bereit   sind   Bitcoin   als   Währung   zu   akzeptieren,   sie   aber gleichzeitig   mit   kriminellen  Handlungen   verbinden   und   damit   verbieten möchten.

Durchsetzungsmacht

Die Durchsetzungsmacht liegt bei Bitcoin vor allem auf Seiten der Nutzer, insbesondere der Dienstleister und Shopbesitzer, welche bereit sind Bitcoin als Zahlungsmittel zu verwenden. Je mehr man für Bitcoin kaufen kann, 

23 [Wolf: 2011]

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umso stärker wird auch der Handel mit ihnen florieren. Die Zukunft wird zeigen,   ob   sich   Bitcoin   in   der   kommerziellen   Verwendung   durchsetzen, Spekulationsobjekt bleiben oder von der Politik ganz verboten werden. 

Ein unbeeinflussbares Problem in der Frage, ob sich Bitcoin letztendlich durchsetzen,   liegt   in  der   technischen  Dimension  verborgen.   Es   ist  nicht auszuschließen, dass bei einer zu starken Nutzung das ganze System am Ende   zum   Stillstand   kommt   oder   immer   leistungsfähigere   Hardware benötigt wird, um mit Bitcoin zu handeln.

Verhinderungsmacht

Da vor allem Politik und Wirtschaft ein Interesse daran haben, den Handel mit   Bitcoin   zu  verhindern,   sieht   sich   das  Projekt  mit   zwei   sehr   großen Gegnern   konfrontiert.   So   haben   Unternehmen,   die   sichere Finanztransaktionen   oder   Handelsplattformen   anbieten,   die   Möglichkeit den   Handel   mit   Bitcoin   zu   verbieten   und   das   Projekt   damit   am empfindlichsten Punkt zu treffen: Dem Vertrauender Nutzer. So lange es Treuhandverfahren   zum   Ankauf   von   Bitcoin   gibt,   wird   der   Handel weitergehen.   Sollte   ein   solcher   treuhänderischen   Handel   nicht   mehr möglich sein, würde dies viele davon abhalten eine offizielle Währung gegen Bitcoin zu tauschen. Hier besteht das Problem, dass niemand zur Annahme von Bitcoin verpflichtet ist und somit ein erworbener Bestand von Bitcoin wertlos werden kann.

Während große Wirtschaftsunternehmen eher aus eigennützigem Interesse gegen Bitcoin arbeiten24,  steht die Politik vor dem Problem, dass sie eine gewisse  Verantwortung  gegenüber   ihren  Bürgern  hat.  Sollte   sie   zu  dem Schluss kommen, dass Bitcoin eine nicht einzuschätzende Gefahr für Käufer oder Verkäufer darstellen, könnten sie den Versuch unternehmen Bitcoin zu verbieten.   Dabei   wäre   das   größten   Probleme,   dass   dies   einen   schweren 

24 Näheres dazu im Abschnitt Ideologie

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Eingriff   in   die   persönlichen   Freiheitsrechte   und   die   Vertragsfreiheit darstellen   würde.   Außerdem   würde   selbst   ein  Verbot   nicht   sicherstellen können, dass Bitcoin nicht mehr verwendet werden. Es wäre gleichzeitig das Ende   für   Angebote   legaler   Shops   und   Dienstleister,   die   Bitcoin   als Zahlungsmittel   akzeptieren,   jedoch   nicht   für   Schattenwirtschaft   und kriminelle Angebote.

4 Ideologie

In   ihrem   Beitrag   über   elektronisches   Geld   für   das   CCC­Radio­Network sehen Tim Pritlove und Andreas Bogk den Ursprung von Bitcoin im Millieu der  Cypherpunk­Bewegung.25 Bogk ist außerdem der Ansicht, dass es auch anarchistische Tendenzen innerhalb dieser Bewegung gibt.26

Cypherpunk und Anarchie

Cypherpunks   ist   als   eine   Wortschöpfung   aus   Cyber   und   Punk   und bezeichnet jene Menschen, die auf der einen Seite für völlige Transparenz öffentlichen Wissens und auf der anderen Seite für absoluten Schutz der Privatsphäre   eintreten.   Um   anonyme   Interaktion   untereinander   zu ermöglichen   bedienen   sie   verschiedener   Verschlüsselungstechnologien. Verständlicherweise hat eine derart geprägte Ideologie ein großes Interesse daran,   monetäre   Transaktionen   anonym   abzuwickeln   und   das   gesamte Verfahren   dabei   so   transparent   wie   möglich   zu   gestalten.   Da   sie   diese Anonymität   vor   wirtschaftliche   Bedingungen   stellen,   ist   es   verständlich warum sie Bitcoin trotz der vielfältigen Kritiken an ihrer Funktionsweise als   Werkzeug   nutzen.   Ein   weiterer   oft   diskutierter   Punkt   ist   die Unabhängigkeit von bestimmten Gelddienstleistern. 

25 [Hughes: 1993]26 [Pitlove, Bogk: 2011]

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Für viele Anhänger von Bitcoin sind Gebühren für Dienste wie PayPal oder Western Union eine ethisch problematische Bereicherung auf  Kosten der Ärmsten, insbesondere bei Bargeldtransfers in Entwicklungsländer.27

Wirtschaftspolitik und staatliche Interessen

Im   Gegensatz   dazu   stehen   Wirtschaftsunternehmen   und   vor   allem   der Staat,  welche  aus   ihrer   Ideologie  heraus  andere  Anforderungen  an  eine Währung stellen.Für die Wirtschaft ist es von großem Interesse, mögliche Handelspartner zu kennen. Vertrauen als einzige Grundlage ist in einer hoch komplexen Welt der Wirtschaft, wie wir sie heute kennen, nicht vorstellbar. Zum einen ist es die Unumkehrbarkeit von Transaktionen, die immer wieder kritisiert wird. Gleichzeitig   ergeben   sich   aus   der   technischen   Realisierung   von   Bitcoin weitere Probleme für die Nutzbarkeit innerhalb der Wirtschaftspolitik. So ist  es  zum Beispiel  nicht  möglich einen Kredit  mit  Bitcoin aufzunehmen oder durch finanzpolitische Maßnahmen Einfluss auf die Menge und den Wert von Bitcoin zu nehmen.28

Für die Politik existiert neben dem Problem der fehlenden Einflussnahme durch eine politisch gesteuerte Instanz zusätzlich das Problem der schweren Nachvollziehbarkeit   von   Transaktionen.   Wie   Bargeld   erleichtern   Bitcoin Gesetzesverstöße, kriminelle Handlungen und Steuerhinterziehung. Trotzdem   sind   einige   aktuelle   Kritikpunkte   auch   in   der Wirtschaftsforschung umstritten. So   gibt   es   auf   der   einen  Seite   die   Anhänger   des  Keynesianismus,29  die Geldpolitik   als   eine   der   essentiellen   Grundlagen   der   Wirtschaftspolitik ansehen und auf der anderen die Anhänger der Österreichischen Schule, in der   geldpolitische   Steuerungsinstrumente   als  nicht  unbedingt  notwendig 

27 [Ball: 2011]28 [Pitlove, Bogk: 2011]29 [http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=IZXP13]

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erachtet werden, um das Funktionieren der Wirtschaft sicherzustellen.30 Für   Spekulanten   mit   Bitcoin   gilt   die   grundlegendste   Ideologie kapitalistischen Denkens: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.

5 Normen

Durch eine verstärkte Nutzung von Bitcoin entsteht ein Bereich mit einem großen wirtschaftlichen Volumen. Mit einem aktuellen Gesamtwert von ca. 40 Millionen US­Dollar (~28 Millionen Euro) und Zuwachsraten von bis zu 1000% entsteht mit Bitcoin ein sehr großer finanzieller Graubereich,31  der einerseits   neue   Regeln   benötigt   und   andererseits   kriminelle   Elemente anlockt.   Während   die   Technik   bestimmte   Normen,   wie   eine   fehlende Rückübertragung   oder   eine   zunehmende   Deflation   vorgibt   und   einen Einfluss auf den Mechanismus selbst verhindert, gibt es viele Dinge die bei einer   weiteren   Verbreitung   von   Bitcoin   durch   neu   entstehende   Normen geregelt werden müssen.

Bitcoin – Währung oder Tauschobjekt

Eine   der   spannendsten   Fragen   über   gesellschaftliche   Regeln   im Zusammenhang mit Bitcoin ist sicherlich die, ob man bei Bitcoin überhaupt von einer Währung sprechen kann. Der Jurist Jens Ferner hat dazu unter Zuhilfenahme   bestehender   Gesetze   in   Deutschland   sowie   europäischer Verordnungen in seinem Blog eine Analyse vorgenommen: 

Somit ist im Ergebnis [...] festzustellen, dass es sich rein rechtlich bei  Bitcoin nicht um Geld im Sinne des Währungsrechts handeln kann,  sondern   lediglich   um   eine   (Tausch­)Ware   mit   zunehmendem Geldwert.32 

30 [Pitlove, Bogk: 2011]31 [Ball: 2011]32 [Ferner: 2011]

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Seine   Hauptargumente   dafür   sind   vor   allem   die   fehlende   zentrale Ausgabestelle und die Verpflichtung zur Annahme als Zahlungsmittel.

Dass   eine   solche   Einschätzung   bei   weitem   nicht   von   allen   geteilt   wird, zeigen   Beispiele   wie   die   Sperrung   von  CoinPal,   einem   Online­Shop   der mittels   PayPal   Bitcoin   verkaufte   und   daraufhin   von   PayPal   mit   der Begründung gesperrt wurde: „[...] they consider Bitcoin an „ecurrency“.“33

Für den Branchenverband BVDW stellen Bitcoin ein Zahlungsmittel  dar, von dem sie allgemein abraten.34 Da mit dem Begriff Zahlungsmittel sowohl Tauschgüter   als   auch   gesetzliche   Zahlungsmittel   gemeint   sein   können, beziehen sie in der Frage der Definition als Währung keine Stellung zum Status von Bitcoin. 

Obgleich   immer  wieder   eine  Möglichkeit   des  Verbots   von  Bitcoin   in  der Debatte auftaucht, gibt es bisher kaum konkrete Aussagen dazu. Selbst der BVDW spricht   sich   in   seiner   ersten  Stellungnahme nicht  direkt   für   ein Verbot   aus   und   auch   die   DEA   und   andere   amerikanische Ermittlungsbehörden wollen die weiteren Entwicklungen abwarten. 

Einzig zwei amerikanische Senatoren haben erste Versuche unternommen, ein Verbot von Bitcoin aufgrund der Affäre um das Drogen­Portal Silk Road voranzutreiben.35

Nach der Vertragsfreiheit Art. 2 GG und den Paragraphen §433 und §480 BGB über  Kauf­  und  Tauschgeschäfte,   steht  es   in  Deutschland  dennoch jedem frei, sich auf Bitcoin als Zahlungsmittel einzulassen. 

Ein weiteres Problem beim Handel mit  Bitcoin wird sicherlich die Frage nach der Versteuerung von Einnahmen darstellen. Wie alle Geschäfte, sind auch   (Tausch­)Geschäfte   die   mit   Bitcoin   geführt   werden   zumindest 

33 [Hendricks: 2011]34 [Dellingshausen: 2011]35 [Brett: 2011]

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Umsatzsteuerpflichtig36 und bisher scheint es noch keine Überlegungen zu geben, ob und wie das Mining sowie der Handel von Bitcoin steuerrechtlich erfasst werden könnten. Ebenso wenig gibt es Ansätze, den Missbrauch von Bitcoin  für  Delikte wie zum Beispiel  Steuerhinterziehung zu verhindern. Sollten   Bitcoin   wirklich   irgendwann   als   offizielles   Zahlungsmittel anerkannt werden, würde sich darüber hinaus das Problem ergeben, dass Transaktionen   nicht   rückgängig   gemacht   werden   können.   Diese Endgültigkeit stellt das Vertragsrecht und das Geschäftswesen, wie wir es heute kennen vor völlig neue Herausforderungen, die außerhalb der aktuell verwendeten Technik von Bitcoin realisiert werden müssten.

Beschaffungskriminalität und Spekulationen

Eine   ganz   andere   Problematik   ergab   sich   erst   in   den   letzten   Tagen. Vermehrt   wurde   von   Trojanern37  und   Hacking­Attacken38  berichtet,   die gegen Nutzer und Handelsplattformen von Bitcoin gerichtet waren. Ebenso gibt es Gerüchte darüber, dass Botnetze eingesetzt werden, um Bitcoin zu Minen39, wobei es sich auch um Rechner handeln soll, die ohne das Wissen der Besitzer eingesetzt wurden. Hierbei handelt es sich um Verstöße gegen bestehende Gesetze, das Ausspähen von Daten, die mutwillige Störung von Computernetzen und Diebstahl fremden Eigentums betreffend. 

Ebenso   problematisch   sind   Spekulationen   mit   Bitcoin.   Aufgrund   ihrer hohen Kursschwankungen, dem teilweise sehr niedrigen Kaufpreis und der Tatsache, dass weder Lager­ noch Transportkosten anfallen und gleichzeitig das Einsatzfeld begrenzt ist, entwickelten sich Bitcoin mit zunehmendem Medieninteresse zu einem höchst spekulativem Anlageobjekt. So kann es vorkommen,   dass   es   auf   einer   Handelsbörse   zu   einem   Totalverlust   der 

36 [Sowa: 2008]37 [Clark, Klingler: 2011]38 [Borchers, Wilkens: 2011]39 [Ball: 2011]

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Kurse kommt, während auf einer anderen der Preis stabil bleibt oder sogar getätigte   Ankäufe   von   Bitcoin   nach   einem   Rollback   des   Servers   wieder zurückgenommen werden,  wie  erst  kürzlich   im Fall  von  Mt.  Gox.40  Dies zeigt,   dass   es  hier  keine  klaren  Regeln  gibt,   wie  mit   Bitcoin  gehandelt werden   kann   oder   sollte   und   wie   man   sich   gegen   Spekulationsblasensichern kann.

Häufig  wird  auch angeführt,  dass  Bitcoin gefährlicher  wären als  andere Zahlungsmittel, da mit ihrer Hilfe leichter Zahlungen für Drogen, Waffen oder andere illegale Güter und Dienstleistungen geleistet werden können. Allerdings gibt es dafür Regeln im Umgang mit Bargeld, die hier ebenso Anwendung   finden.   Prinzipiell   sind   Transaktionen   mit   Bitcoin   sogar nachvollziehbarer  als  Bargeld,  auch wenn die  Verfolgung einen sehr viel größeren   Aufwand   als   beispielsweise   Online­Überweisungen   oder Kreditkartenzahlungen benötigt.

6 Kommunikation

Da   die   Debatte   um   Bitcoin   erst   wenige   Wochen   alt   ist,   hat   sich   die Kommunikation über das Projekt in dieser Zeit stark verändert. 

Erfolgte   die   ursprüngliche   Kommunikation   vor   allem   im   Kreis   der Community   über   die   entsprechenden   IRC­Channel,   Wikis,   Boards   und Foren, so fand das Thema in den letzten Wochen ein breiteres Publikum weit   über   kleine   Blogs   und   technische   Nachrichtenmagazine   hinaus. Dennoch   ist   auffällig,   dass   die   Kommunikation   vor   allem   in   digitalen Medien stattfindet, was für ein derartiges, aus dem Netz geborenes Thema aber   nicht   untypisch   ist.   Allgemein   kann   man   die   Art   und   Weise   der Berichterstattung in drei große Gruppen einteilen:

40 [Reißmann: 2011 (2)]

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Neutrale Berichterstattung

Viele technische Fachzeitschriften, wie heise.de41, t3n.de42, ZDNet.de43  und andere   wie   zum   Beispiel   das   Chaosradio   vom   CCC44  berichteten   über Bitcoin. Zuerst versuchten sie den aktuellen Trend zu erklären und einen Überblick darüber zu geben, was Bitcoin sind und wie sie  funktionieren. Hier stand vor allem eine analysierende Betrachtung im Vordergrund. Man versuchte Schwachstellen zu finden, zeigte sich überrascht über den großen Erfolg   und   war   neugierig   auf   die   zukünftige   Entwicklung.   Mit   den Meldungen über die Attacke auf Mt. Gox und den ersten BitCoin­Trojaner versuchte man über die Hintergründe aufzuklären. Im Normalfall waren die Schilderungen   sachlich,   wenn   teilweise   auch   etwas   euphorisch,   dennoch versuchte man einen möglichst neutralen Standpunkt einzunehmen.

Berichte   in  Medien  wie  Guardian45  oder  bei  Spiegel  Online46  kann  man ebenfalls   einer   beobachtenden   Perspektive   zuordnen,   wobei   hier   der Schwerpunkt   eher  auf  den  medienwirksamen Aspekten  von  Bitcoin,  wie Mining oder Spekulationen lag. Die technischen Details wurden vereinfacht dargestellt bzw. grob umrissen. Eher unbedeutende Stilblüten wurden als Aufmacher verwendet, wie die von einem Miner der seinen Rechner in einer Holzkiste auf dem Balkon platzierte.47

41 [Borchers, Wilkens: 2011]42 [Petereit: 2011]43 [Clark, Klingler: 2011]44 [Petlove, Bogk: 2011]45 [Ball: 2011]46 [Reißmann: 2011]47 [Stöcker: 2011]

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Positive, bewertende Berichterstattung und Werbung

Die enormen Gewinnaussichten, welche das Mining und die Spekulation auf Bitcoin  bei   steigender  Bekanntheit  mit   sich  brachten,   führten   zu  einem verstärkten   Interesse,   sowohl   bei   ganz  normalen  Bürgern  mit   genügend Wissen,   wie   man   einen   eigenen   Rechner   zusammenstellt   als   auch Spekulanten mit dem nötigen finanziellen Mitteln.

Dabei wurde vor allem auf Blogs und in Internetforen über Bitcoin berichtet und wie leicht es ist, damit Geld zu verdienen. Mögliche Risiken wurden häufig nur am Rande erwähnt. Selbst die eher neutralen Analysen wie zum Beispiel   in   der   Buisness   Week48  waren   stark   auf   das   mögliche Gewinnpotential ausgerichtet.

Allgemein   waren   die   Beschreibungen   sehr   einseitig   und   teilweise   sehr emotional. Man konnte es hin und wieder mit einer Goldgräberstimmung vergleichen, die bei manchem Forums­ oder Bloguser zutage trat. Verfolgt man einige der Diskussionen so stellt man sehr schnell fest, dass sich der Ursprungsgedanke  und die   Ideologie  der  Cypherpunks  dabei  nicht  mehr widerspiegelte. 

Nach dem Bekanntwerden des ersten BitCoin­Trojaners gab es sogar einige hämische Kommentare,  obwohl  sich die  Verluste  für  einige  Personen auf mehrere Tausend Euro beliefen.  

Negativ, bewertende Berichterstattung

Während die ersten beiden Formen der Berichterstattung positiv,   ja  fast schon euphorisch anmuten, gab es  auch kritische Stimmen. Hierbei  sind insbesondere   die   Pressemitteilung   des   BVDW49  und   die   beiden 

48 [Sheridan: 2011]49 [Dellingshausen: 2011]

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amerikanischen Senatoren50 zu nennen, die sich für ein Verbot von Bitcoin aussprechen bzw. vor der Nutzung warnen. Während die amerikanischen Senatoren vor allem die Tatsachen anführen, dass über Bitcoin Drogen auf Portalen wie Silk Road anonym gehandelt werden können51, wird der BVDW mit seiner Presseerklärung zu Bitcoin sehr viel dramatischer: 

Durch   die   Nutzung   von   Bitcoin   als   Zahlungsmittel   wird   die  notwendige   Kontrolle   durch   den   Staat   in   den   Fällen   von  Steuerhinterziehung oder Geldwäsche unmöglich. [...] [Bitcoin] haben das   Potenzial,   der   gesamten   Gesellschaft   eben   durch  Steuerhinterziehung,   Geldwäsche   oder   andere   illegale   Geschäfte  nachhaltig zu schaden.52

Sie raten also nicht nur davon ab, Bitcoin zu nutzen, sondern appellieren gleichzeitig an das Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen. Gleichzeitig prophezeien   sie   ein   baldiges   Verbot   von   Bitcoin,   was   aufgrund   der technischen   Umsetzung   und   der   bestehenden   Gesetze   als   äußerst fragwürdig   anzusehen   ist.   Obwohl   sie   in   ihrer   Argumentation   auf bestehende   Rechtsnormen   eingehen,   findet   keine   Abwägung   wie beispielsweise   bei   Ferner53  statt.   Zusammenfassend   kann   man   ihre Argumentation als einseitig und dramatisierend bezeichnen, was sich mit der   Gefahr,   die   von   Bitcoin   für   etablierte   Finanzdienstleister   ausgehen könnte,   verständlich   ist.   Bemerkenswert   ist   hierbei   auch,   dass   die regulierende   Aufgabe   des   Staates   in   ihrer   Argumentation   eine   wichtige Position   einnimmt.   Ein   Verhalten   das   für   Wirtschaftsverbände   eher untypisch ist. Dieser Vorstoß erregte selbst bei den neutralen Beobachtern Aufsehen,   sodass   sich   beispielsweise   der   Blogger   und   Mitautor   von Netzpolitik.org   Linus   Neumann   an   einer   Parodie   versuchte,   in   der   er 

50 [Reißmann: 2011]51 [Wolf: 2011]52 [Dellingshausen: 2011]53 [Ferner: 2011]

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konsequent   das   Wort   Bitcoin   durch   Bargeld   ersetzte.   Sein   Ziel   war   es aufzuzeigen,   dass   Bitcoin   ähnliche   Vor­   und   Nachteile   hat,   wie beispielsweise   Bargeld.54  Zuvor   hatte   Neumann   in   einem   Artikel   für netzpolitik.org55  eine   relativ   neutrale,   wenn   auch   interessierte   Position gegenüber Bitcoin eingenommen hat.56

7 Fazit

Da die Debatte um Bitcoin noch jung ist und in den USA bereits sehr viel heftiger geführt wird als in Deutschland, ist anzunehmen, dass das Thema in Deutschland bald noch stärker diskutiert wird als bisher.

Die   Zusammensetzung   der   Akteure   wird   sich   vermutlich   ähnlich entwickeln. Nachdem Bitcoin durch den Angriff auf Mt. Gox  und durch den Trojaner  einen Vertrauensverlust   erlitten  haben,  bleibt  abwarten,  ob  die Verbreitung weiter zunimmt oder rückläufig wird. Ein Verbot von Bitcoin erscheint   schwierig,  weshalb   letzten  Endes  das  Vertrauen   in  diese  neue Zahlungsmittel   und   die   Leistungsfähigkeit   der   technischen   Umsetzung darüber entscheiden werden, ob Bitcoin ein Erfolg werden oder wie andere digitale Währungen57 vor ihnen wieder verschwinden.

54 [Neumann: 2011 (2)]55 [www.netzpolitik.org]56 [Neumann: 2011]57 [Pitlove, Bogk: 2011]

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