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Acta Medica Scandinavica. Vol. CX, fasc. IV-V, 1942. (Ails dw Medizinischen Klinik in Lund, Schweden. Chef: Professor Sven Ingvar). ,,Blutendes ulcus" bei konservativer Behandlung. BENGT FRANZeN. (Bei der Hedaktion am 28. November 1941 eingegangen.) Krankheitsbegriff. Wegen der Schwierigkeit objektiver Beurteilung, sollte ein jeder, tler iiber HUlcusblutungo schreibt, mit einer genauen Begriffsbe- stimmung anfangen. Das Resultat einer Untersuchung und die Miiglichkcit, einen Vergleich mit anderen Materialien zu ziehen, hangt ja ganz davon ah, was man mit ))Ulcusblutung~) eigentlich nieint. Es komnit gar zu oft vor, dass sonst ausgezeichnete Unter- suchungcn dadurch an Wert betrachtlich einbiissen, dass dies einfache Erfordernis wissenschaftlicher Methodik nicht erfiillt wordcn ist. Wo im folgenden von ))blutendem Magengeschwiirn gesprochen wird, ist akut eintretende heftige Blutung aus Magen oder Duodenum gemeint, hervorgerufen von einem ulcus oder von gastritischen Veranderungen rnit oder ohne nachweisbare Schleim- hauterosionen. Diese einfache Definition diirfte wohl mit der gangbaren Vorstellung von dem klinischen Begriff oUlcusblu- tungo iibereinstimmen, der von grob praktischen, nicht von theoIe- tischen, pathologisch-anatomischen Erwagungen herstammt. Man erwartet als Folge der akuten Blutung eine mehr oder minder ausgesprochene Anamie zu finden. Manchmal sind jedoch die Blutwerte garnicht oder nur unbedeutend herabgesetzt, trotzdem z. B. ein tiichtiges Bluterbrechen erfolgt war, wenn die Blutung sehr

„Blutendes ulcus” bei konservativer Behandlung

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Page 1: „Blutendes ulcus” bei konservativer Behandlung

Acta Medica Scandinavica. Vol. CX, fasc. IV-V, 1942.

(Ails d w Medizinischen Klinik in Lund, Schweden. Chef: Professor Sven Ingvar).

,,Blutendes ulcus" bei konservativer Behandlung.

BENGT FRANZeN.

(Bei der Hedaktion am 28. November 1941 eingegangen.)

Krankheitsbegriff. Wegen der Schwierigkeit objektiver Beurteilung, sollte ein jeder,

tler iiber HUlcusblutungo schreibt, mit einer genauen Begriffsbe- stimmung anfangen. Das Resultat einer Untersuchung und die Miiglichkcit, einen Vergleich mit anderen Materialien zu ziehen, hangt ja ganz davon ah, was man mit ))Ulcusblutung~) eigentlich nieint. Es komnit gar zu oft vor, dass sonst ausgezeichnete Unter- suchungcn dadurch an Wert betrachtlich einbiissen, dass dies einfache Erfordernis wissenschaftlicher Methodik nicht erfiillt wordcn ist.

Wo im folgenden von ))blutendem Magengeschwiirn gesprochen wird, ist akut eintretende heftige Blutung aus Magen oder Duodenum gemeint, hervorgerufen von einem ulcus oder von gastritischen Veranderungen rnit oder ohne nachweisbare Schleim- hauterosionen. Diese einfache Definition diirfte wohl mit der gangbaren Vorstellung von dem klinischen Begriff oUlcusblu- tungo iibereinstimmen, der von grob praktischen, nicht von theoIe- tischen, pathologisch-anatomischen Erwagungen herstammt. Man erwartet als Folge der akuten Blutung eine mehr oder minder ausgesprochene Anamie zu finden. Manchmal sind jedoch die Blutwerte garnicht oder nur unbedeutend herabgesetzt, trotzdem z. B. ein tiichtiges Bluterbrechen erfolgt war, wenn die Blutung sehr

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kurz daucrte oder eine E’olycytaemie vorlag, ein Zustand den man dann und wann bei Ulcuspatienten antrifft. Okkulte, langere Zeit hindurch sickernde kleine Blutungen, die nicht selten einen chro- nischen anamischen Zustand hervorrufen, rechnen nicht hierher. Ferner durften die meisten Kliniker darin einig sein, dass man auch Melaena ausschliessen muss, die nicht besonders reichlich oder mit akuten Blutungssymptomen verbundcn war. Oft wird tlrr srhwarze Stuhl, wenn er nicht von anderen Blutungssympto- men hegleitet ist, ja nicht beobachtet oder rr wird vernachlassigt. Die gewiihnliclisten derartigen Symptome sind Haematemese, Ohnmacht, plotzliche Mattigkeit, langdauernde Tachykardic. Das Symptom Haematemese aus Ulcusgenese durfte wohl, aurh wo es isoliert vorkommt, als genugend alarmierend angesehen werden, um stets zu der Diagnose ))blutendes)) ulcus zu fuhren. Naturlich gibt es auch ein ganzes ‘Teil Grenzfalle, die sehr bedenklich machen kbnnen. Selbst die Falle, die so dcutlich auftreten, class sic die Bczeichnung )Miitend)) verdienen, konnen schwere diagnostische Probleme in sich bergen. Eine Melaena kann begreiflicherweisc ihren Ursprung im Verdauungskanal unterhalb des Duodenums haben, eine NMagenblutung)) kann auf Carzinom, F’olyp, Leher- cirrhose und vielen anderen Leiden heruhen. Soweit die Diagnose siclier oder wahrscheinlich ist, mussen diese Falle abgctrennt werdcn. In einer bestimmten Anzahl von FBllen findet man keine Aufklarung betreffend der Blutungsquelle. Da man weiss, dass Blutungcn nicht selten, trotz fehlender Magenanamnese, von akulen Geschwuren herruhren, die geheilt sind, wenn man eine Iiontgenuntersuchung vorzunehmen vermochte, oder von Gastri- tiden mit rbntgenologisch nicht nachweisbaren Erosionen, pflegt man aus praktischen Grunden Blutungen unbekannter Genese zur nUlcusgruppe)) zu rechnen. Auf diese Weise bekommt man natur- lich eine Anzahl von Fallen hinzu, die eigentlich abgesondert wer- dcn mussten.

Hei Untersuchungen eines Materials von ))Ulcusblutungo ist es notwendig, samtliche Journale durchzugehen mit den Diag- nosen d c u m , ))blutendes ulcuso, ,)Intestinalblutung,, nHaemoptyse)) usw., um zu einer cinheitlichen, zuverlassigen Bcurteilung zu koni- mcn. Die Diagnosen sind ja gewohnlich von verschiedenen Arzten mit abweichendcr Art der Auffassung formuliert worden und auf die Bequemlichkeit eines eventuellen wissenschaftlichen Bearbei-

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392 BENGT F R A N Z E N .

ters wurde dabei verstandlicherweise keine Rucksicht genommen. Nicht selten findet man unter der einfachen Bezeichnung mlcus ventriculiv einen Fall mit Hamatemese und niedrigen Blutwerten, wahrend andrerseits ein Fall mit gelinder Melaena ohne weitere Blutungssymptome die Benennung oulcus ventriculi c. haemorrha- giao erhalten hat.

Das Material.

Nach Bearbeitung des Materials gemass oben angegebenen Grundsatzen erwies es sich, dass in den Jahren 1928-1940 auf der medizinischen Abteilung in Lund 550 Patienten an ))blutendem ulcus)) bchandelt worden waren. Von diesen starben 24, also 4.4 yo. 1 3 Todcsfalle wurden indessen von vornherein ausgeschieden, (la die Ulcusblutung als Komplikation cines andercn Leidens von derartiger Beschaffenheit hinzutrat, dass es wahrsclicinlicli die hauptsachlichste Ursache der Entstehung der Blutung aus- machte, oder weil es durch seinen chronischen Charakter die Widerstandsfahigkeit des Organismus derartig untergraben hatte, (lass es grade deswegen zu letalem Ausgang kam, wie schwere Herzkrankheiten, Nephrosklerose, Sepsis, laesio vascularis cer ebri, schwere Arteriosklerose. Aus diesen Grunden wurden folgende Faille abgetrennt:

9 68 Jahre. Vor 6 Tagen wegen Haematemese aufgenommen. Tod nach 6 Tagen. Niedrigste Blutwerte IIb. 44, rote 2.5 . Sektion: cor adipos. + thrombosis cordis + embolia pulm. + bronchopneumonia + ulcus acut. ventriculi.

48 Jahre. Geringste Blutwerte Hb. 65, rote 2.4, Tod nach 9 Tagen. Sektion aortitis luica + torquiert. app. epiploicus + influenzapneumonia t ulcus ventriculi haemorrhag. 6 68 Jahre. Wurde wegen Haematemese aufgenommen. Normale

Blutwerte. Verlegung auf die chirurgische Abteilung wegen Prostata- hyphertrophie mit Pyelocystitis. Tod 19 Tage danach, ohne dass operativer Eingriff vorgenommen wurde. Diagnose: adipositas + arteriosclerosis gravis + diabetes + pneumonia + ulc. chronic. pylori.

Niedrigste Blutv erte Hb. 43, rote 2.3. Diagn.: arteriosclerosis + nephrosclerosis + hypertro- phia e t dilatat. cordis + colitis ac. + ulc. callos. ventricul.

Pat. zeigte klinische Erscheinungen von Arteriosklerose und Herzdekomposition. Wurde auf der med. Abt. 6 Wochen an oPneu- monier behandelt, als plotzlich eine Hamatemese eintrat. Niedrigste Blut-

3 80 Jahre. Tod nach 12 thgiger Behandlung.

62 Jahre.

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) B L U T E N D E S ULCUSO B E 1 K0P;SERVATIVER B E H A N D L U N G . 393 werte Hb. 38, rote 2.4. Tod naclr 5 Tagen. Sektion ergab: tbc. rec. pulinon. + ulc. chron. ventricul. 6 75 Jalire. Wegen Meliina aufgenommen. Niedrigste Blutwerte Hb. 48,

rote 3.1. Obduktion wurde verweigert. Diagn. hamorrhagia intestinal. + laesio vasc. cercbr.

8 59 Jahre. Arterioscleros. cerebri + ramollitio + cop. hypertonic. + diabet. mellit. + ulcus ventriculi c. arrosione.

3 83 Jahre. Seit vielen Jahren cerebrale und kardiovaskuliire Symptorne. Nidrigste Blutwerte IIb. 72, rote 3.5. Sektion: V. 0. C. + pneumonia hypostatic. + ulcern ac. ventriculi. 6 51 Jahre. Aufgenominen mil melaena. Xiedrigste Blutwerte IIb. 74,

rote 3.5. Ausserst rnagcr und abgezehrt. ‘rod in I Tage. Sektion verweigert. 8 52 Jahre. Sinusitis maxillaris c. seps. et empyern. pleur. sin. + ulcer.

multipl. ventric. 8 64 Jahrc. Invalide infolge wiedcrholter cersbraler Insulte. Hyper-

tonic. Inc,ontinentia win. W i d gefuttcrt. Scktion: Nephrocardiosklerose -t- ulc. callos. duodcni.

Scit vielen Jahren Herzbescliwcrden, i n Ietzler Zeit in- kompensiert. Nicdrigste Blutwerte Ilb. 68, rote 3.4. Sektion: hypertrophia r o d . + nephrosclcrosc + ulcus rec. ventriculi. 8 56 Jah1.e. Tod nacli 2 tiigiger Bchandlung. IIb. 32, rote 1.4. Sekt‘on:

adipositas + diabetes + arterioskleror. gravis + ulc. clirori. pylor.

Hluturig infolge von Sepsis.

Q 61 Jnhre.

Fcrncr wurde einc Anzalil von Fallen ausgeschieden, die auf die chirurgische Abtcilung wegen plbtzlich eintretenden lebensbedrohen- tlc.11 Zustandes vcrlegt wurden, namlich 5 , die operiert wurden u n d gcnasen, untl 3 , die operiert wurden und starben. Dagcgen \wrtle ein Patient, der auf cler medizinisclicn Ahteilung unter zunchmender Verschlechterung 6 Tage behandelt wurdc, his die Blutwcrte auf Hb. 31, rote 1.4 Mill. gesunken waren, dann auf die chirurgisclie Abtcilung vcrlegt, wo er operiert wurde und ad exitum kam, zu den inner-medicinischen Todesfallen gerechnet, weil das Abwarten hier, wie es scheint, so weit getrieben worden war, class man den Chirurgen nicht gut fur den Ausgang verantwortlich machcn konnte. Weiterhin wurden zu den internen Fallen 7 gercchnet, die auf der chirurgischcn Abteilung operativen Eingrif- fen nicht unterzogen wurden, meist weil sie sich in zu schlechtcm Allgemeinzustand befanden. Von diesen genasen allmahlich ohne Eingriffe 6, wahrend 1 starb. Diese Patienten wurden ja in Wirk- liclikeit konservativ bchandelt, obwohl sic auf der chirurgischen Ahteilung lagen.

Was die 3 ausgesonderten Falle betrifft, die nach Operation zu& exitus kamen, so kann man sich mit einer gewissen Berechtigung

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394 BENGT F R A N Z & N .

fragen, oh nicht auch diese eigentlich dem internen Abwarten zur Last gereclinet werden miissen, weil sie vielleicht zu retten gewesen waren, wenn sie von Anfang an in die Hande eines aktiven Chirur- gen gekommen waren. . Mit ihnen verhielt es sich folgender- massen:

8 58 Jahre. Nach 11 tagiger Behandlung auf der inneren Abteilung auf die chirurgische verlegt mit Blutwerten Hb. 48, roten 2.8, absteigender Tendenz der Werte. Pat. wurde operiert, es fand sich ein perforiertes ulcus. Ging 6 Tage nach Aufnahme in die Chir. Abt. an Peritonitis zu- grunde.

9 61 Jahre. Nach 3 taigiger Behandlung auf der internen Abt. auf die chir. Abt. verlegt mit fallenden Blutwerten, Ilb. 43, roten 2.4. Operation aus vitaler Indikation. Man fand ein ulcus callosum. Ligatur der blut- enden Stelle. Bluttransfusion. Nach 5 Tagen Tod a n Pneumonie. Eicht arter ios klerotisch.

8 42 Jahre. Nach 5 tagiger Behandlung auf der rnedicinischen Abtei- lung t ra t Perforation ein. Auf die chirurgische Abteilung verlegt mit Blut- wrrten Hb. 49, roten 2.3. Tod 17 Tage nach Operation an Peritonitis.

Mortalitat. Im hohen Grade klug und beachtensnert erscheint die Ansicht

Bohmanssons, dass die Falle, in denen die konservative Behandlung his zum Extrem ausgedehnt wurde, bevor die Uberweisung an den Chirurgen erfolgte, unter die interne und nicht unter die chirurgische Mortalitatsstatistik fallen sollten. Die wichtigste Forderung bei einer lege artis vorzunehmenden chirurgischen Massregel ist ja die, zu operieren, ehe noch der Patient zu ausgeblutet und geschwacht ist. Auch wenn gewisse unserer Patienten, die wir verloren, viel- leicht durch ein friihzeitiges chirurgisches Eingreifen zu retten gewesen waren, so ist damit doch keineswegs gesagt, dass eine radikal aktive Therapie im grossen und ganzen bessere Resultate ergeben hatte. Es besteht Anlass, anzunehmen, dass verschiedene Patienten, die bei innerlicher Behandlung gesund wurden, an irgend einer Komplikation zugrunde gegangen waren, wenn sie sich einem Eingriff unterzogen hatten, auch wenn er in den1 rich- tigen Stadium vorgenommnen worden ware.

Hesser hat 590 Blutungen veroffentlicht, deren Mortalitat 5.3 yo betrug, wenn alle komplicierten Falle mitgerechnet wurden. In den Fallen, in denen die Blutwerte nicht auf eine allzu niedrige Zahl herabgesunken sind (Hamoglobin zutiefst ca. 50 yo) und gleich-

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O B L U T E N D E S ULCZIS) B C I KONSERVATIVER B E H A N D L U N G . 395

zeitig komplicierende Krankheiten ernsterer Natur vorliegen, misst er der Blutung eine untergeordnete Bedeutung fur den Ausgang bei. Nach Ausschaltung solcher Falle erhalt er eine Nettomortalitat von 3 %. Eine solche Reduktion muss begreiflicherweise mit grosser Kritik vorgenommen und darf nicht schablonenmassig gehandhabt werdcn. Ein heftig blutender Patient kann manchmal bei der Auf- nahme recht gute Blutwerte haben und dann zum exitus kom- men, bcvor cs mijglich war, cine neue Blutuntersuchung zu machen, die einen Hamoglobingehalt von unter 50 yo wurde ergeben haben. Es versteht sich, dass man solche profus blutenden Falle nieht abreehnen darf. Manche Patienten bekommen Pneumonie, Lungen- embolie oder andere Komplikationen, die oft ernsthafter sind als die Blutung an sich und vielleicht die Hauptursaclie des Todes des Patienten hilden, die aber nicht eingetreten waren, wenn der Patient nicht infolge des Blutverlustes geschwacht gewesen ware. Auch solclie Falle durfen naturlich nicht abgezogen werden, da ja die Blutung die tiefere Todesursache gebildet hat. Wenn man Hesscrs Standpunkt auf unser Material anwendet, so wurden wir berechtigt sein, unsere 24 Todesfalle um 3 zu vermindern, namlich einen Fall von Pneumonie, einen mit Lungenembolie sowie einen niit Pneumonie + Lungenembolie. Das wiirde jedoch nach unserer hnsicht eine allzu grosse Herabdruckung der Statistik bedeuten.

Unter unserrn 24 Todesfallen kamen mehr oder minder schwere Komplikationen in betrachtlicher Anzalil vor. Damit man sich allgeniein ein Urteil uber diese Falle bilden kann, wird hier eine & m i c h t uber sie gegeben. Ein Vergleich mit den oben mitgetr ilten ausgesonderten Fallen wird fur dicjenigen aufschlussreieh sein, die geneigt sind, eine Sonderung nach anderen Principien zu treffen, Grundsatzen, die vielleicht zu einer anderen Mortalitatsziffer fuhren wurden, als wir sie fur richtig ansehen.

8 75 Jahre, Ulcusbeschwerden 45 Jahrc. Einmal fruher Blutung. Yiederste Blutwertc: Hb. 75, rote 4.3. Tod nach 8 Tagen. Diagn.: niassige Arterioskler. + ulc. duod. callos. + ulc. ventr. c. arros. 8 62 Jalire. Beschwerden 12 Jahre. Niedrigst. IIb. 55, rote 3.6. Tod

nach 2 Tagen. Diagn.: pneumonia croupos. + ulc. ventr. hamorrh. 55 Jahre. Magenbeschwerden 1 Monat. Niedrigst. Hb. 81, rote 3.5.

Tod nach 3 Tagen. Diagn.: ulc. pept. (klein, oberflaclilich) c. arros. 8 56 Jahre. Magenbeschwerden 2 Monate. Blutwerte. Hb. 109, rote

5.2. Bei der Aufnahme guter Zustand, dann schnelle Verschlechterung und reichliche Melana. Bluttransfusion. Exitus am gleichen Tage, bevor 2 C - Acfu med. sccmdinuiJ. Vol . cx.

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396 B E N G T F R A N Z ~ N

neue Blutunters. gemacht werden konnte. Diagn.: ulc. reg. cardiae c. arros. et aspir. sangtiinis. Keine Arteriosklerose.

9 54 Jahre. Fruher fast keine Magenbeechwerden. Erkrarikte plotzlich mit 11Bmatemese. Niedrigst. Hamoglobin 80, rote 3.5. Tod nach 9 Tagen, wahrend die Blutwerte anstiegen. Diagn.: ulc. ventr. + embolia pulm.

8 70 Jahre. Magenbeschwerden 3 Jahre. Fruher eine Magenblutung. Wurde an Ulcus ohne Blutung bchandelt. Bekam plotzlich profuses Bluter- brechen, ging schnell zugrunde. Niedrigst. Hb. 61, rote 2.8. Diagn.: ulc. ventr. callos c. arros. Keine Arteriosklerose.

$? 57 Jahre. Magenbeschwerden 10 Jahre. Fruher 33 Blutungen. Sehr ausgedehnter Fall mit niedrigen Blutwerten, niedrigst. Hb. 48, rote 2.3. Tod nach 40 Tagen. Diagn. : ulc. ventric. c. arros. + ulc. duod.

8 67 Jahre. Magenbeschwerden 20 Jahre. Niedrigst. Hb. 34, rote 1.4. 2 Bluttransfusionen. Nach 6 Tagen auf die chir. Abt. Neue Bluttransfusion und Operation auf vitale Indikation: Umstechung der blutenden Stelle. Neue Transfusion. Tod am folgendcn Tage. Diagn. ulc. ventric. callos.

9 71 Jahre. Fruher beschwerdefrei, abgeselin von gelegentlichen Zeichen von Herzdekomposition vor 1 Monat. Erkrankte plotzlich an Hamatemese. Niedrigst. Hb. 46, rote 2.2. Bluttransfusion. Tod nacli 7 Tagen. Diagn. ulc. vt:ntr. hdmorrhag. -I- unbedeutender Arteriosklerose.

8 64 J ahre. Magenbescliwerden 14 Tage. Plotzlich Hamatemese. Niedwst. I-Ib. 26, rote 1.2. Diagn. ulc. ventr. c. hamorrh.

8 53 Jahre. Magenbeschwerden 10 Jahre. Niedr. Hb. 67,rote 3. Plotzliche Verschlimmerung, stirbi. Diagn. ulc. ventr. callos. c. arros. Keine Arterioskl.

9 57 Jahre. Magenbeschweren 12 Jahre, hatte vorher 3 Blutungen. Niedrigst. Hb. 13, rote 1.8. Bluttransfusion, stirbt in einem Tage. Diagn. ulc. ventr. permagrium c. arros. (Bauchobduktion).

9 74 Jahre. Magenbeschwerden 2 Wochen. Niedrigst. Hb. 42, rote 1.9. Bluttransfusion, nach 6 Tagen auf die chir. Abt. Tod am gleichen Tage ohne Operation. Diagn.: ulc. duoden. + massiger Arteriosklerose.

9 77 Jahre. Fruher keine Magenbeschwerden. Erkrankte an Melana. Niedrigst. Hb. 61, rote 2.7. Nach 10 Tagen auf die chir. Abt. Tod dort nach 2 Tagen ohne Eingriff. Diagn.: ulcus duod. + arterioskleros. universal.

9 77 Jahre. Magenbeschwerden 2 Wochen. Hatte vor vielen Jahren zine Magenblutung. Niedrigst. Hb. 72, rote 3.7. Tod nach 12 Tagen. Ulc. ventr. c. hamorrh. + bronchopneum. + t,hrombos. ven. fem. c. emboliaart. palm. Nach dem Sektionsprotokoll keine Arteriosklerose.

9 50 Jahre. 3 Wochen Magenbeschwerden. Niedrigst. Hb. 40, rote 1.7. Bluttransfusion, Tod nach 6 Tagen. Diagn. ulc. ventr. hamorrh. + Arterioskl.

8 77 Jahre. Fruher keine Magenbeschwerden. Erkrankte plotzlich an Haniatemese. Niedrigst. Hb. 39, rote 1.6. Bluttransfusion. Tod in 2 Tagen. Diagn. kleines ulc. ventr. c. arros. Nach Sektionsprotokoll keine Arteriosklerose.

9 65 Jahre. 4 Jahre Magenbeschwerden. Hatte fruher 2 ramollitiones, die keine Folgesymptome hinterliessen. Niedrigst. Hb. 29, rote 2. Blut-

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O B L U T E N D E S U L C U S U B E 1 K O N S E R V A T I V E R B E H A N D L U N G . 397 transfusion. Diagn. ulc. ventr. c. arros. + leichter Arteriosklerose.

8 62 Jahre. 16 Jahre Magenbeschwerden. Fruher eine Blutung. Niedrigst. Hb. 52, rote 2.5. 2 Bluttransfusionen. Nach 18 Tagen auf die chirurg. Abt. zwecks Operation auf vitale Indikation. Weitere 2 Blut- transfusionen. Nicht operiert. Tod nach 2 Tagen. Diagn. ulc. duoden. penetrans c. arros. 8 38 Jalire. 2 Woclien Magenbeschwerden. Niedrigst. IIb. 38, rote

1.4. 4 BluttransfuFionen. Tod nach 6 Tagen. Diagn. Ulc. ventr. c. arros. I i c w w Artrrioskl. 8 78 Jalirt.. 12 Jahril Magclnbccrhwerden. Hattta frillier 1 Blutung.

hiedr. Hb. 43, rote 1.5. 6 Bluttran?Eu<ionen. Tod nacli 10 Tagen. Diagn. ulc. duod. call. c . arros. + Bronchopneumonie + pltwitis purulenta + Arterio~klerose, 8 57 Jalirc. 2 Jcllirti MagenhrJqc hwcmicn. Niedrigst. IIb. 32, rotc 1.8.

3 Bluttrnnqlusionm. Toil narh 3 Tagrri. Diagn. ulc. callos. pylori c % . arros. I\tbiiic) .Ir lerio.klcxrose.

37 Jahre. 12 Jdhrc. M~~~:c?iil)c.~tliwi’rdeii. Niedrigst. 70, rote 3.6. Tod iiacli 5 Tagen uritc3r star kiwi Blutcrbrcchen. Diagn. ulcera duodcni c. <wok.

52 Jalire. 1I~ittc in tlvn let Ltcn J,ilircii dusser unwcscntliclicn Magen- bescliwerdcn kciiie suhjektiveri Symptornc. Nledrigat. Hb. 33, rote 2. 2 Bluttransfusionen. Tod nach 5 Tagrn. Ihagri.: ulc. duoden. penetrans c . PIO OF. + arterioqliler. renuin + cor hypertonic. + infarct. pulmon.

Tod nach 2 Tagen.

Verschiedenc Untersuchttr haben zwecks Berechnung der Morta- litat ihr Material nach vcrschiedenen Gesichtspunkten berechnet. Einigc teilen die Bruttomortalitat niit, die sie erhieltcn, wenn alle Ulcusblutungen mitgerechnet wurdcn, auch die Falle mit den schwersten Koniplikationen. Andere haben, wie wir, nacli bestem Vermogen diese Falle ahgetrennt und geben die Nettozahl an, die so gewonnen wird. Wir hatten, wie erwahnt, auf 550 Falle 24 ‘I‘odesfalle, was 4.4 yo ausmacht. Wenn wir die ausgeschiedenen 13 Falle mit schweren Komplikationen mitrechnen, wiirden wir auf 563 Patienten 37 Tote haben, aloso 6.6 yo. Zum Vergleich geben wir im Nachstehenden einige reprasentative nordische Statistiken wieder.

In Lund war also die Sterblichkeit etwas grosser als in anderen nach gleichen Grundsatzen aufgestellten Statistiken der letzten Jahre. Viellricht liegt das an strengerer Abgrenzung des Krank- hcitsbegriffes oder grosserer Zuriickhaltung bei der Ausscheidung gewisser Todesfalle bei ur>s als anderswo. Nehmen wir wie Motzfeldt und Venndt eine Teilung dts Materials vor, um die Mortalitat vor

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398

3.0

7.0

9.0

3.0

4.4

----

- - - - - - -

(3) ------_

7.9

1.5 (1)

- - - - - - - 4.5 (2.8) 2.4 ( 1 )

B E N G T F R A N Z ~ N .

Tabelle 1.

(brutto)

(brutto) (brutto 5.3 x) (brutto 6.6 %)

-----___________.___-___

~

_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ ~

~ _ _ _ _ _ _ _ _ ~

(brutto)

Die i n Parentese ge- setzten Werte wurdeii aufgrund gewisser weit- gehender Aussonderun- gen erreicht, fiber deren grossere oder geringere Stichhaltigkcit sich dis- kutieren lasst.

-, - Zahl der

Falle

382

113 154

- ___.

209

736

318

590

220

421 (288)

Zei tperiode

1916-1932

1927-1 932 . - - - - - - - -

1932-1937 . - - - - - - - - 1935-1939 - - - - - - - - -

1896-1 917)

1922-1931

1929-1 938

1928-1940 1934--1940) - - - - - - - - -

1923-1 932

1931-1935

. - - - - - - - - 1923-1935 1931-1935)

und nach der Zeit festzustellen, in

Sterb- Iichkeit

01

der kaloriereichere Iiost und methodische Bluttransfusionen zur Anwendung kamen, so erhaltc-11 wir fur den Zeitraum 1928-1933 14 Todesfalle unter 211 Patienten, d. h. 6.6 yo, sowie fur die Zeit 1934-1940 10 Todesfalle untcr 339 Patienten, d. h. 3 %, - eine Zahl, mit der man Grund hat zufrieden zu sein, nicht zu mindcst, wenn man daran denkt, dass viele von diesen Komplikationen irgend welcher Art aufwiesen.

Von grossem Interesse ist es, die Schwankungen der Mortali- tatskurve in ciner Reihe von Jahren zu studieren. Fig. 1 zeigt ubersichtlich das Verhaltnis zwischen der Anzahl der Behandelten und der Gestorbenen. Die Patientenzahl pro J a h r ist ersichtlich kontinuierlich gestiegen; die der Sterbefalle ist dagegen nicht grosser geworden. Die Mortalitatsprocente sind also gesunken. Den Fluktuationen der Mortalitatskurve diirfte keine wesentliche

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> ) B L U T E N D E S ULCUS)) BE1 K O N S E R V A T I V E R B E H A N D L U N G . 399

[?I8 -30 -3% -39 -36 . 3 P -Yo

Fig. 1. I Zdhl der behandelten Palle. I1 O/,, Tote. 111 Zahl der Toten.

Iktleutung beizunicsscn scin, wenn man bedenkt, wie klein die 1iic.r in Frage kommentlen Zahlen sind. lndessen liegt Anlass vor, cincn deutlichen Ruckgang der absoluten Zahl der Sterbefalle fur die Zeit zu erwartcn, wo sich die neuen Behandlungsgrundsatze durchgcsetzt haben, wenn diese wirklich eine so tiefgreifende Wir- kung haben, wie allgemein angcnommen wird. Denn es ist ja wahrscheinlich, dass die absolute hnzahl der prognostisch ernsten FBllc unter dcr Bevolkerung, die wohl wenigstens wahrend der Ivtztcn Deccnnien zu fast 100 yo zur Krankenhausaufnahnie ge- kommen sind, sich wahrend unserer kurzen Beobachtungszeit nicht wcsentlich verandert hat. Ein deutlicher Zuriickgang in der Zahl der Gcstorbenen ist in dcr erwarteten Zeit faktisch zu konsta- ticren, aber die Kurve hat fruher stark geschwankt und die letzten Jahre haben eine neue Steigerung mit sich gebracht. Man weiss nicht, welche Rolle der Zufall spielt. Eine betrachtlich langerc Beobachtungszeit ist niitig, urn die Bedeutung der mo- tlcrnen Therapie heurteilen zu kiinnen.

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400 BENGT P R A N Z B N .

Keine Mortalitatsstatistik von Ulcusblutungen ist vollstandig ohne eine getrennte Aufstellung nach Mannern und Fiauen bei den Procenten der Sterbefiille. In diesem Material war der Unter- schied unbedeutend. Das geht aus der folgenden Tabelle hervor, bei der einige andere Untersuchungen zum Vergleich herangezogen wurden.

Tabelle 2.

Mortalitat % . mannl. weibl. znsamnien

Frostad (1934) ........................ 9.1 9.9 9.4 Christiansen (1934) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 10.3 7.9 Olesen (1936) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G 3.8 4.5 Franzdn (1941) ...................... 4.5 4.1 1.1

Die Bedeutung der Manifestationsart der Blutung.

Man hat vielerorts gefunden, dass die Zahl dcr in Kranken- hausl-)ehandlung gekommenen Magengeschwiire, sowohl blutender als auch nicht blutender, in der letzten Zeit stark angewachsen ist. Diese Steigerung betrifft besonders mannliche Patienten und scheint kontinuierlich vom Beginn des 19. Jahrhunderts an zuge- nommen zu haben. In Danemark haben Pedersen und Guldager & Heintzelmann unlangst nachgewiesen, dass sich diese Verschiebung auch wahrcnd der letzten Decennien bcmcrkbar gemacht hat. Alsted hat in einer umfassenden Untersuchung iiber das Vorkom- men dcs Magengeschwiirs in Kopenhagen eine Unterteilung cler Blutungspatienten in solche mit Haematemese + Melaena und solche mit cinfacher Melaena vorgenommen und gefunden, dass die lctztere Gruppe wcit mchr angestiegen ist als die erstcre und dass dies Anwachsen parallel mit ciner Zunahme mannlicher Be- handlungsfalle einhergeht. Diese Tatsachen, meint er, konnen in Zusammenhang mit der seit lange beobachteten langsamen Veranderung im Charakter der Ulcuserkrankung gebracht wcrden: aus unbekannten Ursachen befindet sich das Magengeschwiir auf k)Wanderunga zum Pylorusgebie t und Duodenum, wo es gi ossere Neigung hat, chronisch zu werden sowie Melaena zu verursaclien unti Manner haufiger als Frauen zu befallen als bei dcr Lolialisation im Magen.

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~ B L U T E N D E S U L C U S U B E I X O N S E R V A T I V E R B E H A N D L U N G .

Tabelle 3.

401

3

1

5 3 1

2 4

1928 29 30 31 32 33 34 3 5 3(i 37 38 30 4 0

h m w T g

g 2 n&z -. 4 v

2 8 1 4

2 5 12

2.5

7.5 2.5

2 5 0 0 1 2 0 0

3.5 7.5

26 26 37 39 42 41 43 37 46 56 46 58 53

__ Q

0 a - 1 2 5 2 4

12 3 2

12 7 6

14 15

17 9 13 13 4 14 12 16 10 5 27 10 20 17 9 21 18 20 19 8 22 20 21 18 8 23 18 22 19 5 29 14 21 22 2 19 18 20 17 7 28 18 24 22 6 37 19 33 23 11 28 18 30 16 10 34 24 25 33 6 31 19 28 25 3

85

Sichere oder wahrscheinliehe

Diagnose

5 z

9 8

12 10 18 5 6 14 7

14 11 9 4

127

a

a

10 9

10 8 8

18 14 10 20 21 17 21 24

190 241 4.4

Eine anderc wicht igc vielfach gemachte Beobachtung ist die, dass in letzter Zeit die Mortalitat bei Magenblutungen in Krankenhaus- behandlung wesentlich zuriickgegangen ist. Als Ursache hierfur hat man teils eine verbesserte Behandlung angesehen, teils eine grossere Aufnahme leichterer Falle, teils den Umstand, dsss lebensbedrohen- de, profuse Blutungen, wie man meint, seltener bei Lokalisation in der Pylorusgegend auftreten als da, wo das ulcus im Magen belegen ist.

An unserem Material wurden Untersuchungen vorgenommen, um zu erforschen wie sich diese Umstande bei uns gestalten. Oben- stehende Tabelle gibt eine fhersicht der wahrend der letzten 13 Jahre behandelteri Falle.

Als ))sichero wird die Diagnose angesehn, wenn Rontgen, Gastrn- skopie oder Scktion das Vorliegen von ulcus unzweideutig bewiesen haben. Untcr der Bczeichnung rsichere oder wahrscheinlichm Ulcusdiagnose wurdcn ausser den sichergestellten Fallen auch die aindirekt rontgenpos-itiveno Falle gefiihrt, bei denen man Deformie- rungen ulcusgenetischer Herkunft feststellen konnte, ohne jedoch eine Nische nachweisen zu konnen. Ausser den in der Tabelle ange-

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402 B F N G T F K A N Z E N .

gehencn Fallen kamen unter den #sicheren, 5 Falle von ulcus pylori, 2 von ulcus gastro-jejuriale vor sowie unter den ))sicheren oder wahrsclieinliclien~) 10 Falle von ulcus pylori, 2 von ulcus gastro- jcjunalr, 23 von Gastritis.

An unserem Material war es nicht moglich eine sichere relative Vermehrung der Zahl der Manner auf Kosten der Zahl der Frauen nachzuweisen. Dagegen hahen wir gefunden, dass die Frequenz des ulcus duodeni mehr zugenommen hat aIs die Frequenz des ulcus ventriculi, was sowohl bei den Fallen mit sicherer Diagnose als auch bei denen mit sicherer oder wahrscheinlicher Diagnose bemerkbai

lIV0

Fig. 2.

ist. Die Zahl der Falle mit haematemesis + melaena resp. mit nur melaena ist bei uns ungefahr in gleichem Masse angestiegen (s. Figur 2). Man muss sich daran erinnern, dass derartige Berechnun- gen nur wenig praktischen U'ert haben, da sieh die Beobachtungs- zeit nur auf 13 Jahre erstreckt. Von grossem Interesse ist dagegen ein Vergleich zwischen unserem gesainmelten Material und einer fruheren Untersuchung von Mattisson an derselben Klinik, dit. zeigt, dass die Falle mit Melaena auch in Lund verhiiltnismassig im Laufe der Jahre zunahmen und zwar im selben Umfangc ungefahr wie in Danemark, was aus folgender Tabelle hervorgeht:

Tabelle 4.

Guldager & Heititzelmanii. . . . . . 97 1918-27 19 244 1928--37 42

Alsted ........................ 440 1916-25 15 1159 192(i-35 4Ci

bl. K1. Lund (Mattisson, FranzBn) 314 1910--17 27 550 1928-40 46

_ - - ~ _ _ _ ---------- --- ---_ _ _ _ _ - - _ -_--

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B B L U T E N D E S U L C U S ) B E I K O N S E R V A T I V E R B E H A N D L U N G . 403

Pedersen untersuchte die Abhangigkeit der Blutung von der Manifestationsart und fand, dass hamatemesis + melaena eine weit ernstere prognostische Bedeutung hat als isolierte Melaena. Folgende von Pedersen ausgefiihrte und durch unsere entsprechcn- den Ziffern erganzte Zusammenstellung zeigt das Vorkommen bei den obducierfen Fallen. Die Ziffein stimmen soweit iiberein wie man das billigerweise verlangen kann und zeigen, dass die Todes- falle nach Haematemese vlcl haufiger vorkommen als nach einfacher Melaena.

Hamatemese Melana Summe

Nielsen, N. bage (1919) . . . . . . . . . . . . . . 4 9 4 5 3 Mattisson (1931) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3 21 Mossberg (1933) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 6 46 La Due (1939) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1 8 Guldager & Heintzelmann (1939) . . . . . . 1 9 3 22 Hansen, J. L. (1940) . . . . . . . . . . . . . . . . 85 12 97 F r a n z h ( 1 941 j . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 0 4 24

Die Bedeutung der Lokalisation.

Man meintc friiher, dass der Sitz des Geschwiires von grosser Bedeutung fur die Art der Manifestation der Blutung ware, indem das Magengeschwiir iiberwiegend zu Bluterbrechen, das Duodenal- geschwiir iiberwiegend zu Melaena fiihre. Pedersen fiihrt verschie- dene Untersuchungen an, die angebcn, dass die Verhaltnisse hierbei sehr wechselnd sind. Es scheint, dass das Magengeschwiir wirklich in der grossten Zahl von Fallen Anlass zur Haematemese gibt, das Duodenalgeschwiir dagegcn nach mehreren Statistikern haufigst Haematemese verursacht, nach anderen haufigst Melaena. Nachste- hende Tabelle stellt einen Vergleich von 97 obducierfen Fallen von ulcus-Blutung am Konimune-Hospital, innere Abteilungen, nach Pederscn, mit 176 Fallen an der Medizinischen Klinik Lund dar, wo die Diagnose durch Sektion, Operaf ion oder Riinfgen (deutliche Nische) gestellt wurde. Da die Blutung selbstver- standlich nicht immer von der nachgewiesenen Nische herzu- stammen braucht, ist die Sicherheit in unserm Material nicht absolut. Das Kopenhagener Material muss andrerseits ja zu Missdeutungen fiihren, weil nur die letalen Faille erfasst4 sind, welche, wie oben hervorgehoben, gewohnlich mit Haematemese

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404 B E N G T F R A N Z ~ N .

auftreten. Das diirfte die Ungleichheiten im beiderseitigen Material erklaren.

Kommunehospital Med. Klinik Lund.

Hamatemese Melana Hamatemese Meliina

Ulcus ventric. . . . . . . . . . . 58 4 48 36 )) pylori . . . . . . . . . . . . 3 3 3 2 o duodeni . . . . . . . . . . 12 2 39 46 )) gastrojejun. . . . . . . . . 3 0 1 1

Die Ursache davon, dass die Lokalisation des ulcus von gewisser Bedeutung fur die Art ist, in der sich die Blutung manifestiert, liegt nach Pedersen in der wechselnden Gefassstruktur in verschiedenen Teilen des Magens und Duodenums. Im Magen, wo die Arterien relativ grob sind und das Geschwur die Tendenz hat, schnell zuzu- nehmen, entsteht leichter eine profuse, zum Erbrechen reizendc. Blutung als in der juxtapylorischen Partie mit ihren fcinercn Gefasscn und der grosseren Moglichkeit, durch Gewebereaktion dem Durchbruch des Geschwiirs entgegenzuwirkep.

Die Bedeutung des Alters.

Das Alter wird prognostisch als sehr bedeutungsvoll angesehen. Unserc 24 Todcsfallc verteilen sich nach dem Alter folgende niasscn:

U n t w 36 Jalir 36 - !O I)

11 -- 15 1)

46 -- 50 D

51 - 55 I)

5 6 - G O u 61 - - 6 5 D

66 - 70 u 71 - 7 5 I)

7 G - X O H

a1 -- 85 1)

S G - 9 0 I)

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DBLUTENDES ULCUS) BEI KONSERVATIVER BEHANDLUNG. 405

Diese Verhaltnisse werden durch Figur 3 anschaulich gemacht.

6 % i I / a*/ /

Fig. 3. Gruppierung nach Alter. I Zahl der Behandelten. I1 yo Tote. I11 Zahl der Toten.

Wie es scheint, ist die Moitalitat vor dem Alter von 50 Jahren gering. Im Alter von 51-70 bewegt sie sich zwischen 5 und 8 yo. Nach dem 70. Jahr tr i t t eine kraftige Steigerung ein. Das 50. Lebensjahr diirfte in diesem Mateiial als die Grenze zwischen sehr guter und etwas weniger guter Prognose betrachtet weden diirfen. Hesser findet bei seinen Untersuehungen von 590 Blutun- gen 1929-1938, die Grenze, bei der die Mortalitat den 10 %-Strich iiberschreitet, liege bei 65 Jahren. Er weist darauf hin, dass die Grenze zwischen g u t u und weniger guter Prognose in friiheren Statistiken auf 40 Jahrc festgesetzt worden war (Nielsen, 1919; Krohn 1924; Mossberg 1932), und ist der Auffassung, die an seinem Material konstatierte kraftige Verschiebung dieser Grenze nach einem hiiheren Altersniveau hin sei auf die verbesserte Behand- lung neuerer Zeiten zuriickzufuhren.

Guldager & Hrintzclmann haben unter 311 Fallen 15 Tote, d. h. 4.6 %. Unter 50 Jahren war die Mortalitat 2.2 %, iiber 50 J. 16.3 yo Ein steiler Anstieg erfolgte nach 50 Jahren. Das Material stammt aus Aarhus und riihrt aus der Zeit von 1918-1937 her.

Um zu ermitteln, ob unsere Mortalitatskurve in ihren Schwan- kungen eine Einwirkung durch die wechselnde Anhaufung alterer

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406 B E N G T F R A N Z E N .

Patienten erfahren hat, wurde Figur 4 hergestellt, die in Procen- ten die Zahl der iiber 70 Jahrigen unter der jaihrlichen Gesamtzahi lwhandelter Falle zur Darstellung bringt. Man bemerkt heim Ver- gleicli mit der Mortalitatskurve in Figur 1, dass eine gewisse l%x+- einstimmung in der Kurvenform erkennbar ist, eine erwartetc Auswirkung der variierenden Altersverteilung.

1798 I7 YO Fig. 4.

Jahreszeiten-Variationen.

Unsrrc 550 Blutungen verteilten sich auf die Monate gcmass folgcndcr Tabclle:

Januar 45 Blai 44 September 54 Eebruar 37 Juni 39 Oktober 55 Marz 33 Juli 57 November 60 April 34 nugust 39 December 53

Mehrerc Forscher beobactiteten eine deutlich hoherc Rlutungs- frequenz wahrend des Spatherbstes und der ersten Wintermonate, anderc fandrn dagegen eine ziemlich gleichmassige Verteilung iiher das Jalir hin. Folgende Ubersicht verschiedenen Materials rriijge diese Verhdtnisse illustriern. Die Zahlen geben die Anzahl Rlu- tungen in’Procenten des Gesamtmaterials wieder.

Jaiiuar- April

Mattisson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

E’rostad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Christiansen.. .................... 35

Franzdn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Mossberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Guldager & Ilansen . . . . . . . . . . . . 34

Mai- August

28 32 34 30 27 33

September- December

40 13 35 34 39 4 0

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B B L U T E N D E S uLcusD B E I K O N S E R V A T I V E R B E H A N D L U N G . 407

Recidive.

Mattisson findet bei seinen 732 Magenblutungen in Lund und Malmo eine Recidivfrequenz von ungefahr 1/3. Mossberg hat 1933 auf 295 Falle eine Recidivfrequenz von ungefahr 30 yo. Rischel giebt ca. 35 % Recidive unter 192 Patienten an. Hesser findet 1938 in seinem Material von 512 Fallen eine Recidivfrequenz von ca. 30 %. Im vorliegenden Material handelt es sich um 147 Patientcn mit Recidiven unter 550 Fallen, was 27 % ausmacht.

Hesser hat den Recidiven ein eingehendes Studium gewidmet insbesondere im Hinblick auf die Moglichkeit, ihr wiederholtes Auftreten durch Operation zu verhindern. Viele meinen, Recidiv- blutungen hatten eine schleclitere Prognose als Primarblutungen, weswegen bei Recidivblutung Operation angeraten wird, am liehsten, wenn man den Sitz des Geschwures kennt. Hesser hat dagegen an seinem Material teils festgestellt, dass Hecidivblutun- Ben bessere Prognose als Primarblutungen haben, teils dass auch nach Operation neue Blutungen gewohnlich sind. Wahrend seinc nicht operierten Recidivpatienten 3.2 ma1 pro Fall bluteten, bluteten die opcrierten 2.5 ma1 pro Fall. Unter den letzteren befanden sicli 9 Patienten, an welchen B I oder B I1 ausgefuhrt wurden, die ein- zigen Operationen, difh nach E’insterer, Sdderlund und Bohmansson gegen Blutung als wirksam betrachtet werden konnen. Samtliche liatten nach der Operation ein- oder mehrmals geblutet. Da also nach dcin Eingriff Blutungen vorkommen und da dieser selbst bei den besten Chirurgen mindestens eine Mortalitat von 5 yo hat, vertritt Hesser die Ansicht, dass grundsatzlich nur interne Behand- lung in Fragc komme, besonders da die Mortalitat bei ihr Lei den meisten Beobachtern die Operationsmortalitat nicht uber- trifft (selbst hat Hesser nur 3 yo Mortalitat). Er weist indes aus- driicklich darauf hin, dass in solchen Fallen, wo die Operation eines ulcus aus anderen Griinden erwogen wird, eine fruhere Blutung unter gewissen Umstanden bei der Operationsindikation als ein plus anzusehen ist.

Auch Bohmansson ist der Ansicht, dass Hecidivblutungen in der Regel gute Prognose haben. Er gibt an, er habe nach Resektion wegen Blutung ungefahr 20 yo Recidivblutungcn (BI), und die Recidivfrequenz unter den Blutungsfallen sei bedeutend grosser als bei anderen Fallen. Soderlund hebt andrerseits

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408 B E N G T F R A N Z ~ N .

in einer Erwiderung an Hesser hervor, dass obei wiederholter Ulcusblutung eine Resektion mit einem Operationsrisiko - bei sonst unkomplizierten Fallen und nicht zu alten Patienten - ausgefiihrt werden kiinne, das gewohnlich nicht 5 yo iibersteige, und mit einer Recidivfrequenz in den B I1 - Fallen von ungefahr 3 yo)). Deswegen halt er diese Operation fur eine besondcrs wirk- same Massnahme gegen neuerliche Blutung.

In unserm Material befindet sich teils eine Anzahl Falle, die Recidivblutungen nach Gastroenterostomie gehabt haben, teils 3 Fallc mit Blutung nach Kesektion. Freilich geben naturlicher- weise Zahlen dieser Art keine Aufklarung iiber den Wert der Operation. Nicht einmal Hessers 9 resecierte Recidivblutungen gebrn eine Aufklarung, wenn man nichts iiber die Zahl derjenigen F2lle erfahren kann, die nach Resektion kein Hecidiv bekommen. Ein derartiger Versuch wurde in Norwegen von Hijmcke & Evensen gemacht, die 194 Patienten erwahnen, die wahrend der Zeit von 1933-1 938 mit einer Operationsmortalitat von 6.7 yo der Hesek- tion tles ulcus unterzogen wurden. Von diesen hatten 66 Blutungen gehaht. Bei 171 fand Nachuntersuchung statt . Nicht ein tinziger dtrsclben zeigte nach der Operation manifestc Blutung. Die Auto- rcn zielien (trotz der allzu kurzen Beobachtungszeit von 2--7 Jahren) den Schluss, dass die Resektion gegen die Blutung helfe, dass aher das Todesrisiko zu gross und die interne Behandlung zu gut sei (sir Iiatten selbst bloss 3 yo Mortalitat bei interner Behand- lung), als dass bei Recidivblutung zur Operation geraten werden kbnne.

Hessers Hecidivpatienten hatten eine Mortalitat von 3.3 % (also unbecleutend hoher als die Primarblutungen), wenn man nach der Zahl der Personen rechnet, die behandelt wurden. Wenn man indessen dariiber unterrichtet wird, wieviele Male diese zusam- mengenommen wegen Blutung hehandelt wurden, und die Mortalitat nach der Anzahl von Blutungen berechnet, so ergibt sich eine Mor- talitat von 1.6 yo. Diese Berechnung liegt der Auffassung Hessers zu Grunde, die Piognose sei besser bei recidiven als bei Primar- blutungen. In unserm Material betrug die Mortalitat hei den Reci- divpatienten cirka 5 % (d. h. etwas mehr als bei den iibrigen Pati- enten). Wenn wir ebenso rechnen wiirden wie Hesser, wiirden auch wir auf die Gesamtanzahl von Blutungen eine besonders niedrige Mortalitat erhalten. Hier sol1 jedoch keine derartige

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Berechnung der betreffenden Zahlen vorgenommen werden, weil die Angaben uber friihere Blutungen bei unsern Patienten oft recht unzuverlassig klingen.

Rontgenuntersuchung und Gastroskopie.

Meulengracht weist darauf hin, im grossen und ganzen findc man zu 33 yo sichere Rontgenveranderungen beim oblutenden ulcusn, in 33 yo indirekte Anzeichen des ulcus, in 33 yo wiederum zeige Rontgen keine Veranderungen.

I

1918 19YO Fig. 5. I Samtlichr Fallc. I1 Roiitgenuiitcrsucht(.. I11 $Indirekt rtg.-p0s.c

IV wtg.-posu.

Die Verhaltnisse bei uns werden durch Figur 5 illustriert. Die Kurven geben an: I . Anzahl behandelte Patienten. 11. Anzahl Rontgenuntersuchte. 111. Patienten mit rontgenologischen Ver- anderungen irgendwelcher Art, die auf Ulcus oder Gastritis hin- weisen (dndirekt rontgenpositive))). I V . Falle mit sicher nach- weisbarem Ulcus (wontgenpositive))). Die Zeichnung spricht fur sich selbst. Sie zeigl, dass die von Meulengracht angefuhrten ungefahren Frequenzwerte auch fur uns gultig sind.

Eine grossere Zahl rontgenbestatigte Diagnosen erhalt man, wenn man bereits in der ersten Woche nach der Aufnahme soweit wie moglich jeden blutenden Patienten der Rontgenuntersuchung unterzieht. Man findet da manchmal ulcera, die bei einer Kontrolle einige Wochen spater riicht mehr hervortreten. Bei uns hat u. a. Bohmansson die Ungefahrlichkeit und Bedeutung einer fruhzei-

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410 B E N G T F R A N Z ~ N .

tigen lidntgendiagnostik hervorgelioben. Er weist darauf hin, dass in verzweifelten Fallen nur die ))I%dntgenpositiveno mbglicher- weise durch Operation gerettet werden konnen, wahrcnd die ))Rdnt- gennegativen)) Eingriffen nicht unterzogen wwden diirfen. Ohnell und ,$kerlund halten dagegen l~dntgenuntersucliung in einern zeitigen Stadium fur uberfliissig und manchmal fur irrefiilirend.

Gewisse Untersucher nehmen Gastroskopie vor. Bjuggren gibt an, er habe dabci bei der Mehrzahl rontgennegativer Patienten Gastritis in mehr oder weniger ausgesprochenem Grade festgestellt.

Von verschiedenen Seiten ist mitgeteilt worden, class Oesopha- gusvaricen und Lcbercirrhose weit haufiger sein sollen, als man allgemein glaube, und dass vide der wontgennegativen)) Blutungen von Varicen lierstammten (Hansen und Pedersen). L)em gegen- iiber heht jedoch lhre hervor, er habe bei der Oesophagoskopie derartiger Falle nicmals Varicen angetroffen.

Die 126ntgenuntersuchung wurde in Lund in der Hegel 2-4 ?Vochen nach der Aufnahme des Patienten vorgenommen. In einer Anzahl leichterer Falle wurde sie indessen auch schon in den ersten ‘lagen nach der Einlieferung ausgrfiihrt, wobei man manch- ma1 ulcera feststellte, die einige Worhen danacli verschwunden waren. Gastroskopie kam nur in einem Fall zur Anwendung, wolwi cir~ paar Erosionen beobachtet wurden.

Die Behandlung.

Man hat lange Zeit daruber gestritten, welche Methode die besten Resultate crgebe. Finsterer meint, dass alle Magenblutun- geri prinzipiell operiert werden sollten und dass das am 1)esten innerhalb der ersten 48 Stunden nach Beginn der Blutung zu geschehen habe. Nach einer Angabe aus dem Jahre 1937 hat er bei Friihoperationen eine Mortalitat von 4.8 yo bei 62 Hesektionen, bei Spatoperationen von 30.3 % hei 56 Resektionen (nach Abtren- nung von Fallen mit schweren Komplikationen 22 yo). Seine Durchschnittsmortalitat betragt 12 %. Finsterers Ergehnisse bei Frulioperationen unterscheiden sich wenig vom Resultat der inter- ncn Behandlung in verschiedenen neueren Statistiken.

Rohmansson meint, man solle operieren, wenn der Patient der Verblutung oder anamischen Kachexie zu erliegen clrohc, bcsonders wenn es zuerst gclinge, eine wahrscheinliche Blutungs-

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quelle nachzuweisen, wie ein kalloses ulcus. Der Eingriff wird also auf mehr oder weniger vitale Indikation hin vorgenommen. Er betont jedoch die Wichtigkeit, zu operieren, bevor der Patient sich im desolaten Zustand befindet, da der Eingriff als ultimum refugium ein schlechtes Resultat ergibt. Die schweren Falle fasst er zu einer Sondergruppe mit ,grosser, lebensgefahrdender Blut- ung)) zusammen, ein Begriff, den es ihm nicht gelungen ist mit klarer und uberzeugender Deutlichkeit zu definieren. (Ustvedt versuchte eine gleiche Gruppe seines Materials unter Benutzung von Bohmanssons Kennzeichnungen abzugrenzen, musste aber den Versuch aufgeben). Bohmansson hat indessen in der Zeit 1922-1933 124 solche Falle gesammelt, von denen 61 radikal operiert wurden. Die Mortalitat bei den nicht Operierten betrug 29 %, bei den Operierten 16.4 %. Wenn man von den letzte- ren einige Falle ausscheidet, die in der Agonie nach zu lange aus- gedehntem Abwarten operiert wurden, betragt die Operationsmor- talitat 8.9 yo und, wenn diese Falle der internen Therapie zu Lasten fallen, erhoht sich die Mortalitat bei den nicht Resecierten auf 34 %.

Diese Manipulationen erscheinen naturlich und berechtigt. Das Resultat der operativen Therapie ist begreiflicher Weise aus- gezeichnet, wenn die beiden Gruppen wirklich in Bezug auf die Prognose vergleichbar sind, was man ja aber nicht weiss. Interes- sant ist weiter die hlitteilung, dass er in den Jahren 1929-1938, zusammen 140 Patienten wahrend bestehender Blutung operiert hat mit 18 Toten (13 yo Mortalitat).

Bohmansson nahm fruher einen bedeutend aktiveren Stand- punkt als jetzt ein. Dieser wurde allmahlich gemassigter, insbeson- dere seit er 1936 moderne Diattherapie ohne Hungernlassen anzu- wenden begonnen hat. Der ubergang seiner jetztigen Einstellung ist recht fliessend bis zu der Auffassung vieler Internisten, wie Ing- var, welche gewisse schwere Falle der chirurgischen Therapie uber- weisen.

Die extrem konservative Therapie wird bei uns von Hesser und I. Holmgren vertreten, die der Ansicht sind, praktisch brauche man niemals seine Zuflucht zur Operation zu nehmen, da das interne Vorgehen in letzter Zeit unubertreffliche Hesultate ergeben zu haben scheine, seit Bluttransfusionen fleissig angewendet wiirden und man Meulengrachts und I. Holmgrens Forderung nach kalorie- reicher Ernahrung an Stelle der fruheren Hungerkost angenommen 27 - Acta med. scandinacr. Val. C X .

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412 BENGT F R A N Z I ~ N .

habe. Niemand diirfte strahlendere Resultate erreicht haben als Meulengracht selbst, der angibt, eine Sterblichkeit von nur 1 yo zu haben.

Nachdem friiher Bluttransfusionen mehr sporadisch angewendet wurden, sind sic seit 1933 auf der medizinischen Klinik in Lund in fleissigem Gebrauch. In der Regel scheint es, dass sic dann gemacht wurden, wenn die Blutwerte unter 50% H b gesunken waren oder der Zustand im iibrigen Anlass zu Befiirchtungen gab. Die M a t bestand in dem friiher gebrauchlichem kaloriearmen Typ bis 1934, wo allmahlich eine liberalere Kost eingefiihrt wurde. Seit 1936 erhalten die Blutungspatienten eine gradezu standardisierte ))Ulcus- kuro mit einer schnellen Steigerung auf relativ kaloriereiche Nahrung, wobei die aSch1ussdiat.b in ein paar Wochen erreicht wird. Die Nahrungszufuhr wird natiirlich nach Bedarf geregelt, ohne dass man jedoch hier bis zu solchen Extremen geht wie Rleu- lengracht.

Das Hesultat der inneren Behandlung ist so gut, dass die meis- ten jetzt darin iibereinstimmcn, die Ulcusblutung als eine haupt- sachlich intern-medizinische Angelegenheit anzusehen. Da die Prognose in letzter Zeit bedeutend besser geworden zu sein scheint, hat man die Erklarung dafur in der modernen Therapie gesucht. Meulengracht hatte auf seiner Abteilung 1 yo Mortalitat, wahrend Christiansen in einer Paralleluntersuchung aus einem anderen Kran- kenhause, wo man die Behandlung mit Hungern begann und dann kaloriearme Kost gab und wo ferner Bluttransfusionen selten vorgenommen wurden, eine Mortalitat von 8 yo findet. Diese und ahnliche Untersuchungen sprechen stark zu Gunsten dr r modernen Therapie. Wie bereits friiher erwahnt, sind jedoch in den letzten Jahren verschiedene andere Faktoren hinzugekommen, die vielleicht von grosserer Bedeutung waren. Man kann mit an- deren Worten nieht geniigend Vertrauen in die beobachtete Ver- minderung der Todesprozente setzen. Statt dessen muss man die absoluten Sterbeziffern wahrend einer Reihe van Jahren studie- ren und sehen, oh sich diese nach der Einfuhrung des neuen r6gimcs definitiv verringert haben. Es wurde vorher schon betont, dass in dieser Untersuchung keine Senkung der Art gezeigt werden konnte, dass man aus ihr sichere Schliisse ziehen kann. Man muss aber begreiflicherweise ahnliche Untersuchungen von verschiedenen anderen Seiten fordern und vielleicht auch eine langere Beobach-

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tungszeit, damit man eine irgendwie sichere Vorstellung uber den Wert der neuen Methoden gewinnen kann. Die U'ahrscheinlichkeit spricht ja stark dafiir, dass viele Menschenleben durch die Blut- transfusionen gerettet worden sind. Weiterhin diirfte die Rekon- valescenzzeit durchschnittlich verkurzt sowie ein Teil Kompli- kationen durch die vermehrte Nahrungszufiihrung vermieden worden sein.

Wie gut die Behandlungsresultate auch sind, so gibt es doch einzelne Falle, die trotz unserer Massnahmen zu Grunde gehen. Leider gibt es keine Moglichkeit, sic von vornherein zu erkennen.

Es ist bedauerlich, dann und wann zu erleben, wie Menscheri an einer so banalen Ursache zu Grunde gehen, wie Verblutung in einem modernen Krankenhaus mit all der reichen technischen Aus- riistung.

Es gibt nur zwei Wege, der Lage gerecht zu werden: die ent- standene Blutung zu stillen suchen und, wenn das nichts niitzt, den Blutverlust ersetzen. Man glaubt ja, dass kleine Transfusionen, z. B. von 300 ml., nianchnial blutstillend wirken. In Lund haben wir oft eine oder mehrere kleine Transfusionen gemacht und wir glauben, dass sie manchmal die erstrebte Wirkung gehabt haben. Wenn die Blutung nicht zum stehen gebracht wird, muss man schliesslich doch zu grosseren Transfusionen schreiten. Einige Kliniker wollen nach gewohnlicher Bluttransfusion vermehrte Blutung beobachtet haben, andere leugnen es bestimmt, dass man cine solche Gefahr zii befiirchten hat. Sollte die Blutung wirklich einmal zunehmen, so hat man ja die Moglichkeit, das verlorene Blut durch neue Transfusionen zu ersetzen. An gewissen Stellen hat man eine Anordnung zur standigen intravenosen Blutzufuhr getroffen, das auf die eine oder andere Weise an der Koagulation gehindert wird. Es kann in beliebig grossen Mengen, eventuell literweise pro Tag, zugefuhrt werden, und dabei in so kleinen Mengen in der Zeiteinheit, dass das Gefasssystem nicht dadurch belastet zu werden braucht, dass sein Inhalt allzu plotzlich an Volumen zu- nimmt. Man hat auf die Bedeutung dieses Verfahrens, die Blutung unter Kontrolle zu bringen, besonders da hingewiesen, wo es sich um prognostisch ungiinstige Faille handelt, bei denen die Opera- tion als ultimum refugium versucht werden soll. (Gordon-Taylor).

Wird der Zustand trotz aller Massnahmen immer bedrohlicher, so bleibt nur iibrig, unter Wiirdigung von Blutwerten, Blutdruck,

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Puls, Allgemeinzustand u. s. w., die Chancen eines chirurgischcn Eingriffs zu erwagen. Wegen der Schwierigkeiten, hier zu fcstcn Anhaltspunkten zu gelangen, ist eine intime Zusammenarlwit von Internisten und Chirurgen von grijsster Wichtigkeit. Die Zahl der Patienten, die wahrend dieser Jahre in Lund der chirur- gischen Klinik uberwiesen wurden, sind am Anfang dieser Xr1)cit iibersichtlich angefuhrt worden.

Zusammenfassung.

rBlufendes ulcuso bei konseruativer Rehandlung.

Nach einer Erorterung des klinischen Begriffes nblutendes ulcusn wird ein Material von 550 Patienten analysiert, die wahrend der Zeit 1928-1910 auf der Inneren Abteilung der Universitatsklinik in Lund an diesem Leiden behandelt wurden. Nach Abtrennung von 13 Fallen mit schweren Komplikationen und von 3, die auf die chirurgische Abteilung verlegt wurden und nach Operation starhen, ergab sich, dass 24 Patienten = 4.4 yo starben, eine Sterblichkeits- zahl, die unwesentlich hoher ist als die anderer, nach gleiclien Grundsatzen aufgestellter nordischer Statistiken der letzten Jahre. Teilt man das Material so ein, dass man etwas uher die Mortalitat vor und nach der Zeit erfahrt, in der kaloriereichere Kost und me thodische Rluttransfusionen eingefuhrt wurden, so erhalt man fur die Zeit 1928-1933 6.6 Yo, sowie fur die Zeit 1934--40 3 yo, eine Zalil mit der zufrieden zu sein man allen Anlass hat.

Die %ah1 der Behandlungsfalle ist wahrend der Beobachtungs- zeit hestandig grijsser geworden. Dagegen ist die absolute Zalil der Todesfalle nicht angestiegen. Die Mortalitat ist also gesunken. Ein deutlicher Huckgarig des absoluten Zahl der Toten zeigt sich zur Zeit des Durchbruches der neuen Behandlungsprincipien, doch ist dieser Eiuckgang noch nicht definitiv genug, um I<uckschlusse auf den Wert der modernen Therapie zu gestatten. Dafur ist eine be- deutend langerc Beobachtungszeit erforderlich.

Die Bedeutung der Manifestationsart der Rlutung wird mit Rucksicht auf Hamatemese + Melana oder Melana allein lie- sprochen. Das Verhaltnis dieser Gruppen zu einander hat sich, wie das neuerdings in Danemark gezeigt wurde, so auch hier in den letzten Jahrzehnten wesentlich zugunsten der Melana geandert.

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O B L L T E V U E S ULCUS) B E I KONSERVATIVER B E H A N E L U N G . 415

)lit zunehmendem Lebensalter geht eine starke Verschlechterung der Prognose einher. Bei 51-55 Jahren steigt die Mortalitat iiber 5 yo, bei 71-75 Jahren iiber 10 %. Der Wechsel in der Frequenz von iiber 70 jahrigen Patienten hat in den verschiedenen Jahr- gangen einen erkennbaren Einfluss auf die Schwankungen der Mortalitatskurve.

Ferner wird die Bedeutung der Lokalisation des ulcus, der Einiluss der Jahreszeiten auf die Blutungsfrequenz, die Prognose und Therapie der Recidiublutungen, die Bedeulung der Rontgen- untersuchung sowie die Alternative: interne oder chirurgische Behandlung hesprochen. Auf Grund der besonders guten Resultate der internen Behandlung - in den Statistiken der letzten Jahre bewegt sich die Mortalitat um 3 % - ist die Mehrzahl der nordischen Therapeuten jetzt einig darin, die HUlcusblutungH als eine haupt- sachlicli intern-medicinische Angelegenheit zu betrachten. Immer- hin kommen doch vereinzelte Falle vor, in denen mit chirurgischer Therapie eingegriffen werden muss. Begreiflicherweise kommt sie dabei oft zu spat.

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