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Bultmann Handbuch - ciando.com · e-ISBN PDF 978-3-16-154903-8 ... Bultmann und Gerhard Ebeling (Albrecht Beutel) ... Mythos und Entmythologisierung (Paul-Gerhard Klumbies) 383

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  • Bultmann Handbuch

  • Bultmann Handbuchherausgegeben von

    Christof Landmesser

    Mohr Siebeck

  • Die Theologen-Handbcher im Verlag Mohr Siebeck werden herausgegeben vonAlbrecht Beutel

    e-ISBN PDF 978-3-16-154903-8 IISSBNBN 978-3-16-151688-7 (Leinen) ISBN 978-3-16-151687-0 (Broschur)

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet ber http://dnb.dnb.de abrufbar.

    2017 Mohr Siebeck Tbingen. www.mohr.de

    Das Werk einschlielich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung auerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulssig und strafbar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikro-verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tbingen aus der Minion Pro und der Syntax gesetzt, auf alterungsbe stndiges Werkdruck papier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Otters-weier gebunden. Den Umschlag gestaltete Uli Gleis in Tbingen unter Verwendung eines Pho-tos Rudolf Bultmanns, Privatbesitz Klaus W. Mller.

  • Vorwort

    Gegenwrtige Theologie lebt auch von der Auseinandersetzung mit Entwrfen frherer Zeiten. Rudolf Bultmann ist ein herausragender Theologe des 20. Jahr-hunderts. Sein Werk gehrt zweifellos zu den prgenden Voraussetzungen fr die gegenwrtige theologische Wissenschaft. Freilich wandelt sich mit den Jahr-zehnten die Art der Rezeption der Arbeiten Bultmanns. Waren im vergangenen Jahrhundert noch Schulbildungen fr die Aufnahme oder Ablehnung seiner Vor-stellungen entscheidend, wird es heute kaum mehr mglich sein, seinem Zugang zu den biblischen Texten und seinen daraus gezogenen theologischen Linien ein-fach zu folgen. Bereits die weiter entwickelte Einsicht in historische Zusammen-hnge lsst dies als unmglich erscheinen. Und es ist auch nicht geraten, die her-meneutische Perspektive Bultmanns schlicht zu bernehmen. Zu sehr haben sich die Wahrnehmungen in der neutestamentlichen Wissenschaft und im Raum der Hermeneutik verndert. Umso wichtiger ist es, einen solchen Entwurf in seiner Gesamtheit wie in seinen einzelnen Argumentationszusammenhngen differen-ziert wahrzunehmen. Nur so kann es gelingen, begrndete Einschtzungen der Arbeiten Bultmanns zu gewinnen und aus ihnen Hinweise fr die gegenwrtigen theologischen wissenschaftlichen Fragestellungen zu entnehmen.

    Mit diesem Handbuch zu Rudolf Bultmann wird ein erster Zugang zu seinem Werk untersttzt. Es wird insbesondere auf seine Arbeiten selbst hingewiesen. Es soll vor allem eine Relecture von Bultmanns Texten angeregt werden. Das Hand-buch verschafft einen berblick ber fr Bultmann wichtige Themen und regt zur vertieften Beschftigung mit seinen Arbeiten an. Dabei lassen die Artikel er-kennen, wie unterschiedlich Bultmann heute gelesen wird. Andere Perspektiven htten leicht hinzugefgt werden knnen. Eine einheitliche Einschtzung oder Interpretation von Bultmanns Werk und Wirkung ist nicht die Absicht dieses Handbuchs. Die Artikel stehen fr mgliche Wahrnehmungen, die vielfach er-weitert werden knnten und auch erweitert und wiederum selbst diskutiert wer-den mssen. Bultmann hat sein theologisches Denken immer in der Auseinan-dersetzung und im ffentlichen Diskurs entwickelt. Dieser wissenschaftliche Ha-bitus ist auch in den aktuellen theologischen Gesprchen anregend und fordernd.

    Der Aufbau dieses Handbuchs entspricht den anderen Handbchern dieser Reihe. Zunchst erfolgt eine knappe Orientierung (A.) mit einer ersten bersicht ber Publikationen Bultmanns und zur gegenwrtigen Bultmannforschung. In Teil B. rckt zunchst Bultmanns Person in den Blick (B.I.). Bultmann schpft in seinem theologischen Schaffen aus identifizierbaren Traditionen, die in dem Ab-schnitt B.II. umrissen werden. Bultmann hat seine Theologie in einem perma-nenten Gesprch entwickelt. Wichtige seiner Gesprchspartner rcken in Teil B.III. in den Blick. Die Kontexte der Theologie Bultmanns werden in Teil B.IV. wahrgenommen unter der berschrift Politisch-gesellschaftliche Beziehungen. Der dritte Hauptteil (C.) gilt dem Werk Bultmanns unter den Aspekten Gattungen

  • VI Vorwort

    (C.I.), Strukturen (C.II.) und Themen (C.III.). Und zuletzt werden in Teil D. Wir-kung und Rezeption diskutiert.

    Bei der Vielfalt der Autorinnen und Autoren kann und soll weder eine einheit-liche noch eine voll umfassende Sicht auf Bultmann vorgestellt werden. Gerade solche Themen, die in den Artikeln immer wieder erscheinen, verweisen auch auf unterschiedliche und lngst nicht abgeschlossene Rezeptionsmglichkeiten. So kann Bultmanns Theologie als sehr profilierte und vielseitige Anregung fr unser gegenwrtiges theologisches Arbeiten wahrgenommen werden.

    Bei der Vielzahl der Artikel und bei zugleich aus unterschiedlicher Perspektive diskutierten Themen ergeben sich Querverbindungen zwischen den Artikeln, wobei innerhalb eines Artikels auf einen anderen Artikel nur einmal verwiesen wird. Die Texte Bultmanns und der Sekundrliteratur, die innerhalb eines Arti-kels erwhnt werden, sind ber das Literaturverzeichnis zu identifizieren. Nur fr Bultmanns eigene Texte finden sich innerhalb der Artikel Kurztitel. Seine Aufst-ze werden, wenn nicht anders notiert, aus den Aufsatzbnden Glauben und Ver-stehen, Exegetica sowie Neues Testament und christliche Existenz zitiert.

    An diesem Handbuch waren viele Personen beteiligt. Zuerst gilt der Dank dem Hauptherausgeber, Albrecht Beutel, sowie dem Cheflektor des Verlags Mohr Sie-beck, Herrn Dr. Henning Ziebritzki, fr die Anregung zu diesem Handbuch. Die konzeptionelle Arbeit haben mein Assistent, Dr. Martin Bauspie, sowie meine Assistentin, Frau Friederike Portenhauser, in vielen Gesprchen sehr konstruktiv begleitet. Fr diese Gesprche bin ich sehr dankbar. An der redaktionellen Arbeit waren viele studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt. Ich danke herzlich Simon Blatz, Christine Bckmann, Matthias Feil, Katharina Flassak, Felix Granderath, Johannes Nicklaus, Nadine Quattlender, Nicole Weber und Ra-phael Zager. Meine Assistentin, Christina Ku, hat die Redaktionsarbeiten in groer Selbstndigkeit und mit bewundernswerter Ausdauer koordiniert und viele erforderliche Arbeiten selbst durchgefhrt. Dafr sehr herzlichen Dank.

    Ein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Klaus W. Mller, der uns den Abdruck des Portraits Bultmanns, das sich in seinem Privatbesitz befindet, ermglicht hat. Zu-letzt und vor allem danke ich den vielen Autorinnen und Autoren, die zu diesem Handbuch beigetragen haben. Mit ihren Artikeln erschlieen sie vielfltige Inter-pretationen der Texte von Rudolf Bultmann in einer produktiven und weiterfh-renden Weise.

    Tbingen, im Februar 2017 Christof Landmesser

  • Inhaltsverzeichnis

    Abkrzungsverzeichnis XI

    A. Orientierung 1

    I Bultmanns Werke: Einzelausgaben, Aufsatzbnde, Editionen (Johannes U. Beck) 2

    II Bultmannforschung: Hilfsmittel, Institutionen und neuere Forschung (Johannes U. Beck) 8

    B. Person 13

    I Biographisches Umfeld und Vita (Konrad Hammann) 14

    II Traditionen 241. Augustin, Luther und das Luthertum (Christine Axt-Piscalar) 242. Kierkegaard (Claudia Welz) 303. Schleiermacher, Dilthey (Johannes U. Beck) 374. Historisch-kritische Tradition (Christina Ku) 435. Religionsgeschichtliche Schule und Liberale Theologie

    (Christoph Herbst) 50

    III Beziehungen 57 1. Bultmann und Martin Rade (Alexander Heit) 57 2. Bultmann und Hermann Gunkel (Ernst Baasland) 60 3. Bultmann und Friedrich Gogarten (Alexander Heit) 63 4. Bultmann, Karl Barth und die Dialektische Theologie

    (Alexander Heit) 69 5. Bultmann und Martin Heidegger (Andreas Gromann) 79 6. Bultmann und Karl Jaspers (Andreas Gromann) 88 7. Bultmann und Hans von Soden (Wolfram Kinzig) 91 8. Bultmann und Emanuel Hirsch (Arnuf von Scheliha) 98 9. Bultmann und Rudolf Otto (Andreas Gromann) 10110. Bultmann und Marburger Kollegen (Andreas Gromann) 10411. Bultmann und Heinrich Schlier (Christina Ku) 10812. Bultmann und Hans Jonas (Konrad Hammann) 11213. Bultmann und Ernst Ksemann (Friederike Portenhauser) 11514. Bultmann und Gerhard Ebeling (Albrecht Beutel) 12615. Bultmann und Ernst Fuchs (Oliver Pilnei) 13216. Bultmann, Gnther Bornkamm, Herbert Braun,

    Hans Conzelmann, Walter Schmithals (Werner Zager) 13817. Bultmann, Hans-Georg Gadamer, Gerhard Krger,

    Karl Lwith, Wilhelm Anz (Andreas Gromann) 145

  • VIII Inhaltsverzeichnis

    IV Politisch-gesellschaftliche Beziehungen 1501. Bultmann und die Kirche (Hans-Peter Grohans) 1502. Bultmann und die Politik (Christian Polke) 1563. Bultmann und das Judentum (Konrad Hammann) 1614. Bultmann und die Kultur (Thomas Drken-Kucharz) 167

    C. Werk 175

    I Gattungen 1761. Monographien und Kommentare (Christina Ku) 1762. Vortrge und Aufstze (Johannes U. Beck) 1803. Rezensionen und Forschungsberichte (Matthias Dreher) 1834. Lexikonartikel (Martin Bauspie) 1925. Predigten (Eberhard Hauschildt) 1996. Briefe (Christina Ku/Friederike Portenhauser) 205

    II Strukturen 2131. Snde und Rechtfertigung (Elisabeth Grb-Schmidt) 2132. Glauben und Verstehen (Hans Weder) 2193. Selbstverstndnis und Weltverstndnis (Christof Landmesser) 2304. Freiheit und Gehorsam, Freiheit und Bindung (Karin Scheiber) 234

    III Themen 240 1. Religionsgeschichtliches Umfeld des Neuen Testaments

    (Hellenismus, Judentum, Urchristentum) (Andreas Lindemann) 240 2. Gnosis (Enno Edzard Popkes) 248 3. Die synoptische berlieferung (Paul-Gerhard Klumbies) 253 4. Jesus (Michael Theobald) 263 5. Paulus (Christof Landmesser) 271 6. Johannes/Johanneische Theologie (Michael Labahn) 280 7. Theologie des Neuen Testaments (Christof Landmesser) 291 8. Bultmann und das Alte Testament (Manfred Oeming) 301 9. Religion (Birgit Weyel) 30710. Geschichte (Martin Bauspie) 31411. Eschatologie (Folkart Wittekind) 32312. Anthropologie (Christof Landmesser) 33413. Glaube (Christoph Seibert) 34314. Ethik (Elisabeth Grb-Schmidt) 35015. Der Begriff der Offenbarung (Martin Wendte) 35516. Wort-Gottes-Theologie (Ulrich H. J. Krtner) 36117. Enzyklopdische Theologie (Ulrich H. J. Krtner) 36718. Hermeneutik und existentiale Interpretation

    (Christof Landmesser) 37319. Mythos und Entmythologisierung (Paul-Gerhard Klumbies) 383

  • IXInhaltsverzeichnis

    20. Frhkirchliche Entwicklungen (Martin Bauspie) 38921. Theologie und Philosophie (Hartmut Rosenau) 395

    D. Wirkung und Rezeption 401

    I Bultmannschule (Andreas Lindemann) 402

    II Entmythologisierungsdebatte (Stephan Schaede) 411

    III Bultmannrezeption in der Jesusforschung (Michael Theobald) 416

    IV Bultmannrezeption in der Paulusforschung (Andreas Lindemann) 422

    V Bultmannrezeption in der Johannesforschung (Udo Schnelle) 431

    VI Bultmannrezeption in der Systematischen Theologie und in der neueren religionsgeschichtlichen Debatte (Enno Edzard Popkes/Hartmut Rosenau) 441

    VII Bultmannrezeption in der Philosophie (Stephan Grtzel) 453

    VIII Bultmannrezeption im englischsprachigen Raum (Francis Watson) 460

    IX Bultmannrezeption in Skandinavien (Ernst Baasland) 467

    Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 475

    Literaturverzeichnis 479

    Register 529Stellen 529Namen 531Sachen 536

  • Abkrzungsverzeichnis

    Die Abkrzungen richten sich in der Regel nach dem Verzeichnis der Abkrzungen Theologie und Religionswissenschaft nach RGG4, UTB 2868, Tbingen 2007.

    Darber hinaus werden folgende Abkrzungen verwendet:

    abgedr. abgedrucktbearb. bearbeitetBw. BriefwechselDok. Dokumentdurchges. durchgesehenerg. ergnztf/ff folgendeGA GesamtausgabeGuV Glauben und Verstehen Hg./Hgg. Herausgeber ibid. IbidemLfg. LieferungNachw. NachweisQ Spruchquelle Qs. siehes. a. siehe auchSKS Sren Kierkegaards Skrifters. o. siehe obenSonderb. Sonderbands. u. siehe untenThK Theologie als KritikTID Theologie Interdisziplinrberarb. berarbeitetet v. vonVELKD Vereinte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands zit. zitiert

  • A. Orientierung

  • 2 A. Orientierung

    I. Bultmanns Werke: Einzelausgaben, Aufsatzbnde, Editionen

    Rudolf Bultmanns theologisches Werk liegt in einer Vielzahl von Einzelpublika-tionen vor, die zum Teil mehrfach bersetzt worden sind. Die von ihm verffent-lichten Monographien stellen dabei nur einen Ausschnitt dieses Werks dar. Ma-geblich tragen hierzu auch Bultmanns Kommentare insbesondere zum Corpus Johanneum, Aufstze und Vortrge sowie Predigten und Briefe bei. Eine Gesamt-ausgabe der Werke Bultmanns existiert nicht.

    1. Einzelausgaben

    1.1. Monographien und Kommentare

    Der Stil der paulinischen Predigt und die kynisch-stoische Diatribe, 1910 (1984).Die Geschichte der synoptischen Tradition, 1921 (101995).Jesus, 1926 (1988).Das Evangelium des Johannes, 7 Lfg., 1019371941 (1. Aufl. dieser Bearb., 211986).Theologie des Neuen Testaments, 3 Lfg., 19481953 (91984).Das Urchristentum im Rahmen der antiken Religionen, 1949 (61998).Die drei Johannesbriefe, 71967 (1. Aufl. dieser Bearb., 81969).

    1.2. Selbstndige Verffentlichungen von Vortrgen und Aufstzen

    Die Erforschung der synoptischen Evangelien, 1925 (51966). Der Begriff der Offenbarung im Neuen Testament, 1929. Offenbarung und Heilsgeschehen, 1941 (enthlt: Die Frage der natrlichen Of-

    fenbarung; Neues Testament und Mythologie. Das Problem der Entmythologi-sierung der neutestamentlichen Verkndigung).

    Exegetische Probleme des zweiten Korintherbriefes, 1947 (21963).Katharina Kippenberg zum Gedchtnis, 1947.Das Christentum als orientalische und als abendlndische Religion, 1949.History and Eschatology. The Gifford Lectures 1955 (auch verffentl. unter dem

    Titel: The Presence of Eternity), 1957 (1975; dt. Geschichte und Eschatologie, 1958 [31979]).

    Jesus Christ and Mythology 1958 (2012; dt. Jesus Christus und die Mythologie. Das Neue Testament im Licht der Bibelkritik, 1964 [71992]).

    Das Verhltnis der urchristlichen Christusbotschaft zum historischen Jesus, 1960 (51978).

  • 3I. Bultmanns Werke: Einzelausgaben, Aufsatzbnde, Editionen

    Der alte und der neue Mensch in der Theologie des Paulus, 1964 (enthlt: Das Problem der Ethik bei Paulus; Rmer 7 und die Anthropologie des Paulus; Adam und Christus nach Rmer 5).

    Beitrge zum Verstndnis der Jenseitigkeit Gottes im Neuen Testament, 1965 (1975; enthlt: Zur Geschichte der Lichtsymbolik im Altertum; Die Unsicht-barkeit Gottes; Polis und Hades in der Antigone des Sophokles).

    1.3. Mit anderen Autoren verffentlichte Schriften

    Bultmann, Rudolf/Soden, Hans von/Frick, Heinrich: Krisis des Glaubens. Kri-sis der Kirche. Krisis der Religion. Drei Marburger Vortrge, 1931.

    Christus des Gesetzes Ende. Theologische Aufstze von Rudolf Bultmann und Heinrich Schlier, 1940.

    Gottesbild und Menschenbild. Zwei Aufstze von Gerardus van der Leeuw und Rudolf Bultmann, 1948.

    Entmythologisierung. Eine Auseinandersetzung zwischen Julius Schniewind, Rudolf Bultmann und Karl Barth, 1949.

    Bultmann, Rudolf/Jaspers, Karl: Die Frage der Entmythologisierung, 1954 (1981).

    Bornkamm, Gnther/Bultmann, Rudolf/Schumann, Friedrich Karl: Die christliche Hoffnung und das Problem der Entmythologisierung, 1954.

    1.4. Von Anderen herausgegebene Werke Bultmanns

    Der zweite Brief an die Korinther, hg. v. Erich Dinkler, 1976 (21987).Die Exegese des Theodor von Mopsuestia, hg. v. Helmut Feld und Karl Hermann

    Schelkle, 1984.Theologische Enzyklopdie, hg. v. Eberhard Jngel und Klaus W. Mller, 1984.Neues Testament und Mythologie. Das Problem der Entmythologisierung der

    neutestamentlichen Verkndigung, hg. v. Eberhard Jngel, 1988.Wachen und Trumen. Mrchen, hg. v. Werner Zager, 2005 (Neuausg. 2011).

    2. Unselbstndige Verffentlichungen und Sammelbnde

    2.1. Aufstze

    Bultmann publizierte ber 160 Aufstze und Beitrge zu theologisch relevanten Themen (C.I.2.), in denen sich seine breite wissenschaftliche Bettigung wider-spiegelt. Unter dem Titel Glauben und Verstehen. Gesammelte Aufstze verffent-lichte er von 1933 bis 1965 eine vierbndige Auswahl insbesondere hermeneu-

  • 4 A. Orientierung

    tisch-theologischer Aufstze. Die Einzelbnde dieser Auswahl wurden mehrfach wiederaufgelegt. Zudem beauftragte Bultmann 1966 Erich Dinkler auf dessen Anregen hin mit der Herausgabe einer Sammlung wichtiger exegetischer Aufst-ze Bultmanns, die 1967 unter dem Titel Exegetica. Aufstze zur Erforschung des Neuen Testaments erschien.

    1973 gab Karl Matthiae als Ausgabe fr die DDR und die sozialistischen Ln-der Gesammelte Aufstze Bultmanns heraus, 2002 machte Andreas Lindemann als Herausgeber eine Auswahl von Aufstzen aus Glauben und Verstehen und vier weitere Texte Bultmanns mit dem Sammelband Neues Testament und christliche Existenz. Theologische Aufstze neu zugnglich.

    2.2. Rezensionen und Forschungsberichte

    Insgesamt erschienen im Zeitraum zwischen 1908 und 1969 ber 250 Re-zensionen, Forschungsberichte und Repliken aus Bultmanns Feder (Dreher/Mller [Hg.], XI; C.I.3.). Sie sind nicht nur wesentliches Zeugnis von Bult-manns theologischer Entwicklung und Positionierung, sondern zeigen zugleich die Bedeutung der kritischen Auseinandersetzung mit dem Denken und For-schen anderer (ebd.) fr Bultmanns wissenschaftliches Selbstverstndnis. Eine Auswahl jener Texte ist wieder abgedruckt in dem von Matthias Dreher und Klaus W. Mller 2002 herausgegebenen Band Theologie als Kritik. Ausgewhlte Rezensionen und Forschungsberichte. Er enthlt ebenfalls ein Verzeichnis aller von den Herausgebern ausfindig gemachten und als Rezension oder Forschungs-bericht eingestuften Verffentlichungen Bultmanns (aaO 573578).

    2.3. Lexikonartikel

    Ausschlielich fr die ersten drei Auflagen von Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG) sowie fr das von Gerhard Kittel begrndete und von Ger -hard Friedrich weiterbetreute Theologische Wrterbuch zum Neuen Testament (ThWNT) verfasste Bultmann Lexikonartikel (C.I.4.):RGG1 V: Art. Urgemeinde, 15141523.RGG2 I: Art. Aurelius, Sven Erik, 668; Art. Briefliteratur, Urchristliche,

    formgeschichtlich, 12541257; Art. Brun, Johann Lyder, 1287; Art. Bugge, Christian August, 1350.

    RGG2 II: Art. Ebioniten, 56; Art. Eidem, Erling, 55; Art. Evangelien, 418422; Art. Frey, Johannes, 782; Art. Fridrichsen, Anton Johnson, 784; Art. Frwig, Daniel Andreas, 815; Art. Gleichnis und Parabel: II. In der Bibel, 12381242; Art. Gra, Konrad, 1428; Art. Heideg-ger, Martin, 16871688.

    RGG2 III: Art. Jeremias, Joachim, 81; Art. Kundsin, Karl, 1375; Art. Lind-blom, Christian Johannes, 1659; Art. Literaturgeschichte, Bibli-

  • 5I. Bultmanns Werke: Einzelausgaben, Aufsatzbnde, Editionen

    sche: 1. Methodologisch und wissenschaftsgeschichtlich, 3. Litera-turgeschichte des Neuen Testaments, 16751677.16801682.

    RGG2 IV: Art. Mosbech, Holger, 225; Art. Mystik: IV. Im Neuen Testament, 341344; Art. Mythos und Mythologie: III B. Im Neuen Testament, 390394; Art. Noachitische Gebote, 575576; Art. Offenbarung: IV. Im Neuen Testament, 661664; Art. Pastoralbriefe, 993997; Art. Paulus, 10191045.

    RGG2 V: Art. von Schrenck, Erich, 262 f; Art. von Stromberg, Adalbert, 851; Art. Torm, Frederik, 1232; Art. Urgemeinde, 14081414; Art. Westberg, Friedrich, 1882; Art. Wetter, Gillis Albert, 1893.

    RGG3 III: Art. Johannesbriefe, 836839; Art. Johannesevangelium, 840850; Art. Mystik IV, 12431246; Art. Mythos und Mythologie IV, 12781282.

    ThWNT I: Art. , , 1820; Art. ., 116122; Art. , 168171; Art. ., 188190; Art. : C, D, ., 239251; Art. , , 367368; Art. ., 506509; Art. ., 688719.

    ThWNT II: Art. , 6061; Art. ., 474483; Art. , : A, B, D, E, ., 515520.525531; Art. ., 749751; Art. , , 770773; Art. , : A, B 4, D, E, ., 833844.850853.856877.

    ThWNT III: Art. ., 725; Art. , , 298300; Art. ., 646654.

    ThWNT IV: Art. ., 314325; Art. ., 593598; Art. ., 896899.

    ThWNT V: Art. ., 161163.ThWNT VI: Art. ., 112; Art. , , 4043; Art.

    .: A, C, D, 175182.197230.

    2.4. Predigten

    Schon seit 1906 hielt Bultmann immer wieder Predigten (C.I.5.), die insofern sie als Entfaltungen seiner Theologie im Rahmen der Verkndigung gewertet werden knnen ebenfalls zu seinem theologischen Werk beitragen. Erhalten sind mehr als 140 Predigten oder predigthnliche Manuskripte Bultmanns. Ne-ben mehreren Einzelpredigten verffentlichte er selbst 1956 den Sammelband Marburger Predigten (21968), der 21 Predigten aus der Zeit von 1936 bis 1950 enthlt. Ferner wurde 1984 eine Sammlung von 34 Predigten unter dem Titel Das verkndigte Wort. Predigten Andachten Ansprachen 19061941 von Erich Grer in Zusammenarbeit mit Martin Evang herausgegeben, in der zudem eine Gesamtbersicht zu Bultmanns Predigtwerk verzeichnet ist (aaO 313342; vgl. Hauschildt 1989, XIIIXIX).

  • 6 A. Orientierung

    3. Briefe

    Bultmann unterhielt bis ins hohe Alter eine umfassende persnliche und wissen-schaftliche Korrespondenz (C.I.6.). Der grte Teil der erhaltenen Briefe und Karten von und an Bultmann befindet sich im Nachlass Bultmann (UB Tbingen, Mn 2). Verffentlicht oder teilweise verffentlicht wurden neben der Publika-tion einzelner Briefe bisher folgende erhaltene Korrespondenzen: Rudolf Bultmann Paul Althaus. Briefwechsel 19291966, hg. v. Matthias Dre-

    her und Gotthard Jasper, 2012.Karl Barth Rudolf Bultmann. Briefwechsel 19221966, hg. v. Bernd Jaspert,

    1971 (Briefwechsel 19111966: 21994).Rudolf Bultmann Gnther Bornkamm. Briefwechsel 19261976, hg. v. Werner

    Zager, 2014.Korrespondenz Rudolf Bultmann Oscar Cullmann, teilw. (in: Froehlich, Karl-

    fried: Ein frher Briefwechsel zwischen Rudolf Bultmann und Oscar Cullmann [in: Zehn Jahre nach Oscar Cullmanns Tod: Rckblick und Ausblick, hg. v. Martin Sallmann und Karlfried Froehlich, 2012, 4368], 5768).

    Korrespondenz Rudolf Bultmann Jan A. Dvoek, teilw. (in: Dies.: Auferste-hung und Leben Kerygma und Mythos. Auszug aus einem Briefwechsel [CV 5, 1962, 5763], 5761).

    Korrespondenz Ernst Fuchs an Rudolf Bultmann, teilw. (in: Kostproben aus dem Briefwechsel zwischen Ernst Fuchs und Rudolf Bultmann, eingel. v. Jrgen Heise und ausgew. mit Ulrich Schoenborn [in: Mller, Christian (Hg.): Freude an Gott. Hermeneutische Sptlese bei Ernst Fuchs, 2003, 290322], 295322).

    Rudolf Bultmann Friedrich Gogarten. Briefwechsel 19211967, hg. v. Hermann Gtz Gckeritz, 2002.

    Briefwechsel mit Gtz Harbsmeier und Ernst Wolf. 19331976, hg. v. Werner Zager, 2017.

    Rudolf Bultmann Martin Heidegger. Briefwechsel 19251975, hg. v. Andreas Grossmann und Christof Landmesser, 2009.

    Korrespondenz Rudolf Bultmann Karl Jaspers, teilw. (in: Jaspers, Karl: Korres-pon denzen. Philosophie, hg. v. Dominic Kaegi und Reiner Wiehl, 2016, 231240).

    Korrespondenz Rudolf Bultmann Hans Jonas, teilw. (in: Grossmann, Andreas: Und die Gnosis ruft mich immer noch . Hans Jonas Denkwege im Lichte seines Briefwechsels mit Rudolf Bultmann [Journal Phnomenologie 20, 2003, 1832], 2332).

    Korrespondenz Rudolf Bultmann Hans Jonas, teilw. (in: Jonas, Hans: Metaphy-sische und religionsphilosophische Studien, Kritische Gesamtausgabe der Wer ke von Hans Jonas 3,1, hg. v. Michael Bongardt, 2014, 2333.367376).

  • 7I. Bultmanns Werke: Einzelausgaben, Aufsatzbnde, Editionen

    Korrespondenz Max Kommerell an Rudolf Bultmann, teilw. (in: Kommerell, Max: Briefe und Aufzeichnungen 19191944, Werke und Briefe aus dem Nach-la, hg. v. Inge Jens, 1967, Nr. 82 [S. 445447], 84 [S. 450452], 85 [S. 453]).

    Rudolf Bultmann und Gerhard Krger. Briefwechsel 19251971, hg. v. Frank Li-lie (ZNThG 4, 1997, 281309; ZNThG 5, 1998, 133153.274307; ZNThG 6, 1999, 134158.287313; ZNThG 7, 2000, 127150).

    Korrespondenz Rudolf Bultmann Hans Lietzmann, teilw. (in: Glanz und Nie-dergang der deutschen Universitt. 50 Jahre deutscher Wissenschaftsgeschich-te in Briefen an und von Hans Lietzmann [18921942], hg. v. Kurt Aland, 1979, Nr. 540 [S. 510], 594 [S. 549], 623 [S. 572573], 662 [S. 601], 748749 [S. 666668], 839 [S. 748], 905906 [S. 808810], 1061 [S. 930], 1064 [S. 932], 1096 [S. 961963], 1105 [S. 966968]).

    Der Briefwechsel Ernst und Melie Lohmeyer mit Rudolf und Helene Bultmann. Kommentiert und mit einer historischen Einleitung, hg. v. Ulrich Hut-ter-Wolandt (in: Ders.: Glaubenswelten. Aufstze zur schlesischen und Oberlausitzer Kirchengeschichte, 2011, 225344).

    Korrespondenz Rudolf Bultmann Ren Marl, teilw. (in: Corset, Paul [Hg.]: Correspondance Rudolf Bultmann [RSR 83, 1995, 537542], 538542).

    Korrespondenz Rudolf Bultmann an Jochen Niemller (in: Feldpost: Zeugnis und Vermchtnis. Briefe und Texte aus dem Kreis der evangelischen Studen-tengemeinde Marburg/Lahn und ihrer Lehrer [19391945], hg. v. Erika Dink-ler-von Schubert, 1993, 151156).

    Korrespondenz Erik Peterson an Rudolf Bultmann (in: Peterson, Erik: Brief-wechsel mit Karl Barth u. a., Reflexionen und Erinnerungen, Ausgewhlte Schriften 9,2, hg. v. Barbara Nichtweiss, 2009, 220.228229.234236.237239.246247.248250.277.310).

    Korrespondenz Rudolf Bultmann Martin Rade (in: Jaspert, Bernd: Die Bult-mann-Rade-Korrespondenz 19131937, 2014).

    Albert Schweitzer und Rudolf Bultmann (in: Schweitzer, Albert: Theologischer und philosophischer Briefwechsel 19001965, hg. v. Werner Zager, 2006, 175184).

    Gruworte Rudolf Bultmanns fr die Marburger Rundbriefe (in: Feldpost: Zeugnis und Vermchtnis. Briefe und Texte aus dem Kreis der evangelischen Studentengemeinde Marburg/Lahn und ihrer Lehrer (19391945), hg. v. Erika Dinkler-von Schubert, 1993, 2526.3031.142145).

    4. Fremdsprachige Verffentlichungen

    Neben der zum Teil sogar mehrfachen bersetzung von deutschsprachigen Publikationen Bultmanns erschienen auch wiederholt fremdsprachige Verffent-lichungen erstmals als solche:The New Approach to the Synoptic Problem (JR 6 [1926], 337362).

  • 8 A. Orientierung

    Aimer son prochain, commandement de Dieu (RHPhR 10 [1930], 222241) (dt. Das christliche Gebot der Nchstenliebe [in: GuV I, 229244]).

    Urkristendom och religionshistoria, (SvTK 6 [1930], 299324) (dt. Urchristen-tum und Religionsgeschichte [ThR NF 4 (1932), 121]).

    Hellighet i urkristendommen. Innlegg ved universitetsstipendiat R. Astings dok-tordisputas (NTT 32 [1931], 3743).

    How does God speak to us through the Bible? (SW 27 [1934], 108112), zugleich frz.: Comment Dieu nous parle-t-il dans la Bible? (FV 32 [1934], 263274).

    Humanism and Christianity (JR 32 [1952], 7786) (dt. Humanismus und Chris-tentum [HZ 176, 1953, 115; wieder abgedruckt in: GuV III, 6175]).

    History and Eschatology in the New Testament (NTS 1 [1954/1955], 516) (dt. Geschichte und Eschatologie im Neuen Testament [in: GuV III, 91106]).

    History and Eschatology. The Gifford Lectures 1955 (auch verffentl. unter dem Titel: The Presence of Eternity), 1957 (1975; dt. Geschichte und Eschatologie, 1958 [31979]).

    The Quest for Meaning in History (The Listener 54 [1955], 329330).The Transformation of the Idea of the Church in Early Christianity (CJT 1 [1955],

    7381) (dt. Die Wandlung des Selbstverstndnisses der Kirche in der Ge-schichte des Urchristentums [in: GuV III, 131141]).

    Jesus Christ and Mythology 1958 (2012; dt. Jesus Christus und die Mythologie. Das Neue Testament im Licht der Bibelkritik, 1964 [71992]).

    Theology for Freedom and Responsibility (CCen 75 [1958], 967969) (dt. Ge-danken ber die gegenwrtige theologische Situation [in: GuV III, 190196]).

    A Chapter in the Problem of Demythologizing (in: New Testament Sidelights. Essays in Honor of Alexander Converse Purdy, ed. by Harvey K. McArthur, 1960, 19).

    Autobiographical Reflections (in: Existence and Faith. Shorter Writings of Rudolf Bultmann, selected, transl. and introd. by Schubert M. Ogden, 1960, 283288).

    Sermon (Matthew 25, 3146) (in: Hren und Handeln. Festschrift fr Ernst Wolf zum 60. Geburtstag, hg. v. Helmut Gollwitzer, 1962, 4751).

    Response (in: Oden, Thomas C.: Radical Obedience. The Ethics of Rudolf Bult-mann, with a Response by Rudolf Bultmann, 1964, 141147).

    Reply (in: The Theology of Rudolf Bultmann, ed. by Charles W. Kegley, 1966, 157187).

    Johannes U. Beck

  • 9II. Bultmannforschung: Hilfsmittel, Institutionen und neuere Forschung

    II. Bultmannforschung: Hilfsmittel, Institutionen und neuere Forschung

    1. Hilfsmittel

    Da Bultmanns Werk nicht in einer Gesamtausgabe vorliegt, haben fr dessen Er-schlieung die vorhandenen Bibliographien eine zentrale Bedeutung. Eine ver-lssliche Auflistung der Verffentlichungen Bultmanns bis 1967 und zum grten Teil auch der bis dahin erschienenen bersetzungen hat Erich Dinkler in dem von ihm herausgegebenen Band Exegetica zusammengestellt (aaO 483507). Er-gnzt um die Publikationen bis 1974 wird diese Auflistung von demselben in ThR 39, 1975, 9193. Daneben bieten u. a. Eberhard Hauschildt (1989, XIIIXLI) so-wie Karolina de Valerio (1994, 385411) neuere bersichten der Publikationen Bultmanns. Eine aktuelle Bibliographie, die ebenfalls Sekundrliteratur verzeich-net, ist zudem ber die Internetseite der Rudolf-Bultmann-Gesellschaft fr Her-meneutische Theologie e.V. abrufbar (http://www.bultmann-gesellschaft.net, Zu-griffsdatum: 12.12.2015).

    Der grte Teil des umfangreichen Nachlasses Bultmanns wurde von dessen Nachkommen 1982 der Universittsbibliothek Tbingen zur Verfgung gestellt (vgl. Bultmann Lemke 2001, 13) und kann dort unter der Signatur Mn 2 einge-sehen werden. Er umfasst ber 3500 Faszikel, darunter Werkmanuskripte, per-snliche und dienstliche Korrespondenz, Sammelstcke und Lebensdokumente, zu denen auch die dreiteilige, tagebuchartige Chronik Bultmanns (Mn 2-224Mn 2-226) zhlt. Sie sind grtenteils beschrieben in dem von Harry Wamann, Ja-kob Matthias Osthof und Anna-Elisabeth Bruckhaus bearbeiteten Nachlassver-zeichnis, das 2001 erschienen ist (Wassmann/Osthof/Bruckhaus 2001). Zahl-reiche Dokumente sind jedoch erst nach dessen Verffentlichung dem Nachlass zugefgt worden. Eine Recherche im aktuellen Bestand ist online ber den Tbinger Nachlasskatalog unter http://www.inka.uni-tuebingen.de/nachlass.php (Zugriffsdatum: 12.12.2015) mglich. Hierfr steht eine Suche mittels Signatur, aber auch unter Angabe des Nachlasses (Bultmann) mittels der Klassifika-tionen Personen, Krperschaft, Titel, Ort und Jahr zur Verfgung.

    1984 erschien zum 100. Geburtstag Bultmanns das von Michael Lattke erstellte Register zu Bultmanns vierbndiger Aufsatzsammlung Glauben und Verstehen. Aufgrund der Signifikanz jener Aufstze innerhalb des Gesamtwerks bietet es je-dem, der sich mit Bultmanns Theologie beschftigt, ein unentbehrliches Arbeits-instrument []. Ein solcher Schlssel zu diesem umfassendsten und fr Hrer aller Fakultten bestimmten Werk Bultmanns kann mehr Einsichten erffnen und Informationen vermitteln als manche noch so wertvolle postume Verffent-lichung. (Schmithals 1986, 89) Neben den Inhaltsverzeichnissen der Einzel-bnde enthlt es je ein Verzeichnis der verwendeten antiken Quellen, der erwhn-ten Autoren der Neuzeit sowie der antiksprachlichen Wrter. Darber hinaus

  • 10 A. Orientierung

    beinhaltet es eine Zusammenstellung wichtiger Begriffe und Namen. War hierfr die Orientierung an Bultmanns eigener Sprache und Theologie leitendes Prinzip, kann sie so in Bezug auf letztere in besonderer Weise aufschlussreich sein.

    2. Institutionen

    Die beiden Institutionen, die sich den von Bultmann initiierten Fragestellungen in besonderer Weise verpflichtet wissen, sind jeweils mageblich am Fortwirken der vom theologischen Werk Bultmanns geprgten hermeneutischen Tradition orientiert. Im Sinne Bultmanns ist diese Orientierung nicht auf die Beschftigung mit dessen Werk beschrnkt, sondern besteht in dem Bemhen, in Auseinander-setzung mit Einsichten Bultmanns theologische Wahrheitserkenntnis im kriti-schen Dialog [] zu gewinnen und zu bewhren (Hammann 2010b, 60).

    Am 12. Mrz 1998 wurde die Rudolf-Bultmann-Gesellschaft fr Hermeneuti-sche Theologie e.V. (Internet: http://www.bultmann-gesellschaft.net, Zugriffsda-tum: 12.12.2015) als Nachfolgeinstitution des Arbeitskreises der Alten Marbur-ger gegrndet, den Bultmann 1927 zur Frderung des theologischen Austau-sches etabliert hatte. Dieser Kreis traf sich zunchst bis 1936 und sodann ab 1949 einmal jhrlich zu einer mehrtgigen Sitzung, um aktuelle Themen zu diskutie-ren. Zunchst unter dem Vorsitz von Ulrich H. J. Krtner (19982008), seit 2008 von Christof Landmesser veranstaltet die Rudolf-Bultmann-Gesellschaft in Fort-fhrung jener Tradition seit 1999 regelmig Jahrestagungen. Die Beitrge wer-den jeweils in einem Sammelband verffentlicht. Die Gesellschaft setzt sich dabei in Aufnahme und Weiterfhrung der theologischen Arbeit Rudolf Bultmanns [] das Ziel, hermeneutische Theologie zu frdern, die in der Einheit der theo-logischen Disziplinen und im Gesprch mit der Philosophie die geschichtlichen Verstehensbedingungen und die Gegenwartsbedeutung des biblischen Zeugnis-ses bedenkt ( 2, Abs. 1 der Satzung in der Fassung vom 07.03.2000). Zugleich dient sie dem Zweck, die wissenschaftliche Auswertung von Werk und Nachlass Bultmanns zu frdern. Anlsslich seines 125. Geburtstages wurde die elfte Jahres-tagung 2009 explizit zu Ehren des Namensgebers veranstaltet.

    Der Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universitt Marburg nahm das Jubilum des 125. Geburtstages Bultmanns zum Anlass, das dem Fach-bereich angegliederte Institut fr Hermeneutik wiederaufzubauen als Rudolf-Bult mann-Institut fr Hermeneutik (Internet: http://www.uni-marburg.de/fb05/fachgebiete/hermeneutik, Zugriffsdatum: 12.12.2015). Nach Jrg Lauster (bis 2015) ist seit 2016 Malte Dominik Krger geschftsfhrender Direktor. Geschaf-fen wurde damit eine zweite Institution, die Bultmanns wissenschaftlichen Bei-trag im Horizont gegenwrtiger Diskurse weiter bedenken mchte. Der feierli-chen Wiederaufnahme der Arbeit des Instituts diente ein Symposion am 12. Ok-tober 2009 zum Thema Text und Wirklichkeit, das zugleich Thema der ersten Projektphase war. Seitdem veranstaltet das Institut Studientage, Tagungen und

  • 11II. Bultmannforschung: Hilfsmittel, Institutionen und neuere Forschung

    Vortrge unter der Magabe, interdisziplinr die religise Orientierungskraft der biblischen Texte zu erschlieen.

    3. Neuere Forschung

    Die anhaltende Publikation von Monographien und Aufstzen, die in vielfltiger Weise Bultmanns Werk zu erschlieen suchen oder seine Einsichten auf aktuelle Problemkontexte beziehen, zeigt die bleibende Bedeutung Bultmanns fr die theologische Diskussion. Nicht primr Einzelergebnisse seiner exegetischen Ar-beit begrnden diese Bedeutung, sondern allgemeiner seine auch aus diesen Er-gebnissen erwachsenden und in ihnen sichtbar werdenden theologischen und hermeneutischen Erkenntnisse. Gegenwrtig wird das Werk Bultmanns so ne-ben forschungs- und theologiegeschichtlichen Zugngen ebenfalls im Rahmen systematisch-theologischer Fragestellungen rezipiert. Grundlegend fr die For-schung zu Bultmann sind dabei die Bemhungen um die Edition bisher nicht erschlossener oder nur schwer zugnglicher Werke Bultmanns. Nach der Verf-fentlichung mehrerer Manuskripte aus dem Nachlass Bultmann und der Neuher-ausgabe seiner Dissertation im Jahr seines 100. Geburtstages (vgl. dazu Schmit-hals 1986, 8289) publizierte 2002 Andreas Lindemann eine Sammlung repr-sentativer Aufstze Bultmanns (Neues Testament und christliche Existenz, 2002). Neben Texten aus Glauben und Verstehen sind hierin ebenfalls Beitrge enthalten, die erstmals wieder verffentlicht wurden. Zudem haben 2002 Matthias Dreher und Klaus W. Mller einen Teil der von Bultmann verfassten Rezensionen in ei-nem Sammelband herausgegeben und somit wichtige Quellen fr die Erhebung des Theologie- und Exegeseverstndnisses Bultmanns erschlossen (Theologie als Kritik, 2002). 2009 erschien die von Andreas Gromann und Christof Landmes-ser verantwortete wissenschaftliche Edition des Briefwechsels zwischen Bult-mann und Martin Heidegger (Bw. Bultmann-Heidegger). Indem sie Aufschluss gibt ber die gegenseitige Verhltnisbestimmung beider Denker zueinander, die nur im Horizont der gemeinsamen Marburger Professorenschaft 19231928 ver-stndlich wird, bietet sie zugleich produktive Impulse fr die Verhltnisbestim-mung von Philosophie und Theologie.

    Zur Rekonstruktion der Formierung der Existentialtheologie Bultmanns im Horizont der Daseinsontologie Martin Heideggers (Hammann 2010a, 191) trgt ferner die zweibndige Dissertation Kierkegaard receptus (2008/2011) von Cora Bartels bei, die sich jener Formierung ber die Kierkegaard-Rezeption Bultmanns annhert. Hinsichtlich der Entwicklung der Theologie Bultmanns sind zudem insbesondere die Ergebnisse der Forschung zu seiner Frhzeit auf-schlussreich (vgl. u. a. Evang 1988; Baasland 1992; de Valerio 1994; Land-messer 1999, 169323; Jung 2004; Dreher 2005; Dennison 2008). Sie belegen die auffllige Kohrenz des Denkens Bultmanns, das zwar durchaus von Ent-wicklungen und Ausdifferenzierungen, nicht aber von gravierenden Brchen

  • 12 A. Orientierung

    oder Widersprchen gekennzeichnet ist (vgl. Landmesser/Klein 2010, 4; Ham-mann 2010b, 61).

    Bezogen auf Bultmanns Denkweg kommt insgesamt der Verffentlichung zen-traler Korrespondenzen eine wesentliche Bedeutung zu. Neben den in jngerer Zeit erschienenen Briefwechseln Bultmanns mit Ernst Lohmeyer, Paul Althaus und Martin Rade sind insbesondere fr die Erschlieung des Verhltnisses zwi-schen Bultmann und seinen Schlern der von Werner Zager herausgegebene Briefwechsel mit Gnther Bornkamm sowie der Briefwechsel mit Ernst Kse-mann weiterfhrend. So spiegelt letzterer ber einen Zeitraum von 50 Jahren das spannungsvolle Verhltnis zwischen beiden Gesprchspartnern wider und zeigt, wie sehr jenes Gesprch den Schler zur Selbstndigkeit entbindet (Ksemann 1970h, 20). Vor dem Hintergrund beider Korrespondenzen erschien 2011 der Band Theologie und Wirklichkeit. Diskussionen der Bultmann-Schule, der auf eine Tbinger Tagung im Juli 2010 zurckgeht.

    Ein Desiderat theologiegeschichtlicher Forschung (Hammann 2010b, 49; vgl. Dreher 2010c, 234) erfllt schlielich die umfassende und detailreiche Bio-graphie Rudolf Bultmann von Konrad Hammann. Sie erschien 2009 in erster, 2012 bereits in dritter, ergnzter Auflage. Ihre Publikation in englischer berset-zung 2013 sowie die damit verbundene Tagung in Chicago (Illinois) im Novem-ber 2012 zeigen dabei exemplarisch, dass auch international Person und Werk Bultmanns bleibende Relevanz behalten.

    Hammann, Konrad: Rudolf Bultmann. Eine Biographie, 3., erneut durchges. u. erg. Aufl., T-bingen 2012.

    Lattke, Michael: Register zu Rudolf Bultmanns Glauben und Verstehen Band IIV, Tbingen 1984.

    Rudolf Bultmann (18841976). Nachlaverzeichnis, bearb. v. Harry Wassmann, Jakob M. Ost-hof u. Anna-Elisabeth Bruckhaus (Nachlassverzeichnisse der Universittsbibliothek 2), Wies baden 2001; http://inka.uni-tuebingen.de/nachlass.php (Zugriffsdatum: 20.12.2015).

    Johannes U. Beck

  • B. Person

  • 14 B. Person

    I. Biographisches Umfeld und Vita

    1. Religise und theologische Prgung im Elternhaus

    Am 20. August 1884 wurde Rudolf Bultmann als ltester Sohn des lutherischen Pfarrers Arthur Kennedy Bultmann und seiner Ehefrau Helene geb. Stern in Wie-felstede (Groherzogtum Oldenburg) geboren. Gemeinsam mit ihm wuchsen seine Schwester Helene sowie seine beiden Brder Peter und Arthur auf. Rudolf Bultmann besuchte die Volksschule in Rastede und ab 1895 das Groherzogliche Gymnasium in Oldenburg. Sein Vater bernahm zwei Jahre spter eine Pfarrstel-le an St. Lamberti in Oldenburg. Die oldenburgische Landschaft, die buerliche Lebenswelt seiner Heimat und die plattdeutsche Sprache prgten den jungen Bultmann nachhaltig.

    Die Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts hatte sowohl die vterliche als auch die mtterliche Linie der Familie Rudolf Bultmanns erfasst. Sein Grovater vterlicherseits, Fritz Bultmann, bettigte sich als Missionar in Kent, Sierra Leone (Westafrika). Er war mit Elise Ramsauer verheiratet, einer Tochter Johannes Ramsauers. Dieser wiederum, ein Schler Johann Heinrich Pestalozzis, hatte nach 1820 das Schulwesen des Groherzogtums Oldenburg umgestaltet. Ramsau-er pflegte intensive Kontakte zu erweckten Kreisen in Bremen. Die Verbindung zwischen erwecklicher Religiositt und reformpdagogischen berzeugungen in der Tradition Pestalozzis bestimmte das familire Umfeld Arthur Kennedy Bult-manns.

    Die Mutter Rudolf Bultmanns war eine Tochter des badischen Pfarrers Ludwig Rudolf Stern. Dessen Vater Wilhelm Stern hatte sich um die Mitte des 19. Jahr-hunderts ebenfalls der Erweckungsbewegung zugewandt. In seiner langjhrigen Ttigkeit am badischen Lehrerseminar in Karlsruhe brachte er die Symbiose von pietistisch-erweckter Frmmigkeit und Pestalozzis Bildungsidealen zur Geltung. Helene Stern bewahrte das von ihrem Grovater geprgte geistliche familire Erbe. Dies fhrte freilich in ihrer Ehe zunehmend zu Spannungen. Denn ihr Ehe-mann, der sich zunchst an der biblisch-positiven Theologie orientiert hatte, wandte sich um 1900 der liberalen Theologie zu. Offenbar versprach er sich von ihr mehr Hilfe bei der Bewltigung der der Kirche sich stellenden Probleme, als sie ihm die biblisch-positive Richtung zu geben schien. Arthur Kennedy Bult-mann gehrte der Vereinigung der Freunde der Christlichen Welt seit deren offizieller Grndung 1903 an.

    Folgt man den spteren Rckblicken Rudolf Bultmanns auf seine frhe religi-se Sozialisation, so wurde er als Kind mit dem pietistisch-kirchlichen Christen-tum vertraut, wie insbesondere seine Mutter es verkrperte. Das schloss ortho-doxe Anschauungen, etwa dinglich-gegenstndliche Jenseitsvorstellungen oder das Zutrauen in das Wunderhandeln des Heilands, mit ein. Allerdings setzte bei ihm in den letzten Jahren seiner Schulzeit ein innerer Klrungsprozess ein, in dessen Verlauf er sich von den als veraltet empfundenen Grundannahmen jenes

  • 15I. Biographisches Umfeld und Vita 2. Studium und akademische Qualifikation

    orthodoxen Kirchentums emanzipierte. Die geistige Weite, die ihm das alt-sprachliche Gymnasium erschloss und die ihm in gleicher Weise sein bildungs-brgerliches Elternhaus erffnete, indem es sein Interesse an der Literatur, der Musik und dem Theater weckte, mag eine nicht unwesentliche Voraussetzung fr das Gelingen jenes Emanzipationsprozesses gewesen sein (B.IV.4.). Der Ausbil-dung seiner eigenen religisen Identitt drfte auch zugutegekommen sein, dass in jenen Jahren der geistigen und religisen Selbstfindung sein Vater den theolo-gischen Kurswechsel vornahm, der ihn im freien Protestantismus seine kirch-lich-theologische Heimat finden lie.

    2. Studium und akademische Qualifikation

    Im Sommersemester 1903 nahm Bultmann in Tbingen das Studium der evange-lischen Theologie auf. Durch die Beteiligung an den Aktivitten der liberalen stu-dentischen Verbindung Igel fand er rasch Anschluss an das studentische Leben. Mit befreundeten Bundesbrdern erkundete er auf Wanderungen die Umgebung Tbingens und besichtigte er im Frhjahr 1904 die Kunstschtze in Florenz. In Tbingen besuchte er auch Lehrveranstaltungen in anderen Fchern. Unter den Tbinger Theologen vermochte der Schweizer Neutestamentler Adolf Schlatter den jungen Bultmann am wenigsten zu beeindrucken. Dagegen sah er sich durch den Praktischen Theologen Johannes Gottschick und den Systematiker Theodor Haering gefrdert. Bultmann fand Haerings Lehrttigkeit vorbildlich, weil sich bei ihm die gedankliche Transparenz einer als Glaubenslehre konzipierten Dog-matik mit persnlicher Glaubwrdigkeit verband. Am strksten freilich prgte der Kirchenhistoriker Karl Mller den Oldenburger Theologiestudenten durch seine die Institutionen, das Recht und die Verfassung der Kirche in den Vorder-grund rckenden Epochenvorlesungen. In seinem konfessionskundlichen Kolleg wusste er Beispiele der katholischen Volksfrmmigkeit anschaulich zu prsentie-ren. Mller war der erste akademische Lehrer, der Bultmann den theologischen Sinn der historisch-kritischen Erforschung des Christentums erschloss.

    Im Wintersemester 1904/05 setzte Bultmann sein Studium in Berlin fort, wo ihm die grostdtischen Verhltnisse allerdings nicht zusagten. Er machte im-merhin dankbar Gebrauch von dem kulturellen Angebot der Hauptstadt und be-suchte Museen, Opern- und Theaterauffhrungen. An seinen eigenen Vorstellun-gen von der Aufgabe der Theologie bezglich der zuknftigen Gestalt der Kirche ma er, was er in den Kollegs der Berliner Theologieprofessoren zu hren bekam. Aufgrund seiner zunehmenden Aversion gegen die berkommene dogmatische Begrifflichkeit konnte er in den Darbietungen des Systematikers Julius Kaftan keinen zukunftsweisenden Beitrag erkennen. Bultmann registrierte frh die veri-tablen Leistungen der historischen Theologie und zugleich die theologischen Aporien des Historismus. Er bewunderte den Kirchenhistoriker Adolf Harnack fr seinen Vortragsstil, hielt ihn aber nicht fr fhig, die als notwendig erachtete

  • 16 B. Person

    neue Ausrichtung der Theologie auf ihre kirchliche Verantwortung hin in die Wege zu leiten. In Berlin belegte Bultmann die meisten Lehrveranstaltungen bei dem Alttestamentler Hermann Gunkel. Der mit einer auergewhnlichen Lehr-begabung ausgestattete Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule entfaltete in den Kollegs, die Bultmann bei ihm hrte, die Theologie des Alten Testaments in religionsgeschichtlicher Profilierung und bot die Entstehung des Alten Testa-ments als Literaturgeschichte Israels dar.

    Die beiden letzten Semester in Marburg empfand Bultmann als Hhepunkt seines Studiums. Hier lie er sich von Paul Natorp in die Gedankenwelt des Mar-burger Neukantianismus einfhren, hier nahm er auch teil an der gepflegten Ge-selligkeit, zu der die Theologieprofessoren ihre Studenten einluden, etwa im Kreis um Martin Rade (B.III.1.), den Herausgeber der Christlichen Welt. In Marburg legte Bultmann einen Schwerpunkt seines Studiums auf das Neue Tes-tament. Adolf Jlicher wurde ihm zum besonders verehrten Lehrer, der durch wissenschaftliche Wahrhaftigkeit und persnliche Integritt berzeugte und des-sen Hochschtzung der paulinischen Rechtfertigungslehre theologisch langfris-tig wirksam blieb. Ebenso beeindruckt war der Student von Johannes Wei, der ihm dezidiert religionsgeschichtliche Zugnge zum Neuen Testament erffnete (B.II.4.).

    Den Systematiker Wilhelm Herrmann nahm Bultmann als Persnlichkeit mit einer groen religisen Aura wahr. Die von Herrmann behandelten theologi-schen Fragestellungen gehrten zu den Problemen, deren Bearbeitung Bultmann sich spter selbst zur Aufgabe machte. Fr ihn wurde weiterhin bedeutsam, in dem Praktischen Theologen Johannes Bauer einen fr die hermeneutischen An-liegen einer modernen Predigt aufgeschlossenen Homiletiker gefunden zu ha-ben. Bauer fasste die Predigt in der Tradition Friedrich Schleiermachers als dar-stellendes Handeln auf. Bultmann machte sich dieses Predigtverstndnis zu eigen und bemhte sich in seiner bald nach dem Studium einsetzenden Predigtpraxis darum, das ihm vorschwebende moderne Christentum von der Kanzel aus zu propagieren (C.I.5.).

    Das Erste Theologische Examen legte Bultmann 1906/07 vor dem Oberkir-chenrat in Oldenburg ab. Die Prfungskommission bescheinigte ihm eine her-vorragende wissenschaftliche Bildung in den verschiedenen theologischen Diszi-plinen. Schon whrend der Examensprozedur sammelte er als Hauslehrer und als Vertretungskraft am Oldenburger Gymnasium eigene pdagogische Erfahrun-gen. Er setzte diese Lehrpraxis im universitren Rahmen fort, als er zum 1. Okto-ber 1907 die Stelle des zweiten Repetenten an der Hessischen Stipendiatenanstalt in Marburg bernahm. Zu seinen Verpflichtungen gehrte neben der Durchfh-rung neutestamentlicher bungen nur das Halten von drei Predigten pro Jahr.

    So bot das Repetentenamt Bultmann die Mglichkeit, sich fr die akademische Lehre zu qualifizieren. In seiner von Johannes Wei angeregten Dissertation Der Stil der paulinischen Predigt und die kynisch-stoische Diatribe fhrte er einen Stil- und Gattungsvergleich zwischen Passagen der Paulusbriefe und der kynisch-stoi-

  • 17I. Biographisches Umfeld und Vita 2. Studium und akademische Qualifikation

    schen Volkspredigt durch. Zwar habe Paulus sich hnlicher stilistischer Mittel wie die Diatribe bedient, aber er zeige doch zugleich auch seine literarische Ei-genstndigkeit. Diese sei letztlich der Ausdruck seiner auf innerstem Erleben be-ruhenden religisen Gewissheit. Auf Grund dieser Arbeit promovierte die Mar-burger Theologische Fakultt Bultmann am 30. Juli 1910 zum Licentiaten der Theologie.

    Whrend Wilhelm Heitmller zu Bultmanns Dissertation das Erstgutachten schrieb und Adolf Jlicher das Korreferat bernahm, tauschten die beiden Neu-testamentler ihre Rollen in Bultmanns Habilitationsverfahren. Jlicher hatte dem Habilitanden vorgeschlagen, in seiner zweiten Qualifikationsarbeit Die Exegese des Theodor von Mopsuestia, eines der antiochenischen Schule angehrenden Theologen der Alten Kirche, zu behandeln. In seiner auslegungsgeschichtlichen Untersuchung arbeitete Bultmann das religise und hermeneutische Profil der Exegese des Theodor von Mopsuestia heraus. Dabei zeigte er durch seine eigenen berlegungen zur Aufgabe der Bibelexegese und zur Bedeutung der histo-risch-kritischen Methode fr das Verstehen der biblischen Texte sein starkes per-snliches Interesse an diesen Themen. Nachdem er am 27. Juli 1912 seine Probe-vorlesung Was lt die Spruchquelle ber die Urgemeinde erkennen? gehalten hatte, erteilte die Marburger Theologische Fakultt ihm die venia legendi fr die neutestamentliche Wissenschaft.

    Im Wintersemester 1912/13 nahm Bultmann seine Lehrttigkeit als Privatdo-zent auf. In seinen Vorlesungen gab er eine Einleitung in die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments und eine Einleitung in das Neue Testa-ment, teilweise mehrfach behandelte er Das apostolische Zeitalter der christli-chen Kirche, Die Literatur und Religion des Judentums in der Zeit des Neuen Testaments sowie in exegetischen Kollegs die Pastoralbriefe und die Johan-nesapokalypse. Er intensivierte nunmehr auch seine Rezensionsttigkeit, durch die er sich aktiv am wissenschaftlichen Diskurs seines Faches beteiligen konnte. Im Laufe seines Lebens drfte Bultmann mehr als 600 Bcher rezensiert haben (C.I.3.). Daneben setzte er seine Predigtttigkeit fort, in welcher er sukzessive von der religisen Deutung der Wirklichkeit mit Hilfe der Begriffe Arbeit und Geschenk zur Einsicht in den kontingenten Charakter der Religion und des religisen Erlebens als Geschenk, als geoffenbarter Gnade gelangte.

    In seiner Marburger Privatdozentenzeit pflegte Bultmann den wissenschaftli-chen Austausch auch mit befreundeten Nachwuchswissenschaftlern aus anderen Disziplinen. Regelmig kam er zum Mittagstisch mit den jdischen Privatdo-zenten Ernst Hellinger (Mathematik), Hermann Jacobsohn (Indogermanische Sprachwissenschaft) und Paul Jacobsthal (Klassische Archologie) zusammen. Seinen alttestamentlichen Lehrer Hermann Gunkel, der seit 1907 in Gieen lehr-te, suchte er von Marburg aus hufig auf (B.III.2.). In seinen eigenen Publikati-onen zeigte sich Bultmann den methodischen Standards der liberalen Theologie bezglich der historisch-kritischen Bibelexegese verpflichtet, er behielt die kirch-liche Funktion der historischen Bibelwissenschaften freilich bestndig im Auge.