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Brand Delivery – Erfolgsfaktor der Markenführung Klar formulierte und differenzierende Markenstrategien haben großen Einfluss auf den Markenerfolg. Viele Unternehmen schaffen es jedoch nicht, die Marken- strategien mit dem gewünschten wirtschaftlichen Erfolg umzusetzen. Anhand einer empirischen Studie wird im Beitrag analysiert, warum Unternehmen oft an der Strategieumsetzung scheitern. Christoph Burmann, Anna Maleen Ulbricht 12 Marketing Review St. Gallen 6 | 2013 Schwerpunkt | Markenerlebnisse managen

Brand Delivery — Erfolgsfaktor der Markenführung

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Brand Delivery – Erfolgsfaktor der MarkenführungKlar formulierte und differenzierende Markenstrategien haben großen Einfluss auf den Markenerfolg. Viele Unternehmen schaffen es jedoch nicht, die Marken-strategien mit dem gewünschten wirtschaftlichen Erfolg umzusetzen. Anhand einer empirischen Studie wird im Beitrag analysiert, warum Unternehmen oft an der Strategieumsetzung scheitern.

Christoph Burmann, Anna Maleen Ulbricht

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Ein Schlüsselthema der Unternehmensführung ist seit vielen Jahren die kon-sistente Führung von Marken. Im Jahr 2010 haben deutsche Unternehmen mit Markenartikeln oder -dienstleistungen knapp 900 Milliarden Euro er-wirtschaftet. Dies entspricht in etwa 80 % der deutschen Exporte oder den gesamten jährlichen Umsätzen aus den Branchen Handel, Gastgewerbe, Ver-kehr, Informations- und Kommunikationswirtschaft (McKinsey/Marken-verband 2011, S. 3). Daher sind Wissenschaft und Praxis sich einig, dass Marken wichtige Werttreiber für Unternehmen sind. Diese hohe Relevanz von Marken konnte auch in einer Anfang 2012 veröffentlichten Studie von PricewaterhouseCoopers erneut belegt werden: 91 % der Unternehmen zäh-len dort Marken zu den wichtigsten Einflussgrößen für den Unternehmens-erfolg. Bei der Hälfte der untersuchten Unternehmen war der Markenwert für mindestens 50 % des Unternehmenswertes verantwortlich (Pricewater-houseCoopers AG 2012).

Ziel dieses Beitrages ist es, die hohe Markenrelevanz und die erfolgsent-scheidende Bedeutung von „Brand Delivery“ anhand einer im Jahr 2012 durchgeführten empirischen Studie zu belegen. Dafür wird zunächst der Werttreiber Marke in den theoretischen Rahmen der identitätsbasierten Markenführung eingeordnet. Darauf aufbauend werden die zentralen Er-gebnisse der Studie erläutert und Implikationen abgeleitet.

Werttreiber MarkeDie Funktionen von Marken für ihre Bezugsgruppen erklären die hohe Be-deutung von Marken. Eine Marke verfügt vereinfacht über drei Funktionen: •die Orientierungs- und Informationsfunktion, •die Vertrauensfunktion sowie •die symbolische Funktion (Burmann/Halaszovich/Hemmann 2012, S. 2 f.). Die zentrale Herausforderung für die Markenführung ist dabei die wach-sende Austauschbarkeit von Marken – vor allem aus Sicht der Nachfrager. Einem Großteil von Marken fehlt es heute an Differenzierungskraft. Die Kaufentscheidung der Nachfrager zugunsten einer Marke basiert deswegen häufig nur noch auf einem Preisvergleich. Mithilfe der identitätsbasierten Markenführung kann es Unternehmen gelingen, die notwendige Differen-zierungskraft für Marken zu erzeugen und so die Marke langfristig erfolg-reich zu führen.

Prof. Dr. Christoph Burmannist Inhaber des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM) und Professor für Marketing und Markenmanagement am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Exzellenz Universität, Bremen.E-Mail: [email protected]

Anna Maleen Ulbricht (M.Sc.)ist wissenschaftliche Mitarbeiterin/ Doktorandin am Lehrstuhl für innovatives Markenmanagement (LiM) an der Exzellenz Universität, Bremen. E-Mail: [email protected]

„Einem Großteil von Marken fehlt es heute an Differenzierungskraft. Die Kaufent-scheidung der Nachfrager zugunsten einer Marke basiert deswegen häufig nur noch auf einem Preisvergleich.“

Studientipp•Informationen und Studienergebnisse zum Beitrag unter http://bit.ly/RnaBEr

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Identitätsbasierter MarkenmanagementprozessMarken werden seit Jahren in Wissenschaft und Praxis sehr unterschiedlich definiert. Im Rahmen der identitätsbasierten Markenführung wird unter dem Begriff Marke in Anlehnung an Keller (2008, S. 3 f.) „ein Nutzenbün-del mit spezifischen Merkmalen“ verstanden, die „dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevanter Zielgruppen nachhaltig differenziert“ (Burmann/Blinda/Nitschke 2003, S. 3).

Dieses Verständnis grenzt sich klar von anderen Markendefinitionen ab, die eine Marke als ein Zeichenbündel (Welling 2003), ein gewerbliches Schutzrecht (Schröder 2001), ein Vorstellungsbild im Kopf der Konsumen-ten oder ein markiertes Produkt (Mellerowicz 1963) definieren. Viele Mar-kenführungskonzepte konzentrieren sich primär auf eine auf den Absatz-markt ausgerichtete Sichtweise (Outside-in-Perspektive). Die identitäts-basierte Markenführung geht über diese Betrachtungsweise hinaus. Sie erweitert die Markenführung um eine innengerichtete, unternehmensbezo-gene Perspektive (Inside-out). Die Markenidentität rückt dadurch als Selbst-bild der Marke aus Sicht der internen Zielgruppen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Identität einer Marke umfasst „diejenigen raum-zeitlich gleichartigen Merkmale der Marke, die aus Sicht der internen Zielgruppen in nachhaltiger Weise den Charakter der Marke prägen“ (Burmann/Meffert 2005, S. 49).

Quelle: Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 360

Abb. 1 Grundidee des identitätsbasierten Markenmanagements

Marken - bedürfnisse

Marken erlebnis

Markennutzen-versprechen

Markennutzen-versprechen

Markennutzen-versprechen

Markenverhalten

Selbstbild derinternen Zielgruppen Marke-Kunden-

Beziehung

Führungskonzept:Markenidentität

Marktwirkungskonzept:Markenimage

Fremdbild derexternen Zielgruppen

Kernthese 1Marke wird zu eng definiert und nach wie vor vielfach mit Werbung gleichgesetzt.

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Im Kern des identitätsbasierten Markenführungsansatzes steht die Wech-selseitigkeit zwischen dem Markenimage (externe Markenwahrnehmung) und der Markenidentität (interne Reflexion des eigenen Handelns, siehe Abbildung 1). Finales Ziel der Markenidentität ist die Kommunikation eines kaufverhaltensrelevanten und glaubwürdigen Kundennutzens, der im täg-lichen Verhalten aller Mitarbeiter an allen Markenkontaktpunkten (Brand Touchpoints) gelebt wird (Burmann/Halaszovich/Hemmann 2012, S. 28 f.). Eine klare Definition der Markenidentität und eine konsistente Umsetzung des versprochenen Kundennutzens sind grundlegend, damit sich ein kla-res Markenimage bei den unternehmensexternen Anspruchsgruppen formen kann.

Die richtige Formulierung und konsistente Einlösung des Markennutzen-versprechens (Markenpositionierung) ist der Schlüssel zum Erfolg einer Marke (siehe Abbildung 1). Eine dominierende Stellung der eigenen Marke in der Psyche der Bezugsgruppen und das Erreichen einer ausreichenden Differenzierung gegenüber Wettbewerbsmarken sind die Ziele der Marken-positionierung. Hierdurch werden Erwartungen aufgebaut. Um diese Mar-kenerwartungen an allen Markenkontaktpunkten nicht zu enttäuschen, muss das Verhalten der internen Zielgruppe der Markenpositionierung ent-sprechen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012, S. 360 f.). Der Management-prozess der identitätsbasierten Markenführung dient dazu, alle Maßnahmen zur Planung, Koordination und Kontrolle der Marke zielführend zu koordi-nieren. Er umfasst fünf Prozessschritte: 1. Markenanalyse, 2. Entwicklung der Markenstrategie inklusive Markenpositionierung, 3. konsequente Umsetzung des strategischen Plans über alle Elemente des

Marketing-Mix, 4. Schaffung von strategieadäquaten Markenerlebnissen an allen Kontakt-

punkten und 5. professionelle Steuerung der Marke im Rahmen des Markencontrollings

(Burmann/Halaszovich/Hemmann 2012). Die Relevanz dieser Prozessschritte, mit Hauptaugenmerk auf die konse-quente Umsetzung der Markenstrategie (siehe Prozessschritt 3), wurde in-nerhalb einer empirischen Studie untersucht. Im Folgenden werden die zen-tralen Studienergebnisse dargestellt.

Zusammenfassung•Die hohe Bedeutung von Marken wird sowohl in der Wissenschaft als auch Pra-xis vielfach erkannt. Daher liegt die Mar-kenverantwortung bei drei Viertel der befragten Unternehmen in der obersten Führungsebene – diese hat jedoch weni-ger Bewusstsein für die Herausforderung der Umsetzung.•Die Definition konkreter Zielgrup-pen sowie deren Bedürfnisse werden bereits in der Strategiephase vielfach vernachlässigt – der Fokus liegt viel-mehr lediglich auf formalen Schönhei-ten des Markenlogos.•Eine ganzheitliche gleichmäßige Um-setzung über alle relevanten Aspekte des Marketing-Mix ist zentraler Erfolgsfak-tor und wird oftmals nicht ausreichend berücksichtigt.

„Viele Markenführungskonzepte konzentrieren sich primär auf eine auf den Absatzmarkt ausgerichtete Sichtweise (Outside-in-Perspektive).“

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Empirische UntersuchungIm Rahmen einer im März 2012 durchgeführten empirischen Online-Stu-die wurden 77 Top-Level Manager aus deutschen Unternehmen mit min-destens 200 Mitarbeitern zum Thema „Brand Delivery“ befragt. Die Studie wurde aufgesetzt, da sich sowohl Wissenschaft als auch Praxis über die hohe Bedeutung von Marken für den Unternehmenserfolg durchaus bewusst sind. Dennoch schafft es eine Vielzahl an Unternehmen nicht, Markenstrategien mit dem gewünschten wirtschaftlichen Erfolg umzusetzen. Das zentrale Pro-blem besteht insbesondere in der konsequenten Umsetzung der zuvor for-mulierten Markenstrategie. Die Kernfrage, die anhand der Studie beantwor-tet werden soll, ist: Warum scheitern Marken oftmals an der Umsetzung?

Neben dieser Kernfrage wurde zudem das Ziel verfolgt, weitere Erkennt-nisse von Entscheidungsträgern aus Marketing und Vertrieb zu folgenden Punkten zu eruieren:•das Verständnis des Markenbegriffs sowie den aktuellen Status der Marke

im Unternehmen;•den Status der Markenumsetzung und deren Hindernisse;•die ganzheitliche Umsetzung der Markenstrategie in ein konsistentes Kun-

denerlebnis über den gesamten Marketing-Mix und über alle Kundenkon-taktpunkte hinweg.

Die 77 befragten Top-Level Manager, die Funktionen in den Bereichen Vor-stand/Geschäftsleitung (65 %), Marketingleitung (4 %), Vertriebs-/Verkaufs-leitung (25 %) sowie Leitung Unternehmensentwicklung (6 %) einnehmen, wurden über einen standardisierten, geschlossenen Online-Fragebogen von etwa zehn Minuten Dauer befragt. Insgesamt ergab sich eine große Streu-ung der Stichprobe über Unternehmensgrößen und Branchen hinweg. Ein Großteil der befragten Unternehmen ist in der Banken- und Versicherungs-branche (26 %), Handels- und Konsumgüterbranche (18 %) oder im Anla-genbau sowie der Industriegüterbranche (13 %) tätig. Weitere vertretene Branchen sind unter anderem IT & Telekommunikation (9 %), Gesundheit und Pharma (7 %), Tourismus und Verkehr (7 %), Chemie (4 %) oder Bau, Modernisierung und Sanierung (3 %).

ErkenntnisseDie wichtigste Erkenntnis der Studie ist, dass dem Großteil der Unterneh-men die hohe Bedeutung von Marken durchaus bewusst ist. Es gelingt vielen jedoch nicht, die festgelegte Markenstrategie mit dem gewünschten wirt-schaftlichen Erfolg umzusetzen. In knapp 70 % der Unternehmen ist, zumindest nach offizieller Sprachregelung, Marke heute Chefsache. Nichts-destotrotz wurde deutlich sichtbar, dass es der Mehrheit der Unternehmen nicht gelingt, ihre Markenziele zu erreichen.

Die Hauptursachen der vielfach verfehlten Markenziele liegen in der häu-fig mangelnden Professionalität der Markenführung sowie dem stark ver-kürzten Markenverständnis. Die Chefs beschäftigen sich zu oft lediglich mit formalen Schönheiten von Markenlogos und nicht mit den tatsächlichen Wünschen ihrer Zielgruppe oder der konsequenten Umsetzung der Mar-

Kernthese 2Markenstrategien sind inner-halb des Unternehmens nicht ausreichend umgesetzt und oftmals nicht auf die Unterneh-mensstrategie abgestimmt.

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n = 77 Befragte aus der Geschäftsleitung und Entscheidungsträgern aus Marketing/Vertrieb von mittleren und großen Unternehmen ab 200 Mitarbeiter

Quelle: LiM/Keylens 2012

Abb. 2 Markenführung ohne Ziele und ohne Zielgruppenfokus

kenstrategien an allen Kundenkontaktpunkten. Das Verständnis von Mar-ken wird laut Ergebnissen der Studie zudem nach wie vor nur auf formale Aspekte und Images reduziert. Dementsprechend überrascht es an dieser Stelle nicht, dass sich bei 73 % der befragten Unternehmen die Aufgaben der Markenführung nur auf die Logogestaltung und bei 64 % auf die Messung von Markenimages in Marktforschungsstudien beschränken. Aus diesem stark verengten Verständnis der Markenführung resultiert, dass Marke und Unternehmensstrategie nichts miteinander zu tun haben. Das häufig auf-tauchende PR-Statement „Marke ist bei uns Chefsache“ verkommt so zu ei-nem Lippenbekenntnis.

Zielgruppenanalyse als VoraussetzungUm die Unternehmensstrategie mit der Markenführung zu verknüpfen, ist ein erster wichtiger Schritt die gründliche Analyse der relevanten Zielgrup-pen der Marke und deren Bedürfnisse. Die Wichtigkeit der Zielgruppenbe-dürfnisse und eine darauf ausgerichtete Markenpositionierung werden von den befragten Unternehmen durchaus erkannt. Die Studienergebnisse zei-gen aber auch, dass nur 53 % der befragten Unternehmen tatsächlich eine Analyse der relevanten Zielgruppe vornehmen und nur 42 % klare Marken-ziele definieren (siehe Abbildung 2). Aufgrund der Basis dieser Ergebnisse überrascht es nicht, dass markenbezogene Zielvorgaben für das Verhalten von Mitarbeitern – vor allem an den Kundenkontaktpunkten – bei einer Vielzahl der befragten Unternehmen ebenso wenig Bestandteil der Marken-führung sind wie eine darauf ausgerichtete Gestaltung der Anreizsysteme.

Leider wird „Marke“ häufig auf Name und Logo reduziert

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Grad der Zustimmung (Top 2 Box)

53 %

Grad der UmsetzungWichtigkeit

73 %

42 %

58 %

51 %

45 %

77 %

77 %

62 %

69 %

83 %

83 %

Priorisierung der Zielgruppen & Kenntnis Zielgruppenbedürfnisse

Unverwechselbarkeit Markenname/Logo

Klar definierte Markenziele

Klares Verständnis der Markenidentität

Klare Markenarchitektur für weiteres Wachstum

Klare Markenpositionierung über rationale und emotionale Nutzen

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Die Erfolgspotenziale der Marke und einer modernen Markenführung wer-den somit nicht hinreichend ausgeschöpft.

Die Schwierigkeit, mit der sich viele Unternehmen konfrontiert sehen, ist die konsequente und professionelle Umsetzung der Markenstrategie und der Markenpositionierung. Für 63 % der befragten Manager ist die Umsetzung einer Markenstrategie eine größere Herausforderung als deren eigentliche Erarbeitung (siehe Abbildung 3). Wie ist es jedoch dann zu erklären, dass trotz Chef-Einbindung viele Marken an der Umsetzung scheitern und des-wegen ihre Ziele nicht erreichen?

Die Antwort auf die Frage scheint offenkundig: Offiziell trägt die Unter-nehmensleitung zwar die Markenverantwortung, es fehlt ihr aber in vielen Fällen das notwendige Problembewusstsein für die enormen Herausforde-rungen der Markenumsetzung (Brand Delivery). Die große Gefahr besteht darin, dass Markenprojekte durch die Unternehmensleitung falsch priori-siert und personelle wie finanzielle Ressourcen nicht optimal allokiert werden. Daher verwundert es dann nicht, dass die Ergebnisse der Studie hinsichtlich des „Return on brand investment“ sehr ernüchternd sind und nur etwa die Hälfte der Unternehmen mit den Ergebnissen der in die Marke

1) Top 2 Boxes in %n = 77 Befragte aus der Geschäftsleitung und Entscheidungsträgern aus Marketing/Vertrieb von mittleren und großen Unternehmen ab 200 Mitarbeiter

Quelle: LiM/Keylens 2012

Abb. 3 Herausforderung Brand Delivery wird von Markenverantwortlichen häufig nicht wahrgenommen

Zentrale Herausforderung im Markenmanagement-Prozessist die Markenumsetzung …

Markenmanagement-Prozess

Erfüllungs-grad1)

69 %65 %

58 %

39 %44 %

Umsetzung

Umsetzung

Strategie

Strategie

Geschäftsführung/Vorstand

Leitung Marketing/Vertrieb

Größte Herausforderung ist …

… die im Bewusstsein derMarkenverantwortlichen kaum verankert ist.

Herausforderung(Brand Delivery)

UmsetzungStrategieAnalyse Kunden-erlebnis Steuerung

52 %

63 %

48 %

37 %

Kernthese 3Die große Herausforderung besteht nicht in der Entwick-lung, sondern in der Umset-zung von Markenstrategien.

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getätigten Investitionen zufrieden ist. Die Markenumsetzung und Erzeu-gung von Kundenerlebnissen sind offenbar die größte Herausforderung für die Markenführung. Hier existieren demzufolge vermutlich auch die größ-ten Optimierungspotenziale. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass der Professionalisierungsgrad der befragten Unternehmen bei der Brand Delivery am niedrigsten ist: Während sich 69 % der befragten Unternehmen bei der Markenanalyse noch gut aufgestellt sehen, sind es nur noch 39 % bei der Schaffung strategieadäquater Kundenerlebnisse (siehe Abbildung 3).

Ein klares Muster hinsichtlich der Markeninvestitionen ist bei einem di-rekten Vergleich von erfolgreichen und erfolglosen Unternehmen (Auftei-lung laut Selbsteinschätzung der Befragten) erkennbar. Eine konsequente Übersetzung der Markenstrategie in alle Bereiche des Marketing-Mix erzie-len diejenigen Unternehmen, die ihre Markenziele erreicht haben. Darüber hinaus sehen erfolgreiche Unternehmen das Thema Marke im Allgemeinen etwas breiter als nicht erfolgreiche Unternehmen. Sie beschränken das Mar-kenverständnis nicht nur auf Logogestaltung und Image. Des Weiteren sind erfolgreiche Unternehmen auch erkennbar weiter bei der strategieadäqua-ten Ausgestaltung der Kundenkontaktpunkte mit der Marke, beim konsis-

1) In Anlehnung an die sog. „7 Ps“ nach Meffert/Bruhn; ohne „Physical Facilities“, da keine valide Abfrage möglich2) Jene, die nach eigenen Angaben die mit den Markeninvestitionen die angestrebten Ziele erreicht haben

Quelle: LiM/Keylens 2012

Abb. 4 Ganzheitliche Umsetzung über alle relevanten Aspekte des Marketing-Mix wird meist nicht konsequent verfolgt

40 %

Nicht erfolgreiche Unternehmen

Erfolgreiche Unternehmen2)

35 %

39 %

25 %

25 %

25 %

61 %

Konsistenter Auftritt und Verhalten der Vertriebs- & Handelspartner

Leistungsangebot gibt angestrebte Positionierung wieder

Systemische Erfolgskontrolle der Investitionen

Preis-Leistung passt zur Positionierung

Regelmäßige Mitarbeiterschulung zum Thema Marke

Definition und Ausgestaltung der zentralen Kontaktpunkte

60 %

55 %

56 %

69 %

Nicht erfolgreicheUnternehmen (47 %)

ErfolgreicheUnternehmen2) (53 %)

Promotion

Place

Product

Processes

Price

People

67 %

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Umsetzungsgrad Marketing-ElementeGrad der Zustimmung (Top 2 Box)

Zentrale Unterschiede erfolgreiche2) versus nicht erfolgreiche Unternehmen

Umsetzungsgrad (Top 2 Box)

58 %19 %

66 %25 %

61 %39 %

54 %17 %

56 %25 %

59 %17 %

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tenten Auftritt der Vertriebs- und Handelspartner, bei der Marken- und Kundenorientierung der Mitarbeiter und hinsichtlich einer mit Ressourcen, Prozessen und Strukturen gut ausgestatteten Markenorganisation (siehe Abbildung 4).

Implikationen für die PraxisZunächst scheint es notwendig zu sein, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Marken nur dann zur Zielerreichung von Unternehmen beitragen kön-nen, wenn sie auf die Befriedigung klar definierter Zielgruppenbedürfnisse ausgerichtet sind. Dies kann nur dann erreicht werden, wenn die Marken-führung eng mit der Unternehmensstrategie verknüpft ist. Des Weiteren muss innerhalb der Unternehmen die notwendige Einsicht dafür geschaffen werden, dass die eigentliche Arbeit erst mit der Fertigstellung der Marken-strategie beginnt. Die professionelle Umsetzung der Markenstrategie bedeu-

tet entgegen dem derzeitig vorherrschenden Verständnis eben nicht nur, gute Werbung und PR zu machen, sondern die Ausgestaltung der Marken-strategie auf alle Kundenkontaktpunkte einer Marke zu erweitern. Der wich-tigste Hebel dabei ist das markenbezogene Verhalten aller Mitarbeiter (Pieh-ler 2011). Nur wenn jeder Mitarbeiter die Markenidentität, -positionierung und -strategie kennt und weiß, wie er sich in seinem täglichen Handeln an seinem Arbeitsplatz verhalten soll, können markenkonforme Kundenerleb-nisse geschaffen und der Erfolg der Markenführung sichergestellt werden.

FazitViele Branchen sind heutzutage durch sinkende Differenzierungspoten ziale, steigende Kundenerwartungen, eine wachsende Zahl an Vertriebs- und Kommunikationskanälen und einen zunehmenden Wettbewerbsdruck gekennzeichnet. Daher ist es schwieriger geworden, ein konsistentes Markenerlebnis an allen Kundenkontaktpunkten sicherzustellen. Umso mehr gilt: Nur durch eine konsequente Umsetzung einer differenzierenden Markenstrategie kann der Werttreiber Marke erfolgreich sein Umsatz- und Ertragspotenzial entfalten.

Handlungsempfehlungen•Markenverantwortung und Marken-kompetenz sollten nicht getrennt von-einander, sondern unbedingt zusam-men gesehen werden.•Eine gründliche Analyse der Ziel-gruppenbedürfnisse stellt die Basis dar, um eine darauf ausgerichtete Marken-positionierung ableiten und umsetzen zu können.•Die Markenumsetzung muss wie ein ordentliches Projekt geplant werden: Neben der Definition konkreter Hand-lungsfelder über alle Bereiche des Mar-keting-Mix müssen idealerweise alle kundenrelevanten Funktionen des Un-ternehmens eingebunden werden.

„Einem Großteil der Unternehmen ist die hohe Bedeutung von Marken durchaus bewusst. Es gelingt vielen jedoch nicht, die festgelegte Markenstrategie mit dem gewünschten wirtschaftlichen Erfolg umzusetzen.“

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Burmann, C./Meffert, H. (2005): Theoretisches Grundkonzept der identitätsorien-tierten Markenführung, in: Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (Hrsg.): Markenma-nagement – Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 37-72.

Keller, K. L. (2008): Strategic brand management: building, measuring, and mana-ging brand equity, 3. Aufl., New York/USA.

LiM/Keylens (2012): Excellence in „Brand Delivery“. Fehlanzeige beim Kundener-lebnis – Marken scheitern häufig in der Umsetzung. Studie des Lehrstuhls für inno-vatives Markenmanagement (LiM), Universität Bremen und KEYLENS Management Consultants.

McKinsey/Markenverband (2011): Die Marke macht’s – Die Bedeutung der Marke und Markenindustrie in Deutschland, Düsseldorf.

*a Meffert, H./Burmann, C./Kirchgeorg, M. (2012): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispie-le, 11. Aufl., Wiesbaden. (ID: 2356984)

Mellerowicz, K. (1963): Markenartikel. Die ökonomischen Gesetze ihrer Preisbil-dung und Preisbindung, 2. Aufl., München.

*a Piehler, R. (2011): Interne Markenführung: Theoretisches Konzept und fallstu-dienbasierte Evidenz, Wiesbaden. (ID:1812782)

PricewaterhouseCoopers AG (2012): Markenstudie 2012, München.

Schröder, H. (2001): Neue Entwicklungen des Markenschutzes, in: Köhler, R./Majer, W./Wiezorek, H. (Hrsg.): Erfolgsfaktor Marke – Neue Strategien des Markenma-nagements, München, S. 309-322.

Welling, M. (2003): Ökonomik der Marke: Ein Beitrag zum Theorienpluralismus in der Markenforschung, Wiesbaden.

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Von der Verlagsredaktion empfohlenPiehler, R.: Markenwissen als Zielgröße der internen Markenführung, in: Piehler, R.: Interne Markenführung – Theoretisches Konzept und fallstudienbasierte Evidenz, Wiesbaden 2012, S. 129-192,

www.springerprofessional.de/1812796

Baumgarth, C. (Hrsg.): Aufbau starker B-to-B-Marken, in: Baumgarth, C.: B-to-B-Marken-führung – Grundlagen – Konzepte – Best Practice, Wiesbaden 2010, S. 733-748,

www.springerprofessional.de//1839472

Kernthese 4Das Kundenerlebnis wird nicht ganzheitlich gesehen und des-halb auch nicht konsequent und stringent über alle sieben Ps und über alle Kontaktpunkte hinweg umgesetzt.

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