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8/19/2019 Brunner. Eine Neue Amarna-Prinzessin http://slidepdf.com/reader/full/brunner-eine-neue-amarna-prinzessin 1/5 104 HELLMUT BRUNNER:  Eine neue Amarna-Prinzessin. [74. Band. der Machtgruppe der Priesterschaft 1 , deren Günstling Ramses IV. war, zu schwinden begannen. Somit scheint eine solche Vermutung geschichtlich durchaus möglich zu sein. Zum Schluß seien die Ergebnisse dieses Aufsatzes punktweise zusammengefaßt  : 1. Am 6. XI. W. starb Ramses III. in seiner Deltaresidenz. 2. Am 15. XI. W. fand die Proklamation  (¿t j)  seines Nachfolgers Ramses' IV. und damit sein Regierungsantritt statt. 3. Am 16. XI. W. wurde der Thronwechsel in Theben und wohl auch an anderen Orten des Landes amtlich bekanntgegeben. 4. Der Todestag des alten Herrschers, der Tag des Regierungsantritts (erstes „Erscheinen ) und der Tag der Krönung des neuen Herrschers sind nicht identisch und können es aus praktischen Erwägungen heraus auch nicht sein. 5. Pap. Harris und Pap. Turin sind von Ramses IV. verfaßte Dokumente von in erster Linie politischer Bedeutung. Eine neue Amarna-Prinzessin. VON HELLMUT BRUNNER. Bei der Sechsten Deutschen Hermopolisexpedition 1938 kamen unter zahlreichen anderen Amarnablöcken drei Stücke zutage, deren Inschriften geeignet sind, unsere Kenntnis der Amarnaepisode zu erweitern. Sie sollen deshalb an dieser Stelle ausführ- licher behandelt werden, als es im Rahmen des Vorberichtes möglich gewesen wäre 2 . Die Blöcke haben das kleine Format, durch das sich alle Amarnasteine vor anderen auszeichnen: sie messen etwa 23X24X52 cm. Wir fanden sie verbaut in einem Funda- ment aus dem NR. Auf Block 234/VI Vs (Abb.) ist rechts ein nach rechts gewandter gebückter Höf- ling mit einem Stock zu sehen. Von oben kommen vier Strahlen des Aton herab, von denen einer in der Hand ein -^•-Zeichen hält. Auf der linken Hälfte des Blockes ist ein Wedel, der von links unten gehalten wird. Durch ihn ergibt sich eine untere Begrenzung der nun folgenden Inschrift, zumindest von deren erster Zeile. Es kann in ihr nicht mehr fehlen als das zu erwartende  (j *.  Für die zweite Zeile haben wir, was die Ergänzung anlangt, keinen so sicheren Anhalt, doch ist anzunehmen, daß auch sie nicht wesentlich länger gewesen sein wird, zumal nicht allzutief unter ihrem Abschluß der Kopf oder die 1) Vor allem war natürlich die Priesterschaft des Amun die treibende Kraft. Harr. 22 ,5 heißt es daher auch: „Du (Amun) hast ihn (Ramses IV.) zum König bestimmt, als er noch ein Kind war. 2) Siehe: Die VI. Deutsche Hermopolisexpedition in Mitt. Inst. Kairo, Bd. 9. Ein Sonderdruck soll demnächst erscheinen. Dem Leiter der Expedition, Herrn Prof. Dr. G. Roeder, danke ich vielmals für die Erlaubnis, die drei Blöcke an dieser Stelle veröffentlichen und besprechen zu dürfen. Brought to you by | Nanyang Technological University Authenticated Download Date | 5 31 15 11:28 AM

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104

H E L L M U T B R U N N E R :  Eine neue Amarna-Prinzessin. [74. Band .

der Machtgruppe der Pries terschaft

1

, deren Günstling Ramses IV. war, zu schwinden

begannen. Somit scheint eine solche V e r m u t u n g geschichtlich durchaus möglich

zu sein.

Zum Schluß seien die Ergebnisse dieses Aufsatzes punktweise zusammengefaßt :

1. Am 6. X I. W . sta rb Ra mses I II . in seiner Deltaresidenz.

2. Am 15. X I. W. fand die Prokla ma tion

 (¿t j)

  seines Nachfolgers Ram ses' IV. und da m it

sein Regierungsantr i t t s tat t .

3. Am 16. X I. W . wurde der Thronwechsel in Theben und wohl auch an anderen Orte n

des Landes amtlich bekanntgegeben.

4. Der Tod estag des alten Herrschers, der Ta g des Re gieru ngs antritts (erstes „Ersc hei nen )

und der Tag der Krönung des neuen Herrschers sind nicht identisch und können es

aus praktischen Erwägungen heraus auch nicht sein.

5. Pap . Ha rr is und P ap. Turin s ind von Ram ses IV. verfaßte Do kum ente von in ers ter

Linie politischer Bedeutung.

Eine neue Amarna-Prinzessin.

V O N H E L L M U T B R U N N E R .

Bei der Sechsten Deutschen Hermopolisexpedition 1938 kamen unter zahlreichen

anderen Amarnablöcken drei Stücke zutage, deren Inschriften geeignet sind, unsere

K enn tnis der Am arnaepisode zu erwe itern. Sie sollen deshalb an dieser Stelle au sfü hr-

licher behandelt werden, als es im Rahmen des Vorberichtes möglich gewesen wäre

2

.

Die Blöcke haben das kleine Format, durch das sich alle Amarnasteine vor anderen

auszeichnen: s ie messen etwa 23X24X52 cm. Wir fanden s ie verbaut in einem Funda-

ment aus dem NR.

Auf Block 234/VI Vs (Abb.) ist rechts ein nach rechts gewandter gebückter Höf-

ling m it einem Stock zu sehen. Von oben komm en vier Strahlen des A ton hera b, von

dene n einer in de r H an d ein -^•-Zeichen häl t. Auf der linken H äl fte des Blockes ist ein

W edel, der von links unte n gehalten wird. D urch ihn ergibt sich eine unte re Begrenz ung

der nun folgenden Insc hrift, zum indest von deren erster Zeile. Es k ann in ihr nicht m ehr

fehlen als das zu erwartende

  (j *.

  Für die zweite Zeile haben wir, was die Ergänzung

anlangt, keinen so sicheren Anhalt, doch ist anzunehmen, daß auch sie nicht wesentlich

länger gewesen sein wird, zumal nicht allzutief unter ihrem Abschluß der Kopf oder die

1) Vor allem w ar na türlich die Prieste rschaft des Am un die treibende Kraft. Harr. 22 ,5 heiß t

es daher auch: „ Du (Amun) hast ihn (Ramses IV.) zum König bestimm t, als er noch ein Kind war. —

2) Siehe: Die V I. Deu tsche H erm opolisexp edition in Mitt. Inst. Kairo, Bd. 9. Ein Sonderdruck soll

demnäch st erscheinen. De m L eiter der Exp edition , H errn Prof. Dr. G. Roeder, danke ich vielm als für die

Erlaubnis, die drei Blöcke an dieser Stelle veröffentlichen und besprechen zu dürfen.

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B a n d  74 .] HELLMUT BRUNN ER: E ine neue Am ar na-Pr inzes s in .  1 0 5

R e l i e f b l o c k a u s H e r m o p o l i s m i t d e m N a m e n e i n e r E n k e l i n E c h n a t o n s .

Hand des Trägers des Wedels gesessen haben mu ß, da eine beliebige Verlängerung des

Wedelschaftes nicht angeht. Mit der sicheren E rgänzung der ersten Zeile lautet der T ex t:

fA

«I

ΛΑ

~ \

ΛΛΛΛΛΛ

α

  ρ

I Ω

f

iP

I ^

f

β

„ ie leibliche geliebte

  Königstochter Anchesenpaiten, geboren von der leiblichen Königs-

tochter Anchesenpaiten . . . Nefercheperu-Ke-[Uaenre] (Echnato n), er gebe Leben . . .

Bisher ist uns nur eine Prinzessin des Namens bekan nt, die dritte Tochter Echn atons

und der No f re te te. Diese Prinzessin m it der jünge ren der beiden u nseres Tex tes gleich-zusetzen, geht nicht

  an da

 von ihr an allen S tellen, an denen

 sie

 erwähnt

 wird

ausdrücklich

gesagt ist, daß sie eine Tochte r der Königin N ofretete sei. Wenn wir nicht völlig neue

Personen annehmen wollen, was bei der Gesprächigkeit der Amarnatexte in diesem Punkte

nicht gut angeht, müssen wir also in der bei uns als Mutter erwähnten Königstochter

die dritte Tochter Echnatons sehen.

Nachdem wir nunmehr unumstritten zwei Prinzessinnen gleichen Namens, Mutter

und Tochter, gefunden haben, können wir die Texte zweier anderer Blöcke aus der-

selben Grabung ergänzen. Auf einem

1

  ist als Beischrift zu einer opfernden Frau und

einem kleinen Mädchen dahinter noch erhalten:

I

f

if

If

1 N r .  3 1 1/V l , Vs . Siehe Vor ber ic ht  a . a . 0 . , Ta f .

Zeltschr . f . Âgypt. Spr . , 74 . Band.

M

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1 6

H E L L M U T B R U N N E R :

  Eine neue Aniarna-Prinzessin.

[74. Band.

Da sonst zwei Mitglieder der königlichen Familie , deren Namen sich ergänzen l ießen,

0

° 1

ΛΛΛΛΛ

Θ J

icht bekannt s ind, i s t wohl s icher

  folgendermaßen zu lesen: j

 

„Die leibliche

  Kö nig stoc hter An chese npaiten , s ie lebe. Die le ibliche geliebte K önig stoch ter

An chesenpa i ten d ie jün ger e . Die Ergä nzun g e rgib t genau gleich hohe Ze i lenanfänge .

Hier wird a lso d ie Tochte r durch den Zusa tz  ß-srj  „die jün ge re von der g le ichnamigen

Mutte r unte rschieden, ebenso wie d ie v ie r te Tochte r Echna tons

  Nfr-nfrw-ìtn té -srj

  he ißt

im Unterschied zu ihre r M ut te r Nfr-nfrw-ìtn nfr  t-ijtj.  Ob das Relief e twa M utte r und Toch -

te r Anchesenpa i ten ze ig t , wie man nach der Be ischr i f t ve rmuten könnte , oder doch

N ofre te te un d ihre dr i t te Tochte r , i st n icht s icher zu entsche iden . Es wäre b isher der

e inz ige Fa l l , daß e ine Tochte r Echna tons in der Kle idung der e rwachsenen Königin dar -

gestel l t wäre. An dererse i ts wäre das wieder vers tänd lich , da es ja auch der bisher e inzige

Fa l l is t , da ß e ine Tochte r E chn a ton s m i t e inem Kind e darges te l l t i s t . Jeden fa l l s i s t es

schwer vorste l lbar , daß Anchesenpaiten die ä l tere , deren Kind jedenfalls im Relief er-

sche inen muß, se lber a ls Kind darges te l l t wäre , wie wir es annehmen müßten, wäre d ie

König in Nof r e t e t e .

De r d r i t t e B loc k

1

, der vie l le icht noch als Zeugnis für die neue Prinzessin angeführt

werden kann, enthä l t nur d ie oberen Anfänge von 5 Ze i len:

Λ Λ Λ Λ Λ Λ

2

À

Λ Λ Λ Λ Λ Λ

Λ Λ Λ Λ Λ Λ Q

dZ> *

«C M

Λ Λ Λ Λ Λ Λ

m ?

° Λ

Λ Λ Λ Λ Λ Λ Ι Ι

ιο ί Ρ

Die Inschr i f t

  läßt s ich nach e inem Para l le l text im Grabe des Huja in Amarna (Davies I I I ,

Ta f .   1 1 le icht ergänz en :

Ό

f i r n

o

Λ Λ Λ Λ Λ Λ ·

o I

f u r

o

Λ Λ Λ Λ Λ Λ

O

o ^

Λ Λ Λ Λ Λ Λ · ·

o I

i l \

1

So wie dort die Inschri f t d ie  Königin Te je be i ihrem Besuch besonders ausze ichne t durch

den „Scha t ten des Re , so geschieht es h ie r mi t e iner Pr inzess in Anchesenpa i ten — denn

and ers läßt s ich der Te xt n ich t e rgänzen. In welches Verhä l tn is h ie r d ie be iden e rwäh nten

Pr inzess innen gle ichen Namens gese tz t s ind , möchte ich n icht entsche iden, doch ha l te

ich es fü r wa hrsche inlich, daß sich die ehren de Beisc hrif t auf die jüng ere bez ieht . W aru m

soll te die ä l tere in dieser Weise vor ihren Schwestern ausgezeichnet werden   ?   Sonst e rhä l t

weder s ie noch e ine and ere To chte r Ech na to ns d iese Be ischr i f t . I ch g laube also , da ß der

e rs te der unzw eife lhaf t vorha nden en zwei g leichen Na me n der jüngeren Anch esenpa i ten

angehör t , während der zwei te , de r der Mut te r , mi t ihm durch e in   ms 

verbunden gewesen

sein m ag. Wie dem auc h sei, das doppe l te Vorkom men des gleichen Nam ens bew eis t ,

daß auch hie r von der Enke l in Echna tons d ie Rede war .

Eine Enke l in des Ketzerkönigs i s t b isher un be kan nt . Die ä l tes te Tochte r , M er i ta ton ,

war mi t Sem enchk are verhe i ra te t und verschw inde t für uns be i dessen Tode spur los ;

von Kind ern i s t n i rgends e twas e rw ähnt . Die zwei te Toch te r , M ake ta ton , s t i rb t unver -

m äh l t un d ha t ihr Grab in Am arna bekom men . Die dr i t te Toch te r schließlich , d ie be i uns

e r wä hn te Anc he se npa i t e n , ha t de n spä te r e n Kön ig Tu ta nc ha mun ge he i r a t e t , doc h s ind

aus d iese r Ehe zumindest ke ine Kinder am Leben gebl ieben

2

, sonst fänden wir sie bei

den Famil ienszenen auf den Gegenständen aus dem Grabe des Königs s icher darges te l l t .

Na c h de m Tode de s junge n Tu ta nc ha mun wur de d ie d r i t t e Toc h te r Ec hna tons , d i e j e t z t

1 Nr. 338/VI. — 2 Im Grabe des Königs wurde die Beisetzung zweier menschlicher Föten gefunden,

wahrscheinlich zweier Mädchen, s.

  C R T E R,

  Tut-ench-Amun III , 194f .

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Band 74. ]

H E L L M U T B R U N N E R :  E ine ne ue Am a r na - P r inz e s s in .

1 0 7

Anchesenam un hieß, noch dem alten Hohen priester Eje vermählt, um auch ihm die Legi-

timation als König zu bringen

1

. Von Kindern ist auch bei dieser Ehe nichts b ekan nt.

Hier jedoch in den neuen Inschriften erscheint Anchesenpaiten als Mutter einer gleich-

namigen Tochter, die noch zu Lebzeiten Echnatons geboren sein muß, da ja sein Name

sowohl auf unserem Block als auch auf den zahlreichen mit ihm gefundenen und nicht

von ihm zu trennenden vorkommt.

Dafür, daß Echnaton in großer Jugend und vor der Reife geheiratet hat, wie Carter

annimmt

2

, liegt kein zwingender Grund vor, da die in seinem Sarge gefundene Mumie

eines sehr jugendlichen Mannes höchstwah rscheinlich nicht die seine ist. Die energische

Durchführung der Reform, die zweifellos Echnatons allerpersönlichstes Werk ist, kann

man nur einem erwachsenen Manne zutrauen, als der er auch stets auf allen Reliefs und

in seinen Statuen erscheint — im Gegensatz zu dem immer als sehr jugendlich gekenn-

zeichneten Tutanchamun. Wir dürfen also ruhig annehmen, daß Echn aton b ei seiner Ehe-

schließung reif war und können damit rechnen, daß seine dritte Tochter in seinem vierten oder

fün ften Regierungsjahr geboren wurde. Die älteste Dar stellung der Prinzessin A nchesen -

paiten findet sich auf der Grenzstele aus dem 6. Jahr

3

. Da Echnaton mindestens 18 Jahre

regiert hat, andererseits die Mädchen sehr früh reif wurden und Kinder bekommen konn-

ten, ist die Geburt der Enk elin vor seinem Tode durchaus möglich. Größere Schw ierig-

keiten bereitet die Frage, aus welcher Ehe das Kind stammt.

Wir wissen, daß die Prinzessin Anchesenpaiten später den jugendlichen König

Tutanchamun geheiratet hat. Das höchste von diesem König überlieferte Regierungsjahr

ist das neun te. Seine Leiche zeigt, daß er höchstwah rscheinlich nicht älter als 18 Jahre

geworden ist, keinesfalls älter als 20

4

  er muß also mit neun, höchstens elf Jahren den

Thron bestiegen haben. Selbst wenn man nich t mit Ed. Meyer

5

  annehmen wollte, daß

Haremhab ihn erst nach dem Tode Echnatons zur Königswürde bestimmte und ihn

krönen ließ, sondern daß ihn Echnaton selbst noch als Nachfolger im Auge hatte und ihn

deshalb schon zu seinen Lebze iten zum M itregenten ma chte, so kann doch die Prinzessin

An chesenp aiten nich t sein Kind sein, da sie allerfrühestens im 16. Jahre Echn aton s geboren

wurde und Tutanch amu n dann bereits im 12. (äußerstens 14.) Jahre Ech nato ns dessen

Mitregent geworden sein müßte, wovon jedoch keines der zahlreichen Denkmäler dieser

Zeit zeugt. Auf dieses Jahr aber mü ßten wir bei Annahme seiner V aterschaft komm en,

wenn wir die Re ife — äußerst früh — mit 12 Jahren annehmen, da er ja m it 9 Jahren

Regen t geworden ist. Gegen die Vaterschaft des jungen K önigs spricht auch der Um -

stand, daß die Mutter dann wohl sicher den Titel   hm-t njswt wr-t  führen würde, den

sie auf den Darstellungen aus dem Grabe Tutanchamun s auch stets trägt. Sta tt dessen

heißt sie auffallenderweise nur   sB -t njswt nj h-t-f.

Scheidet also Tutanchamun als Vater der Prinzessin Anchesenpaiten der jüngeren

aus, so bleibt nur die Möglichkeit einer früheren Ehe. Als Mann käm e ein Bürgerlicher

in Betracht, etwa ein hoher Würdenträger, doch wissen wir hiervon nichts, und der Titel

„leibliche geliebte Kö nigstochter für die junge Prinzessin, das Kin d dieser Eh e, wäre

zumindest sehr auffallend, da wir diese im AR. gebräuchliche Sitte, den Titel „Königs-

sohn und sogar „leiblicher Kö nigssohn auch auf Enkelkinder regierender Kön ige zu

vererben, aus dem NR. nicht nachweisen können®.

1 ) N E W B E R R Y

  i n J E A 18 , 50 f f . —

  2 )

  A . a . 0 . I I I , 25 f f . —

  3 ) D A V I E S,

  A m a r n a V , Ta f . 34 . —

4 )

  S iehe

  D E R R Y

  in

  C A R T E R,

  T u t - e n c h - A m u n I I , S . 2 0 0 f f . A u f e i n e A n f r a g e P r o f . J u n k e r s b e s t ä t i g t e P r o f .

D e r r y d i e se s E r g e bn i s a u f da s e n t sc h ie de n s t e un d ga b a l s höc hs tm ög l i c he n F e h le r na c h obe n h in z we i

Ja h r e z u . Doc h h i e l t e r na c h wie vo r f ü r da s a l l e r wa h r sc he in l i c hs t e T ode sa l t e r 18 Ja h r e . —   5)  G e s c h i c h t e

I I , 1 , S . 401 f . — 6 B e i de m e inz ige n F a l l a u s de m NR . , i n de m e in Kön igse nk e l de n T i t e l

  si njswt

( n i c h t  nj h-t-f )  f ü h r t , b e i d e m S o h n e d e s C h a e m w e s e , d e s S o h n e s R a m s e s I I . , d ü r f t e e i n S o n d e r f a l l

vo r l i e ge n : s ein Va te r , de r P r inz C ha e m we se , wa r e ine so pop u lä r e un d kön ig l i c he G e s t a l t , da ß m a n be i

4 ·

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1 8

H E L L M U T B R U N X E R :  Eine neue Amama-Prinzessin.

[74. Band.

Die bei der Elternangabe durchgängig in allen Amarnatexten angewandte Formel

lautet :

  S3 t njswi nj h t jls. ms  η hm t n jswt

  wr /No fretet e . V on diesem Gebrauch f indet

sich in allen bekanntgewordenen Texten keine einzige Ausnahme. So   wäre es bei unserem

Text unverständlich, warum hier bei Anchesenpaiten der Älteren der Vater genannt wäre,

wenn wir die zweite und die von uns bisher noch nicht beachtete dritte Zeile unserer

ersten Inschrift in dieser Weise verbinden wollten, wie man es zunächst zu tun geneigt ist .

Die wahrscheinlichste Lösung aller Schwierigkeiten bleibt die Annahme, daß Echna-

ton selbst seine eigene Tochter geheira tet hat. Sicher ist , daß Ram ses II. mit wen igstens

zweien seiner eigenen Töchter die Ehe geschlossen hat

1

, und auch aus der Zeit kurz vor

unserer Periode, von Amenophis III. , ist ein solcher Fall bekannt: Er hat noch zu Leb-

zeiten seiner großen Königsgemahlin Teje zumindest seine Tochter Sitamun geheiratet,

die dann eb enfal ls den Titel ^ ^ führt

2

. So dürfen wir also von vornh erein mit dieser

M öglichkeit rechnen. Je tzt löst sich die Schwierigkeit der Verbindung der zweiten m it

der dritten Zeile in unserer ersten Inschr ift leicht. De r Kö nig w äre dan n nicht als der

Vater der älteren Anchesenpaiten, sondern als Vater der jüngeren genannt , und wir

erhielten die gebräuchliche Filiationsangabe  ms  η   Mutter  [ir n\  Vater

3

. Diese  Ergän-

zung eines

  ir  η

  ließe auch die Ungewöhnlichkeit , daß überhaupt der Vater genannt ist ,

leicht erklären  bei der immerhin außergewöhnlichen A bstamm ung der jungen Anchesen-

paiten kam e s darauf an, nicht nur die M utter, sondern auc h d en kö niglichen Vater zu

nenn en. Au ch der Titel „leibliche geliebte Kön igstochte r erhält bei dieser Ann ahme

seine volle Berechtigung.

Da s Weitere erklärt sich ohne jede Sch wierigkeit . W as aus dem K inde geworden ist ,

wissen wir nicht. Vielleicht dürfen wir aus der Ehr eninschrift , die der jungen Prinzessin

auf unserem dritten Block geweiht ist , sowie überhaupt aus der Tatsache, daß sie auf

den etwa 90 in Hermopolis gefundenen Blöcken (alle offenbar von einem Bau aus der

letzten Zeit Amarnas) nicht weniger als dreimal erwähnt ist , folgern, daß der König auf

seine jüngste Tochter und Enkeltochter besonders stolz war. Das Mädchen konnte bei dem

Tode des Vaters höchstens zwei Jahre alt sein. Ihre Mutter wurde, nachdem ihre beiden

älteren Schwestern gestorben waren, die wichtigste Frau im Staate, mit deren Ehe sich

der Nachfolger das legitime Recht auf den Thron erwarb, und zwar nicht nur, da sie die

älteste lebende Tochter des letzten regierenden Königs, sondern ebensosehr, da sie dessen

Fra u gewe sen war. Es sind genügend B eispiele dafür bek ann t, daß ein junger König die

Frauen seines Vorgängers in seinen Harim übernahm, bildet doch das weitere Schicksal

unserer Anchesenpaiten selbst ein Beispiel dafür, indem nach dem Tode Tutanchamuns

dessen Nachfolger Eje sie heiratete (s. o. S. 107).

So spricht also alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß wir nun auch aus der Amarnazeit

einen Beleg für das haben, was bei uns als Blutschande für das schlimmste Verbrechen

gilt , was aber bei den anderen Moralbegriffen der alten Ägypter ebenso wie die Ge-

schwisterehe zu min dest im Königshaus als durchau s erlaubt galt . Aber auch wenn diese

nur indirekt erschlossene Annahme sich nicht bewahrheiten sollte, so bleibt doch die Tat-

sache bestehen, daß Echnaton von seiner drit ten Tochter Anchesenpaiten ein Enkelkind

gleichen Nam ens erlebt hat. Weitere Aufschlüsse über diesen Pun kt dürfen wir wohl

von der Fortsetzung der Hermopolisgrabung erhoffen.

seinem Sohne diesen berü hmten Vater besonders b etonen wollte. — 1) Siehe KEES, K ulturgesch ichte

S.  7 7  m it Anm .  3 . — 2 ) G A U T H I E R ,  Livre des Rois  I I ,  340 und  N E W B E R R Y  in JEA  1 8 , 5 1 . — 3 )  Siehe

WB . I , 11 1 , 4 (Belegste l lenband) .

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