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IHR PERSÖNLICHES EXEMPLAR – MIT WETTBEWERB! Das Magazin der Buchhandlungen von Orell Füssli und Thalia Nr. 1/2014 «Wer weiss schon, was ich in fünf Jahren mache!» STEFAN BACHMANNS DEBüT «DIE SELTSAMEN» Erinnerungen an die erste Liebe FRüHLINGSGEFüHLE ZWISCHEN BUCHDECKELN Heldinnen des Alltags BüCHER üBER STARKE MäDCHEN Und ausserdem: REISEFüHRER FüR DEN STäDTETRIP, KOCHBüCHER, MäRCHEN, BILDBäNDE

Books Magazin

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Das Magazin der Orell Füssli Buchhandlungen

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Page 1: Books Magazin

Ihr persönlIches exemplar –

mIt WettbeWerb!

Das Magazin der Buchhandlungen von Orell Füssli und Thalia Nr. 1/2014

«Wer weiss schon, was ich in fünf Jahren mache!» StefaN BachMaNNS DeBüt

«Die SeltSaMeN»

Erinnerungen an die erste Liebe FrühlingsgeFühle zwischen Buchdeckeln

Heldinnen des Alltags Bücher üBer starke Mädchen

Und ausserdem: reiseFührer Für den städtetrip, kochBücher, Märchen, BildBände

Page 2: Books Magazin

Das erste MalLiebe LeserinLieber Leser

Die Tage werden länger, die Sonne scheint wär-mer – die Balz liegt in der Luft. Deshalb spürt Books zart knospenden Gefühlen nach: Die erste Liebe ist ein überwältigendes Naturereignis, das Autorinnen und Autoren schon immer gern schreibend ergründet haben. Dieses Vorhaben gleicht allerdings dem Gang über einen schma-len Grat, bei dem schnell der Absturz in Kitsch und Pathos droht. Ab Seite 20 stellen wir Ihnen Neuerscheinungen vor, welche die Gratwande-rung je auf ihre eigene Art meistern und beson-dere Lesevergnügen bieten.

Das erste Mal ist immer unvergesslich – dieser Satz passt nicht nur zu unserem Frühlingsthe-ma, sondern auch zu unserem grossen Interview mit dem jungen Autor Stefan Bachmann. Der Adliswiler schrieb mit nur gerade 16 Jahren seinen internationalen Überraschungserfolg «Die Seltsamen» und sagt heute über sein Debüt: «Ich bin nach wie vor stolz auf dieses Buch, aber jetzt würde ich sicher vieles ganz anders machen.» Und das hat er auch getan: Seine Fortsetzung «The Whatnot» ist gerade auf Englisch erschienen.

Ihr Michele BomioCEO Orell Füssli Thalia AG

JeTzT Fan werden:www.facebook.com/orellFuessli

die nächste ausgabe von Books, dem Magazin der orell Füssli thalia ag, erscheint am 23. Mai 2014. sie erhalten Books kostenlos in jeder Filiale. Bestellungen nehmen wir gern entgegen über www.books.ch, [email protected] und telefon 0848 849 848.

preisänderungen vorbehalten. unsere aktuellen Verkaufspreise und eine umfassende auswahl an Büchern, Filmen und spielen finden sie auf www.books.ch.

Impressum

HerausgeBer: orell Füssli thalia ag, dietzingerstrasse 3, postfach, 8036 zürich gesamTHersTellung und redakTIOn: die Blattmacher gmbh, zürich gesTalTung / laYOuT: strichpunkt gmbh, winterthur COverFOTO: gerry nitsch

alle so gekennzeichneten Bücher sind auch als eBook erhältlich.

4 notizen10 «wer weiss schon, was ich in

fünf Jahren mache!» Interview mit Stefan Bach-

mann, Autor des Bestsellers «Die Seltsamen»

14 einfach prächtig Neue Bildbände und Bücher

zum Schmökern18 Im schaufenster «Der Hof» von Simon Beckett32 kaffeepause Die Books-Debatte36 Fantastisch! Fantasy-Neuerscheinungen39 mein Buch40 Heldinnen des alltags Neues aus der Kinderwelt43 grosser Coup Der Gewinner des Kurz- geschichten-Wettbewerbs46 kreuzworträtsel47 veranstaltungen48 kolumne Darum schreibe ich – von

Lukas Hartmann50 märchen reloaded Ausstellung im Landesmuseum

reiseFührer-spezial

Die neusten Ratgeber für den Städtetrip

Seite 23

neue kochBücher

Das Auge isst mitSeite 44

iNhalt

FrühlingsgeFühle zwischen Buchdeckeln

Erinnerungen an die erste Liebe Seite 20

edITOrIal | 3 AARAU –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Meissner Thalia Bahnhofstrasse 41, 5001 AarauMo – Fr: 9.00 – 18.30 Uhr | Do: 9.00 – 20.00 UhrSa: 9.00 – 17.00 Uhr

Wirz Thalia Hintere Vorstadt 18, 5001 AarauMo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 18.30 UhrDo: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 17.00 Uhr

BADEN –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Thalia Langhaus beim Bahnhof, 5401 BadenMo – Fr: 9.00 – 19.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

BASEL ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Orell Füssli Bahnhof SBB Passerelle, Güterstrasse 115, 4053 BaselMo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 21.00 UhrSo: 9.00 – 20.00 Uhr

Thalia Freie Strasse 32, 4001 BaselMo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr

BERN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Orell Füssli Einkaufszentrum Westside Gilberte-De-Courgenay-Platz 4, 3027 BernMo – Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Fr: 9.00 – 22.00 UhrSa: 8.00 – 17.00 Uhr

Stau� acher Neuengasse 25 – 37, 3001 BernMo – Mi + Fr: 9.00 – 19.00 UhrDo: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

Thalia SpitalgasseSpitalgasse 47/51, 3001 BernMo – Mi: 9:00 – 19.00 Uhr | Do: 9:00 – 21:00 UhrFr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 8:00 – 17:00 Uhr

Thalia Bahnhof SBBBahnhofplatz 10, 3001 BernMo – Sa: 7.00 – 22.00 Uhr | So: 9.00 – 22.00 Uhr

BRIG –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––ZAPFurkastrasse 3, 3900 BrigMo – Fr: 9.00 – 18.30 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

ZAP BürostoreEnglischgrussstrasse 6, 3900 BrigMo – Fr: 8.30 – 12.00 und 13.30 – 17.00 Uhr

BRUGG –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Thalia Neumarktplatz 12, 5200 BruggMo – Do: 9.00 – 18.30 Uhr | Fr: 9.00 – 20.00 Uhr Sa: 8.00 – 17.00 Uhr

CHUR –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Thalia Einkaufscenter City WestRaschärenstrasse 35, 7000 ChurMo – Do: 9.00 – 19.00 Uhr | Fr: 9.00 – 20.00 UhrSo: 8.00 – 18.00 Uhr

EMMENBRÜCKE –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Thalia Emmen CenterStauffacherstrasse 1, 6020 EmmenbrückeMo, Di + Do: 9.00 – 18.30 UhrMi + Fr: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 16.00 Uhr

FRAUENFELD –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Orell Füssli Einkaufszentrum Passage Bahnhofstrasse 70 / 72, 8500 FrauenfeldMo – Do: 8.00 – 19.00 Uhr | Fr: 8.00 – 20.00 Uhr Sa: 08.00 – 17.00 Uhr

FRIBOURG ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––ThaliaBahnhof / Gare, 1700 FribourgMo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa + So: 9.00 – 21.00 Uhr

SCHAFFHAUSEN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––ThaliaVordergasse 77, 8200 SchaffhausenMo – Mi + Fr: 8.30 – 18.30 UhrDo: 8.30 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 17.00 Uhr

SCHÖNBÜHL –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Thalia ShoppylandIndustriestrasse 10, 3322 SchönbühlMo – Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Fr: 9.00 – 21.30 UhrSa: 8.00 – 17.00 Uhr

SIERRE –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––ZAPPlace de la Gare 2, 3960 SierreMo – Fr: 9:00 – 12:00 und 13:30 – 18:30 UhrSa: 9:00 – 17:00 Uhr

SPREITENBACH ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Thalia Shoppi & Tivoli8957 SpreitenbachMo – Sa: 9.00 – 20.00 Uhr

ST. GALLEN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Orell Füssli BahnhofPoststrasse 28, 9000 St. GallenMo – Fr: 8.00 – 21.00 UhrSa + So: 9.00 – 20.00 Uhr

Rösslitor BücherMultergasse 1 – 3, 9001 St. GallenMo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 UhrDo: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

Thalia Shopping ArenaZürcher Strasse 464, 9015 St. GallenMo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 19.00 Uhr,Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

ST. MARGRETHEN –––––––––––––––––––––––––––––––––––Thalia Einkaufszentrum Rheinpark9430 St. MargrethenMo – Do: 9.00 – 19.00 Uhr | Fr: 9.00 – 21.00 UhrSa: 8.00 – 17.00 Uhr

THUN –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––ThaliaBälliz 60, 3600 ThunMo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 UhrDo: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

WINTERTHUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Orell Füssli MarktgasseMarktgasse 3, 8400 WinterthurMo – Mi + Fr: 09.00 – 18.30 UhrDo: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

Orell Füssli Einkaufszentrum RosenbergSchaffhauserstrasse 152, 8400 WinterthurMo – Fr: 8.30 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 18.00 Uhr

Vogel ThaliaMarktgasse 41, 8400 WinterthurMo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 UhrDo: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

VISP ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––ZAPBahnhofstrasse 21, 3930 VispMo – Fr: 9:00 – 12:00 und 13:30 – 18:30 UhrSa: 9:00 – 17:00 Uhr

ZERMATT ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––ZAPHofmattstrasse 3, 3920 ZermattMo – Sa: 9:00 – 12:00 Uhr und 14:00 – 18:30 UhrWährend der Saisonzeit:Mo – Fr: 9:00 – 12:30 Uhr und 14:00 – 19:00 UhrSo: 16:00 – 19:00 Uhr

ZÜRICH ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––Orell Füssli KramhofFüsslistrasse 4, 8001 ZürichMo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr

Orell Füssli Am BellevueTheaterstrasse 8, 8001 ZürichMo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr

Orell Füssli The BookshopBahnhofstrasse 70, 8001 ZürichMo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr

Orell Füssli FlughafenAirport Center, 8060 Zürich–FlughafenMo – So: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa – So: 8.00 – 21.00 Uhr

Orell Füssli Zürich HauptbahnhofShopville, Halle Landesmuseum, 8001 ZürichMo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 21.00 UhrSo: 9.00 – 20.00 Uhr

Orell Füssli Bahnhof StadelhofenStadelhoferstrasse 8, 8001 ZürichMo – Fr: 8.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 19.00 UhrSo: 10.00 – 18.00 Uhr

Orell Füssli Im Franz Carl WeberBahnhofstrasse 62, 8001 ZürichMo – Mi: 9.00 – 18.30 UhrDo + Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr

www.books.chwww.buch.chwww.thalia.chwww.stau� acher.chwww.zap.ch

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Page 3: Books Magazin

Notizen marius leutenegger

Als das Nobelpreis-Komitee im letzten Jahr die Gewinnerin des Literatur-Nobel-preises bekannt gab, wunderte sich aus-nahmsweise nie-mand: Die Kanadierin Alice Munro gilt schon

seit Jahrzehnten als eine Meisterin ihres Fachs. Und dieses ist die Kurz-geschichte. Munro beschreibt unsentimental und hintersin-nig meist eher trübe und äus-serst glaubwürdige Geschich-ten aus dem Alltag einer Frau mittleren Alters; sie verzichtet oft auf ein klares Ende und be-eindruckt durch eine ebenso minutiöse Beobachtungsgabe wie durch eine Sprache, die karg und doch einnehmend ist. Das ist hohe Literatur, die sich auch leicht lesen lässt. Rund 150 Geschichten hat Mun-ro bislang veröffentlicht. Nun sind wieder 14 neue hinzugekommen – erschienen bei S.Fischer im Band «Liebes Leben». Wie der Titel dieses 14. Erzählbandes von Munro sagt, geht es um die Liebe und das Leben schlechthin: um Untreue, den Kitzel des Au-genblicks, ein kurzes Ausbrechen aus einem Alltag, der deprimierenderweise meist nicht einmal schlecht, sondern nur banal ist. Wer Munro noch nicht kennt, findet hier einen idealen Einstieg in ein faszinierendes Werk.

«Meisterwerk im Stil Isabel Allendes», ur-teilte ein Kritiker über «Mofongo». Der bei Urachhaus erschienene Familienroman stammt von der hierzulande noch wenig bekannten, im englischen Sprachraum aber längst höchst erfolgreichen Autorin Cecilia Samartin. Sie ist zwar eine US-Amerikanerin, ihre Wurzeln liegen aber in Kuba – daher auch der Vergleich mit dem lateinamerikanischen Superstar Allende. «Mofongo» präsentiert eine bunte Palette attraktiver Figuren: den zehnjährigen Se-bastian, seine 70-jährige Grossmutter Lola, Sebastians liebevollen Vater, der zu-mindest in Gedanken untreu wird und schwer dafür bezahlt, Schwester und Mutter – eine Familie, die man ins Herz schliesst und der man gern angehörte, auch wenn es ihre Mitglieder miteinander nicht leicht ha-ben. Ein herzerwärmendes Buch für die letzten kalten Nächte der Saison.

die welt ist bis in den letzten winkel erforscht und ent-deckt – davon legen auch die vielen stadtführer ein zeugnis ab, die wir in unserem «spezial» ab seite 23 vorstellen. doch noch immer gibt es Orte, die niemals von einem menschen betreten wurden: Orte, die nur in unseren köpfen existieren. zwei neuerscheinungen beschäftigen sich auf äusserst at-traktive weise damit. da ist einmal «die geschichte der legendären länder und städte», erschienen bei Hanser. autor umberto eco kennen wir ja vor allem als romancier – von ihm stammen die welterfolge «der Friedhof in prag» und «der name der rose». von Haus aus ist der Italiener aber literaturhistoriker und semiotiker, also Fachmann für zei-chensysteme. darüber hinaus ist er ein wandelndes lexikon und ein sehr humorvoller zeitgenosse. In seinem neuen, reich illustrierten Buch geht er jenen Orten nach, die ir-

gendwann als existent galten und von manchen leuten sogar ge-sucht wurden: das reich der königin von saba, atlantis, das schla-raffenland, eldorado und so weiter. da wir wohl alle irgendwann vom einen oder anderen dieser nichtorte geträumt haben und gelegentlich ein unstillbares Fernweh in uns spüren, macht das Buch enorm viel spass – zumal eco ein wissenschaftler ist, dem jedes professorale abgeht. er erzählt geschichten, nicht geschich-te, und nimmt uns mit auf eine reise ins reich der Fantasie. noch etwas weiter geht in dieser Hinsicht der unverwüstliche Terry pratchett. die meisten seiner scheibenwelt-romane spielen in der kuriosen stadt ankh-morpork, in der menschen, werwölfe, Igors, zwerge und Trolle keineswegs immer friedlich zusammenle-ben. nun hat pratchett seine gesammelte Fantasie über die gross-

stadt aufs papier gebracht: sein bei manhattan erschienener «vollsthändiger und unent-behrlicher stadtführer von gesammt ankh-morpork» stellt die stadt derart detailliert vor, dass man sich kaum vorstellen kann, warum einer so viel zeit auf etwas derart unsin-niges verwendet. doch gerade darin liegt der reiz der sache: das Buch ist ein echter reiseführer durch eine stadt – und damit auch eine sehr üppige reiseführer-parodie. prachett empfiehlt Hotels und restaurants, füllt dutzende von seiten mit witzigen anzei-gen von geschäften oder schlägt routen für stadtwanderungen vor. das Juwel des Buchs ist eine grosse karte, auf der man nun wirklich jede strasse findet, die je in einem schei-benwelt-roman vorkam.

Sie kennen das: Man hat gehofft, ein Buch ginge nie zu Ende, weil es einem so gefallen hat – aber irgendwann ist die letzte Seite dann doch gelesen. Zum Glück kann man sich in solchen Momenten an Fachleute wenden, die einem ein Buch mit vergleich-baren Qualitäten empfehlen. Eine solche Fachfrau ist die Bernerin Céline Tapis. Nach der Matura absolvierte die heute 22-Jährige eine Buchhändlerlehre; mittlerweile arbei-tet sie zu 50 Prozent bei Stauffacher und studiert an der Universität Bern Germanis-tik sowie Interreligiöse Studien. «‹Gute Geister› von Kathryn Stockett hat viel Be-geisterung ausgelöst – vor allem auch dank der grossartigen Verfilmung unter dem Ori-ginaltitel ‹The Help›. Die Geschichte spielt in den Südstaaten der USA in den 1960er-Jahren. Im Zentrum stehen die beiden schwarzen Hausangestellten Minnie und Aibileen sowie Skeeter, die Tochter einer wohlhabenden weissen Familie. Skeeter will ein Buch über die Diskriminierung der schwarzen Hausangestellten schreiben – und Minnie und Aibileen unterstützen sie dabei. In ihrem Debüt-roman erzählt Stockett so warmherzig wie scho-nungslos von der Rassen-trennung, von Freund-schaft, Loyalität und den Schwierigkeiten, seinen eigenen Weg zu gehen. Im Buch steckt alles, was man sich als Leserin oder Leser wünscht: Es ist sehr unterhaltsam, aber auch sehr authentisch, aufrüttelnd und spannend. Zudem ist es ge-spickt mit historischen Details, die einem die Epoche näher bringen. Ganz ähnliche Vorzüge hat ein anderer De-bütroman: ‹Zu zweit tut das Herz nur halb so weh› von Julie Kibler. Lassen Sie sich vom furchtbaren deutschen Titel nicht ab-schrecken; im Original heisst das Buch ‹Cal-

Leute, die das mögen, mögen auch ...

ling Me Home›, was ich viel passender fin-de. Der Roman ist gerade als Taschenbuch erschienen. Er spielt ebenfalls in den Süd-staaten der USA, aber in den 1930er-Jahren und in der Gegenwart. Die 90-jährige Isa-belle beauftragt die 40-jährige Coiffeuse Dorrie, sie durchs ganze Land zu einem wichtigen Termin zu fahren. Auf ihrem Road Trip erzählen die beiden Frauen ein-ander ihre Geschichte. Isabelle war einst eine Tochter aus bestem Haus; sie verliebte sich in den Sohn der schwarzen Hausange-stellten und wurde von ihm schwanger, was einen Skandal auslöste. Das Kind wurde Isabelle gleich nach der Geburt weggenom-men, seither ist die Frau eigentlich nie mehr glücklich geworden. Jetzt spricht sie erst-mals über ihre Erlebnisse. Aber auch Dorrie hat ihre Probleme: Sie steht mitten im Le-ben, hat einen Sohn und weiss nicht, ob sie mit ihrem neuen Freund zusammenziehen soll. Dorrie kämpft mit der Gegenwart, Isa-belle mit der Vergangenheit. Rein thematisch sind die beiden Romane einander sehr ähnlich: Es geht hier wie dort

um Einzelschicksale in-nerhalb einer von Rassen-trennung geprägten Ge-sellschaft. Frauenfiguren stehen im Zentrum, und beide Bücher wenden den gleichen Kniff an: Die Ka-pitel sind jeweils aus Sicht einer Protagonistin ge-schrieben. Das lässt sie besonders authentisch wirken. ‹Zu Zweit tut das Herz nur halb so weh› ist

einiges kürzer als ‹Gute Geister› und auch etwas ruhiger, weil es weniger Nebenfigu-ren gibt und die Geschichte stark auf die beiden Einzelschicksale fokussiert. Aber ich bin überzeugt: Wem ‹Gute Geister› gefiel, der wird auch von ‹Zu Zweit tut das Herz nur halb so weh› begeistert sein.»

als max Frisch im april 1991 starb, verfüg-te er eine 20-jährige sperrfrist über seinen nachlass. die betraf auch das «Berliner Journal» – fünf ringbücher voller Texte, die er während seines aufenthalts in Ber-lin von 1973 bis 1980 verfasste. Fast drei Jahre nach ablauf der sperrfrist hat suhr-kamp das Journal jetzt veröffentlicht. Oder zumindest einen Teil davon: von öffentli-

chem Interesse sei-en nur die ersten beiden, gut ausgear-beiteten ringbü-cher, die späteren, eher skizzenhaften enthielten vor allem Texte über Frischs privatleben, heisst es im nachwort. doch auch die veröf-fentlichten Teile sind

von privatem geprägt. Im stil seiner zwei früheren und weltberühmten Tagebücher reflektiert Frisch über kollegen, erlebnis-se und aktuelle ereignisse, da und dort skizziert er eine literarische Idee. vor al-lem aber geht es ihm um ihn selbst, um seine ehe mit der 28 Jahre jüngeren mari-anne, das Älterwerden, die schwindende schriftstellerische potenz. man kann max Frisch leider nicht widersprechen, wenn er später in einem Brief an seinen schriftstel-ler-Freund uwe Johnson über das Journal schreibt, der Text enthalte «viel selbstge-rechtigkeiten»; zuweilen sind Frischs nar-zissmus und koketterie nur schwer erträg-lich. doch der zürcher bleibt ein Titan des worts, und viele stellen gehen einem nicht mehr aus dem kopf. ein Beispiel? «gele-gentlich wundere ich mich, dass ich 62 wer-de. kein körperliches gefühl davon, dass es in wenigen Jahren zu ende ist. wie bei ei-nem Blick auf die uhr: so spät ist es schon?»

auch darüber schreibt umberto eco: das schlaraffenland – hier gesehen von pieter Bruegel d. Ä.

nOTIzen | 5 4 | nOTIzen Books nr. 1/2014

Page 4: Books Magazin

Am 31. März jährt sich der Todestag von Christian Morgenstern zum 100. Mal. Den 1871 in München geborenen Dichter und Schriftsteller kennt man heute vor al-lem wegen seiner skurril-humoristischen Gedichte («Es war einmal ein Lattenzaun, mit Zwischenraum, hindurchzuschaun»);

doch Morgenstern schuf auch ein umfang-reiches ernsthaftes Werk, er war Überset-zer von Ibsen, Strindberg und Hamsun so-wie ein enger Freund und Mitstreiter von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthro-posophie. Die Zeiten überdauert hat aller-dings allein seine lustige Lyrik. Sie bot Mor-genstern vermutlich ein Ventil, denn zu lachen hatte der Schriftsteller Zeit seines Lebens nur wenig: Seine Mutter starb früh an Tuberkulose, und sie hatte ihn zuvor noch mit ihrer Krankheit angesteckt. Ei-nen grossen Teil seines Lebens verbrachte Morgenstern deshalb in Sanatorien, zum Beispiel in Arosa. Nach dem frühen Tod Morgensterns brachte Rudolf Steiner des-sen Asche ins Goetheanum bei Basel, wo sie sich bis heute befindet. Da die Rechte an Morgensterns Werk längst abgelaufen sind, erscheint es anlässlich des Jahres-tags in unzähligen Varianten. Hervorzuhe-

ben sind zwei schön illustrierte Neu- auflagen der «Galgenlieder»: Lappan prä-sentiert die Gedichte mit kongenialen Illus-trationen von Gerhard Glück, die Edition Büchergilde setzt auf den bewährten Hans Ticha.

Noch mehr, ja viel mehr Neuerscheinun-gen wird in diesem Jahr ein anderes Jubi-läum hervorbringen: Am 26. April ist es 450 Jahre her, dass William Shakespeare getauft wurde. Der Geburtstag des Briten ist unbekannt, wird aber wohl in die Woche vor diesem Datum gefallen sein. Mit Super-lativen sollte man vorsichtig umgehen, in diesem Fall scheint aber einer angebracht: Shake-speare ist wohl der wichtigste Dramati-ker der Theaterge-schichte. Auch in ei-ner entsprechenden ARTE-Umfrage be-legte der Brite Rang eins, vor Schiller, Molière, Brecht, Goethe, Beckett und dem unverwüstlichen Sophok-les. 38 Theaterstücke hat uns Shakespeare hinterlassen, einige davon gehören zu den

bekanntesten über-haupt. Reclam hat in «Dramen» die klassischen Über-setzungen der Meisterwerke in ei-nem schönen Band zusammengefasst. Der Manesse-Ver-lag präsentiert in «Wie er uns ge-fällt» Gedichte aus

vier Jahrhunderten und über 20 Ländern über Shakespeare und sein Werk – «von Jonson bis Brecht, von Wordsworth bis Na-bokov, von Baudelaire bis Lorca». Dazu gibt es natürlich Sekundärliteratur und Biografien noch und nöcher. Über Shakespeare bleibt offenbar auch Jahr-hunderte nach seinem Ableben immer wieder Neues zu sagen. Wenn das kein Beweis von Grösse ist. Zurück zu den Normalsterblichen, die aber dennoch in ihren Werken weiterleben. Ein solcher Schriftsteller ist der US-Amerika-

JAHREStAGE

ner Ambrose Bierce. Sein wildes Leben machte den 1842 Geborenen zu einer Art Hemingway der Vorkriegsjahre: Bierce war tapferer Soldat im Bürgerkrieg, Land-vermesser in Indianer-Territorien, Zei-tungskorrespondent in London und am Ende gar noch Revolutionär. Denn ums Leben kam er vor 100 Jahren an der Seite des mexikanischen Freiheitskämpfers Pancho Villa. Was damals genau geschah – und wann ganz genau –, ist nicht klar. Aus Briefen von Bierce muss man schliessen,

dass der notorische Menschenfeind und Zyniker standrechtlich erschossen wurde. Literarisch ist Bierce bedeutend, weil er zusammen mit Edgar Allen Poe und H.P. Lovecraft als Erfinder des Horror-Genres gilt. Seine Geschichten sind allerdings eher drollig als gruslig – denn offenbar konnte Bierce einfach nicht anders, als ständig Breitseiten abzu-feuern, in Ironie zu verfallen, eine Pointe an die ande-re zu reihen oder seine eigenen Schöpfungen zu verulken. Das alles macht sein Werk aber sehr vergnüg-lich und interes-sant. Dem Insel-Verlag kommt das Verdienst zu, jetzt einige der besten Erzählungen neu herausge-bracht zu haben: «Horrorgeschichten» enthält elf kleine Literatur-Juwelen.

die analphabetin, die rechnen konnteJoNaS JoNaSSoN442 seitenCHF 29.90carl’s books

«Der schwedische Autor Jonas Jonasson wurde bekannt mit der Figur eines Hun-dertjährigen, der zwar aus dem Alters-heim, aber fast nie mehr aus den Bestsel-lerlisten verschwand. Darf ich vorstellen, seine Nachfolgerin: ‹Die Analphabetin, die rechnen konnte›.

Wieder hat mich das Lesevergnügen ge-packt, obwohl schon bald klar ist, dass Jo-nasson mit demselben Trick wie in seinem Bestseller operiert: Ein Nobody ist immer genau da, wo in der Weltpolitik Entschei-dendes geschieht. Ja, durch seine Naivität beeinflusst er sie sogar entscheidend. Der Film ‹Forrest Gump› war wohl der Proto-

Was lesen Sie gerade?Bernard Thurnheer, TV-Kommentator beim SRF:

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typ dieser Art von Geschichte. Die Anal-phabetin und ihr Tun sind zwar eine pure Erfindung, doch das Leben auf der Erde hat sich, wie wir aus der Tagesschau wis-sen, genau so abgespielt! Dies macht dann wieder den Reiz des Buchs aus.

Wird das auf die Dauer nicht langweilig und voraussehbar? Nein! Der Autor schafft es nämlich, seine leicht verrückten Figuren – es gibt da noch ein paar weitere höchst dubiose Personen – derart plastisch und sympathisch darzustellen, dass man ihnen stets die Daumen drückt und ihnen immer weiter folgen will. Die Art, wie sie reden und wie sie die diversen politischen Situa-tionen auf unserem Erdball von jeglichem Sachwissen unbelastet locker-flockig be-urteilen, lassen einen andauernd schmun-zeln. Ist Lesen anstrengend? Bei diesem Buch ganz sicher nicht!»

Die Passionsgeschichte – also die Erzäh-lung von Jesus’ Hinrichtung – gehört zu unserem Kulturschatz und wurde schon in unzähligen Varianten aufbereitet. Colm Tóibin hat jetzt eine weitere Versi-on hinzugefügt: Im schmalen, aber sehr dichten und bei Hanser erschienen Band «Marias Testament» erzählt der Ire die Geschichte aus Sicht von Maria. Für sie ist Jesus nicht der Sohn Gottes, son-dern ihr eigenes Kind, das sie im-mer weniger ver-steht und dessen Tod in gewissem Sinne auch ihr Ende bedeutet. Tói-bin stellt das Verhältnis von Maria und Jesus als zwar intensive, letztlich aber alltägliche Mutter-Sohn-Beziehung dar – und das auf eine Weise, die niemand in seinen religiösen Gefühlen verletzt. Ma-ria steht abseits, stellt sich jene Fragen, die sich wohl alle einmal gestellt haben – inwiefern soll Jesus, indem er am Kreuz starb, die Menschheit befreit haben? – und wehrt sich gegen jegliche Verklärung ihres Sohns und ihrer selbst. Eine beden-kenswerte Perspektive, die uns der Autor des grossartigen Romans «Brooklyn» hier eröffnet.

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»Auf höchstem Alpen-Niveau. Ein Glück für die deutsche Unterhaltungsliteratur.« Deutschlandfunk

»Auf höchstem Alpen-Niveau. »Auf höchstem Alpen-Niveau. Ein Glück für die deutsche Ein Glück für die deutsche

»Große deutsche Unterhaltungsliteratur: endlich.« Denis Scheck

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letzten Herbst feierte der kramhof, das Flaggschiff von Orell Füssli, sein 20-jähriges Bestehen. wer sein liebstes Buch der ver-gangenen 20 Jahre angab, nahm am Jubilä-ums-wettbewerb teil. erster preis: einen abend lang von 20 uhr bis mitternacht den kramhof exklusiv für sich und eine Begleit-person – sowie ein Büchergutschein über 500 Franken. der attraktive Hauptgewinn wurde angela Heller aus zürich zugelost. mit der 31-jährigen primarlehrerin hatte Fortuna die genau richtige kundin ausge-wählt – denn zum einen ist angela Heller eine begeisterte leserin, zum anderen er-wartet sie zusammen mit ihrem mann Oli-ver im mai das erste kind. und wenn Bü-cherfreundinnen kinder bekommen, bauen sie meist die eigene Bibliothek aus. «Jetzt habe ich gerade ‹Tomte und der Fuchs› von astrid lindgren ausgewählt», sagt angela Heller kurz vor 21 uhr. auf ih-rem noch kleinen stapel liegen bereits ein andere Bilderbuch und der neue asterix-

Eine Nacht lang den Kramhof nur für sich

abteilungsleiterin nathalie Bänninger, links, über-gibt angela Heller aus zürich den Büchergutschein über 500 Franken – und natürlich einen Blumen-strauss.

Neue virtuelle Lesegruppe auf booksblog.chLesen ist eigentlich eine einsame Angele-genheit – das muss sie aber nicht bleiben. Seit jeher tun sich zum Beispiel Bücher-freundinnen und -freunde zu Lesezirkeln zusammen, um miteinander ein Buch zu entdecken und sich darüber auszutau-schen. Sie motivieren einander, bis zu ei-nem vereinbarten Zeitpunkt einen Teil des Textes zu lesen oder sich Gedanken zu ei-nem Aspekt des Buchs zu machen.

Nun gibt es einen solchen Lesekreis auch virtuell: auf booksblog.ch. Seit 1. März kön-nen sich ihm alle ganz unkompliziert im Blog der Orell Füssli Thalia AG anschlies-sen. Das erste Buch, dem sich der virtuelle Lesekreis annimmt, ist «Jakobs Ross». Der vielversprechende Debüt-Roman der Zür-cher Journalistin Silvia Tschui ist bei Nagel & Kimche erschienen. Er erzählt von der jungen Magd Elsie, die in der Schweiz des 19. Jahrhundert von einer Karriere als Mu-sikerin träumt und um ihre Selbstbestim-mung kämpft.

«Einzige Voraussetzung für die Teilnahme am Lesekreis ist, dass man das Buch liest – als eBook oder in Papierform», sagt Anne

... und ausserdemAlle zwei Jahre quellen die Buch-handlungen von Fussball-Büchern über – dann nämlich, wenn Euro-pa- oder Weltmeisterschaften stattfinden. Die besten Titel wer-den regelmässig neu aufgelegt,

und daher müssen wir davon ausge-hen, dass die fuss-ballbegeisterten Books-Leser in-nen und -Leser die wichtigsten Bücher zum Thema bereits besitzen. Also

zum Beispiel «Manchmal gewinnt der Bessere», Metin To-lans Standardwerk über die Phy-sik des Fussballspiels, oder «Fever Pitch», Nick Hornbys sprühende Autobiographie ei-nes Fussball-Beses-senen. Darüber hi-naus findet man in den Buchhand-lungen aber auch ein weite-

res Tool für alle Freundinnen und Freunde des runden Leders: Das kleine Tisch-Magnetbrett «GOAL».

Es ist 21 Zentimeter breit und 14 Zentimeter hoch, und mit den drei mitgelieferten Magneten im Fuss-ball-Design kann man den aktuel-len Spielplan ebenso befestigen wie das schönste Panini-Bildchen –

oder diesen Artikel, falls man eines der beiden genannten Fussballbücher doch noch

nicht besitzt und sich dringend besorgen muss.

Wieser; die bekannte Zürcher Literatur-agentin moderiert den Blog. Einklinken kann man sich ohne Passwort und Regist-rierung. Wie aber funktioniert das «gemein-same Lesen»? «Wir beschäftigen uns acht Wochen lang mit ‹Jakobs Ross›; ich werfe Themen auf und lanciere die Debatte mit Fragen. Die Teilnehmenden können selber Fragen an die Gemeinschaft richten und über das Buch diskutieren.» Darüber hin-aus liefert die Moderatorin auch Zusatzma-terial zum Buch. Nach acht Wochen wird mit einem neuen Titel gestartet.

Einen bestimmten Leserhythmus muss man nicht einhalten, um sich beteiligen zu können. «Das Ziel ist aber schon, dass man das Buch gemeinsam entdeckt», sagt Anne Wieser. Sie schlägt vor, dass man im Durch-schnitt etwa drei Seiten pro Tag liest. Was ist denn der Vorteil eines solchen virtuellen Le-sezirkels gegenüber einem klassischen? «Man kann bequem von daheim aus mit-machen – dann, wann man Zeit hat», sagt Anne Wieser. Dass die Sache funktioniert, belegen ähnliche Angebote im Internet. Von diesen unterscheidet sich der Booksblog übrigens hinsichtlich der Auswahl der Bü-

cher: Vorderhand werden ausschliesslich Werke von Schweizer Autorinnen und Auto-ren thematisiert.

Anne Wieser verantwortet übrigens auch den Facebook-Auftritt der Orell Füssli Tha-lia AG. «Täglich gibt es dort einen neuen Eintrag», verspricht sie. Vorwiegend han-delt es sich dabei um aktuelle Leseempfeh-lungen; sie stammen von den Buchhändle-rinnen und Buchhändlern, aber auch von so bekannten Schreibenden wie Sunil Mann oder Katja Alves. Alle Bücherfreundinnen und -freunde sollten jetzt also drei Dinge tun: «Jakobs Ross» kaufen, sich am Books-blog beteiligen – und die Facebook-Seite von Orell Füssli liken.

Band. am liebsten liest die primarlehrerin im moment aber krimis, «vor allem von schweizer autorinnen und autoren – von petra Ivanov, sunil mann oder ernst solèr. mir gefällt es, wenn eine geschichte an ei-nem Ort spielt, den ich kenne.» welches Buch sie beim Jubiläums-wettbewerb an-gegeben hat, weiss angela Heller indessen nicht mehr genau; ein krimi sei es jeden-falls nicht gewesen. «Ich glaube, ich nannte einen roman der Harry-potter-reihe. Oder den historischen roman ‹die mit dem wind reitet›? den las ich unzählige male.» dass der kramhof nur für sie und ihren mann vier abendstunden lang geöff-net wurde, findet sie «schon sehr lässig. wenn wir sonst im kramhof sind, haben wir nachher meist noch etwas vor und da-her nicht so viel zeit. aber jetzt können wir uns in grösster ruhe alles anschauen, was uns interessiert. und wir werden mitneh-men, so viel wir tragen können!»

WettBeWerBS-GeWiNNerIn der letzten Ausgabe von Books verlos-ten wir unter den Teilnehmenden unseres Kreuzworträtsel-Wettbewerbs drei Büchergutscheine. Gewonnen haben:

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Das Lösungswort lautete übrigens «Mauer-bluemchen». Die Gewinnerinnen und Gewinner der Preise 4 bis 10 werden schriftlich benachrichtigt. Das aktuelle Kreuzworträtsel finden Sie in dieser Ausga-be auf Seite 48.

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Page 6: Books Magazin

Books: Sie sind zweisprachig aufge-wachsen und haben Ihren Erstling «The Peculiar» auf Englisch verfasst. Ab sofort liegt er auch auf Deutsch vor – als «Die Seltsamen». Wie ist es denn, die Überset-zung des eigenen Werks zu lesen?Stefan Bachmann: Ehrlich gesagt habe ich nur Teile davon gelesen. Die Sache ist schon etwas eigenartig – das deutsche Buch wirkt auf mich, als hätte es jemand anderer verfasst. Natürlich ist der Plot gleich, aber die Sprache ist ganz anders. Der englische Wortschatz scheint mir viel-fältiger, manchmal braucht es auf Deutsch mehrere Wörter, um einen englischen Begriff zu umschreiben. Das ist eben cool am Englischen: Wählt man die Wörter gut, kann man etwas sehr knapp ausdrücken – und dennoch entsteht bei den Leserin-nen und Lesern sofort ein Bild im Kopf. Aber ehrlich gesagt weiss ich eigentlich zu wenig über die deutsche Sprache, um das alles wirklich beurteilen zu können.

Sie sind in einem Alter, in dem man schnell Fortschritte macht. Wie schätzen Sie aus heutiger Sicht den Roman «Die Seltsamen» ein, den Sie vor drei Jahren beendeten?Ich dachte beim Wiederlesen schon ein paar Mal: «Oh nein!» Diesen Effekt gibt es ja bei Büchern oft: Man schreibt etwas und gibt das Beste, aber es ist eben nur das Beste, das man in jenem Moment geben kann. Mit «Die Seltsamen» habe ich wohl mein damaliges Potenzial ausge-schöpft. Ich bin nach wie vor stolz auf dieses Buch, aber jetzt würde ich sicher manches anders machen.

Zum Beispiel?Je älter man wird, desto mehr Leute kennt man – und desto bessere Charak-tere schreibt man. Mit 16 habe ich die Menschen sicher weniger gut verstanden, als ich das heute tue.

Medienberichten kann man entnehmen, dass «Die Seltsamen» nicht Ihr erstes Werk ist – Sie hätten zuvor schon vier Manuskripte verfasst. Werden diese irgendwann auch veröffentlicht?Auf keinen Fall. Diese früheren Versuche habe ich nur für die Familie geschrieben, und sie sind auch ziemlich schlecht. Ich will lieber etwas Neues veröffentlichen.

Was finden Sie denn eigentlich so toll am Scheiben? Die Antwort darauf hängt vom Buch ab, an dem ich gerade arbeite. Vor einer Wo-che habe ich der Lektorin meinen dritten Roman abgegeben. Es ist ganz anders als die ersten beiden, also als «Die Seltsa-men» und dessen Fortsetzung «The What-not», die gerade auf Englisch erschienen ist. Beim dritten Buch habe ich besonders geschätzt, etwas ganz anderes machen zu können, mich ausserhalb der Fantasy-Welt zu bewegen. Bei «Die Seltsamen» war für mich hingegen aufregend, eine eigene Welt und eine eigene Atmosphäre zu schaffen. Schreibt man ein Buch, kann man mit den Figuren machen, was man will – das fand ich schon sehr spannend.

Die deutsche Übersetzung Ihres Buchs ist über 360 Seiten dick. Wie lange arbei-tet man an einem solchen Werk?

«Wer weiss schon, was ich in fünf Jahren

mache!»Mit «The Peculiar» erzielte der in Adliswil wohnhafte, damals 16-jährige Autor Stefan Bachmann

in den USA einen Sensationserfolg. Jetzt ist das Buch auch auf Deutsch erschienen: «Die Seltsamen» erzählt vom Zusammenstoss der Feen- und Menschengesellschaft im viktorianischen Zeitalter.

marius leutenegger

StefaN BachMaNN

Stefan Bachmann, 20, kam in den USA als viertes von fünf Kindern einer US-Ame-rikanerin und eines Schweizers zur Welt. Als er ein Jahr alt war, zog die Familie nach Adliswil bei Zürich. Stefan Bachmann und seine Geschwister sind von der Mutter zu Hause unterrichtet worden. Seit er elf Jahre alt ist, besucht Stefan Bachmman das Konservatorium Zürich; mittlerweile studiert der mehrfache Gewinner des Suisa-Preises für Komposition die beiden Fächer Orgel und Komposition.

«die seltsamen» 368 seiten CHF 25.90 diogenes

england um 1850: ein bislang geschlossenes

Portal öffnet sich und feen strömen in die

Welt der Menschen. es kommt zum Krieg,

den die Menschen gewinnen. Die feen inte-

grieren sich in die Gesellschaft, die meisten

von ihnen leben fortan allerdings unter

misslichen Bedingungen. Besonders schlecht

ergeht es den fee-Mensch-Mischwesen. Zu

diesen «Seltsamen» zählt auch der schüch-

terne Bartholomew Kettle, eine der haupt-

figuren des Buchs. eines tages kommt eine

geheimnisvolle frau in den feen-Slum und

nimmt Bartholomews freund mit, der schon

bald als leiche aus der themse gefischt

wird. als Bartholomews kleine Schwester

ebenfalls verschwindet, macht sich der Junge

auf die Suche nach ihr. Zweite hauptfigur

der Geschichte ist der tollpatschige Parla-

mentsabgeordnete Mr. Jelliby, der von einer

ganz anderen Seite in die gleiche Geschichte

um entführte Kinder, böse feen, ignorante

Menschen, Magie, technik und die rettung

der Welt gerät.

InTervIew | 11 10 | InTervIew Books nr. 1/2014

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was sie sagte. Bei meinem neuen Buch arbeiten wir jetzt aber stärker am Plot.

Sie haben «Die Seltsamen» zehn Buch-agenten geschickt – und stiessen schnell auf Interesse. Wie viel hat dieses mit Ihrem Alter zu tun? Wie wichtig sind Sensationen heute im Buchmarkt?Da muss man unterscheiden zwischen den Agenten, die einen gegenüber den Verla-gen vertreten, und den Verlagen selbst. Für die Agenten ist das Alter nicht so wichtig, sie müssen in erster Linie eine Geschichte verkaufen, und diese muss sitzen. Man darf ja nicht vergessen, dass es Zehn-tausende wie mich gibt, die als Teenager ein Buch schreiben und veröffentlichen wollen. Nur weil man jung ist, wird man nicht gedruckt; ich selber erhielt ja auch acht Ablehnungen. Für die Verlage ist ein junger Autor aber schon interessant – mein Alter ist sicher etwas, das viele ausserge-wöhnlich finden.

Christopher Paolini war 15 Jahre alt, als er seinen Fantasy-Bestseller «Eragon» schrieb. Hat sein Erfolg Ihnen Türen geöffnet?Für mich war Paolini zunächst einmal eine wichtige Inspiration, sein Erfolg ermunter-te mich, es selber zu versuchen. Und sicher hat Paolini wesentlich dazu beigetragen, dass die Verlage jugendlichen Autoren einen Erfolg zutrauen. Er ist für mich also fraglos wichtig. Darüber hinaus ist er auch sehr nett; ich habe ihn kennengelernt, und wir skypen jetzt regelmässig miteinander.

Wissen Sie eigentlich, wie erfolgreich «Die Seltsamen» bis jetzt war – wie oft das Buch übersetzt wurde und welche Gesamtauflage es erzielte?Ich weiss, dass es in neun oder zehn Spra-chen übersetzt wurde, habe aber keine Ah-nung, wie oft es sich verkaufte. Es werden Hunderttausende von Exemplaren sein.

Das hat auch finanzielle Folgen: Müssen Sie überhaupt jemals wieder arbeiten, oder können Sie jetzt ein Leben lang von «Die Seltsamen» zehren?Na, da muss schon noch etwas kommen. Meine Situation ist aber sicher komfortabel.

Noch mehr Geld käme in Ihre Kasse, wenn das Buch verfilmt würde. Man konnte lesen, es gäbe entsprechende Pläne. Wissen Sie Genaueres?Es wird immer viel geredet, etwas Konkre-tes hat sich bis jetzt aber nicht ergeben. Ich weiss immerhin, dass das Buch von Produzenten gelesen wird.

Aufwändig wäre die Verfilmung auf jeden Fall. «Die Seltsamen» gehört zur Gattung des Steampunk: Die Geschich-te spielt im viktorianischen England, enthält aber futuristische und fantas-tische Elemente. Der Steampunk hat seine Wurzeln in den Romanen von Jules Verne oder H.G. Wells und ist heute äusserst beliebt. Was fasziniert Sie am viktorianischen Zeitalter?Oft interessiert man sich ja für Sachen, denen man als Kind begegnet ist. Eine wichtige Inspirationsquelle war für mich der Disney-Film «Basil, der grosse Mäusedetektiv». Diesen Trickfilm, der im viktorianischen Zeitalter spielt, habe ich als Kind geliebt, ich fand ihn sehr dunkel, sehr dramatisch, sehr attraktiv. Seither liebe ich die viktorianische Epoche. Das war ja auch eine interessante Zeit, in der sich die Technik und die Gesellschaft stark veränderten. Mittlerweile interessiere ich mich aber ein bisschen weniger dafür. Ich habe das Gefühl, wenn ich über eine Sache ein Buch geschrieben habe, wird sie gewis-sermassen aus meinem System genommen – und das schafft Platz für Neues.

Auch die Autoren, die Sie gern lesen, wirkten im 19. Jahrhundert: Charles Dickens oder Dostojewski. Es heisst, Sie hätten deren Werke schon als Kind gele-sen. Stimmt das wirklich? Ja, «Schuld und Sühne» von Dostojewski las ich erstmals mit elf Jahren. Ich fand das Buch sehr brutal und war schockiert, dass der Mörder für sein Verbrechen zunächst nicht bezahlen muss. Bis anhin hatte ich nur Kinderbücher gelesen, und dort gibt es so etwas ja nicht. Ich denke, ich verstand zwar die Geschichte, aber nicht den Sub-text. Doch auch als Kind merkt man, wie gut Dostojewski schrieb und welch starke Charaktere er kreierte. Später las ich das Buch wieder und war natürlich weniger schockiert.

Sie beschreiben in «Die Seltsamen» eine Zeit, in der die Feen in unsere Welt ge-kommen und von den Menschen besiegt worden sind. Gab es logische Knacknüs-se zu bewältigen? Ich hatte zum Beispiel eher Mühe zu akzeptieren, dass die Feen den «Heiteren Krieg» gegen die Menschen verlieren – sie können doch zaubern!Ja, aber ich gebe als Grund für ihre Niederlage an, dass die Menschen me-chanisiert und ihnen deshalb überlegen sind. Wären die Feen 100 Jahre früher gekommen, hätten sie wohl den «Heiteren Krieg» gewonnen. Logische Knacknüsse

An der ersten Fassung schrieb ich sechs, sieben Monate lang. Dann feilte ich rund ein Jahr lang am Text. Es vergingen alles in allem wohl zwei Jahre von der ersten Idee bis zum gedruckten Buch. Wie viel ich tatsächlich schrieb, weiss ich nicht mehr genau – es ist ja alles schon drei Jahre her. Ich schrieb wohl jeden Tag, aber ohne Druck. Das hat sich inzwischen geän-dert: Heute gibt es Verträge und einen Ab-gabetermin. Das Bücherschreiben ist jetzt ein Job, den ich neben der Schule erledige. Ich schreibe heute wohl durchschnittlich etwa zwei Stunden pro Tag, wobei ich eher blockweise arbeite; an einem Schultag viel-leicht eine halbe Stunde, am Wochenende dann viel mehr.

Ist es denn ein Vor- oder ein Nachteil, dass Sie neben dem Schreiben noch an die Musikhochschule gehen?In erster Linie ist es ein Vorteil. Es ist gut und wichtig für einen Autor, Dinge zu erleben, nach draussen zu gehen und im Leben zu stehen. Aber es hat natürlich auch Nachteile: Man kommt nicht so schnell vorwärts.

«Die Seltsamen» ist raffiniert konstru-iert: Mehrere Stränge sind ineinander verwoben und werden zu einem drama-tischen Ende zusammengeführt. Plant man ein solches Werk – oder ergibt sich die Struktur bei der Arbeit?Ich bin eigentlich sehr unorganisiert und schreibe nie nach einem genauen Plan. Natürlich mache ich ein Gerüst und kenne von Anfang an das Ende der Geschichte. In der Regel schreibe ich zunächst einen kurzen Plot, doch sehr genau ist dieser nicht – andernfalls wäre mir die folgende Schreibarbeit auch zu langweilig. Oft ent-wickeln sich Dinge dann auch ganz anders als im Gerüst vorgesehen, denn vieles kommt beim Schreibprozess aus dem Unterbewussten.

Hand aufs Herz: Wie sehr ist denn Ihr Erstling von anderen mitgeprägt wor-den? Wie stark wurde lektoriert?Der Plot von «Die Seltsamen» ist noch im-mer genau so, wie er in meiner ersten Fas-sung war. Ich diskutierte mit der Lektorin aber viel über die Sprache. Sie bezeichnete zum Beispiel jene Stellen, die sie zu blumig fand, und ich überarbeitete diese. So ging das hin und her. Alle Veränderungen nahm ich selber vor; die Lektorin griff nicht ein, sie sagte einfach ihre Meinung, und dafür war ich ihr dankbar. Ich kann und will ja noch viel lernen, und meine Lektorin ist gut. Sie hatte fast immer Recht mit dem,

ergeben sich bei Fantasy-Büchern kaum, weil man ja selber alle Regeln aufstellen kann. Schwierig fand ich eher, die Stränge zusammenzubringen. Und kompliziert war auch, dass die einen Figuren etwas wissen, was andere nicht wissen – die Leserinnen und Leser zugunsten der Spannung aber auch nicht alles wissen dürfen.

Dass «Die Seltsamen» ein Kinderbuch für Buben und Mädchen ab zwölf Jahren ist, erfuhr ich erst, nachdem ich den Roman gelesen hatte. Er erscheint mir für eine solche Zielgruppe ziemlich kom-plex, auch sprachlich, und ich finde ihn stellenweise auch etwas heftig. Der Roman ist tatsächlich recht dunkel für Kinder. Ich weiss nicht, wie die hiesigen Verhältnisse sind, was Kinder gern lesen – da herrschen ja von Land zu Land etwas andere Verhältnisse. Aber brutal ist das Buch nicht, oder?

Nein.Ich finde, es entspricht hinsichtlich Span-nung und Effekte etwa einem Grimm-Mär-chen. Kinder merken schon, dass das alles nicht im wirklichen Leben spielt.

Aber ein wenig hochbegabt sollte man wohl sein, wenn man dieses Buch mit zwölf Jahren lesen will ...Ich finde nicht. «Die Seltsamen» ist viel-leicht nicht unbedingt für Kinder geeignet, die vorher noch nie ein Buch gelesen haben. Aber ich kenne den hiesigen Markt nicht so genau.

Apropos hiesiger Markt: Erstaunlich ist, dass das Buch im Diogenes-Verlag erscheint – der bis jetzt kaum Fantasy-Werke veröffentlichte.Ich habe gehört, «Die Seltsamen» sei sogar der erste zeitgenössische Fantasy-Roman, der von Diogenes verlegt werde. Ich fühle mich sehr geehrt, dass ein so renommier-ter Verlag die deutschen Rechte an meinem Buch gekauft hat.

Die Fortsetzung von «Die Seltsamen», «The Whatnot», ist bereits auf Englisch erschienen. Um noch einmal auf die Frage nach Ihren Fortschritten zurück-zukommen: Sind die beiden Teile der Geschichte noch aus einem Guss?Ich glaube, der zweite Band liest sich etwas anders als der erste. Ich hoffe, er ist glatter, eleganter. Beim Schreiben des zweiten Bands hatte ich das Gefühl, alles gehe einfacher, der Plot laufe gerader. Ich finde dennoch, dass man die beiden gut nacheinander lesen kann. Es gibt formale

Unterschiede – aber es gibt auch einen Zeit-sprung in der Geschichte, die Landschaft wechselt, es kommen neue Figuren hinzu.

Mit der Fortsetzung «The Whatnot», die bei uns im Herbst erscheinen wird, ist die Geschichte abgeschlossen. Sie haben erwähnt, Sie hätten bereits das dritte Buch beendet. Wie geht es mit Ihrer Schriftstellerei weiter? Jetzt feile ich erst einmal am dritten Buch. Das vierte beginne ich wohl in den Som-merferien – da steht erst der Plot.

Sie sind Musiker und Schriftsteller. Blei-ben Sie beides?Wer weiss schon, was ich in fünf Jahren mache! Ich hoffe, dass ich einen Weg finde, immer das tun zu können, was ich wirklich tun will. Blöd ist natürlich, dass ich jetzt überall zugleich gefordert werde – denn die Musiker-Ausbildung ist ja ebenfalls anspruchsvoll. Aber auch alle meine Kolle-ginnen und Kollegen haben Stress, meine Situation ist also nicht speziell.

Zum Schluss noch eine Frage, die einfach kommen muss: Die eine Hauptfigur ihres Buchs, Bartholomew, darf das Haus nie verlassen und ist ein geächteter Mensch-Fee-Mischling. Ist es überinterpretiert, wenn man da Parallelen zu Ihnen zieht? Sie sind wie Ihre Geschwister daheim von Ihrer Mutter unterrichtet worden und gingen nicht in die öffentliche Schu-le. Und Sie sind halb US-Amerikaner, halb Schweizer ...Ich bin nicht Bartholomew. Ich war nie elf Jahre lang im Obergeschoss eingesperrt. Und meine Eltern sind sehr nett.

Die Mutter von Bartholomew ist eben-falls nett.Die Leute meinen immer, man sei so wie seine Figuren. Natürlich haben alle Figuren irgendwie mit mir zu tun. Aber ich denke, ich bin eher wie die zweite Hauptfigur, Mr. Jelliby. Er ist ein Tollpatsch und stolpert durch die Geschichte. Er steht wie Bartholomew neben der Masse. Mit dem Buch wollte ich zeigen, dass die Leute zwischen den grossen Fraktionen die wah-ren Helden sind – und nicht jene, die sich in eine Schublade drängen lassen. Man muss aus der Schublade herausschauen, um zu sehen, wie die Welt ist. Was dich seltsam macht, ist ja oft auch das, was dich interessant macht. Ich sehe schon, dass die meisten Menschen irgendwo dazugehören wollen, und dafür habe ich auch viel Ver-ständnis – aber ich finde, man sollte sich nie überanpassen.

12 | InTervIew Books nr. 1/2014 InTervIew | 13

Der neue Thriller

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Page 8: Books Magazin

Einfach prächtigSchöne Bildbände sind ideale, da lange nachwirkende Geschenke – die man sich natürlich auch

selber machen kann. Eine besonders grosse Auswahl findet man in der Abteilung für Kunst-, Architektur-, Design- und Fotobücher der Orell-Füssli-Filiale Kramhof in Zürich. Abteilungsleite-rin Mirjam Kühnis hat für Books einige besonders beeindruckende Neuerscheinungen ausgewählt.

marius leutenegger

«Bei Knesebeck sind in letzter Zeit immer wieder attraktive Bildbände erschienen, die uns lustige, romantische, wilde oder an-ziehende Rückzugsorte zeigen: ‹Mein wun-dervoller Wohnwagen› zum Beispiel oder ‹Mein cooler Caravan›. In diesen Büchern blättert man gern, weil sie einen zum Träu-men bringen – denn wie schön wäre es, selber so etwas zu besitzen! Ähnliche Ge-danken gingen mir auch durch den Kopf, als ich den neuesten Bildband von Knese-beck in den Händen hielt: ‹Hideaways› von Vinny Lee. Das Buch zeigt eine riesige Viel-falt kleiner Rückzugsorte, die zumeist mit-ten in der Natur liegen: klassische Block-hütten in Colorado, eine herzige rustikale Steinhütte in Schottland, Baumhütten oder Schiffe, auf denen man seine Ferien ver-bringen möchte, eine Höhlenwohnung auf den Äolischen Inseln, ein umgebauter Silo und so weiter. All diese Verstecke spiegeln den Traum vom einfachen Leben in der Na-tur und wecken Aussteiger-Sehnsüchte. Das Buch bietet aber nicht allein schöne Bilder zum Schwelgen, sondern auch viele praktische Informationen: Wie kocht man auf kleinem Raum? Wie hält man Ordnung, wenn man kaum Platz hat? Wie beleuchtet man einen besonderen Rückzugsort opti-mal? Solche Fragen beantwortet die Auto-rin oft kreativ und überraschend.

Voller Kreativität ist auch die nächste Neuerscheinung, die ich empfehle: ‹Anzie-hungskraft› von Guido Maria Kretsch-mer. Der deutsche Modedesigner Kretsch-mer gehört zu den erfolgreichsten seiner Zunft und arbeitet auch als Kostümbildner für Oper, Theater und Film. Bekannt mach-te ihn vor allem die Styling-Doku ‹Shopping

Queen› auf Vox, in der Kretschmer das Outfit der Teilnehmerinnen pointiert beur-teilt. In seinem Buch beschreibt er 10 typi-sche Figurformen – und er zeigt auf, wie man bei jeder Form Schwächen kaschieren und Stärken betonen kann. Es handelt sich bei diesem Werk aber um kein eigentliches Bilderbuch; Kretschmer informiert vorwie-gend mit witzigen Texten voller Anekdoten. In allgemeinen Kapiteln geht er zum Bei-spiel auch den Fragen nach, wie frau im Kleiderschrank Ordnung hält oder wie ein Modetrend überhaupt entsteht. Das Buch macht wirklich Spass – und sicher nicht nur Frauen.

Meine nächste Empfehlung ist riesig: ‹Hie-ronymus Bosch. Das vollständige Werk› von Stefan Fischer. Der niederländische Maler Hieronymus Bosch schuf zur Zeit der Renaissance Bilder, die bis heute rätselhaft geblieben sind. Sie stecken voller Symbole, Dämonen und Fabelwesen, sind meist so faszinierend wie erschreckend. Manche der Holztafeln von Bosch könnte man als Wimmelbilder bezeichnen, denn sie quel-len geradezu von Figuren und Details über – etwa das berühmte Triptychon ‹Gar-ten der Lüste›. Gerade solchen Bildern wird das Buch ganz besonders gerecht, denn es zeigt viele Details in Vergrösserungen; oft lassen sich Seiten ausklappen, einmal ist

eine Abbildung rund ein Meter gross. Ausstattung und Qualität des Buchs sind hervorragend, die gestochen scharfen Bilder leuchten in satten

Farben. Man spürt förmlich das Holz, auf das die Bilder gemalt

wurden. Hat man das Buch aufgeschlagen, kann man kaum mehr aufhören, die De-tails und eigenartigen Wesen, die Bosch erfunden hat, zu

studieren. Darüber hinaus bieten die klugen Texte

eine spannende Einfüh-rung ins Werk des Ma-

lers. Ich bin über-zeugt, dass es viele Leute gibt, denen

dieses Buch gefallen wird – weil es dank der

tollen Aufmachung auch sehr modern wirkt.

Wer es auch bei der Kunst et-was moderner bevorzugt, ist

mit ‹Illustration – 100 Wege, ei-nen Vogel zu malen› von Felix

Scheinberger gut bedient. In über 100 kurzen Kapiteln erfährt man nun

wirklich fast alles zum Thema Illustra-

rückzugsorte, die einen träumen lassen – präsentiert im Bildband «Hideaways». © knesebeck:

Oben: «der Heuwagen» – abgebildet in «Hieronymus Bosch. das vollständige werk». © museo nacional del prado

links: guido maria kretschmer weiss in «anziehungskraft» rat für jeden Figuren-typ. © guido maria kretschmer

unten: «der heilige antonius wird von Teu-feln angeklagt» – detailabbildung in «Hie-ronymus Bosch. das vollständige werk». © museu nacional de arte antiga

14 | sCHÖne BÜCHer Books nr. 1/2014 sCHÖne BÜCHer | 15

Page 9: Books Magazin

tion: Was gibt es eigentlich für Ausdrucks-formen? Wie wird man Illustrator? Und wie überlebt man in diesem Beruf? Die vielfäl-tigen Techniken und ihre Erfolgsgeheim-nisse werden stets anhand von Vogel- Illustrationen gezeigt: Linolschnitt, Schab-karton, Radierung und so weiter. Dieses Buch ist eine Ermutigung für alle Kreati-ven, ihren eigenen Weg zu gehen. Es eignet sich für alle, die selber illustrieren oder mit dem Gedanken spielen, die Illustration zum Beruf zu machen. Aber auch ich, die keine solchen Absichten hegt, hatte viel Vergnü-gen beim Blättern im Buch: Die Vielfalt der Techniken ist beeindruckend, und ich konnte viel über die Möglichkeiten lernen, wie sich etwas darstellen lässt. Ganz beson-ders gefällt mir auch die Ausstattung des Buchs: Dank seines dicken Leinenrückens fühlt es sich toll an, es wirkt beinahe wie ein handgefertigtes Exemplar von einem Buch-binder.

Wem dieses schöne Buch Lust gemacht hat auf noch mehr Illustrationen, dem sei eine prächtige neue Sammlung nahe gelegt: ‹100 Illustrators›, zwei dicke, grossforma-

HideawaysViNNy lee208 seitenCHF 44.90knesebeck

anziehungskraft – sonderausgabeGuiDo Maria KretSchMer237 seitenCHF 27.90edel

Hieronymus Bosch. das vollständige werkStefaN fiScher300 seitenCHF 135.00Taschen

Illustrationfelix ScheiNBerGer326 seitenCHF 52.90Hermann schmidt

100 IllustratorsJuliuS WieDeMaNN uND SteVeN heller (hrSG.)720 seitenCHF 54.90Taschen

tige Bände im Schuber. Mitherausgeber Steven Heller war 33 Jahre lang Art Direc-tor der New York Times. Zusammen mit Gestalter und Buchautor Julius Wiede-mann hat er 100 prägende zeitgenössische Illustratorinnen und Illustratoren aus der ganzen Welt ausgewählt, darunter auch den Zürcher Andreas Gefe. Sie und ihr Werk werden jeweils auf mehreren Seiten vorgestellt. Ich bin mit der Illustratoren-Szene nicht sehr vertraut, fand es aber sehr spannend, mich durch all die verschiede-nen Stile zu blättern. Dieses Buch empfehle ich allen, die sich irgendwie für Kunst und Illustration interessieren – aber auch all je-nen, die noch ein schönes Buch fürs Bei-stelltischchen benötigen. Denn in diesem Werk schmökern wohl die meisten Men-schen gern.»

es gibt 100 wege, einen vogel zu malen – «Illustration» zeigt sie alle.

Oben: als wär’s auch von Hiero-nymus Bosch: «desolate night, Hell’s kitchen» von Jeremyville, einem der «100 Illustrators» im gleichnamigen Buch.

links: «100 Illustrators» zeigt werke der weltbesten Illustra-toren – zum Beispiel vom new Yorker roberto parada.

mirjam kühnis, 37, leitet die Architek-tur-, Grafik-, Design- und Kunstbuch-Ab-teilung in der Orell-Füssli-Filiale Kramhof Zürich. Neben klassischen Bildbänden bietet die Abteilung auch viele originelle Neuerscheinungen zu sämtlichen Themen rund um Mode, Inneneinrichtung, Fotogra-fie und Style – sowie unzählige Bücher, die sich zum Schenken eignen.

«Dieses Buch empfehle ich allen, die sich irgendwie für Kunst und Illustration interes-sieren – aber auch all jenen, die noch ein schönes Buch fürs Beistelltisch-chen benötigen.»

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16 | sCHÖne BÜCHer Books nr. 1/2014 sCHÖne BÜCHer | 17

Page 10: Books Magazin

Gefangen in GeheimnissenIn Simon Becketts neuem Thriller «Der Hof» kommt seine bekannteste Figur ausnahmesweise nicht vor. Im Mittel-punkt steht statt Dr. David Hunter ein junger Engländer, der auf der Flucht vom Regen in die Traufe gerät: Span-nung mit psychologischem Raffinement.

markus ganz

Der Atem stockt einem schon nach weni-gen Seiten. Der junge Engländer Sean ist auf einer Strasse in Südfrankreich unter-wegs. Es ist erst früh am Morgen, aber be-reits heiss. Sean ist offensichtlich nervös, das Benzin droht jeden Moment auszuge-hen. Er geht zu Fuss weiter und macht Autostopp. Doch einmal merkt er erst im letzten Augenblick, dass ein Wagen der Po-lizei auf ihn zufährt. Er springt über einen Stacheldrahtzaun und flüchtet in den Wald. Das Polizeiauto braust vorbei, doch Sean ruht sich nicht aus. «Ich muss in Bewegung bleiben», sagt er sich – und dies wird er mit gutem Grund auch am Ende der Geschich-te wieder sagen. Sean geht weiter, schreit

plötzlich. Er ist in ein rostiges Fangeisen getreten. Es wurde offensichtlich am Rand eines abgelegenen Bauernhofs ausgelegt, um Menschen fernzuhalten. Sean versucht sich zu befreien, zunehmend hektisch. Doch es gelingt ihm nicht, auch am nächs-ten Morgen nicht, als er bereits fiebrig ist. «Ich schaue meinen Fuss voller Hass an und wünschte, ich könnte ihn wie ein ge-fangenes Tier einfach abkauen», erzählt er. Und tatsächlich beisst er in der Verzweif-lung in sein Bein. Dann fällt er in Ohn-macht.

Trügerische IdylleWas wie ein typischer Thriller begonnen hat, wandelt sich in der Folge stark. Simon Beckett hält die Spannung nicht mit ner-venkitzelnder Action aufrecht, sondern mit einem psychologischen Kammerspiel, das sich zu einem Drama entwickelt. Sean wacht in der Scheune des Hofs auf, wo er von zwei jüngeren Frauen liebevoll ge-pflegt wird. Doch weshalb haben die bei-den ihn nicht in ein Spital gebracht, wes-halb ist die Tür verriegelt? Der Vater der Frauen, Arnaud, erweist sich zudem als Choleriker, der den Fremden nur unter der Bedingung duldet, dass dieser ein Gebäude saniert. Sean akzeptiert und bleibt trotz der beklemmenden Stimmung auch auf dem Hof, als der Fuss einigermassen ver-heilt ist. Er fürchtet noch immer die Polizei. Und dies verbindet ihn überraschender-

Beckett hält die Spannung nicht mit Action auf-recht, sondern mit einem psycho-logischen Kam-merspiel.

weise mit dem Hofbesitzer, der mit Metho-den wie Fangeisen ja sogar alle Aussenste-henden vom Hof fernhalten will. Offensichtlich hat auch Arnaud etwas zu verbergen. Würde er Sean gar nicht mehr gehen lassen, weil dieser unbeabsichtigt zu einem Mitwisser eines dunklen Geheim-nisses geworden ist?

zwei geheimnisse, zwei problemeSimon Beckett erweist sich einmal mehr als meisterlicher Geschichtenerzähler. Er verpackt die Story von «Der Hof» aber nicht als forensisches Rätsel wie in seinen Thrillern mit dem Anthropologen Dr. David Hunter in der Hauptrolle. Er charakteri-siert vielmehr mit psychologischem Fein-gespür seine Figuren, die allesamt in miss-liche Lebensumstände geraten sind. Besonders eindrücklich gelingt ihm die Beschreibung von Sean, aus dessen Per-spektive er die Geschichte erzählt. Span-nender aber ist, wie glaubhaft Simon Be-ckett die Beziehungen der Hofbewohner untereinander aufzeigt. Alle Figuren wir-ken einsam und verloren, gefangen im Ge-heimnis ihrer gemeinsamen Vorgeschich-te. Das Buch bleibt bis zum Schluss span-

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mg. Es sind vor allem die Thriller mit Dr. David Hunter, die Simon Beckett bekannt gemacht haben. Der 1960 geborene Schriftsteller kon-trastiert in dieser Reihe die empfindsame Me-lancholie des forensischen Anthropologen mit der kühlen Unerbittlichkeit des Todes, die sich im Zerfall des Körpers zeigt. Für diese Bücher hat Simon Beckett auf einer «Body Farm» in den USA recherchiert, wo die Verwesung un-ter allen möglichen Bedingungen wissenschaft-lich untersucht wird. Die Beschreibung dieser Prozesse hat sich besonders eindrücklich im Thriller «Leichenblässe» niedergeschlagen. Die Bücher mit Dr. David Hunter wurden in 29 Sprachen übersetzt. Allein «Die Chemie des Todes» hat sich in Deutschland über eine Million Mal verkauft.

Der vierte und bisher letzte Hunter-Thriller erschien 2011 unter dem Titel «Verwesung». Dieses Buch gibt es auch in Kombination mit einer CD der Electro-Classical-Band In The Nursery, die wie Beckett aus Sheffield kommt. Die Band war von der Hunter-Reihe derart fasziniert, dass sie dazu einen spannungsvoll atmospärischen Soundtrack schuf, auf dem stellenweise Simon Beckett Buchausschnitte vorliest. Diese unübliche Zusammenarbeit zwischen einer Band und einem Autor ist nicht so überraschend, denn Beckett war früher nicht nur Immobilienhändler, Hausmeister und Sprachlehrer, sondern auch Perkussionist in mehreren Bands. Neben der Hunter-Reihe hat Simon Beckett fünf weitere Thriller sowie drei Bücher mit Kurzgeschichten veröffentlicht.

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nend, weil man zunehmend auch das Geheimnis von Sean erfährt. Es ist beklem-mend zu lesen, wie der unbescholtene jun-ge Mann damals in England in einen Alb-traum geraten konnte, der ihn schliesslich zur Flucht nach Frankreich zwang. Sean kann auch auf dem Hof nicht verhindern, dass er von der eigenen Vergangenheit ein-geholt wird. Denn es zeigt sich, dass er vor allem auf der Flucht vor sich selbst ist, dass ihn Schuldgefühle plagen.

mitgefühl für wenig sympathischeDie aussergewöhnliche Erzählkraft von Si-mon Beckett zeigt sich besonders in der Schilderung von Beziehungen. Er be-schreibt etwa, wie Sean zu Beginn seines Albtraums neben seiner ihm fremd gewor-denen Freundin auf dem Bett liegt und sin-

niert. «Ich will sie fragen, worüber sie nachdenkt, aber ich schweige. Ich habe Angst, sie könnte es mir erzählen.» Damit fesselt Simon Beckett. Und man entwickelt ein Mitgefühl auch für wenig sympathische Charaktere, weil man ihre Geschichte und deshalb ihr Handeln versteht. Das Fazit von Sean am Schluss aber lautet: «Unter der Oberfläche sind wir alle Tiere.» Keiner von uns wisse, wozu er unter Umständen in der Lage sei. «Wenn wir Glück haben, finden wir es nie heraus.»

«Unter der Oberfläche sind wir alle Tiere.»

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kurz, aber lange nachklingendSie ist schlicht die Schönste auf dem Schul-hof. Davon ist zumindest der 15-jährige Junge überzeugt, der sich 1983 an einem westdeutschen Gymnasium in eine Mit-schülerin verliebt. Diese ist vier Jahre älter als er und deshalb eigentlich unerreichbar für ihn; dessen ist er sich durchaus be-wusst. Und doch schafft er es, dass sie eine innige Beziehung mit ihm eingeht, deren turbulenter Verlauf in Navid Kermanis Ro-man «Grosse Liebe» beschrieben ist.

Er habe damals das erste Mal geliebt und seither nie mehr so gross. Dies behauptet der Erzähler, der dieser Junge vor 30 Jah-ren war. Und er gerät ab dieser Feststel-lung ins Grübeln. Denn die «grösste Liebe seines Lebens» dauerte nur sehr kurz, nicht einmal eine Woche, gerechnet vom ersten Kuss bis zur Trennung. Er habe seit-

her andere Personen über einen sehr viel längeren Zeitraum hinweg und tiefer ge-liebt, zumindest körperlich die Verzückung umfassender erlebt. Der Erzähler räumt denn auch ein, dass gewisse Erinnerungen zum Mythos gehörten, den sein Gedächtnis um diese grosse Liebe ranke.

Es wird auch nie ganz klar, ob Navid Ker-mani mit dem Erzähler und damit mit dem Jungen identisch ist. Der Erzähler erklärt aber, wieso er vom Jungen in der dritten Person spricht. Dies sei mehr als ein litera-rischer Trick, welcher der Verfremdung diene. Der Grund sei, dass er sich im Jun-gen nicht wiedererkenne. Mit einer Mi-schung aus Verwunderung und mildem Spott schildert er, wie dieser «hanswurst-artig vorpreschende Autodidakt von einem Casanova und Hüpfer von einem Kerl» eine beinahe erwachsene Frau eroberte,

die «auf allen Schulhöfen der Welt die Schönste gewesen wäre». Der Erzähler kann sich einer gewissen Verklärung also nicht erwehren. Deshalb gelingt ihm auch nicht, wie geplant allen Stationen dieser Liebesgeschichte gleich viel Platz einzu-räumen. Er gibt selbst zu, dass er zu lange bei der aufkeimenden Liebe verweile und deshalb der unvermeidlichen Phase der Verzweiflung immer weniger Platz bleibe. Und dies, obwohl der Trennungsschmerz wesentlich länger als die Beziehung gedau-ert habe – «in gewisser Weise bis heute, sonst würde ich nicht unsere Geschichte erzählen».

Die Geschichte allerdings gerät immer mehr zur Studie, wie der Autor selbst er-kennt – und wofür er die Leserschaft um Vergebung bittet. Dies hat weniger damit zu tun, dass er den Zeitgeist der frühen

1980er-Jahre im Umfeld der Liebenden schildert, die sich für Friedensinitiativen und gegen eine Stadtautobahn engagier-ten. Vielmehr verknüpft Navid Kermani die Liebesgeschichte mit Weisheiten von ara-bischen und persischen Dichtern und Mys-tikern. Hier zeigt sich, dass der 1967 in Deutschland geborene Schriftsteller Sohn iranischer Eltern und promovierter Islam-wissenschaftler ist. Er vermag überra-schende Parallelen zwischen irdischer und göttlicher Liebe aufzuzeigen – und auch zu relativieren. Besonders gern zitiert er den andalusischen Mystiker Ibn Arabi. Dieser soll im 13. Jahrhundert erklärt haben, dass die Heftigkeit, Kompromisslosigkeit und Kopflosigkeit der jugendlichen Verliebtheit nicht nur den Symptomen nach überein-stimmend sein sollen mit dem «Ertrinken» des Mystikers in der alles überflutenden Liebe des Göttlichen.

liebe, wo sie nicht sein kannMan nennt sie die «Zwillinge», weil sie al-les miteinander tun und einander in vielem so ähnlich sind: die Ich-Erzählerin Beatri-ce und Alfredo. Die beiden wachsen im gleichen heruntergekommenen Block in einem Armenviertel in Italien auf. Alfredos Vater prügelt seine Söhne manchmal halb-tot, und die Eltern von Beatrice waren sel-ber noch halbe Kinder, als sie ihre Familie gründeten. Perspektiven gibt es für die Ju-gendlichen in «La Fortezza» keine; das Le-ben ist elend und freudlos, der Umgang untereinander hart, zuweilen brutal. Alle haben sich einen Panzer aus vermeintli-cher Gleichgültigkeit und Gefühllosigkeit zugelegt.

Zarte Liebe hat es in einem solchen Umfeld schwer, Romantik kann keine aufkommen, denn Liebe macht verletzlich – und verletz-lich zu sein, das kann sich hier niemand leisten. So überspielen Beatrice und Alfre-do die innige Zuneigung, die sie seit jeher für einander hegen, und transformieren sie

in andere starke Emotionen: Streit und Machtkämpfe prägen ihr Verhältnis, zuwei-len schlagen sie einander. Doch immer ist die überwältigende Sensibilität der beiden spürbar. Wenn die beiden aufeinander los-gehen, einander mit Vorwürfen eindecken, um ihre Liebe zu verbergen, möchte man ihnen ständig zurufen: Seht doch, wie ein-fach es wäre – ein Wort, und alles wird gut!

Aber wir wissen ja selber, wie schwer es ist, sich zu öffnen. Und wir können uns leicht vorstellen, wie schwierig es erst in «La Fortezza» sein muss, eine zart knos-pende Liebe zu hegen. Denn die junge Au-torin Valentina d’Urbano bringt uns das Armenviertel, in dem Beatrice und Alfredo nicht zueinander kommen können, sehr glaubwürdig, ohne Sentimentalität oder Kitsch näher. Kein Wunder, dass ihr das gelingt: Die 1985 geborene Italienerin wuchs in Rom in einem Quartier auf, das «La Fortezza» als Vorbild diente.

Alfredo, der einem sehr frühen Tod ge-weiht ist, und Beatrice sind plastische Fi-guren, und ihr Umgang miteinander wird wohl trotz aller Dramatik nicht wenige Le-serinnen und Leser an die eigene erste Lie-be erinnern – an die Zeiten, in denen man sich ungelenk, verunsichert und voller neuer, unheimlicher Sehnsüchte einem Ge-genüber annähern wollte, das vielleicht ebenso ungelenk und verunsichert war, dies aber kaum gezeigt hätte. Valentina d’Urbano erzählt damit eigentlich eine ganz normale Liebesgeschichte in einem ungewöhnlichen Umfeld. Und sie tut dies auf brillante, schnörkellose, messerscharfe und doch poetische Weise. Dieses Buch ist eine Trouvaille.

Äusserst kuriose umständeManchmal fragt man sich schon, wie Über-setzungen zustande kommen: «Letztend-lich sind wir dem Universum egal» ist ein gar kurioser Titel für den neuen Roman des

Erinnerungen an die erste Liebe

Die Jahreszeit der Verliebtheit rückt näher: Auffallend viele neue Bücher beschäftigen sich in diesem Frühjahr mit dem prägenden «ersten Mal». Die Redaktion hat für alle, welche

die Liebe lieben, fünf Empfehlungen ausgewählt.

Geeignet für alle, die: gern an ihre erste grosse Liebe zurückdenken und sie neu einschätzen möchten.Markus Ganz

Geeignet für alle, die: manchmal an der Liebe verzweifeln könnten – also für alle.Marius Leutenegger

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jungen US-Amerikaners David Levithan. Da passt das Original «Every Day» schon viel besser. Denn das Leben der Hauptfigur dieser Geschichte – sie heisst bloss A. – ist every day völlig neu: Aus einem Grund, den wir nicht erfahren, steckt A. jeden Morgen im Körper eines oder einer anderen gleich-altrigen Jugendlichen. Der eigentliche Be-sitzer dieses Körper macht unbewusst Pause, und A. übernimmt dessen Rolle: Je-den Tag hat A. eine neue Familie, ein neu-es Aussehen, neue Freunde und so weiter. A. hat Zugriff auf die Erinnerungen der Person, deren Körper besetzt wird, und kommt daher jeweils recht souverän durch den Tag, benennt alle Leute richtig und weiss, wo die Autoschlüssel liegen.

Das geht lange gut – bis A. eines Tages als Justin erwacht und sich in dessen Freun-din Rhiannon verliebt. A. möchte Rhian-non unbedingt besser kennenlernen. Doch wie soll das gehen, wenn die eigene Seele kein Zuhause hat und einmal in einem un-sicheren Emigrantenmädchen, dann wie-der in einem langhaarigen Rocker steckt? Und der geborgte Körper jeweils Punkt Mitternacht wieder dort sein muss, wo er hingehört? Es gibt nur eine einzige Kons-tante in A.s Leben: einen eigenen E-Mail-Account. Und schon bald erhält Rhiannon eine Mitteilung, die mehr als verstörend ist.

«Letztendlich sind wir dem Universum egal» ist ein Jugendroman. Aber es wäre schade, würde er nur von Jugendlichen ge-lesen – Levithans Idee ist ausgesprochen originell, und der vielfach preisgekrönte Autor beschäftigt sich auf spannende Wei-se damit, was Liebe wirklich ausmacht, was Identität bedeutet, was zum Gefühl von Geborgenheit führt und wie wichtig Urvertrauen ist. Auch wir Lesenden müs-sen Levithan schliesslich einfach vertrau-en, dass seine Idee funktioniert – und das tut sie je länger je besser.

Geeignet für alle, die: gern in fremden Nachttischchen herumwühlen und eine gute Idee zu schätzen wissen.Marius Leutenegger

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BooKSSPeZial

die Opulenz einer erwach-senen FrauAutor John Banville hat sich keine einfache Variante der ersten Liebe vorgenommen: «Billy Gray war mein bester Freund, und seine Mutter war meine erste Liebe. Viel-leicht ist Liebe ein zu starkes Wort, aber ich weiss kein schwächeres, das passen wür-de.» So eröffnet der Autor aus Dublin sei-nen jüngsten Roman «Im Lichte der Ver-gangenheit». Als 15-Jähriger hat Alexander Cleave eine Affäre mit Mrs Gray, wobei er diesen Begriff als erwachsener Erzähler nicht für sonderlich passend hält: «Für mich und auch für sie war das, was wir zusammen taten, viel einfacher, viel ele-mentarer, viel – wenn ich ein solches Wort in diesem Kontext gebrauchen darf – kind-licher als das ehebrecherische Treiben der Erwachsenen.»

Heute steht der Protagonist an der Schwel-le zum Pensionsalter, hat ein erfolgreiches Leben als Schauspieler hinter sich und wirft den Blick aus der Distanz eines gan-zen Lebens zurück auf seine erste Liebe. «Mrs Gray hat mir viele Dinge beigebracht, das Wichtigste und Kostbarste von allen aber war, dem anderen Menschen zu ver-zeihen, dass er menschlich ist.» Diese menschlichen Makel schildert John Banvil-le ohne Scham und falsche Höflichkeit, aber warmherzig und unglaublich aus-drucksstark. Er beschreibt den Körper der begehrten Mrs Gray, aber auch Landschaft und Wetter so fein und plastisch, dass man meint, er wolle das Gesehene malen. Und obwohl die Erinnerungen zum Greifen nah erscheinen, schränkt er sogleich wieder ein, dass es so eigentlich gar nicht gewesen sein könne. «Madame Erinnerung ist eine grosse, raffinierte Simulantin.»

Die Erinnerungen an den Sommer vor 50 Jahren verwebt John Banville mit aktuel-len Ereignissen im Leben von Alexander Cleave: Zu seiner Überraschung wird der Theaterschauspieler, der mit seinem Beruf eigentlich abgeschlossen hat und seine Tage in der Dachkammer seines Hauses verbringt, nämlich angefragt, ob er in ei-nem Film mitspielen wolle. Dieses Projekt und die Begegnung mit seinem jungen Co-Star Dawn Devonport werfen ihn zurück auf den einen grossen Schicksalsschlag, der sein Leben und das seiner Frau Lydia überschattet: Seine Tochter Cass war seit ihrer Kindheit psychisch krank und hatte sich als junge Frau – trotz allem unerwar-tet – ohne Abschied das Leben genommen. «Ich glaube, Cass’ Tod hat uns und unse-rem Zusammenleben eine falsche Last,

eine falsche Ernsthaftigkeit auferlegt. Es war, als hätte unsere Tochter uns durch ihr Fortgehen irgendwie eine grosse Aufgabe hinterlassen, die über unsere Kräfte ging.»

Als Dawn Devonport einen Suizidversuch unternimmt, fühlt sich das für Cleave an, als würde er «beim Schlafittchen gepackt und umstandslos an einen seltsamen Ort befördert. Allerdings einen Ort, den ich nur allzu gut kannte und von dem ich eigent-lich geglaubt hatte, dass ich ihn nie mehr wieder würde betreten müssen; einen furchtbaren Ort.» Vergangenheit und Ge-genwart lassen uns unbekannte Zusam-menhänge vermuten, doch der Autor löst nur wenige davon auf. Es geht ihm nicht um den effektvollen Plot – den hebt er sich für die Thriller auf, die er unter dem Pseu-donym Benjamin Black schreibt.

Geeignet für alle, die: keine einfachen Antworten erwarten und eine reiche Spra-che geniessen.Benjamin Gygax

zwielichtige geschäfte im düsteren schwarzwaldMatthias Nawrats zweiter Roman «Unter-nehmer» dreht sich um ein Familienunter-nehmen der besonderen Art: Der Vater, die 14-jährige Lipa und ihr kleiner, einarmiger Bruder Berti verdienen ihr Geld damit, aus leerstehenden Fabriken mechanische Teile zu entwenden. Von diesen Fabriken scheint es dort, wo der Roman spielt, genügend zu geben – in einer düsteren, fast schon post-apokalyptischen Version des Schwarz-walds. Das «Klimpergeld» fliesst. Doch dann erwächst dem kleinen Familienun-ternehmen Konkurrenz, die Preise sinken, und nur der «grösste Spezialtag von allen» – ein extrem riskanter Beutezug – kann den grossen Traum einer Auswanderung nach Neuseeland noch retten.

Lipa hat andere Träume als die Auswande-rung. Anfangs drehen sich diese noch um den schönen Pius, doch bald schon tauscht sie mit dessen Kumpel, dem langen Nasen-

Im lichte der vergangenheitJohN BaNVille336 seitenCHF 29.90kiepenheuer & witsch

Timo, erste schüchterne Küsse aus. Das junge Glück wird auf die Probe gestellt, als Timo mit Lipa flüchten will. Ein altes, zer-fleddertes Buch lässt den Jungen glauben, der Schwarzwald sei noch lebensfeindli-cher, als er schon ist, und die Flucht bleibe als einziger Ausweg.

Wer erwartet, diese junge Liebe als emoti-onsgeladenen Bildersturm geschildert zu bekommen, wird enttäuscht. Statt als überwältigendes Gefühlswirrwarr be-schreibt Nawrat die intimen Momente von Lipa und Timo als nüchterne Alltagshand-lungen. Diese Nüchternheit in der Sprache zieht sich durchs ganze Buch und hat ihre Logik – jene des Unternehmertums, in dem der Vater seine zwei Kinder gefangen hält. «Die Familie ist eine Kapitalgesellschaft, hat Vater mir einmal erklärt», bemerkt Lipa gegen Ende des Buchs. Und so kann man diesen Roman auch als eine Parodie auf eben dieses Unternehmertum lesen – ein Unternehmertum, dem die Familie selbst ihre Gesundheit unterordnet.

Wie absurd die vom Vater aufgebaute Rea-lität ist, zeigt sich in den Beschreibungen von Lipa, die als Ich-Erzählerin auftritt. Oft fragt man sich als Leserin oder Leser, was der spätkindlichen Fantasie der Teenage-rin entspringt – und was wirklich ist. Das wirkt zuweilen etwas verwirrend, macht aber letztlich auch den Reiz dieses Romans aus.

Geeignet für alle, die: einen verstörenden Blick auf eine düster verzerrte Realität werfen möchten.Thomas Mäder

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Für jede Stadt die richtigen Tipps

Städtereisen sind beliebter denn je. Und damit niemand seine Reise ahnungslos und unvorbereitet antreten muss, gibt es für fast jede be-liebige Destination mittlerweile eine Vielzahl von Städtereiseführern. Die einen vereinen auf klassische Weise allerhand Informationen und Tipps, andere wiederum verfolgen originellere – zuweilen aber nicht unbedingt praktischere – Ansätze.

Reiseführer für den

spezIal – städtereisen | 23 22 | ersTe lIeBe Books nr. 1/2014

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Stadtluft macht SpassJede Stadt hat ihre ganz besondere Atmosphäre. Heute kann man diese während eines Wochenendtrips erleben. Es ist allerdings noch gar nicht lange her, dass die berühmten Städte der Welt für die meisten Menschen unerreichbar blieben.

erik Brühlmann

Herbert Grönemeyer lobte «Bochum» in den höchsten Tönen, Frank Sinatra wid-mete «New York, New York» eine unver-gessliche Hymne, und die britischen Punks «The Clash» hörten «London Calling»: Städte üben schon seit je eine Faszination auf die Menschen aus. Sie sind Zentren der Macht, der Kultur und des Gelds – kein Wunder also, dass frühe «Städtereisen» oft die Gestalt von Feldzügen hatten, bei de-nen man nicht in einem 5-Sterne-Hotel, sondern im Biwak vor den Stadtmauern wohnte.

götter, spiel und spassNatürlich gab es schon früh Städtereisen mit weniger martialischer Motivation. Wallfahrten zu den Tempeln der Götter, die sich in den grossen Städten befanden, wur-den bereits im alten Ägypten, im antiken Griechenland und Rom unternommen. Aber auch Sportveranstaltungen wie die Olympischen Spiele zogen Städtereisende an. Selbstredend waren es vor allem die wohlhabenden Bürger, die sich solche Ver-gnügungsreisen zu Pferd oder gar mit ei-nem Gespann leisten konnten. Dabei entwi-ckelten sich besonders günstig und malerisch gelegene Städte wie zum Beispiel Pompeji zu regelrechten Treffpunkten der Reichen und Schönen: Das lokale Amphi-theater fasste bis zu 20‘000 Zuschauer, und fast an jeder Ecke fanden sich Tavernen, Herbergen, Imbissstände und Bordelle.

mittelalterliche reisepauseDer Untergang des römischen Reichs legte auch den frühen touristischen Reisever-kehr lahm, denn das bestens ausgebaute Strassensystem in Westeuropa zerfiel. Bis ins Mittelalter hinein blieb Reisen ein Pri-vileg der Reichen, und wer sich die Mühe machte, nach Venedig, Rom oder Wien zu reisen, befand sich meist auf religiöser, po-litischer oder geschäftlicher Mission – oder auf einer Bildungsreise. So wurde es im Spätmittelalter bei Intellektuellen und Künstlern beispielsweise zur Tradition, die antiken Stätten in Italien zu besuchen. Da-raus entwickelte sich ab dem 17. Jahrhun-

dert bei den Adligen die so genannte Grand Tour: ein Initiationsritus, der den jungen Adligen den letzten Schliff geben sollte. Auf dem Programm standen Wien, Paris, Rom, Florenz, Neapel, Berlin, Weimar und Rot-terdam – Städte mit kultureller, architekto-nischer oder intellektueller Tradition.

raus aus der stadt!Interessanterweise waren Städtereisen so ungefähr das Letzte, was die Begründer der modernen Tourismusbewegung im Sinn hatten. Ziel der Touristen des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts war es nämlich, eben diesen Städten und ihrer nie versiegenden Geschäftigkeit zu entfliehen und die Stille der Natur zu geniessen. Erst als das Reisen auch für gemeine Bürger erschwinglich wurde, wurden Städte als Ziele für Vergnügungsreisen wieder be-liebt. Endlich wurde es möglich, das Flair und das pulsierende Leben der Städte, von denen man sonst nur hörte oder las, am eigenen Leib zu erfahren!

zeigen, wo’s langgehtDa kam es den Reisenden wie gerufen, dass ein Buchhändler namens Karl Baede-ker 1835 die Geschichte der Reiseführer begründete. Die «Rheinreise von Mainz bis Cöln» wurde ein so grosser Erfolg, dass bald darauf eine Moselreise und weitere Führer durch Holland, Belgien, Österreich und die Schweiz folgten. Pünktlich zur Weltausstellung 1855 zeigte Karl Baedeker den Reisenden auch, wo es in Paris lang-geht und was man gesehen haben muss. Beliebt waren die Baedeker-Führer vor al-lem wegen ihrer Präzision: Die Treppen zum Turm des Mailänder Doms soll Baede-ker mithilfe von Erbsen gezählt haben. Auf dem Weg nach oben wanderte pro Stufe eine Erbse von der Westentasche in die Ho-sentasche; auf dem Weg nach unten verlief die Gegenprobe in umgekehrter Richtung.

nebenbei geschriebenDie Ära der modernen Reiseführer begann in den 1970er-Jahren, als erkundungs-freudige «Hippies» einfach ihren Krempel

zusammenpackten und sich aufmachten, die Welt zu bereisen. Manch einer wurde auf diese Weise nebenbei zum Reisebuch-autor. Die beliebte Reihe «Lonely Planet» entstand beispielsweise, als Tony und Maureen Wheeler in den Flitterwochen mit dem Rucksack durch Afghanistan, Indien, Ostasien und Australien trampten. Als ih-nen das Geld ausging, schrieben sie ihre Reiseerlebnisse in Buchform nieder und reicherten sie mit Tipps für junge Ruck-sacktouristen an. Das Buch verkaufte sich so gut, dass sich das Paar weitere Reisen damit finanzieren konnte.

alles an einem OrtHeutzutage sind längere und kürzere Trips nach London, Paris oder Madrid schon fast alltäglich. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Städte sind zumeist schnell und ein-fach zu erreichen; eine Unterkunft findet sich leicht; kulturelle Attraktionen wie Mu-seen, berühmte Gebäude und Monumente liegen dicht beieinander; Veranstaltungen aller Art können quasi an jeder Ecke be-sucht werden. Alles ist in ungezählten Rei-seführern minutiös beschrieben, sodass sich langwierige Reiserecherchen im Vor-feld mittlerweile eigentlich erübrigen. Was liegt also näher, als die berühmte Wiener Kaffeehauskultur kennenzulernen, in Bar-celona ein Fussballspiel zu besuchen oder sich im Kolosseum in Rom vorzustellen, wie schwer gepanzerte Gladiatoren um Ehre und Leben kämpften? Schliesslich kann man sich heute einfach ins Flugzeug setzen und muss nicht erst eine wochen-lange Anreise zu Pferd auf sich nehmen!

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24 | spezIal – städtereisen Books nr. 1/2014 spezIal – geschichte | 25

Direkt am Puls der Stadt.

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Man sieht nur, was man weiß.

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Mind the Gap!London ist noch immer die beliebteste Destination für Städtereisen-de in Europa. Grund genug, in der Orell-Füssli-Filiale Kramhof in Zürich zu überprüfen, ob die Reiseführer für London ebenso vielfäl-tig sind wie die Metropole selbst.

erik Brühlmann

Im Vergleich mit Schweizer Städten ist London eine Mega-City: Knapp 8,5 Millio-nen Menschen leben auf 1572 Quadratki-lometern in 33 Stadtbezirken – also etwa so viele Menschen wie in der ganzen Schweiz. Wer diesen Moloch als Tourist er-kunden und dabei mehr als nur die übli-chen Sehenswürdigkeiten erleben will, tut gut daran, einen Blick in einen der vielen Stadtereiseführer auf dem Markt zu werfen.

die klassikerUmfangreich präsentiert sich «London» von Lonely Planet, ein Klassiker unter den Stadtereiseführern. Neben den üblichen In-formationen über die Stadt und deren Be-wohner, Karten, einem U-Bahn-Plan und den wichtigsten Adressen und Tipps für den London-Aufenthalt bietet das Buch noch ei-nige spezielle Kapitel. Die «Top 16» listen kompakt die interessantesten Sehenswür-digkeiten auf, «Gut zu wissen» hilft bei der Reisevorbereitung. Der zweite Klassiker, der hier natürlich nicht fehlen darf, ist der Baedeker-Reiseführer «London». In be-währter Tradition und Qualität sind hier alle wissenswerten Informationen für Hauptstadttouristen vereint, angereichert mit Bildern, Übersichtskarten und einem Stadtplan. Für welchen Klassiker man sich entscheidet, ist letztlich Geschmacksache.

london für sparfüchseDie englische Hauptstadt ist ein teures Pflaster. Allerdings lässt sich die Stadt an der Themse auch mit wenig Geld erkunden. Wie das geht, zeigt «London» aus der Low-Budget-Reihe von Marco Polo. Das Büch-lein mit City-Atlas passt in jeden Rucksack und verrät, wie und wo man als Tourist Geld sparen kann. Aufgelistet werden Museen mit freiem Eintritt, Adressen für gutes und günstiges Essen und Schlafen, Bezugsmög-lichkeiten für Rabattgutscheine und speziel-le Aktionen wie zum Beispiel die Gratisfüh-rungen der Tate Modern zwischen 11 und 15 Uhr. Zudem zeigt der Reiseführer auch Möglichkeiten, die teuren Sehenswürdig-keiten auf eine günstigere Art zu erleben.

london für FussgängerIn der Themsestadt sind die Distanzen rie-sig. Deshalb bewegt man sich bevorzugt mit der U-Bahn, dem Taxi oder mit dem Bus von A nach B. Schade eigentlich, denn auch zu Fuss lässt sich die Stadt wunder-bar erleben. Ganze 30 Stadtwandertouren sind zum Beispiel in «London zu Fuss ent-decken» zusammengestellt. Zu jeder Tour gibt es den entsprechenden Kartenaus-schnitt mit eingezeichneter Route, eine ge-naue Wegbezeichnung und ein Minimum an interessanten Fakten zu den einzelnen Wegpunkten.

london für InsiderSie haben den Big Ben schon läuten gehört, sind bei Madame Tussaud’s stundenlang in der Schlange gestanden und kennen selbst die letzte Schraube der «HMS Belfast»? Dann wird es Zeit für Insider-Tipps! Über hundert touristisch selten erforschte Ört-lichkeiten hält «111 Orte in London, die man gesehen haben muss» von John Sy-kes parat. Auf jeweils einer Doppelseite werden hier Orte vorgestellt, die selbst er-fahrene London-Fans vielleicht noch nie gesehen haben: von der Apothecaries’ Hall über den ehemaligen Armen- und Prostitu-ierten-Friedhof Crossbones Graveyard und den legendären London Stone bis zum Pub «Ye Olde Mitre».

london für städteführermuffelEs soll ja Touristen geben, die mit Städte-führern nichts anfangen können. Denen seien zwei Bücher aus dem reichhaltigen London-Angebot ans Herz gelegt: «Ge-brauchsanweisung für London» von Ro-land Reng erkundet die Stadt über viele kleine Geschichten. Reiseführertypische Karten, Infoboxen und Checklisten sucht man hier vergeblich. Im Vordergrund steht der Lesespass. Und ganz nebenbei erfährt man, wie die pulsierende Stadt und ihre Bewohner ticken und wo man vielleicht beim nächsten Besuch einmal vorbei-schauen sollte. Einen ganz ähnlichen An-satz verfolgt Gerhard Elfers mit «111

Gründe, London zu lieben». Seine 111 Kurzgeschichten sind eine Liebeserklä-rung an die Themsestadt und enthalten eine ganze Menge nützlicher Informatio-nen. Nur sind diese eben nicht übersicht-lich und praktisch in Listen verpackt, so-dass das Buch wohl eher etwas für Fans als für Wochenendreisende ist.

londonDaMiaN harPer495 seitenCHF 34.90lonely planet

londonraiNer eiSeNSchMiD392 seitenCHF 37.90Baedeker

londonKathleeN BecKer159 seitenCHF 14.90marco polo

111 Orte in lon-don, die man gese-hen haben mussJohN SyKeS230 seitenCHF 22.90emons

london zu Fuss entdeckenJoSePhiNe GreVer 159 seitenCHF 17.90polyglott

gebrauchsanwei-sung für londonrolaND reNG208 seitenCHF 24.90piper

111 gründe, lon-don zu liebenGerharD elferS344 seitenCHF 15.90schwarzkopf & schwarzkopf

spezIal – london | 2726 | spezIal – üBerBlick Books nr. 1/2014

Der erste Reiseführermit

Mini-Kochbuch!

ISBN 978-3-7342-0011-3ISBN 978-3-7342-0002-1

REISEN MIT GUTEM BAUCHGEFÜHLmit der erfolgreichsten Reiseführer-Reihe der Welt.

3 31von neuen Vis-à-Vis-

Reiseführern

Detaillierte Informationen zu den Vis-à-Vis-Reise-führern fi nden Sie auf www.dorlingkindersley.de oder auf www.facebook.com/visavis.reisen.

Schön anzusehen – klares, übersichtliches und zeitgemäßes Design

Urlaub erleben – mehr Tages- und Thementouren, neue Hotel- und Restaurantlisten

ISBN 978-3-7342-0001-4

DK_010_1-1_Books RZ.indd 1 28.01.14 18:11

Page 15: Books Magazin

«Books»: Wohin führte Sie Ihre letzte Städtereise?Doris Giesemann: Als ich im letzten Frühling beruflich in London war, konnte ich den Anlass nutzen, und mir an einem verlängerten Wochenende endlich wieder einmal die Stadt anschauen. Londons Pracht fasziniert mich immer wieder. Trotz der Grösse kann man viel zu Fuss unternehmen. Ein Geheimtipp für Spa-ziergänger ist zum Beispiel ein Spazier-gang von Little Venice den Regent Canal entlang bis ins Punkerviertel Camden.

Solchen Entdeckungstouren wurde in der Neuauflage der Vis-à-Vis-Reisefüh-rer mehr Platz eingeräumt ...Wir wollten unsere Reiseführer noch ein-mal rundum erneuern und natürlich auch verbessern – und darum haben vermehrt auch besondere Themen einen Platz im Buch: Genuss- und Kulturtouren oder Tipps für Familien. Um ein wenig Platz zu sparen, haben wir gleichzeitig die Menge der Hotelempfehlungen etwas reduziert.

Ist das kein Verlust?Mittlerweile informieren sich die meisten Leute im Internet über Hotels. Auch ich hatte mein Hotel in London übers Internet gesucht und gebucht. Wir haben unse-re Hotelempfehlungen daher qualitativ verändert: Sie sind persönlicher abgefasst und bieten Zusatzinformationen, wie man beispielsweise als Rollstuhlfahrer das beste Hotel findet. Zudem haben wir die Tipps für Restaurants und Bars ausgebaut und ebenfalls attraktiver gestaltet.

Die auffälligste Neuerung ist, dass den Reiseführern ein kleines Kochbuch mit regionalen Spezialitäten beiliegt. Wie ist diese Idee entstanden?Aufgrund eines logischen Prozesses – denn unser Verlag ist ja nicht nur mit Reiseführern, sondern auch mit Kochbü-chern sehr erfolgreich. Analysen aus der

«Essen ist das wichtigste Ferienerlebnis!»

Doris Giesemann ist Vertriebs- und Marketingleiterin bei Dorling Kindersley. Der Verlag veröffentlicht die weltweit erfolgreichste Rei-seführer-Reihe «Vis-à-Vis», die es seit genau 20 Jahren gibt. Sie will nicht nur in Städte und Länder, sondern auch an den Herd locken.

Thomas mäder

Tourismusbranche zeigen, dass das Essen für viele Reisende das wichtigste Erlebnis in den Ferien ist – noch vor der Kultur. Daher dachten wir uns: Das müssen wir verbinden. Viele holen sich später gern die Ferien noch einmal kulinarisch nach Hause – oder wollen sich mit einem typi-schen Essen schon einmal aufs Reiseziel einstimmen. Und das können die Leserin-nen und Leser der Vis-à-Vis-Bände nun bequem tun.

Geht es eher um die besonders typi-schen Gerichte – oder um solche, die auch wirklich jeder und jede nachko-chen kann?Wir bieten eine runde Mischung für Anfänger und Fortgeschrittene. Der Fokus aber liegt natürlich auf besonders typi-schen Gerichten, das ist ja das Konzept des Mini-Kochbuchs.

Rezepte haben den Vorteil, dass sie stets aktuell bleiben. Das ist bei vielen Angaben in einem Städtereiseführer anders. Hat man da gegen die Konkur-renz aus dem Internet überhaupt noch eine Chance?Ja, und das belegen auch die Umsatz-zahlen. Im vergangenen Jahr stiegen die Umsätze bei gedruckten Reiseführern um 7,5 Prozent.

Worauf führen Sie zurück, dass die gedruckten Reiseführer vom Internet nicht verdrängt werden?Im Internet muss man sich erst alle Informationen mühsam zusammensu-chen, man wird regelrecht von Tipps überschwemmt, alles braucht viel Zeit – und dann hat man noch nicht einmal eine Garantie für die Qualität der Tipps oder Bewertungen. Bei einem Reise-führer hat schon jemand eine Filterung vorgenommen und man erhält geprüfte Informationen. Der gedruckte Reiseführer führt durch die Reise, nimmt einen an die

Hand und strukturiert. Das wollen viele Reisende.

Eine Reiseführer-App hat diese Nach-teile nicht ...Richtig. Dennoch führen App- und E-Book-Produkte nach wie vor ein Ni-schendasein. Womöglich ändert sich das aber noch: Die Kolleginnen und Kollegen unseres Mutterhauses in London witzeln immer, sie würden deutschsprachige Touristen daran erkennen, dass diese noch mit einem Stadtplan nach ihrem Ziel suchten. Die Engländer zücken da eher das Smartphone oder das Tablet. Aber das sind vielleicht auch einfach kulturelle Unterschiede im Umgang mit der Technik.

Aber bezüglich Aktualität kann ein Buch wohl kaum mit dem Internet mit-halten ...?Das stimmt. Wir veröffentlichen etwa alle ein- bis eineinhalb Jahre eine Neuauflage unserer Städtereiseführer. Das ist natürlich ein enormer Aufwand, aber ich bin immer wieder überrascht, wie viel nach bloss einem Jahr wieder geändert werden muss. Vieles bleibt aber auch unverändert – etwa die wichtigsten Sehenswürdigkeiten.

Mit welchem Städtereiseführer planen Sie Ihre nächste Reise?Mit dem neu aufgelegten Barcelona-Reise-führer. In diese Stadt will ich unbedingt!

«Vis-à-Vis» ist mit rund 40 Millionen verkauften Exemplaren die weltweit erfolgreichste Reiseführer-Reihe. Zum 20-Jahr-Jubiläum der Reihe wird sie neu lanciert. Neu liegt allen Reiseführern ein Mini-Kochbuch bei, ausserdem wurde den Tages- und Thementouren mehr Platz eingeräumt und das Layout aufgefrischt.

Doris Giesemann von Dorling Kindersley: «Bei einem gedruckten Reiseführer hat schon jemand eine Filterung aller Informati-onen vorgenommen.»

BuCHTIpps | 29 28 | spezIal – interView Books nr. 1/2014

3 in 1 – Karte, Tourenführer und Fotos

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age.

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NEU

Ein neuartiges Produkt Eine Wanderkarte im Massstab 1: 50 000 mit 33 Wandertouren

Diese neuen Wanderkarten auf wasser- und reissfestem Papier präsen-tieren attraktive Vorschläge und verschaffen den raschen Überblick über die geplante Tour. In Zusammenarbeit mit Geo-Tracks haben wir alles Wissenswerte über die schönsten Wanderregionen der Schweiz in diese Karten einfliessen lassen: Wichtige Angaben über Höhenprofile, Zeitan-gaben der Wanderung, Restaurants, Autobus und vieles mehr! Als weiteres Highlight können Sie Ihre Karte kostenlos auf Ihr Smartphone laden. Durch die GPS-genaue Position in der Karte wissen Sie jederzeit, wo Sie sich genau befinden.

www.swisstravelcenter.ch

Wanderkarten mitTourenvorschlägen

33 Wandertouren mit:

Schwierigkeit der Tour (Wanderwege für Anfänger bis sehr anspruchsvolle Alpinwanderwege); Gesamthärte der Tour (unter Berücksichtigung von Länge, Höhendifferenz und Schwierigkeit); Tourendistanz; Höhenmeter (Gesamt- Höhenunterschied der Haupttour); Zeitbedarf; Höchster Punkt.

Nr. 1 Zürcher Oberland

Nr. 2 Appenzellerland, Säntis

Nr. 3 Heidiland, Flumserberge

Nr. 4 Jungfrau Region, Grindelwand

Nr. 5 Saanenland, Adelboden-Lenk

Nr. 6 Aletsch-Goms, Brig

Nr. 7 Oberengadin, Bernina

Nr. 8 Region Lugano, Mendrisiotto

Inserat 4-f. Books Nr1_OFT_2014.indd 1 27.01.14 09:15

Page 16: Books Magazin

432 Seiten

chf 15.90

aufbau Verlag

iSBN 978-3-7466-3015-1

Bennie Griessel muss ein Blutbad

verhindern. ein mysteriöser hecken-

schütze schiesst in Kapstadt einen

Polizisten an und droht damit, jeden

tag einen weiteren Polizisten ins

Visier zu nehmen. Die attentate

sollen erst dann stoppen, wenn der

Mörder einer jungen anwältin vor

Gericht gebracht wird. Doch die

Polizei tappt bei diesem Mordfall im

Dunkeln.

Während Bennie Griessel unter

hochdruck ermittelt, ist auch in

seinem liebesleben einiges in Be-

wegung. Nachdem die Beziehung zu

seiner frau gescheitert ist, hat er eine

neue liebe gefunden: zu einer einst

erfolgreichen Sängerin, die wie er

dem alkohol verfallen war und

nun an ihrem comeback arbeitet.

«Sieben tage» erscheint erstmals als

deutsches taschenbuch.

DeoN Meyer

sieben Tage

einem Professor wird auf offener

Strasse die Kehle durchgeschnitten.

ein blinder Bettler flieht mit dem

Smartphone des Wissenschaftlers,

auf dem sich sensible Daten be-

finden. Der blutige Mordfall ist von

europäischer tragweite, und deshalb

wird Paul hjelm eingeschaltet – der

chef der europol-Gruppe opcop.

Seine ermittlungen führen ihn in

einen Kampf gegen die mächtige

energie-lobby. es ist ein Kampf, bei

dem Paul hjelm alle seine Prinzipien

über Bord werfen muss. Selbst seinen

alten freund Gunnar Nyberg, der

sich längst auf eine griechische insel

zurückgezogen hatte, muss hjelm in

Gefahr bringen.

«Neid» ist nach «Zorn» und «Gier»

der dritte Krimi des schwedischen

romanautors arne Dahl über die

inoffizielle europol-ermittlergruppe

opcop und deren chef Paul hjelm.

arNe Dahl

neid

512 Seiten

chf 25.90

Piper

iSBN 978-3-492-05537-6

656 Seiten

chf 36.90

unionsverlag

iSBN 978-3-293-00469-6

auf einer auktion in london taucht

2007 ein bislang unbekanntes chris-

tus-Porträt von rembrandt auf. Die

Kunstwelt ist aus dem häuschen, doch

das Bild wirft viele fragen auf, etwa

nach dem eigentümer des Werks.

Mario conde schaltet sich ein – der

Polizist aus dem «havanna-Quartett»,

das den kubanischen autor leonardo

Padura weltberühmt machte.

conde versucht die Geheimnisse des

Gemäldes zu ergründen. Die Spur

führt durch die Jahrhunderte und um

die ganze Welt. Der Polizist stösst auf

die Geschichte eines jungen Juden, der

einst als Schüler von rembrandt in

den Besitz des Bilds gelangte. und er

erfährt vom Schicksal einer jüdischen

familie im Zweiten Weltkrieg, die sich

mit dem Bild die einreise nach Kuba

sichern wollte.

leoNarDo PaDura

ketzer

139 Seiten

chf 22.90

Kümmerly+frey

iSBN 978-3-259-03723-2

alle, die lieber cervelat statt Sushi

essen und die Picknickdecke auf einer

grünen alpwiese der tischdecke

in der heimischen Stube vorziehen,

werden dieses Buch mit zugehöriger

faltkarte lieben: es stellt 120 Picknick-

und Grillplätze der Schweiz vor. Da

dürfte für alle outdoor-Gourmets

etwas dabei sein: für die liebhaber

des einfachen Picknicks genauso wie

für jene des stilvollen Mahls in freier

Natur, für Wanderer wie für Velofah-

rer, für alpenpanorama-Bewunderer

und Seeufer-romantiker. Damit das

Picknick ganz sicher ein erfolg wird,

gibt’s zusätzlich tipps zum richtigen

feuermachen, viele rezepte und

sogar eine entscheidungshilfe bei der

wichtigen frage: Picknickkorb oder

Picknick-rucksack?

rayMoND Maurer

picknick und grill in der schweiz

Wer auf jedem campingplatz im

europa-campingführer von acSi eine

Nacht verbringen wollte, müsste fast

25 Jahre ferien machen: Das Buch

stellt 8500 Plätze in 30 ländern vor.

Die Porträts sind umfassend und wer-

den auf aufwändige Weise erstellt:

über 300 campingplatz-inspektoren

von acSi durchqueren jedes Jahr

europa, um die Plätze auf herz und

Nieren zu prüfen. entsprechend

aktuell und fundiert sind denn auch

die informationen. in der diesjährigen

ausgabe des zweibändigen Werks

neu hinzugekommen sind Plätze

in estland, lettland, litauen und

rumänien. eine beigelegte DVD mit

integriertem routenplaner, Videos

sowie links auf die Websites der

Plätze erleichtert die Vorbereitung auf

den campingtrip.

aCsI Internationaler Campingführer europa 2014

1368 Seiten

chf 39.90

hallwag

iSBN 978-3-905755-55-8

chf 19.90

hallwag

iSBN 978-3-8283-1021-6

Dieses Jahr kommt die offizielle

Strassenkarte von Schweiz tourismus

im digitalen Zeitalter an. auf der

Karte ist neu ein Download-code

abgedruckt – damit findet sie künftig

nicht nur im Seitenfach der autotür

Platz, sondern auch auf dem Smart-

phone. Die Verbindung von analog

und digital geht aber noch weiter: Mit

dem Smartphone können sogenann-

te Beetaggs gescannt werden, um

entfernungsangaben zu erhalten.

Dazu kommen transitpläne, ein

ortsindex, touristische informationen

und angaben zu Sehenswürdigkeiten.

alle informationen sind wie gewohnt

aktuell, übersichtlich dargestellt

und überzeugen durch die einfache

handhabung.

schweiz 2014 – Offizielle strassen-karte schweiz Tourismus

512 Seiten

chf 29.90

hallwag

iSBN 978-3-8283-0799-5

«Navi» ist die Kurzform von Naviga-

tor und meint heutzutage natürlich

ein elektronisches Gerät, das einen

zielsicher an den gewünschten ort

bringt. Dass der klassische Navigator

in form eines Strassenatlas’ trotzdem

noch nicht ausgedient hat, beweist die

Neuauflage des europa-Strassenatlas

von hallwag. auf geballten 512 Seiten

bietet das Werk Karten jedes Winkels

des Kontinents sowie 59 Stadt- und 30

transitpläne. Wer die übersichtlich-

keit einer analogen Strassenkarte auch

in digitalen Zeiten nicht missen will, ist

mit diesem referenzwerk also bestens

bedient. und die digitale ergänzung

wird auch gleich mitgeliefert – im

Kaufpreis inbegriffen ist ein code, mit

dem sich die europa-Strassenkarte

1:800‘000 auf das Smartphone laden

lässt.

navigator europa-strassen- atlas

160 Seiten

chf 26.90

DuMont

iSBN 978-3-8321-9742-1

irgendwo tief im europäischen Wald

begegnen sie einander: Grenzgänger,

Schmugglerinnen, flüchtlinge, arbei-

terinnen, asylbewerber, Kontrolleure,

Künstlerinnen, instrumentalistinnen,

Schauspieler, Journalisten, Stipendia-

ten, logistiker, Studentinnen, Geister.

Sie kommen von überall. Sie alle sind

Stellvertreter unserer Zeit, und sie

führen ein Gespräch. über herkunft

und Gerechtigkeit, über Körper und

Staat, import und export, heimat und

Migration, über Glück, Musik und den

tod.

Mit ihrem Debütroman «einladung an

die Waghalsigen» erregte die junge

Schweizer autorin Dorothee elmiger

2010 grosses aufsehen. Das Buch

wurde mit zahlreichen Preisen ausge-

zeichnet. in ihrem neuen Werk leuchtet

Dorothee elmiger die brisanten fragen

unserer Gegenwart aus.

Dorothee elMiGer

schlafgänger

30 | BuCHTIpps Books nr. 1/2014 BuCHTIpps | 31

Page 17: Books Magazin

Kommen wir zum zweiten Titel, über den wir heute reden – zu jenem, der Dario in unsere Runde eingebracht hat: «Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten». Das Buch hat auf der ganzen Welt geradezu enthusiastische Kritiken erhalten.DW: Den Originaltitel finde ich aber weit besser als die deutsche Version: «Don’t Ever Get Old». Die Übersetzung erinnert an «Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand», und dadurch könnte der Eindruck entstehen, das neue Buch sei ein Abklatsch dieses Bestsellers, eine billige Annäherung. Dabei ist «Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten» etwas ganz anderes. Die Geschichte spielt in den USA. Hauptfigur ist der 87-jährige Buck Schatz, ein zynischer, arroganter Ex-Polizist – ein richtig harter Hund, der einst seine Fälle mit dem Revolver löste und jetzt nur noch daheim sitzt, Unmengen von Zi-garetten raucht und Fernsehserien schaut. Eines Tages erzählt ihm ein sterbender Kollege im Krankenhaus ein Geheimnis: Nach Kriegsende habe er einem Nazi ge-holfen, mit einem Goldschatz zu entkom-men. Dieser Nazi, Heinrich Ziegler, lebe in den USA. Gleich nach dieser Erzählung stirbt der Freund – und Buck macht sich nach langem Zögern und mysteriösen Vorfällen mit seinem Enkel Tequila auf die Suche nach Ziegler und dem Goldschatz. Dieser wird aber auch von anderen gejagt.

Das klingt nach einem Plot, mit dem man auch ein durchschnittliches Buch schreiben könnte. Was zeichnet denn den Roman von Daniel Friedman aus?BZ: Mir hat der Humor extrem gut gefallen. Dieser 87-Jährige, der sich über alles hinwegsetzt, hat mich an Helmut Schmidt erinnert, der sich auch um viele Regeln foutiert. Ich habe das Buch in einem Stück durchgelesen, weil es so unterhaltsam ist. Der Autor klopft unvergleichliche Sprüche und beschreibt alles sehr bildhaft und wortgewaltig. Es gibt aber auch traurige Geschichten; beeindruckt hat mich zum Beispiel das Verhältnis von Buck und sei-ner Frau Rose. DW: Der Humor ist wirklich aussergewöhn-lich – weil er auch das, was wir als «typisch amerikanisch» bezeichnen würden, auf die Schippe nimmt. Geschrieben ist das Buch generell sehr gut, es liest sich flüssig, die Geschichte führt einen nicht auf zu viele Nebengeleise und ist logisch aufgebaut.

Ist das Buch denn ein Thriller, als das es angeboten wird?BZ: Ich würde sagen: eine Thrillerkomö-

Books: Bettina, du hast «Der Geschmack der Sehnsucht» mitgebracht. Wie bist du auf dieses Buch gekommen?Bettina Zeidler (BZ): Mein Interesse wurde durch das wunderschöne Cover geweckt – und weil das Buch auch sonst sehr schön aufgemacht ist.

Worum geht’s?BZ: Die Geschichte beginnt während des Vietnamkriegs. Das Mädchen Man wird im allgemeinen Chaos von einer Familie zur nächsten geschoben. Und es lernt: Du musst deine Identität aufgeben und darfst niemals auffallen, wenn du überleben willst. Schliesslich wächst Man bei ihrer dritten «Mutter» heran, einer Lehrerin. Diese Frau arrangiert für die junge Frau dann auch eine Ehe mit einem älteren, wohlhabenden Vietnamesen, der in Mont-real ein Restaurant führt. Man beginnt, zurückgezogen und ziemlich isoliert in dessen Küche zu arbeiten. Dabei kann sie all das Wissen nutzen, dass ihr ihre Mütter weitergegeben haben. Schliesslich kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung: Man lernt Julie kennen, die das Potenzial der jungen Frau erkennt und mit ihr ein Kochbuch zu schreiben beginnt. Bis anhin war Man äusserst gefügig; um jeden Streit von vornherein auszuschliessen, hat sie zum Beispiel ihrem Mann jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Jetzt lernt sie aber, ihren eigenen Wünschen und Sehn-süchten nachzugehen. Dank Julie gelangt sie in die weite Welt hinaus – und schliess-lich lernt sie in Paris Luc kennen, in den sie sich unsterblich verliebt.

Ist dies die Lebensgeschichte der Autorin?BZ: Tatsächlich kam Kim Thúy in Saigon zur Welt; ihre Familie flüchtete nach Ka-nada, als sie zehn Jahre alt war. Es könnte

schon ihre Geschichte sein – oder die Geschichte einer Bekannten.

Dario, wie fandest du das Buch?Dario Widmer (DW): Sehr, sehr gut – es hat mir wirklich ausserordentlich gut gefallen. Die Sprache ist sehr schön, und mit Man ist der Autorin eine hervorragen-de Hauptperson geglückt. Sie ist so herzig, ich hätte mich fast in sie verliebt. Hervor-ragend finde ich auch, wie es der Autorin gelingt, schreckliche Dinge aus der Sicht eines Kindes darzustellen. BZ: Ja, und dabei ist sie nie voyeuris-tisch. Kim Thúy hat eine sehr angenehme Distanz zu ihrem Thema gefunden: Sie macht oft nur leichte Andeutungen und ist so zurückhaltend wie ihre Protagonistin. Ich habe noch selten etwas so Sensibles gelesen, die Sprache berührt einen ebenso wie die Hauptfigur. In diesem Buch steckt einfach alles drin: Man erfährt viel übers Kochen, es gibt eine schöne Liebesge-schichte, man erhält einen Einblick ins Leben während des Kriegs – und das alles auf gerade einmal 160 Seiten.DW: Zudem sind immer wieder Gedichte eingestreut – im vietnamesischen Original und als Übersetzung. BZ: Ja, und diese Gedichte sind unendlich poetisch. Ach, das ist einfach ein tolles Buch, eine wirkliche Perle!

Ihr seid ja sehr begeistert. Gibt es an diesem Buch nichts auszusetzen?DW: Ich habe schade gefunden, dass es so schmal ist. Ich hätte gern länger darin gelesen.BZ: Aber diese Kürze entspricht genau dem Inhalt: Man will nie auffallen, ist zu-rückhaltend – da würde etwas Ausufern-des nicht passen.

Die Debatte

Was machen Buchhändler in der Kaffeepause? Natürlich plau-dern sie über Bücher. Zum Beispiel im Bagels im St. Galler Rösslitor, der grössten Buchhandlung der Ostschweiz. Books hat sich dort zu Bettina Zeidler und Dario Widmer gesetzt.

marius leutenegger

der geschmack der sehnsuchtKiM thúy160 seitenCHF 24.90kunstmann

der alte, dem kugeln nichts anhaben konntenDaNiel frieDMaN320 seitenCHF 26.90aufbau

ewigkeitsfjordKiM leiNe640 seitenCHF 35.90Hanser

Dario Widmer: Manch-mal fand ich, der Autor beschreibe die Welt von gestern mit den Augen von heute. Bettina Zeidler: Ich glaube, er wollte auch gar keinen histori-schen Roman verfassen. Im Vordergrund stehen die menschlichen Abgründe. Fasziniert haben mich vor allem die Charaktere und die Beschreibungen der Lebensumstände.

Dario Widmer: Keine Frage: Kim Leine kann schreiben. Aber die Geschichte hätte auch irgendwo anders und zu einer anderen Zeit spielen können. Bettina Zeidler: Zwei, drei Sachen fand ich sicher auch nicht ideal, aber ich verzeihe dem Autor in diesem Fall jede Schwachstelle.

die. Manchmal geht die Post ab, und mir als Thriller-Fan hat der eine oder andere Blutspritzer natürlich besonders gut gefal-len. Nun, ich habe mich köstlich amüsiert – und ich verstehe auch, dass der Produ-zent der Harry-Potter-Reihe dieses Buch verfilmen will.

Der letzte Titel, über den wir heute re-den, ist «Ewigkeitsfjord» von Kim Leine. BZ: Als ich die Kiste mit den neuen Bü-chern öffnete, dachte ich: 640 Seiten – und wir sollen das jetzt besprechen! Ich hätte «Ewigkeitsfjord» von mir aus wohl kaum gelesen. Dann hätte ich aber etwas ver-passt, denn auch dies ist ein unglaublich gutes Buch, das jeden Rahmen sprengt und bei mir das reinste Kopfkino auslöste.

Ich nehme aufgrund des Titels und des Covers an, die Geschichte spielt im ho-hen Norden ...

DW: Ja, hauptsächlich in Grönland. Haupt-figur ist Morten Falck, der gegen seinen Willen Pfarrer werden muss; die Geschich-te spielt von 1750 bis 1815, als es so etwas noch gab. Falck studiert in Kopenhagen, hat dort auch eine Beziehung zu einer Tochter aus gutem Haus – beschliesst dann aber, mit einer Kuh im Schlepptau als Missionar nach Grönland zu gehen. Grönland war damals eine dänische Kolo-nie, und die Menschen lebten auf der Insel unter elenden Bedingungen. Wir erfahren viel über menschliche Abgründe. Diese tun sich vor allem unter den wenigen Dänen auf der Kolonie auf, darunter zum Beispiel ein Schmied oder die Witwe eines Kaufmanns. Schliesslich landet Falck im Ewigkeitsfjord, wo eine abtrünnige

32 | kaFFeepause Books nr. 1/2014 kaFFeepause | 33

Page 18: Books Magazin

447 Seiten

chf 14.90

heyne

iSBN 978-3-453-41066-4

Mike Marsden arbeitet als verdeckter

ermittler in Manhattan. er führt ein

rastloses leben ohne feste Bindun-

gen. Dann erkrankt sein Vater an

Krebs. Mike kehrt zurück in seine

heimatstadt Serendipity. hier trifft er

auf seine Berufskollegin cara hartley,

mit der er vor einiger Zeit einen

one-Night-Stand hatte. Diese Nacht

erschien damals beiden bedeutungs-

los – doch jetzt entdecken sie plötz-

lich, wie gut sie einander eigentlich

ergänzen ...

«Küss mich später» ist bereits das

vierte auf Deutsch erschienene Buch

der uS-autorin carly Phillips über

das leben und lieben der einwohner

der fiktiven Kleinstadt Serendipity.

carly PhilliPS

küss mich später

400 Seiten

chf 34.90

DVa

iSBN 978-3-421-04617-8

Mit seinem Buch «Deutschland schafft

sich ab» löste thilo Sarrazin 2010

eine Kontroverse über die einwan-

derung aus. Die Debatte drehte sich

aber bald auch darum, was man in

Deutschland sagen und schreiben

darf und was nicht. in interviews

lotete der SPD-Politiker seither die

Grenzen der Meinungsfreiheit weiter

aus und handelte sich neue rassis-

musvorwürfe ein.

Nun schreibt Sarrazin in seinem

neuen Buch gegen den Meinungs-

konformismus an, der seiner ansicht

nach herrscht. er prangert

an, forscht nach ursachen und be-

nennt 14 «vorherrschende Denk-

und redeverbote unserer Zeit».

auch diesmal wird Sarrazin mit

seinem Buch sicherlich eine Debatte

lostreten.

thilo SarraZiN

der neue Tugendterror

296 Seiten

chf 34.90

at-Verlag

iSBN 978-3-03800-703-6

aran Goyoaga hat mit ihrem

food-Blog «cannelle et Vanille» im

englischsprachigen raum für furore

gesorgt. ihre Berichte über einen

neuen glutenfreien lebensstil liessen

die Klickzahlen förmlich explodieren,

es regnete anerkennung und aus-

zeichnungen.

Jetzt hat aran Goyoaga 120 gluten-

freie rezepte für die familienküche

zwischen zwei Buchdeckeln fest-

gehalten. Das Spektrum reicht von

herzhaften tartes über fantasievolle

Salate und deftige eintöpfe bis hin zu

wunderbaren Desserts. Die rezepte

lassen sich einfach zubereiten und

eignen sich ideal für den täglichen

familientisch. Dazu kommen viele

tipps und eine praktische liste für

den glutenfreien Vorrat. Wer für

seine familie glutenfrei kochen muss

oder will, wird dieses Buch nicht mehr

missen wollen.

araN GoyoaGa

Familienrezepte glutenfrei

Siedlergemeinschaft nach rousseauschen Grundsätzen lebt. Diese Gemeinschaft wird von den Dänen gar nicht gern gese-hen – und schliesslich zerstört. BZ: Es passiert enorm viel im Buch. Leine beschreibt die erbärmlichen hygienischen Zustände, überhaupt das Leben unter elenden Bedingungen in Abgeschiedenheit – und er porträtiert vor allem Menschen. Dieses Buch ist ein Epos und beschreibt eine ganze Epoche. Die Sprache ist derart bildhaft, dass man meint, den Tran förm-lich zu riechen.

Bettina wirkt sehr begeistert. Kannst du dich ihr anschliessen, Dario?DW: Nur teilweise. Auch ich habe die Beschreibungen sehr gut gefunden, sie sind genau und tatsächlich plastisch. Aber manchmal fand ich, Leine beschreibe die Welt von gestern mit den Augen von heute. Ich weiss zum Beispiel nicht, ob sich die Menschen damals am Gestank derart stör-ten – oder ob wir das nur annehmen, weil wir uns Gestank nicht mehr gewohnt sind. Am Ende fand ich wegen dieses modernen Blickwinkels alles ein wenig oberflächlich. BZ: Ich glaube, Leine wollte auch gar keinen historischen Roman verfassen. Im Vordergrund stehen die menschlichen Ab-gründe. Fasziniert haben mich vor allem die Charaktere und die Beschreibungen der Lebensumstände. Und ich bewundere Leines Begabung, bei den Leserinnen und Lesern Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Und manches ging mir echt unter die Haut – etwa die Abtreibungsszene.DW: Keine Frage: Leine kann schreiben. Den historisch verbürgten Brand von Kopenhagen schildert er sehr spannend.

Aber der Autor führt zum Beispiel auch immer wieder Figuren ein, die eigentlich gar keine Rolle spielen und eher verwir-ren; das hat mich gestört. Und ich finde, die Geschichte hätte auch irgendwo anders und zu einer anderen Zeit spielen können. Grönland wird hier eher als Hin-tergrund für eine Geschichte genutzt und ist nicht richtig in diese eingebunden.BZ: Man sollte dieses Buch nicht als grosses Grönland-Epos anschauen. Zwei, drei Sachen fand ich an «Ewigkeitsfjord» sicher auch nicht ideal, aber alles in allem hat mir das Buch wahnsinnig gut gefallen. Ich verzeihe dem Autor in diesem Fall jede Schwachstelle!

dario widmer, 21, lebt in Bühler in Appenzell Ausserrhoden. Seine Lehre zum Buchhändler absolvierte er im Rösslitor, heute arbeitet er in der Orell-Füssli-Filiale Kramhof in Zürich. Er hat ein schon seit jeher ein grosses Interesse an Literatur.

Bettina zeidler, 49, lebt in St. Gallen. Sie arbeitet in der Abteilung Belletristik der St. Galler Buchhandlung Rösslitor, die zu Orell Füssli Thalia gehört. Am liebsten liest sie skandinavische Krimis und Thriller.

Bettina Zeidler: Diese Gedichte sind unendlich po-etisch. Ach, das ist einfach ein tolles Buch, eine wirkli-che Perle!

384 Seiten

chf 30.90

Diogenes

iSBN 978-3-257-06892-4

Die schüchterne Kurdin azime, 20,

wächst in london auf. ost und West,

islam und Säkularismus, Burka und

bauchfrei – in azimes beiden Welten

gibt es klare regeln. als terroran-

schläge in der u-Bahn hunderte

von opfern fordern, weiss sie, dass

sie ihre Stimme erheben muss. auf

ihre art. heimlich besucht sie einen

comedy-Kurs, schlüpft in eine Burka

und tritt auf: als weltweit erste musli-

mische Komikerin. Die englische Pres-

se feiert sie als Sensation, ihre familie

verstösst sie. es wird ernst. und doch

immer komischer. und ganz anders,

als man jetzt denkt.

Der neuseeländische autor anthony

Mccarten sorgte schon als 25-Jähri-

ger für furore mit dem theaterstück

«ladies Night», das als Vorlage zur

unautorisierten filmadaption «the

full Monty – Ganz oder gar nicht»

diente. in «funny girl» lässt er nun

traditionellen islam und westlichen

Säkularismus in tragikomischer Weise

aufeinander prallen.

aNthoNy MccarteN

funny girl

34 | kaFFeepause Books nr. 1/2014 BuCHTIpps | 35

Besuche auch unsere Starbucks Coffeehouses in denOrell Füssli Buchhandlungen im Westside in Bern

sowie im Kramhof und am Bellevue in Zürich.

Nimm dir Zeit für die schönsten Seiten des Lebens.

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Page 19: Books Magazin

so wie kupfer und goldJaNe NicKerSoN 443 seitenCHF 25.90cbt

die nacht gehört dem drachenalexia caSale 315 seitenCHF 22.90Carlsen

wen der rabe ruftMaGGie StiefVater460 seitenCHF 28.90script5

«Heute stelle ich drei Neuerscheinungen vor, die eher schwerere Kost bieten. Sie beschäftigten mich alle noch, nachdem ich sie zu Ende gelesen hatte. Zudem haben alle eine fantastische und eine realistische Komponente.

‹So wie Kupfer und Gold› von Jane Ni-ckerson ist märchenhaft; es lehnt sich stark an die Erzählung von Ritter Blaubart an. Märchen liegen gegenwärtig im Trend; Cornelia Funkes ‹Reckless›-Reihe ist ja ein grosser Erfolg, und gerade ist ‹Wie Monde so silbern› von Marissa Meyer erschienen, das sich an Aschenputtel anlehnt.

Das Blaubart-Märchen erzählt von einem älteren Ritter, der alle seine Gattinnen tö-tet, bis es einer jungen Frau gelingt, ihn zu überlisten. In Nickersons Debüt-Roman heisst Blaubart Bernard de Cressac und ist ein ausnehmend attraktiver junger Mann. Die schöne rothaarige Sophia ist mit ihm verwandt und wird von ihrer Familie auf sein riesiges Landgut geschickt. Das ro-mantisch-verträumte Herrenhaus liegt weitab vom Schuss, und Sophia will eigent-lich nicht dorthin. de Cressac ist aber aus-nehmend charmant zu ihr, holt sie mit der schönsten Kutsche ab und macht ihr wert-

Eigentlich wollte angelina rubli in dieser Rubrik unbedingt «edelherb» vorstellen, die Fortsetzung von «Bitterzart» von gabrielle zevin – dieses Buch hat sie restlos begeistert. Aber zum einen empfahl Angelina «Bitterzart» bereits in der vor-letzten Ausgabe euphorisch, zum anderen stellen wir hier nicht so gern Fortset-zungen vor. Doch allen Zevin-Leserinnen und -Lesern sei versichert: «Edelherb» ist mindestens so lesenswert wie «Bitterzart». Die 28-jährige Angelina Rubli arbeitet übrigens bei Orell Füssli am Bellevue und lebt in Dachsen.

volle Geschenke. Lange merkt Sophia nicht, dass die Sache ein wenig eigenartig ist. Sie erfährt zwar, dass Bernard schon mehrmals verheiratet war und seine Frau-en alle auf mysteriöse Weise verschwun-den sind, aber sie wird nicht misstrauisch. Bis sie eines Tages – wie im Blaubart-Mär-chen – ein Zimmer betritt, das sie nicht hätte betreten dürfen, und dort einen grau-sigen Fund macht: Die drei früheren Ehe-frauen von de Cressac – oder eher die Überreste davon – liegen angekettet an der Wand.

Schön ist, wie Nickerson die Stimmung auf-baut: Man merkt als Leserin oder Leser schon bald, dass mit de Cressac etwas nicht stimmt, aber Sophia lässt sich von ihm wei-terhin einlullen. Im fulminanten letzten Drittel des Buchs überschlagen sich dann die Ereignisse. Es wird auch etwas gruslig, doch wie das Blaubart-Märchen geht auch diese Geschichte gut aus. Eigentlich han-delt es sich bei ‹So wie Kupfer und Gold› nicht um klassische Fantasy; es gibt weder Magie noch Trolle oder Drachen. Doch die märchenhafte Stimmung wird wohl den meisten Fantasy-Fans gefallen. Zumindest den weiblichen; ich nehme an, dass kaum ein Mann dieses Buch lesen wird, denn es

nes Nachts erwacht der Knochendrachen zum Leben und spricht Evie an. Und er hilft ihr, ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Nacht für Nacht führt er sie etwas näher zu jenem Haus, in dem sie einst lebte und in dem sie von ihrer leiblichen Mutter gequält wurde. Stück für Stück erfahren wir mehr über die traurige Vergangenheit des Mädchens. Ob es den Drachen wirklich gibt oder ob er eine Imagination von Evie ist, wird nicht aufgelöst – und spielt eigentlich auch keine Rolle.

Über weite Strecken erinnerte mich dieses Buch an ‹Sieben Minuten nach Mitter-nacht› von Patrick Ness. In jenem Roman wird Conor jede Nacht von einem Monster besucht, das ihm hilft, mit dem Sterben der Mutter fertigzuwerden. Ich konnte ‹Sieben Minuten nach Mitternacht› nur daheim lesen, weil es mich ständig zu Trä-nen rührte, und mit ‹Die Nacht gehört dem Drachen› ist es mir ähnlich ergangen. Das Buch geht einem wirklich unter die Haut. Ehrlich gesagt weiss ich auch nicht genau, warum man etwas liest, das derart traurig ist. Ich konnte das Buch jedenfalls nicht mehr weglegen, weil ich unbedingt wissen wollte, was die leibliche Mutter Evie antat und ob sie dafür zur Rechenschaft gezogen wird.

Der Verlag schreibt zwar, das Buch richte sich an Jugendliche ab 14 Jahren, ich wür-de es aber eher älteren Leserinnen und Lesern empfehlen. Und empfohlen wer-den muss ‹Die Nacht gehört dem Drachen› auf jeden Fall – dieses Buch verkauft sich nicht von allein, denn das Cover ist irre-führend und die Autorin noch gänzlich un-bekannt. Ich kann den Roman aber mit sehr gutem Gewissen empfehlen, denn er sorgt dafür, dass man sich auch mit sich selber und der eigenen Vergangenheit auseinandersetzt.

Meine dritte Empfehlung ‹Wen der Rabe ruft› stammt von Maggie Stiefvater. Die-se Romantasy-Spezialistin baut ihre Ge-schichten oft auf historischen Begebenhei-ten oder Legenden auf. Diesmal bildet die Sage um den mittelalterlichen walisischen Nationalhelden Owen Glendower das Fun-dament der Geschichte. Von Glendower heisst es, er werde wieder erscheinen, wenn Wales seine Hilfe benötige.

Die weibliche Hauptfigur der Geschichte ist die etwa 15-jährige Blue. Ihre Mutter ist ein Medium und verdient ihr Geld mit Sé-ancen. Blue hat sich damit arrangiert, dass ständig andere Medien und selbster-

Fantastisch!Eine Mitarbeiterin von Orell Füssli präsentiert Neuerscheinungen und Geheimtipps aus dem Fantasy-Genre: Bücher für alle, die sich gern in fremde Welten entführen lassen.

marius leutenegger

ist mit seiner romantisch-düsteren Stim-mung und seiner wackeren Heldin ganz auf junge Leserinnen zugeschnitten.

Das zweite Buch, das ich heute vorstelle, habe ich allein wegen des Covers zu lesen begonnen: ‹Die Nacht gehört dem Dra-chen› von Alexia Casale zeigt auf dem Umschlag einen Drachen im Glas. Das sprach mich sofort an, und ich dachte, es handle sich hier um eine Drachengeschich-te im Stil von ‹Eragon›. Damit hat dieser Debüt-Roman aber nichts zu tun. Hauptfi-gur ist das Teenager-Mädchen Evie. Sie lebt bei Adoptiveltern, die sich gut um sie küm-mern, sich viel Zeit nehmen für sie und ihr helfen wollen. Denn Evie hat offenbar schlimme Dinge erlebt. Die Geschichte be-ginnt damit, dass Evie gerade eine Operati-on überstanden hat, bei der ihr ein Teil der unteren Rippe entfernt wurde. Dieses Rip-penstück nimmt sie vom Spital mit nach Hause. Ihr Adoptivonkel zeigt ihr, wie sie daraus einen Drachen schnitzen kann. Die Schnitzerei scheint etwas zu sein, das Evie ermöglicht, ihre eigene Lebensgeschichte aufzuarbeiten.

Bis hierher ist die Geschichte sehr realis-tisch. Dann folgt der fantastische Teil: Ei-

nannte Hexen ins Haus kommen und dass ihr Lebensumfeld ziemlich chaotisch ist. Etwas mehr Mühe macht ihr ein Fluch, der auf ihr lasten soll: Der erste Junge, den sie nach ihrem 16. Geburtstag küssen wird, muss sterben.

Ein zweiter Erzählstrang spielt in der Eli-teschule der Stadt. Dort gibt es eine Clique von Jungs, die zwar alle aus bestem Haus stammen, aber trotzdem ihre Probleme haben. Einer von ihnen, Gansey, ist total angefressen von der erwähnten Sage um Glendower und will unbedingt das Grab des Helden finden. Blue lernt ihn kennen, weil Gansey ihre Mutter bittet, eine Séan-ce durchzuführen. Blue, die ein feines Ge-spür für Übersinnliches hat, schliesst sich in der Folge der Clique um Gansey an und will ihr helfen, das Grab zu finden.

Und dann gibt es auch noch einen dritten Erzählstrang um den sehr eigenartigen Schüler Noah – aber davon will ich nichts verraten. Die verschiedenen Stränge die-ser komplexen Geschichten laufen mit der Zeit immer näher zusammen. Mit ihrem raffinierten Erzählstil hat Stiefvater mein Herz erobert – von ihr würde ich einfach alles lesen! Mit ‹Wen der Rabe ruft› hat sie mir wieder einmal eine Sage näherge-bracht, die ich nicht kannte, und sie hat diese in eine sehr spannende Geschichte gepackt. Lustig ist gelegentlich einzig die Tollpatschigkeit von Blue, ansonsten herrscht eine ausnehmend düstere, aber sehr anziehende Atmosphäre vor. Herr-lich!»

die vorlage zu «so wie kupfer und gold» von Jane nickerson: das märchen von ritter Blaubart, hier illustriert von gustav doré.

36 | FanTasTIsCH! Books nr. 1/2014 FanTasTIsCH! | 37

Page 20: Books Magazin

marino Castelli, 29, wohnt in Gunzwil und arbeitet bei Orell Füssli am Bellevue. Buch-händler wurde er, weil «ich ein lei-denschaft l icher Leser bin und mein Hobby zum

Beruf machen wollte». An seiner Tätigkeit schätzt er vor allem, dass er immer neue Bücher entdecken kann – auch dank der Kundinnen und Kunden, die etwas Be-stimmtes suchen. Marino liest querbeet, vor allem Krimis und Fantasy-Romane. Sein Tipp: «The Bone Season – Die Träu-merin» von Samantha Shannon. «Die jun-ge Paige kann die Gedanken anderer aus-kundschaften. Deswegen wird sie in eine geheime Stadt verschleppt, in der die Rephaim herrschen. Dort lernt sie Arctu-rus kennen, der so schön wie unheimlich ist. Seine Gedanken bleiben ihr seltsamer-weise verschlossen – und ausgerechnet ihm soll sie als Sklavin dienen ... Der jun-gen Londoner Autorin Samantha Shannon ist mit diesem Serien-Auftakt eine wirklich spannende und gut durchdachte Fantasy-geschichte geglückt; sie hat eine neue Welt erschaffen, die derart gross und kompakt ist, dass man anfänglich etwas Mühe hat, alles zu durchschauen. Nach einer Weile kann man das Buch aber nicht mehr weg-legen. Besonders gut gefiel mir – neben der sympathischen Protagonistin – die Atmo-sphäre. Ganz allmählich braut sich da et-was zusammen, aber man hat keinen Schimmer davon, worauf die Sache am Ende hinausläuft. Langeweile kommt so nie auf. Ich freue mich jetzt schon auf die Fortsetzung.»

Junge Mitarbeitende geben weitere Tipps aus dem Fantasy-Genre

Tim lenny george, 19, lebt in einem Dorf ausserhalb von Bern. Er hat gerade seine Buchhändler-Leh-re abgeschlossen und macht jetzt die Berufsmatura. Momentan arbei-

tet er Teilzeit in der Orell-Füssli-Filiale Kramhof in Zürich. Sein Tipp: «Die Be-stimmung 03. Die Entscheidung» von Ve-ronica Roth. «Tris’ Welt liegt in Trümmern. Die Ideale der Fraktionen scheinen eine einzige grosse Lüge zu sein. Denn es gibt eine andere Welt ausserhalb des Zauns, und diese ist auf die Hilfe der ‹Unbestimm-ten› angewiesen. Die Fraktionslosen ha-ben unter der Führung von Tobias’ Mutter die Kontrolle über die Stadt an sich geris-sen. Niemand darf die Stadt verlassen und in die neue Welt gehen. Im Untergrund bil-det sich aber eine Bewegung, die sich die Zeiten der Fraktionen zurückwünscht und sich Hilfe von der neuen Welt verspricht. Tris und Tobias werden aus der Stadt ge-schleust, damit sie die andere Seite des Zauns erforschen können. Tris hat bren-nende Fragen: Wieso wurde das Wissen über die andere Seite jahrzehntelang ge-heim gehalten? Was hat ihre Mutter mit allem zu tun? Nur die Menschen von aus-serhalb können ihr Antwort geben ... Vero-nika Roth ist mit diesem Buch ein fulmi-nantes und temporeiches Ende ihrer ‹Divergent›-Trilogie geglückt. Wie bei den ersten beiden Bänden will man das Buch nicht aus der Hand legen, ehe man nicht das Ende kennt. Das Buch erscheint am 24. März – rund zwei Wochen später kommt der erste Teil der Trilogie in die Kinos.»

kai mader, 32, wohnt in einem kleinen Vorort von Basel auf deut-scher Seite. Weil er gern liest, stieg er vor etwa zehn Jahren mit einem Praktikum in den Buchhändler-Be-

ruf ein. Seit vier Jahren leitet er die Fanta-sy-Abteilung bei Thalia, «die mit Abstand grösste ihrer Art in Basel». Sein Tipp: «Die Lügen des Lock Lamora» von Scott Lynch. «Dieses Buch habe ich gebannt gelesen und empfehle es auch deshalb gern, weil es sich gut als Einstieg ins Fantasy-Genre eig-net: Die beschriebene Welt und die Figuren sind nicht so abgehoben, dass sie Einstei-ger abschrecken würden. Im Herzogtum Camorr, das entfernt an Venedig erinnert, treibt eine Diebesbande ihr Unwesen. Ihr Anführer und Ausbilder ist Lock Lamora, der sich als Priester des Schutzpatrons der Diebe und Betrüger bezeichnet. Der Bande geht es zwar auch um die Beute, mindes-tens so sehr aber darum, Camorrs Reiche zu erschrecken – nach Lamoras Ansicht haben sich Ober- und Unterschicht in der Stadt viel zu gut miteinander arrangiert. In diesem ersten Band einer Trilogie verfol-gen wir mit, wie die Bande einen grossen Coup plant und sich mit etlichen Schwie-rigkeiten herumschlagen muss. Die Cha-raktere sind eigenständig und toll heraus-gearbeitet, der Roman ist flüssig geschrieben und der grosse Plan ist erst zum Schluss erkennbar. Das Buch ist zwar schon 2007 erschienen, doch in diesem April kommt nach langer Pause endlich der dritte Band ‹Die Republik der Diebe› in die Buchhandlungen.»

die Bestimmung 03. letzte entscheidungVeroNica roth 450 seitenCHF 26.90cbt

die lügen des lock lamoraScott lyNch 847 seitenCHF 23.90Heyne

The Bone season – die TräumerinSaMaNtha ShaNNoN 605 seitenCHF 25.90Berlin

«Belletristik habe ich mir eigentlich verboten» Wir möchten von Kundinnen und Kunden wissen: Welches ist Ihr liebstes Buch? Heute antwortet Heinz Rataj aus Rapperswil.

erik Brühlmann

Vor dem Abflug noch ein wenig Zeit tot-schlagen – dies müssen viele Menschen amFlughafen Kloten tun. Einen Abstecher in die Filiale von Orell Füssli bietet sich da natürlich an. Auch Heinz Rataj steckt gera-de in der Situation, dass er auf seinen Ab-flug warten muss. «Mein Flieger nach Wiengeht in einer Stunde», erzählt er mit char-mantem österreichischen Akzent. Zurück in die Heimat? «Nein, von Berufs wegen,

ich gebe dort ein Seminar.» Zwar sei er in Wien geboren, er lebe aber seit drei Jahrenin Rapperswil und betreibe dort mit seinerFrau eine Praxis. Heinz Rataj ist nämlich Heilpraktiker und unterrichtet auch in ver-schiedenen Disziplinen.

Seit Jahren liest Heinz Rataj ausschliess-lich Fachliteratur und philosophische Wer-ke. «Belletristik habe ich mir einmal verbo-ten», sagt er. «Der argentinische Autor Jorge Luis Borges hielt einmal fest: Bücher zu lesen ist, wie mit fremden Gehirnen zu denken. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht, denn ich wollte ja mit meinem eigenen Gehirn denken.» Deshalb habe er es sich abgewöhnt, die Geschichten ande-rer zu lesen. «Heute lese ich fast nur noch Bücher zu den Themen Philosophie, Tie-fenpsychologie und medizinische Natur-heilkunde.» Die Früchte seiner eigenen Gedanken hat der Österreicher selber be-reits mehrfach in Buchform veröffentlicht.

Das Buch, das Heinz Rataj heute in der Hand hält und in unserer Rubrik vorstellenmöchte, ist jedoch eindeutig belletristi-scher Natur: «1913 – Der Sommer des

Jahrhunderts» von Florian Illies. Das Buch schildert in anekdotischer Weise das Le-ben, Lieben und Leiden innerhalb eines Jahrs, das eine Schwelle zwischen Höhe-punkt und Niedergang, zwischen künstle-rischer Exzentrik und politischem Zerfall darstellte. «Dass ich jetzt dieses Buch ge-kauft habe, ist die ganz grosse Ausnahme und hat einen sentimentalen Hinter-grund», erzählt der Heilpraktiker. «Mein Vater wurde nämlich am 13. März 1913 geboren. Ausserdem hat das Buch eine ge-wisse Affinität zu Wien und zu den Wiener Kaffeehäusern, wo sich die grossen Köpfe der Zeit trafen und austauschten.» Und da ihm ausserdem einige begeisterte Rezensi-onen in die Hände kamen, habe er nun für einmal seine Regel gebrochen. «Aber ich muss zugeben, der Hauptgrund ist die Ge-schichte um meinen Vater. Würde das Buch 1914 behandeln, hätte ich es nicht gekauft – so einfach ist das manchmal!»

1913 – der sommer des JahrhundertsfloriaN illieS 319 seitenCHF 29.90s. Fischer

38 | FanTasTIsCH Books nr. 1/2014 meIn BuCH | 39

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Page 21: Books Magazin

Heldinnen des AlltagsBücher mit starken Mädchen oder starken jungen Frauen haben ständig Hochkonjunktur. Nicole Stäuble, unsere Fachfrau für Kinderbücher aus der Orell-Füssli-Filiale in Frauenfeld, präsentiert

einige besonders geglückte Neuerscheinungen, bei denen Heldinnen im Zentrum stehen. marius leutenegger

«Heldinnen haben in der Kinder- und Ju-gendliteratur einen ganz besonderen Platz. Das Spektrum ist dabei sehr weit; es reicht von Heidi, das nirgends anecken will, aber dank seines grossen Herzens schliesslich doch sein Glück findet, über die bärenstar-ke Pippi Langstrumpf, die Polizisten durch die Luft wirbelt und sich von wirklich gar niemandem etwas sagen lässt, bis zu Kat-niss, die in der ‹Panem›-Trilogie ein tödli-ches Spiel spielen muss. Natürlich schät-zen vor allem Mädchen solche Heldinnen – aber gerade das Beispiel der bis heute überaus beliebten Pippi zeigt, dass auch Buben ihre helle Freude an starken Mäd-chenfiguren haben können.

Eine solche Mädchenfigur – wenn auch ohne besondere Muskelkraft – ist die zehn-jährige Astrid aus ‹Astrids Plan vom gros-sen Glück›; geschaffen hat sie der preisge-krönte norwegische Schriftsteller Levi Henriksen. Astrids Eltern haben sich getrennt. In den Sommerferien soll das Mädchen erst den Vater und des-sen neuen Liebe nach Griechenland begleiten, anschliessend mit der Mutter und deren neuem Herz-blatt nach Norwegen reisen. Weil sie ihre Ferien aber lieber mit bei-den Eltern zusammen verbringen will, heckt Astrid einen Plan aus: Sie lockt Mutter und Vater auf eine ver-lassene Insel, mit der die beiden schöne Erinnerungen verbinden, schaltet deren Mobiltelefone aus und versteckt die Boote für die Rückfahrt. Was als eine Art Streich beginnt, wird schon bald zum Abenteuer: Die drei sind auf der Insel nicht allein, der Vater erleidet einen schlimmen Unfall, und die Familie kann die Insel nicht mehr ver-lassen. Zum Glück gibt’s aber ein Happy End.

Dieses Buch fesselt Kinder ab neun Jahren mit atemloser Spannung und einer Haupt-figur, die über sich hinauswächst und in

schwierigen Situationen viel Mut aufbringt. Astrid verzweifelt nicht, steckt Schuldge-fühle weg und kämpft bis zum Schluss – damit identifiziert man sich doch gern!

Etwas weniger heldenhaft wirkt die Haupt-figur des nächsten Buchs – aber nur auf den ersten Blick. In ‹Die Wahrheit, wie Delly sie sieht› erzählt die New Yorkerin Katherine Hannigan von einem Mädchen, das in seinem Dorf als böse und gewalttä-tig gilt – denn wenn Delly etwas nicht passt, kann sie ziemlich unverfroren werden. Bei einer Kleintierausstellung lässt sie zum Beispiel aus Mitleid alle Hühner frei, oder sie sagt hemmungslos, was sie denkt. Dass hinter Dellys Taten meist eine gute Absicht steckt, erkennt niemand; und irgendwann glaubt das Mädchen selber, es sei böse, weil ihm das ständig eingeredet wird. So verliert Delly allmählich ihr Lächeln und

fängt an, die Schule zu schwänzen und zu stehlen. Doch dann kommt Ferris neu in Dellys Schulklasse. Ferris sieht knabenhaft aus, spricht kein Wort und lässt sich von niemandem berühren. Delly fühlt sich von Ferris angezogen, und schon bald verbrin-gen die beiden Mädchen jede freie Minute zusammen. Ferris' stille Art hilft Delly, ihre Umgebung besser zu verstehen und sich ihrer Handlungen bewusst zu werden. Bald braucht aber auch Ferris Dellys Hilfe.

Auch in dieser Geschichte muss ein Mäd-chen über sich hinauswachsen und seinen

ganzen Mut zusammennehmen. Delly wächst einem derart ans Herz, dass man sie selber zur Freundin haben möchte. ‹Die Wahrheit, wie Delly sie sieht› ist eine wun-derschöne Geschichte, die einem beim Le-sen das Herz zum Überlaufen bringt. Ich empfehle das Buch für Kinder ab elf Jahren – und ich finde, es eignet sich ideal dafür, in einer Schulklasse vorgelesen zu werden.

Wenn wir schon bei Schulklassen sind: Die Englischlehrerin Sharon M. Draper hat einst den jährlich vergebenen und sehr be-gehrten Preis als beste Lehrerin der USA gewonnen. Daneben ist sie auch noch Schriftstellerin. Und was für eine! In ‹Mit Worten kann ich fliegen› erzählt sie von der elfjährigen Melody, die Wörter über al-les liebt. Leider kann sie diese aber nicht verwenden, weil sie an einer seltenen Krankheit leidet – Melody wird niemals ge-hen, selber essen und reden können. Dass

sie sehr intelligent ist, sehen weder Ärzte noch Lehrer. Nur ihre El-tern und ihr Kindermädchen glauben an das Mädchen, dessen

Vorbild der ebenfalls schwer be-hinderte Wissenschaftler Stephen

Hawking ist.

Melodys Situation verbessert sich erst, als ihre ‹Behindertenklasse› eine neue Lehrerin bekommt. Diese merkt

schnell: Melody will gefordert werden. Sie lässt das Mädchen deshalb jeden Tag ein paar Stunden lang am regulären Schulun-terricht teilnehmen. Bald darauf erhält Me-lody den Sprachcomputer, den sie sich so sehr gewünscht hat. Und als die Schule ein Team für einen landesweiten Wissenswett-bewerb zusammenstellen muss, bekommt Melody die einmalige Chance, endlich allen zu zeigen, was sie kann.

Ehrlich: ‹Mit Worten kann ich fliegen› ist eines der eindrücklichsten Bücher, das ich je gelesen habe. Es hat mir viel gegeben:

Verständnis, Bewunderung und Respekt für alle Menschen, die jeden Tag so kämp-fen müssen wie Melody. Der Autorin möch-te man dafür danken, dass sie einem einen derart tiefen Einblick in ein schwieriges Leben ermöglicht. Die Geschichte eignet sich für Mädchen und Jungen ab zwölf Jahren.

Ebenfalls sehr empfehlenswert ist ‹Wenn ihr uns findet›; das neue Buch von Emily Murdoch stiess in den USA auf ähnlich ein-hellige Begeisterung wie ‹Mit Worten kann ich fliegen›. Es eignet sich für Jugendliche ab 14 Jahren. Die 15-jährige Carey und ihre neunjährige Schwester Jenessa leben in einem alten Wohnwagen in einem einsa-men Wald. Ihre Mutter bleibt oft wochen-lang weg – dann beschafft sie sich Geld und besorgt sich Drogen und Lebensmittel. Ca-rey kümmert sich liebevoll um ihre jüngere Schwester und versucht, sie zu beschüt-zen. In freien Minuten spielt sie auf einer alten Geige, und beide Mädchen lernen aus verschlissenen Schulbüchern. Doch seit ei-nem Jahr schweigt Jenessa beharrlich. Den Mädchen gehen allmählich die Le-bensmittel aus, und das ewige Dosenfutter hängt ihnen zum Halse raus. Schliesslich wird klar: Diesmal kommt die Mutter nicht mehr zurück.

Die beiden Mädchen kommen zu ihrem Vater, dessen neuer Frau und Stieftochter Delany. Delany ist ein Jahr älter als Carey und sehr eifersüchtig. Jenessa gelingt es schnell, sich in die neue Situation einzule-ben, Carey hingegen fällt der Neuanfang schwer. Immer wieder kommen Erinne-rungen an ihr früheres Leben hoch. Eine davon hält sie tief in sich verschlossen: die

Nicole Stäuble, 41, ist Buchhändlerin bei Orell Füssli in Frauenfeld; sie hat einen dreijährigen Sohn. «Ich machte bereits meine Lehre zur Buchhändlerin bei Orell Füssli», erzählt sie. Schon in der Lehre seien Kinder- und Jugendbücher für sie das Grösste gewesen, denn «dieser Bereich ist so vielseitig – und fast so etwas wie eine Buchhandlung in der Buchhandlung!» Ausserdem könne man die Kundinnen und Kunden, die Kinderbücher suchten, richtig beraten: «Die meisten Leute sind dankbar für Empfehlungen, weil sie sich mit den Neuerscheinungen nicht so gut auskennen.»

astrids plan vom grossen glück leVi heNriKSeN 256 seiten CHF 19.90 dtv

die wahrheit, wie delly sie sieht KatheriNe haNNiGaN 288 seiten CHF 22.90 Hanser

mit worten kann ich fliegen SharoN M. DraPer 320 seiten CHF 22.90 ueberreuter

wenn ihr uns findet eMily MurDoch 304 seiten CHF 23.90 Heyne

Erinnerung an den Tag, an dem Jenessa ihre Stimme verlor.

Ich fand das Buch sehr, sehr spannend. Immer wieder standen mir beim Lesen die Haare zu Berge, und die Geschichte be-schäftigt mich immer noch, obwohl es schon Wochen her ist, seit ich das Buch gelesen habe. Ich kann mich an kaum ein anderes Buch erinnern, dass mir so unter die Haut ging.»

40 | kInderwelT Books nr. 1/2014 kInderwelT | 41

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Page 22: Books Magazin

nen. Sie bleibt kurz stehen und verfolgt den Klang. Sie weiss, dass sie ihr auf den Fersen sind. Schon einmal hatten sie sie fast ge-schnappt. Auf direktem Weg schreitet sie auf die markierte Hütte zu. Nur leicht ver-steckt schaut der Koffer hinter einer Ecke hervor. Sie nimmt ihn in die Hand und überprüft diesen kurz. Kaum zu glauben, alle würden den Koffer für einen ganz nor-malen Reisekoffer halten – wäre da nicht noch eine Lasche, unter der eine digitale Anzeige rot blinkt.

Wenig später steht Rebekka mit dem Kof-fer am Bahnhof Altmatt und wartet auf den «Regio» Richtung Biberbrugg. Dort ange-kommen, wechselt sie in den nächsten Voralpen-Express nach St. Gallen. Kurz vor der Ausfahrt im Rickentunnel bremst der Zug stark ab und bleibt schliesslich stehen. Ein kurzes Lächeln zieht über Rebekkas Gesicht. Als der Zug in Wattwil einfährt, ist es gewiss. Der vorhergehende Voralpen-Express steht auf einem Nebengeleise und ist umzingelt von Polizisten, Fahndern uns Spürhunden. «Gute Arbeit, Kollegen», murmelt Rebekka leise vor sich hin, «die falsche Fährte hat funktioniert.»

Der Zug rollt weiter Richtung St. Gallen. Beim Sitterviadukt scheint eine unbekann-te Baufirma Unterhaltsarbeiten an der Brücke durchzuführen. Es steht ein sehr grosser Autokran bereit. Für Rebekka heisst es jetzt nochmals volle Konzentrati-on. Der Koffer muss genau auf dem Sitter-viadukt aus dem Gepäckabteil geworfen werden. Nur so wird die kostbare Fracht von den Auffangnetzen gehalten. Kurz vor der Brücke öffnet die seitliche Gepäcktüre. Etwas später fliegt ein Koffer durch die

ungeschliffen und dreistDraussen brennt die Sonne mit 32 Grad unbarmherzig auf die Stadtleute nieder. Von ihrer Stirn perlen die Wassertropfen zu Boden. Ist es die Hitze oder ihr erhaltener Auftrag, der Rebekka S. die Wärme ins Ge-sicht treibt? Sie weiss es nicht. Doch sie ist froh, in Luzern endlich in den klimatisier-ten Voralpen-Express steigen zu können. «Hoffentlich ist es kein schlechtes Omen, dass die Zug-Lok die Werbung der Polizei-schule Ostschweiz trägt», denkt sich Re-bekka kurz, während sie nach dem Couvert in ihrer Tasche sucht.

Im Couvert ihres Auftraggebers ist auch ein Billett erster Klasse. Das schützt besser vor neugierigen Blicken. Die ganze Strecke kennt Rebekka wie ihre rechte Hosenta-sche. Sie ist sie schon Monate vorher mehr-mals abgefahren. Sie kennt jeden Halt, je-des Signal, jede Kreuzung, jeden Bahnhof – einfach alles. Doch heute steigt Rebekka nicht an einem Bahnhof aus. Sie benutzt die Wartezeit für die Zugskreuzung beim Rothenthurmer Hochmoor, um unauffällig den Zug zu verlassen. Ihre Komplizen ha-ben dafür gesorgt, dass sicher «ihr Zug» auf die Kreuzung warten muss. Alles muss schnell gehen. Es gibt nur eine Möglichkeit, den Zug zu verlassen, ohne dass der Lok-führer eine Störmeldung erhält. Auch das hat Rebekka vorher einige Male ausgetestet.

Als sich der Voralpen-Express wieder in Bewegung setzt, schaut sie ihm nach und prüft kurz, ob sie nicht von jemandem gese-hen wurde. Rebekka nimmt den Plan aus dem Couvert. In einer der kleinen Hütten im Moor ist der unbekannte Koffer depo-niert. Von der Strasse ertönen Polizeisire-

Grosser Coup mit kurzer Geschichte

Voralpen-Express und Orell Füssli Thalia riefen gemeinsam dazu auf, kurze Zugreise-Erzählungen für den Wettbewerb «Geschichten spin-nen» einzureichen. Bedingung: Die Erzählungen mussten die Begriffe «unbekannter Koffer», «Voralpen-Express», «Rothenthurmer Hoch-moor», «Sitterviadukt» und «Rickentunnel» enthalten. Die Jury hatte viel zu tun, denn es trafen fast 500 Beiträge ein. Als Gewinner wurde Othmar Koller aus Wilen bei Wil gekürt. Er darf sich auf eine Übernach-tung für zwei Personen in der Literaturküche von Schreiber vs. Schnei-der inklusive Eintritt ins Heilbad Bad Zurzach freuen – und darüber, dass wir hier seine Geschichte einem breiten Publikum vorstellen.

Luft, und unten beginnt sich der Autokran in Bewegung zu setzen. «Bis am Abend, Kumpels», denkt sie sich und steigt in St. Gallen aus dem Zug.

Am Abend treffen sich Auftraggeber und Empfänger sowie sämtliche Gehilfen etwas ausserhalb der Stadt. Der Auftraggeber nimmt den Koffer und hebt die Lasche. Er kennt als einziger den Code des elektroni-schen Schlosses. Beim Öffnen geht ein Rau-nen durch die Runde. Ein weiterer Teil der Rohdiamanten hat den Weg in die Schweiz gefunden. «Saubere Arbeit, Leute», meint der Empfänger und händigt im Gegenzug seinen Koffer mit dem Bargeld aus. Für Rebekka S. ist der Auftrag nach erfolgter Bezahlung abgeschlossen. Sie ist bereit für den nächsten Coup.

Die 10 PreiSträGer 1. othmar Koller, Wilen bei Wil 2. ruth Perlt-Vögeli, St. Gallen 3. frank Waldis, luzern 4. rosmarie Ziegler-Salzmann, Galgenen 5. Marianne Vogt, aarau 6. Sarah Jagfeld, Winterthur 7. Michael rimle, Wattwil 8. Brigitte Möhr, Maienfeld 9. Barbara haener, Baar 10. caroline Breitenmoser, lustmühle

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Page 23: Books Magazin

Ein Schmaus auch für die AugenEin Gericht muss attraktiv aussehen, wenn es Appetit wecken soll. Neue Kochbücher zeigen, wie man gut und schön kocht.

markus ganz

Es ist eine Binsenwahrheit, dass das Auge mitisst. Wer ernsthaft kocht, drapiert und dekoriert die Spesen denn auch hübsch.Aber selbst Profis begnügen sich häufig mit etwas Petersilie, um ihre Gerichte farblich aufzupeppen. Für Tatjana Reimann, Caro Mantke und Tim Schober ist die Farbe je-doch keine Nebensache. Die drei Designer und Hobbyköche aus Berlin haben die Far-be in den Fokus ihres aussergewöhnlichen Buchs «Kochen nach Farben» gestellt – und liessen sich dabei von der französi-schen Konzeptkünstlerin Sophie Calle in- spirieren. Ihr Buch präsentiert zwölf Me-nüs, deren Speisen allesamt in einer Farbe gehalten sind: Weiss, Schwarz, Beige, Hell-grün, Gelb, Hellrot, Dunkelgrün, Rot, Vio-lett, Orange, Dunkelrot und Braun. Alle zwölf Menüs bestehen aus zwei Vorspei-sen, einem Hauptgericht, einem Dessert und drei begleitenden Getränken.

lehrreiche IrritationEinfarbige Menüs irritieren nicht nur als Idee. Auch der Anblick ist gewöhnungsbe-dürftig, vor allem bei Farben wie Violett oder Schwarz. Aber diese Beschränkung schärft die Sinne. Auf den ersten Blick glaubt man, alle Speisen hätten die gleiche Farbe. Doch dann zeigen sich bald deutli-che Nuancen. Man schaut genauer hin und stellt auch in der Textur der Zutaten Unter-schiede fest. Derart sensibilisiert, kostet man die Speisen aufmerksamer. Und wird nicht enttäuscht. Denn die vorgestellten Ge-richte bieten nicht nur ein optisch unver-gessliches Erlebnis, sondern überzeugen auch im Gaumen. Tatsächlich schmecken die Menüs nicht so eindimensional, wie ihr Aussehen vermuten lässt. Ungewöhnliche Kombinationen schaffen spannende Ge-schmackserlebnisse. Beim grünen Menü etwa gibt es Brownies aus weisser Schoko-lade und dem japanischen Teepulver Mat-cha, originell ist auch ein Cocktail aus Gin, Agavensirup, Limettensaft und Basilikum. Das mag teilweise penetrant aussehen, wie letzterer Drink zeigt. Doch es werden nur

natürliche Zutaten und keinerlei künstliche Farbstoffe eingesetzt.

die kunst der krusteBei gewöhnlicheren Speisen sind Tipps und Tricks vielleicht umso wichtiger, damit ein sowohl geschmacklich wie optisch an-sprechendes Ergebnis resultiert. Diese Tipps und Tricks vermittelt die Buchreihe «Schöner kochen» konsequent – und sie ist deshalb auch ein Verkaufsschlager. In der neusten Ausgabe geht es um «Die Kunst des perfekten Gratinierens». Der Sternekoch Achim Schwekendiek zeigt da-rin, dass gute Küche auch in diesem Be-reich «nicht aufwändiger Kreationen oder avantgardistischer Kompositionen» be-darf. Er führt vor, wie man aus einfachen Zutaten edle Gerichte machen kann, die auch Hobbyköchen gelingen. Dabei hilft die Bebilderung aller entscheidenden Schritte von der Vorbereitung bis zum An-richten. Achim Schwekendiek verrät ei-nem auch Kniffe, wie man etwa die perfek-te Kruste zustande bringt. Das Buch reicht weit über den Kartoffelgratin hinaus und berücksichtigt auch die exotische Küche. Nicht vergessen gehen verwandte Techni-ken wie Soufflieren und Karamellisieren mitsamt Rezepten.

der profiratgeber für HobbyköcheDas sechsbändige und fast 2500 Seiten umfassende Kochbuch «Modernist Cuisine – The Art and Science of Cooking» erschien 2011 und mauserte sich schnell zu einem Referenzwerk für Profis. Nun haben Nathan Myhrvold und Maxime Bilet für ambitionierte Hobbyköche eine reduzierte Ausgabe geschaffen, die auch in der deut-schen Version «Modernist Cuisine at Home» heisst. Im ersten Teil findet man alle Angaben, wie man die Utensilien einer modernen Küche optimal nutzt und wie man die unterschiedlichen Kochtechniken meistert. Dann folgen unzählige Anleitun-gen, wie man Basics wie aromatisierte Öle, Gewürzmischungen, Saucen und Marina-

kochen nach Farben – 12 Farben, 12 menüstatJaNa reiMaNN, caro MaNtKe, tiM SchoBer208 seitenCHF 44.90 prestel

schöner kochen – die kunst des perfekten gratinierensachiM SchWeKeNDieK192 seitenCHF 37.90Becker-Joest-volk

modernist Cuisine at HomeNathaN MyhrVolD, MaxiMe Bilet676 seitenCHF 135.00Taschen

den herstellt. Unter den Rezepten findet man auch scheinbar simple Standardge-richte wie Chicken Wings oder alle mögli-chen Arten von Frühstückseiern. Aber auch hier gilt, dass von der Auswahl quali-tativ hochstehender Zutaten bis zur makel-losen Präsentation alles detailliert ausge-führt, nichts dem Zufall überlassen wird.

wissenschaftliche perfektionEs ist die grosse Verständlichkeit, die dieses Kochbuch aussergewöhnlich macht. Dazu tragen unzählige selbsterklärende Illustra-tionen und vereinfachte wissenschaftliche Erläuterungen der Kochvorgänge viel bei. Akribisch wird etwa erläutert, wie kalte und heisse Fette den Geschmack unter-schiedlich beeinflussen oder wie die per-fekte Pizzakruste zustandekommt. Solche Erklärungen wären ohne die Vorgeschichte der beiden Autoren undenkbar, die gemäss Verlagsangaben schon als Kinder kulina-risch experimentiert und dabei beinahe die Küchen ihrer Eltern niedergebrannt hät-ten. Besonders ist vor allem die Karriere von Nathan Myhrvold. Dieser promovierte an der Princeton University in Wirtschafts-mathematik und theoretischer Physik. Spä-ter wurde er erster «Chief Technology Of-ficer» bei Microsoft, bevor er sich voll seiner Leidenschaft für das schöne Kochen und die Lebensmitteltechnologie widmete.

Für Sie probiert: Rucola-Salat mit Pistazien- koriander-FrikadellenRezept aus dem nebenan besprochenen Buch «Kochen nach Farben»

zuTaTen:150 g Rucola-Salat

250 g gemischtes Hackfleisch20 g Pistazienkerne1/2 Bund Koriander20 g frischer Ingwer

1 Knoblauchzehe6 grüne Pfefferkörner

1 EiSalz

Olivenöl

Dressing:6 EL Kürbiskernöl1 TL AkazienhonigSaft einer Zitrone

eNtrÉe

zuBereITung:Rucola-Salat waschen und auf vier Teller verteilen. Pistazien und Pfefferkörner fein hacken, Koriander waschen und trocken schütteln. Blättchen von den Stielen zupfen und fein hacken. Knoblauch und Ingwer schälen und fein reiben. Hackfleisch, Pista-zien, Koriander, Ingwer, Knoblauch und Pfeffer mit Ei vermengen und mit den Hän-den zu einem Teig verkneten. Mit Salz wür-zen und zu Rollen von ca. 3 cm Durchmes-ser formen. Etwas Öl in einer Pfanne erhitzen und die Rollen bei mittlerer Hitze unter Wenden ca. 10 Minuten braten. Da-nach in 2 cm dicke Stücke schneiden und auf dem Salat verteilen.

In einer kleinen Schüssel die Zutaten für das Dressing verrühren und über den por-tionierten Rucola und die Frikadellen-scheiben träufeln. Zubereitungszeit: 40 Minuten.

kOCHBÜCHer | 45 44 | kOCHBÜCHer Books nr. 1/2014

SüSSe VerführungBesuchen Sie den Orell-Füssli-Stand am «Salon du chocolat» – Signierstunden mit bekannten Kochbuch-Autoren vor Ort und die leckerste Bücherauswahl zum Thema Schokolade und Süssigkeiten. Mehr Infos unter www.books.ch/chocolat

Gewinnen Sie Eintrittskarten für den «Salon du chocolat»! Wir verlosen unter allen Teilnehmenden 10 × 2 Tickets für die feierliche VIP-Eröffnung am 3. April sowie 20 Einzeltageskarten, einlösbar zwischen 4. und 6. April. Einfach E-Mail mit Betreff «Chocolat» und Ihrer Postadresse an [email protected] schicken.

Teilnahmebedingungen: Teilnahmeschluss ist der 26.3.2014. Die Gewinner werden per Zufall ermittelt und schriftlich benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Keine Barauszahlung oder Übertragung des Gewinns möglich. Teilnahmeberechtigt sind alle Personen ausser den Mitarbeitenden der Orell Füssli Thalia AG. Ihre Adresse wird nur für die Dauer des Wettbewerbs gespeichert und nicht an Dritte weitergegeben.

WettbeWerb

4.–6. April 2014, Messe Zürich,

Stand 9 und 10

Salon_Chocolat_Ins_208x90.indd 1 03.02.14 08:12

Page 24: Books Magazin

31. stauffacher Bern 20 h

«Koala» lesung mit lukas Bärfuss

aprIl2. meissner aarau 19.30 h

«Gartenreiseführer Schweiz» Vortrag und Bilderschau von Sarah fasolin

2. Thalia Bern 20 h

«Wie wir für die Freiheit kämpften»lesung und Gespräch über die stillen heldinnen und helden in Südafrika; mit rommel roberts

3. Orell Füssli am Bellevue, zürich 20.30 h

Wer bin ich? roger Schawinski erzählt aus seinem leben

7. Thalia Bern 17.30 h

«Die digitale Revolution und unsere Arbeitswelt»Berner Wissenschaftscafé; öffentlicher Vor-trag und Diskussion

9. zap Brig 19.30 h

«Dramödyssee»lesung mit Kosta athanasopoulos

15. Thalia Basel 20 h

«Verdammtes Land. Eine Reise durch Palästina»lesung mit andreas altmann

16. stauffacher Bern 20 h

«Verdammtes Land. Eine Reise durch Palästina»lesung mit andreas altmann

25. zeughaus kultur Brig 19.30 h

«Jenseitskontakte»Vortrag und Demonstration von Pascal Voggenhuber, Kooperation des Giger-Verlags mit ZaP Brig

26. Orell Füssli Frauenfeld 10.30 h

Märlischtund

28. Thalia Basel 20 h

«Mein Leben für den Fussball»lesung und Gespräch mit Gilbert Gress

30. stauffacher Bern 20 h

«Pendler zwischen Wirtschaft und Politik»lesung und Gespräch mit Kaspar Villiger

maI3. kramhof zürich 13-15 h

Theo der Bär besucht die Kinderwelt

3. stauffacher Bern 19 h

«Brennesseljahre»lesung und Buchvernissage mit Daniela Schenk

5. Thalia Bern 17.30 h

«Der manipulierte Konsument»Berner Wissenschaftscafé; öffentlicher Vor-trag und Diskussion

6. meissner aarau 19.30 h

«Mein Leben für den Fussball»lesung und Gespräch mit Gilbert Gress

12. Thalia Thun 17.30 h

«Sind die Bienen noch zu retten?»thuner Wissenschaftscafé; öffentlicher Vor-trag und Diskussion

12. stauffacher Bern 20 h

«Reiner Wein»lesung mit Martin Walker

13. Thalia Basel 20 h

«Reiner Wein»lesung mit Martin Walker

14. zap visp 19 h

«Traum Alp – Älplerinnen im Porträt»lesung mit Bilderschau; mit Daniela Schwegler

Mehr Veranstaltungen finden Sie auf www.books.ch, www.thalia.ch, www.stauffacher.ch und www.zap.ch.

mÄrz19. rösslitor st.gallen 20 h

«Rettet die Wall Street – warum wir die Zocker brauchen»lesung mit Jens Korte

19. stauffacher Bern 20 h

«Schreib oder stirb – 129 Auto-renschicksale» lesung und Gespräch mit charles linsmayer und Manfred Papst

24. kellerbühne st. gallen 20 h

«Soutines letzte Fahrt»lesung mit ralph Dutli, veranstaltet von der Kellerbühne in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung rösslitor

25. Thalia Basel 20.15 h

«Gömmer Starbucks?»hörbuch-taufe mit Bänz friedli

26. kramhof zürich 20.15 h

«Frauen hassen»Buchpräsentation und lesung mit Michael herzig

26. zap Brig 19.30 h

«Hypnotisiere mich – Wenn Gedanken dein Leben schaffen»Vortrag von Gabriel Palacios

29. Orell Füssli Frauenfeld 10.30 h

Märlischtund

mehr veranstaltungen finden sie auf www.books.ch, www.thalia.ch, www.stauffacher.ch und www.zap.ch

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Lösungswort:

Vorname / Name

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46 | weTTBewerB Books nr. 1/2014 veransTalTungen | 47

Page 25: Books Magazin

abschied von sansibar328 seitenCHF 34.90diogenes

Schweizer Autorinnen und Autoren erzählen in «Books», warum sie schreiben. Heute: Lukas Hartmann

Es war einmal ein kleiner Junge, der gerne las. Weil es aber bei ihm zu Hause nur we-nige Bücher gab, klingelte er bei den Nach-barn und fragte, ob sie ihm Bücher auslei-hen könnten. Eine alte Frau führte ihn auf den Dachboden, dort lagen in Schachteln Dutzende von alten Büchern. Die Frau blies den Staub von ihnen weg und sagte: «Nimm, was du willst!» So kam der Junge dazu, «Robinson Crusoe» zu lesen, «Der Graf von Monte Christo», «Oliver Twist». Weit weg führten den Jungen seine Lese-abenteuer und doch wieder zu sich selbst, sie brachten ihn ausser Atem, sie liessen ihn bangen, hoffen, glücklich sein.

Eines Tages beschloss der Junge – er war elf- oder zwölfjährig – , selber eine Ge-schichte zu erfinden. Er schlug ein leeres Schulheft auf, setzte den Stift an und stellte sich vor, wie es wäre, wenn er, wie Robin-son, ganz allein auf eine Insel verschlagen würde. Er merkte, dass er auf diese Weise etwas Eigenes schaffen konnte, das ihm viel mehr bedeutete als die Aufsätze, die er in der Schule schreiben musste. Als er das Heft gefüllt hatte, wusste er, dass er Schrift-steller werden wollte, und er wünschte sich, dass viele Leute seine Geschichten le-sen würden. Aber das Heft zeigte er nie-mandem, und seinen Wunsch behielt er lange für sich, denn er ahnte, dass die Er-wachsenen ihm seinen Traum ausreden würden.

Mehr als ein halbes Jahrhundert später sit-ze ich vor dem Bildschirm. Ich bin nach vielen Umwegen und Anläufen tatsächlich Schriftsteller geworden. Wenn Kinder mich heute fragen, warum ich schreibe, erzähle ich ihnen diese Geschichte. Sie ist wahr, und sie enthält den Keim meiner Schrift-stellerexistenz. Wenn Erwachsene mir die gleiche Frage stellen – ich höre sie oft –, wird die Antwort komplizierter. Ebenso gut, denke ich in solchen Momenten, könn-

te man mich fragen: «Warum atmen Sie?» «Weil ich muss», möchte ich antworten. Oder einfach: «Darum» – und kein Wort mehr; denn eigentlich weiss ich ja gar nicht, was genau mich dazu bringt, wieder und wieder einen neuen Stoff aufzugreifen und ihm in monatelanger harter Arbeit eine gültige Form zu geben.

Eines ist mir inzwischen aber doch klar: Jede Geschichte, die ich erzähle, hat in ir-gendeiner Weise mit mir zu tun. Meist finde ich erst im Lauf der Niederschrift heraus, was es ist. Zu meinem letzten Roman, «Ab-schied von Sansibar», kam ich so: Freunde erzählten mir vom Palastmuseum in Sansi-bar; dort gebe es einen Raum, welcher der Prinzessin Salme, später Emily Ruete, ge-widmet sei. Von ihr hatte ich noch nie ge-hört. Aber was ich in groben Zügen ver-nahm, packte mich sogleich: Eine Muslimin verliebt sich um 1860 in einen Hamburger Kaufmann, wird von ihm schwanger und muss fliehen. Sie lebt, als Christin, unglück-lich in Hamburg, verliert früh ihren Mann durch einen Unfall, versucht ihre drei Kin-der zu guten Deutschen zu machen.

«Was für ein Stoff!», dachte ich und begann schon am nächsten Tag zu recherchieren. Bald war mir klar, dass es in dieser Ge-schichte zentral um die Frage geht, auf wel-che Weise die Integration in eine fremde Kultur glücken kann oder warum sie schei-tert. Und damit leuchtet Emilys Schicksal gleichsam in unsere Zeit hinein. Mehr noch: Hinter Emily Ruete sah ich immer deutlicher die Umrisse meiner Mutter. Durch ihre Heirat wurde sie, die Bauern-tochter, in die Stadt verpflanzt, wo ihr alles völlig fremd war. Sie weinte nachts, was sie mir erst im Alter gestand, und sehnte sich zurück nach dem Bauernhof. Emily nahe-zukommen, bedeutete für mich, meine Mutter, Jahre nach ihrem Tod, in ihrer in-neren Zerrissenheit besser zu verstehen. Schreibe ich darum? Schreibe ich, um mit der Welt auch mich selbst und meine Her-kunft zu erforschen? Das mag sein. Ich werde jedenfalls weiterschreiben, Buch um Buch, so hoffe ich.

luKaS hartMaNN

Lukas Hartmann, 69, schreibt historische Romane, Geschichten für Erwachsene sowie Kinder- und Jugendbücher. Er stu-dierte Musik, Germanistik und Psychologie; heute lebt er in Spiegel bei Bern. Für sein Werk wurde Lukas Hartmann mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem «Grossen Literaturpreis von Stadt und Kanton Bern». Sein aktuelles Buch erzählt die Saga einer west-östlichen Familie:

© p

eter

Mo

siM

an

n

580 Minuten

DVD: chf 44.90

Blu-ray: chf 54.90

Die lennisters scheinen den Krieg

der fünf Könige gewonnen zu haben,

nachdem sie Stannis Baratheon eine

vernichtende Niederlage zugefügt

haben. auf robb Stark, den König

des Nordens, kommt hingegen unheil

zu, obwohl ihm das Schlachtenglück

hold ist. immer grösser wird auch die

Bedrohung des ganzen Kontinents

Westeros durch die armee der Wild-

linge, die ihren Marsch gegen Süden

unaufhaltsam fortsetzt. und jenseits

der Meerenge sammelt Daenerys tar-

garyen ihre Kräfte, um den eisernen

thron zurückzuerobern.

Wer bereits vom Game-of-thrones-

Virus befallen ist, wird sich die dritte

Staffel der Serie nicht entgehen lassen.

und er wird nicht enttäuscht werden

von dieser Verfilmung der Bestseller

von George r.r. Martin.

faNtaSy

game of Thrones – staffel 3

97 Minuten

DVD: chf 19.90

Die zehnjährige Wadjda hat einen

traum. Sie träumt vom grünen Velo,

das sie auf ihrem Schulweg in einem

Spielzeuggeschäft sieht. Denn damit

könnte sie endlich ihren Nachbarjun-

gen abdullah in einem rennen be-

siegen. Die Sache hat allerdings zwei

haken. Wadjda lebt in Saudi-arabien,

in einer konservativen Gesellschaft,

in der Mädchen das Velofahren nicht

gestattet ist. und Geld für das Velo

hat sie auch keines. Doch die lebens-

lustige Wadjda macht sich mit viel

unternehmergeist und hartnäckigkeit

daran, die nötigen finanziellen Mittel

aufzutreiben.

für ihren berührenden und gleich-

wohl witzigen film über eine kleine

rebellion wurde die saudische regis-

seurin haifaa al Mansour mehrfach

ausgezeichnet.

DraMa

das mädchen wadjda

98 Minuten

DVD: chf 19.90

Blu-ray: chf 24.90

im Königreich arendelle herrscht ewi-

ger Winter. Grund dafür ist elsa, die

neue Königin des reichs. Sie verfügt

über magische Kräfte, die sie lange

mit Müh und Not unter Kontrolle

halten konnte. Doch dann verlor elsa

die Beherrschung – und damit auch

die Kontrolle über ihre Macht. Nun

macht sich elsas jüngere Schwester

anna auf den beschwerlichen Weg

durch das winterliche Königreich, um

die eiskönigin wider Willen in ihrem

eispalast in den Bergen zu finden.

Der Disney-film «Die eiskönigin –

Völlig unverfroren» ist lose inspiriert

vom bekannten Märchen «Die

Schneekönigin» von hans christian

andersen und bietet einen rasanten

animationsfilmspass für Jung und alt.

aNiMatioNSfilM

die eiskönigin – völlig unver- froren

146 Minuten

DVD: chf 19.90

Blu-ray: chf 24.90

Katniss und Peeta müssen erneut in

die arena. Mit einer list überlebten

beide im ersten teil der filmserie die

hungerspiele. Doch damit ermutigten

sie auch die unterdrückte Bevölke-

rung zur rebellion gegen das regime.

also setzt Präsident Snow alles daran,

Katniss‘ Glaubwürdigkeit als Symbol-

figur der rebellion zu zerstören. Das

soll mit einer Spezialauflage der töd-

lichen hungerspiele gelingen, in der

bisherige Sieger der Spiele gegenein-

ander antreten. Doch im hintergrund

reift ein anderer, grösserer Plan.

Die Verfilmung des zweiten romans

der «Panem»-trilogie von Suzanne

collins bietet noch mehr überra-

schungen als der erste teil – den man

allerdings kennen muss, um «catching

fire» zu verstehen. Die filme also

gleich im Doppelpack kaufen!

ScieNce-fictioN

die Tribute von panem – Catching Fire

FIlmTIpps | 49 48 | kOlumne Books nr. 1/2014

Page 26: Books Magazin

Märchen reloadedMärchen durchdringen unsere Kultur und bezaubern Kinder und Erwachsene. Das Landesmuseum Zürich be-leuchtet verschiedene Facetten dieses Phänomens und würdigt die grosse Märchenerzählerin Trudi Gerster.

Benjamin gygax

Das Landesmuseum präsentiert uns Ge-genstände aus vergangenen Tagen, weil diese oft eine lange und interessante Ge-schichte erzählen können. Jetzt sei im Lan-desmuseum Zürich eine Ausstellung zu sehen, bei der es sich für einmal umge-kehrt verhalte, sagt Museumsdirektor And-reas Spillmann: «Die Geschichten standen am Anfang, als wir eine Ausstellung über Trudi Gerster und Märchen planten, dann haben wir die passenden Objekte dazu ge-sucht.» Die Sucharbeit der beiden Kurato-ren Pascale Meyer und Walter Keller hat sich gelohnt. Die Ausstellung «Märchen, Magie und Trudi Gerster» führt vom Mittel-alter bis in die Gegenwart und zeigt Gegen-stände, die für Besuchende jeden Alters einen Gewinn darstellen.

800 Jahre alte entdeckungDie Ausstellung beginnt mit einem Blick auf die orientalischen Märchen. Als Beson-derheit ist hier eine Abbildung der Hand-schrift «101 Nacht» von 1234 zu sehen. Die Orientalistin Claudia Ott entdeckte die kleine Schwester der bekannten Geschich-tensammlung erst vor wenigen Jahren beim Gang durch eine Ausstellung: «Mir fiel eine Handschrift auf, die etwas abseits der anderen in einer Vitrine mit Kunstob-

101 nachtclauDia ott/ aGa KhaN MuSeuM329 seitenCHF 74.90manesse

Tausendund-eine nachtclauDia ott696 seitenCHF 44.90C.H.Beck

das grosse märchenbuchchriStiaN Strich (herauSGeBer), tatJaNa hauPt-MaNN (illuStratio-NeN)662 seitenCHF 70.00diogenes

die schönsten märchen der schweizDirK VaihiNGer (herauSGeBer), DoriS lecher (illuStratio-NeN)204 seitenCHF 29.90nagel & kimche

Trudi gerster erzähltCHF 10.9045 minutenswissandfamous

das landesmuseum zürich entführt gross und klein in die märchenwelt.

jekten aus Andalusien lag. In roter Tinte und einem sehr altertümlichen, maghrebi-nischen Schriftstil las ich die Überschrift: ‹kitâb fîhi hadîth mi’at layla wa-layla – Das Buch mit der Geschichte von Hundertund-einer Nacht› – und war sofort elektrisiert.» Das Manuskript wurde inzwischen von Claudia Ott übersetzt und veröffentlicht.

wertvolle Originale europäischer erzählerNicht weniger bedeutend ist ein Ausstel-lungsstück in der sogenannten «Schatz-kammer» des Landesmuseums: Hier kann man einen Blick auf eine Handschrift wer-fen, mit der die Brüder Grimm 1810 zwei Märchen festhielten. Daneben liegen Sche-renschnitte, die Hans Christian Andersen kunstvoll anfertigte. An einem anderen Ort ist eine der 22 noch erhaltenen Erstausga-ben von «Alice’s Adventures in Wonder-land» aus dem Jahr 1865 zu sehen. Sogar Originale einer echten Königin gibt es zu bestaunen: Margrethe II., Königin von Dä-nemark, ist begabte Illustratorin und Desi-gnerin. Sie schuf 2009 die Kostüme und Dekors zur Verfilmung des Andersen-Mär-chens «Die wilden Schwäne». Das Landes-museum stellt die Kleider und Dekors im Original aus.

die märchen-königin der schweizAuch die Schweiz hatte eine Königin: Die Märchen-Königin Trudi Gerster, die durch ihre Auftritte an der Landesausstellung 1939 in Zürich bekannt wurde und vor rund einem Jahr verstarb. Ein eigener Raum der Ausstellung ist diesem Schwei-zer Phänomen gewidmet. In einem bezau-bernden Märchenwald steht der Thron, auf dem Trudi Gerster so oft sass und die Zuhörenden in ihren Bann zog. Gross und Klein können hier ihren Erzählungen lau-schen und Bilder von Andreas Jenni be-wundern. Beim Künstler handelt sich um Trudi Gersters Sohn; er teilt ihre Begeiste-rung für Märchen und arbeitet als Illustra-tor und Erzähler.

märchen durchdringen unsere kulturWie stark Märchen bis heute wirken, be-legt der letzte Raum der Ausstellung. Hier sind neben Ausschnitten moderner Mär-chenverfilmungen aus Hollywood auch Bil-der von Tomi Ungerer und grossflächige Fotografien von Annelies Strba und Nan Goldin zu sehen. Beide liessen sich auf un-terschiedliche Art von der Fantasiewelt der Märchen inspirieren und schufen Bilder, die einen eigenen Zauber ausstrahlen.

Books: Was hat Sie veranlasst, dem Thema Märchen eine Ausstellung zu widmen?Pascale Meyer: Der Anstoss dazu war, dass wir Trudi Gerster in einer Ausstellung würdigen wollten. Deshalb sind wir auch froh, dass sie vor ihrem Tod noch von unseren Plänen erfuhr und dass uns ihre Familie mit ihrem Wissen und Objekten aus dem Nachlass grosszügig unterstützte.Walter Keller: Es ging uns aber auch darum, einer Erzählform zu ihrem Recht zu verhelfen, die von Erwachsenen oft unterschätzt wird. Märchen öffnen Gross und Klein ein Fenster zu Möglichkeitsfor-men und nehmen mit ihrem Zauber eigentlich Filme und Games des digitalen Zeitalters vorweg. Deshalb wollten wir Märchen mit der Ausstellung re-aktualisie-ren – sie könnte auch «Märchen reloaded» heissen.

Dennoch, haben Märchen nicht an Bedeutung verloren?Pascale Meyer: Der Aargauer Illustrator Felix Hoffmann, dessen Bücher bei uns zu sehen sind, verkaufte in den 1970er-Jah-ren eine unglaubliche Auflage von 600’000 Büchern. Sie werden bis heute in Südkorea gedruckt. Das Kino hat in den letzten Jahren immer mehr populäre Märchen-Verfilmungen gezeigt, und die Kultur ist durchdrungen von Märchen-Themen. Das zeigen auch die Fotoarbeiten von Annelies Strba und Nan Goldin in unserer Ausstel-lung.

pascale meyer und walter keller: «märchen sind auch heute ein Fenster zu möglichkeitsformen.»

«Wir wollten das Monument Trudi Gerster würdigen»

Märchen- Empfehlungen

MärcheNhafte aNläSSe 15. mÄrz: «zwerg, prInzessIn, zauBerkugel» Kinder schlüpfen mit der Märchenerzäh-lerin Verena Jenny in rollen und spielen Märchen.

23. mÄrz: «spIegleIn, spIegleIn an der wand, wage dICH Ins mÄrCHenland» führung für Kinder mit anschliessendem theaterspiel, geleitet vom theaterpäda-gogen Beni Müller. 5. aprIl: Tagung «das mÄrCHen sInd wIr» ein Samstag mit verschiedenen Vorträ-gen und Kinderprogramm «abrakadabra und Simsalabim».

25. mÄrz, 8./22. aprIl, 6. maI. Öffentliche führungen durch die ausstellung Informationen zur Ausstellung und zu Veran-staltungen: www.nationalmuseum.ch/zuerich

50 | landesmuseum Books nr. 1/2014 landesmuseum | 51

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