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Vontobel Private Banking Das Magazin für Privatkunden Ausgabe Frühling 2010 Vontobel Private Banking Das Magazin für Privatkunden Ausgabe Winter 2011 Prognosen Prognosen im globalen Unternehmen: Peter Brabeck: „Ich kämpfe um jeden Tropfen Wasser“ Demografie-Prognosen: Alter Norden, junger Süden Makro: Globale Verschiebungen als Treiber für neue Investment-Chancen

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Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Winter 2011

Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Frühling 2010

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Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Winter 2011

ZRH

PrognosenPrognosen im globalen Unternehmen:Peter Brabeck: „Ich kämpfe um jedenTropfen Wasser“

Demografie-Prognosen:Alter Norden, junger Süden

Makro:Globale Verschiebungen als Treiber fürneue Investment-Chancen

PrognosenPrognosen im globalen Unternehmen:Peter Brabeck: „Ich kämpfe um jedenTropfen Wasser“

Demografie-Prognosen:Alter Norden, junger Süden

Makro:Globale Verschiebungen als Treiber fürneue Investment-Chancen

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Herrn M

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„blue“ erscheint vierteljährlich. www.vontobel.com/blue

„Wir alle wissen, dass jede klar und eindeutig bezifferte Voraussage der Zukunft falsch ist.“

Peter Brabeck-Letmathe, Präsident des Verwaltungsrats von Nestlé

Impressum

Herausgeber Bank Vontobel AGMarketing Private Banking (M. Rose, R. Fäh)Gotthardstrasse 43, CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 71 11

[email protected]

Druck Klimaneutral gedruckt durch Schellenberg Druck AG. Erscheint viermal im Jahr in deutscher und englischer Sprache. Nachdruck von Texten ist ohne die schriftliche Bewilligung der Bank Vontobel AG weder ganz noch teilweise gestattet.

Bilder und IllustrationUmschlag: Gallery Stock; Fotos Seite 3 und 27: Jonas Kuhn Fotografie; Illustration Seite 29: Jürgen Willbarth; Bild Seite 31 unten: Alberto Giacometti, Lotar I, 1965, © 2010 ProLitteris, Zürich

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Diese Broschüre stellt kein Angebot dar und dient einzig

informativen Zwecken. Die Erbringung der in dieser Broschüre

beschriebenen Dienstleistungen richtet sich nach dem mit

dem Leistungsempfänger abgeschlossenen Vertrag. Inhalt,

Umfang und Preise der Dienstleistungen und Produkte können

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Bank Vontobel Österreich AGRathausplatz 4, A-5024 SalzburgTelefon +43 (0)662 8104 0, Telefax +43 (0)662 8104 7

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neutralDrucksache

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Editorial/Inhalt

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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

„Ich denke viel an die Zukunft, weil dies der Ort ist, wo ich den Rest meines Lebens verbringen werde.“

So beantwortete Woody Allen anlässlich seines 75. Geburtstages die Frage, was ihn gerade beschäftige. Wir haben uns dieses witzige, aber durchaus ernst zu nehmen-de Zitat zu Herzen genommen und beleuchten innerhalb unseres Schwerpunktthemas „Prognosen“ Fragen zur Zukunft aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Es war mir eine besondere Freude, dass sich Herr Peter Brabeck-Letmathe, Präsident von Nestlé, die Zeit nahm,

sich unseren Fragen zu stellen. Das interessante Gespräch mit ihm stimmt nachdenklich: Die Ressource Wasser wird knapp, Brabeck kämpft um jeden Tropfen. Trotz düsterer Prognose bleibt der Optimist aber (noch) zuversichtlich.

Ob das Glas halb voll oder halb leer ist, beschäftigt auch die Vontobel-Spezialisten, deren Prognosen zum Vorteil unserer Anleger eingesetzt werden. Gerade in den Berei-chen Wachstum, Verschuldungsperspektiven wie auch Währungsentwicklungen wird 2011 nebst Erfahrung und Wissen das Denken in Zukunftsszenarien entscheidend sein. Im Porträt von Prof. Thorsten Hens erfahren Sie mehr über neue Erkenntnisse der Verhaltensökonomie (Behavio-ral Finance), die den Faktor Mensch bei Anlageentschei-dungen stärker berücksichtigt. Erkenntnisse, die auch wir im Private Banking 2011 gewinnbringend einsetzen.

Ich wünsche Ihnen, dass Ihr Glas immer mindestens halb voll ist.

Herzlich

Peter FanconiLeiter Private [email protected]

Thema: Prognosen ∙ Peter Brabeck: „Ich kämpfe um jeden Tropfen Wasser“ 4∙ Der Zukunft einen Flügelschlag voraus 10∙ Der Faktor Mensch 12∙ Alter Norden, junger Süden 14

Makro: Globale Verschiebungen als Treiber für neue Investment-Chancen 18

Chancen: Von Indien und anderen Emerging Markets 22

Blaue Seiten: Vermischtes aus der Vontobel-Gruppe 26

Care & Share: Ein Kinderlachen ist das grössteGeschenk für mich 28

Kolumne: Die Anzeichen deuten 29

Kultur & Genuss: Inside Zürich 30

Inhalt

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Thema

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Viele Unternehmen schwören auf Planungsinstrumente und stellen munter Fünf- oder Siebenjahrespläne auf. Sie auch?Davon halte ich gar nichts. Reine Zeitverschwendung! Wir alle wissen, dass jede klar und eindeutig bezifferte Vor-aussage der Zukunft falsch ist. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt: Die Mehrjahrespläne wiegen ein Unterneh-men oft in falscher Sicherheit. Sie vermitteln den Akteuren den Eindruck, die Zukunft zu meistern. Dabei meistern wir gar nichts. Das Einzige, was wir machen können, ist, die Veränderungen in allen Märkten sehr genau zu beobach-ten und auf den Wandel sofort zu reagieren. Ich kenne zum Beispiel keine einzige Bank in der Welt, die in ihren Mehrjahresplänen die Finanzkrise vorausgesehen hat. Und doch war diese Krise für die ganze Branche das mit Abstand erschütterndste Ereignis der letzten Jahre.

Jeden Tag verkauft Nestlé weltweit 1,2 bis 1,3 Milliarden Produkte. Das setzt enorm viel Wissen über die Bedürf-nisse der Menschen voraus. Stützen Sie sich dabei auf Prognosen? Nestlé ist wirtschaftlich erfolgreich, weil wir nicht an einen globalen Konsumenten glauben. Wir sind überzeugt, dass jeder Konsument auf dieser Erde lokal verankert ist und als Individuum wahrgenommen werden will. Prognosen brauchen wir dazu nicht. Wir versuchen einfach, uns so individuell wie möglich um 6,5 Milliarden Erdenbürger zu kümmern.

Was heisst das konkret?Wir brauchen eine Organisation, die bei allem, was die Konsumenten sehen, riechen und schmecken können,

Nestlé ist der grösste Lebensmittelkonzern der Welt. Wer Nestlé sagt, denkt an Peter Brabeck-Letmathe. Der 66-jährige Öster-reicher hat den Konzern dorthin geführt, wo er heute steht. Ein Gespräch über Zukunftsprognosen, Herausforderungen im Un-ternehmen und über Wasser. „Wasser“, sagt Brabeck, „ist die Grundlage des Lebens und heute so bedroht wie noch nie in der Geschichte der Menschheit.“

Peter Brabeck: „Ich kämpfe um jeden Tropfen Wasser“

Interview: Peter Fanconi und Johann Thalheimer

Thema: Prognosen im globalen Unternehmen

möglichst nah dran ist. Nur so erfahren wir, wie sich das Konsumverhalten ändert. Auf der einen Seite muss also Nestlé so dezentral und marktnah wie möglich aufgestellt sein. Auf der andern Seite müssen wir, weil wir ja auch effizient sein wollen, sehr stark zentralisiert operieren.

Wie lassen sich beide Ansprüche kombinieren?Noch vor 15 Jahren war Nestlé ein Supertanker – ein Supertanker der Lebensmittelindustrie. Supertanker sind etwas sehr Mächtiges, aber sie sind auch relativ unbeweg-lich. Am Markt der Zukunft ist nur jenes Unternehmen erfolgreich, das schnell und flexibel auf die Kundenbedürf-nisse reagieren kann. Also begannen wir, den Supertanker Nestlé umzubauen. Heute ist Nestlé ganz anders organi-siert: Wir haben eine Flotte schneller, kleiner Angriffsschif-fe. Diese Schnellschiffe operieren dezentral. Ihnen folgen grössere Versorgungsschiffe, die wiederum zentral organi-siert sind und allen Schnellschiffen zur Verfügung stehen.

Mit anderen Worten, es gibt keine zentrale Produkt-strategie?Jede Produktkategorie hat bei Nestlé ihre eigene Organisa-tion, wobei die Ausprägung höchst unterschiedlich sein kann. Nespresso beispielsweise ist weltweit äusserst erfolg-reich. Deshalb haben wir bei Nespresso weltweit überall die gleichen Maschinen und das gleiche Produkt. Bei einem Luxusprodukt – und Nespresso gehört dazu – müssen sie die Distribution in der eigenen Hand behalten und das Produkt weltweit nach der gleichen Marketingformel bewerben. Da-mit ist auch gesagt, dass ein Luxusprodukt viel stärker zen-tral geführt wird als ein Massenprodukt. Bei den Produkten

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Peter Brabeck-Letmathe hält wenig von Prognosen.

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von Maggi oder Thomy läuft es andersrum. Dort muss jedes einzelne Produkt dem lokalen Markt und dem Geschmack der lokalen Konsumenten angepasst sein. Darum werden unsere Maggi-Suppen in Deutschland als deutsches Produkt angesehen und in Chile als chilenisches Produkt.

Das schafft eine enorme Komplexität. Wie lässt sie sich steuern?Auch bei Nestlé hiess es während Jahren: Komplexität ist ineffizient. Das Projekt Globe rückte genau diesem Prob-lem zu Leibe. Unter Globe verstehen wir Global Business

Excellence. Über 2000 Personen arbeiteten während sechs Jahren für das Projekt, in das wir über drei Milliarden Fran-ken investierten. Kein anderes privates Unternehmen die-ser Welt hat bis heute ein ähnlich tiefschürfendes Projekt durchgezogen. Nestlé profitiert von den Erkenntnissen, die

uns Globe gebracht hat. Wir haben den Beweis erbracht, dass Komplexität und Effizienz sich nicht ausschliessen. Globe hat uns zum wettbewerbsfä-higsten Anbieter in der Konsumgüter-industrie gemacht.

Was hat Nestlé dazu bewogen, ein solches Riesenprojekt zu starten?Wir hatten vor Globe einen Umsatz von rund 55 Milliarden Schweizer Franken. Wir besassen schon damals eine führende Position in der Branche.

Aber wir spürten auch, dass sich das Unternehmen einer Grenze näherte. Lassen Sie es mich mit einem Vergleich aus der Luftfahrt erklären. Es war ein Gefühl, wie wenn sich ein Pilot mit seinem Flugzeug an die Schallgeschwin-digkeit herantastet. Wir brauchten immer mehr Aufwand,

„Es ist kein Menschenrecht, dass wir Wasser verschwenden, um Autos zu waschen, Golfplätze zu bewässern oder private Swimmingpools zu füllen.“

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Grosse Entscheidungen trifft Peter Brabeck-Letmathe nicht an seinem Bürotisch.

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um noch ein paar Kilometer schneller zu werden. Der Aufwand nahm überproportional zu – das Ergebnis jedoch nicht. Die damalige Struktur des Unternehmens war gut für Umsätze bis 50 oder 55 Milliarden, aber sie war unge-eignet, um einen Umsatz von 100 Milliarden anzupeilen.

Und dann fiel plötzlich die rettende Idee vom Himmel?Jedenfalls nicht vom Himmel über Vevey. Die erste Idee zur Umstrukturierung des Konzerns reifte bei mir in Chile bei einem Manöver der dortigen Marine.

In Chile? Bei einem Manöver?Ich war damals von einem Admiral zu einem gemeinsa-men Manöver der chilenischen und der britischen Marine eingeladen worden. Während zweier Tage war ich mit dem Admiral im Kommandoboot unterwegs und hatte ausgiebig Gelegenheit, mir anzusehen, wie er seine äus-serst anspruchsvolle Aufgabe organisierte und meisterte. Dort sah ich zum ersten Mal ein Modell, das komplex und doch hoch effizient war. Ich sah die raschen, flexiblen Schnellboote mit ihrer dezentralen Entscheidungsauto-nomie und die dahinter fahrenden Versorgungsschiffe, die zentral geführt waren und wichtige Dienstleistungen für alle Schnellboote erbrachten. Ich gewann rasch den Eindruck, dass Nestlé daraus etwas lernen könnte. Und so war es auch.

Haben Sie Ihre besten Geschäftsideen immer ausserhalb des Büros entdeckt? Ich habe in meinen beruflichen Leben noch nie eine grosse und wichtige Entscheidung im Büro getroffen. Der Bürotisch scheint mir der schlechteste Platz überhaupt, um grosse Entscheidungen zu treffen. Im hektischen Alltag einer Firma finden die verantwortlichen Personen nie genug Zeit und Distanz, um die wirklich wichtigen Fragen in allen Einzelheiten zu analysieren. Auf dem Meer, in den Bergen oder auf dem Bike ist mir dies viel besser gelun-gen, weil ich dort die nötige Distanz und Ungestörtheit fand. Ich habe immer versucht, die Probleme zu zerlegen, neu zusammenzusetzen und wieder zu zerlegen. Mir war wichtig, neue Fragen von allen Seiten zu betrachten und nicht immer gleich auf eine Lösung zuzusteuern. Es gibt viele mögliche Lösungen – die Kunst besteht darin, alle relevanten Lösungen aufzuspüren und die beste auszu-wählen. Ein solches Verfahren braucht Zeit. Im Büro findet man selten Zeit.

Ihre Laufbahn ist nach heutigen Massstäben sehr atypisch. Sie haben Ihr ganzes Berufsleben bei Nestlé ver-bracht und sind von Stufe zu Stufe nach oben gestiegen.

So etwas gibt es heute fast nirgends mehr?Für mich war es sehr wichtig, keine Etappe auszulassen oder zu überspringen. Es gibt heute in der angelsächsi-schen Welt die Auffassung, dass es am besten sei, wenn der Chef einer Unternehmung nicht zu viel vom Geschäft verstehe. Ich finde das mit Verlaub eine völlig absurde Idee. Es käme ja auch niemand auf die Idee, jemanden in einen Boliden der Formel 1 zu setzen, der nicht Auto fah-ren kann. So macht man keinen Weltmeister und so bringt man auch kein Unternehmen an die Weltspitze. Wir bei Nestlé sind definitiv nicht der Meinung, dass wir erfolg-reiche Spitzenleute irgendwo holen können, wenn sie nur Manager sind. Nein, sie müssen unsere Branche kennen – und zwar nicht erst seit 100 Tagen. Erfolgreich kann nur jemand sein, der über Erfahrung verfügt.

Ist das gewissermassen Teil der Nestlé-Kultur?Absolut. Dieses Verständnis stammt aus der langen Fir-menkultur von Nestlé. Das gab es schon lange, bevor ich zur Unternehmung kam.

Die Zukunft jedoch lässt sich nicht immer mit Rezepten der Vergangenheit gewinnen. Deshalb nochmals die Fra-ge: Welchen Stellenwert haben für Sie Prognosen?Bei Nestlé sind wir keine Futuristen und auch keine allzu prognosengläubigen Menschen. Prognosen helfen uns

relativ wenig im Tagesgeschäft. Oder noch klarer ausgedrückt: Jede Prognose ist falsch – die einen mehr, die andern weniger. Das ist der Grund, weshalb wir bei Nestlé keine Lang-fristprognosen machen. Das wiederum heisst aber nicht, dass wir nicht über die Zukunft nachdenken. Wir arbeiten dabei mit Szenarien. Wir überlegen uns, welche Faktoren unser Geschäft am stärksten beeinflussen werden, und untersuchen dann diese Faktoren genauer. Auf was reagieren sie? Wie stark verändern sie sich? Daraus wer-den aber keine Prognosen; es bleiben Szenarien.

Sie haben mehrmals erwähnt, dass Sie das Verhalten der Konsumenten sehr genau beobachten. Gehen Sie davon aus, dass sich die Konsumgewohnheiten in fünf, in zehn oder mehr Jahren markant verändern werden?Ja, das werden sie. Ein Beispiel: Die Lebenserwartung der Menschen steigt sehr rasch an. In Europa wurden die Menschen um 1800 durchschnittlich 35 Jahre alt. Heute sind es 78 Jahre. Wenn wir zur Kurve der steigenden Le-benserwartung eine Kurve mit der Kalorienaufnahme der Menschen hinzustellen, zeigt sich etwas Interessantes: Die Entwicklung der Kurven verläuft weitgehend parallel. Die ungenügende Kalorienaufnahme der Menschen von 1800 deckt auf, dass damals vielerorts Mangel und Hunger herrschte, was die Lebenserwartung tief hielt. Seit 1995 verlaufen die Kurven jedoch nicht mehr parallel: Dort, wo die Kalorienaufnahme weitersteigt, bricht die Lebenser-wartung plötzlich ein. Anders gesagt: Wer mehr Kalorien futtert, verkürzt die eigene Lebenserwartung.

Keine günstige Entwicklung für einen Nahrungsmittel-hersteller?Das ist ein Entwicklungsbruch, auf den Nestlé sofort reagieren musste. Denn damit ändert sich die für das

„Der Bürotisch scheint mir der schlech-teste Platz überhaupt, um grosse Ent-scheidungen zu treffen. Auf dem Meer, in den Bergen oder auf dem Bike ist mirdies viel besser gelungen, weil ich dienötige Distanz und Ungestörtheit fand.“

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Geschäft von Nestlé wichtigste Korrelation. Das war einer der zentralen Gründe, weshalb wir zum Schluss kamen, dass unsere Zukunft nicht mehr allein in der Lebensmit-telbereitstellung liegt. Also mussten wir unsere Geschäfts-felder ausweiten und kamen dann auf die drei Bereiche Nutrition, Health und Wellness. Heute liegt unser Ziel nicht mehr darin, mehr Kalorien zu verkaufen, sondern bessere Kalorien. Das war die grosse strategische Repositionierung von Nestlé. Ich bin überzeugt: Hätte Nestlé mit Lang-fristplänen und Prognosen gearbeitet, wäre dieses ganz entscheidende Detail unentdeckt geblieben, weil dieser Entwicklungsbruch eben für alle völlig unvorhersehbar war – so unvorhersehbar wie die Finanzkrise für die Banken.

Sie befassen sich persönlich seit mehreren Jahren mit Wasser und der Bedeutung von Wasser als Grundstoff des menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens. Welche Prognose geben Sie dem Rohstoff Wasser?Auf diesem Feld traue ich mir eine Prognose zu. Aber nur deshalb, weil Nestlé eine umfassende Studie über die 154 grössten Wasserbecken unseres Planeten machen liess. Darin geht es auch um Fragen der Wasserverschwendung und des nachhaltigen Gebrauches von Wasser. Das Fazit ist alarmie-rend: Global betrachtet, verbraucht die Menschheit schon heute viel mehr Wasser, als es ein nachhaltiger Wasser-haushalt zuliesse. Pro Jahr weist der globale Wasserhaushalt ein Defizit von rund 300 Kubikkilometern aus. Und es wird weiter ansteigen, solange Wasser keinen Preis hat. Denn was keinen Preis hat, hat keinen Wert und wird verschwen-det. Zudem nehmen vor allem jene Länder, die auf Bio Fuels setzen, in Kauf, dass der Wasserverbrauch steil ansteigt.

Hat die Politik mit Blick auf die Wassernutzung die Weichen falsch gestellt?Die Politik hat die Weichen noch gar nicht gestellt. Dies wäre der Fall, wenn die Regierungen beispielsweise sagen würden: „No Food for Fuel“ – und die Umwandlung von Nahrungsmitteln in Biotreibstoffe verbieten würden. Aus nachhaltiger Sicht ist dies ein absolut zerstörerisches Ge-schäft. Ein Liter Bio-Ethanol verbraucht bei der Herstellung bis zu 4000 Liter Wasser; ein Liter Bio-Diesel sogar bis zu 9100 Liter Wasser. Das sind extrem schlechte Werte, die verboten gehören. Nebenbei gesagt, ist bei manchen Bio-Treibstoffen auch der CO2-Ausstoss höher als bei norma-len Treibstoffen.

Rechnen Sie damit, dass es künftig zu harten Konflikten um die Wassernutzung kommt?Ich sehe keinen Krieg um das Wasser heraufziehen, wenn Sie das meinen. Ich schliesse aber nicht aus, dass es irgendwann einen Konflikt geben kann, bei dem das Wasser als Vorwand für einen Krieg herhalten muss. Im Nahostkonflikt, der nun schon seit Jahrzehnten ungelöst ist, gibt es ein einziges Projekt, das sowohl die Intifada 1 und Intifada 2 überlebt hat – ein Wasserprojekt. Das stimmt irgendwie optimistisch. Es zeigt, dass Wasser auch friedensstiftend und konfliktmindernd sein kann.

Ist es nicht seltsam, dass Sie sich so intensiv mit der Sicherung des Rohstoffs Wasser beschäftigen? Eigentlich würde man erwarten, dass dies eine prioritäre Aufga-be der Staaten sein müsste – immerhin geht es um die Sicherung einer Ressource, die für das Leben auf unserer Erde zentral ist!Das Problem des Wassers ist zunächst immer ein lokales, regionales Problem. In der Schweiz haben wir genug Was-

ser. Also muss es keine grosse Priorität auf der politischen Agenda der Schweiz haben. In andern Teilen der Welt hat jedoch die Wasserfrage eine unerhörte Brisanz und Dring-lichkeit. Viele Politiker dieser Länder sagen sich: Wenn ich wiedergewählt werden will – und das wollen alle Politiker –, dann mache ich um das heisse Thema lieber einen grossen Bogen. Sie wissen, dass unpopuläre Massnahmen keinen Beifall bringen, sondern Stimmen kosten. Am WEF in Davos hat das ein verantwortlicher Minister auch öffentlich zuge-geben. Er hat gesagt, wenn er das Thema so lösen würde, wie wir es vorschlagen, würde er mit Sicherheit abgewählt.

Und abgewählt würde der Minister, weil Sie fordern, dass Wasser einen Preis haben muss. Weil, wie die Erfahrung zeigt, nur mit jenen Dingen haushälterisch umgegangen wird, die einen Preis haben, während alles, was gratis ist, verschwendet wird.Ja, das ist so. In der Politik hält sich die Auffassung, dass sich die Wasserfrage auf der Versorgerseite lösen lasse. Das ist falsch. Es bringt nichts, einfach weitere Dämme zu bauen, um grössere Wasserspeicher zu bekommen. Es bringt auch nichts, grosse Flüsse der Welt stärker zu nutzen. Die Ressource Wasser hat keine unausgeschöpften Potenziale mehr, sondern wird hoffnungslos übernutzt. Die fünf grössten Flüsse der Erde bringen heute schon zu wenig Wasser ins Meer. Wer die Fakten sieht, der kommt nicht um eine klare Erkenntnis herum: Die Wasserfrage lässt sich nur auf der Nachfragerseite lösen. Das ist poli-tisch viel weniger interessant, weil sie dazu den Menschen etwas abverlangen müssen.

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Für diese Haltung hat man Sie in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren scharf kritisiert. Aber beeindruckt hat Sie die Kritik offenbar nicht?Ganz im Gegenteil. Es ist nötiger denn je, dass sich die Menschheit dieser Überlebensfrage stellt. Da und dort bin ich in der Öffentlichkeit bewusst falsch verstanden worden. Ich habe nie bestritten, dass es ein Menschen-recht auf Wasser gibt. Jeder Mensch soll täglich seine fünf Liter Trinkwasser gratis bekommen und dazu noch weitere 20 Liter, die es zur Mindesthygiene braucht. Das ist völlig unbestritten. Es ist überhaupt kein Problem, diesen Grund-bedarf für alle zu garantieren, denn er macht weltweit nur gerade zwei Prozent des jährlichen Wasserabzugs aus. Mich interessieren die übrigen 98 Prozent, die zu einem schönen Teil verschwendet oder für Luxusbedürfnisse bereitgestellt werden – mehr oder weniger zum Nulltarif.

Von welchen Luxusbedürfnissen sprechen Sie?Es ist kein Menschenrecht, dass wir Wasser verschwenden, um Autos zu waschen, Golfplätze zu bewässern oder pri-vate Swimmingpools zu füllen. Es ist auch kein Menschen-recht, 9100 Liter Wasser zu verbrauchen, um einen Liter Bio-Treibstoff zu gewinnen. Heute macht man all diesen ökologischen Unsinn doch nur, weil ein Liter Wasser nicht einmal einen Rappen kostet. Wer in Zukunft das Wasser für Luxuszwecke brauchen will, der soll dafür einen Preis bezahlen. Der Wert von Wasser liegt heute praktisch bei null. Das ist das Problem. Wer heute durch Italien und Spanien fährt, der entdeckt immer wieder Bauern, die um die Mittagszeit ihre riesigen Felder bewässern. Jeder weiss, dass um diese Zeit 75 Prozent des Wassers verdunsten, bevor es in die Böden einsickert. Müssten diese Bauern einen echten Preis für das Wasser bezahlen, würde kein einziger um die Mittagszeit bewässern – und schon wären drei Viertel des Wasserverbrauchs eingespart.

Die Nahrungsmittelherstellung verbraucht viel Wasser. Setzt Nestlé das Wasser sparsam ein oder gehört das Unternehmen selber zu den grossen Sündern?Wir haben in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte beim sparsamen Verbrauch und in der effizienten Nutzung gemacht. Zudem ist im Konzern bekannt, dass ich sehr heftig interveniere, wenn ich feststelle, dass wir uns vom Pfad der Nachhaltigkeit entfernen. Nestlé gehört in der Industrie zu jenen Unternehmen, die heute am wenigsten Wasser verbrauchen. Pro Dollar Umsatz haben wir den Wasserverbrauch von 4,5 auf 1,5 Liter zurückgefahren. Das ist ein gewaltiger Fortschritt. Aber ich gebe zu, dass es noch viele Branchen mit grossem Sparpotenzial gibt. Zum Beispiel die Papier-, die Energie- oder die Erdölindustrie.

Was bringt Sie dazu, sich so engagiert für die Wasser-frage einzusetzen?Ich bin der Meinung, dass wir die Zukunft nicht mit Prognosen voraus-sagen sollten. Viel besser ist es, die Zukunft Tag für Tag zu gestalten. Ich setze mich nicht aus philantropischen oder ideologischen Gründen für eine nachhaltige Sicherung des Wassers für alle Menschen dieser Welt ein. Die Erklärung ist viel einfacher: Nestlé feierte 2006 das 140-jährige Bestehen. Damals habe ich mich gefragt: Was ist der wichtigste Faktor, damit Nestlé

140 Jahre später erneut feiern kann? Die Analyse hat mir gezeigt, dass für unser Unternehmen Wasser eine existen-zielle Bedeutung hat. Wir brauchen Wasser bei den Roh-materialien und in der Produktherstellung. Unsere Kunden brauchen Wasser, damit sie unsere Produkte zubereiten können, und schliesslich verkaufen wir den Menschen auch Trinkwasser von hoher Qualität. Das soll so bleiben, wenn wir gemeinsam Werte schaffen wollen.

Thema

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Peter Brabeck-Letmathe stiess 1968 nach einem betriebswirtschaftlichen Studium zu Nestlé Österreich. Später trug der gebürtige Villacher für Nestlé während 17 Jahren Verantwortung in Lateinamerika (Chile, Ekua-dor, Venezuela). 1987 folgte der Ruf an den Hauptsitz in Vevey, wo man dem Österreicher die weltweite Verantwortung für die Produkte Division übertrug. 1997 bestimmte ihn der Verwaltungsrat zum CEO von Nestlé. 2005 kam die Aufgabe als Verwaltungsratspräsident hinzu. Seit 2008 beschränkt sich Brabeck auf das Verwaltungsratspräsidium – nicht zuletzt um mehr Zeit zur Analyse der drängenden globalen Wasserfrage zu bekommen. Einen spannenden Einblick in die Karriere des heute 66-jäh-rigen Nestlé-Topmanagers gibt das Buch „Gemeinsam Werte schaffen“, das Friedhelm Schwarz über Brabeck geschrieben hat (erschienen im Stämpfli Verlag, Bern).

„Ich bin der Meinung, dass wir die Zu-kunft nicht mit Prognosen voraussagen sollten. Viel besser ist es, die Zukunft Tag für Tag zu gestalten.“

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Seit Jahrhunderten haben die Menschen immer wieder die Zukunft befragt. Wird sie besser, wird sie schlechter? Was bleibt, was wird sich fundamental ändern? Keine Frage: Die Welt von Morgen wird heute vorbereitet. Also müsste das, was morgen sein wird, Auswirkungen auf die Entscheidun-gen von heute haben. Und zwar bei den Entscheidungen der Individuen wie der Unternehmen. Alle Menschen treffen fortlaufend kleine oder grosse Entscheidungen, bei denen sie sich auf Annahmen stützen. Diese Annahmen haben fast immer einen Bezug auf eine erwartete oder befürchtete Entwicklung in der Zukunft. Das ist einer der Gründe, weshalb Zukunftsprognosen aller Art immer ihr Publikum gefunden haben und weiterhin finden werden.

In der Zukunftsbranche tummeln sich allerhand Leute: Wahrsagerinnen, Horoskopverfasser, Untergangspropheten, Risikomanager, Analysten und natürlich auch Trendforscher. Karin Frick zählt sich zum seriösen Segment der Zukunftsfor-scher, die empirisch und mit wissenschaftlichen Methoden arbeiten. Die Ökonomin hat ein sehr pragmatisches Ver-ständnis von Trendforschung. „Wir sind keine Orakel“, sagt sie lapidar. „Wir können heute nicht punktgenau sagen, was in 50 Jahren sein wird.“ Niemand kann das, weil die Zukunft sich nicht linear entwickelt, sondern immer wieder Sprünge macht, die nicht vorhersehbar sind. Und dennoch bleibt Raum für solide Trendforschung, die für die Gesellschaft wie für Unternehmen Nutzen stiftet. „Unsere Argumente,“ sagt die Research-Chefin des GDI, „sind plausibel, nachvollzieh-bar und damit weit davon entfernt, esoterisch zu sein.“

Gegen die grosse RatlosigkeitDie moderne Gesellschaft und auch die Welt der Wirt-schaft kämpfen heute mit einem grossen Problem – mit

Der Zukunft einen Flügelschlag voraus

Thema: Prognosen in der Trendforschung

der enorm angewachsenen Informationsflut. „Zu viele Informationen verwirren unsere Entscheidungssysteme“, sagt Karin Frick. „Die Schere zwischen dem, was wir verarbeiten können, und dem, was wir wissen müssen, öffnet sich immer weiter.“ Wenn mehr Information mehr Konfusion bedeutet; wenn mehr Wissen zu mehr Ratlo-sigkeit führt; wenn das Unverständliche schneller zunimmt als das Verständliche, dann wächst in der Regel auch die Zukunftsangst. Karin Frick ist überzeugt, dass es gerade in einer solchen Situation höchst unklug wäre, sich nicht mehr mit der Zukunft zu befassen. Denn Trendforschung dient auch dazu, Informationsfluten zu filtern, zu bewerten und zu trennen in relevante und irrelevante Informationen. Damit ist es möglich, die Bandbreiten der Unsicherheit besser einzuschätzen, die Landkarte der Möglichkeiten zu vermessen und die Chancen, welche die Zukunft immer auch anbietet, zu entdecken.

Die Methode der TrendforschungDie GDI-Trendforschung verläuft in drei Schritten: Im ersten Schritt geht es um Beobachtung, Informationssammlung und Datenerhebung. Im nächsten Schritt folgt die Analyse und Diagnose des Datenmaterials. Dabei ist es ganz entscheidend, bestimmte Muster zu erkennen und her-auszuarbeiten. Im dritten Schritt schliesslich erfolgt die Interpretation, die Kreation der Szenarien und der eigentlichen Trendprognosen. Den vier-ten Schritt vollzieht dann das Unternehmen, das die Trendstudie einsetzt und die Ergebnisse in ihr Trend-Management und in ihre strategischen Entscheidungen integriert.

Die Ökonomin Karin Frick beschäftigt sich seit ihrem Studium mit der Zukunft. Prognosen, Trends und Gegentrends sind ihr Geschäft. Als Leiterin Research des Gottlieb Duttweiler Insti-tuts geht es ihr jedoch nicht um platte Zukunftswahrsagerei. Mit ihren Studien will sie die unbekannten Landschaften des Möglichen erkunden.

Text: Johann Thalheimer

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In den Landschaften des MöglichenUnternehmen sind auf Zukunftswissen angewiesen. Karin Frick hat festgestellt, dass die Mehrheit der Firmen selten über mehr als zwei strategische Zukunftsszenarien verfü-gen. Wenn eine Unternehmung mal drei Szenarien habe, sei das schon fast bemerkenswert. Für die Rüschlikoner Trendforscherin sind aber auch drei Szenarien zu wenig: „Wir leben schon längst nicht mehr in einer Welt, sondern in vielen, völlig verschiedenen Welten.“ Für Entschei-dungsträger kann das ungemütlich sein. Sie sind nämlich gezwungen, unter sehr vielen Optionen auszuwählen,

Karin Frick hat an der Universität St. Gallen Volkswirtschaft studiert. Heute ist sie Mitglied der Geschäftsleitung des Gottlieb Duttweiler Insti-tuts (GDI) in Rüschlikon, wo sie den Bereich Research leitet. Sie erforscht und analysiert Trends und Gegentrends in Wirtschaft, Gesellschaft und Konsum.

ohne zu wissen, welche Optionen nachhaltig interessant sein werden und welche kurzlebige Seifenblasen sind, die schon morgen wieder platzen. Je dynamischer die Verän-derungen verlaufen, desto schneller und flexibler müssen Unternehmen reagieren. „Schnell und flexibel reagieren können nur jene Unternehmen, die sich aktiv mit vielen Zukunftsthemen auseinandersetzen“, sagt Karin Frick. „Unternehmen müssen eine Landkarte der Zukunft haben – sonst werden sie als Letzte in den Landschaften des Möglichen ankommen und dort feststellen, dass andere Firmen sich bereits die besten Plätze gesichert haben.“

Die Ökonomin zweifelt keine Sekunde daran, dass nur jene Unternehmen die Märkte der Zukunft prägen können, die handeln, bevor sich ein Szenario voll entfaltet hat. „Wer sich für bestimmte Zukunftsszenarien entschieden hat, ist in der Lage, Veränderungen zu provozieren. Wer nur passiv abwartet oder sich auf eine rein reaktive Strategie verlässt, kann das nicht.“ Also lohnt es sich halt doch, der Zukunft einen Flügelschlag voraus zu sein. Oder auch zwei.

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Lange Zeit beherrschte das Idealbild des Homo oeconomi-cus die Erklärungsmodelle der Wirtschaftswissenschaften. Der Nutzenmaximierer, der auch in komplexen Systemen stets die rational richtige Entscheidung trifft, sollte auch die Entwicklung der Kurse an der Börse zuverlässig prognosti-zieren. Doch mit jeder Krise an den Finanzmärkten wurde deutlich, dass auch Finanzinvestoren nur Menschen sind – und oftmals völlig irrationale Entscheidungen treffen. Neuere Ansätze der Verhaltensökonomie wie die Behavio-ral Finance tragen deswegen dem Faktor Mensch stärker Rechnung. Sie übertragen die Erkenntnisse der Verhaltens-wissenschaft auf das Feld der Anlageentscheidungen und antizipieren das zukünftige Verhalten der Marktteilnehmer – auch wenn es irrational ist. Professor Thorsten Hens sieht darin einen wesentlichen Fortschritt: „Nur wer einschätzen kann, wie sich die anderen Anleger in Zukunft verhalten, wird langfristig Erfolg an der Börse haben.“

Evolutionärer MangelDer Grund, warum sich viele Investoren an den Finanzmärk-ten oft irrational verhalten, liegt in der Natur. Viele Verhal-tensweisen des Menschen sind in einem viele Millionen Jahre dauernden Evolutionsprozess geprägt worden. Und deswe-gen aus menschlicher Sicht völlig richtig und rational. „Wenn irgendwo eine Panik ausbricht und alle anfangen zu rennen, ist es eine absolut vernünftige Entscheidung, mit der Herde zu rennen“, erklärt Professor Hens. „Wenn wir nun aber dieses angeborene Verhalten auf eine so künstliche Situation wie die Finanzmärkte übertragen, dann kann das nur schiefgehen.“ Der Mensch ist für dieses komplexe System nicht trainiert – und in Anbetracht der Tatsache, dass die Finanzwelt in ihrer heutigen Form ein sehr junges Phänomen ist, wird es auch noch lange Zeit dauern, bis den Menschen die rational richti-gen Verhaltensweisen in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Besonderes MarktumfeldUnser angeborenes, instinktives Verhalten schlägt fehl, weil die Finanzmärkte kein natürliches System sind und folglich anderen Regeln gehorchen. „Der Unterschied liegt vor allem im sogenannten Feedback-Effekt“, erklärt Professor Hens. „An der Börse reagieren die Kurse auf das Verhalten der Anle-ger. Sie sind Ergebnis einer kollektiven Entscheidung.“ Damit unterscheiden sich die Aktienmärkte ganz massgeblich von der Natur. Thorsten Hens gibt ein Beispiel: „Dem Wetter ist es völlig egal, was wir als Menschen von ihm denken. Ist ein schöner Sonnentag vorhergesagt und alle Menschen kleiden sich entsprechend den prognostizierten warmen Temperatu-ren, kann es trotzdem regnen.“ Sind aber die Börsenaussich-ten schlecht, verkaufen viele Anleger ihre Positionen. Folglich sinken die Indices tatsächlich. Die Prophezeiung erfüllt sich, und noch mehr Anleger verkaufen ihre Wertpapiere, der Kurs sinkt und sinkt, und es kommt zu einer Abwärtsdynamik.

Die Natur überlistenViele Anleger wollen im Grunde ganz rational über ihr Wertpapier-Portfolio entscheiden. Gerät der Markt aber in Turbulenzen, fällt es ihnen schwer, Ruhe zu bewahren. Kurzschlusshandlungen sind in der Regel meist irrational

Thema

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Die internationalen Finanzmärkte sind in ständiger Bewegung. Prognosen über Kursentwicklungen sind schwierig – nicht zu-letzt weil sich Menschen nur zu oft irrational verhalten. Neue Erkenntnisse über das Anlegerverhalten liefert der Behavioral-Finance-Ansatz. Professor Thorsten Hens, Direktor am Institut für Schweizerisches Bankwesen, zählt zu den prominentesten Vertretern dieser jungen Wissenschaftsdisziplin.

Der Faktor Mensch

Text: Heike Isselhorst

Thema: Prognosen zum Anlegerverhalten

Professor Thorsten Hens ist seit 2007 Direktor des Swiss-Banking-Institu-tes der Universität Zürich. Nebst seiner Professur für Financial Economics an der Universität Zürich lehrt der gebürtige Deutsche auch als ausseror-dentlicher Professor an der Norwegian School of Economics and Business Administration in Bergen, Norwegen. Thorsten Hens zählt weltweit zu den bedeutendsten Vertretern der Forschungsbereiche Evolutionary Finance und Behavioral Finance.

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und sollten deswegen unter allen Umständen vermieden werden. Doch was lässt sich gegen den angeborenen Herdentrieb tun? Als probates Mittel, die eigene Natur zu überlisten, empfiehlt Thorsten Hens, ein Tagebuch zu führen und darin alle Anlageentscheidungen zu dokumen-tieren. „Im Investment-Diary sind alle Gründe aufgeführt, die ursprünglich für den Kauf des Wertpapiers gesprochen haben. Nur wenn diese Gründe hinfällig werden, sollte eine Aktie verkauft werden. Und nicht weil das Auf und Ab des Marktes für Nervosität sorgt.“ Auch wenn es gut für die Anlagen läuft, ist es für Professor Hens im Grunde egal, wie viel Gewinn ein Wertpapier erzielt hat: „Entscheidend ist, was weiterhin dafür spricht, die Anlage zu halten.“

Wohldosierte Informationen Um vom Geschehen an den Finanzmärkten so unbe-eindruckt wie nur möglich zu bleiben, empfiehlt es sich weiterhin, Informationen und Börsennachrichten nur in kleinsten Dosen aufzunehmen. Auch Professor Hens kennt das Problem der Informationsflut: „Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont von vielleicht sieben oder zehn Jahren sollten am besten nur einmal im Jahr überprüfen, wie ihre Anlagen stehen, und nicht tagtäglich den Börsenticker verfolgen.“ Gut beraten ist, wer zudem Stillschweigen über die eigenen Anlagen bewahrt. Denn wissen Freunde oder Kollegen Bescheid, steigt der Erfolgsdruck immens – und Gewinne werden allenfalls zu früh realisiert. Laut Thorsten Hens sollten Anleger sich immun gegen Umwelteinflüsse

machen: „Wer an den Finanzmärkten langfristig Erfolg ha-ben will, muss ein Exot sein. Man muss ertragen, dass man eine ganze Weile gegen den Strom schwimmt und vom Umfeld schlimmstenfalls sogar belächelt wird.“

Verlockende WeltDie internationalen Finanzmärkte sind überaus komplex und selbst für die Regulierungsbehörden und Fachleute nicht immer leicht zu durchschauen. Wie kommt es also, dass so viele Privatanleger das Wagnis eingehen und Kapital an der Börse investieren? „Die Aktienmärkte schaffen die Illusion, dass man ohne Arbeit reich werden kann. Ein paar Tasten auf dem Smartphone gedrückt, und schon rollen die Gewinne. Aber das Schlaraffenland gibt es nicht“, warnt Professor Hens. „Gerade Kleinanleger lassen sich oft in den Sog der Märkte reissen. Dann wird immer weiter spekuliert in der Hoffnung, dass mit der nächsten Transaktion der grosse Gewinn kommt. Der Hype ist einfach zu schön, um nicht wahr zu sein.“ Auch wenn es keine universell gültige goldene Strategie für den Börsenerfolg gibt, hat Thorsten Hens einen Rat: „Privatanleger sollten die Finanzmärkte nicht unterschätzen. Was nach leicht verdientem Geld aussieht, braucht in Wirklichkeit viel Erfahrung und die Bereitschaft, auch einmal Lehrgeld zu zahlen.“ Aber auch wer kein Profi ist, kann sich an die Börse wagen. „Wer das eigene Verhalten reflektiert, hat schon viel gewonnen. Und für die operative Umsetzung kann man dann immer noch auf professionelle Unterstützung setzen.“

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Thema

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In Europa hat sich die Lebenserwartung innerhalb von 200 Jahren verdoppelt. Gleichzeitig ist die Geburtenrate massiv zurückgegangen. Das führt zum Phänomen der doppelten Alterung: Europas Bevölkerung schrumpft und wird älter. Andere Regionen wachsen und bleiben jung.

In den kommenden vier Jahrzehnten wird die Weltbevöl-kerung nochmals stark zunehmen – von heute 6,9 auf 9,1 Milliarden Menschen. Europa wird dazu nichts beitragen. Im Gegenteil. Im Jahr 2050 wird Europa 41 Millionen Menschen weniger zählen als heute. Das ist etwa so, wie wenn die gesamte Bevölkerung Österreichs, Dänemarks, Finnlands, Norwegens und der Niederlande plötzlich von der Erdoberfläche verschwinden würde.

Es sind andere Kontinente, die wachsen. Lateinamerika beispielsweise um 140 Millionen Menschen. Afrika und Asien nehmen sogar um je eine ganze Milliarde Menschen zu. In diesen Kontinenten werden eine ganze Reihe von giganti-schen Megastädten entstehen bzw. weiterwuchern. Mumbai, Jakarta, Manila oder Shanghai gehören in Asien dazu; in Afri-ka Kinshasa, Lagos oder Kairo; in Lateinamerika Mexico City oder São Paulo. Jede dieser Megastädte wird mehr Einwohner aufweisen als Schweden, die Niederlande oder die Schweiz.

Indien wird China wohl um 2025 als bevölkerungsstärkstes Land überholen. In diesen zwei Ländern wohnen 2050 mehr als ein Drittel aller Erdenbewohner; Europa wird dann gera-de noch 7,5 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen (1950 lebten in Europa noch 21,6 Prozent der Weltbevölkerung).

Die doppelte Alterung – steigende Lebenserwartung, tiefe Geburtenrate – führt dazu, dass Europas schrumpfende Bevölkerung immer älter wird, während die Länder des

Südens verhältnismässig jung bleiben. Die Auswirkungen dieser demografischen Entwicklung sind für Europa viel einschneidender, als man annimmt:• DiejungeBevölkerungderSchwellenländerdesSüdens

sichert der dortigen Wirtschaft ein grosses Reservoir von lern- und leistungswilligen Arbeitskräften.

• Vonden500grösstenUnternehmenderWeltstammenbereits heute 70 Firmen aus den vier aufstrebenden Län-dern Brasilien, Russland, Indien und China. Sie weiten ihre Stellung laufend aus und expandieren global. Beobachter rechnen damit, dass in zehn Jahren 170 der 500 grössten Unternehmen aus den vier BRIC-Staaten stammen werden.

•DieÜberalterungEuropasver-schlechtert die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Alternde Gesellschaften wachsen wirtschaftlich deutlich lang-samer als junge Gesellschaften. Auch hier wirkt ein doppelter Effekt: Der al-ternden Gesellschaft fehlt einerseits die innovative Erwerbsbevölkerung, die das Wachstum beflügelt und dem Konsum Impulse verleiht; anderseits fliesst in ei-ner alternden Gesellschaft ein überpro-portional hoher Anteil des Bruttosozial-produktes in die Zahlung von Renten, Gesundheits- und Pflegekosten, was die Steuerbelastung nach oben treibt.

Die schwindende Wirtschaftskraft Europas führt global zu einem Verlust an politischem Gewicht. Die Machtverhält-nisse verschieben sich in Richtung Süden und Osten.

Die demografische Situation sieht für viele europäische Länder nicht sehr rosig aus. Sie braucht nicht zwangsläufig aussichtslos zu sein – vor allem dann nicht, wenn sich Euro-pas Regierungen und Politiker der grossen Herausforderung entschlossen stellen. Ohne grundlegende Reformen dürfte jedoch das eintreffen, was der deutsche Soziologe Gunnar Heinsohn befürchtet. Er nimmt an, dass gewisse Staaten Europas schon heute demografisch verlorene Länder sind und früher oder später finanziell, wirtschaftlich und sozial implodieren werden. Heinsohn kann sich beispielsweise nicht vorstellen, dass die Jugend Griechenlands bereit sein wird, die aufgetürmte Verschuldung der Väter und Gross-väter durch exorbitant wachsende Steuern abzutragen. Im Zweifel werde Griechenlands Jugend lieber auswandern und sich dort eine Existenz aufbauen, wo ihnen der Staat mehr zum Leben lässt. Das wäre dann die dreifache Alterung.

Text: Johann Thalheimer

Die doppelte Alterung – steigende Lebenserwartung, tiefe Geburtenrate – führt dazu, dass Europas schrumpfende Bevölkerung immer älter wird, während die Länder des Südens verhältnismässig jung bleiben.

Alter Norden, junger SüdenThema: Demografie-Prognosen

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Entwicklung der Weltbevölkerung 1950/2010/2050

12 35 51Ozeanien in Mio. 1950 2010 2050

547 733 6911950 2010 2050

Europa in Mio.

227 1033 1998Afrika in Mio. 1950 2010 2050

172 352 4481950 2010 2050

Nordamerika in Mio.

167 589 729

Zentral- & Südamerika in Mio.

1950 2010 2050

1403 4167 52311950 2010 2050

Asienin Mio.

Quelle: UNPP

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Thema

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Wachstum der Megastädte von 2010 bis 2030

New York10%London1%

Berlin1%Shanghai 35%

Tokio 2%

Sydney 13%Manila 64%

Jakarta 68%Mumbai 48%

Kinshasa 143%

Kairo 37%

Lagos 82%

São Paulo16%

Buenos Aires 9%

Mexico City12%

L.A. 26%

Quelle: Demographia World Urban Areas & Population Projections

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Häufigste Todesursachen

3,52,2Tuberkulose

tief mittel Einkommen:

2,8Verkehrs-unfälle

tief mittel Einkommen:

6,9

Durchfalltief Einkommen:

5,7

HIV / AIDStief Einkommen:

3,4Infektionenbei Neugeb.

tief Einkommen:

3,2Frühgeburt

tief Einkommen:

3,3Malaria

tief Einkommen:

9,4

13,9

Herzinfarkttief mittel hoch Einkommen:

16,3

11,2

3,8Lungen-infektionen

tief mittel hoch Einkommen:

3,8

3,6

Einkommen:

7,4ChronischeBronchitis

tief mittel hoch

3,5

5,6

14,2

Hirnschlagtief mittel hoch Einkommen:

9,3

Alzheimer / Demenztief mittel hoch Einkommen:

3,4

Darmkrebstief mittel hoch Einkommen:

3,3

2,9Krebs Atemwege

tief mittel hoch Einkommen:

5,9

2,1Diabetestief mittel hoch Einkommen:

2,8

Brustkrebstief mittel hoch Einkommen:

2,0

2,2Magenkrebstief mittel hoch Einkommen:

1,8

Quelle: WHO

Je nachdem, welcher Einkommensklasse jemand angehört, treten andere Krankheitsrisiken auf.

Relative Zahlen in %

Sydney 13%

Page 18: blue - Prognosen

Wachstumsmärkte in Asien und Lateinamerika sind gut positioniert und gewinnen an wirtschaftlicher und politischer Bedeutung.

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Die globalen Machtverschiebungen zwischen den entwi-ckelten Volkswirtschaften und den Wachstumsmärkten werden sich zudem in Währungsverschiebungen widerspie-geln. Schon jetzt scheinen sich verschiedene Marktakteure Gedanken zu machen, wie sie ihre Abhängigkeit vom US-Dollar als Reservewährung verringern können. Der Anstieg des Goldpreises ist eine direkte Folge dieser Über-legungen. Gleichzeitig gewinnen asiatische und ausge-suchte lateinamerikanische Währungen an Bedeutung. Der Aufholbedarf der Emerging Markets hat noch einen andern Effekt: Die Nachfrage nach Rohstoffen wird weiter steigen. Dabei handelt es sich nicht nur um die nahe liegende grössere Nachfrage nach Energie. Es dürften auch agrar-wirtschaftliche Rohstoffe wie Weizen oder Mais aufgrund der sich ändernden Essgewohnheiten der heranwachsen-den Mittelschichten in den heutigen Schwellenländern stärker nachgefragt werden. Auch Industriemetalle bleiben gesucht, bilden sie doch die Grundlage für den Ausbau der Infrastruktur in den sich rasant entwickelnden Ländern wie Brasilien oder Indien. Auch die Industriemetall-Märkte dürften weiterhin durch einen Nachfrageüberhang geprägt sein. Entgegen dieser positiven Aussichten haben sowohl institutionelle als private Investoren bisher nur einen klei-nen Teil ihres Vermögens in Rohstoffe investiert. Weshalb?

Komplexes Grundlagenwissen führt zum Anlageerfolg Eine vertiefte Analyse der globalen Si-tuation sowie strategische und taktische Rückschlüsse sind wichtig – ohne die richtige Implementierung können Inves-toren ihr Portfolio nicht gewinnbringend ausrichten. Im täglichen Leben scheitern gute Ideen oftmals an der Umsetzung; beim Investieren ist das nicht anders. Besonders Anlagesegmente, die für viele Investoren neu sind, wie zum Beispiel

die Anlageklasse der Rohstoffe, bergen die Gefahr, dass im Grundsatz richtige Entscheidungen nicht zielführend umge-setzt werden. Ein Investor, der zum Beispiel Anfang 2000 steigende Ölpreise erwartet hatte, lag mit dieser Annahme bis dato grundsätzlich richtig. Nicht wenige Investoren wurden jedoch enttäuscht, weil sie nur in sehr geringem Ausmass von dieser richtigen Anlagesicht zu profitieren

Makro

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Die fortschreitende Industrialisierung in den Schwellen-ländern zieht grosse gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen nach sich. Sie werden durch die Folgen der Finanzkrise noch verstärkt und beschleunigt, denn die Volkswirtschaften in den Schwellenländern haben die Krise vergleichsweise gut überstanden. Die Wachstums-märkte in Asien und Lateinamerika sind gut positioniert. Sie verfügen im Gegensatz zu den sogenannt entwi-ckelten Ländern über gesunde Staatsfinanzen, weisen aufgrund des industriellen Aufholpotenzials grössere Wachstumschancen aus und bieten eine demografische Ausgangslage, die sich gegenüber dem Rest der Welt wesentlich günstiger gestaltet. Es ist deshalb bereits heute absehbar, dass diese Länder aus globaler Sicht an wirtschaftlicher und politischer Bedeutung gewinnen werden.

Investoren sind gut beraten, die Zeichen der Zeit zu deuten und ihre Portfolios neu auszurichten. Aber wo gilt es den Hebel anzusetzen? Welche Anlageklassen empfeh-len sich besonders? Wo liegen die Investment-Chancen konkret? Im Obligationenbereich sind die Aussichten, abgesehen von Engagements in den Wachstumsmärk-

ten, eher trübe. Nach einer fast dreissigjährigen Hausse, bedingt durch sukzessive fallende Zinsen, besteht kaum mehr Spielraum für weitere Gewinne. Die Gefahr von steigenden Zinsen, wenn auch nicht unmittelbar, ist signi-fikant und sollte Investoren, die vor allem in Obligationen investiert sind, aufhorchen lassen.

Globale Verschiebungen als Treiber für neue Investment-Chancen

Makro:

Text: Christophe Grünig, Leiter Wealth Management der Vontobel-Gruppe

Der Aufholbedarf der Emerging Mar-kets hat noch einen anderen Effekt: Die Nachfrage nach Rohstoffen wird weiter steigen.

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vermochten. Gescheitert sind sie oftmals an der Umsetzung einer entsprechenden Strategie. Das ist umso schmerzlicher, als der Trend ja eigentlich erkannt wurde. Es zeigt sich, dass die Analyse und Beurteilung der spezifischen Eigenheiten und Veränderungen der Terminkontrakt-Kurve bei Inves-titionen in Rohstoffe absolut erfolgsentscheidend ist. So wies der Öl-Terminmarkt in den vergangenen Jahren eine

negative Rollrendite (sogenanntes Contango) aus, d.h., die kurzfristigeren Ölterminpreise waren deutlich niedriger als die langfristigen.

Rohstoff-Investments sind die Königsdisziplin Das Festhalten an den Long-Positionen beim Austausch der auslaufenden durch länger laufende Kontrakte führte in der Folge zu Verlusten, die nur Anlageprofis im Wissen um die komplexe Funktionsweise der Märkte zu vermeiden vermochten. Aber auch rolloptimierte Lösungen bergen Risiken. Ungemütlich wird es, wenn sich der Contango in einen Zustand von positiven Rollrenditen (sogenanntes Back-wardation) verändert, bei der die kurzfristigen Preise höher sind als die langfristigen. Die Umsetzung von Rohstoffinves-titionen im Futures-Markt ist anspruchsvoll und erfordert ein fundiertes Wissen. Deshalb setzen Investoren ihre Marktmei-nung oft durch indirekte Anlagen um. Wer auf einen hohen

Ölpreis setzt, kauft Aktien eines Ölproduzenten – und geht möglicherweise trotzdem ein Risiko ein, wie das Beispiel British Petroleum (BP) eindrücklich zeigt. Trotz steigenden Ölpreisen waren Investitionen in diese Aktie im Jahr 2010 eine denkbar ungünstige Entscheidung. Wer also in Rohstof-fe investieren will, sieht sich mit unterschiedlichen Herausfor-derungen konfrontiert. Nicht umsonst gelten entsprechende

Investitionen als eigentliche Königsdiszi-plin in der Vermögensverwaltung.

Aktiv oder Passiv?Das Gleiche gilt für Investitionen in Wachstumsmärkte: Einzelne Länder wie Brasilien haben in den vergange-nen Monaten Kapitalsteuern einge-führt, die unter Umständen einen signifikanten Einfluss auf die Netto-rendite von entsprechenden Anlagen

haben können. Auch Kapitalverkehrskontrollen anderer Art erschweren oder belasten Investitionen. So ist die chinesi-sche Währung (der Renminbi) nicht frei konvertierbar und kann deshalb nur indirekt, beispielsweise über Optionen, gekauft werden. Für den Laien werden Investitionen in gewisse Wachstumsmärkte somit zu unkalkulierbaren Risi-ken. Die Partizipation am Wachstum der Schwellenländer über Indexprodukte erscheint wesentlich näher liegend. ETFs (Exchange Traded Funds) ermöglichen grundsätzlich einen kostengünstigen Marktzugang. Investoren müssen sich jedoch im Klaren darüber sein, dass eine marktkapi-talisierte Gewichtung der unterliegenden Titel in einem Index zu gewissen Konzentrationen führen kann, die aus Anlage sicht unerwünscht sind. Gleichzeitig sind ausge-suchte westliche Unternehmen bereits heute hervorra-gend in den Schwellenländern aufgestellt – dazu gehören sicherlich der Nahrungsmittelmulti Nestlé oder die Uhren-

Makro

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Im täglichen Leben scheitern gute Ideen oftmals an der Umsetzung; beim Investieren ist das nicht anders.

Christophe Grünig sieht Investitionen in Rohstoffe als Königsdisziplin der Vermögensverwaltung

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Wirtschaftsprognosen – Sagen, was man denkt, und tun, was man sagtSchon die alten Römer bedachten diejenigen Zeitgenossen mit Spott und Häme, die durch unfundierte Reden auf sich aufmerksam machten. So antwortet der römische Staatsmann und Philosoph Boethius auf die Frage eines Gesprächspartners „Intellegis me esse philosophum?“ (Erkennst du nun, dass ich ein Philosoph bin?) bissig: „Intellexeram, si tacuisses“ (Ich hätte es erkannt, wenn du den Mund gehalten hättest). Nicht immer aber ist Reden Silber und Schweigen Gold. Zumindest nicht in den Kreisen der Prognostiker, von denen genau das Gegenteil erwartet wird. Sie müssen sich per definitionem mit fundierten Einschätzungen und treffgenauen Voraussagen immer wieder aufs Neue exponieren und laufen dabei permanent Gefahr, von der Realität eines Besseren belehrt zu werden. Keine leichte Aufgabe also. Gerade weil Prognosen als Orientierungshilfe unerlässlich sind und nicht nur in der Finanzindustrie gesucht und geschätzt werden. Dabei ist die Trefferquote von Prognostikern das unbestechliche Mass aller Dinge.

Wirtschafts- und Finanzmarktprognosen sind die Grund-lagen der Anlagestrategie einer jeden Bank. Diese werden in den Vermögensverwaltungsmandaten und in den Anlagezielfonds umgesetzt. Ein Team von ausgewiesenen Experten erstellt in der Bank Vontobel fundierte Prognosen in den Bereichen Wirtschaftswachstum, Inflation, Zinsen, Wechselkurse, Aktien-, Rohstoff- und Immobilienmärkte. Daneben beschäftigt sich eine Vielzahl von hauseigenen Analysten, Fonds- und Portfoliomanagern mit der Identifi-kation und Qualifikation von Aktien und Obligationen. Bei der Prognoseerstellung kommen verschiedene Modelle zur Anwendung. In der Naturwissenschaft können Naturge-setze meistens durch ein wiederholbares, unter Laborbe-dingungen durchgeführtes Experiment verifiziert werden. Aber wie steht es mit Modellen für die Wirtschaft und für die Finanzmärkte? Während etwa bei den Wetterprogno-sen für die massgebenden Messgrössen wie Temperatur,

Regenmengen, Luftdruck etc. exakte Daten vorliegen, stellt sich bei den Wirtschaftsprognosen das Problem, dass viele Parameter, wie beispielsweise das Brut-toinlandprodukt, oft nur sehr ungenau gemessen, und deshalb zunächst nur geschätzt werden können. Zudem ist die Wirtschaftstätigkeit das Ergebnis menschlicher – zuweilen irrationaler – Entscheidungen und lässt sich deshalb nicht unter Laborbedingungen nachbilden. Aus diesem Grund müssen die Gesetzmäs-sigkeiten empirisch, d.h. aus Erfahrungen der Vergan-genheit, erhoben werden.

Was heisst das für Analysten und Anlagestrategen? Auf welchen Grundlagen erfolgen deren Prognosen von Finanzmarktgrössen? Gemäss Dr. Ralf Wieden-mann, Leiter Economic Research der Vontobel-Grup-pe, hängen beispielsweise die Zinsen von Staatsanlei-hen vor allem von der Konjunktur, der Inflation und der Zinspolitik der Notenbank ab. In der Regel werden also in einem ersten Schritt die Konjunktur und die Inflation prognostiziert. Daraus leitet sich dann eine Vorhersage über die Zinspolitik der Notenbank ab. Mit diesem Ansatz gilt Vontobel als äussert erfolgreich und treffsicher. Gemäss einer 2008 durchgeführten unabhängigen Studie1 belegte die Schweizer Privat-bank unter elf Zins-Prognostikern in der Schweiz den ersten Platz.

Wer nun aber glaubt, dass eine treffsichere Wirt-schaftsprognose in erster Line auf einer breiten Daten-basis beruht, irrt. Letztlich zeichnet sich ein erfolgrei-cher Prognostiker durch ein breites Erfahrungswissen, ein feines Gespür für Marktentwicklungen sowie die Fähigkeit, in übergeordneten Dimensionen zu denken, aus. Last but not least gehört auch der Mut dazu, gegen den Strom zu schwimmen und eine eigene Posi-tion glaubwürdig und standhaft zu vertreten.

und Luxus güteranbieter Swatch und Richemont. Für eine professionelle und breit abgestützte Titelselektion empfeh-len sich aktiv verwaltete Anlagefonds, die normalerweise etwas teurer sind, die aber durch die aktive Auswahl der einzelnen Wertschriften gerade in den Schwellenländern einen Mehrwert zu generieren vermögen.

Privatbankkunden dürfen mehr erwartenNicht nur das politische und wirtschaftliche Umfeld ist im Umbruch. Auch die Finanzmärkte verändern und ent-wickeln sich rasant. Erfolgreiche Investoren analysieren die globalen Veränderungen, ziehen die richtige Schlüsse und setzen diese zielführend um. Nebst einer fundierten Marktmeinung dürfen Privatbankkunden von ihrer Haus-bank deshalb auch eine breite Auswahl an sophistizierten Investmentvorschlägen sowie entsprechend ausgerichtete Musterportfolios erwarten.

1 Markus Spiwoks, Nils Bedke und Oliver Hein, The Pessimism of

Swiss Bond Market Analysts and the Limits of the Sign Accuracy

Test. An empirical investigation of their forecasting success

between 1998 and 2007, Januar 2008.

Page 22: blue - Prognosen

Chancen

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Dass die heutigen Schwellenländer künftig die Weltwirt-schaft dominieren werden, ist weitgehend unumstritten. Zahlreiche Anleger und Investoren haben sich auf die Verschiebung der globalen Kräfteverhältnisse jedoch noch nicht ausreichend eingestellt. „Jetzt ist der Zeitpunkt, das zu korrigieren“, zeigt sich Investment-Experte und Port-foliomanager Rajiv Jain aus dem Asset Management der Vontobel-Gruppe überzeugt. Aber, Schwellenland ist nicht gleich Schwellenland und Wirtschaftssektor nicht gleich Wirtschaftssektor. Vontobel konzentriert sich bei der Suche nach Anlagechancen deshalb bewusst auf Unternehmen, die vom wachsenden Binnenkonsum in Ländern wie Indien, Brasilien oder Indonesien profitieren. Mit Erfolg, wie sich zeigt. Der Vontobel Fund – Emerging Market Equity weist 2009 eine solide Rendite im hohen zweistelli-gen Prozentbereich auf. Das erklärt auch den Anstieg des Fondsvolumens in den letzen Monaten um mehr als 60 Prozent auf über 1,3 Milliarden Dollar.

Demografie als DER Wachstums- treiber in Schwellen ländern„40 Prozent der Weltbevölkerung entwachsen in rasan-tem Tempo der Armut“, prognostiziert Jain. Benötigten die USA beispielsweise noch 110 Jahre um das Pro-Kopf-Einkommen von 1000 auf 2000 US-Dollar zu verdoppeln, so vollzog sich diese Entwicklung in China in lediglich 12 Jahren. Und gemäss demografischen Schätzungen der Uno sollen in Indien demnächst 25 Prozent oder rund 300 Millionen Menschen – das entspricht der Gesamtbevölke-rung der USA – zur Mittelschicht gehören. Experten gehen schliesslich davon aus, dass die BRIC-Staaten spätestens im Jahr 2050 mehr zur Weltwirtschaft beitragen dürften als die bislang wichtigsten Industrienationen, die G7-Staaten. Die vorteilhafte Altersverteilung ist dabei der Treibstoff, welcher den brummenden Wirtschaftsmotor der Schwellenländer am Laufen hält. Bis im Jahr 2050 wird beispielsweise rund die Hälfte der japanischen Bevöl-kerung über 54 Jahre alt sein. In Indien hingegen wird diese Altersklasse nur 26 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Dazu kommt, dass die Einwohnerzahl Asiens in den nächsten 40 Jahren um beeindruckende 30 Prozent anwachsen soll. Derweil wird die europäische Bevölkerung bis dahin voraussichtlich sogar schrumpfen, um bis zu sechs Prozent. Die Bevölkerungsdichte eines Landes und die damit verbundene Kaufkraft stehen dabei in einem direkten Zusammenhang mit dem Konsumpotenzial, wie ein Vergleich zeigt: Noch 2007 waren die Amerikaner klare

Von Indien und anderen Emerging Markets

Chancen: Vontobel-Emerging-Markets-Produkte

Text: Renato Richterich

Magarpatta Cybercity bietet der aufkommenden Mittelklasse Indiens moderne Wohnkomplexe

und beheimatet etliche Software- und Technologiefirmen.

Kosum-Spitzenreiter mit einem globalen Anteil von nahezu 30 Prozent. Bereits 2020 könnten ihnen aber die Chinesen diesen Rang aufgrund der sich abzeichnenden demografi-schen Verschiebung ablaufen.

Vorsicht bei exportorientierten LändernDennoch ist Vorsicht angebracht. Viele Schwellenländer sind stark von Exporten abhängig – beispielsweise China. „Es ist schwierig, Unternehmen in Schwellenländern zu

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Page 23: blue - Prognosen

finden, deren Gewinne nicht in starker Abhängigkeit zu den Konsumtrends der westlichen Welt stehen“, betont Jain. In Indien hingegen finden sich verschiedene Un-ternehmen, die aufgrund der hohen Binnennachfrage unabhängig von Exporten erfolgreich agieren. So machen in Indien Privatkonsum und Konsum der öffentlichen Hand zusammen fast drei Viertel des Bruttoinlandprodukts aus.

Da der inländische Konsum einen wesentlichen Motor der indischen Wirtschaft darstellt, ist das Land in Abschwung-phasen krisenresistenter als andere Schwellenländer. Indi-ens Konzerne dürften dank der starken Binnennachfrage auch künftig mit einem überdurchschnittlichen Wachstum der Unternehmensgewinne glänzen. Zu den interessantes-ten Sektoren in Indien zählt Portfoliomanager Jain derzeit Basiskonsumgüter, Banken sowie Pharma.

Aktien- statt LänderselektionViele Portfolios bilden die Schwellenländer als verlängerte Werkbank des Westens ab, setzen auf Exporttitel, Rohstof-fe oder Infrastruktur. „Dies halte ich nicht für die langfris-tig beste Art, in diesen Regionen zu investieren“, so Jain. Zudem messen zahlreiche Anleger dem BIP-Wachstum der Länder eine zu hohe Bedeutung bei und investieren etwa in passive Indexprodukte. Doch das BIP ist kein verläss-liches Prognose-Instrument für Aktienmarktrenditen. Das BIP lässt sich mit dem Umsatz eines Unternehmens vergleichen, während Aktienrenditen mit Unternehmens-gewinnen vergleichbar sind. Erzielt ein Unternehmen einen soliden Umsatz, weist aber einen niedrigen Gewinn aus, so ist ein Kursanstieg unwahrscheinlich. Dazu kommt: Der Aktienmarkt ist kein Spiegelbild der Gesamtwirtschaft. Denn Unternehmen in Privatbesitz, neu gegründete und nicht börsennotierte Gesellschaften oder staatliche Kör-perschaften sind zwar Teil des BIP, nicht aber des Aktien-markts. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass BIP-Schät-zungen keine exakte Wissenschaft sind. Denn die korrekte Berechnung ist schwierig, Verzerrungen aus politischen Gründen sind durchaus möglich. Es empfiehlt sich daher, Anlagen auf einer fundierteren Daten-Basis zu tätigen.

Gewinnwachstum als Treiber langfristiger RenditenEs empfiehlt sich, Anlageentscheidungen in Schwellenlän-der auf Basis fundamentaler Analysen von Unternehmen zu tätigen und den Schwerpunkt auf die Aktien- und nicht

Zwei junge indische Frauen in einem modernen Fastfood-Restaurant

in Gurgaon, einer aufstrebenden Business-Stadt nahe Delhi.

In Indien werden demnächst 300 Mil-lionen Menschen zur Mittelschicht ge-hören, das ist die Anzahl der Einwohner der Vereinigten Staaten von Amerika.

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Page 24: blue - Prognosen

auf die Länderselektion zu legen. Ein stabiles und über-durchschnittliches Gewinnwachstum ist die treibende Kraft hinter den langfristigen Anlagerenditen und der risiko-bereinigten Überrendite. Die derzeitigen Bewertungen (KGV) von Aktien in Schwellenländern sind grösstenteils unverändert. Nach wie vor befinden sie sich unter dem

langfristigen Durchschnitt – und dies trotz der kürzlich starken Kursentwicklung. Das relativ stabile KGV für Schwellenländer-Aktien unterstreicht, dass die Rendite nicht von einer Multiple-Ausweitung herrührt, sondern vielmehr vom Gewinnwachstum. Letzteres hielt dabei Schritt mit dem Kursanstieg.

Chancen

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Der Vontobel-Value-AnsatzVontobel setzt auf Anlagen, die sowohl hohe Qualitäts-merkmale aufweisen als auch günstig bewertet sind. Statt auf schnell wachsende und volatile Titel zu setzen, erfolgen Investments in sich stetig entwickelnde, attraktiv bewertete Qualitätsunternehmen. Titel im Value-Anlage-

Universum müssen unter anderem ein nachvollziehbares und verständliches Geschäftsmodell, ein starkes Manage-ment und einen langfristigen Track Record aufweisen. Weiter müssen sie über hohe und stabile Margen sowie über eine gewisse Preissetzungsmacht verfügen. Oftmals werden diese Krite-rien von Unternehmen, die bekannte Markenartikel herstellen, erfüllt. Darunter fallen beispielsweise Namen

wie Coca-Cola oder Nestlé. Der Fokus auf die Qualität der Wirtschaftlichkeit reduziert tendenziell die Volatilität und das Gewinnrisiko. Immer dann, wenn es gelingt, Aktien von günstig bewerteten Qualitätsunternehmen zu kaufen, schlägt sich deren überdurchschnittliche Wirtschaftlich-keit bei gleichzeitig geringerem Marktrisiko in attraktiven langfristigen Gesamtrenditen nieder.

Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva und der Gouverneur von Rio auf der Ölplattform

„Cidade Angra dos Reis“; das Land profitiert von der steigenden Nachfrage nach Erdöl aufgrund

des wachsenden Binnenkonsums.

Experten meinen, dass die BRIC-Staa-ten spätestens 2050 mehr zur Welt-wirtschaft beitragen als die G7-Staaten.

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Das wirtschaftliche Potenzial und die Bedeutung Indiens wurde schon im 16. Jahrhundert entdeckt. So entstanddie Britische Ostindien-Kompanie durch einen Freibrief, den Königin Elisabeth verschiedenen reichen Londoner Kaufleuten am 31. Dezember 1600 ausstellte. Die Ge-sellschaft erhielt den Namen „Governors and Company of merchants of London trading to the East-Indies“. Ihr wurde das Recht zugestanden, auf 15 Jahre sämtlichen Handel zwischen dem Kap der guten Hoffnung und der Magellan-Strasse abzuwickeln. Sie erhielt auch ein Siegel, konnte ihren Gouverneur und die 24 Direktoren selbst wählen und durfte sich selbst Kor-porationsgesetze geben. Zunächst rüstete man mit 72’000 Pfund Sterling fünf Schiffe aus, die unter der Führung von Kapitän James Lancaster am 5. Juni 1602 bei Aceh auf Sumatra landeten. 1604 und 1610 folgten weitere Expedi-tionen dieser Art. Eine Gesandtschaft an den Grossmogul erwirkte das Recht, Handelsstationen an der Westküste von Vorderindien einzurichten. Doch konnte man erst nach dem Sieg über die widerstrebenden Portugiesen im Jahre 1612 dieses Privileg ausüben. In Madras und Hugli konnte die Kompanie gar erst 1640 wirksam werden, da dort die Holländer Widerstand leisteten.

Karl II. bestätigte am 3. April 1661 die früheren Privilegien und verlieh der Kompanie auch die Zivilgerichtsbarkeit, die Militärgewalt und das Recht, mit den „Ungläubigen“ in Indien Krieg zu führen und Frieden zu schliessen.

Zudem überliess er der Kompanie die Stadt Bombay als Dank für die geleistete Arbeit und den abgelieferten Profit zum Lehen.

Später erhielt die Kompanie von Jakob II. noch das Recht, Festungen zu bauen, Truppen auszuheben und Münzen zu schlagen, um sie der Niederländischen Ostindien-Kompanie gleichzustellen. 1694 wurden die Privilegien erneut bestätigt, jedoch nur unter gros-sen Protesten der vom Monopol ausgeschlossenen Kaufmannschaft im Londoner Parlament. Zunehmende Kritik erntete man auch aufgrund der drückenden Herrschaft in Indien. Die Regierung erteilte deshalb 1698 einer Konkurrenzgesellschaft die gleichen Rechte wie der „Company of merchants“. Sie war deshalb ge-zwungen, sich 1708 mit dieser zur „United East-India Company“ zusammenzuschliessen.

Die Geschäfte der Gesellschaft blühten in nie gekann-tem Ausmass, und man erhielt einen bedeutenden Einfluss auf die politischen Verhältnisse in Indien. In der Indiabill der Regierung Pitt wurde die Kompanie unter die Aufsicht eines Kontrollamts gestellt, das als Ministerialabteilung fungierte. In Handelsangelegen-heiten behielt die Kompanie ihre alte Selbstständigkeit, doch wurde die Anstellung der höheren Beamten, Richter und Heerführer unter staatliche Aufsicht gestellt. Die Anstrengungen der Kompanie, Indien zu verwalten, dienten der britischen Zivilverwaltung als Vorbild, besonders im 19. Jahrhundert.

Nachdem die Kompanie 1833 ihr Handelsmonopol verloren hatte, wurde sie wieder zu einer reinen Handelsgesellschaft. Im Jahr 1858 verlor die Kompanie ihre Verwaltungsfunktion an die britische Regierung, nachdem ihre indischen Soldaten 1857 gemeutert hat-ten. Durch den East India Stock Dividend Redemption Act wurde die Kompanie am 1. Januar 1874 aufgelöst. Die angesehene Times titelte: „Sie erreichte ein Werk, das als solches in der Menschheitsgeschichte nie zuvor von einem anderen Unternehmen versucht wurde und das als solches wohl in Zukunft auch nicht wiederholt werden wird.“

Ein englischer Grande der Ostindien-Kompanie 1825–1830.

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Der indische Aufstand 1857–59 (ca. 1880).

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Offiziere der Britischen Ostindien-Kompanie in Founder’s Hall.

Aufstieg und Fall der British East India Company

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Stiftung Kreatives Alter: 10. Preisverleihung1990 wurde die Stiftung Kreatives Alter von Dr. Hans Von-tobel gegründet und hat seitdem 119 Menschen, die über 65 Jahre alt und nicht mehr im Arbeitsprozess eingegliedert sind, für kreative Leistungen in den Bereichen Literatur, Wissenschaft, Musik und Theater mit einem Preis geehrt. An der 10. Preisverleihung im Kongresshaus Zürich wurden zwölf Preisträgerinnen und Preisträger ausgezeichnet. Sie beeindruckten mit ihren eingereichten Arbeiten in den Bereichen Kunstanalyse, Roman, eine Geschichte der Jagd im Tessin oder religionswissenschaftliche Betrachtungen.

Die Anmeldung für das 11. Preisausschreiben läuft noch bis am 30. April 2011. Mehr Informationen unter www.stiftung-kreatives-alter.ch

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Vermischtes aus der Vontobel-Gruppe

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Vontobel Private Banking in MailandAm 13. Oktober wurden die Räumlichkeiten der Bank Vontobel an der Piazza degli Affari in Mailand feierlich ein-geweiht. Francesco Tarabini und Stefano Calvi empfingen ihre Gäste zur feierlichen Eröffnung des neuen Standor-tes. Mit einem symbolischen Schlüssel wurde den beiden Standortleitern auch die Verantwortung für die zukünfti-gen Erfolge in Italien übergeben.

Aktuelle Schriftenreihe der Vontobel-StiftungDie Biene ist – man darf dies ohne Pathos sagen – ein Wunder der Natur. Kein Wunder, dass sie deshalb seit Tausenden von Jahren die Mythologie, die Literatur, die Religionen und das metaphysische Denken beschäftigt. Der Schriftsteller und Kulturphilosoph Ralph Dutli erzählt in diesem Heft auch diese kulturelle „Biografie“ der Bienen spannend und anschaulich. Mit Illustrationen von Katrin Laskowski. Unentgeltliche Bestellung unter www.vontobel-stiftung.ch.

Bester Broker 2010Im NZZ-Broker-Ranking 2010 belegt die Bank Vontobel in einer der vier bewerteten Kategorien die Poleposition: Sie sicherte sich bei den Gewinnprognosen für die Nebenwerte den ersten Platz vor Kepler Capital Mar-kets und der Zürcher Kantonalbank.

KundenbefragungIm Oktober 2010 wurden Kunden aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich nach ihrer Meinung zur Beratungs- und Servicequalität im Vontobel Private Banking befragt. Mehr als 20% der angeschriebenen Kunden haben sich die Zeit genommen, den Fragebogen zu beantworten. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken. Über 90% unse-rer Private-Banking-Kunden sind insgesamt zufrieden – da-von rund 70% sehr und äusserst zufrieden. Darüber hinaus wurde auch das Image der Bank Vontobel als sehr positiv bewertet. Dieses Ergebnis ist für uns Anspruch und Ansporn zugleich. Wir sind auf dem richtigen Weg im Private Banking – dies wird offensichtlich von unserer Kundschaft geschätzt. Und selbstverständlich nehmen wir die wertvollen Hinweise, wo wir unsere Beratungs- und Dienstleistungen noch weiter steigern und optimieren können, gerne entgegen. Daran werden wir in den nächsten Monaten kon tinuierlich arbei- ten, um unserer Kundschaft künftig noch bessere Private- Banking-Leistungen aus dem Hause Vontobel zu bieten.

Ausbau der Kompetenzfür Schwellenländer-AktienVontobel Asset Management baut seine Emerging-Markets-Anlagekompetenz aus und bildet dafür ein neues Spezialistenteam. Stephen Tong leitet das Emerging-Mar-kets-Equities-Team. Er war zuletzt bei AllianceBernstein als Senior Portfolio Manager tätig.

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Neuer Fondsmanager

Vontobel Fund – Global

Trend Clean Technology

Roger Merz übernahm am 13. Dezember 2010

die Funktion als Portfoliomanager des Vontobel

Fund – Global Trend Clean Technology. Er ver-

fügt über 12 Jahre Investmenterfahrung und war

zuletzt bei Goldman Sachs in London tätig.

Zeno Staub wird neuer CEO der Vontobel-GruppeDer Verwaltungsrat der Vontobel-Gruppe hat die Entschei-dung für die Nachfolge des amtierenden CEO und nominier-ten Verwaltungsratspräsidenten Herbert J. Scheidt getroffen. Ihm wird am 4. Mai 2011 Dr. Zeno Staub (41) nachfolgen. Der heutige Leiter des Geschäftsfeldes Asset Management ist seit 2001 in verschiedenen leitenden Funktionen inner-halb der Vontobel-Gruppe tätig und gehört seit 2003 der Gruppenleitung an.

Magical Nights Abu Dhabi 2010Vontobel begleitete als Sponsor eine spektakuläre Fundrai-sing-Gala der Stiftung Magic of Persia. Die Stiftung fördert persische Kunst und Musik. In Anwesenheit des Scheichs von Abu Dhabi wurden am 6. November 2010 500 Gäste in den Garten des Yas Hotel geladen. Auktionäre von Christie’s versteigerten Werke persischer Künstler für 1,2 Millionen Dollar.

Familienunternehmer im DialogZum fünften Mal luden das Center for Family Business der Universität St. Gallen und die Bank Vontobel zur Famili-enunternehmertagung in Bad Ragaz ein. Das Programm zum Thema „Richtig positioniert in den Aufschwung“ zog ein zahlreiches und ebenso hochkarätiges Publikum an. Die Referentenliste war imposant: Rolf Schmid, CEO der Mammut AG, Prof. Dr. Torsten Tomczak, Universität St. Gallen, Philipp Gaydoul, CEO der Gaydoul Group, Dr. Pietro Supino, Präsident des Verwaltungsrats der Tame-dia AG, Dr. Gerhard Schwarz, Direktor Avenir Suisse, Urs Schöttli, Fernostkorrespondent der NZZ, sowie Samih Sawiris, Inhaber der Orascom Development Holding AG und Grossinvestor in Andermatt. Ein Höhepunkt war der Auftritt von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie befasste sich mit dem Thema „Qualität, Einzigartigkeit – Swissness“ und betonte die Rolle der KMU als Herz der Schweizer Wirtschaft.

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Care & Share

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Vertrauenspersonen sicher, dass die Spenden nach unseren Vorstellungen verwendet werden. Wir engagieren uns immer nur für konkrete Vorhaben, denen eine transparente Planung zugrunde liegt. Frau Fenyödi, unsere Botschaf-terin, macht sich zudem regelmässig ein Bild vor Ort und steht in persönlichem Kontakt mit der Bevölkerung.

Peter P. Tschirky ist CEO des renommierten Fünfster-nehotels Grand Resort Bad Ragaz. Mit dem Projekt „For Smiling Children“ hat er sich zum Ziel gesetzt, Kinder und Jugendliche zu unterstüt-zen, die in Armut leben. Er möchte ihnen Gesundheit, Sicherheit und eine Zukunft schenken. Zusammen mit den Hotelgästen ist er auf dem besten Weg, dies nach-haltig zu erreichen.

Herr Tschirky, wie kam es zu Ihrem Engagement für bedürftige Kinder?Meine Frau Edith und ich haben vor 30 Jahren geheiratet. Die ersten 15 Jahre blieben wir kinderlos. In dieser Zeit hat sich in uns der Wunsch entwickelt, etwas für Kinder aus weniger privilegierten Ländern und Familien zu tun. Jedes vierte Kind auf der Erde lebt in Armut. Ist das nicht für jeden Grund genug zu helfen? Alles, was wir in unserer Gesellschaft als erstrebenswert ansehen, davon dürfen diese Kinder nur träumen. Ich habe sechs Jahre in Afrika gelebt und dadurch die Not gesehen. Als ich dann CEO des Grand Resort wurde, war es mir ein Anliegen, mein privates Engagement zu multiplizieren. So sind wir auf die Idee gekommen, unsere Gäste miteinzubeziehen.

Welche Projekte konnten Sie bereits realisieren?„For Smiling Children“ ist ein noch junges Vorhaben. Dennoch haben wir in kurzer Zeit schon viel erreicht. Wir unterstützen in Kleinmond, Südafrika, die Siyabulela Pre-Primary School, eine kleine Schule für 90 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Im vergangenen Jahr durften wir den verantwortlichen Personen vor Ort zweimal einen bemerkenswerten Betrag überreichen. Am Weltwassertag haben wir von sämtlichen Eintritten in die Tamina Therme, die zu unserem Haus gehört, je zwei Franken für unser Projekt eingesetzt. Mit diesem Geld finanzieren wir nun eine Brunnenanlage. Gerade in diesen Tagen findet der Aushub statt – in einem kleinen Dorf in Nigeria.

Was ist das Besondere an „For Smiling Children“?Das Besondere an unserem Projekt ist, dass jedes Fünffran-kenstück bei den Kindern ankommt. Wir stellen über lokale

For Smiling ChildrenMit dem Projekt „For Smiling Children“ unterstützt das Grand Resort Bad Ragaz Kinder und Jugendliche, die auf Hilfe angewiesen sind, weil sie in Armut leben oder krank und bedürftig sind. Beim Check-out wird den Hotelgästen dafür jeweils fünf Franken auf die Rechnung gesetzt, die jederzeit stornierbar sind. Der Betrag fliesst zu hundert Prozent auf das Sammelkonto von „For Smiling Children“; die administrativen Kosten übernimmt das Grand Resort Bad Ragaz. Zurzeit unter-stützt die Organisation die Siyabulela Pre-Primary School in Kleinmond, Südafrika, den Bau eines Kindergartens in Mgbele, Nigeria, sowie einen Brunnenbau für ein Fulanidorf in Nigeria.

Kontakt: [email protected] ➝ Unternehmen ➝ For Smiling Children

Ein Kinderlachen ist das grösste Geschenk für mich

Care & Share: Kindern eine Zukunft schenken

Text: Renata Fäh

Christina Fenyödi, Botschafterin des Projekts „For Smiling Children“,

zusammen mit Kindern aus der Schule in Kleinmond.

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Dr. phil. Manuel Bachmann

ist Dozent und Studienleiter des

Executive-Masterprogramms

„Philosophie und Management“

an der Universität Luzern sowie

Referent an der Universität St.

Gallen. Er ist Autor des monatlich

erscheinenden e-Magazins für

Entscheidungsträger „absolutum“.

am 15. April 1916 strandete er in drei Rettungsbooten auf Elephant Island. Seine Männer waren am Ende, sein Plan, den Südpol zu erreichen, war gescheitert, die Landung auf der kleinen, unbewohnten Insel keine Rettung, über 1000 km von einer Walfängerstation auf Südgeorgien entfernt. Wenn man eine Prognose gewagt hätte: Die Situation schien aussichtslos.

Bis dahin hatte Shakleton trotzdem alles richtig ge-macht. Er orientierte sich situativ und ging vor anhand ausgewählter Anhaltspunkte, um die es nicht selbst ging, sondern die er nur berücksichtigte; die er laufend durch andere Anhaltspunkte ersetzte; die er, soweit er an ihnen festhielt, ständig neu bewertete und denen er deshalb folgte, weil sie voneinander unabhängig waren und doch zueinander passten. Diese Orientie-rung in der Situation kombiniert schnell, überholt sich laufend selbst und verändert sich sofort bei einschnei-denden Erfahrungen.

Shakleton hatte nach der Katastrophe ein neues Ziel: die Rettung seiner Männer. Deshalb erreichte er nicht nur Elephant Island, sondern auch, 137 Tage später, die Bergung seiner Mannschaft – nach einer Odyssee durch Eis und Kälte. Er erreichte das, indem er ständig die Anzeichen des Bevorstehenden deutete und sich danach ausrichtete. Denn was bevorsteht, deutet sich nur demjenigen an, der mit einem Ziel vor Augen in die Zukunft blickt.

Die Anzeichen deutenKolumne: Dr. phil. Manuel Bachmann

Wer sich auf die Zukunft ausrichtet, muss eine Vorstel-lung von ihr haben. Er muss ihre Anzeichen deuten. Das ist die alltägliche Form der Prognose. Wir praktizieren sie ständig. Sie ist unwissenschaftlich, weil sie ohne Metho-de, ohne Formeln und ohne Datenbasis auskommt. Wer versucht, die Anzeichen zu deuten, der verlässt sich auf

das ungenaueste Wissen, das man sich überhaupt denken kann. Indessen, in Bezug auf die ungewisse Zukunft ist das ungenaueste Wissen das wertvollste Wissen. Denn es funktioniert individuell, situativ und erneuert sich ständig. In der Philosophie nennt man es Orientierungswissen. Es bezeichnet die erstaunliche Fähigkeit, die aktuelle Situation als Anzeichen der Zukunft lesen und sich sofort darauf aus-richten zu können. Über sie verfügte in besonderem Mass der Abenteurer, Frauenheld und Dichter Ernest Shakleton.

Shakleton wollte als erster Mensch die Antarktis über den Südpol durchqueren. Am 8. August 1914 stach er mit seinem Schiff „Endurance“ Richtung Weddellmeer in See,

Orientierungswissen ist die erstaunliche Fähigkeit, die aktuelle Situation als An-zeichen der Zukunft zu lesen.

Soeben erschienen:

Manuel Bachmann

Golam, Roman 2010,

Verlag Johannes Petri,

ISBN 978-3-03784-006-1

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KonzertKylie Minogue Hallenstadion, Mittwoch, 9. März 2011, 20.00 UhrBillettkasse Tel. +41 (0)44 316 77 88, www.hallenstadion.ch Kylie Minogue zählt zum kleinen Kreis derjenigen Popsän-gerinnen, die es geschafft haben, mehr als 20 Jahre lang im hart umkämpften Showgeschäft sehr erfolgreich zu agieren. Bekannt für ihre gewaltigen und spektakulären Live-Shows, verspricht die diesjährige Welttournee ein ganz besonderes Erlebnis zu werden.

The Ten Tenors Theater 11 Zürich, 14. April bis 16. April 2011 www.theater11.chMit ihrer Musik sind „The Ten Tenors“ ein Phänomen in der internationalen Musiklandschaft. Sie sind Opernsänger, Popstars, Rock’n’Roller und Entertainer zugleich. Die Show des australischen Vokal-Ensembles verbindet anspruchs-volle Arien und mitreissende Rock- und Popklassiker zu einem einzigartigen Live-Erlebnis.

Restaurant Restaurant BärengasseBahnhofstrasse 25/Bärengasse, 8001 Zürich, Tel. +41 (0)44 210 08 08, www.restaurant-baerengasse.chModerne Brasserie am Paradeplatz Zürich mit edler Smoker’s Lounge. Nicolas Maeder sorgt mit seinem Team für eine gediegene und behagliche Atmosphäre. Der Gast kommt in den Genuss von argentinischem Rindfleisch und Weinen von der Farm von Patron Dieter Meier, der bekannten Stimme von „Yello“.

Kultur & Genuss

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Inside ZürichKultur & Genuss: Januar bis April 2011

Veranstaltungen Art on Ice Hallenstadion, 3. bis 6. Februar 2011Ein bezauberndes Feuerwerk – mit Donna Summer und Katherine Jenkins: Die Ikone der Pop-Musik und die Num-mer 1 der Crossover-Klassik in einmalig inszeniertem und wunderbarem Zusammenspiel mit den besten Eiskunstläu-fern der Welt.

NZZ PodiumNZZ Foyer, Falkenstrasse 11, 8008 ZürichTickets: zwei Wochen vor Podium, Tel. +41 (0)44 258 17 80, www.nzzpodium.ch

Donnerstag, 10. Februar 2011Weltwirtschaft – wie weiter? Mit Prof. Dr. Jan-Egbert Sturm, KOF Konjunkturforschungsstelle ETH Zürich

Donnerstag, 24. März 2011England – Mut zum Aufbruch mit Martin Alioth, Korres-pondent für Grossbritannien (NZZ, DRS)

Partner: Bank Vontobel, Swiss Re. Moderiert von Dr. Martin Meyer.

Museen Alberto Giacometti – Sehen im WerkKunsthaus Zürich, 11. März 2011 bis 22. Mai 2011Das Sehen ist die Basis aller bildenden Kunst, doch kaum ein Künstler rückt den Sehvorgang so ins Zentrum seiner künstleri-schen Suche wie der Schweizer Künstler Alberto Giacometti (1901–1966). Das Kunsthaus zeigt die Sammlung der Alberto-Giacometti-Stiftung, den bedeutendsten und umfangreichsten Bestand von Werken Alberto Giacomettis, in einem Museum.

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Bank V

ontobel AG

Herrn M

ike Rose

Gotthardstr. 43

Postfach8022 Zürich

„blue“ erscheint vierteljährlich. www.vontobel.com/blue

„Wir alle wissen, dass jede klar und eindeutig bezifferte Voraussage der Zukunft falsch ist.“

Peter Brabeck-Letmathe, Präsident des Verwaltungsrats von Nestlé

Impressum

Herausgeber Bank Vontobel AGMarketing Private Banking (M. Rose, R. Fäh)Gotthardstrasse 43, CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 71 11

[email protected]

Druck Klimaneutral gedruckt durch Schellenberg Druck AG. Erscheint viermal im Jahr in deutscher und englischer Sprache. Nachdruck von Texten ist ohne die schriftliche Bewilligung der Bank Vontobel AG weder ganz noch teilweise gestattet.

Bilder und IllustrationUmschlag: Gallery Stock; Fotos Seite 3 und 27: Jonas Kuhn Fotografie; Illustration Seite 29: Jürgen Willbarth; Bild Seite 31 unten: Alberto Giacometti, Lotar I, 1965, © 2010 ProLitteris, Zürich

Disclaimer

Diese Broschüre stellt kein Angebot dar und dient einzig

informativen Zwecken. Die Erbringung der in dieser Broschüre

beschriebenen Dienstleistungen richtet sich nach dem mit

dem Leistungsempfänger abgeschlossenen Vertrag. Inhalt,

Umfang und Preise der Dienstleistungen und Produkte können

je nach Land unterschiedlich ausgestaltet sein und jederzeit

ohne Ankündigung geändert werden. Einige Dienstleistungen

und Produkte werden nicht weltweit und nicht durch alle

Gesellschaften der Vontobel-Gruppe angeboten und können

zudem in bestimmten Ländern rechtlichen Einschränkungen

unterworfen sein.

Standorte

Bank Vontobel AGGotthardstrasse 43, CH-8022 ZürichTelefon +41 (0)58 283 71 11, Telefax +41 (0)58 283 76 50

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Bank Vontobel AGSchweizerhofquai 3a, Postfach 2265, CH-6002 LuzernTelefon +41 (0)41 249 31 11, Telefax +41 (0)41 249 31 50

Banque Vontobel SAPlace de l'Université 6, CH-1205 GenèveTelefon +41 (0)22 809 90 90, Telefax +41 (0)22 809 90 91

Bank Vontobel Europe AG, Niederlassung HamburgSudanhaus, Grosse Bäckerstrasse 13, D-20095 HamburgTelefon +49 (0)40 638 587 0, Telefax +49 (0)40 638 587 230

Bank Vontobel Europe AG , Niederlassung Köln Auf dem Berlich 1, D-50667 Köln Telefon +49 (0)221 20 30 00, Telefax +49 (0)221 20 30 030

Bank Vontobel Europe AGAlter Hof 5, D-80331 MünchenTelefon +49 (0)89 411 890 0, Telefax +49 (0)89 411 890 30

Bank Vontobel Österreich AGKärntner Strasse 51, A-1010 WienTelefon +43 (0)1 513 76 40, Telefax +43 (0)1 513 76 402

Bank Vontobel Österreich AGRathausplatz 4, A-5024 SalzburgTelefon +43 (0)662 8104 0, Telefax +43 (0)662 8104 7

Vontobel Europe SA, Milan BranchPiazza degli Affari, 3, I-20123 MilanoTelefon +39 02 6367 3411, Telefax +39 02 6367 3422

Bank Vontobel (Liechtenstein) AGPflugstrasse 20, FL-9490 VaduzTelefon +423 236 41 11, Telefax +423 236 41 12

Vontobel Asia Pacific Ltd.2301 Jardine House, 1 Connaught Place, CentralHongkongTelefon +852 3655 3990, Telefax +852 3655 3970

neutralDrucksache

No. 01-10-431670 – www.myclimate.org© myclimate – The Climate Protection Partnership gedruckt bei Schellenberg Druck AG

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Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Winter 2011

Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Frühling 2010

Ich bin interessiert. Bitte senden Sie mir unverbindlich:

Zukünftige Ausgaben von „blue“ (erscheint viermal im Jahr)

Aktuelle Marktkommentare (ad hoc, nur per E-Mail erhältlich)

Weitere Informationen zum Vontobel Fund – Emerging Markets Equity

Bitte kontaktieren Sie mich für ein unverbindliches Beratungs-gespräch

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Vontobel Private Banking Das Magazin für PrivatkundenAusgabe Winter 2011

ZRH

PrognosenPrognosen im globalen Unternehmen:Peter Brabeck: „Ich kämpfe um jedenTropfen Wasser“

Demografie-Prognosen:Alter Norden, junger Süden

Makro:Globale Verschiebungen als Treiber fürneue Investment-Chancen

PrognosenPrognosen im globalen Unternehmen:Peter Brabeck: „Ich kämpfe um jedenTropfen Wasser“

Demografie-Prognosen:Alter Norden, junger Süden

Makro:Globale Verschiebungen als Treiber fürneue Investment-Chancen

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