21
Magdeburg 10.10.2003 Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg Vorbereitung und Bau der Kanalbrücke über die Elbe Klaus Fiedler, Lothar Tölle WNA Magdeburg Die Kanalbrücke Magdeburg ist als Kernstück des Wasserstraßenkreuzes Magdeburg Teil des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit (VDE) 17 - Ausbau der Wasserstraßenverbindung von Hannover nach Berlin. Die konkreten Planungen begannen mit der Vorentscheidung in der Haushaltsunterlage (Entwurf-HU) „Wasserstraßenkreuz Magdeburg“ 1992/93 für eine Brückenlösung anstatt der ebenfalls untersuchten Staustufenlösung. Mit der Erarbeitung der Ausführungsunterlagen (Entwurf-AU) „Kanalbrücke“ ab 1993 begann die detaillierte Ent- wurfsarbeit. 10 Jahre nach dem Startschuss ist die Kanalbrücke nun fertig und wird nach der 1. Flutung im Oktober 2002 am 10.10.2003 mit der Eröffnung des Wasserstraßenkreuzes Magdeburg eingeweiht. Es ist an der Zeit, hinsichtlich der technischen Umsetzung des Neu- baues der Kanalbrücke ein erstes Resümee zu ziehen. 1 Einleitung und Rückblick auf die erste geplante Kanalbrücke Planungen für eine Überführung des Mittellandkanals über die Elbe gibt es bereits seit An- fang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Der Entwurf der Firma Louis Eilers, Hannover, aus dem Jahre 1927 sah einen Kostenvoranschlag von 7,13 Mio. Reichsmark vor. 1934 wurde im größeren Maße mit den Arbeiten an der Elbüberführung begonnen. Dieser 1. Ver- such scheiterte infolge des 2. Weltkrieges. 1942 mussten die Arbeiten endgültig eingestellt werden. Die beiden Widerlager, alle Pfeilergründungen und 1/5 des Stahlbetonüberbaues (4 von 20 Dreigelenkbögen) für die Vorlandbrücke waren bis dahin fertiggestellt worden. Der Bau des vorgesehenen Stahlüberbaus für die Strombrücke über die Elbe mit einer Stützweite im Mittelfeld von 106,2 m wurde nie begonnen, jedoch liegen viele technische Zeichnungen dieses Bauwerkes im Wasserstraßen-Neubauamt vor. Das Tragsystem des geplanten 230 m langen Stahlüberbaus bestand aus zwei seitlichen, zweiwandigen Fach- werkhauptträgern durchlaufend über drei Felder. Die beiden Hauptträger wurden mittels ei- ner Vielzahl von großen Querträgern verbunden, die auf Rollenlagern aufgelagert wurden. Auf diesen Querträgern lagerte dann der Kanaltrog als eigenständige Konstruktion. Der ge- Abb. 1 Ansicht der ursprünglich geplanten Kanalbrücke über die Elbe 65

Canal bridge

Embed Size (px)

DESCRIPTION

jembatan air untuk lalu lintas kendaraan air

Citation preview

Page 1: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Vorbereitung und Bau der Kanalbrücke über die Elbe

Klaus Fiedler, Lothar TölleWNA Magdeburg

Die Kanalbrücke Magdeburg ist als Kernstück des Wasserstraßenkreuzes Magdeburg Teildes Verkehrsprojektes Deutsche Einheit (VDE) 17 - Ausbau der Wasserstraßenverbindungvon Hannover nach Berlin. Die konkreten Planungen begannen mit der Vorentscheidung inder Haushaltsunterlage (Entwurf-HU) „Wasserstraßenkreuz Magdeburg“ 1992/93 für eineBrückenlösung anstatt der ebenfalls untersuchten Staustufenlösung. Mit der Erarbeitung derAusführungsunterlagen (Entwurf-AU) „Kanalbrücke“ ab 1993 begann die detaillierte Ent-wurfsarbeit. 10 Jahre nach dem Startschuss ist die Kanalbrücke nun fertig und wird nach der1. Flutung im Oktober 2002 am 10.10.2003 mit der Eröffnung des WasserstraßenkreuzesMagdeburg eingeweiht. Es ist an der Zeit, hinsichtlich der technischen Umsetzung des Neu-baues der Kanalbrücke ein erstes Resümee zu ziehen.

1 Einleitung und Rückblick auf die erste geplante Kanalbrücke

Planungen für eine Überführung des Mittellandkanals über die Elbe gibt es bereits seit An-fang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Der Entwurf der Firma Louis Eilers, Hannover,aus dem Jahre 1927 sah einen Kostenvoranschlag von 7,13 Mio. Reichsmark vor. 1934wurde im größeren Maße mit den Arbeiten an der Elbüberführung begonnen. Dieser 1. Ver-such scheiterte infolge des 2. Weltkrieges. 1942 mussten die Arbeiten endgültig eingestelltwerden. Die beiden Widerlager, alle Pfeilergründungen und 1/5 des Stahlbetonüberbaues (4von 20 Dreigelenkbögen) für die Vorlandbrücke waren bis dahin fertiggestellt worden.

Der Bau des vorgesehenen Stahlüberbaus für die Strombrücke über die Elbe mit einerStützweite im Mittelfeld von 106,2 m wurde nie begonnen, jedoch liegen viele technischeZeichnungen dieses Bauwerkes im Wasserstraßen-Neubauamt vor. Das Tragsystem desgeplanten 230 m langen Stahlüberbaus bestand aus zwei seitlichen, zweiwandigen Fach-werkhauptträgern durchlaufend über drei Felder. Die beiden Hauptträger wurden mittels ei-ner Vielzahl von großen Querträgern verbunden, die auf Rollenlagern aufgelagert wurden.Auf diesen Querträgern lagerte dann der Kanaltrog als eigenständige Konstruktion. Der ge-

Abb. 1 Ansicht der ursprünglich geplanten Kanalbrücke über die Elbe

65

Page 2: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

samte Überbau sollte aus dem Stahl St 52 bestehen und vollständig genietet werden, derTrog selbst schon aus dünnen gewölbten Kesselblechen verschweißt werden. Damit war dasTragsystem, bestehend aus 3 getrennten und gelenkig verbundenen Elementen, klar aufge-baut.Die Montage der Hauptträger war im Freivorbau von beiden Elbseiten geplant und durchEinschwimmen der Mittelteile der Hauptträger erfolgen. Die gelenkig angeschlossenenQuerträger und der Kanaltrog sollten dann von verfahrbaren Derricks auf den Hauptträgerneingebaut werden.Diese Kanalbrücke wäre eine Meisterleistung zu ihrer Zeit geworden.

2 Erläuterungen zum Entwurf der neuen Kanalbrücke

2.1 Entwurfsplanung und LastenheftMit der Entwurfsplanung wurde 1993 das Ingenieurbüro Grassl in Hamburg beauftragt. DiePlanungen wurden 1996 mit einem Kostenvoranschlag von 165,66 Mio. € abgeschlossen.Der wichtigste Ausgangspunkt für den Entwurf der Überbauten war die Berücksichtigung dergeometrischen Anforderungen nach EU-Standard für den Schiffsverkehr auf dem Mittelland-kanal (Großmotorgüterschiffe und Schubverbände mit 2,8 m Abladetiefe) und auf der Elbe(dreilagiger Containerschifffahrt).Damit ergab sich eine maximal mögliche Trogbodenhöhe für die Strombrücke von 1,90 m. Nur mittels sehr engliegender Querelemente, im Entwurf Hohlkästen alle ca. 3,5 m, die direktan die unteren Hohlkästen der Hauptträger verschweißt wurden, war dies erreichbar. Die8,15 m hohen und 4,0 m breiten durchlaufenden Hauptträger sind starr an die Querträgerdes Trogbodens angeschlossen worden. Aus architektonischen Gründen wurde zudem dieäußere Scheibe als Fachwerk aufgelöst, während die innere Scheibe zugleich die Trogwandbilden sollte.Damit war ein Tragsystem vorgegeben, das innerlich hochgradig unbestimmt ist und in demsehr unterschiedlich steife Bauteile zusammenwirken. Dank moderner Rechentechnik kön-nen heute solche Systeme jedoch statisch modelliert und die räumlichen Überhöhungen inder Konstruktion berücksichtigt werden.

Für die Vorlandbrücke gab es ganz andere Randbedingungen. Die schon vorhandenenschmalen Fundamente der Kanalbrücke, die vor dem 2. Weltkrieg nicht fertiggestellt wurde,sollten zunächst wiederverwendet werden. Daraus entstand die einmalige Gestaltung derVorlandpfeiler in Schiffsspantenform.Die Gestaltung dieser Bauteile sowie die Anordnung der drei markanten Pylonenpaare anden Brückenübergängen ist im wesentlichen auf die frühzeitigen Mitwirkung des Architekten-büros Prof. Winking, Hamburg zurückzuführen.Gleichzeitig wurde die Entscheidung für eine Konstruktion mit möglichst wenig Dehnfugengetroffen. Mit dieser Entscheidung entfielen auch für den Bereich der Vorlandbrücke alleBetonkonstruktionen für den Überbau. Für den durchlaufenden Stahlbrückenüberbau wurdeein Stützweitenoptimum von rund 43,00 m gefunden. Hieraus resultierte die Notwendigkeit,alle Betonpfeiler neu zu errichten.

In einem Lastenheft Wasserstraßenkreuz Magdeburg wurde begonnen, die grundsätzlichenLastannahmen für die Kanalbrücke und die Schleusen einheitlich zu treffen. Definiert wurdendie einheitlichen Bemessungswasserstände und die grundsätzliche Bildung der Lastfällenach der DIN 19704 (Stand 1976). Speziell für eine solche Kanalbrücke dieser Dimensiongab und gibt es auch mit Einführung der neuen DIN 19704 keine durchgehend schlüssigenallgemeingültigen Lastannahmen und Vorschriften. Auch die Brückenbaunormen nach DIN18809 für stählerne Straßenbrücken (Stand 1987) im Zusammenhang mit der allgemeinenStahlbaunorm DIN 18800, die Norm DIN 1072 für die Lastannahmen der Straßenbrückensowie die schweißtechnischen Normen und Normen zum Korrosionsschutz konnten nicht„blind“ angewendet werden.

66

Page 3: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Normen stellen immer nur den Kompromiss bei Lastannahmen (zum Beispiel bei der Tempe-raturbelastung auf die verschiedensten Ausführungen in Beton oder Stahl) und dem Standder Technik in der Anwendung für Regelbauwerke dar. Für Sonderbauwerke ist daher je-weils die Erstellung eines speziellen Lasten- oder auch Anforderungsheftes notwendig.Insofern mündete der Versuch eines einheitlichen Lastenheftes Wasserstraßenkreuz Mag-deburg in einen speziellen Teil „Lastannahmen und Randbedingungen für die technischeBearbeitung“ im Rahmen der Ausschreibung für die Kanalbrücke.Dafür wurden in der Entwurfphase AU etliche spezielle Gutachten erstellt, u. a. ein Gutach-ten zur dynamischen Berechnung eines Leitwerkes für die Schiffsstoßsicherung der Kanal-brücke einschließlich der Einfahrtsschrägen (erstellt von der BAW Karlsruhe auf der Basiseines speziellen dynamischen Programms der TH Darmstadt, eine gutachterliche Stellung-nahme zur Temperaturbeanspruchung der Überbauten (Büro HRA), ein Gutachten über dieneue Hochwasserentlastungsanlage im Widerlager West der Kanalbrücke (erstellt von derBAW, AS Berlin, experimenteller Wasserbau) und Betrachtungen zur Erdbebenbelastung(BAW, AS Berlin).Von entscheidender Bedeutung war danach eine generelle Zuordnung der Bauteile nach derGültigkeit der ZTV (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen) für Wasserbau (ZTV-W)und der ZTV für Kunstbauten (ZTV-K), da die Kanalbrücke ein Mischbauwerk darstellt. Durchdiese Aufteilung wurden widersprüchliche Angaben zur Ausführung der Bauteile weitestge-hend vermieden.

So wurden die Stahlüberbauten einschließlich der Lager sowie alle nicht wasserbenetztenAusrüstungsteile (z. B. Geländer, Leitern), der Korrosionsschutz am Stahltrog außen derZTV-K zugeordnet (also Dimensionierung und Ausführung nach Brückenbaunorm DIN18809 mit zusätzlichen speziell geregelten Lastannahmen, die es bei Straßenbrücken natur-gemäß nicht geben kann) und deren Fertigung, Montage und Ausführung dementsprechendgeregelt. Die Hochwasserentlastungsanlage, alle wasserbenetzten Ausrüstungsteile (Leit-

Abb. 2 Belastungsannahmen

67

Page 4: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

werk, Revisionsverschlüsse, Dichtungen usw.) und der Korrosionsschutz im Stahltrog innenwurden der ZTV-W zugeordnet.Die Zuordnung der Stahlüberbauten zu den Brückenbaunormen wurde vor allem getroffen,da die alte Stahlwasserbaunorm noch nichts zu Gestaltung und Berechnung von Bauteilen,die nicht vorwiegend ruhender Belastung ausgesetzt werden (Fahrbahn der Betriebswege fürSLW 30 ausgelegt) und zu Brückenlagern aussagte.Die Lastfälle wurden, in Analogie zur DIN 19704 (9/76) gebildet, wobei folgende Lastfälleuntersucht werden sollten: die normalen Lastfälle 1 - 3 (NB, BB und AL), Lastfall 4 - Bauzu-stände und Sonderlastfälle – 5 a - Organisationsversagen und 5 b - Erdbeben mit außerge-wöhnlichen Belastungsannahmen (Havariewasserstand, Auswechseln der Lager unter Was-serlast, gesunkenes Schiff, erhöhte Eislast und Temperaturbelastungen entsprechend Com-putersimulation auf der Basis thermodynamischer Ansätze auch in Trogquerrichtung).

Schon in der Entwurfsphase wurden auf dieser Basis prüffähige statische Vorberechnungenam räumlichen System mittels FEM (Finite Elemente-Methode) aufgestellt und durch einenPrüfingenieur (Prof. Albrecht von der TU München) geprüft.Ein Hauptproblem war die große Temperaturdifferenz an einem Sommertag bei leerem Trogzwischen dem der Sonnenstrahlung direkt ausgesetzten Trogdeckblech und den permanentim Schatten liegenden unteren Konstruktionselementen.

Im Ergebnis der Berechnungen ergaben sich für die Brückenüberbauten beeindruckendeerforderliche Stahlmassen: rund 10.000 t für die Strombrücke und rund 15.000 t für die Vor-landbrücke bei Verwendung von Stahl S 355 (alt St 52). Es wurden Stahldicken bis zu80 mm vorgesehen.Eine Besonderheit ist die Lagerung der Stahlüberbauten: Es wurde ganz bewusst ein Sys-tem gewählt, das die Horizontalkraftlagerung von der Vertikalkraftlagerung trennt. Das hängtunmittelbar mit den Temperaturuntersuchungen und der Berücksichtigung von Erdbeben-kräften zusammen. Das gewählte System gewährleistet die Aufnahme der Erdbebenkräfteohne das Auftreten hoher Zwängungskräfte infolge Temperatur.

Abb. 3 kritischer Lastfall. Trog leer

68

Page 5: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Bei der Strombrücke wird dies erreicht durch Horizontalkraftlager in der Ausbildung alsKriechlager am Übergangspfeiler und am Widerlager-Ost, die eine langsame Verformungdes Überbaues infolge Temperatur zulassen, jedoch plötzliche Bewegungen infolge Erdbe-ben blockieren (Stoßdämpfer). Bei der Vorlandbrücke sind in jeder Achse Elastomerlager alsHorizontalkraftlager angeordnet, die das gleiche bewirken sollen. Zur Vermeidung von La-gerschäden infolge von Abheben und späterer undefinierter Rückstellung in eine andere La-ge wurden bei der Vorlandbrücke Abspannungen der Auflagerquerträger vorgesehen, diepermanent angespannt sind.

2.2 Besondere AusrüstungsteileIm Lastenheft wurden weitere sicherheitsrelevante Ausrüstungsteile klar definiert und imEntwurf umgesetzt.

2.2.1 Leitwerk-FenderungZum Schutz der Stahlkonstruktion des Überbaues gegen unmittelbaren Schiffsanprall undzur Abminderung der Kräfte infolge Schiffsstoß wurden im oberen Bereich der Seitenwändedurchlaufende biegesteife Leitwerkkonstruktionen vorgesehen. Diese bestehen aus Stahlträ-gerrosten mit einer geschlossenen Blechtafel auf der Wasserseite. Zur Abminderung derReibung bei Schiffsberührung sollten auf die Blechtafeln Pressplatten aus UHMW-PE ge-schraubt werden. Die Übertragung der Horizontalkräfte quer und parallel zur Kanalachseerfolgt über elastische Cone-Fender. Die vertikalen Kräfte werden durch Aufhängungen imBereich der biegesteifen Schraubstöße der jeweils ca. 7,2 m langen Leitwerksteile aufge-nommen. Durch die Fenderkonstruktion wurden die auftretenden Schiffsstoßlasten so ver-teilt, dass keine für die Bemessung der Brückenkonstruktion maßgebenden Belastungenauftreten können, dabei wurde von einer Verteilung auf 6 Fender ausgegangen. Am Stahl-überbau wurden dann nur örtlich die statischen Lasten an den Fendern angesetzt, die jedochgeringer sind als die anzusetzenden Lasten aus dem Eisdruck.

2.2.2 Kathodischer Korrosionsschutz im TrogDer Brückentrog mit allen in Wasser eingetauchten metallischen Teilen sollte mit einer ka-thodischen Korrosionsschutz-Fremdstromanlage (KKS) geschützt werden. Dies bedeutet,der passive Korrosionsschutz an den Stahlwasserbauteilen sollte durch einen aktiven Korro-sionsschutz ergänzt werden. An bis zu 5 % der Flächen kann damit der passive KKS be-schädigt sein, ohne dass sich Rost an diesen Stellen bildet. Hier soll die galvanischeSchutzwirkung ansetzen. Damit wird eine Standzeit des passiven KKS von rund 25 Jahrenangestrebt. Es wurde anstatt einer zunächst vorgesehenen Opferanodenanlage (ausgeführtan den Kanalbrücken des Elbe-Seiten-Kanals) eine Fremdstromanlage (analog der Kanal-brücke Minden) vorgesehen, da dadurch eine bessere Steuerbarkeit und eine geringereWartung gewährleistet ist. Aufgrund dieser Anlage sind die Brückenüberbauten komplettelektrisch zu isolieren (Lager, Geländer, Laufstege, Übergänge, Dehnfugen usw.).

2.2.3 LuftsprudelanlageIn Anlehnung an die bei der Kanalbrücke Minden ausgeführte Luftsprudelanlage ist an bei-den Trogseiten die Montage einer Luftsprudelanlage vorgesehen. In dem Ausschreibungs-entwurf (Entwurf-AU) und in der Ausschreibung wurde diese Anlage zunächst nur als Optionerwähnt, da zunächst noch Erfahrungen aus Minden gesammelt werden sollten. Die Anlagewurde später in der Bauphase als Nachtrag beauftragt. Die Druckluftleitung mit Sprudelboh-rungen (Kunststoffrohrleitung wie auch für die Gasleitungen bei Verlegung im Boden ver-wendet) ist in 3 m Wassertiefe über die gesamte Brückenlänge befestigt. Vier Verdichtersta-tionen sind im Widerlager-Ost und Widerlager-West untergebracht. Zwei Verdichter je Trog-seite fördern Druckluft im Regelbetrieb in das System. Bei Ausfall eines Verdichters kann einNotbetrieb bei eingeschränkter Sprudelleistung mit nur einem Verdichter aufrecht erhaltenwerden. Ziel der Anlage ist es, eine geschlossene Eisdecke an der Wasseroberfläche zuverhindern, da die Brücke nur für eine 12 cm Eisschicht bemessen ist. Es muss ein ge-schlossener Eisring verhindert werden, dazu reicht statisch gesehen ein eisfreier Spalt an

69

Page 6: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

einer Trogwand aus. Es wurde aus Sicherheitsbetrachtungen und den Betriebsbedingungen(Eisbrechereinsatz) eine beidseitige Eisfreihaltung hinter dem Leitwerk für erforderlich gehalt-en. Die Steuerung der Anlage soll automatisch über ein Außenthermostat und manuell vorOrt erfolgen können. Die Anlage wird mit einem Wasserspülanschluss versehen.

2.2.4 DehnfugenDie Anzahl der Dehnfugen wurde durch die Ausführung der Stahlüberbauten als Durchlauf-träger minimiert. Es ergeben sich infolge der langen Überbauten große Dehnwege. Die An-forderungen der DIN 1072, fiktive Temperaturgrenzwerte, schreibt für Stahlbrücken die ho-hen Grenzwerte von + 75°C und - 50°C vor. Bei einer Einbautemperatur von 10°C ergebensich dann die Dehnwege wie in Abb. 4 dargestellt. Dabei beträgt der größte Dehnweg zwi-schen der Vorlandbrücke und der Strombrücke am Übergangspfeiler 17 mehr als 700 mm.Die Ausbildung dieser Fugen erfolgt mittels doppelwandiger Gummiprofile (der Form wegensogenannte Omegaprofile). Eine Leckwasserkontrolle erfolgt über einen Ablasshahn.Falls dort Wasser austritt, ist das innere Gummiprofil undicht. Ein Schleppblech verhinderteine Beschädigung durch ins Wasser fallende Eisenteile .

2.2.5 RevisionsverschlüsseDie Revisionsverschlüsse sind kompatibel mit denen für die Schleusenanlagen vorgesehen.Das Setzen der Verschlüsse erlaubt 7 Absperrvarianten, die zunächst für die Erstfüllung derBrücke, den Probebetrieb und später für Konservierungsarbeiten, evtl. Reparaturarbeitenoder Schiffshavarien sowie auch zum Absperren und Entleeren der angrenzenden Strecken-abschnitte zur Anwendung kommen.

Abb. 4 Grenzstellungen der Dehnfugen

70

Page 7: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

2.2.6 Hochwasserentlastungsanlage (HWE)Die Osthaltung des Mittellandkanal hat keine natürlichen Zuflüsse. In Hochwassersituationenentwässert der Drömling und das oberere Einzugsgebiet der Aller in den MLK. Die Leistungder HWE im Widerlager-West ist entsprechend einer Vereinbarung der Länder (Niedersach-sen und Sachsen-Anhalt) ausgelegt auf 44 m³/s. Dies wird erreicht mit vier seitlichen Fall-schächten und anschließenden Stahlrohrleitungen DN 1400. Die Regulierung erfolgt überKegelstrahlschieber. Für die gegenüber früher verdoppelte Wasserabführung zur Elbe wird ein zusätzlicher ökolo-gisch gestalteter Abfluss im Elbvorland angelegt, das gleichzeitig einen Teil der Ausgleichs-maßnahmen für die gesamten Baumaßnahmen am WKM darstellt.

3 Ausschreibung/Vergabe (1997) und Bauausführung (1998 bis 2003)

3.1 Allgemeiner ÜberblickAuf der Grundlage des Entwurfes-AU erfolgte im WNA Magdeburg die Erarbeitung derAusschreibungsunterlagen 1996/97 gemeinsam in den Sachbereichen 4 (Brücken) und 7(Stahlwasserbau).

Konkretisiert wurden die Anforderungen an die Einlagerung der Brücke infolge der Erfahrun-gen an der Kanalbrücke Minden. So wurde u. a. aufgrund der Beweissicherung (Nähe Kali-werk Zielitz) und der Vielzahl der Lager entschieden alle Vertikalkraftlager mit einem auto-matischen Mess- und Auswertesystem zur Erfassung der Gleit- und Kippspalte und insbe-sondere der Lagerkraft auszurüsten. Darauf aufbauend wurde eine rechnergestützte Einla-gerung der Brückenüberbauten entsprechend den Sollauflagerkräften aus der Statik unterBerücksichtigung der Brückengradiente ausgeschrieben.

Varianten der Trockenlegung

Abb. 5 Varianten der Trockenlegung

71

Page 8: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Der Abbruch der Altanlagen wurde in drei vorgezogenen Losen ausgeschrieben, um die Un-wägbarkeiten dieser Abbrucharbeiten von dem Neubau zu entkoppeln und dem Neubau eindefiniertes Baufeld zu übergeben.

Im Juni 1997 wurden die Bauarbeiten für den Neubau der Kanalbrücke im offenen VerfahrenEU-weit ausgeschrieben.Zum Eröffnungstermin am 30.09.1997 gingen 11 Angebote ein. (darunter 4 ausländischeFirmen aus den Niederlanden, Belgien, Österreich und Italien). Es wurden 10 Hauptange-bote und 171 Nebenangebote eingereicht. Von allen Bietergemeinschaften hat die ArgeDSD/Bilfinger+Berger (DSD = Dillinger Stahlbau Saarlouis) das annehmbarste Angebot ab-gegeben. Es wurden alle Nebenangebote und Sondervorschläge technischer Art, die Vorteileergaben unter Berücksichtigung der architektonischen Gesamtansicht des Verwaltungsent-wurfes, akzeptiert.Der Auftrag wurde am 15.12.1997 rund 2,5 Monate nach der Submission erteilt mit der Auf-tragssumme von rund 107 Mio. €.Die Veränderungen infolge der Nebenangebote bezüglich der Stahlüberbauten bestandenhauptsächlich in der umfangreichen Verwendung von LP-Blechen, womit eine Reduzierungvon Schweißnähten und vor allem der eingesetzten Stahlmenge (Vorlandbrücke auf rd.13.000 t und Strombrücke auf rd. 9.500 t) durch die Anpassung an den Momentenverlauferreicht wurden. Weiterhin sind die vielen Hohlkästen durch offene Profile unter Beachtungdes Vogelschutzes ersetzt wurden. Damit ergab sich automatisch die Ausbildung der Trog-böden als orthotrope Platte. Die weiteren Änderungen betrafen vor allem die Vorlandbrücke,bei der die geplanten eigenständigen Spannbetonbetriebswegbrücken durch in den Stahltrogintegrierte Randträger ersetzt wurden.

Im Januar 1998 wurde mit dem Bau der Kanalbrücke im Bereich des Widerlagers Ost be-gonnen und am 14. Juli 1998 führte der damalige Bundesminister für Verkehr, MatthiasWissmann, die Grundsteinlegung durch.

Die Brücke ist auf ganzer Länge als Stahlkonstruktion vorgesehen.Die Gesamtlänge von rd. 918 m ist gegliedert in die Vorlandbrücke mit einer Länge von rd.690 m sowie die Strombrücke mit einer Länge von rd. 228 m. Die Stützweiten im Vorlandbe-reich betragen rd. 43 m, die maximale Spannweite der Strombrücke beträgt rd. 106 m. Miteiner lichten Durchfahrtshöhe von 6,50 m über dem Höchsten Schiffbaren Wasserstand(HSW) ist das Befahren der Elbe im dreilagigen Containerverkehr möglich.

Abb. 6 Querschnitt Strombrücke

72

Page 9: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Der Brückenquerschnitt der Strombrücke besteht aus zwei Hauptträgerkästen von rd. 8 mHöhe und 4 m Breite. Die Innenwände der Hauptträgerkästen sind, als Stauwände ausge-stellte, geschlossene Blechwände. Die äußeren Kastenwände sind in Fachwerk aufgelöst.Die Wassertiefe im Trog beträgt bei Normalwasserstand des MLK 4,25 m. Die Kanalbrückewird durch die Leitwerkskonstruktion vor Schiffsanfahrungen gesichert. Die Trogbreite zwi-schen diesen Fendern beträgt 32 m. Für die Trogbrückenkonstruktion verbleibt eine Bauhö-he von 1,90 m. Die Betriebswege auf beiden Seiten sind Bestandteil der Hauptträgerober-gurte.

Die Tragkonstruktion der Vorlandbrücke besteht aus offenen Trägern von rd. 1,90 m Höhe,die in Längsrichtung orientiert und mit einer Spannweite von 42,85 m auf den Pfeilerscheibengelagert sind. Die Betriebswege werden beidseitig des Kanalbrückentroges in die Stahlkon-struktion als Hohlkästen integriert.

Insgesamt:- wurden rd. 70.000 m³ Beton verbaut- betrug die Anstrichfläche rd. 250.000 m²- ruht die Vorlandbrücke auf 85 Vertikalkraftlagern- ruht die Strombrücke auf 10 Vertikalkraftlagern, wobei die großen Strompfeilerlager mit

rd. 135 MN Lastabtragung zu den größten der Welt zählen.

3.2 Massivbau

3.2.1 Widerlager WestDas Widerlager West erhielt eine Tiefgründung aus Ortbetonrammpfählen d = 51 cm. Nur imBereich des Beruhigungsbeckens der in das Bauwerk integrierten Hochwasserentlastungs-anlage wurde eine Tiefenverdichtung durchgeführt. Neben Betriebs-, Trafo- und Batterie-räumen erhielt das Widerlager West eine Hochwasserentlastungsanlage für den Mittelland-kanal.

3.2.2 VorlandpfeilerDer Unterbau der Vorlandbrücke besteht aus 17 tiefgegründeten massiven Pfeilern. Die Be-grenzungspfeiler 1 und 17 erhielten als charakteristische Merkmale je zwei ca. 30 Meter

Abb. 7 Querschnitt Vorlandbrücke

73

Page 10: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

hohe, zu Wartungszwecken begehbare Türme. Die übrigen Vorlandpfeiler (2 bis 16) erhiel-ten, wie im ausgeschriebenen Entwurf vorgesehen, die architektonisch anspruchsvolle,schlanke Spantenform. Die Gründung dieser Vorlandpfeiler erfolgte auf Ortbetonrammpfäh-len. Diese Gründungsart war einer der maßgeblichen Sondervorschläge der Bietergemein-schaft. Mit Hilfe dieser Gründungsvariante konnte die Gründungsebene der Pfeiler angeho-ben und somit umfangreiche Verbau- und Erdarbeiten eingespart werden. Die Pfeiler 2 und16 wurden jeweils auf 80 Stück Ortbetonrammpfähle mit einem Durchmesser von 51 cm ab-gesetzt, von denen 44 Stück mit 5 : 1 geneigt sind. Der Pfeiler 9 gründet sich auf 92 geneigte(4 : 1) Pfähle, da sich hier das Festlager der Vorlandbrücke befindet und dadurch hohe Hori-zontallasten aufzunehmen sind. Die Ortbetonrammpfähle haben eine mittlere Länge von ca.12 m und binden 5 m in den tragfähigen Baugrund (Mergel) ein. Der mittlere Bewehrungsge-halt liegt bei ca. 32,5 kg/m.

3.2.3 Herstellung der StrompfeilerDie Herstellung der Strompfeiler in der Elbe war ein wesentlicher und technisch sehr an-spruchsvoller Teil des gesamten Bauvorhabens. Die Strompfeiler müssen im gefüllten Zu-stand der Brücke je Pfeiler rd. 13.500 t zuverlässig in den Baugrund weiterleiten. Da diesePfeiler nicht auf Pfählen tief gegründet sind, sondern auf flachgegründeten Fundamentenabgesetzt wurden, war mit großem Setzungen zu rechnen.Für diese sensiblen Bauteile wurde in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Wasserbauund dem Wasserstraßen-Neubauamt unter Berücksichtigung der statischen Erfordernisseein Bauablauf in 8 Phasen entwickelt und ausgeführt.

Phase 1- Rammen eines dreiseitigen Spundwandkastens (Stirnwand oberstromseitig, Längs-

wände) vom Ponton aus.

Phase 2- Aushub bis Endtiefe (von 34,50 mNN auf 28,00 mNN) von einem auf einem Ponton

installierten Grabgerät unter Wasser.- Einbau der unterstromseitig gelegenen Spundwand (1,50 hoch) als Querschott zum

Schutz gegen Eintrieb.- Anlegen einer unterstromseitigen Böschung- Rammen eines Schutzrohres d = 56 cm in Kastenmitte für den späteren Extensome-

tereinbau.- Absaugen der Sohle mit einer Toyo-Pumpe zur Beseitigung von aufgeweichten Be-

standteilen und Verunreinigungen.- Herstellen einer Unterwasser-Beton-Sauberkeitsschicht von 1,26 m Stärke.

Phase 3- Herstellen der Bohrung für den Extensometereinbau durch das gerammte Schutzrohr

hindurch von einem Stelzenponton aus.- Fertigung des Bewehrungskorbes an Land (Gewicht ca. 100 t je Korb).

Phase 4- Schließen des Spundwandkastens durch Rammen der unterstromseitigen Stirnwand

vom Ponton aus.

Phase 5- Einsetzen des Bewehrungskorbes mit Hilfe des größten auf deutschen Gewässern

fahrenden Schwimmkranes.- Bergen des Datenloggers für das Extensometer und Sichern über Wasser.- Verfüllen der unterstromseitigen Böschung.- Sichern mit Wasserbausteinen.- Betonieren des 2,74 m hohen Fundamentes unter Wasser.

74

Page 11: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Phase 6- Herstellen der Flutöffnungen.- Einbau der Aussteifungen.- Teillenzen des Spundwandkastens bis auf 37,20 mNN.- Einbau der Auftriebssicherungen in Form von HEB-Profilen an der Spundwand

Phase 7- Vollständiges Lenzen der Baugrube- Herstellen des Pfeilerschaftes in 3 Kletterabschnitten bis UK Aussteifung.- Ausbau der Auftriebssicherung.- Flutung des Spundwandkastens.

Phase 8- Herstellen des Pfeilerschaftes in weiteren 4 Kletterabschnitten.- Rückbau des Spundwandkastens.- Einbau der Kolksicherung.

Nach Abschluss dieser Arbeiten waren die Voraussetzungen für den Verschub der Strom-brücke in mehreren Teilabschnitten geschaffen.

3.2.4 Widerlager OstDas Widerlager Ost steht auf einer Tiefgründung aus 122 Ortbetonrammpfählen. Im Wider-lager integriert sind Betriebsräume, Traforäume und Aggregaträume für die Luftsprudelanla-ge. Das Widerlager wurde in zwei Bauabschnitten erstellt. Der erste Abschnitt bis OberkanteVerschubbahn wurde als Fundament für den Verschub der Strombrücke benötigt und ist seitMai 1999 fertig, der zweite Teil bis auf endgültige Bauhöhe, d. h. Anschluss an die Strom-brücke und an den nachfolgenden Kanal, konnte erst nach Einschub der Strombrücke be-gonnen werden (ab August 2000).

3.3 Stahlüberbau

3.3.1 Technische Planung, Prüfung der Fertigungsvoraussetzungen und der Werk-stoffe

Zunächst erfolgte die Erarbeitung der technischen Unterlagen und deren Prüfung. Nach Vor-liegen der Werkstattzeichnungen, einschließlich der Festlegung der Schweißnahtbewer-tungsgruppe (C bzw. B) und der Schweißnahtdetails, wurden in der Arbeitsvorbereitung dieBrenndaten für die NC-Brennanlagen unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte für dasSchrumpfen der Bleche infolge des Schweißens hinzugefügt.Mit der Prüfung der Unterlagen wurde nach einer europaweiten Ausschreibung Prof. Heringaus Braunschweig beauftragt. Diese Prüfung umfasste die Statik, die Werkstattzeichnungenund die Schweißnahtprüfpläne. Der Auftraggeber (AG) prüfte schließlich, ob in den einge-reichten technischen Unterlagen alle Bedingungen des VOB - Vertrages umgesetzt wurden(konstruktive Details, die vereinbarten Vorschriften und Regelungen usw.) und gab die Un-terlagen zur Fertigung frei. Die Qualitätssicherung in den Werken für die Stahlbaufertigungwurde an die BGS-Ingenieursozietät mit Sitz in Frankfurt/Hannover, ebenfalls nach einereuropaweiten Ausschreibung, vergeben. Zu Beginn der technischen Bearbeitung durch den Auftragnehmer wurden Anlaufberatungenmit allen Beteiligten beim Prüfingenieur erforderlich, in denen u. a. Lastannahmen konkreti-siert werden mussten. So wurden infolge der Erfahrungen der gerade abgeschlossenenMontage der Kanalbrücke Minden die Temperaturbelastungen für die Bodenträger der Vor-landbrücke für den Fall „Trog leer“ fast verdoppelt (auf: +30 k/ -15 k). In enger Zusammenar-beit zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN), dem Prüfingenieur und dem Qua-litätssicherer wurden auch im Prozess der weiteren technischen Abwicklung die aufgetrete-nen notwendigen Veränderungen bzw. Abweichungen von den geltenden Regelwerken bzw.

75

Page 12: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

der Ausschreibung einer konstruktiven Lösung zugeführt. Bei einigen spezifischen Proble-men erfolgte auch die Beteiligung der BAW, so z. B. bei der Konkretisierung für die Lastan-sätze des Schiffsstoßes auf das Leitwerk.Entsprechend den in den Vergabeunterlagen aufgeführten Bedingungen wurden alle Ferti-gungsstätten vor Fertigungsbeginn vom AG und dem Qualitätssicherer BGS besichtigt unddie betrieblichen Voraussetzungen begutachtet. Danach wurde dem Beginn der Fertigung,unter Beachtung von noch zu erfüllenden Auflagen, zugestimmt. Die Überprüfungen um-fassten die Werkstoffnachweise, die Materialrückverfolgung, die werksinterne Qualitätssiche-rung, die schweißtechnischen Voraussetzungen (großer Eignungsnachweis, Verfahrens- undSchweißerprüfungen sowie Prüfpersonal), die Schweißanweisungen (WPS) und Schweißfol-gepläne, die Vermessung und nicht zuletzt den Korrosionsschutz. Als Materialien für die Ü-berbauten wurden hauptsächlich Grobleche der Dillinger Hütte GTS der Güte S355 J2G3 mitdem Abnahmezeugnis 3.1 C eingesetzt. Das Abnahmeinstitut war der TÜV-Saarland. Eswurden Breiten bis zu 4500 mm und Dicken bis zu 80 mm (bei der Strombrücke) verwendet,um eine wirtschaftliche Fertigung zu erreichen.Schwierig war die technische Bearbeitung der vier großen Kalottenlager der Strombrücke.Sie müssen eine Vertikallast von ca. 135 MN (13.500 t) aufnehmen, einer in Deutschlandbisher noch nie realisierten Größenordnung. Diese Lager benötigten eine Zustimmung imEinzelfall. An der MPA Stuttgart ist hierzu ein Dauerschwingversuch durchgeführt worden,mit dem die notwendigen Stöße in den PTFE-Ronden sowohl parallel als auch senkrecht zurStoßfuge auf einer Bewegungsstrecke von 2 km belastet wurden. Für die Lagerkraftmessungbei den Kalottenlagern wurde eine neue Entwicklung (Patent der Fa. Maurer) realisiert, diebei der Kanalbrücke zum ersten Mal zur Anwendung kam. Hierfür wurden Druckversuche aneinem Kalottenmesslager an der MPA Karlruhe erfolgreich durchgeführt. Damit konnte dieZustimmung im Einzelfall beim BMVBW, Referat EW 23, beantragt und nach der Erteilungdie Lager gebaut werden.

3.3.2 Werksfertigung der StrombrückeDie Fertigung der Strombrücke erfolgte im eigenen Werk des DSD (Dillinger Stahlbau) inHomburg (Saarland), im Tochterunternehmen Secometal S. A. in Saaralbe in Frankreich undim Werk Niesky des Stahlbau Plauen. Saaralbe fertigte die 63 Trogbodenelemente, die je ca.60 t wiegen bei 34 m Länge sowie 1,9 m Höhe und 3,8 m Breite. Die kompletten Hauptträgerstellten die Werke Homburg und Niesky her. Die beiden Hauptträger sind in 11 Schüsseaufgeteilt mit Einzellängen von 14 m bis 30 m. Im Querschnitt wird jeder Schuss in 4 Seg-mente unterteilt, dem Untergurt, der Trogwand, den Pfosten und Diagonalen sowie dem O-bergurt. Dazu kommen noch Querschotte an jedem 2. Pfosten. Daraus ergeben sich 2 x 33große und diverse kleine Fertigungseinheiten. Das Stückgewicht beträgt maximal etwa 150 t.Alle Teile kamen über die Straße zur Baustelle, da die Werke keinen direkten Wasserstra-ßenanschluss besitzen.Der Zusammenbau erfolgte auf sogenannten Schnürböden, die gewährleisten, dass dieBauteile in der spannungslosen Werkstattform aneinandergesetzt und nach einemSchweißfolgeplan (hierbei werden das Schweißverfahren, die Vorwärmtemperatur, die An-zahl und die Richtung der Schweißlagen definiert) verschweißt werden können. Die Schnür-böden müssen entsprechend den Detailüberhöhungszeichnungen in den Werkstätten herge-stellt werden. Das ist bei räumlich überhöhten Bauteilen wie der Strombrücke sehr kompli-ziert. Die Gesamtüberhöhung in Brückenmitte beträgt in Längsrichtung rund 330 mm und inQuerrichtung rund 110 mm.Als Schweißverfahren kamen das Metallaktivgas (MAG)- und das Unterpulver (UP)-Verfahren zum Einsatz. Beides sind hochproduktive automatisierte Verfahren. Die fertigenBauteile wurden von der Eigenkontrolle vermessen und die Schweißnähte entsprechenddem Schweißnahtprüfplan für die Werkstattnähte überprüft. Hier setzte die praktische Kon-trolle des Qualitätssicherers BGS ein. Nach der Freigabe für den Korrosionsschutz wurdendie Teile mittels Strahlkies auf den Reinigungsgrad SA 2,5 entrostet. Die Werksbeschichtungerfolgte nach erneuter Kontrolle der Bauteile nach dem Sandstrahlen. Entsprechend einemGesamtablaufplan und der Freigabe zum Versand wurden die Teile dann zur Baustelle be-fördert.

76

Page 13: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

3.3.3 Montage der StrombrückeDie Montage der Strombrücke erfolgte im Taktschiebeverfahren. Die dafür nötige Verschub-bahn hinter dem Widerlager-Ost war 85 m lang. Die Teile der Hauptträger wurden direkt aufVerschubwagen bzw. Zugwagen mittels eines Raupenkranes montiert. Die Trogbodenele-mente wurden zunächst zwischengelagert. Nach der Montage und dem Ausrichten derHauptträger, wurden diese nach einem Schweißfolgeplan abgeschweißt. Auf der Baustellewurden hauptsächlich das Lichtbogenhand- und das Innershieldschweißen (dort ist das Pul-ver mit den Schweißzusätzen im endlosen Fülldraht - rund 2,5 mm dick – enthalten) ange-wendet. Nur zum Verschweißen der Trogbodenelemente kam das UP-Schweißen zum Ein-satz. Damit wurde auf der Baustelle noch recht wenig mit automatisierten Verfahren (UP-und Innershieldschweißen rund 30 % Anteil) gearbeitet.

Abb. 8 Strombrücke: Fertigung Hauptträger

Abb. 9 Strombrücke: Montage der Schüsse

77

Page 14: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Die Trogbodenelemente wurden nach dem hydraulischen Kippen der Hauptträger um ca. 1 % nach außen zwischen diese eingefädelt und miteinander verschweißt. DasVerschweißen der Hauptträger mit den Bodenträgern musste dann schnell erfolgen, um nur eine geringe Temperaturabhängigkeit zuzulassen.

Nach der Montage von jeweils zwei Schüssen wurden diese verschoben. Der ent-scheidende 4. Verschub über die Elbe wurde nach der Montage der Schüsse 7 - 9 in einerspektakulären 24stündigen Aktion im März 2000 mittels Unterstützung eines Pontons unterder Spitze ausgeführt. Das Verschieben erfolgte über eine hydraulische Verschubanlage miteiner Pressenkapazität von 2 x 260 t mit einer Geschwindigkeit von i. M. 7,0 m pro Stunde.Als Gleitmittel auf der Verschubbahn und den Verschublagern auf den Brückenpfeilern wa-ren teflonbeschichtete Platten und Schmierseife im Einsatz.Bei der gesamten Montage der Strombrücke gab es fast keine Probleme mit Toleranzen ausder Werkstattfertigung, außer beim Wechsel der Fertigung innerhalb des Schusses 3 vonHomburg nach Niesky. Ebenso gab es kaum Beanstandungen bei der Schweißnahtprüfungdurch die beauftragten Firmen Swoboda und Linke & Rühe (Ultraschallprüfung - Fehler im1 %-Bereich), obwohl durch das Taktschiebeverfahren oft ein großer Termindruck erzeugtwurde.

Nach dem letzten Verschub begann sofort der Ausbau der Verschublager und das Abstapelnder Brücke. Dazu wurden auf den 4 Brückenpfeilern je 3 Pressen mit 1.000 t Tragkraft undein elektrohydraulisches Pumpenaggregat installiert, der Überbau leicht angehoben, die Ver-schublager entfernt und der Überbau auf Bremsstapel wieder abgelassen. Das Abstapelnder Brücke um rund einen Meter in Schritten von 200 mm bedeutete körperliche Schwerstar-beit, da die HEB 200 - Träger der Bremsstapel ausschließlich mit der Hand bewegt werdenmussten. Erst nach 2 Monaten erreichte die Brücke ihre zwischenzeitliche Lage kurz überder Endlage.

3.3.4 Werksfertigung VorlandbrückeDie Werksfertigung der 16-feldrigen Vorlandbrücke war von Anfang an in mehreren Werkenvorgesehen. Für die geforderte Vormontage nach ZTV-K bestand daher keine Möglichkeit.Deshalb wurden sehr hohe Toleranzgenauigkeiten (max. 2 - 4 mm Abweichung) gefordertund mit Maßblättern überprüft. Die Schnürböden für die zu liefernden Teile waren zum Teilsehr kompliziert, da die Vorlandbrücke jeweils feldweise räumlich überhöht ist.Die oberen Randträger wurden an die in Magdeburg ansässige neue Firma SAM (Stahl- undApparatebau Magdeburg) vergeben. Die ca. 90 t schweren kastenförmigen Teile wurden dortin 7 m großen Rhönrädern verschweißt. Dies hatte den Vorteil, dass fast alle Nähte in Wan-nenlage geschweißt werden konnten. Die sehr komplizierten Rahmenecken wurden im OSB(Oderberger Stahlbau) und in der Schiffswerft Rosslau (Zuschnitt bei Stahlbau Dessau) her-gestellt und per Schiff auf die Baustelle transportiert. Hierbei wurden für das Abschweißen in

Abb. 10 Strombrücke: Verschub über die Elbe

78

Page 15: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

beiden Werken aufwendige Hilfsvorrichtungen benötigt, um die Passgenauigkeit der räumlichüberhöhten Einzelteile zu gewährleisten.Die Bodenlängsträger wurden in der Firma AREND S.A. in Metz und bei Secometal S.A. inSaaralbe, beide in Frankreich, gefertigt. Die Bauteile aus Metz wurden per Schiff über dieMosel, den Rhein und MLK-Kanal zur Elbe transportiert. In Metz wurde ein sehr großer bau-teilübergreifender Schnürboden erstellt, der die Überhöhung des halben Trogbodens (4 Bo-denträger) reproduziert, während in Saaralbe dies räumlich nicht möglich war.

3.3.5 Montage VorlandbrückeDie meisten Teile der Vorlandbrücke wurden entsprechend der Stützweite der Pfeiler(42,85 m) in dieser Länge in einem Teil zu Baustelle geliefert und direkt auf die Pfeiler mitHilfe eines Mobilkranes abgelegt. Der Stahlüberbau besteht aus 17 Schüssen. Die Montageder Bauteile begann sofort im Anschluss an den letzten Verschub der Strombrücke im Juli2000 von Brückenmitte aus gleichzeitig in zwei Richtungen. Dazu wurden auf einem Vor-montageplatz die Bodenträger des Schusses 8 (42,85 m lang) und des Zwischenschusses8a (12,6 m lang) zu 55,45 m langen Montageeinheiten verschweißt und mit Hilfe des Rau-penkranes auf den Pfeilerscheiben 8 und 9 in die Endlage montiert.Zuerst wurden die Bodenblech - Unterpulvernähte verschweißt. Daran schloss sich das Ver-schweißen der darunterliegenden Querträger von einer verfahrbaren Plattform aus an. DiesePlattform ist an zwei Kranbahnen quer zur Brücke verfahrbar und wurde später immer vonFeld zu Feld umgesetzt. Im Anschluss wurde die Durchbiegung des Trogbodens mittelsPendelstützen entsprechend dem Überhöhungsplan eingestellt. Die Eckteile wurden ohneVormontage direkt in Endlage montiert, auf Pendelstützen abgestützt, verschlössert undnach einem Schweißfolgeplan untereinander und mit dem Trogboden verschweißt. Das Aus-richten dieser Teile war durch die räumliche Überhöhung. Die Montage der Randträger er-folgte sofort in Endlage mittels Auflageblechen und Verschlösserungsknaggen auf den Eck-trägern. Dann wurde die Schrägstellung der Innenwand kontrolliert (0,45 %) und mit dem

Abb. 11 Vorlandbrücke: Fertigung der Randträger

79

Page 16: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Verschweißen der Trogwandnähte begonnen. Anschließend wurden die Querrahmen derEckteile mit dem Randträger verbunden.Nach dem Verschweißen dieses ersten montierten Schusses 8 und 8 a stand der Stahlüber-bau in beiden Richtungen um 6,30 m über die Pfeilerachsen hinaus. Dieser Überstand dienteals Auflager für die nun nachfolgend zu montierenden Schüsse. Auch die Schüsse 7 und 9mussten mit Pendelstützen zur Einstellung der Gesamtüberhöhung unterstützt werden. Dannkonnten die ersten zwei Querstöße Schuss an Schuss ausgeführt werden. Erst nach diesemVerschweißen war die mittragende Wirkung in Längsrichtung gewährleistet, die endgültigeÜberhöhungsfigur gesichert und die Pendelstützen konnten unter dem Schuss 8 – 8 a aus-gebaut werden. Alle weiteren Schüsse 1 - 6 und 10 - 16 wurden analog montiert und ver-schweißt. Im Oktober 2000 war der erste Schuss 8 – 8 a fertig montiert. Im Oktober 2001wurden die letzten beiden Schüsse 1 und 16 fertig montiert und Ende Januar 2002 war dieSchüsse entgültig miteinander verschweißt.

Bei der Montage der Vorlandbrücke kam es anfangs zu größeren Problemen. Diese ergabensich hauptsächlich aus der Montage des räumlich überhöhten Überbaues in großer Höhe.Die in den Vorfertigungswerken mit großer Genauigkeit hergestellten Teile waren trotz allerMühe und Sorgfalt nur schwer exakt zu positionieren (speziell die Eckteile). Außerdem erga-ben sich technologische Zwänge durch das Verschweißen der Bodenbleche von einer ab-gehängten Plattform aus. Weiterhin gab es Probleme beim Schweißen der einseitigen Nähtean der Trogwand und im Trogboden. Es traten an den genannten Stellen größere Luftspalteauf. Auch ist die im Gegensatz zur Strombrücke recht dünnwandige Konstruktion (minimaleBlechdicke von 12 mm) anfällig gegen Ausbeulen und Verwerfen beim Richten und Schwei-ßen.Schweißnähte und die Schweißfolge mussten verändert werden. Zwei Arbeitsproben wurdenbei der Schweißlehrversuchsanstalt Halle nach DIN EN 288-8 geprüft, da die zu großen Luft-spalte außerhalb der Norm lagen. Zum einen wurde eine Stumpfnaht, Bl. 20 mm, DV-Naht,E-Hand 111 mit einem Stegabstand von 20 mm geprüft. Die zweite Prüfung betraf eine ein-seitige Stumpfnaht, Bl. 20, V-Naht auf Unterlageblech, E-Hand 111/UP 121 mit einem Steg-abstand von 20 mm für das Schweißen der Schüsse untereinander. Um dem Einfallen derdünnen Bleche entgegenzuwirken, wurde zum Teil mit Wärmestrichen die Bauteile entge-gengesetzt hochgewölbt. Die Schweißnahtprüfungen mit Ultraschall auf der Baustelle erga-ben fast 0 % Fehler, eine erstaunliche Leistung trotz der Witterungseinflüsse und des Ter-mindruckes.Nach dem Ende der Montage lag die Vorlandbrücke auf 2 provisorischen Elastomerlagernauf den äußeren Lagersockeln pro Pfeilerachse und war zusätzlich seitlich (ebenfalls proPfeilerachse) sowie längs am Festpunkt (Pfeilerachse 9) gesichert und konnte sich damitohne Probleme aus Temperatureinflüssen frei bewegen.

3.4 Korrosionsschutz der ÜberbautenDer Korrosionsschutz erfolgte nach einem speziellen Korrosionsschutzplan für die beidenÜberbauten, aufgeteilt in allgemeinen Angaben und in neun Bereiche.

Abb. 12 Vorlandbrücke: Montage von der Mitte ( Achse 9 ) nach beiden Seiten

80

Page 17: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Für den Bereich der Außenflächen (Bereich 1 – Ausführung nach ZTV-K) wurde in Abhän-gigkeit der Luftqualität von Magdeburg in der Entwurfsphase nur eine Gesamtschichtdickevon 230 mym vorgesehen und ein 3-Schichtensystem (70 mym Zinkstaub, 80 mym Epoxyd-harz-Eisenglimmer, 80 mym PUR-Eisenglimmer) mit Stoffen nach DB-TL 918 300 BL. 87gewählt. Alle äußeren umhüllenden Flächen (z. B. Fachwerk der Strombrücke) werden blaugestrichen (DB 503) und alle zurückspringenden Flächen (z. B. Trogaußenwand der Brücke)werden grau gestrichen (DB 702). Diese Farbkombination betont die Stahlkonstruktion undsymbolisiert das blaue Wasserstraßenkreuz.Für die Strombrücke konnten die Arbeiten für diesen Bereich schon vor dem Taktschiebendes Überbaues unter fabrikmäßigen Methoden, geschützt hinter einer Einhausung, ausge-führt werden. Etwas problematisch ist der jetzt schon zu erkennende erhöhte Vogelbesatz hinter dem ar-chitektonisch gewollten Fachwerk der Strombrücke. Hier wurden im Jahr 2002 Versuche miteiner neuen Methode der Vogelvergrämung mittels Versprühen von Duftstoffen unternom-men und gleichzeitig Vogelschutznetze bzw. –gitter in jeweils einem Feld angebracht. Diedünnen Vogelschutznetze erwiesen sich als die beste (auch architektonische) Lösung undsollen nun nachträglich überall am Fachwerk angebracht werden.

Die Korrosionsschutzarbeiten für die Vorlandbrücke waren wesentlich aufwendiger, da riesi-ge Gerüste unter jedem einzelnen Feld des 16-feldigen Überbaues für den Korrosionsschutzerforderlich waren und eine Beheizung nicht realisierbar war. Bis Oktober 2001 wurden da-her nur 5 von 16 Feldern fertig konserviert, die restlichen Felder beginnend ab April erst imOktober 2002 kurz vor der Flutung vollendet. Restkonservierungen in den Auflagerbereichenbegannen 3/2003.Vor der Flutung der Brücke musste der Korrosionsschutz des gesamten Troges innen (Be-reich 2 – Ausführung nach ZTV-W) komplett erfolgt sein. Zunächst wurden die Trogwändeauf der Baustelle gesandstrahlt auf Normreinheitsgrad Sa 2,5 und mit 50 mym Zinkstaubgrundiert. Anschließend wurde an den Wänden 2 x 500 mym eine Dickbeschichtung mit Ico-sit SW 500 (Fa. SIKA) mit einem Airless-Heizspritzverfahren mittels moderner fest einge-stellter Gerätetechnik durchgeführt.Diese neue Gerätetechnik wurde von der Fa. Hanisch eingesetzt, nachdem es zu Beginn derArbeiten an der Strombrücke Probleme mit der normalen Handmischtechnik für den 2 K –Beschichtungsstoff gab.An den Wänden wurde aus Sicherheitsgründen 2 x 500 mym aufgetragen, um ein Abrut-schen der Farbe zu verhindern. Am Boden sollte jedoch nach dem automatisierten Strah-len (fahrbare Kugelstrahlgeräte) und der Grundierung gleich 1 x 1.000 mym Deckbeschich-tung aufgetragen werden. Die Farbstoffe sind spezielle Stahlwasserbaubeschichtungen, dievon der BAW in Karlsruhe zugelassen und verträglich mit der aktiven KKS-Anlage sind. Eswird ein heller Grauton angewendet, der ein zu starkes Aufheizen des Troges im leeren Zu-stand speziell bei der Einlagerung der Überbauten verhindern soll.Die Farbgebung der Wände für die Strom- und Vorlandbrücke wurde Anfang März 2002 ab-geschlossen.Die Konservierung des Trogbodens erfolgte von Mai- September 2002, nach der Montageder Leitwerke und der restlichen Ausrüstungsteile im Trog, beginnend am Widerlager-Westbis zum Widerlager-Ost.

4 Ausrüstung der Brücke und Probebetrieb

Die Brücke wurde mit den im Entwurf beschriebenen Ausrüstungsteilen versehen. Die Mon-tage der Standardleitwerke mit über 2.000 t Gewicht (hergestellt bei einer Firma in Vitkovicein Tschechien) in den Stahlüberbauten wurde im März 2002 abgeschlossen.

81

Page 18: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Die Montage der kom-plizierten Übergangs-stücke zwischen denStahlüberbauten und anden Übergängen zu denWiderlagern sowie dieverstärkten Leitwerke inden sich aufweitendenWiderlagern selbstfolgten anschließend.Hierzu waren noch ab-weichende Festlegun-gen von der Ausschrei-bung (basierend aufdem BAW-Gutachten)notwendig, weil sicheinfach der Lastfall fürein „aufreitendes“ Schiffmit der gewählten Kon-struktion der Aufhän-gung über Zuglaschen

nicht konstruktiv realisieren ließ. Aber in enger Zusammenarbeit (WNA MD, BAW, Prüfinge-nieur., Statiker und ausführende Firma DSD) wurde auch dieses Problem gelöst, indem fürdiesen Bereich zusätzliche Pendelstützen vorgesehen wurden. Die letzten großen Montagendieser Leitwerke in den Widerlagern erfolgte im März 2003, nachdem die Brücke zur erstenHauptprüfung wieder entleert wurde.Die Montage der Anlagen der Hochwasserentlastung, des Kathodenschutz- und der Luft-sprudelanlage im Trog, der Dehnfugen und der Fahrbahnübergänge erfolgte im Mai – Okto-ber 2002 nach der Fertigstellung des Massivbaues des Widerlagers West. Anschleißendwurden die hydraulischen und elektrischen Steuerungsanlagen sowie die Starkstromtechnikinstalliert. Ende März 2003 konnten diese Anlagen teilabgenommen werden.

Von dem ständig erweiterten speziellen automatischen Messprogramm für die Kanalbrückewurden folgende Teilbereiche schon abgeschlossen bzw. hat die Auswertung begonnen:

- Stahlüberbauten:Bei dem Strombrückenüberbau wurden die statischen Berechnungen, vor allem die Auftei-lung der Kräfte in den aufgelösten Hauptträgern - was kommt wirklich an der Fachwerk-scheibe an – überprüft durch den Prüfingenieur. mittels Dehnungsmessungen an ausge-wählten Querschnitten des Überbaues. Die BAW führte Temperaturmessungen an abge-stimmten Querschnitten der Strom- und Vorlandbrücke aus, um Erkenntnisse für die Verhält-nisse vor und nach der Wasserfüllung für die Einlagerung und Temperatureinflüsse auch inQuerrichtung zur Brückenachse zu erhalten.

- Pfeiler:Ständige Setzungsmessungen mittels Extensometern (BAW) und geodätische Messungengeben Vorhersagen für die Bauwerkssicherheit und die Einlagerung.

- Lager:Die vorgesehenen Lagerkraftmessungen sowie die Kipp- und Gleitspaltmessungen gaben fürdie endgültige Einlagerung wichtige Hinweise und werden für die späteren Hauptprüfungender Kanalbrücke zu erheblichen Erleichterungen führen.

Auf der Basis dieses Messprogramms entwickelte sich die Idee für ein umfassendes moder-nes Bauwerksmonitoring, das auch die automatische Steuerung der KKS-Anlage, der Luft-sprudelanlage und der Hochwasserentlastungsanlage enthalten wird.

Abb. 13 Leitwerk Kanalbrücke

82

Page 19: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Um das Bauwerk Kanalbrücke in Betrieb setzen zu können, war ein speziell abgestimmterProbebetrieb notwendig. Also wurde der Revisionsverschluss am Anschluss zum Kanal imWiderlager-West im Juni 2002 gesetzt, um die MLK-Strecke S12 westlich der Kanalbrückefluten zu können. Nach der Erprobung der Hochwasserentlastungsanlage im Trockenenkonnte zusätzlich der Revisionsverschluss östlich der Hochwasserentlastungsanlage im Wi-derlager-West im August 2002 gesetzt werden und die Hochwasserentlastungsanlage mitWasser unter Betriebsbedingungen getestet werden.Diese stellten sich aber ganz anders als erwartet dar, denn durch das Jahrhundert-hochwasser der Elbe wurde die Anlage zuerst von der Elbseite unter Wasser gesetzt, als dieKegelstrahlschieber noch nicht verschließbar und hundertprozentig dicht in der Trennwandverankert waren.

Erst danach konnte der Revisionsverschluss im Widerlager-Ost gesetzt werden und die Ka-nalbrücke als ganzes langsam geflutet werden.

Die dann anschließend 100 Tage dauernde Probeflutung musste kurzzeitig wegen der sehrkalten Temperaturen unterbrochen werden, da die Luftsprudelanlage zwar schon funktio-nierte, aber kein wärmeres Wasser aus dem Kanal durch die beiderseitige Absperrung zu-geführt werden konnte. Nach der nochmaligen Flutung der Kanalbrücke im Februar 2002, diegleichzeitig zur Flutung der Kanalstrecke S 20 bis zur Doppelschleuse Hohenwarthe genutztwurde, erfolgte Ende Februar die zweite Trogleerung für die ab dem 03.03.2003 beginnendeerste Hauptprüfung nach DIN 1076. Nach der erneuten Befüllung des Troges Anfang April 2003 wurden die Brückengeländerendgültig ausgerichtet und deren Pfosten-Anschlüsse mit Epoxidharz vergossen.Im Geländer und am Fachwerk der Strombrücke ist eine spezielle Beleuchtung eingebaut,ebenso in den senkrechten Glasbändern der 6 Pylone.

Abb. 14 Kanalbrücke voll geflutet

83

Page 20: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Die Abnahme der gesamten Brückenanlage erfolgte am 8. Juli 2003.

Anschließend erfolgten noch Restarbeiten an Treppenübergängen und Wegeanschlüssen,sowie die Fertigstellung der westlichen Vorlandstraßen und des zusätzlichen Hochwasser-entlastungsgerinnes auf der Nordseite.

5 Erfahrungen bei der Ausführung

Die Beherrschung der komplexen Prozesse von der Konstruktion über die Fertigung bis zurMontage stellte erhöhte Anforderungen an die Koordination auf der Seite der ausführendenARGE, da eine sehr hohe Arbeitsaufteilung und Untervergabe der zu erbringenden Leistun-gen heute Normalität ist. Demgegenüber steht ein genauso hoher Aufwand auf der Auftrag-geberseite für die Überwachung, um die gewünschte Qualität für das Gesamtbauwerk si-cherzustellen.

Bei Abwicklung einer komplexen Baumaßnahme müssen in allen Phasen von der Planungbis zur Realisierung die verschiedensten und sehr umfangreichen Regelwerke beachtet wer-den. Dies bedeutete aber kein einfaches Beachten und Umsetzen, sondern es waren unterAnwendung der aktuell geltenden Regelwerke die Besonderheiten des Bauwerkes zu erken-nen und zu berücksichtigen. In der Phase der konkreten statischen und konstruktiven Um-setzung führten einige der vorher getroffenen Annahmen und Regelungen zu Problemen, dienur in enger Zusammenarbeit aller Beteiligten durch Ausnahmeregelungen oder verändertekonstruktive Lösungen bewältigt werden konnten. Die Ausführungsphase in den Werkstättenund auf der Baustelle erforderte der jeweiligen Situation angepasste bauaufsichtliche Rege-lungen, die in ein umfangreiches speziell aufgestellten Qualitätssicherungssystem für dieBaumaßnahme eingingen und bei der Abwicklung des Projektes den sich verändernden Be-dingungen ständig angepasst wurden.

Das Bauwerk soll mindestens 100 Jahre die Elbauenlandschaft bei Magdeburg - Hohen-warthe prägen und vom Vermögen seiner Erbauer zeugen. Die Ingenieure, Techniker, Bau-arbeiter, Monteure aller Sparten und Schweißer, die für den Massivbau, die Stahlüberbautenund die diversen besonderen Ausrüstungen verantwortlich zeichneten, haben ihren Teil dazubeigetragen.Die ersten Bewährungsproben hat die Brücke gut bestanden, ein Zeichen dafür, dass mo-derne Technik und komplizierte Regelwerke innovativ angewandt wurden.Wenn bald die ersten Schiffe die längste Kanalbrücke der Welt passieren, wird ein Jahr-zehnte alter Traum mehrerer Generationen von Binnenschiffern wahr. Möge die Brücke alsTeil des Wasserstraßenkreuzes der Binnenschifffahrt den erhofften Aufschwung bringen!

6 Literatur

[1] Fiedler, K.: Bau der Kanalbrücke über die Elbe - Wasserstraßenkreuz MagdeburgVortrag am 09.11.99 - Uni Stuttgart / Vortragsreihe Ingenieurbau - gestern und heute( nicht veröffentlicht )

[2] Grassl, M. , Menzel, T. , Mündecke, M. : Kanalbrücke Magdeburg - Entwurfspla-nung, Ausschreibung , Stand der Bauausführung , Stahlbau 68 (1999), H. 9 S. 693-702

[3] Eichler, D. , Emge, A. , He ,S. : Entwurf und Bau der Kanalbrücke über die Elbe ,Stahlbau 70 (2001), H. 1 S. 3-10

[4] Fiedler, K.: Fertigung und Montage der Stahlüberbauten der Kanalbrücke Magdeburg- Qualitätssicheres Schweißen unter schwierigen Bedingungen

84

Page 21: Canal bridge

Magdeburg 10.10.2003Verkehrsfreigabe Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Vortrag am 17.05.01- 11. Schweißtechnische Fachtagung des DVS BV Magdeburg( im Tagungsband veröffentlicht )

[5] Hanswille, G. , Kina, J. , Steffen, A. , He, S. : Die Kanalbrücke über die ElbeTeil 1: Tragwerkspl. und Konstruktion der Strombrücke , Stahlbau 70 (2001) H. 6 S.369-378

[6] Meyer, H. , He, S. : Die Kanalbrücke über die Elbe Teil 2 : Tragwerkspl. und Konstrukt. der Vorlandbrücke , Stahlbau 70(2001) H. 7 S.425-428

[7] Emge, A. , He, S. , Schwartz, P. , Walesch, P. : Die Kanalbrücke über die ElbeTeil 3 : Bauausführung , Stahlbau 70(2001) H. 8 S. 554-558

[8] Ehmann, R. , Mangerig, I. : Kanalbrücken – Besondere bauwerksspezifische Einwir-kungen, Stahlbau 70(2001), H. 1 S. 11-18

[9] Fiedler, K.: Bau der Kanalbrücke – Erfahrungen bei der Anwendung von Regelwerkenvom Lastenheft bis zur Realisierung BAW-Kolloquium, 23.04.02, Hannover: Aktueller Stand und Entwicklungstendenzenim Stahlwasserbau und Korrosionsschutz ( im Tagungsband veröffentlicht )

85