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6B C. Bolte: Briefliches tiber den: ~on friihester Kindheit an mit Liebo zugethaa war" unA a~f deasan Bil4 ich lebenslan~ nur mit Gefiihlea aufrichtigste~ Ver- ohrun~ hinblick, n werde. Wi;tten:~ im N~veml~ev t865. Br/eflfehes fiber den Feisen~egler, r 2flelba Illig. Von Dr.,, Carl Bolle. ]~rrn ]?remier-Lieutenant Alexander v. Homeyer zu Posen, OasamiGciola auf Ischia, 4. Juli ]264. Werther Freund! -.. , , , , _.E~ ist unmOglich, ~iah ein, in gleioh~m ~aasse batlttt~ nn6 btmcb~ei,hos und vogelarmesLltndchen vorzustollon, sis eses Isehia, lem ich jetzt, nach mehr als eiamonat- lich~m Aufenthalte, Wegzt~geh~n im Begri~ bin, um mich zttWr- dezst -wahrscheinlich nach ~apri zu: wondem Dex* Grtti~d ist. gewi~s iJa niehts A~derem, als in der tlurch d~e starlte Bsv0lkerung Systematisch betriebenen Vertitgung :*o~a AHem Was Federn hat, zu suchen. Wie grimmig wiirde tier setig~e Qlb~er hiei-~ei~e Stirn ~er~inzelt haben! Wa~ es dO~h selbst mlr, del~ feb die Dirge d.u.rchaus nicht mit~der Brffle eines orm'tho- It~ischen Moralpredi~e~s anseh%~bisweilen zu arg. Zur Zugzett sell der Wald bis zum Gipfel des EpOtn'eo hinauf bacbStablidh mit Schlingen gespickt sein.~) Kaum. wagt Jemand, aus Fureht vor der Jagdltist ~einer Mitb~irger, HauStauben zu :hal~e~; WV dies geschiehti ~.ieht man Wentgstens nut Soften, die Sictt veto ~ettM~t m~gIichst Wenig entfernen. 'Nur etliche Arten ~zo~ Singv~geln bieten dem Feinde Tr~z tihd ,eHieren Sieh, Wenig :in~ividuenreidh~ inmitteI~ tier Weingal~vn !) Nicli't allein ist der Wald dies wirklich, sondern es sind die fr~ien Im Fruhling such m1~ emer g~bssen Menge Yon KIappfallbl~b~- ~ettt, mit~J~t #e~lt~er ~:~omfi~t~-lt die Knsben- tlem Vogelfa~g aufs Ei~i~ste obliegen. Die Arten, welche ich im Apr~ 1865 am hs gef~b ~v~r- den sah, waren S~cola o~anthe und der Gartenrothschwanz. Auch ~a.~co/a atapa~ma befaud sich nicht selten unter der Beute (iNachtr~glicheAnmerkung.)

Briefliches über den Felsensegler,Cypselus Melba Illig

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Page 1: Briefliches über den Felsensegler,Cypselus Melba Illig

6B C. B o l t e : Briefliches tiber den:

~ o n friihester Kindheit an mit Liebo zugethaa war" unA a~f deasan Bil4 ich lebenslan~ nur mit Gefiihlea aufrichtigste~ Ver- ohrun~ hinblick, n werde.

Wi;tten:~ im N~veml~ev t865.

B r / e f l f e h e s f i b e r d e n F e i s e n ~ e g l e r , r 2flelba Illig.

Von Dr.,, Carl Bolle.

]~rrn ]?remier-Lieutenant Alexander v. Homeyer zu Posen, OasamiGciola auf Ischia, 4. Juli ]264.

Werther Freund!

-.. , , , , _.E~ ist unmOglich, ~iah ein, in gleioh~m ~aasse batlttt~ nn6 btmcb~ei,hos und vogelarmesLltndchen vorzustollon , sis

eses Isehia, lem ich jetzt, nach mehr als eiamonat- lich~m Aufenthalte, Wegzt~geh~n im Begri~ bin, um mich zttWr- dezst -wahrscheinlich nach ~apri zu: wondem

Dex* Grtti~d ist. gewi~s iJa niehts A~derem, als in der tlurch d~e starlte Bsv0lkerung Systematisch betriebenen Vertitgung :*o~a AHem Was Federn hat, zu suchen. Wie grimmig wiirde tier setig~e Qlb~er hiei- ~ei~e Stirn ~er~inzelt haben! Wa~ es dO~h selbst mlr, del ~ feb die Dirge d.u.rchaus nicht mit~der Brffle eines orm'tho- It~ischen Moralpredi~e~s anseh%~bisweilen zu arg. Zur Zugzett sell der Wald bis zum Gipfel des EpOtn'eo hinauf bacbStablidh mit Schlingen gespickt sein.~) Kaum. wagt Jemand, aus Fureht vor der Jagdltist ~einer Mitb~irger, HauStauben zu :hal~e~; WV dies geschiehti ~.ieht man Wentgstens nut Soften, die Sictt veto ~ettM~t m~gIichst Wenig entfernen.

'Nur etliche Arten ~zo~ Singv~geln bieten dem Feinde Tr~z tihd ,eHieren Sieh, Wenig :in~ividuenreidh~ inmitteI~ tier Weingal~vn

!) Nicli't allein ist der Wald dies wirklich, sondern es sind die fr~ien Im Fruhling such m1~ emer g~bssen Menge Yon KIappfallbl~ b~-

~ettt, mit~J~t #e~lt~er ~:~omfi~t~-lt die Knsben- tlem Vogelfa~g aufs Ei~i~ste obliegen. Die Arten, welche ich im Apr~ 1865 am hs gef~b ~v~r- den sah, waren S~cola o~anthe und der Gartenrothschwanz. Auch ~a.~co/a atapa~ma befaud sich nicht selten unter der Beut e

(iNachtr~gliche Anmerkung.)

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Fe]senseg!er , Cy~,~elu~ Melba. 6~

und Kas~anienhaine. Voran der Finks), der Stieglitz. und unser Girlitz: le tz terer noch so leidlich zahlreich zu nennen und die Pflanzunge n h i~ 'und da mit ~eihem k!ingelnden Liedehen. erffil= Iend und ~elebenc~. ~)" Kejne einz~g.e Mstende Sohwalbenart ~, Wacli- tela n u t auf dem Zuge, dann je.d0~ch im Ueberfluss; 'fast ebehso Tt~rtel~auben. D~r ~ ~isalpinische Spat~ i n bew0hntem :und Uiibe. wohfiten Gemauer; gem aueh, W0 a.l~e Oelbaume ihmL0cher dar- bieten. DieKoh!m~ise: Die Sehwarzdrossel i nden ~ldeste .n 'und verwaehSensten Wal:d'sch!uChten. Efn Paar Grasm~icken und s~r~ueh- s~nger. Der Zau.~konig ~),; cIem G e s a n g e oder Schlage hac l i Zu urtheilen' vielleidht~auci~'der Cettisanger, an nassen i dicht um- bu:,~cl~ten Felsyand0n,: d0chmeiu'en:Augen~' aller Bemfihtmgen,'ihn zu erblieken, unge~ehtet, So gut wie unsichtbar geblieben.

VonSeevogeln habe 'ieh in den vier W0che~"und tlariiber nur einen Larus argentatus, yon Raubv0geln" alleifi 'denTh~rr~'- falken und den rothen Gabel-weih geseliefi ~i) :

1) Der Fink muss in ~icsem gliicklichen.Kilme sehr zeitig zu schlagen be- .: - ' . . ~ : ' : : " " . . - ~ . ~ " . " ~ . ' , Y ~ " . ~ ! ~ ! ~ i "~ ~ " , . ~ ) ~ . ! i F , ; i = " ~ gmnen: lm April 1st er [~erel~s zmmlich lasslg darln geworden, gem Schlag

~st:!fibrigens in tscl~ia~,kurz!abgebr0~chenUndmithin so diametra} ! als m6glicli v0n den~ guter. Reits0hisrflnken verschioden.

~) Diesen Species i~t de~,~rii~l~ng :~inz.t~zuf~gen, idesse.n: ,L~ed ich im Fr~h- ling 1865 bei Casarp~r162 zjs~liAk h~ufig hSrt~...~t~ v.erbreitest~en ist de~- s~lbe, in dem s/idwes.~lichen ebne~en Theile der Insel, dermit der Campagna 'felic~ nm 1%ap~l"am meiiten ~e~lichkeit ha~. . . . . .

*~ per ZaunkSa~g' ac~omodi~ Sichtn ItaUen denverschiedensten Klima~e~. ' ~ . ~ ! e r , i - o . . . . . . : " ; " ' �9 . ~ch begegne~e ibm an geetgnet~ Stet~en, 'yen der Alpenros~nregmn des. Ber~-

hardin an bis zu dem immergriinen Buschholz, dutch welches die heisse Sonno des Sfidens auf die ]Karmorfelsen des Littorals yon Capri Fallt. .... 4) ~[sch~a lieferte eins~ ~den I K~nigen aus: dem Hause Hohenstaufen vorz~ig~

Ii~lie Fall~en zur Baize;. ' Die Berge la Falconar~, dei Maronti: and detla ~ Guardia waren als sin Liebling~aufenthal~ ~dieser edelsten ~ aller RaubvSgel daseibst be- ~ruhmt~. '~ Ebenso iwar ~tie v0n der ~ Kultur'erst ~ sp~t :in Angriff genommene Sfid~ h~lfte 'der Inw im biittelalter mit Fasane~ bev51ker~ worden, wie viel sparer, biS ins gegenw~rtige Jahrhunder~hinein~ die henachbarten Eilande Procida:und Vivara eben dies Gefl~igel~heg~en. ': Dort ~ha~ Kaiser Friedrie~ of~ gejagt, und in der'anmuthigen, damals ~ gewiss ~ogelreichen:Wildniss der :Naturbetrach- tung~obgelegeni Sp~.tel": w~d 'diesel'be Gegend sin' bevorzugtes Jagdrevier tier Herrscher aus der Dynastie ~rag0n'. "Ir zeig~ man unwei~ des Dorfes Fansa, fn~'dem :~ie'ihre Somn~er~sche Zu"haiten pfleg~en, die Stelle~ wo, wenn sis yon deFJ~gd lieimritten, der Schatten einer ungeheuren Eiche ihre gewohnte Ruhe~ st~tte War. Der Ort heisst noch bent-davon der ,KSnigssitz".

Wenn auch "die Fasanen Isehia's l~ngst ausgerottet, seine Edelfaike~ ent~ -~eder Verschwunden oder ~ 'ins ~Dunket unbegeln~er Yergeseenheit zu.rfickgesun-

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~4 C. Bo l l e : Br~efliches fiber den

Nur-ein Vogel flfisst hfiheres Interesse ein und hat mir einigen Stoff zur Beobachtung geboten. Es ist dies der grosse, weiss- ibauchige Fe!sensegi'er (Cy2selus .Melbii), :den ich hier i n Ischia zum ers:tenma!e ' Sah, j a an dem ~h m~eh: tterzenslust Satt sehen konnte, wenn meine b0tanischen Spazierg~inge reich auf die Strandkl!ppen und Vorgeblrge oder in 'deren Nahe fiihrten. E r ist an 'diesen schwer zug~ing!ichen 0rten ~iusserst h~iufig: ein so herrlicher Fl ieger , wie es ansser dem Edelfalken wohl kelnen giebt, werth , Dir ein P a a r Worteifiberi:ihn zu sagen.

Ich sah die ersten Felsensegler iiber der Bucht y6n S. Mon- tano," beim'Dorfe Lacco, deren kleiner Seestrand zubeiden Seiten yon schroffen , k/ihn ins Meer v0rspringenden Basaiteaps begrenz t wird i beil~iufig erw~thntl einer merrier Lieblingsbadepl~itze. Es war am 8. Juni Nachmittags.

TritetirrrrrrnTrrr . . . . . . ., erklangs in der Sommerluft fiber mir. Spielend jagte sich ein P~irchen du tch den hohen Aether. Wie konnte ich deh Vogel verkennen. Vateriand ~ ~Gri~:!se. und~die b!endend weisse Unter- seite verriethen ihn mir augenblicklich. ~ .Bald gewahrte iCh;~ ohne meinen Diinensitz zu ver~hdern, ihrer Mehrere: sechs, dann aeht Stiick. So stark schien die ,kleine KoloniedeS Vorgebirges Monte Vico zu' sein,: obwohl ich' sparer ebendaselbst viel mehr Individuen auf 'e~maI :geSehcn habe.~ F~iih Nachmittags' halten sie'sich am liebsten we~t draussen uber dem Meere und an den d~esem zu- gowandten Klippen. D e r , Wellenschlag war am ersten Tage so

ken sind, wenn man auch den historischenEichbaum vergebens an de r St~tto sucht, die aus einem Jagdgehege der alten KSnige l~ngst ein gartengleicher Wohnsitz zufriedener und jetzt auch freier Landleute geworden ist, so mag es doch nicht ungeziemend erscheinen, beim Klang der Namen ,~K5nigssitz" und Punta delrImperatore einmal wieder des grossen und guten Kaisers Friedrich'II. zu gedenken. Es strah!t so ~el: Licht.~ vonflieser glanzvollen Gestalt aus iiber finstere Jahrhunderte, in denen er der erste und fast der einzige Naturforscher war, dass ich als Deutscher )und Ornitholog es' f/Jr einen Vorzug Ischia's: an. sehen muss,: auf seinem vulkanischen Boden reine wenn auch noch so leis an: gedeutete Spur seiner Fusstapfen bewahrt ZU haben.

Der See yon Bagno d~Ischia war , :so lange er nur Brakwasser enth~elt, all- j/ihrlich im November: ein Sammelplatz sehr zahlreicher Blesshiihner (Fulica atra~. Seit man ihn jedoch in den fiinfziger Jahren durch einen Durchstich mit dora Meere verbunden un d in einen besuchten und sichereu Hafen umge-

Wassers halber~ yon ibm verloren.

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Felsensegler, Cy?selu~ : Melba. 65

stark, dass ich sie nicht oder kaum horen konnte : Des Kreisens, Spielens und Jagens war kein Ende; doch fliegt der Felscnsegler nie in so gedr~ngtem Sehwarm wie d e r gemeine Mauerseg!er (CyTselus apus), sondern immer, wenn auch truppweis, S o':doch jeder Einzelneentfernter yon dem Anderen. Sons~: gleiche Liebe zur Geselligkeit. Sind Viele beisammen, so wird ihr Ruf zu einem langgezogenen Trillern, in dem ein deutliche~ R vorwaltet und Anfangs. und zuEnde etwas yore I sich einmischt. Es ist dies ein Naturlaut~ der sehr gut zu dem wildem aber lichtumflossenen Charakter der Uferlandsehaften, welehe dieser Seg le r bewohnt, passt .... Je nach dem Kommen und Gehen der VOgel sichverstar- kend oder verklingend, um:immer aufs Neue wieder an das Ohr des Beobachtenden zu schlagen, gewinnt er Bedeutsamkeit durch seine anhaltende Dauer, ich m0chte sagen, dureh seine einf0rmige Unaafh0rlichheit.

Triterrrrerrerrrrrr ........ . trirrrrrrrr .. .-. �9 Rrrrrrrrrrrrr . . . . . . teteteterrr teteterrrrrr . . ::

Einzelne fliegende Felsensegier rufen in der Luft Ziep, ziep. Es ist dies wohl der Lockton~ ihres Gleichen zu sieh einzuladen. Sind ja doch aaeh Stets Mehrere in Sicht.

In ausse'rordentlicher :Menge bewohnen "unsere VOgel den hohea, wuudertichea2'elsberg, der inselartig, obwbhl mit dem Festlande dnrch einen Datum Verbunden;:das Kastell der Stadt Ischia ~ auf seinem Scheitel tragt. Hier :finden sich :beide' Arten zusammen,:denn auch der Mauersegler fehlt,nicht. DieVerschieden- heir in GrSsse trod Stimme tritt, wenn man so die Zwei dieht neben- einander fliegen sieht, ausserst deutlich hervor. Die scharfen, lang- gezogenen Schreirufe des Cypsel~ a~es hat Melba gar nicht. Dutch. einander segeln sie nicht geri~. Die Schwarme der Felsensegler haltea sich bei Tage steers mehr draassen fiber der See. Zahl- reiche Riist. und andere L0cher in. den etwas ruin~.nhaften: Ge- bauden und Thfirmen tier hochgelegenen, stadtahnlichen.' Festung (CasteUo d'Iszhia) sind gewiss f'tir beide: Species willkommene Brutplatze.

Sonst hat Cypselu8 Melba~ an :den meisten Orten, ~die e r be~ wohnt, als solche nur Felslocher in den unersteigliehen Klippen zur Verfiigung. Schade, dass sein Br~tgevchaffdurdh die Natur der Brdnddngen uiid ~der sonstigen Oertliehkeiten'sich sO sehr der exaktereh Wahrnehm~ng entzieht! Man"miisste yore ~ Gliick' gb- sonderlich begfinstigt sein und Land and Leute aufs Gehaueste

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66 C. Bol le : Briefliches iiber den

ken~n,~ u~ dahin zu gel.~agen~ die Hand auf e~ Gelege qdeg:au.f Nestjunge yon ihm legen zu k6~e,u. Am leichteste. ~ w~r~: dies vielleich~ ~.0ch in Castello d~Isehir we ~Iilitai ~ in G~nison-liegt; allein das Fort ist fiir gewOhnlich geschlossen un~ man bec]a~f einer Erlaubniss, c~er Kommandantur~ um es zu betre~en. ~kt~sser: dem wobne ich zu Casamiecio],a, gate zwei St~nden vo n Isehia.

Dir gro~sen Segler mO~r wold a!le Vo,rgeblirge de r Ins el in Beschlag genQmmer~ haben, Diej~.enigen, ~uf w~ehen i ch sie spe~cieLl, antraf, sind: Monte Vice, Punta di Zale, Castello d'!sc~i~ ~nd Punta dell'Imp~ratore.

Letzteres, .die Westklippe der In, el bfidend, ist ein wunde~- ~oller Ort, mit~ seinen achaamspritz.end,en Bmndungen, hoch fiber dem purparbtauen Meere ~olle~ Lavatriimmer, welt hinaussehauend his gegen, das Vo~gehirge de~ Circe (Cape Circeilo) und die Ponza- inseln hin. Wahrseheinlieh bewahrt sein Name die E r i n n e ~ g an Kaiser Friedrich II,~ den Hohenstaufen, jenen milden, vogelkun- digen Herrscher,. dessen Andenken in ganz,Unteritalien noch heat ein so, bleibendes und in hohen Ehren _stehendes ist. :,.Yon der Hshe diese~ Purina clell'Imperatorc aus nun sieht man ein prachtiger A n b l i c k - d~r M~/ba-,Fliige, seheiuba:r ganz niedrig iiber tier See kreisen, Sieh ahhehend yon dem Dunkelblau der Fluth, ~er~eheiaen ~ie. dem Auge ~lbe~weiss, ich .weiss nicht ob .dutCh 5rgend eine optisehe T~asch~mg, ~rzeugt durch eigenthfim- liche Brechung .der Ls162 ~uf "il~em-do~h ,nickt metalli- schen Gefieder oder weil sie schiefen F~ugs ,den hellfarbigen U~terMlrper: e.t~a~, naeh obea~ ~,enden. E',mekleine,Klippeninael, ~e~.Guardiola di San Gennaro gegeniiber~scI~ien mir der Mit~el- punkt itn'er Evo]ution~n zn sein. D0rt stehen ge~ss Ne~ter~

Sieht mandie u ho~h tiber sieh sehwehen~ so hat ihr ]~lu~ et~as entschioden Falkenars Sie sind lange, ohn~.einen Flfigelsehlag zu thua; dann fo~g~u .ein~aar hastige, ~mte~broehen va~ plotzlichem, geraden ode~ sCh~fem Herabstiirzen aas der HShe. Oefte~s s~ndert sich aus oine~ Ges~Uschaft, die sich iiberhanpt abweehselnd zerstreut and zusammenflndet, ein P~rchen. ~b,:um sl~ielend in die Luft ~emporzusteigen.

Trrirrrrrrtetetete tirrrrrrr . . . . . . . . .Es ist $chwer, einen Tan ganz deutlich wiederzugeben , .der

einem ,doeh in den Qhren kling~ and den man so .oft vernom- men hat.

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Felsenseg!er, Cy~elua Metba~ 67

In der heissen Mit~agsstun~e ruben unse~e Segler. ~Ian sie~ sie da~n nicht, woht aher wieder etwa yon drei Uhr an.

Bis i~ die tiefe Abeaddammerung hinein sind sie inBewcgung; sie weebseln jedoch dann de~ Platz uad die Besehaftigung. -Eeb~r alien Masaerien, den so mannigfaltig und reizend gemis,chte~ Knl- turen des der Ktiste nicht zu fern gelegenea Landes, nament!ic]a tiber den Wein- und 0bstgiirten~ siekt man: sis jetzt ruhigen, schwim- menden Fl.uges und nie~I~ig, wie Sehwalben, hingleiten ;, jeden.yogel ftir sich, ]aatl0s, nicht mehr tiindelnd mit seines Gteichen,. soaderfl eiffig mit dem Aufsuchen yon Insektennahrung be~h~tigt. Um Sonnenuntergang sind 'sie bereits yollstandig dieser ~hi~tigke[t aa- heimgegeben, die auf eine beSondere Vorliebe ftir n/~ehtliche Kerfe hindeutet~ Wie gan z anders d0ch dex Mauersegler, der g.erad~ um diese Stunde truppweis am lantesten l~mt. Ware nieht die Gr/isse un4 warem nieht die langen, spitzen Schwinge~,, neb'~t ~]er dunklen 0be~.brust, man k(innte den Felsensegler dann, tier le.~cbt und d'eutlich sichtbarenUnterseite hatber, fast f~: eln e HaussQb~alhe (Hirundo urbica L.) ansehen. Er gaukelt formlich in :der Luft. Man gewahrt wie-er inne halt, um nac h eine r Beute z u sehnap- pen; manchmal rtittelt e~: aueh. Die Farbe ist um diese Zeit klar erkennb.~r~ Wie unedel erseheint doch ~neben dem Voge ! die ibm zur Seite flatternde kle!ne Fledermaus, welche hier und~ in den Strassen Neapels so hiiufig ist und Nachmittags oft sch0nbei heUem Tages!iz.ht fliegt.

Bei der Wuth auf V6gel schiesst man iibrigens auch die Felsensegler, w(~ man ihnen beikommen kaan; nur diirfte e~: f'ar gew/~h~ich etwas 'schwer ha!ten, ihnen saIZ auf den. ~ehwanz zu streuen, ihr reissend schneller Flug und die Beschaffeahei-t ihr~ W(~hnpiiitze entziehts~ie W0h| zumeist tier Verfoigung. Wie k(innten sic sonst such auf cler vogeliirmsten aller Inseln so zahlreieh ver- treten sein[

So weir yon dera. Fe|sensegler in Ischia. Lebewohl !

Dein ,Carl Bo]le.

NB. Die Girl~tze sitzen :in Isehia z ur MJttagsstuacle germ, in den V]gnen auf der "Spitze Xon Pfithl .e n and 10cken einandcr yon da aas. ]~in vogel, der die Warme reeht liebt.

, ' : . ,

In Capri babe ich eueh wiedergefunden, ihr Segler der Ltifte,

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68 C, B olle: Briefliehes iiber den

und euch als alte Freunde begrfisst; in mafieh' einsamer Stunde des Naturgenusses seid ih r dort meine alleinige GeselIschaft ge- wesen. Da diese Insel, im Gegensatz zu dem mehr allmalig sich aufgipfelnden Ischia , als ein einziger ungeheurer Fels mi~ rie.qigen Steilabstfirzen aus dem l~eere aufsteigt~ da ferner ihr Kalkge;stein yon ausserordentlich vielen Grotten und sonstigen H0hlungen durch- l~ichert is~, so bietet sie der Gattung Cyp~elus fl6eh" viel mehr passende Wohnstiitten als jene dar und" ist demgemliss yon einer in der That sehr grossen Anzahl derselben bevtllkert. ),uch bier treten beide Spec!es; Cypselus Melba'uh'dapus, nebeneinander auf. Letzterer heisst im Volksmunde Rondinone, ersterer Pett0rbia~ico und ist der haufigere. Ueberall, wo man an den schwindelnden Rand der Fe]skolosse tritt oder unten im Boote an ihrem yore Meere umspfilten' Fusse entlang i'ahrt, sieht man sich yon den Iauten Sehwarmen dieser Vt~gel umringt. Eine Kolonie derselben reiht sich an die andere, wie ein ununterbrochener, ~das Eiland umschlingender Giirtel. Oft babe ich auf der Ostklippe, die durch die Ruinen: ihres Kaiserpalastes das Andenken an die dfistere und einsiedlerische Imperatorenges~talt des Tiberius in die Gegenwart hiniibertrfigt, stundenlang gesessen. Wenn dann :das k u g e zurtiel~- kehrte aus de~ lichten Fernen der gegeniiber sich ausbreitenden Landschaftsbilder, yore Vesuv und yore Somma, yore Vorgebirge der Minerwt oder~ jenseits der Inseln tier Sirenen, yon den ver- schwindenden Meereshorizonten des Sale.rnobusens und ich, fiber

die BCischung gelehft, vQ]l wolltistigen Schauders den Grund der ungeheuren Tiefe ,nit dem Auge sueht% ohne ihn anders als in dem Schiinmern der Meeresfiiiche zu finden, filfgr Welche wohl, wie ein weisser Punkt auf himmelblau marmorirtem (~runde, ganz langsam eine ~[tive hinglitt, da waren es unwandelbar die Felsen-

segler, die den Luftocean unter mir belebteh: Unter der 1100 Fuss hohen Klippe Salto di Tiberio schienen sie mir des Gesetzes de~: Schwere zu spotten, das dort einst zum Untergang jener Opfer gemissbraucht ward, we lche, der Sage nach, die Laurie des Ty- rannen in den Abgrund 'zu sehleudern pflegte. Schon damals wird derselbe Vogel ungefiihrdet geschwebt habeDi wo der Mensch Stfirzte und zerschellte." 0 ihr glfiekseligen Luftmeerbfii'ger

Wer erinnerte sich an Solcher Statte, beim knblicke so ele- mentarer Flugwol]ust, nicht der 'sch0n und tief empfundenen Worte unseres Gregorovius, der yon einer iihnlichen Klippe des nachbar- lichen Festlandes redend, in die Worte ausbricht: ,,Ich':g!aube

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Felsensegler, Cypselus Mdba. 69

D~tdalus und Ikarus sassen,einst iu selige r Abendruho auf einem solchen Felsenvor, sprung fiber . d e m kretensischen Meere, ~da er- fass te: sie die Sehnsucht zu fliegen, und sie standen auf ,und roach ten sich Schwanenfliigel.".

bliemand wjrd den Einwohnern Capris den uralten. Glauben nehmen, tier die Rondinoni und die Pettibianehi, start ~iber's Meet, wie andere Vpge! ziehen, in den Kliiften der Insel sell'st fiber- wintern l~sst. Diese guten Leute sind in der Zoologie :so~ stark wie Aristote.les. Warum, fragen sie pfiffig, fangen denn die Segler den Tag fiber so viele Fliegen,: die sie in ihre Lt~cher tragen, auch ohne Junge darin zu haben?

Wahr ist, dass die V~gel einen Theil tier heissen Mittags- stunden und die Nacht innerhalb der Htihlungen zubrmgea. Wenn man Abends fast schon im Dunkeln an den Klippen vorbeiF~thrt, htirt man, sie in ihren L6chern noch ffirchterlieh sehreien. Sie scheiaen daher erst viel sparer, als sie zur Ruhe gehen, einzu- sehlafen.

Die Felsensegler haben wenig Feinde. Der Wanderfalk, auf Capri nieht selten ihr Nachbar, vermag Sehwerlieh ihnen etwas anzuhaben, Aueh der Mensch stellt ihnen hier kaum jemals mit der Flinte nach. Dafiir hat er eine andere Metlaode, sieh ihrer zu bem~chtigen, ausgeklfigelt, die .zu seltsam ist, als dass wir sie mit Stillschweigen iibergehen sollten.

Wie man bei uns wohl'bisweilen Fische schiesst, angelt man in Capri und Ponza Mauersegle1:. '$6 kurios das klingen mag, ebenso wahr ist es. Ein Knabe llegt am steilen Klippenrand oder auf dem Terassendache ein~s'HaUses ausgestreckt und so gut als mtiglieh verborgen. Ein langes Rohr dient ihm 'zur Angelruthe bei seiner Luftfischerei. ~ ttithmelblau muss der feine Seidenfaden sein der daran 5efestigt ist~und .an seinem ~ussersten Ende das zwisehen Federn oder Baumwolle versteckte H~tkchen tr~tgt. Es flattert"im Winde:zwischen:iandern gelegentlich umhergestreuten- Federn. ; BeimSChnappe/t "danaeh,- um sie zum Nestbau Zu ver- wendeii, wa~d der Vogel gefangem

Dieser: Fang wird fast!'nur im Friihling zur Nistperiode be- trieben ~ting ersti~eekt: :siclt :~ueh auf: andere Schwalbenarten; in Capri gilt ~er, jedoch v6~'zugsweis dem grossen Segler, weil das Fleiseh desselben, 0bwohl es: yon alten Vt~geln hart sein soU, am liebsten' genossen ~ wird.

Weit'hi~aaus aufs ~ e e r wagen ,sich, ausser der Zugzeit, die

Page 9: Briefliches über den Felsensegler,Cypselus Melba Illig

70 R. Col l~et~: Notiz tiber Atea impenn~s.

Fet~e~segler ~nicht: ' tch"l~i~ mehrmals ~ ~u Schiff ,un. der grosscn Felsenhalbinsel des Moh~e ~gentar4 ira siidlidhen'Tosca~a ziem- lich :nab ~oriibergek~nmen/Ohne sie, ,o~oht Sie deft sel~r hav2fg sind, das Fahrzeug umkreisen zu sehen.

D i~ 1~ame~): welehe d.er ~Voget ~n ~%sea~'a:tr~gt, ~hd: Roa, deae i'di padute, R~ndone ~ian~o, Rendo~e marine. Le~ztere Be -~ nennung Verdien~ :er, w~i~ er~$el~ige Meeresufe r ~edem anderen h ufenthalte vorzieh~i. Sehon S a d !bemerkt mit votlem/Reeh~, dass Cyt~elus ~Melba !in:Iml~en '~iemals ein Stadtebev~ohner wir~, ~vie e r das i nde r Schweiz z, :B. 4n Bern ua4 ~reiburg ist.

Ausser den beiden Seglern besitz~ Capri n~r ~och ei~e a~dere Sch~dl~e~art a~s ]~raCwoge]. :Es ist dies :die ~Iausehwatbe (ttirundo urbioa). Ia ~der ~nmit~e~ba~i NiChe der hoel~gelegear ~enig- steus :uuf einer ;Seite yon A:bgr~den umgebenen St~lt~ 'Ss~h ich im Juli diesen ~on' den Italienem :Balesh~uecie genannten ~rogel ziemlich hitufig fliegen.: Er ~bgat dasvIh~t je4och, so vie1 l~]~an~t, nicht aa Hiiusern, sondern ausschliesslich an den Felsen,. ~i~ er dies in Italien/~iberhaapt ~ft thutT.;vielleicht tier Ungastl4ehkeit des ~e~sehen ~egc~n, o b ~ h l man auch hi~r die Rauchschwalbe (~i~t~do .r~stiva L,), <lie eige~tliche Rondine ~ler Italiener ~ in Gebaudeh niste~4 antrifft.

~ r i e f l ~ e h e s i i b e r A l e a I m ~ e n n l # i n N o r w e g e n .

~ n

RoSo~ .Oollett An don Herausgeber.

Im ,~Journal f'fir, Or, nit~ologi~"~ X. Jahrg.~ 1862, p. 77. tin~et sich ,ein Vewzeic]miss ~ler bisher ~hek~nn/~ aut'bewahrten Exem- ylare v on Alaa i~en~s ~a.

Da ~ebendase~hst ~ r Wuasch .einer :Sup~liL'ung ~die~es Ver- zeichnisses ~auSgesprecl~en ~ t , . giil~ ich .~ieh "rerautasst, daraJaf aufmerksam zu machen~ dass hier ~in N ~ ) r ~ e n in der.Samm!uag des Her~..Nieedui AaU~: iB~sitzer/der ~Eisau~r bei TwedeaCrand~ ein schemes !ExemFlar yon ~IsIIaJad,; ~rsp~ii~aglieh iiber K0penhagea gekammen, sieh befi~det~ welches iah sethat ,geseken ,habe, Diem ist d~s einzige :inliindischeE~mplar jeues u

Laut der citirten Abhandlung ebendaselhst, des~Eerr,Prof~sar SteenS~u~;in: Kope~ahag.e~.,: ~w~rd .die. R i~hg~keit ,aRer ~A~gaben