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Rechtsprechung 120 bbl 2008, Heft 3 Juni © Springer-Verlag 2008 Intensität von Geruchsimmissionen nicht direkt von der Anzahl der zubereiteten Speisen abhängt, sondern in erster Linie von der Lüſtungstechnik). Es kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die Beh des Ver- waltungsverfahrens die Begutachtung durch diesen Sachverständigen als schlüssig und nachvollziehbar er- achtet haben. Gleiches gilt sinngemäß für die Aus- führungen des Sachverständigen bezüglich der vom Betrieb des Wirtschaſtshofes zu erwartenden Geruchs- belästigung. Auf die Einwände der Bf (Lärm- und Ge- ruchsimmissionen) hinsichtlich der gewählten Zube- reitungsart (cook & chill), die nunmehr in der Be- schwerde wiederholt werden, ist die bel Beh eingegangen und hat diese mit einer schlüssigen Argumentation ver- worfen. Was nun die Lärmimmissionen durch die Fahrbewe- gungen (Wirtschaſtshof) anlangt, tri es zwar zu, dass der lärmtechnische (maschinentechnische) Sachver- ständige für den Betrieb am Samstag von einer wesent- lichen Differenz von 4 dB zwischen dem Betrieb mit externer und ohne externe Speisenlieferung ausgegan- gen ist. Die Bf übersehen aber bei ihrer Argumentation, dass dieser Unterschied (wegen der beträchtlichen Dif- ferenz zwischen dem Prognosemaß und dem Ist-Maß, das durch den Straßenlärm bestimmt ist) das Summen- maß nur marginal verändert (und das Vorhaben mit externer Versorgung das Ist-Maß an den verschiedenen Immissionspunkten jeweils im „Kommabereich“ an- hebt, nämlich um 0,1 bis stellenweise maximal 0,5 dB), wie überhaupt die Vergleiche des ermittelten Summen- maßes an den verschiedenen Immissionspunkten bei der Variante mit externer Speisenversorgung und ohne eine solche untereinander nur, wenn überhaupt, um 0,1, punktuell um 0,2 dB differieren. Die (nicht wahr- nehmbaren) Erhöhungen des Lärmpegels, die sich aus dem Betrieb der Küche ohne externe Speisenversor- gung ergeben, sind, wie eingangs dargelegt, hinzuneh- men, und die weitere Differenz ist derart minimal, dass dies nicht als „Belästigung“ iSd § 8 BauG qualifiziert werden kann. (…) (Abweisung) Wien Carport im Vorgartenbereich DOI 10.1007/s00738-008-0414-2 § 4 Abs 4 WGG; § 82 Abs 3 wr BauO Nur wenn die (in der Bauklasse I und II) zulässige Errichtung auf der Abstandsfläche unzumutbar ist, kommt eine Errichtung eines Carports im Vor- garten in Betracht. VwGH 29.1.2008, 2005/05/0276 <94> Aus der Begründung: Der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Anlagen [Anm: Carport] im Bauland steht die grundsätzliche Unzulässigkeit auf gärtnerisch auszu- gestaltenden Teilen der Liegenschaſt entgegen. Die dem- gegenüber im 2. Satz, 1. HS des § 4 Abs 4 WGG normierte Zulässigkeit solcher Anlagen ist an die dort genannten Voraussetzungen geknüpſt: Diese Anlagen dürfen eine Bodenfläche von 50 m 2 nicht überschreiten. Sie sind in den Bauklassen I und II (somit nach der Definition in § 75 Abs 1 BO nur im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet, aber nicht im Gartensiedlungsgebiet) auf seitlichen Abstandsflächen zulässig; unter diesen Vor- aussetzungen sind sie im Vorgarten auch dann zulässig, wenn ihre Errichtung auf seitlichen Abstandsflächen oder auf bebaubaren Teilen der Liegenschaſt im Hin- blick auf die Geländeverhältnisse oder wegen des vor- handenen Baubestandes nicht zumutbar ist. Der Ansicht der Bf, dass die Anordnung für Vorgär- ten losgelöst von der Voraussetzung der Bauklasse I oder II gelte (möglicherweise auch losgelöst von der Voraussetzung der Bodenfläche bis zu 50 m 2 ), kann nicht gefolgt werden: Eine der alternativen Vorausset- zungen für die Zulässigkeit im Vorgarten ist nämlich, dass die Errichtung auf der Abstandsfläche im Hinblick auf die Geländeverhältnisse nicht zumutbar ist. Diese Voraussetzung kann aber nicht gegeben sein, wenn die Errichtung auf der Abstandsfläche deswegen, weil we- der Bauklasse I noch Bauklasse II vorliegt, gar nicht zulässig wäre. Vielmehr setzt diese Bestimmung die grundsätzliche Zulässigkeit der Errichtung in der Ab- standsfläche voraus, erlaubt aber zusätzlich die Errich- tung im Vorgarten, wenn die Errichtung in der Ab- standsfläche auf Grund der Bodenverhältnisse nicht zumutbar ist. Nur wenn die zulässige (Bauklasse I und II) Errichtung auf der Abstandsfläche unzumutbar ist, kommt eine Errichtung im Vorgarten in Betracht. Nichts anderes kann für die weitere Möglichkeit der Bebauung im Vorgarten (wegen des vorhandenen Bau- bestandes) gelten, weil beide Varianten nach dem Ge- setzeswortlaut an dieselben Voraussetzungen anknüp- fen; eine Unterscheidung dahingehend, dass die Unzu- mutbarkeit der Errichtung auf der Abstandsfläche nur in den Bauklassen I und II, die vollständige Verbauung aber auch in den höheren Bauklassen und im Garten- siedlungsgebiet als Voraussetzung für die Errichtung im Vorgarten herangezogen werden könne, lässt sich dem Gesetz keinesfalls entnehmen. Da somit die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 4 2. Satz WGG nicht greiſt, bleibt es bei der Anordnung des § 82 Abs 3 2. Satz BO; die Errichtung dieses Flug- daches war daher jedenfalls unzulässig; als fehlend ge- rügte Feststellungen über die Beschaffenheit des Gelän- des mussten nicht getroffen werden. (Abweisung) Bebauungsplan; (un-)wesentliche Abweichungen; Gebäudehöhe; Firsthöhe; Bebauung; Versiegelung; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte DOI 10.1007/s00738-008-0415-1 § 69 Abs 1 lit f, m und s wr BauO Eine wesentliche Abweichung liegt dann vor, wenn der Abweichung (hier: betreffend Gebäude-

Carport im Vorgartenbereich

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Rechtsprechung120bbl2008, Heft 3

Juni

© Springer-Verlag 2008

Intensität von Geruchsimmissionen nicht direkt von der Anzahl der zubereiteten Speisen abhängt, sondern in erster Linie von der Lüftungstechnik). Es kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die Beh des Ver-waltungsverfahrens die Begutachtung durch diesen Sachverständigen als schlüssig und nachvollziehbar er-achtet haben. Gleiches gilt sinngemäß für die Aus-führungen des Sachverständigen bezüglich der vom Betrieb des Wirtschaftshofes zu erwartenden Geruchs-belästigung. Auf die Einwände der Bf (Lärm- und Ge-ruchsimmissionen) hinsichtlich der gewählten Zube-reitungsart (cook & chill), die nunmehr in der Be-schwerde wiederholt werden, ist die bel Beh eingegangen und hat diese mit einer schlüssigen Argumentation ver-worfen.

Was nun die Lärmimmissionen durch die Fahrbewe-gungen (Wirtschaftshof) anlangt, trifft es zwar zu, dass der lärmtechnische (maschinentechnische) Sachver-ständige für den Betrieb am Samstag von einer wesent-lichen Differenz von 4 dB zwischen dem Betrieb mit externer und ohne externe Speisenlieferung ausgegan-gen ist. Die Bf übersehen aber bei ihrer Argumentation, dass dieser Unterschied (wegen der beträchtlichen Dif-ferenz zwischen dem Prognosemaß und dem Ist-Maß, das durch den Straßenlärm bestimmt ist) das Summen-maß nur marginal verändert (und das Vorhaben mit externer Versorgung das Ist-Maß an den verschiedenen Immissionspunkten jeweils im „Kommabereich“ an-hebt, nämlich um 0,1 bis stellenweise maximal 0,5 dB), wie überhaupt die Vergleiche des ermittelten Summen-maßes an den verschiedenen Immissionspunkten bei der Variante mit externer Speisenversorgung und ohne eine solche untereinander nur, wenn überhaupt, um 0,1, punktuell um 0,2 dB differieren. Die (nicht wahr-nehmbaren) Erhöhungen des Lärmpegels, die sich aus dem Betrieb der Küche ohne externe Speisenversor-gung ergeben, sind, wie eingangs dargelegt, hinzuneh-men, und die weitere Differenz ist derart minimal, dass dies nicht als „Belästigung“ iSd § 8 BauG qualifiziert werden kann. (…) (Abweisung)

Wien

Carport im Vorgartenbereich

DOI 10.1007/s00738-008-0414-2

§ 4 Abs 4 WGG; § 82 Abs 3 wr BauO

Nur wenn die (in der Bauklasse I und II) zulässige Errichtung auf der Abstandsfläche unzumutbar ist, kommt eine Errichtung eines Carports im Vor­garten in Betracht.

VwGH 29.1.2008, 2005/05/0276 <94>

Aus der Begründung: Der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Anlagen [Anm: Carport] im Bauland steht die grundsätzliche Unzulässigkeit auf gärtnerisch auszu-gestaltenden Teilen der Liegenschaft entgegen. Die dem-

gegenüber im 2. Satz, 1. HS des § 4 Abs 4 WGG nor mierte Zulässigkeit solcher Anlagen ist an die dort genannten Voraussetzungen geknüpft: Diese Anlagen dürfen eine Bodenfläche von 50 m2 nicht überschreiten. Sie sind in den Bauklassen I und II (somit nach der Definition in § 75 Abs 1 BO nur im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet, aber nicht im Gartensiedlungsgebiet) auf seitlichen Abstandsflächen zulässig; unter diesen Vor-aussetzungen sind sie im Vorgarten auch dann zulässig, wenn ihre Errichtung auf seitlichen Abstandsflächen oder auf bebaubaren Teilen der Liegenschaft im Hin-blick auf die Geländeverhältnisse oder wegen des vor-handenen Baubestandes nicht zumutbar ist.

Der Ansicht der Bf, dass die Anordnung für Vorgär-ten losgelöst von der Voraussetzung der Bauklasse I oder II gelte (möglicherweise auch losgelöst von der Voraussetzung der Bodenfläche bis zu 50 m2), kann nicht gefolgt werden: Eine der alternativen Vorausset-zungen für die Zulässigkeit im Vorgarten ist nämlich, dass die Errichtung auf der Abstandsfläche im Hinblick auf die Geländeverhältnisse nicht zumutbar ist. Diese Voraussetzung kann aber nicht gegeben sein, wenn die Errichtung auf der Abstandsfläche deswegen, weil we-der Bauklasse I noch Bauklasse II vorliegt, gar nicht zulässig wäre. Vielmehr setzt diese Bestimmung die grundsätzliche Zulässigkeit der Errichtung in der Ab-standsfläche voraus, erlaubt aber zusätzlich die Errich-tung im Vorgarten, wenn die Errichtung in der Ab-standsfläche auf Grund der Bodenverhältnisse nicht zumutbar ist. Nur wenn die zulässige (Bauklasse I und II) Errichtung auf der Abstandsfläche unzumutbar ist, kommt eine Errichtung im Vorgarten in Betracht.

Nichts anderes kann für die weitere Möglichkeit der Bebauung im Vorgarten (wegen des vorhandenen Bau-bestandes) gelten, weil beide Varianten nach dem Ge-setzeswortlaut an dieselben Voraussetzungen anknüp-fen; eine Unterscheidung dahingehend, dass die Unzu-mutbarkeit der Errichtung auf der Abstandsfläche nur in den Bauklassen I und II, die vollständige Verbauung aber auch in den höheren Bauklassen und im Garten-siedlungsgebiet als Voraussetzung für die Errichtung im Vorgarten herangezogen werden könne, lässt sich dem Gesetz keinesfalls entnehmen.

Da somit die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs 4 2. Satz WGG nicht greift, bleibt es bei der Anordnung des § 82 Abs 3 2. Satz BO; die Errichtung dieses Flug-daches war daher jedenfalls unzulässig; als fehlend ge-rügte Feststellungen über die Beschaffenheit des Gelän-des mussten nicht getroffen werden. (Abweisung)

Bebauungsplan; (un-)wesentliche Abweichungen; Gebäudehöhe; Firsthöhe; Bebauung; Versiegelung; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

DOI 10.1007/s00738-008-0415-1

§ 69 Abs 1 lit f, m und s wr BauO

Eine wesentliche Abweichung liegt dann vor, wenn der Abweichung (hier: betreffend Gebäude­