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GBPress- Gregorian Biblical Press
Cardinalis. Prolegomena zu einer Rechtsgeschichte des römischen Kardinalskollegiums by C. A.FürstReview by: F. KempfArchivum Historiae Pontificiae, Vol. 6 (1968), pp. 452-457Published by: GBPress- Gregorian Biblical PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/23563688 .
Accessed: 18/10/2014 09:22
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452 RECENSIONES
forderte. AuBerdem war der junge Staufer der rômischen Kurie viel zu
wenig bekannt, als da β sie seine spàtere Politik hatte voraussehen kon nen. Allerdings solite Friedrich auch Danemark bald in sein politisches Spiel einbeziehen und dabei die Anspriiche Hartwigs von Bremen nicht
vergessen. Er hat sie sogar am 16. Màrz 1158 ausdriicklich fiir das ge samte urspriingliche Missionsgebiet bestatigt. Trotzdem darf man den
EinfluB, den seine Politik auf die Problème der skandinavischen Kirchen
organisation hatte oder haben konnte, nicht iiberschatzen, auch nicht wàhrend des 1159 beginnenden Schismas.
Gewifi hat sich Waldemar, Kônig von Danemark und Lehnsmann des Kaisers, mit dem Grofiteil der dânischen Bischôfe fiir Viktor IV.
entschieden, es ist nur die Frage, ob diese Anerkennng die vom Vf. vor
ausgesetzte (S. 183) Gefahr fiir die lângst bestehende Selbstândigkeit der dânischen Kirche bedeutete. Die dânischen Bischôfe waren sicher nicht mehr bereit, sich dem Erzbistum Bremen zu unterstellen, schon gar nicht unter ihrem Kônig Waldemar, der bekanntlich die Macht seines Reiches rasch zu stârken wuBte. Und die beiden anderen skandinavischen Lân der lagen viel zu weit ab, als daB Norwegen um sein gerade gegriindetes und Schweden um sein zu erwartendes Erzbistum hâtten bangen miissen.
Allerdings konnte es Alexander III. nicht einerlei sein, ob man im Nor
den ihn oder Viktor IV. anerkannte. Und so mag die Légation des Ma
gistero Stephan von Orvieto 1163 dem Zweck gedient haben, die norwe
gische Obôdienz zu sichern. Die freundliche Aufnahme, die Kônig Erling dem Legaten Alexanders bereitete, hatte jedoch andere Griinde: die von
ihm und von Erzbischof Eystein von Nidaros vorbereitete Krônung des
Kônigssohns Magnus — die erste, die in Norwegen erfolgt ist — konnte
durch die Prâsenz eines pâpstlichen Legaten an Feierlickeit nur gewinnen. Gerade an diesem Beispiel wird ersichtlich, wie sehr die Kirche und damit auch das Papsttum zur Festigung der Kônigsgewalt in den skandinavi schen Reichen beitragen konnte und tatsâchlich beigetragen hat. Wenn
der Vf. in der Zusammenfassung der Ergebnisse die Bedeutung der pâpst lichen Politik fiir die nationalpolitische Entwicklung der skandinavischen Reiche stark herausstellt, so kann man ihm nur zustimmen.
Exkurse iiber Papst Agapit II. in den nordischen Quellen, iiber die
Kardinalslegationen von 1123 und 1133 und iiber die Aufnahme pâpstli cher Legaten in Skandinavien beschlieBen das inhalts- und ergebnisreiche Buch.
F. Kempf S. I. F. Kempf S. I.
C. A. Fûrst, Cardinalis. Prolegomena zu einer Rechtsgeschichte des rômischen Kardïnalskollegiums. Munchen, Wilhelm Fink
Verlag, 1967, pp. 261.
Die Studie handelt von der rechtlichen Bedeutung des Begriffs car dinalis sowie von der Entstehung des romischen Kardinalkollegiums. Aus
gehend von der stadtromischen Kirchenverfassung, sucht der Vf. zu be
stimmen, was man in Rom bis in die Zeit Gregors I. unter dem Wort cardinalis verstanden hat, verfolgt dann die Entwicklung des romischen Kardinalats bis zu Leo IX., vergleicht sie in zwei weiteren Kapiteln mit den lokalen Kardinalaten und ecclesiae cardinales, die sich seit der zwei ten Hâlfte des 8. Jhs. aufierhalb Roms gebildet haben, und schliefit den ersten Teil des Bûches mit einer skizzenhaft gehaltenen Darstellung des
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C. A. FURST, CARDINALIS 453
Ûbergangs vom stadtrômischen zum universal ausgerichteten romischen
Kardinalat, der bekanntlich in die Jahre 1050-1100 fâllt. Der zweite Teil
bringt eine inhaltsreiche Ubersicht uber sàmtliche aufierhalb Roms nach weisbaren lokalen Kardinalate und darf daher in dieser auf Papst- und
Kuriengeschichte beschrànkten Besprechung iibergangen werden; es sei
jedoch auf seinen hohen dokumentarischen Wert eigens hingewiesen. Ûber den Begriff cardinàlis und die Entstehung des romischen Kar
dinalkollegs ist in letzter Zeit so fruchtbar gearbeitet worden, dafi sich
eine Art Konsens herausbilden konnte. Der Vf. hat den lobenswerten Mut, die bisher erzielten Ergebnisse in Frage zu stellen und eine eigene Theo
rie vorzulegen. Seiner Ansicht nach bedeutete das Wort cardinalis so viel
wie Bischofskleriker. Es ist von cardo abzuleiten, und unter cardo ver
stand man seit etwa 500 in Rom die Bischofskathedrale als Mittelpunkt des religiôsen Lebens. Allerdings wurde das Wort cardinalis nur dann
gebraucht, wenn Bischofskleriker von den anderen Diozesanklerikern un
terschieden werden muBten. In Rom war dies zunâchst nur fiir die Re
gionardiakone notwendig. Dort gab es namlich zwei Klassen von Diako
nen: jene, die an den Titelkirchen wirkten, und 7 diaconi de cardine, die sog. Regionardiakone. Die Priester der romischen Titelkirchen dage
gen gehôrten noch aile dem Bischofspresbyterium an. Ihre Lage anderte
sich jedoch in den ersten Jahrzehnten des 8. Jhs.: dem Presbyterium des
romischen Bischofs gehôrte in der folgenden Zeit nur noch der presbyter
prior einer Titelkirche an. Um ihn von seinen an der Titelkirche tatigen Amtsbriidern abzuheben, wurde er fortan cardinalis genannt, und zwar
mit einer solchen Konstanz, daB bis ins 12. Jh. der Titel cardinalis in
der Regel lediglich den presbyter prior einer Titelkirche bezeichnete. Da
aber mit Beginn des 8. Jhs. 7 suburbikarische Bischôfe mit dem liturgi schen Dienst an der Lateranbasilika betraut und so in gewissem Sinne
in den romischen Bischofsklerus einbezogen wurden, kam ftir sie in Ana
logie zu den Kardinalpriestern der freilich nur selten gebrauchte Ausdruck
episcopus cardinalis auf. Desgleichen wurden seit der zweiten Halite des
10. Jhs. mit wachsender Konsequenz die 7 romischen Regionardiakone diaconi cardinales genannt, doch taucht das Wort bisweilen schon in ro
mischen Quellen des 8.-10. Jhs. auf. DaB es zum offiziellen Titel wurde,
diirfte mit der neuen Einteilung der Stadt Rom in 12 Regionen zusam
menhangen. Da die Bezirke neuen Regionardiakonen iibergeben wurden,
riickten die âlteren 7 Regionardiakone in die Stellung von Palastdiakonen
oder diaconi cardinales ein. Seit der zweiten Halite des 8. Jhs. iibernah
men auch auEerrômische Kirchen den Begriff cardinalis. Meistens ver
stand man darunter eine bestimmte Grappe der Kathedralkleriker. Aufier
dem werden vom 9. bis 12. Jhs. in einigen Diôzesen ecclesiae cardinales
erwàhnt. Nach Ansicht des Vfs. waren es bestimmte Kirchen der Bischofs
stadt oder des Suburbiums, deren Priester in besonderer Abhangigkeit vom Bischof standen; zumindest waren sie gehalten, in den Synoden und
an eigens festgelegten Kathedralgottesdiensten teilzunehmen. In diesen
aufierrômischen Bildungen, die aile irgendwie ihren Ausgang von Rom
genommen haben sollen, sieht der Vf. seine Grandthese bestâtigt: car
dinalis bedeutete urspriinglich einen Kleriker, der dem cardo des kirch
lichen Lebens, namlich der Bischofskirche, zugeordnet war.
Die bisher vorherrschende, auf den Studien von Klewitz, Kuttner und
Andrieu fufiende Lehre lautet anders. Ihr zufolge geht aus einigen weni
gen Formularen des Liber Diurnus und Briefen Pelagius' I. sowie aus
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454 RECENSIONES
relativ zahlreichen Schreiben Gregors I. hervor, elafi im rômisch-kirchli
chen Sprachgebrauch cardinalis den Sinn von incardinatus hatte und
einen Geistlichen meinte, der fiir eine bestimmte Kirche geweiht, aber
aufierbalb dieses seines Titels in einer anderen Kirche zum Dienst ein
gesetzt, «inkardiniert » worden war. In der Stadt Rom gewann das Wort
cardinalis Aktualitat, als im 8. Jh. 7 suburbikarische Bischôfe den Heb
domadardienst an der Lateranbasilika iibernahmen und damit in der ro
mischen Kirche « inkardiniert » wurden. Und da die Priester der rômi
schen Titelkirchen denselben Dienst an den Patriarchalbasiliken S. Pie
tro, S. Paolo, S. Lorenzo, S. Maria Maggiore zu versehen hatten, also wie
die Kardinalbischòfe an einem titulus, der vom titulus ihrer Weihe ver
schieden war, wirkten, fafite man ihr Verhaltnis zu den Patriarchalbasi
liken gleichfalls als eine Art incardinatio auf und nannte sie presbyteri cardinales. Auch fiir die 7 Regionardiakone bestand insofern eine Ana
logie zu den Kardinalbischofen und -priestern, als sie bei den papstlichen Gottesdiensten zu fungieren hatten.
Der Vorstofi des Vfs. wird wohl eine Diskussion mit den Vertretern
der herrschenden Lehre auslosen. Vor ihrem Abschlufi diirfte es ratsam
sein, sich eines endgiiltigen Urteils zu enthalten, doch seien schon jetzt ein paar kritische Fragen aufgeworfen. Mit welchem Recht nimmt der
Vf. an, bereits um 500 habe zu Rom das Wort cardo die Bischofskathe
drale bezeichnet? Aus dem Brief Gelasius' I, geht dies nicht einwandfrei
hervor, und die im Constitutum Silvestri (um 500) zu fìndenden Aus
driicke: diaconus cardine constructus urbis Romae, diaconus cardinalis
urbis Romae, diaconi cardinales Romae septem, meinen offensichtlich
eine Eingliederung in die Stadt Rom, die ja tatsâchlich insofern vorlag, als die 7 Regionardiakone je einen Stadtbezirk zu betreuen hatten; fiir
die These des Vfs.: cardo = Bischofskirche, beweisen sie nichts.
Insoweit die Kardinale der rdmischen Kirche in Frage stehen, folgt auf das wenig ergiebige Constitutum Silvestri ein beharrliches Schweigen der Quellen bis zum 8. Jh. Zwar kommt das Wort cardinalis schon in romischen Zeugnissen des 6. und beginnenden 7. Jhs. vor, nàmlich in den
schon genannten Formularen des Liber Diurnus und Briefen Pelagius' I.
sowie Gregors I., es bezieht sich aber jeweils auf aufierromische Geist
liche : Bischôfe, Priester und Diakone. Obgleich diese Quellengruppe nichts
iiber ein rômisches Kardinalat aussagt, ist trotzdem der dort zu findende
Begriff cardinalis fiir die Entstehung des romischen Kardinalats von
grofier Wichtigkeit. Der Vf. hat sich daher gerade mit diesen Texten ein
gehend beschaftigt und mit Wort- wie Sinnanalysen und mit rechtsge schichtlichen Argumenten die gegnerische Textinterpretation zu widerle
gen gesucht. Wie immer man auch seine Textdeutungen beurteilen mag,
jedenfalls diirften sie nachdenklich stimmen. Wie so oft, hat es offenbar
die Forschung hier mit Quellenaussagen zu tun, denen die letzte Klar
heit fehlt. Sie wird deswegen bei den zwei Interpretationen : der des
Vfs. und der bisher geltenden, nicht einfachhin zwischen wahr und falsch, sondern zwischen grofierer und kleinerer Wahrscheinlichkeit zu entschei
den haben. Im vorliegenden Fall verdient wohl die vom Vf. angegriffene
Ausdeutung den Vorzug. Fiir sie spricht vor allem die Tatsache, dafi die
Texte immer vom Ubergang eines Bischofs oder Klerikers zu einer an
deren Diôzese oder Kirche oder vom ihrem Einsatz in den Dienst einer
anderen Kirche handeln. Und wenn die betreffenden Bischôfe oder Kle
riker konstant cardinales heifien, wenn fiir die Einsetzung an der an
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C. A. FÛRST, CARDINALIS 455
deren Kirche bisweilen das Wort incardinare verwendet wird, so haben
wir es offenbar mit Formulierungen zu tun, die den aufiergewòhnlichen
Vorgang des Ûberwechselns terminologisch festhalten wollen: der an der
anderen Kirche Eingesetzte ist incardinatus, ist cardinalis.
Die herrschende Lehre darf sich fiir ihre Interprétation darauf be
rufen, daB seit friiher Zeit die Kleriker fiir jeweils bestimmte Kirchen
geweiht worden sind. Fiir die Bischôfe sowie fiir die an Bischofskirchen
intitulierten Kleriker bedeutete dies eine so feste Bindung, dafi der Ûber
gang zu einer anderen Bischofskirche an sich verboten war. Wurde er
trotzdem vollzogen, bedurfte man einer besonderen Ermâchtigung. Ein
weniger starkes, aber ernst zu nehmendes Band bestand fiir die Priester
jener niederen Kirchen, die den Charakter einer Anstalt mit Rechtsper sônlichkeit angenommen hatten. Diese Tatsachen gibt der Vf. zu, er leug net jedoch das Vorkommen von selbstândigen, neben der Bischofskirche
stehenden Kirchen innerhalb des Stadtgebietes vor dem 8. Jh. Bis zu die
sem Zeitpunkt kann es seiner Ansicht nach in den Stâdten keine car
dinales im Sinne der herrschenden Lehre gegeben haben; die kirchliche
Einheit namlich, die damais noch fiir die Stadi und das Suburbium ge
golten habe, schliefie Intitulationen der Kleriker an einzelnen Stadtkir
chen aus, sie seien bloB an der Bischofskirche moglich gewesen. Da viele
der in Betracht kommenden Texte gerade von Stadtkirchen handeln, ist
nach Ansicht des Vfs. der Ausdruck cardinalis anders zu deuten, als es
in der herrschenden Lehre geschieht. Zudem sei zu achten auf das Recht
des Bischofs, seine Diozesankleriker zu versetzen. Wegen dieses Rechtes
habe die Zugehôrigkeit der Kleriker zu einer bestimmten, in der Diozese
gelegenen Kirche nicht die Festigkeit eines Intitulationsbandes erreichen
kônnen. So erweise sich eine weitere Voraussetzung der herrschenden
Lehre als illusorisch.
Diese prinzipiellen, der Rechtsgeschichte entnommenen Einwande des
Vfs. iiberzeugen nicht ganz. Es ist nicht einzusehen, warum das Verset
zungsrecht des Diôzesanbischofs mit einer Intitulationsbindung des Kle
rikers an seine urspriingliche Kirche unvereinbar gewesen sein soli, zumai
da der Vf. zugibt, die Versetzungen seien selten erfolgt. Vermochte doch
die ungleich festere Bindung eines Bischofs an seine Diozese nicht zu
verhindern, dafi Papste oder Provinzialsynoden in bestimmten Fàllen
Translationen vornahmen. Auch das andere Argument des Vfs.: die kirch
liche Einheit innerhalb des Stadtgebietes, diirfte iiberzogen sein. Der
6. Kanon des Konzils von Chalkedon zahlt unter den Kirchen, an denen
Priester « ausgerufen », d. h. fest angestellt werden konnten, die Zômi
terialkirche (Martyrion) auf; Martyrerbasiliken aber lagen haufìg im
Suburbium einer Stadt. Ja selbst innerhalb des eigentlichen Stadtgebietes
konnte die Auflôsung der kirchlichen Einheit langst vor dem 8. Jh. ihren
Anfang genommen haben. In Rom ζ. B. galt das Einheitprinzip nur noch
bedingt, seitdem im 5. Jh. die Titelkirchen das Recht auf die Taufe,auf
die BuBdisziplin und auf die Eucharistiefeier erhalten hatten und damit
praktisch zu Pfarreien geworden waren. Die ròmischen Priester gerieten
durch ihre Zugehôrigkeit einerseits zu der immer noch als Einheit ver
standenen Stadtkirche und anderseits zu einer selbstândiger werdenden
Titelkirche in eine Zwitterstellung, die zwar klarer juristischer Formen
ermangelte, aber jeweils spiirbarer wurde, bis sie im 8. Jh. zur Scheidung
zwischen den Priestern mit und ohne Kardinalsrang fiihrte. Es diirfte
daher kein Grund vorliegen, mit dem Vf. anzunehmen, der Begriff in
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carcLinatus = cardinalis, der von den Vertretern der vorherrschenden
Lehre aus der oben genannten Quellengruppe des 6. und beginnenden 7.
Jhs. mit grofier Wahrscheinlichkeit fiir auBerromische Verhaltnisse her
ausgearbeitet wurde, habe nicht geformt werden kônnen, da sowohl in
der Ewigen Stadt wie anderswo ganzlich andere Rechtsbedingungen be
standen hâtten.
DaB mit dem 8. Jh. die rômische Entwicklung in eine neue Phase
eingetreten ist, wird von niemand bestritten. Die Diskussion betrifft die
Deutung dieses Vorgangs. Nach der bisher herrschenden Lehre haben
wir es mit der Entstehung des rômischen Kardinalats zu tun. Den Anstofi
gab der liturgische Dienst an den rômischen Patriarchalbasiliken. War
er bisher an samtlichen fiinf Basiliken von den Priestern der Titelkirchen
besorgt worden, so galt dies seit dem beginnenden 8. Jh. nicht mehr fiir
die Lateranbasilika ; dort fungierten fortan 7 suburbikarische Bischòfe.
Um das Verhaltnis zur rômischen Kirche, in das der Hebdomadardienst
an der Lateranbasilika die 7 Bischòfe hatte eintreten lassen, rechtlich
genauer zu fassen, bediente man sich des lângst ausgeformten Begriffs der Inkardination und sprach infolgedessen von Kardinalbischôfen der
rômischen Kirche. Und da die Zugehôrigkeit der rômischen Priester zu
ihrer Titelkirche im Lauf der Zeit die Festigkeit eines Intitulations
bandes erreicht hatte, wurde ihr Hebdomadardienst an den vier Patriar
chalbasiliken eine zusâtzliche, an einer zweiten Kirche auszuiibende Tàtig keit. Deswegen wurden die mit Hebdomadardienst betrauten Priester
wie die oben genannten Bischòfe als Inkardinierte der rômischen Kirche
betrachtet und Kardinalpriester genannt. Der Vf. dagegen halt den litur
gischen Dienst an den rômischen Patriarchalbasiliken und die durch ihn
hervorgerufenen Ânderungen des 8. Jhs. fiir nicht wesentlich. Im rômi
schen Sprachgebrauch galt seit etwa 500 jeder zu einer Bischofskirche
gehôrige Kleriker als de cardine constitutus, als cardinalis. Solange jedoch alle rômischen Priester zur Bischofskirche und zum Bischofspresbyterium
gehôrten, bestand kein Grand, von Kardinalpriestern zu sprechen. Dies
wurde erst notwendig, als im 8. Jh. die Priester der rômischen Titel
kirchen aus dem Bischofspresbyterium ausschieden und lediglich ihr pre
sbyter prior darin verblieb, der fortan auch allein den seiner Titelkirche
zustehenden Hebdomadardienst an der Patriarchalbasilika versah. Um
ihn von den anderen Titelkirchen-Priestern zu unterscheiden, wurde er
cardinalis genannt. Der Ausdruck fand sodann auch auf die 7 Bischòfe, die den Hebdomadardienst an der Lateranbasilika versahen, Anwendung und wurde bald aufierhalb Roms von nicht wenigen Kirchen fiir be
stimmte Kleriker iibernommen. Nicht die Kardinalbischòfe, sondern die
rômischen Kardinalpriester haben diese Entwicklung ausgelôst. Es gibt also jetzt zwei Theorien iiber die Entstehung des rômischen
Kardinalats. So sehr sie sich unterscheiden, so wenig fehlen Beriihrangs
punkte. Wer (wie der Schreiber dieser Zeilen) an der bisher vorherrschen
den Lehre festhalten môchte, hat auf die Stellung zu achten, die die ein
mal formierten Kardinale aus dem iibrigen rômischen Kleras hervorhob.
Kraft ihrer Inkardination direkt der rômischen Bischofskirche zugeord net, durften sie oft genug, vor allem auBerhalb Roms, weniger als privi
legierte Liturgen denn als spezifische Glieder der rômischen Kirche, als
clerici cardinis romanae ecclesiae betrachtet worden sein. So einge schrankt, behalt der vom Vf. herausgestellte Aspekt durchaus seinen Wert. Auf der anderen Seite kommt der Vf. der gegnerischen Lehre insofern
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j. deér, die heilige krone ungarns 457
entgegen, als auch er die wichtigsten Rechte des rômischen Kardinalats, bevor dieses in der zweiten Halite des 11. Jhs. die Wende von einer
stadtrômischen zur universalkirchlichen Institution vollzog, im liturgi schen Dienst verankert sieht. Die scharfsinnige und kenntnisreiche Stu
die des Vfs. vermag zu einem tieferen Verstandnis des àlteren rômi
schen Kardinalats selbst dann beizutragen, wenn man die dort vorge
legte Grundthese fiir wenig wahrscheinlich hàlt.
F. Kempf S. I. F. Kempf S. I.
Josef Deér, Die heilige Krone Ungarns (Denkschriften der óster. Akademie der Wissenschaften, Phìl.-hist. Klasse 91. Bd.). Wien, H. Bôhlaus Nachf., 1966, pp. 303 + 397 Abbildungen auf 139 Tafeln.
Ûber wenige Insignien gibt es eine so lange Diskussion der Gelehrten
wie iiber die Heilige Krone Ungarns. Das hat einmal seinen Grund in
der hohen politischen Bedeutung, die dieser Krone zukam, war sie doch
Jahrhunderte hindurch schlechthin das entscheidende Symbol des Staates.
Zum anderen stelli die ungarischen Krone durch die Kombination von
mehreren unabhângigen Teilen eine Fiille schwieriger Fragen, deren Lô
sung noch dadurch besonders erschwert wurde, da β eine genaue Unter
suchung der Krone bis vor wenigen Jahren so gut wie unmoglich war —
was wieder mit ihrem besonderen Charakter als Staatssymbol zusam
menhângt. Ein einziges Mal, im Jahre 1880, wurde einer Kommission
der Ungarischen Akademie der Wissenschaften eine ausgiebige Autopsie der Krone gestattet. Sie fiihrte zu den verlàssigsten Analysen des Objek
tes, die dann nach dem 2. Weltkrieg durch ausgezeichnete Fotos, erstmals
auch der Innenseite der Krone, bestatigt wurden. 1916, anlàfilich der
Krônung Kaiser Karls von Osterreich zum ungarischen Konig — als
solcher Karl IV. — wurde einer Kommission wieder eine kurze Besich
tigung des Kleinods gestattet, weitere kurze, fur eine Urteilsbildung of
fenbar zu kurze Studien der Krone wurden 1928 anlàfilich der Tagung des Internationalen Museumsverbandes und 1938 anlàfilich der Feiern der
900. Wiederkehr des Todestages des ersten und heiligen Kônigs von Un
garn, Stephan, ermoglicht. 1944 wurde die Krone zusammen mit den
anderen ungarischen Insignien aus Ungarn gefliichtet und kam im fol
genden Jahr in den Besitz der amerikanischen Armee. So konnte zu
nachst ein Offizier des Art Collecting Point, Patrick J. Kelleher, die
Krone genau untersuchen und fur die Arbeit, die er dann als Disserta
tion in Princeton vorlegte — 1951 als Publikation der American Academy in Rom gedruckt —, auch ausgezeichnete Aufnahmen anfertigen lassen,
die heute im Bildarchiv Marburg verwahrt sind und zum ersten Mal auch
jenem, dem eine Autopsie der Krone versagt ist, die Moglichkeit bieten,
sich mit ihr wissenschaftlich-archâologisch zu befassen. 1946 hatten dann
auch einige deutsche Fachleute die Gelegenheit, die Krone zu studieren,
unter ihnen Albert Boeckler, der 1956 das Ergebnis seiner Untersuchun
gen im 3. Bd. von P. E. Schramm's Herrschaftszeichen und Staatssym
bolik (Stuttgart 1956) vorlegte. Dieses Werk steht an einem fiir die For
schung und Erkenntnis der Insignien entscheidenden Wendepunkt, hat
doch die Insignienforschung nach dem 2. Weltkrieg einen enormen Auf
schwung genommen. Eine Fiille neuen Materials und exakter Untersu
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