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GBPress- Gregorian Biblical Press Cardinalis. Prolegomena zu einer Rechtsgeschichte des römischen Kardinalskollegiums by C. A. Fürst Review by: F. Kempf Archivum Historiae Pontificiae, Vol. 6 (1968), pp. 452-457 Published by: GBPress- Gregorian Biblical Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/23563688 . Accessed: 18/10/2014 09:22 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . GBPress- Gregorian Biblical Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archivum Historiae Pontificiae. http://www.jstor.org This content downloaded from 85.159.129.82 on Sat, 18 Oct 2014 09:22:47 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Cardinalis. Prolegomena zu einer Rechtsgeschichte des römischen Kardinalskollegiumsby C. A. Fürst

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Cardinalis. Prolegomena zu einer Rechtsgeschichte des römischen Kardinalskollegiums by C. A.FürstReview by: F. KempfArchivum Historiae Pontificiae, Vol. 6 (1968), pp. 452-457Published by: GBPress- Gregorian Biblical PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/23563688 .

Accessed: 18/10/2014 09:22

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452 RECENSIONES

forderte. AuBerdem war der junge Staufer der rômischen Kurie viel zu

wenig bekannt, als da β sie seine spàtere Politik hatte voraussehen kon nen. Allerdings solite Friedrich auch Danemark bald in sein politisches Spiel einbeziehen und dabei die Anspriiche Hartwigs von Bremen nicht

vergessen. Er hat sie sogar am 16. Màrz 1158 ausdriicklich fiir das ge samte urspriingliche Missionsgebiet bestatigt. Trotzdem darf man den

EinfluB, den seine Politik auf die Problème der skandinavischen Kirchen

organisation hatte oder haben konnte, nicht iiberschatzen, auch nicht wàhrend des 1159 beginnenden Schismas.

Gewifi hat sich Waldemar, Kônig von Danemark und Lehnsmann des Kaisers, mit dem Grofiteil der dânischen Bischôfe fiir Viktor IV.

entschieden, es ist nur die Frage, ob diese Anerkennng die vom Vf. vor

ausgesetzte (S. 183) Gefahr fiir die lângst bestehende Selbstândigkeit der dânischen Kirche bedeutete. Die dânischen Bischôfe waren sicher nicht mehr bereit, sich dem Erzbistum Bremen zu unterstellen, schon gar nicht unter ihrem Kônig Waldemar, der bekanntlich die Macht seines Reiches rasch zu stârken wuBte. Und die beiden anderen skandinavischen Lân der lagen viel zu weit ab, als daB Norwegen um sein gerade gegriindetes und Schweden um sein zu erwartendes Erzbistum hâtten bangen miissen.

Allerdings konnte es Alexander III. nicht einerlei sein, ob man im Nor

den ihn oder Viktor IV. anerkannte. Und so mag die Légation des Ma

gistero Stephan von Orvieto 1163 dem Zweck gedient haben, die norwe

gische Obôdienz zu sichern. Die freundliche Aufnahme, die Kônig Erling dem Legaten Alexanders bereitete, hatte jedoch andere Griinde: die von

ihm und von Erzbischof Eystein von Nidaros vorbereitete Krônung des

Kônigssohns Magnus — die erste, die in Norwegen erfolgt ist — konnte

durch die Prâsenz eines pâpstlichen Legaten an Feierlickeit nur gewinnen. Gerade an diesem Beispiel wird ersichtlich, wie sehr die Kirche und damit auch das Papsttum zur Festigung der Kônigsgewalt in den skandinavi schen Reichen beitragen konnte und tatsâchlich beigetragen hat. Wenn

der Vf. in der Zusammenfassung der Ergebnisse die Bedeutung der pâpst lichen Politik fiir die nationalpolitische Entwicklung der skandinavischen Reiche stark herausstellt, so kann man ihm nur zustimmen.

Exkurse iiber Papst Agapit II. in den nordischen Quellen, iiber die

Kardinalslegationen von 1123 und 1133 und iiber die Aufnahme pâpstli cher Legaten in Skandinavien beschlieBen das inhalts- und ergebnisreiche Buch.

F. Kempf S. I. F. Kempf S. I.

C. A. Fûrst, Cardinalis. Prolegomena zu einer Rechtsgeschichte des rômischen Kardïnalskollegiums. Munchen, Wilhelm Fink

Verlag, 1967, pp. 261.

Die Studie handelt von der rechtlichen Bedeutung des Begriffs car dinalis sowie von der Entstehung des romischen Kardinalkollegiums. Aus

gehend von der stadtromischen Kirchenverfassung, sucht der Vf. zu be

stimmen, was man in Rom bis in die Zeit Gregors I. unter dem Wort cardinalis verstanden hat, verfolgt dann die Entwicklung des romischen Kardinalats bis zu Leo IX., vergleicht sie in zwei weiteren Kapiteln mit den lokalen Kardinalaten und ecclesiae cardinales, die sich seit der zwei ten Hâlfte des 8. Jhs. aufierhalb Roms gebildet haben, und schliefit den ersten Teil des Bûches mit einer skizzenhaft gehaltenen Darstellung des

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C. A. FURST, CARDINALIS 453

Ûbergangs vom stadtrômischen zum universal ausgerichteten romischen

Kardinalat, der bekanntlich in die Jahre 1050-1100 fâllt. Der zweite Teil

bringt eine inhaltsreiche Ubersicht uber sàmtliche aufierhalb Roms nach weisbaren lokalen Kardinalate und darf daher in dieser auf Papst- und

Kuriengeschichte beschrànkten Besprechung iibergangen werden; es sei

jedoch auf seinen hohen dokumentarischen Wert eigens hingewiesen. Ûber den Begriff cardinàlis und die Entstehung des romischen Kar

dinalkollegs ist in letzter Zeit so fruchtbar gearbeitet worden, dafi sich

eine Art Konsens herausbilden konnte. Der Vf. hat den lobenswerten Mut, die bisher erzielten Ergebnisse in Frage zu stellen und eine eigene Theo

rie vorzulegen. Seiner Ansicht nach bedeutete das Wort cardinalis so viel

wie Bischofskleriker. Es ist von cardo abzuleiten, und unter cardo ver

stand man seit etwa 500 in Rom die Bischofskathedrale als Mittelpunkt des religiôsen Lebens. Allerdings wurde das Wort cardinalis nur dann

gebraucht, wenn Bischofskleriker von den anderen Diozesanklerikern un

terschieden werden muBten. In Rom war dies zunâchst nur fiir die Re

gionardiakone notwendig. Dort gab es namlich zwei Klassen von Diako

nen: jene, die an den Titelkirchen wirkten, und 7 diaconi de cardine, die sog. Regionardiakone. Die Priester der romischen Titelkirchen dage

gen gehôrten noch aile dem Bischofspresbyterium an. Ihre Lage anderte

sich jedoch in den ersten Jahrzehnten des 8. Jhs.: dem Presbyterium des

romischen Bischofs gehôrte in der folgenden Zeit nur noch der presbyter

prior einer Titelkirche an. Um ihn von seinen an der Titelkirche tatigen Amtsbriidern abzuheben, wurde er fortan cardinalis genannt, und zwar

mit einer solchen Konstanz, daB bis ins 12. Jh. der Titel cardinalis in

der Regel lediglich den presbyter prior einer Titelkirche bezeichnete. Da

aber mit Beginn des 8. Jhs. 7 suburbikarische Bischôfe mit dem liturgi schen Dienst an der Lateranbasilika betraut und so in gewissem Sinne

in den romischen Bischofsklerus einbezogen wurden, kam ftir sie in Ana

logie zu den Kardinalpriestern der freilich nur selten gebrauchte Ausdruck

episcopus cardinalis auf. Desgleichen wurden seit der zweiten Halite des

10. Jhs. mit wachsender Konsequenz die 7 romischen Regionardiakone diaconi cardinales genannt, doch taucht das Wort bisweilen schon in ro

mischen Quellen des 8.-10. Jhs. auf. DaB es zum offiziellen Titel wurde,

diirfte mit der neuen Einteilung der Stadt Rom in 12 Regionen zusam

menhangen. Da die Bezirke neuen Regionardiakonen iibergeben wurden,

riickten die âlteren 7 Regionardiakone in die Stellung von Palastdiakonen

oder diaconi cardinales ein. Seit der zweiten Halite des 8. Jhs. iibernah

men auch auEerrômische Kirchen den Begriff cardinalis. Meistens ver

stand man darunter eine bestimmte Grappe der Kathedralkleriker. Aufier

dem werden vom 9. bis 12. Jhs. in einigen Diôzesen ecclesiae cardinales

erwàhnt. Nach Ansicht des Vfs. waren es bestimmte Kirchen der Bischofs

stadt oder des Suburbiums, deren Priester in besonderer Abhangigkeit vom Bischof standen; zumindest waren sie gehalten, in den Synoden und

an eigens festgelegten Kathedralgottesdiensten teilzunehmen. In diesen

aufierrômischen Bildungen, die aile irgendwie ihren Ausgang von Rom

genommen haben sollen, sieht der Vf. seine Grandthese bestâtigt: car

dinalis bedeutete urspriinglich einen Kleriker, der dem cardo des kirch

lichen Lebens, namlich der Bischofskirche, zugeordnet war.

Die bisher vorherrschende, auf den Studien von Klewitz, Kuttner und

Andrieu fufiende Lehre lautet anders. Ihr zufolge geht aus einigen weni

gen Formularen des Liber Diurnus und Briefen Pelagius' I. sowie aus

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454 RECENSIONES

relativ zahlreichen Schreiben Gregors I. hervor, elafi im rômisch-kirchli

chen Sprachgebrauch cardinalis den Sinn von incardinatus hatte und

einen Geistlichen meinte, der fiir eine bestimmte Kirche geweiht, aber

aufierbalb dieses seines Titels in einer anderen Kirche zum Dienst ein

gesetzt, «inkardiniert » worden war. In der Stadt Rom gewann das Wort

cardinalis Aktualitat, als im 8. Jh. 7 suburbikarische Bischôfe den Heb

domadardienst an der Lateranbasilika iibernahmen und damit in der ro

mischen Kirche « inkardiniert » wurden. Und da die Priester der rômi

schen Titelkirchen denselben Dienst an den Patriarchalbasiliken S. Pie

tro, S. Paolo, S. Lorenzo, S. Maria Maggiore zu versehen hatten, also wie

die Kardinalbischòfe an einem titulus, der vom titulus ihrer Weihe ver

schieden war, wirkten, fafite man ihr Verhaltnis zu den Patriarchalbasi

liken gleichfalls als eine Art incardinatio auf und nannte sie presbyteri cardinales. Auch fiir die 7 Regionardiakone bestand insofern eine Ana

logie zu den Kardinalbischofen und -priestern, als sie bei den papstlichen Gottesdiensten zu fungieren hatten.

Der Vorstofi des Vfs. wird wohl eine Diskussion mit den Vertretern

der herrschenden Lehre auslosen. Vor ihrem Abschlufi diirfte es ratsam

sein, sich eines endgiiltigen Urteils zu enthalten, doch seien schon jetzt ein paar kritische Fragen aufgeworfen. Mit welchem Recht nimmt der

Vf. an, bereits um 500 habe zu Rom das Wort cardo die Bischofskathe

drale bezeichnet? Aus dem Brief Gelasius' I, geht dies nicht einwandfrei

hervor, und die im Constitutum Silvestri (um 500) zu fìndenden Aus

driicke: diaconus cardine constructus urbis Romae, diaconus cardinalis

urbis Romae, diaconi cardinales Romae septem, meinen offensichtlich

eine Eingliederung in die Stadt Rom, die ja tatsâchlich insofern vorlag, als die 7 Regionardiakone je einen Stadtbezirk zu betreuen hatten; fiir

die These des Vfs.: cardo = Bischofskirche, beweisen sie nichts.

Insoweit die Kardinale der rdmischen Kirche in Frage stehen, folgt auf das wenig ergiebige Constitutum Silvestri ein beharrliches Schweigen der Quellen bis zum 8. Jh. Zwar kommt das Wort cardinalis schon in romischen Zeugnissen des 6. und beginnenden 7. Jhs. vor, nàmlich in den

schon genannten Formularen des Liber Diurnus und Briefen Pelagius' I.

sowie Gregors I., es bezieht sich aber jeweils auf aufierromische Geist

liche : Bischôfe, Priester und Diakone. Obgleich diese Quellengruppe nichts

iiber ein rômisches Kardinalat aussagt, ist trotzdem der dort zu findende

Begriff cardinalis fiir die Entstehung des romischen Kardinalats von

grofier Wichtigkeit. Der Vf. hat sich daher gerade mit diesen Texten ein

gehend beschaftigt und mit Wort- wie Sinnanalysen und mit rechtsge schichtlichen Argumenten die gegnerische Textinterpretation zu widerle

gen gesucht. Wie immer man auch seine Textdeutungen beurteilen mag,

jedenfalls diirften sie nachdenklich stimmen. Wie so oft, hat es offenbar

die Forschung hier mit Quellenaussagen zu tun, denen die letzte Klar

heit fehlt. Sie wird deswegen bei den zwei Interpretationen : der des

Vfs. und der bisher geltenden, nicht einfachhin zwischen wahr und falsch, sondern zwischen grofierer und kleinerer Wahrscheinlichkeit zu entschei

den haben. Im vorliegenden Fall verdient wohl die vom Vf. angegriffene

Ausdeutung den Vorzug. Fiir sie spricht vor allem die Tatsache, dafi die

Texte immer vom Ubergang eines Bischofs oder Klerikers zu einer an

deren Diôzese oder Kirche oder vom ihrem Einsatz in den Dienst einer

anderen Kirche handeln. Und wenn die betreffenden Bischôfe oder Kle

riker konstant cardinales heifien, wenn fiir die Einsetzung an der an

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C. A. FÛRST, CARDINALIS 455

deren Kirche bisweilen das Wort incardinare verwendet wird, so haben

wir es offenbar mit Formulierungen zu tun, die den aufiergewòhnlichen

Vorgang des Ûberwechselns terminologisch festhalten wollen: der an der

anderen Kirche Eingesetzte ist incardinatus, ist cardinalis.

Die herrschende Lehre darf sich fiir ihre Interprétation darauf be

rufen, daB seit friiher Zeit die Kleriker fiir jeweils bestimmte Kirchen

geweiht worden sind. Fiir die Bischôfe sowie fiir die an Bischofskirchen

intitulierten Kleriker bedeutete dies eine so feste Bindung, dafi der Ûber

gang zu einer anderen Bischofskirche an sich verboten war. Wurde er

trotzdem vollzogen, bedurfte man einer besonderen Ermâchtigung. Ein

weniger starkes, aber ernst zu nehmendes Band bestand fiir die Priester

jener niederen Kirchen, die den Charakter einer Anstalt mit Rechtsper sônlichkeit angenommen hatten. Diese Tatsachen gibt der Vf. zu, er leug net jedoch das Vorkommen von selbstândigen, neben der Bischofskirche

stehenden Kirchen innerhalb des Stadtgebietes vor dem 8. Jh. Bis zu die

sem Zeitpunkt kann es seiner Ansicht nach in den Stâdten keine car

dinales im Sinne der herrschenden Lehre gegeben haben; die kirchliche

Einheit namlich, die damais noch fiir die Stadi und das Suburbium ge

golten habe, schliefie Intitulationen der Kleriker an einzelnen Stadtkir

chen aus, sie seien bloB an der Bischofskirche moglich gewesen. Da viele

der in Betracht kommenden Texte gerade von Stadtkirchen handeln, ist

nach Ansicht des Vfs. der Ausdruck cardinalis anders zu deuten, als es

in der herrschenden Lehre geschieht. Zudem sei zu achten auf das Recht

des Bischofs, seine Diozesankleriker zu versetzen. Wegen dieses Rechtes

habe die Zugehôrigkeit der Kleriker zu einer bestimmten, in der Diozese

gelegenen Kirche nicht die Festigkeit eines Intitulationsbandes erreichen

kônnen. So erweise sich eine weitere Voraussetzung der herrschenden

Lehre als illusorisch.

Diese prinzipiellen, der Rechtsgeschichte entnommenen Einwande des

Vfs. iiberzeugen nicht ganz. Es ist nicht einzusehen, warum das Verset

zungsrecht des Diôzesanbischofs mit einer Intitulationsbindung des Kle

rikers an seine urspriingliche Kirche unvereinbar gewesen sein soli, zumai

da der Vf. zugibt, die Versetzungen seien selten erfolgt. Vermochte doch

die ungleich festere Bindung eines Bischofs an seine Diozese nicht zu

verhindern, dafi Papste oder Provinzialsynoden in bestimmten Fàllen

Translationen vornahmen. Auch das andere Argument des Vfs.: die kirch

liche Einheit innerhalb des Stadtgebietes, diirfte iiberzogen sein. Der

6. Kanon des Konzils von Chalkedon zahlt unter den Kirchen, an denen

Priester « ausgerufen », d. h. fest angestellt werden konnten, die Zômi

terialkirche (Martyrion) auf; Martyrerbasiliken aber lagen haufìg im

Suburbium einer Stadt. Ja selbst innerhalb des eigentlichen Stadtgebietes

konnte die Auflôsung der kirchlichen Einheit langst vor dem 8. Jh. ihren

Anfang genommen haben. In Rom ζ. B. galt das Einheitprinzip nur noch

bedingt, seitdem im 5. Jh. die Titelkirchen das Recht auf die Taufe,auf

die BuBdisziplin und auf die Eucharistiefeier erhalten hatten und damit

praktisch zu Pfarreien geworden waren. Die ròmischen Priester gerieten

durch ihre Zugehôrigkeit einerseits zu der immer noch als Einheit ver

standenen Stadtkirche und anderseits zu einer selbstândiger werdenden

Titelkirche in eine Zwitterstellung, die zwar klarer juristischer Formen

ermangelte, aber jeweils spiirbarer wurde, bis sie im 8. Jh. zur Scheidung

zwischen den Priestern mit und ohne Kardinalsrang fiihrte. Es diirfte

daher kein Grund vorliegen, mit dem Vf. anzunehmen, der Begriff in

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456 RECENSIONES

carcLinatus = cardinalis, der von den Vertretern der vorherrschenden

Lehre aus der oben genannten Quellengruppe des 6. und beginnenden 7.

Jhs. mit grofier Wahrscheinlichkeit fiir auBerromische Verhaltnisse her

ausgearbeitet wurde, habe nicht geformt werden kônnen, da sowohl in

der Ewigen Stadt wie anderswo ganzlich andere Rechtsbedingungen be

standen hâtten.

DaB mit dem 8. Jh. die rômische Entwicklung in eine neue Phase

eingetreten ist, wird von niemand bestritten. Die Diskussion betrifft die

Deutung dieses Vorgangs. Nach der bisher herrschenden Lehre haben

wir es mit der Entstehung des rômischen Kardinalats zu tun. Den Anstofi

gab der liturgische Dienst an den rômischen Patriarchalbasiliken. War

er bisher an samtlichen fiinf Basiliken von den Priestern der Titelkirchen

besorgt worden, so galt dies seit dem beginnenden 8. Jh. nicht mehr fiir

die Lateranbasilika ; dort fungierten fortan 7 suburbikarische Bischòfe.

Um das Verhaltnis zur rômischen Kirche, in das der Hebdomadardienst

an der Lateranbasilika die 7 Bischòfe hatte eintreten lassen, rechtlich

genauer zu fassen, bediente man sich des lângst ausgeformten Begriffs der Inkardination und sprach infolgedessen von Kardinalbischôfen der

rômischen Kirche. Und da die Zugehôrigkeit der rômischen Priester zu

ihrer Titelkirche im Lauf der Zeit die Festigkeit eines Intitulations

bandes erreicht hatte, wurde ihr Hebdomadardienst an den vier Patriar

chalbasiliken eine zusâtzliche, an einer zweiten Kirche auszuiibende Tàtig keit. Deswegen wurden die mit Hebdomadardienst betrauten Priester

wie die oben genannten Bischòfe als Inkardinierte der rômischen Kirche

betrachtet und Kardinalpriester genannt. Der Vf. dagegen halt den litur

gischen Dienst an den rômischen Patriarchalbasiliken und die durch ihn

hervorgerufenen Ânderungen des 8. Jhs. fiir nicht wesentlich. Im rômi

schen Sprachgebrauch galt seit etwa 500 jeder zu einer Bischofskirche

gehôrige Kleriker als de cardine constitutus, als cardinalis. Solange jedoch alle rômischen Priester zur Bischofskirche und zum Bischofspresbyterium

gehôrten, bestand kein Grand, von Kardinalpriestern zu sprechen. Dies

wurde erst notwendig, als im 8. Jh. die Priester der rômischen Titel

kirchen aus dem Bischofspresbyterium ausschieden und lediglich ihr pre

sbyter prior darin verblieb, der fortan auch allein den seiner Titelkirche

zustehenden Hebdomadardienst an der Patriarchalbasilika versah. Um

ihn von den anderen Titelkirchen-Priestern zu unterscheiden, wurde er

cardinalis genannt. Der Ausdruck fand sodann auch auf die 7 Bischòfe, die den Hebdomadardienst an der Lateranbasilika versahen, Anwendung und wurde bald aufierhalb Roms von nicht wenigen Kirchen fiir be

stimmte Kleriker iibernommen. Nicht die Kardinalbischòfe, sondern die

rômischen Kardinalpriester haben diese Entwicklung ausgelôst. Es gibt also jetzt zwei Theorien iiber die Entstehung des rômischen

Kardinalats. So sehr sie sich unterscheiden, so wenig fehlen Beriihrangs

punkte. Wer (wie der Schreiber dieser Zeilen) an der bisher vorherrschen

den Lehre festhalten môchte, hat auf die Stellung zu achten, die die ein

mal formierten Kardinale aus dem iibrigen rômischen Kleras hervorhob.

Kraft ihrer Inkardination direkt der rômischen Bischofskirche zugeord net, durften sie oft genug, vor allem auBerhalb Roms, weniger als privi

legierte Liturgen denn als spezifische Glieder der rômischen Kirche, als

clerici cardinis romanae ecclesiae betrachtet worden sein. So einge schrankt, behalt der vom Vf. herausgestellte Aspekt durchaus seinen Wert. Auf der anderen Seite kommt der Vf. der gegnerischen Lehre insofern

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j. deér, die heilige krone ungarns 457

entgegen, als auch er die wichtigsten Rechte des rômischen Kardinalats, bevor dieses in der zweiten Halite des 11. Jhs. die Wende von einer

stadtrômischen zur universalkirchlichen Institution vollzog, im liturgi schen Dienst verankert sieht. Die scharfsinnige und kenntnisreiche Stu

die des Vfs. vermag zu einem tieferen Verstandnis des àlteren rômi

schen Kardinalats selbst dann beizutragen, wenn man die dort vorge

legte Grundthese fiir wenig wahrscheinlich hàlt.

F. Kempf S. I. F. Kempf S. I.

Josef Deér, Die heilige Krone Ungarns (Denkschriften der óster. Akademie der Wissenschaften, Phìl.-hist. Klasse 91. Bd.). Wien, H. Bôhlaus Nachf., 1966, pp. 303 + 397 Abbildungen auf 139 Tafeln.

Ûber wenige Insignien gibt es eine so lange Diskussion der Gelehrten

wie iiber die Heilige Krone Ungarns. Das hat einmal seinen Grund in

der hohen politischen Bedeutung, die dieser Krone zukam, war sie doch

Jahrhunderte hindurch schlechthin das entscheidende Symbol des Staates.

Zum anderen stelli die ungarischen Krone durch die Kombination von

mehreren unabhângigen Teilen eine Fiille schwieriger Fragen, deren Lô

sung noch dadurch besonders erschwert wurde, da β eine genaue Unter

suchung der Krone bis vor wenigen Jahren so gut wie unmoglich war —

was wieder mit ihrem besonderen Charakter als Staatssymbol zusam

menhângt. Ein einziges Mal, im Jahre 1880, wurde einer Kommission

der Ungarischen Akademie der Wissenschaften eine ausgiebige Autopsie der Krone gestattet. Sie fiihrte zu den verlàssigsten Analysen des Objek

tes, die dann nach dem 2. Weltkrieg durch ausgezeichnete Fotos, erstmals

auch der Innenseite der Krone, bestatigt wurden. 1916, anlàfilich der

Krônung Kaiser Karls von Osterreich zum ungarischen Konig — als

solcher Karl IV. — wurde einer Kommission wieder eine kurze Besich

tigung des Kleinods gestattet, weitere kurze, fur eine Urteilsbildung of

fenbar zu kurze Studien der Krone wurden 1928 anlàfilich der Tagung des Internationalen Museumsverbandes und 1938 anlàfilich der Feiern der

900. Wiederkehr des Todestages des ersten und heiligen Kônigs von Un

garn, Stephan, ermoglicht. 1944 wurde die Krone zusammen mit den

anderen ungarischen Insignien aus Ungarn gefliichtet und kam im fol

genden Jahr in den Besitz der amerikanischen Armee. So konnte zu

nachst ein Offizier des Art Collecting Point, Patrick J. Kelleher, die

Krone genau untersuchen und fur die Arbeit, die er dann als Disserta

tion in Princeton vorlegte — 1951 als Publikation der American Academy in Rom gedruckt —, auch ausgezeichnete Aufnahmen anfertigen lassen,

die heute im Bildarchiv Marburg verwahrt sind und zum ersten Mal auch

jenem, dem eine Autopsie der Krone versagt ist, die Moglichkeit bieten,

sich mit ihr wissenschaftlich-archâologisch zu befassen. 1946 hatten dann

auch einige deutsche Fachleute die Gelegenheit, die Krone zu studieren,

unter ihnen Albert Boeckler, der 1956 das Ergebnis seiner Untersuchun

gen im 3. Bd. von P. E. Schramm's Herrschaftszeichen und Staatssym

bolik (Stuttgart 1956) vorlegte. Dieses Werk steht an einem fiir die For

schung und Erkenntnis der Insignien entscheidenden Wendepunkt, hat

doch die Insignienforschung nach dem 2. Weltkrieg einen enormen Auf

schwung genommen. Eine Fiille neuen Materials und exakter Untersu

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