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1.000 v. Chr. 1.000 v. Chr. 1.500 v. Chr. 1.500 v. Chr. 2.000 v. Chr. 2.000 v. Chr. 2.500 v. Chr. 2.500 v. Chr. 3.000 v. Chr. 3.000 v. Chr. 3.500 v. Chr. 3.500 v. Chr. 4.000 v. Chr. 4.000 v. Chr. 4.500 v. Chr. 4.500 v. Chr. Schematische Rekonstruktion der Uferdörfer. Henkelkrug ritzverziert, Arbon-Kultur (1983). Bronzenadel, Arbon-Kultur (1983). Hirschgeweih-Zwischenfutter (1996). Durch Schnureindrücke verzierte Keramik. Freigelegte Kulturschicht (2012). Bogenstab (Eibenholz), Fragment. Wurfarmende mit Resten der Seh- nenkerbe. Lage im Bogen rechts (2005). Flöte (Holunderschössling), mittig Rinne mit Schnurres- ten, rekonstruiert als Bestandteil einer Panflöte (1988). Import-Feuersteinklingen, rechts unten Lessinische Alpen (1988). Steinbeilschneide und Rippentopf aus der Kulturschicht(2012). Geschoss(?)- spitze aus Eschenholz (2012). Schwimmbagger beim Verfüllen der alten Hafenbecken (2012). Stegverlängerungen (2012). Abfolge von 7–8 Kulturschichten (braun) ge- trennt durch helle Seekreidebänder (2012). Zusammengesetztes Holzgerät (Eiche, Esche, Hasel) unbe- kannter Verwendung, älteres Pfyn (1995). Jungsteinzeitlicher Stein- schmuck und Geweihschmuck (Objekt ganz rechts). Flächig ritzverzierter Henkelkrug der zur Zeit der Hornstaader Gruppe in Oberschwaben und im Neckarland verbreiteten Schussenrieder Kultur. Lochpfahl Bauphase 1 (um 1950 v. Chr.). 1 Rekonstruktionsskizze 2 In Fundlage unter Wasser (1984) 3 Fleckling (gelochtes Brett) Bauphase 4 (1611 v. Chr.) 4 Montage von Flecklingspfahl und Fleckling. rot – Pfahlbau violett –Neubaggerung grün umrandet mit gelber Schraffur – 2012 durch Baggergut (Sand) aus der Neubaggerung verfüllte alte Hafenbecken und überdeckte Flächen dazwischen. Bodman-Weiler I – zentraler Bereich die archäologisch relevanten Kulturschichten sind durch die Sandverfülllung der Hafenbecken dauerhaft geschützt. 1 4 2 3 Rillenbecher. Ursprünglich in die Rillen eingelegte, helle organische Fasern waren in den Löchenden der Rillen (Pfeil) fixiert (1996). Scherbe der Veterov-Kultur aus Bodman (Altfund) Pfahlfeldkartierung im Caisson. Die Boote im Hintergrund befinden sich im Bereich der frühronzezeitlichen Ufersiedlungen (1984). Hirschgeweihsprosse, Halbfabrikat (1996). Bauphase 1, rekonstruiertes Pfahlhaus. Bodmaner Becher, Bodmaner Fazies (1984). Landwärts der bronzezeitlichen Pfahlbauten befindet sich eine größere Ufersiedlung der älteren Schnurkeramik. Das in kleinen Ausschnitten kartierte Pfahlfeld besteht überwiegend aus Eichenpfählen. Ausdehnung und Hausstrukturen sind unbekannt. Im Winkel zwischen Schachenhorn und Campingplatz befindet sich die Station Bodman „Löchle“. Im Altfundbestand sind Ufersiedlungen der Pfyner Kultur und der Hornstaader Gruppe angezeigt. Das Pfahlfeld und eine Kulturschicht konnten 2004 lokalisiert werden. Aus- dehnung und Umfang der Pfahlbausiedlungen sind noch weitgehend unbekannt. Im Osten der Station Weiler wurde 1987 ein weiteres Siedlungsareal entdeckt, das sich über 200 m parallel zum Ufer erstreckt. Diese Anlage gehört zu den größeren jungsteinzeitlichen Dorfanlagen am Bodensee mit reichem Fundensemble und einer bis zu einem Meter mächtigen Kulturschicht. Importierter Feuerstein kommt aus Nordfrankreich (Pariser Becken), aus Niederbayern und aus den Lessinischen Alpen östlich des Gardasees. Die eher seltene Schnurkeramik ist in Bodman durch zwei Besiedlungsphasen vertreten. Die jüngere um 2420 v. Chr. datierte Phase konnte im Jahre 2007 in der Osthälfte der Station lokalisiert werden. Das Fundmaterial umfasst neben Gefäßkeramik Geweihartefakte, Silexwerkzeuge und Holzgeräte. Eine durch Funde belegte ältere Siedlungsphase konnte bis jetzt im Gelände nicht verortet werden. Bodman-Weiler I gilt als die fundreichste Ufersiedlung des Bodenseegebietes. Bis zu 20 Ufersiedlungen lassen sich anhand von Dendrodaten und Kulturschichten ermitteln, die Schichtabfolgen können bis zu 2 m mächtig werden. Die extremen Mächtigkeiten sind u. a. darauf zurückzuführen, dass die haldennahen Kulturschicht-Abschnitte durch Setzungen und Rutschungen der weichen Seekreiden im Untergrund der Uferzone tiefer unter Wasser gerieten und dadurch der Flächenerosion entgingen. Erkennbar sind diese Veränderungen im Schichtaufbau an den schräg stehenden Pfählen und seewärts einfallenden Schichtpaketen der Ufersiedlungen. Erhebliche Teile der Station wurden durch das Ausbaggern von Hafenbecken in den 1960er und 1970er Jahren zerstört. 2012 konnte der schleichende Zerfall der Kulturschichten in den Baggerflächen gestoppt werden: die Stege wurden seewärts verlängert, neue Hafenbecken ausgebaggert und mit dem Baggergut konnten die gefährdeten Fundschichten überdeckt und damit dauerhaft geschützt werden. Bei Niedrigwasser wurden 1996 ganz im Osten der Station Weiler I Siedlungsspuren der frühen Bronzezeit entdeckt. Die Ausdehnung der Dorfanlage und ihre innere Organisation sind bislang unbekannt. Das seltene Fragment eines Gusstiegels verrät die Bronzeverarbeitung in der Siedlung. Fernbeziehungen zu donauländischen Kulturen lassen sich anhand von Keramik der Straubinger Kultur (Niederbayern) und der Veterov-Kultur (Westslowakei/Niederösterreich) erkennen. Die Station ist nominell auf der Welterbeliste verzeichnet. Die Anlage wurde im Zuge von Rettungsgrabungen 1982–1984 und 1986 durch das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) taucharchäologisch untersucht. Die drei frühbronzezeitlichen Dörfer datieren um 1950, 1640 und 1600 v. Chr., sie bestanden aus 5–8 eng beieinander stehenden 25–35m 2 großen Pfahlhäusern. Die Gebäude des mittelbronzezeitlichen Dorfes (1504 v. Chr.) waren 50 m 2 groß. Spezielle Konstruktionen (gelochte Bretter und Lochpfähle) sollten das Einsinken der tragenden Pfähle in den weichen Seegrund verhindern. Pflanzenreste und Knochenabfälle lassen Rückschlüsse auf die ökonomischen Grundlagen der Dörfer zu. Um 1640 und 1600 v. Chr. war man offenbar auf die Hirschjagd spezialisiert. Erstmals wird der robuste Dinkelweizen in größeren Mengen angebaut. Seit 1999 werden die sensiblen Bereiche der Uferdörfer durch eine etwa 20 cm mächtige Kiesschicht und Geotextilmatten vor Erosion geschützt. Frühe und mittlere Bronzezeit 1900–1500 v. Chr. Schnurkeramik 2666 v. Chr. Pfyner Kultur Hornstaader Gruppe Jungsteinzeit Hornstaad 3910 v. Chr. Älteres Pfyn 3811–3790 v. Chr. Mittleres Pfyn 3702–3695 v. Chr. Spätes Pfyn 3618 v. Chr. Älteres Horgen 3346–3344 v. Chr., 3323–3320 v. Chr. 3289–3288 v. Chr. Schnurkeramik ca. 2420 v. Chr. Spätes Horgen 2916–2873 v. Chr. Jüngere Frühbronzezeit ca. 1650 v. Chr. „Schachen“ „Löchle“ „Weiler I“ „Weiler II“ Bodman Bodman Glossar – Archäologische Kulturen und Chronologie Archäologische Kultur – Da ethnische Zugehörigkeit (Kelten, Germanen etc.) im Falle der vorgschichtlichen Epochen – und somit auch der Bewohner der Pfahlbauten – unbekannt sind, werden vorgeschichtliche Kulturen behelfsweise nach Fundorten oder besonderen Funden benannt, definiert durch spezifisches Fundmaterial und seine geografische Verbreitung. Bronzezeit 2200–800 v. Chr. namengebend Fundart: Brandbestattungen – Urnenfelderkultur Urnenfelderkultur: 1200– 800 v. Chr. namengebend Fundort: Arbon „Bleiche“ – Ufersiedlung Bodensee-Südufer (Thurgau /CH) Arboner Kultur: 1850–1580 v. Chr. namengebend Fund: Bodman „Schachen“ – Gefäßkeramik – sog. „Bodmaner Becher“ (D) Bodmaner Fazies: 2000–1850 v. Chr. namengebend Fundort: Singen „Nordstadtterrasse“ – Gräberfeld Singen am Hohentwiel (D) Singener Kultur: 2200–1900 v. Chr. Jungsteinzeit 5500–2200 v. Chr. namengebend Funde: glockenförmige Gefäßkeramik – Glockenbecher-Kultur Glockenbecher: 2400–2200 v. Chr. Durch Schnureindrücke verzierte Gefäßkeramik – Schnurkeramik-Kultur Schnurkeramik: 2750–2400 v. Chr. namengebend Fundorte: Horgen „Scheller“ am Südufer des Zürichsees (Kanton Zürich / CH) Horgener Kultur: 3400–2820 v. Chr. Pfyn „Breitenloo“– Moorsenke ca. 10 km südlich des Untersees (Thurgau / CH) Pfyner Kultur: 3870–3500 v. Chr. Hornstaad „Hörnle“ – Gde. Gaienhofen, Weiler Hornstaad am Untersee (D) Hornstaader Gruppe: 3920–3900 v. Chr. Recherche & Redaktion: Pfahlbauten-Informationszentrum Baden-Württemberg, Landesamt für Denkmalpflege: Sabine Hagmann, Dr. Helmut Schlichtherle Janus Verlag: Dr. Joachim Köninger Bilder & Grafiken: Janus Verlag: Dr. Joachim Köninger Landesamt für Denkmalpflege WEBER AGENTUR © 2014 – Alle Rechte vorbehalten.

Bodman Bodman „Schachen“ „Löchle“ Bronzezeit · Bodman Bodman „Schachen“ „Löchle“ Bronzezeit ... ca. 1950

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Page 1: Bodman Bodman „Schachen“ „Löchle“ Bronzezeit · Bodman Bodman „Schachen“ „Löchle“ Bronzezeit ... ca. 1950

1.000 v. Chr.1.000 v. Chr.

1.500 v. Chr.1.500 v. Chr.

2.000 v. Chr.2.000 v. Chr.

2.500 v. Chr.2.500 v. Chr.

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3.500 v. Chr.3.500 v. Chr.

4.000 v. Chr.4.000 v. Chr.

4.500 v. Chr.4.500 v. Chr.

Schematische Rekonstruktion der Uferdörfer.

Henkelkrug ritzverziert, Arbon-Kultur (1983).

Bronzenadel, Arbon-Kultur (1983).

Hirschgeweih-Zwischenfutter (1996).

Durch Schnureindrücke verzierte Keramik.

Freigelegte Kulturschicht (2012).

Bogenstab (Eibenholz), Fragment. Wurfarmende mit Resten der Seh-nenkerbe. Lage im Bogen rechts (2005).

Flöte (Holunderschössling), mittig Rinne mit Schnurres-ten, rekonstruiert als Bestandteil einer Panflöte (1988).

Import-Feuersteinklingen, rechts unten Lessinische Alpen (1988).

Steinbeilschneide und Rippentopf aus der Kulturschicht(2012).

Geschoss(?)-spitze aus Eschenholz (2012).

Schwimmbagger beim Verfüllen der alten Hafenbecken (2012).

Stegverlängerungen (2012).

Abfolge von 7–8 Kulturschichten (braun) ge-trennt durch helle Seekreidebänder (2012).

Zusammengesetztes Holzgerät (Eiche, Esche, Hasel) unbe-kannter Verwendung, älteres Pfyn (1995).

Jungsteinzeitlicher Stein-schmuck und Geweihschmuck (Objekt ganz rechts).

Flächig ritzverzierter Henkelkrug der zur Zeit der Hornstaader Gruppe in Oberschwaben und im Neckarland verbreiteten Schussenrieder Kultur.

Lochpfahl Bauphase 1(um 1950 v. Chr.). 1 Rekonstruktionsskizze2 In Fundlage unter Wasser (1984) 3 Fleckling (gelochtes Brett) Bauphase 4 (1611 v. Chr.)4 Montage von Flecklingspfahl und Fleckling.

rot – Pfahlbau violett –Neubaggerunggrün umrandet mit gelber Schraffur – 2012 durch Baggergut (Sand) aus der Neubaggerung verfüllte alte Hafenbecken und überdeckte Flächen dazwischen.

Bodman-Weiler I – zentraler Bereichdie archäologisch relevanten Kulturschichten sind durch die Sandverfülllung der Hafenbecken dauerhaft geschützt.

1 4

2

3

Rillenbecher. Ursprünglich in die Rillen eingelegte, helle organische Fasern waren in den Löchenden der Rillen (Pfeil) fixiert (1996).

Scherbe der Veterov-Kultur aus Bodman (Altfund)

Pfahlfeldkartierung im Caisson. Die Boote im Hintergrund befinden sich im Bereich der frühronzezeitlichen Ufersiedlungen (1984).

Hirschgeweihsprosse, Halbfabrikat (1996).

Bauphase 1, rekonstruiertes Pfahlhaus.Bodmaner Becher, Bodmaner Fazies (1984).

Landwärts der bronzezeitlichen Pfahlbauten befindet sich eine größere Ufersiedlung der älteren Schnurkeramik. Das in kleinen

Ausschnitten kartierte Pfahlfeld besteht überwiegend aus Eichenpfählen. Ausdehnung und Hausstrukturen

sind unbekannt.

Im Winkel zwischen Schachenhorn und Campingplatz befindet sich die Station Bodman „Löchle“. Im Altfundbestand sind Ufersiedlungen der Pfyner Kultur und der Hornstaader Gruppe angezeigt. Das Pfahlfeld

und eine Kulturschicht konnten 2004 lokalisiert werden. Aus-dehnung und Umfang der Pfahlbausiedlungen sind

noch weitgehend unbekannt.

Im Osten der Station Weiler wurde 1987 ein weiteres Siedlungsareal entdeckt, das sich über 200 m parallel zum Ufer erstreckt. Diese Anlage gehört zu den größeren jungsteinzeitlichen Dorfanlagen am Bodensee mit

reichem Fundensemble und einer bis zu einem Meter mächtigen Kulturschicht. Importierter Feuerstein kommt aus

Nordfrankreich (Pariser Becken), aus Niederbayern und aus den Lessinischen Alpen östlich

des Gardasees.

Die eher seltene Schnurkeramik ist in Bodman durch zwei Besiedlungsphasen vertreten. Die jüngere um 2420 v. Chr. datierte Phase konnte im Jahre 2007 in der Osthälfte der Station lokalisiert

werden. Das Fundmaterial umfasst neben Gefäßkeramik Geweihartefakte, Silexwerkzeuge und Holzgeräte.Eine durch Funde belegte ältere Siedlungsphase

konnte bis jetzt im Gelände nicht verortet werden.

Bodman-Weiler I gilt als die fundreichste Ufersiedlung des Bodenseegebietes. Bis zu 20 Ufersiedlungen lassen sich anhand von Dendrodaten und Kulturschichten ermitteln, die Schichtabfolgen können bis zu 2 m mächtig werden. Die extremen Mächtigkeiten

sind u. a. darauf zurückzuführen, dass die haldennahen Kulturschicht-Abschnitte durch Setzungen und Rutschungen der weichen Seekreiden im Untergrund der Uferzone tiefer unter Wasser gerieten und dadurch der Flächenerosion entgingen. Erkennbar sind diese Veränderungen im Schichtaufbau an den schräg stehenden Pfählen und seewärts

einfallenden Schichtpaketen der Ufersiedlungen. Erhebliche Teile der Station wurden durch das Ausbaggern von Hafenbecken in den 1960er und

1970er Jahren zerstört. 2012 konnte der schleichende Zerfall der Kulturschichten in den Baggerflächen gestoppt werden: die Stege wurden seewärts verlängert, neue

Hafenbecken ausgebaggert und mit dem Baggergut konnten die gefährdeten Fundschichten überdeckt und damit

dauerhaft geschützt werden.

Bei Niedrigwasser wurden 1996 ganz im Osten der Station Weiler I Siedlungsspuren der frühen Bronzezeit entdeckt. Die Ausdehnung der Dorfanlage und ihre innere Organisation sind bislang unbekannt. Das seltene Fragment eines Gusstiegels verrät die Bronzeverarbeitung in

der Siedlung. Fernbeziehungen zu donauländischen Kulturen lassen sich anhand von Keramik der Straubinger

Kultur (Niederbayern) und der Veterov-Kultur (Westslowakei / Niederösterreich)

erkennen.

Die Station ist nominell auf der Welterbeliste verzeichnet. Die Anlage wurde im Zuge von Rettungsgrabungen 1982–1984 und 1986 durch das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) taucharchäologisch untersucht. Die drei frühbronzezeitlichen Dörfer datieren

um 1950, 1640 und 1600 v. Chr., sie bestanden aus 5–8 eng beieinander stehenden 25–35 m2 großen Pfahlhäusern. Die Gebäude des mittelbronzezeitlichen Dorfes (1504 v. Chr.) waren 50 m2 groß. Spezielle Konstruktionen (gelochte

Bretter und Lochpfähle) sollten das Einsinken der tragenden Pfähle in den weichen Seegrund verhindern. Pflanzenreste und Knochenabfälle lassen Rückschlüsse auf die ökonomischen Grundlagen der Dörfer

zu. Um 1640 und 1600 v. Chr. war man offenbar auf die Hirschjagd spezialisiert. Erstmals wird der robuste Dinkelweizen in größeren Mengen angebaut. Seit 1999 werden

die sensiblen Bereiche der Uferdörfer durch eine etwa 20 cm mächtige Kiesschicht und Geotextilmatten vor

Erosion geschützt.

Frühe und mittlere Bronzezeit

1900–1500 v. Chr.

Schnurkeramik2666 v. Chr.

Pfyner Kultur Hornstaader Gruppe

JungsteinzeitHornstaad 3910 v. Chr.

Älteres Pfyn 3811–3790 v. Chr.Mittleres Pfyn 3702–3695 v. Chr.

Spätes Pfyn 3618 v. Chr.Älteres Horgen 3346–3344 v. Chr., 3323–3320 v. Chr.

3289–3288 v. Chr.

Schnurkeramikca. 2420 v. Chr.

Spätes Horgen2916–2873 v. Chr.

Jüngere Frühbronzezeitca. 1650 v. Chr. „Schachen“ „Löchle“„Weiler I“„Weiler II“Bodman Bodman

Glossar – Archäologische Kulturen und ChronologieArchäologische Kultur – Da ethnische Zugehörigkeit (Kelten, Germanen etc.) im Falle der vorgschichtlichen Epochen – und somit auch der Bewohner der Pfahlbauten – unbekannt sind, werden vorgeschichtliche Kulturen behelfsweise nach Fundorten oder besonderen Funden benannt, definiert durch spezifisches Fundmaterial und seine geografische Verbreitung.

Bronzezeit 2200–800 v. Chr.namengebend – Fundart: Brandbestattungen – Urnenfelderkultur Urnenfelderkultur: 1200– 800 v. Chr.namengebend – Fundort: Arbon „Bleiche“ – Ufersiedlung Bodensee-Südufer (Thurgau /CH) Arboner Kultur: 1850–1580 v. Chr.namengebend – Fund: Bodman „Schachen“ – Gefäßkeramik – sog. „Bodmaner Becher“ (D) Bodmaner Fazies: 2000–1850 v. Chr.namengebend – Fundort: Singen „Nordstadtterrasse“ – Gräberfeld Singen am Hohentwiel (D) Singener Kultur: 2200–1900 v. Chr.

Jungsteinzeit 5500–2200 v. Chr. namengebend – Funde: glockenförmige Gefäßkeramik – Glockenbecher-Kultur Glockenbecher: 2400–2200 v. Chr. Durch Schnureindrücke verzierte Gefäßkeramik – Schnurkeramik-Kultur Schnurkeramik: 2750–2400 v. Chr.namengebend – Fundorte: Horgen „Scheller“ am Südufer des Zürichsees (Kanton Zürich / CH) Horgener Kultur: 3400–2820 v. Chr. Pfyn „Breitenloo“– Moorsenke ca. 10 km südlich des Untersees (Thurgau / CH) Pfyner Kultur: 3870–3500 v. Chr. Hornstaad „Hörnle“ – Gde. Gaienhofen, Weiler Hornstaad am Untersee (D) Hornstaader Gruppe: 3920–3900 v. Chr.

Recherche & Redaktion: Pfahlbauten-Informationszentrum Baden-Württemberg, LandesamtfürDenkmalpflege: Sabine Hagmann, Dr. Helmut Schlichtherle Janus Verlag: Dr. Joachim Köninger

Bilder&Grafiken: JanusVerlag:Dr.JoachimKöninger LandesamtfürDenkmalpflege WEBER AGENTUR

© 2014 – Alle Rechte vorbehalten.

Page 2: Bodman Bodman „Schachen“ „Löchle“ Bronzezeit · Bodman Bodman „Schachen“ „Löchle“ Bronzezeit ... ca. 1950

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1.000 v. Chr.

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201119822007

200820102010

20082002 2012

20132014

Pfahlfeldaufnahme Bohrfluchten

Ludwigshafen-Holzplatz (Lu)

397.246

394.705394.705

394.182

393.960

393.642

393.206

393.775

393.552

393.326

394.182

393.960

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393.206

393.775

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Halde

BF 20

BF19

BF21BF22

AdlerZollhaus

Hafenmauer

Bahnlinie

1

2

3

Uferverlauf um 1863

Pfahlbergung in Baugruben (2013). 1 am Mühlbach 2 westlich Seehotel Adler

Bemalte Wand-lehmfragmente,

darunter auch naturalistisch ge- formte weibliche Brüste aus dem

Kulthaus(1990–1992).

Die hauptsächlich erfassten Siedlungsphasen und ihre Areale. Ausgedehnten Anlagen der Schnurkeramik, des späten Horgen und der Frühbronzezeit stehen deutlich kleinere Anlagen im älteren Pfyn und im mittleren Horgen gegenüber. Die Uferdörfer der mittleren Horgener Kultur wurden mehrfach dem Ufer entlang verlagert.

„Räuchergefäß“. Im Inneren des durch stilisierte Frauenbrüste ver-zierten Henkelkruges fanden sich dicke Birkenpechschwelen.

Futteral aus Ahorn mit fein eingeschnittenem geometrischem Muster. In die eingeschnittenen Linien ist Farbstoff – möglicherweise Graphit – eingelassen. Länge ca. 11 cm (1990).

Durch dendrodatierte Eichenpfähle identifizierte, uferparallel orientierte Gebäude der Horgener Kultur. Die verhältnismäßig großen Gebäude be-sitzen 80 bis 90 m2 Grundfläche (Stand 2013). Das Alter der seeseitig verlaufenden Palisaden-stränge (rote Linien) ist ungewiss.

Taucher beim Pfähle kartie-ren per GNSS-Antenne im winterlichen See. Die Pfähle sind durch weiße PVC-Rohre markiert (2013).

Gefäßkeramik aus dem Umfeld der Kulturschicht (1982–1990).

Dolchklinge aus ortsfremdem Feuerstein (Silex).Länge ca. 9 cm (2009).

Gefäßkeramik (1–3) und Webgewichts-bruchstück (4) aus dem Bereich der Kulturschicht (2006–2007).

Gelochter Pfahl mit durchgestecktem und durch einen Keil (rot) gesicherten Rundholz (grün). 3 Rekonstruktions-skizze, 4 u. 5 in Fundlage (2001).

5 cm

Pfahlbergung vor der Hafenmauer am Zollhaus. Im Hintergrund der hölzerne Unterbau der Hafenmauer. Im Vordergrund grün etikettiert die Pfähle der Ufersiedlung.

Westhafen (3). Pfahlfeld unter Wasser am Hafenbecken-Ostrand (2010).

2 3

1

Sensationell ist das um 3860 v. Chr. datierte „Kulthaus“. Der Lehmputz an der Innenseite der Hauswände war, im Gegensatz zu den übrigen Häusern der Anlage, mit

weißer Kalkfarbe bemalt und durch plastisch aus dem Putz herausmodellierte Frauenbrüste ornamentiert (1). Aus den bemalten Wandlehm-Bruchstücken

ließ sich eine Frauenfigur mit erhobenen Armen rekonstruieren. Ein hier gefundenes und durch stilisierte Frauenbrüste

verziertes „Räuchergefäß“ (2) unterstreicht das „Kultische“ des Gebäudes.

Die Station gehört zu den Standardsiedelplätzen am Bodensee. Sie umfasst ca. 15 Pfahlbausiedlungen, von denen 6 durch Dendrodaten jahrgenau datiert sind.

Neben einer der seltenen Siedlungen der späten Schnurkeramik und der älteren Frühbronzezeit ist das auf 3867–3861 v. Chr.

datierte „Kulthaus“ besonders hervorzuheben.

Der Ostrand der Pfahlbaustation befindet sich im Hafenbecken vor dem Zollhaus. Eichenpfähle an der Hafenmauer konnten dendro-

chronologisch zwischen 3308 und 3303 v. Chr. datiert werden und zeigen eine Ufersiedlung der frühen Horgener Kultur an.

Organisation und Größe der Anlage sind unbekannt. Uferparallel wird das Dorf kaum mehr als

100 m breit gewesen sein.

Pfahlfeld (A u. B) und untersuchte Flächen (1982–2014) in der Osthälfte der Station. 1 Hafen-

erweiterung, 2 Westhafen.

Anlagen der Pfyner Kultur sind durch Dendrodaten von Pfählen aus den Baustellen um das Seehotel Adler und vom Ostrand des Westhafens belegt. Die älteren Daten

streuen auffallend weiter landwärts als die jüngeren und verweisen damit möglicherweise auf niedrigere Seepegel in der Zeit um 3616 v. Chr.

Die in eng begrenzten Ausschnitten geborgenen Pfähle lassen keine Rückschlüsse auf Haus- oder

Siedlungsgrößen zu.

In der Osthälfte der Pfahlbaustation belegen eine Kulturschicht und die Streuung von Dendrodaten im Pfahlfeld eine uferparallel etwa 100 m breite Anlage der Horgener Kultur. Gebäude wurden nicht erschlossen.

Während der Frostperiode und extremer Niedrigwasserstände im Februar 2006 entdeckte Pfahlbausiedlung: Kultur-

schichtausdehnung und Pfahlfeld zeigen eine kleinere ca. 70 m breite Anlage an.

Seewärts der Westhafen-Erweite rung wird seit 2012 das Pfahlfeld flächig dokumentiert, da zwischen Hafenneubau und Halde durch veränderte

Strömungsverhältnisse und Wellenreflektion an der Schwallwand der Hafenerweiterung Erosionsprozesse zu erwarten sind.

Die bisherige Pfahlfeldaufnahme erbrachte drei uferparallel ausgerichtete

Hausgrundrisse.

Kulturschichten und Pfahlfeld belegen mindestens drei frühbronzezeitliche Siedlungen. Wie in Bodman-Schachen I wurden die tragenden Pfähle der Gebäude gegen das Nachsinken in den

weichen Seegrund abgesichert (3). Das in kleinen Ausschnitten dokumentierte Pfahlfeld lässt bislang keine Rekonstruktion von Hausgrundrissen zu. Das verwendete

Bauholz, Eschen, Eichen und Erlen, zeigt durch breite Jahrringe, seine Herkunft aus lichten Standorten an. Mit durchschnittlich 30 bis

40 Jahrringen sind die Pfähle dendrochronologisch bislang nicht zu datieren.

Im zentralen Pfahlfeldbereich vor der 2012 realisierten Hafenerweiterung befindet sich in Haldennähe eine dünne

Brandschicht. Ihre Ausdehnung zeigt eine uferparallel mindestens 50 m breite Pfahlbausiedlung an.

Scherbenfunde von Gebrauchskeramik im Umfeld dieser mit Holzkohle durchsetzten Fundschicht

lassen auf ihr frühbronzezeitliches Alter schließen.

Pfyn Älteres Pfyn ca. 3850 v. Chr.

Mittleres Pfyn 3725, 3722 v. Chr.Spätes Pfyn 3616 v. Chr.

Mittleres Horgenca. 3060–3056 v. Chr.

Älteres bis Mittleres Horgen

ca. 3150 v. Chr.

Frühbronzezeitca. 1950–1800 v. Chr.

Älteres Horgen3237–3216 v. Chr.

Älteres Pfyn3867–3861 v. Chr.

Pfyn,Horgen, Schnurkeramik,

Frühbronzezeit

Frühes Horgen 3308–3303 v. Chr.

Jüngere Frühbronzezeitca. 1650 v. Chr. „Holzplatz“ „Untere Gärten“ Ludwigshafen „Seehalde“

Glossar archäologischer FachbegriffeStandardsiedelplatz – Pfahlbaustationen, die mehr oder weniger sämtliche der an den Bodenseeufern vertretene Besiedlungsphasen der Stein- und Bronzezeit aufweisen. Kulturschicht – Siedlungsabfälle, teilweise mehrere Dezimeter mächtig, bestehend aus Pflanzenresten und mehr oder weniger hohen Anteilen an Seesedimenten. Darin enthalten sind Gebrauchskeramik, Werkzeuge, Schmuck, Waffen u. v. a. m. – in beschädigtem Zustand weggeworfen oder aber verloren gegangen. Besonderes: Organisches hat sich in diesen Ablagerungen unter Sauerstoffabschluss hervorragend erhalten – so z. B. gewebte Textilien aus Flachs oder Geflechte aus Gehölzbast (meist der Linde, seltener der Eiche oder der Ulme) darunter neben Netzen und Schnüren, Reste von Schuhen und Hüten, Holzgegenstände und -abfälle (Beilgriffe, Pfeile und Pfeilbögen, Holzabfälle wie Späne), Pflanzliche Sämereien und unverkohlte Kulturpflanzenreste (Getreidespelzen, -körner und -ähren, Leinfasern), die Einblicke in das Wirtschaften der Pfahlbausiedlungen gewähren. Detritus – organische Substanz im Zustand der Aufschließung, bildet die Matrix der Kulturschichten.Brandschicht – Kulturschicht, überwiegend bestehend aus dem Schutt abgebrannter Pfahlhäuser.

Dendro – Kürzel für Dendrochronologie = Altersbestimmung von Holz anhand der Jahrringbreiten und den daraus gebildeten Jahrringkurven (mm/Jahr). Diese werden am Jahrringkalender eingepasst (rechnerisch und/oder optisch). Sofern der letzte ausgebildete Jahrring (Waldkante) vorhanden ist, lässt sich das Fälldatum eines Baumes jahrgenau bestimmen. Jahrringkalender – Jahrringkurve, aus Einzelkurven zusammengesetzt, von der Gegenwart bis in die Vorgeschichte lückenlos durchlaufend. Die an der Universität Hohenheim vorangetriebene lückenlose Jahrring-Chronologie reicht bis 10480 v. Chr. zurück (Stand 2013). Pfahlfeld – Fläche mit Pfahlstümpfen im Seegrund, markiert die Ausdehnung von Siedlungsarealen und Pfahlbaustationen.Fleckling – altertümlich, von „flecken“ = Bretter machen abgeleitet. Im Kontext der vorgeschichtlichen Pfahlbauten Bezeichnung für mittig gelochte Bretter mit bis zu einem halben Quadratmeter Grundfläche. Die Flecklingspfähle steckten in der Lochung und saßen mit ihrer Rast den Flecklingen auf. Diese sollten das Nachsinken der tragenden Pfähle im weichen Seegrund unter der Gebäudelast verhindern. Pfahlschuh – gleichbedeutend mit Fleckling, bezeichnet ursprünglich die eiserne Armierung von Pfahlspitzen. Lochpfahl – horizontal gelochter Pfahl mit durchgestecktem Rundholz, welches in der Lochung durch Keile fixiert, oder durch zwei weitere Rundhölzer unterlegt, am Pfahl angebunden wurde. Gleich e Funktion wie die Flecklinge.Wandlehm – auch Hüttenlehm. Lehmverputz der Hauswände. Im Schadfeuer zufällig gebrannte Brocken des ursprünglich luftgetrockneten Wandlehms sind erhalten geblieben.Zwischenfutter – Tüllenfassung aus Hirschgeweih für die Schäftung kleinerer Steinbeilklingen. Durch die gegenüber direkt geschäfteten Beilklingen größere Auflagefläche der Geweihfassung sollte die Belastung des Beilholmes reduziert werden.

Halde – Steilabfall der Flachwasserzone zum Seebecken.Seekreide – Durch Kalkalgen ausgefälltes Kalziumkarbonat. Seekreide bildet den Baugrund der Pfahlbauten. In das im wasserges ättigten Zustand weiche Sediment lassen sich Pfähle ohne größeren Kraftaufwand einbringen.

Recherche & Redaktion: Pfahlbauten-Informationszentrum Baden-Württemberg, LandesamtfürDenkmalpflege: Sabine Hagmann, Dr. Helmut Schlichtherle Janus Verlag: Dr. Joachim Köninger

Bilder&Grafiken: JanusVerlag:Dr.JoachimKöninger LandesamtfürDenkmalpflege WEBER AGENTUR

©2014 – Alle Rechte vorbehalten.

Förderverein Museum Bodman-Ludwigshafen e.V.

Page 3: Bodman Bodman „Schachen“ „Löchle“ Bronzezeit · Bodman Bodman „Schachen“ „Löchle“ Bronzezeit ... ca. 1950

1.000 v. Chr.1.000 v. Chr.

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2.000 v. Chr.2.000 v. Chr.

2.500 v. Chr.2.500 v. Chr.

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4.000 v. Chr.4.000 v. Chr.

4.500 v. Chr.4.500 v. Chr.

Schematische Rekonstruktion der Uferdörfer.

Bauphase 1, rekonstruiertes Pfahlhaus.

Henkelkrug ritzverziert, Arbon-Kultur (1983).

Bronzenadel, Arbon-Kultur (1983).

Bodmaner Becher, Bodmaner Fazies (1984).

Hirschgeweih-Zwischenfutter (1996).

Hirschgeweihsprosse, Halbfabrikat (1996).Durch Schnureindrücke verzierte Keramik.

Pfahlfeldkartierung im Caisson. Die Boote im Hintergrund befinden sich im Bereich der frühronzezeitlichen Ufersiedlungen (1984).

Freigelegte Kulturschicht (2012).

Bogenstab (Eibenholz), Fragment. Wurfarmende mit Resten der Sehnen-kerbe. Lage im Bogen rechts (2005).

Flöte (Holunderschössling), mittig Rinne mit Schnurres-ten, rekonstruiert als Bestandteil einer Panflöte (1988).

Import-Feuersteinklingen, rechts unten Lessinische Alpen (1988).

Steinbeilschneide und Rippentopf aus der Kulturschicht(2012).

Geschoss (?)-spitze aus Eschenholz (2012).

Schwimmbagger beim Verfüllen der alten Hafenbecken (2012).

Stegverlängerungen (2012).

Abfolge von 7–8 Kulturschichten (braun) ge-trennt durch helle Seekreidebänder (2012).

Zusammengesetztes Holzgerät (Eiche, Esche, Hasel) unbe-kannter Verwendung, älteres Pfyn (1995).

Rillenbecher. Ursprünglich in die Rillen eingelegte, helle organische Fasern waren in den Löchenden der Rillen (Pfeil) fixiert (1996).

Scherbe der Veterov-Kultur aus Bodman (Altfund)

Flächig ritzverzierter Henkelkrug der zur Zeit der Hornstaader Gruppe in Oberschwaben und im Neckarland verbreiteten Schussenrieder Kultur.

Lochpfahl Bauphase 1(um 1950 v. Chr.). 1 Rekonstruktionsskizze2 In Fundlage unter Wasser (1984).3 Fleckling (gelochtes Brett) Bauphase 4 (1611 v. Chr.)4 Montage von Flecklingspfahl und Fleckling.

rot – Pfahlbau violett –Neubaggerunggrün umrandet mit gelber Schraffur – 2012 durch Baggergut (Sand) aus der Neubaggerung verfüllte alte Hafenbecken und überdeckte Flächen dazwischen.

Bodman-Weiler I – zentraler Bereichdie archäologisch relevanten Kulturschichten sind durch die Sandverfülllung der Hafenbecken dauerhaft geschützt.

1 4

2

3

Jungsteinzeitlicher Stein-schmuck und Geweihschmuck (Objekt ganz rechts).

Die Station ist nominell auf der Welterbeliste verzeichnet. Die Anlage wurde im Zuge von Rettungsgrabungen 1982–1984 und 1986 durch das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) taucharchäologisch untersucht. Die drei frühbronzezeitlichen Dörfer datieren

um 1950, 1640 und 1600 v. Chr., sie bestanden aus 5–8 eng beieinander stehenden 25– 35 m2 großen Pfahlhäusern. Die Gebäude des mittelbronzezeitlichen Dorfes (1504 v. Chr.) waren 50 m2 groß. Spezielle Konstruktionen (gelochte

Bretter und Lochpfähle) sollten das Einsinken der tragenden Pfähle in den weichen Seegrund verhindern. Pflanzenreste und Knochenabfälle lassen Rückschlüsse auf die ökonomischen Grundlagen der Dörfer

zu. Um 1640 und 1600 v. Chr. war man offenbar auf die Hirschjagd spezialisiert. Erstmals wird der robuste Dinkelweizen in größeren Mengen angebaut. Seit 1999 werden

die sensiblen Bereiche der Uferdörfer durch eine etwa 20 cm mächtige Kiesschicht und Geotextilmatten vor

Erosion geschützt.

Landwärts der bronzezeitlichen Pfahlbauten befindet sich eine größere Ufersiedlung der älteren Schnurkeramik. Das in kleinen

Ausschnitten kartierte Pfahlfeld besteht überwiegend aus Eichenpfählen. Ausdehnung und Hausstrukturen

sind unbekannt.

Im Winkel zwischen Schachenhorn und Campingplatz befindet sich die Station Bodman „Löchle“. Im Altfundbestand sind Ufersiedlungen der Pfyner Kultur und der Hornstaader Gruppe angezeigt. Das Pfahlfeld

und eine Kulturschicht konnten 2004 lokalisiert werden. Aus-dehnung und Umfang der Pfahlbausiedlungen sind

noch weitgehend unbekannt.

Bodman-Weiler I gilt als die fundreichste Ufersiedlung des Bodenseegebietes. Bis zu 20 Ufersiedlungen lassen sich anhand von Dendrodaten und Kulturschichten ermitteln, die Schichtabfolgen können bis zu 2 m mächtig werden. Die extremen Mächtigkeiten

sind u. a. darauf zurückzuführen, dass die haldennahen Kulturschicht-Abschnitte durch Setzungen und Rutschungen der weichen Seekreiden im Untergrund der Uferzone tiefer unter Wasser gerieten und dadurch der Flächenerosion entgingen. Erkennbar sind diese Veränderungen im Schichtaufbau an den schräg stehenden Pfählen und seewärts

einfallenden Schichtpaketen der Ufersiedlungen. Erhebliche Teile der Station wurden durch das Ausbaggern von Hafenbecken in den 1960er und

1970er Jahren zerstört. 2012 konnte der schleichende Zerfall der Kulturschichten in den Baggerflächen gestoppt werden: die Stege wurden seewärts verlängert, neue

Hafenbecken ausgebaggert und mit dem Baggergut konnten die gefährdeten Fundschichten überdeckt und damit

dauerhaft geschützt werden.

Bei Niedrigwasser wurden 1996 ganz im Osten der Station Weiler I Siedlungsspuren der frühen Bronzezeit entdeckt. Die Ausdehnung der Dorfanlage und ihre innere Organisation sind bislang unbekannt. Das seltene Fragment eines Gusstiegels verrät die Bronzeverarbeitung in

der Siedlung. Fernbeziehungen zu donauländischen Kulturen lassen sich anhand von Keramik der Straubinger

Kultur (Niederbayern) und der Veterov-Kultur (Westslowakei / Niederösterreich)

erkennen.

Im Osten der Station Weiler wurde 1987 ein weiteres Siedlungsareal entdeckt, das sich über 200 m parallel zum Ufer erstreckt. Diese Anlage gehört zu den größeren jungsteinzeitlichen Dorfanlagen am Bodensee mit

reichem Fundensemble und einer bis zu einem Meter mächtigen Kulturschicht. Importierter Feuerstein kommt aus

Nordfrankreich (Pariser Becken), aus Niederbayern und aus den Lessinischen Alpen östlich

des Gardasees.

Die eher seltene Schnurkeramik ist in Bodman durch zwei Besiedlungsphasen vertreten. Die jüngere um 2420 v. Chr. datierte Phase konnte im Jahre 2007 in der Osthälfte der Station lokalisiert

werden. Das Fundmaterial umfasst neben Gefäßkeramik Geweihartefakte, Silexwerkzeuge und Holzgeräte.Eine durch Funde belegte ältere Siedlungsphase

konnte bis jetzt im Gelände nicht verortet werden.

Frühe und mittlere Bronzezeit

1900–1500 v. Chr.

Schnurkeramik2666 v. Chr.

Pfyner Kultur Hornstaader Gruppe

JungsteinzeitHornstaad 3910 v. Chr.

Älteres Pfyn 3811–3790 v. Chr.Mittleres Pfyn 3702–3695 v. Chr.

Spätes Pfyn 3618 v. Chr.Älteres Horgen 3346–3344 v. Chr., 3323–3320 v. Chr.

3289–3288 v. Chr.

Schnurkeramikca. 2420 v. Chr.

Spätes Horgen2916–2873 v. Chr.

Jüngere Frühbronzezeitca. 1650 v. Chr. „Schachen“ „Löchle“„Weiler I“ „Weiler II“Bodman Bodman

Glossar – Archäologische Kulturen und Chronologie

Archäologische Kultur – Da ethnische Zugehörigkeit (Kelten, Germanen etc.) im Falle der vorgschichtlichen Epochen – und somit auch der Bewohner der Pfahlbauten – unbekannt sind, werden vorgeschichtliche Kulturen behelfsweise nach Fundorten oder besonderen Funden benannt, definiert durch spezifisches Fundmaterial und seine geografische Verbreitung.

Bronzezeit 2200–800 v. Chr.namengebend – Fundart: Brandbestattungen – Urnenfelderkultur Urnenfelderkultur: 1200– 800 v. Chr.namengebend – Fundort: Arbon „Bleiche“ – Ufersiedlung Bodensee-Südufer (Thurgau /CH) Arboner Kultur: 1850–1580 v. Chr.namengebend – Fund: Bodman „Schachen“ – Gefäßkeramik – sog. „Bodmaner Becher“ (D) Bodmaner Fazies: 2000–1850 v. Chr.namengebend – Fundort: Singen „Nordstadtterrasse“ – Gräberfeld Singen am Hohentwiel (D) Singener Kultur: 2200–1900 v. Chr.

Jungsteinzeit 5500–2200 v. Chr. namengebend – Funde: glockenförmige Gefäßkeramik – Glockenbecher-Kultur Glockenbecher: 2400–2200 v. Chr. Durch Schnureindrücke verzierte Gefäßkeramik – Schnurkeramik-Kultur Schnurkeramik: 2750–2400 v. Chr.namengebend – Fundorte: Horgen „Scheller“ am Südufer des Zürichsees (Kanton Zürich / CH) Horgener Kultur: 3400–2820 v. Chr. Pfyn „Breitenloo“– Moorsenke ca. 10 km südlich des Untersees (Thurgau / CH) Pfyner Kultur: 3870–3500 v. Chr. Hornstaad „Hörnle“ – Gde. Gaienhofen, Weiler Hornstaad am Untersee (D) Hornstaader Gruppe: 3920–3900 v. Chr.

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3.000 v. Chr.

3.500 v. Chr.

4.000 v. Chr.

4.500 v. Chr.

Bemalte Wand-lehmfragmente,

darunter auch naturalistisch ge- formte weibliche Brüste aus dem

Kulthaus (1990–1992).

Die hauptsächlich erfassten Siedlungsphasen und ihre Areale. Ausgedehnten Anlagen der Schnurkeramik, des späten Horgen und der Frühbronzezeit stehen deutlich kleinere Anlagen im älteren Pfyn und im mittleren Horgen gegenüber. Die Uferdörfer der mittleren Horgener Kultur wurden mehrfach dem Ufer entlang verlagert.

„Räuchergefäß“. Im Inneren des durch stilisierte Frauenbrüste ver-zierten Henkelkruges fanden sich dicke Birkenpechschwelen.

Futteral aus Ahorn mit fein eingeschnittenem geometrischem Muster. In die eingeschnittenen Linien ist Farbstoff – möglicherweise Graphit – eingelassen. Länge ca. 11 cm (1990).

Gelochter Pfahl mit durchgestecktem und durch einen Keil (rot) gesicherten Rundholz (grün). 3 Rekonstruktions-skizze, 4 u. 5 in Fundlage (2001).

Sensationell ist das um 3860 v. Chr. datierte „Kulthaus“. Der Lehmputz an der Innenseite der Hauswände war, im Gegensatz zu den übrigen Häusern der Anlage, mit

weißer Kalkfarbe bemalt und durch plastisch aus dem Putz herausmodellierte Frauenbrüste ornamentiert (1). Aus den bemalten Wandlehm-Bruchstücken

ließ sich eine Frauenfigur mit erhobenen Armen rekonstruieren. Ein hier gefundenes und durch stilisierte Frauenbrüste

verziertes „Räuchergefäß“ (2) unterstreicht das „Kultische“ des Gebäudes.

Die Station gehört zu den Standardsiedelplätzen am Bodensee. Sie umfasst ca. 15 Pfahlbausiedlungen, von denen 6 durch Dendrodaten jahrgenau datiert sind.

Neben einer der seltenen Siedlungen der späten Schnurkeramik und der älteren Frühbronzezeit ist das auf 3867–3861 v. Chr.

datierte „Kulthaus“ besonders hervorzuheben.

Kulturschichten und Pfahlfeld belegen mindestens drei frühbronzezeitliche Siedlungen. Wie in Bodman-Schachen I wurden die tragenden Pfähle der Gebäude gegen das Nachsinken in den

weichen Seegrund abgesichert (3). Das in kleinen Ausschnitten dokumentierte Pfahlfeld lässt bislang keine Rekonstruktion von Hausgrundrissen zu. Das verwendete

Bauholz, Eschen, Eichen und Erlen, zeigt durch breite Jahrringe seine Herkunft aus lichten Standorten an. Mit durchschnittlich 30 bis

40 Jahrringen sind die Pfähle dendrochronologisch bislang nicht zu datieren.

Frühbronzezeitca. 1950–1800 v. Chr.

Älteres Pfyn3867–3861 v. Chr.

Pfyn,Horgen, Schnurkeramik,

Frühbronzezeit

„Seehalde“Ludwigshafen

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Standardsiedelplatz – Pfahlbaustationen, die mehr oder weniger sämtliche der an den Bodenseeufern vertretene Besiedlungsphasen der Stein- und Bronzezeit aufweisen. Kulturschicht – Siedlungsabfälle, teilweise mehrere Dezimeter mächtig, bestehend aus Pflanzenresten und mehr oder weniger hohen Anteilen an Seesedimenten. Darin enthalten sind Gebrauchskeramik, Werkzeuge, Schmuck, Waffen u. v. a. m. – in beschädigtem Zustand weggeworfen oder aber verloren gegangen. Besonderes: Organisches hat sich in diesen Ablagerungen unter Sauerstoffabschluss hervorragend erhalten – so z. B. gewebte Textilien aus Flachs oder Geflechte aus Gehölzbast (meist der Linde, seltener der Eiche oder der Ulme) darunter neben Netzen und Schnüren, Reste von Schuhen und Hüten, Holzgegenstände und -abfälle (Beilgriffe, Pfeile und Pfeilbögen, Holzabfälle wie Späne), Pflanzliche Sämereien und unverkohlte Kulturpflanzenreste (Getreidespelzen, -körner und -ähren, Leinfasern), die Einblicke in das Wirtschaften der Pfahlbausiedlungen gewähren. Detritus – organische Substanz im Zustand der Aufschließung, bildet die Matrix der Kulturschichten.Brandschicht – Kulturschicht, überwiegend bestehend aus dem Schutt abgebrannter Pfahlhäuser.

Dendro – Kürzel für Dendrochronologie = Altersbestimmung von Holz anhand der Jahrringbreiten und den daraus gebildeten Jahrringkurven (mm/Jahr). Diese werden am Jahrringkalender eingepasst (rechnerisch und/oder optisch). Sofern der letzte ausgebildete Jahrring (Waldkante) vorhanden ist, lässt sich das Fälldatum eines Baumes jahrgenau bestimmen. Jahrringkalender – Jahrringkurve, aus Einzelkurven zusammengesetzt, von der Gegenwart bis in die Vorgeschichte lückenlos durchlaufend. Die an der Universität Hohenheim vorangetriebene lückenlose Jahrring-Chronologie reicht bis 10480 v. Chr. zurück (Stand 2013). Pfahlfeld – Fläche mit Pfahlstümpfen im Seegrund, markiert die Ausdehnung von Siedlungsarealen und Pfahlbaustationen.Fleckling – altertümlich, von „flecken“ = Bretter machen abgeleitet. Im Kontext der vorgeschichtlichen Pfahlbauten Bezeichnung für mittig gelochte Bretter mit bis zu einem halben Quadratmeter Grundfläche. Die Flecklingspfähle steckten in der Lochung und saßen mit ihrer Rast den Flecklingen auf. Diese sollten das Nachsinken der tragenden Pfähle im weichen Seegrund unter der Gebäudelast verhindern. Pfahlschuh – gleichbedeutend mit Fleckling, bezeichnet ursprünglich die eiserne Armierung von Pfahlspitzen. Lochpfahl – horizontal gelochter Pfahl mit durchgestecktem Rundholz, welches in der Lochung durch Keile fixiert, oder durch zwei weitere Rundhölzer unterlegt, am Pfahl angebunden wurde. Gleich e Funktion wie die Flecklinge.Wandlehm – auch Hüttenlehm. Lehmverputz der Hauswände. Im Schadfeuer zufällig gebrannte Brocken des ursprünglich luftgetrockneten Wandlehms sind erhalten geblieben.Zwischenfutter – Tüllenfassung aus Hirschgeweih für die Schäftung kleinerer Steinbeilklingen. Durch die gegenüber direkt geschäfteten Beilklingen größere Auflagefläche der Geweihfassung sollte die Belastung des Beilholmes reduziert werden.

Halde – Steilabfall der Flachwasserzone zum Seebecken.Seekreide – Durch Kalkalgen ausgefälltes Kalziumkarbonat. Seekreide bildet den Baugrund der Pfahlbauten. In das im wasserges ättigten Zustand weiche Sediment lassen sich Pfähle ohne größeren Kraftaufwand einbringen.

Förderverein Museum Bodman-Ludwigshafen e.V.

JK
Schreibmaschinentext
Hansjörg Brem, Beat Eberschweiler, Gerhard Grabher, Helmut Schlichtherle und Heinz Gerd Schröder (Hrsg.)