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Chemie f¨ ur Physiker L A T E X-Skript von Philipp Gadow nach Vorlesung von Prof. Nest 17. Mai 2011

Chemie

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Chemie fur Physiker

LATEX-Skript von Philipp Gadow nach Vorlesung von Prof. Nest

17. Mai 2011

Page 2: Chemie

Inhaltsverzeichnis

1 Grundlagen 21.1 Atome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Stochiometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.3 Thermodynamik 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.4 Quantenmechanik 1 und Elektronenstruktur der Atome . . . . . . . . . . 61.5 Eigenschaften von Atomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.6 Bindungsarten zwischen Atomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Organisatorisches

Die Vorlesung wird von Prof. Mathias Nest vom Lehrstuhl 3 fur theoretische Chemiegehalten.Unterlagen zur Vorlesung finden sich im Internet unter

http://www.th3.ch.tum.de

in der Sektion Lectures. Einige Dokumente sind passwortgeschutzt. Die Zugangsdatensind:

Login: physikPasswort: SoSe 2011

Als Literatur empfiehlt sich: C.E. Mortimer, Chemie

Klausurtermin ist der 10. August 2011 um 8:30-10:00

Am Dienstag, den 5.7. wird anstatt der Vorlesung ein Vortrag uber Elektromobile undMolekulardynamik gehalten werden.In der Woche vom 11.7. - 15.7. sind keine Vorlesungen.

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Kapitel 1

Grundlagen

1.1 Atome

Die Chemie modelliert die erfahrbare Welt mit Atomen (griech. atomos: unteilbar), diewiederum aus Neutronen und Protonen bestehen. Dabei werden Stoffe mit gleicher Pro-tonenzahl als gleiches chemisches Element betrachtet, die uber gleiche Eigenschaftenverfugen.Am Beispiel von Fluor werden die Großen zur quantitativen Beschreibung vorgestellt:

9Fluor

18, 984

Die Zahl z = 9 ist die Ordnungszahl, welche die Anzahl der Protonen des Atomsangibt und uber die Position des Elements im Periodensystem der Elemente (PSE) ent-scheidet.

Die Zahl m = 18, 9984 ist die Masse des Atoms, ublicherweise angegeben in u oderDalton.Ein Dalton ist definiert als 1

12 der Masse eines Kohlenstoffatoms des Isotops C12. Diesentspricht einer Masse von mu = 1, 66 · 10−24 g.Nach alter Definition entspricht 1u = mProton ≈ mNeutron.Die Massenzahl setzt sich zusammen aus Protonenzahl und Neutronenzahl, also derAnzahl der Protonen und Neutronen im Atomkern

m = nProton + nNeutron

Diese Zahl unterschiedet sich von im Beispiel von Fluor m = 9+10 = 19u vom tatsachli-chen Gewicht 18,9984 u. Dies beruht auf dem von der speziellen Relativitatstheorie her-vorgesagten Massendefekt.Teile der der Masse aquivalenten Ruheenergie gehen in die Bindungsenergie mit ein,weshalb sich die Masse verringert.

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Isotope bezeichnen Stoffe mit gleicher Protonen-, aber verschiedener Neutronenzahl.Wahrend Flour in der Natur nur in einem Isotop vorkommt, gibt es beim Chlor gleichmehrere Isotope. Daher ist das im PSE angegebene Atomgewicht ein nach Haufigkeitdes Auftretens der Isotope in der Natur gewichteter Mittelwert.

Beispiel: Die Masse von Chlor m = 35, 453 setzt sich zusammen aus

35 Cl: 0, 7577 · 34, 969 = 26, 496

37 Cl: 0, 2423 · 36, 966 = 8, 957

Cl: 26, 496 + 8, 957 = 35, 453

Dabei wird die Elektronenmasse vernachlassigt. Im Vergleich zur Protonenmasse ist diesesehr gering:

me =1

1836mp

Geladene Teilchen heißen Ionen, positiv geladene, wie z.B. Na+ Kation, negativ ge-ladene, wie F− Anion

1.2 Stochiometrie

Mit Hilfe der Stochiometrie (griech.: Elemente messen) konnen aus qualitativer Kennt-nis der Edukte Summenformeln gewonnen werden.

Es gibt dabei verschiedene Arten von Formeln:Beispiel: Ethanol

C2H6OH Molekulformel

StrukturformelBei der empirischen Formel gibt die Formel das einfachste Zahlenverhaltnis an, z.B. beiSiO2.

Das mol ist die Einheit der Stoffmenge. In einem mol befinden sich

1 mol = 6, 022 · 1023 Atome/Molekule

Diese Zahl heißt Avogadro-Konstante, in alteren deutschen Lehrbuchern auch Lohschmidt-Zahl.Mit der Masse in Dalton ergibt sich mit 1

1,66·10−24

x Dalton⇒ x g = 1 mol

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So ist die Masse von Wasser M(H2O) = 2MH + MO = 18, 015 Dalton, was 1 mol ent-spricht.Sollten Prozentangaben gemacht werden, beziehen sich diese in der Chemie immer aufdie Massen, falls nicht anders angegeben.

Beispiel: Wie ist die Formel einer Verbindung, die 43, 6% Phosphor und 56, 4%Sauerstoff enthalt?100 g enthalten

43, 6 g P⇒ 43, 6g

31 gmol

= 1, 41 mol

56, 4 g O⇒ 56, 4g

16 gmol

= 3, 53 mol

Dabei wurden die molaren Massen 31 und 16 dem PSE entnommen.Es ergibt sich das Verhaltnis 3,53

1,41 = 2, 5.Es treten in der Natur nur ganzzahlige Verhaltnisse auf. Es ergibt sich zunachst dieSummenformel P2O5. Die Verbindung besitzt die molare Masse M(P2O5) 142 g

mol .Im Experiment stellt sich nun aber heraus, dass die molare Masse des ReaktionsproduktsM = 284 g

mol ist. Die korrekte Summenformel ist also P4O10.

In Reaktionsgleichungen werden die Stoffe vor der Reaktion als Edukte oder Reak-tanden (’zu Reagierende’) bezeichnet, die Stoffe danach als Produkte.

2H2 +O2 → 2H2O

Der insbesondere fur die Thermodynamik wichtige Zustand der Stoffe wird gekennzeich-net durch:

• (g): gasformig

• (l): flussig

• (s): fest

• (aq): in Wasser gelost (kein Aggregatzustand)

Beispiel: CS2 (l) +3Cl2 (g) → CCl4 (l) +S2Cl2 (l)

Nicht immer reagieren alle Stoffe vollstandig, ist nicht genugend Material fur einevollstandige Reaktion vorhanden, so spricht man in diesem Zusammenhang von einembegrenzenden Reaktanden.

Beispiel: 3Fe+ 4H2O → Fe3O4 + 4H2

Angenommen, es sind 4 mol Fe und 5 mol H2O vorhanden. Damit ist bei 43 -fachem Fe

und bei 43 -fachem H2O Wasser der begrenzende Reaktand (43 >

54).

Es entstehen 4 · 54 mol= 5mol H2=10 g H2.

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Die Molaritat oder Stoffmengenkonzentration ist ein Maß fur die mol pro Liter ineiner Losung (nicht Losungsmittel!), schwach temperaturabhangig und definiert als

mol

l

Die Molalitat oder ist ein Maß fur die mol pro kg in einem Losungsmittel und definiertals

mol

kg

1.3 Thermodynamik 1

Bei einer Reaktion entstehen nicht nur Reaktionsprodukte, es wird auch Energie freige-setzt oder gebunden. Am Beispiel dieser Reaktion wird die Art der Energieumsetzungillustriert werden:

H2SO4(l) + CaCO3(s)→ CaSO4(g) +H2O(l) + CO2(g) (+ Energie)

Dabei bezeichnet U die innere Energie, H die Warme und p · ∆V die Volumenarbeit,also das Potential eines Volumens bei bestimmten Druck Arbeit zu verrichten.Die freigesetzte Energie bei einer Reaktion berechnet sich aus ’Produkte – Edukte’

∆U = U2 − U1

∆H = ∆U + p ·∆V

Diese frei werdende Warme ∆H heißt auch Reaktionsenthalpie (gr.: thalpein = erwarmen).

Beispiel: p ·∆V = 101 · 103 Nm2 · 24, 5 · 10−3 m3

mol = 2, 5 kJmol

∆U = −96, 1kJ

molaus Tabelle

∆H = −96, 1 + 2, 5 = −93, 6kJ

mol

Bei dieser Reaktion wird Warme frei und Volumenarbeit geleistet. In der Bilanz wirdWarme freigesetzt.

Statt ∆H findet man oft ◦H, was nichts anderes bedeutet als ∆H unter Normalbe-dingungen (T = 25 ◦ C und p = 1013 hPa).

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Beispiel: H2(g) + 12O2(g)→ H2O(l) = −286 kJ

mol

H2(g) +1

2O2(g)→ H2O(g) = −242

kJ

mol

Die Differenz zwischen dem gasformigem und flussigem Wasser ist genau die Kondensa-tionswarme.

Ist ∆H◦ negativ, so wird Warme frei. Dieser Reaktionstyp heißt exotherm.Ist ∆H◦ positiv, so wird Energie aufgenommen. Dieser Reaktionstyp heißt endotherm.Exotherme Reaktionen laufen meist unabhangig. Manchen Reaktionen muss zunachstEnergie zugefuhrt werden.

Gesetz der konstanten Warmesummen(Satz von Hess)Die Reaktionsenthalpie ist unabhangig von der Zahl der Schritte, in denen die Reaktionablauft.

Beispiel: Reaktion von Graphit

C + 12O2 → CO ∆H◦ = −110, 5 kJ

mol

CO + 12O2 → CO2 ∆H◦ = −283, 0 kJ

mol

C (Graphit) +O2 → CO2 ∆H◦ = −393, 55 kJmol

Aus Linearkombinationen bekannter Enthalpien kann die gesuchte Enthalpie gefolgertwerden.

1.4 Quantenmechanik 1 und Elektronenstruktur der Ato-me

Wie in der klassischen Mechanik werden auch in der Quantenmechanik Systeme durchHamilton- und Lagrange-Formalismus, sowie durch die relativistische Mechanik beschrie-ben. Diese konnen auch gequantelt formuliert werden.Die einfachste Formulierung liefert hierbei die Hamilton-Formulierung.

Hamiltonfunktion in der Klassische Mechanik:

H(p, x) =p2

2m+ U(x)

Die Hamiltonfunktion eines Systems ist aus der kinetischen Energie und einem Potentialzusammengesetzt.

In der Quantenmechanik werden nun die Variablen durch Operatoren ersetzt.

p→ p

x→ x

xf(x) = xf(x)

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Diese Substitution nenn sich ”erste Quantisierung’ ’ und fuhrt auf die Hamiltonfunktionin der Quantenmechanik:

H = − ~2m· d

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dx2+ U (1.1)

Wahrend in der klassischen Mechanik Systeme im Phasenraum durch den Impuls p undden Aufenthaltsort r beschrieben werden, wird in der Quantenmechanik der Zustanddurch die vom Konfigurationsraum nach C abbildende Wellenfunktion ψ beschrieben.

ψ : Rn → C (1.2)

Das Integral ∫ b

a|ψ|2dx (1.3)

beschreibt die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen im Intervall [a, b] anzutreffen. Dabei istψ so normiert, dass ∫

R|ψ|2dx = 1

In der klassischen Beschreibung eines Atoms wurde das Elektron in den Kern sturzen.Die Quantenmechanik lost diesen Widerspruch, indem sie diskrete Energieniveaus po-stuliert.In der Chemie sind nur die stationaren, also zeitunabhangigen und somit stabilen Zustandedes Systems von Bedeutung. Deren Berechnung fuhrt auf das Eigenwertproblem

Hψ = Eψ (1.4)

welches die zeitunabhangige Schrodingergleichung genannt wird.

Beispiel: Teilchen in einem unendlich tiefen Potentialtopf der Lange l

Die Hamiltonfunktion des Systems innerhalb [− l2 ,

l2 ] ist(

~2

2m

d2

dx2+ 0

)ψ = Eψ (1.5)

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Diese fuhrt auf die Differentialgleichung

ψ′′ = −2mE

~2ψ (1.6)

Bei der gegebenen Randbedingung ψ = 0 außerhalb von [− l2 ,

l2 ] liegt der Losungsansatz

mit Sinus- und Cosinusfunktion nahe.

ψn = cos(nnπ

lx)

n = 1, 3, 5, ... (1.7)

ψn = sin(nnπ

lx)

n = 2, 4, 6, ... (1.8)

Nach Bilden der zweiten Ableitung liefert Koeffizientenvergleich die gesuchten Energie-niveaus.

ψ′′ = −n2π2

l2sin(nπlx)

Folglich ist

−n2π2

l2=

2mE

~2und somit gilt fur die stationaren Energiezustande:

En =n2π2~2

2ml2n = 1, 2, 3, ... (1.9)

Der Index n wird Quantenzahl genannt.

Anwendung auf das Wasserstoffatom:Die Hamiltonfunktion des Wasserstoffatoms ist in Naherung mit einem Coulomb-Potential

H = − ~2

2m

(∂2

∂x2+

∂2

∂y2+

∂2

∂z2

)− 1

4πε0

e20√x2 + y2 + z2

(1.10)

Die hier nicht weiter dargestellte Rechnung vereinfacht sich bei Betrachtung in Po-larkoordinaten mit

x, y, z → r, θ, φ

Das Ergebnis der Rechnung ist

Hψn,l,m = Enψn,l,m (1.11)

Dabei werden die auftretenden Indizes Quantenzahlen genannt:

• n: Hauptquantenzahl

• l: Drehimpuls

• m: Magnetquantenzahl

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Im Wasserstoffatom hangt die Energie der stationaren Zustande nur von n ab.

En = − me402~2n2

n = 1, 2, 3, ...

In Mehrelektronenatomen hangt die Energie der stationaren Zustande zusatzlich nochvon l ab.Bringt man das System in ein Magnetfeld, gibt es eine zusatzliche Abhangigkeit von m.Bei der Rechnung wurden relativistische Effekte, Folgen aus der Quantenelektrodynamikvernachlassigt und es wurde angenommen, dass das Proton punktformig und unendlichschwer ist.Ohne diese Naherung ergibt sich, dass stationare Zustande hoherer Ordnung (n = 4,n = 5, ...) nicht stabil sind.

Bei Sprungen zwischen stationaren Zustanden wird Energie in Form von elektroma-gnetischer Strahlung freigesetzt.

n2 > n1 En2 − En1 = ~ · ω

Es wird ein Photon mit der Wellenlange

λ =2πc

ω(1.12)

emittiert.

Abbildung 1.1: Spektrum des Wasserstoffs

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Zustande der mit den Quantenzahlen n, l,m, indizierten Wellenfunktion ψ haben furgleiche n den gleichen Abstand vom Atomkern. Aus dieser Beobachtung folgt die Scha-lenstruktur eines Atoms. Um in Erfahrung zu bringen, wie viele Elektronen auf einerSchale Platz haben, sind die Quantenzahlen zu betrachten.

Diese konnen die Werte

l = 0, ..., (n− 1)

m = −l,−(l − 1), ..., 0, ..., (l − 1), l

annehmen.Eine weitere Quantenzahl ist der den Eigendrehimpuls des Elektrons beschreibende Spin,der entweder als s = 1/2 oder −1/2 oder mit dem Symbol ↑ oder ↓ bezeichnet wird.Das Pauli-Prinzip besagt in seiner einfachsten Form, dass in einem Atom keine zweiElektronen in allen vier Quantenzahlen ubereinstimmen durfen. Somit ergeben sich fol-gende Zustande:

n = 1 l = 0 m = 0 ↑↓ ⇒ 2 Zustande

n = 2 l = 0 m = 0 ↑↓n = 2 l = 1 m = −1, 0, 1 ↑↓ ⇒ 2 + 6 = 8 Zustande

n = 3 l = 0 m = 0 ↑↓n = 3 l = 1 m = −1, 0, 1 ↑↓n = 3 l = 2 m = −2,−1, 0, 1, 2 ↑↓ ⇒ 2 + 6 + 10 = 18 Zustande

Alle Zustande gleicher Hauptquantenzahl n werden als Schale zusammengefasst.Zustande gleicher Nebenquantenzahl l werden als Unterschalen zusammengefasst. DerenBezeichnung als s, p, d,f -Unterschalen fur l = 1, 2, 3, 4 hat historische Grunde, so wur-den die Unterschalen nach dem charakteristischen Aussehen eines Spektrums bei einemUbergang zwischen Energieniveaus bezeichnet als sharp, principal, diffuse und funda-mental. Die folgenden Unterschalen werden in alphabetischer Reihenfolge benannt, alsog, h, i, ...

Die stabilen Energiezustande werden als Orbitale bezeichnet, ihre Nomenklatur ist

nXy z.B. 2s1, 3d2

wobei n die Hauptquantenzahl, X den Typ (s, p, d, f, ...) und y die Anzahl der Elektronenin diesem Orbital bezeichnet. Das Raumorbital ist abhangig von n, l,m, das Spinorbitalvon n, l,m, s.

Um die Elektronenstruktur des Wasserstoffatoms naher zu untersuchen, wird das1s-Orbital berechnet. Dabei ist n = 1, l = 0 und m = 0 und somit

ψ1s = ψ100 ∼ e−r/a0

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a0 = 5, 29 · 10−11 m bezeichnet hier den Bohrradius, also den Radius des Wasserstoffa-toms im niedrigsten Energiezustand.Betrachten wir die radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeit, so ist in Kugelkoordinaten we-gen der Kugelsymmetrie des Systems die Aufenthaltswahrscheinlichkeit |ψ1s · 4πr2dr|.

ψ100

Aufenthaltswahrscheinlichkeit: |ψ100|

Dabei fallt auf, dass der Bohrradius a0 mit dem Maximum der Aufenthaltswahrschein-lichkeit zusammenfallt.

s-,p-Orbitale

d-Orbitale

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Nur das Wasserstoffatom lasst sich analytisch berechnen. Die auftretenden Gleichun-gen bei Mehrelektronenatomen lassen sich nur numerisch nahern.

Abbildung 1.2: Energieniveaus

In Abbildung 1.2 sind die Orbitale nach ihren Energieniveaus aufgetragen.Beim Wasserstoff sind 2s und 2p- Orbital entartet, also energetisch gleich.Dabei werden die Orbitale vom energetisch niedrigsten zum energetisch hochsten auf-gefullt, dies nennt man Aufbauprinzip. Sind zwei Konfigurationen moglich, stehen alsomehrere Orbitale mit gleichem Energieniveau zur Verfugung, so entscheidet die Hund-sche Regel, wonach die maximale Anzahl an Elektronen den gleichen Spin haben soll. Eswerden zunachst Orbitale mit je einem parallelen Spin besetzt, erst wenn alle Orbita-le gleichen Energieniveaus einfach besetzt sind, werden sie von einem zweiten Elektronvervollstandigt.Zum ersten Mal tritt beim Kohlenstoffatom C die Hundsche Regel auf. Da Spins mitein-ander wechselwirken, ist die Besetzung unterschiedlicher Schalen energetisch gunstiger,daher die einfache Besetzung.

Experimentell kann dies mit den magnetischen Eigenschaften von Atomen nachge-wiesen werden. Materialien mit ungepaarten Elektronen haben andere magnetische Ei-genschaften als solche mit gepaarten Elektronen.

Erstere heißen paramagnetisch (hinein) = ungepaarte e− = offene Schale (↑ oder ↓),letztere diamagnetisch (heraus) = gepaarte e− = nur geschlossene Schale (↑↓).

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Abbildung 1.3: Aufbauprinzip

Die außere Schale wird Valenzschale genannt, die dort beinhalteten Elektronen Va-lenzelektronen.

Das PSE ist dabei so aufgebaut, dass in der 1. - 3. Periode

• in der 1. Hauptgruppe ein s-Elektron ist

• in der 2. Hauptgruppe ein ns2-Elektron ist

• in der 3.-7. Hauptgruppe die np-Unterschale aufgefullt wird

• in der 8. Hauptgruppe der Schalenabschluss liegt

In der 4. Periode kommen mit Ka, Ca die 4s1-Elektronen hinzu, dann werdenzunachst die d-Unterschalen aufgefullt, wonach die Nebengruppen geordnet sind:

4f -Schale: Lanthanide5f -Schale: Actinoide

Dabei gibt es einige Ausnahmen:

Vanadium (z = 23) 1s22s22p63s23p63d34s2 = [Ne]3s23p63d34s2

Chrom (z = 24) [Ne]3s23p6 3d54s1

Der Grund fur die Abweichung ist die Bevorzugung halbvoller und voller Schalen, dadiese energetisch am gunstigsten sind. In diesem Fall wurde eine halbvolle und damitstabile Schale (d: 5/10) bevorzugt.

Es werden im Folgenden weitere Anomalien vorgestellt:

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Zi (z = 40) [Kr] 4d25s2

Nb (z = 41) [Kr] 4d45s1

Mo (z = 42) [Kr] 4d5 4d55s1

Eu (z = 63) ... 4d104f75s25p66s2

Gd (z = 64) ... 4d104f75s25p6 5d16s2

Bei den 4f -Elementen muss zunachst die 4f -Schale befullt werden. Eine halbgefullteSchale ist hier aber gunstiger.

Ni (z = 28) [Ar] 3d84s2

Cu (z = 29) [Ar] 3d104s1

Eine voll besetze Unterschale wird hier bevorzugt.Hier fallt der Unterschied besonders auf: Wegen der gepaarten, bzw. ungepaarten Elek-tronenspins ist Nickel ferromagnetisch, Kupfer nicht.

1.5 Eigenschaften von Atomen

Es ist zweckmaßig, atomare Einheiten einzufuhren. Diese zeichnen sich dadurch aus,dass Elektronenmasse me, h quer ~, der Bohrradius a0, der Faktor 4πε0 sowie die Ele-mentarladung e = 1 gesetzt werden.Die neue Einheit fur Energie ist 1 Hartree= 1 Eh = 27, 2 eV= 4, 3 · 10−18 J.Die atomare Zeiteinheit ist 24,2 as (Attosekunden).

Einelektronensysteme, wie H,He+, Li++, Be+++, ... konnen wie das Wasserstoffatomanalytisch gelost werden.

H = T − z

rEn = − z2

2n2

Wie ublich bezeichnet z die Kernladungszahl. Dabei ist die Grundzustandsenergie beiWasserstoff, einfach ionisiertem Helium und zweifach ionisiertem Lithium gegeben durch:

H: E1 = −1

2En = 1 Ry, [Rydberg] He+ : E1 = −2En

Li++ : E1 = −4, 5En

Bei der Form der Wellenfunktion ψ ∼ e−2r/a0 ist fur He+ und H jeweils die Grundzu-standsenergie in Abbildung 1.5 dargestellt. Die Energieniveaus der Orbitale beim Neon-Atom sind in Abbildung ?? dargestellt.

Ein Chlormolekul kann als 2 Cl−Atome, die mit einer Feder verbunden sind idea-lisiert werden. Das bedeutet, es gibt einen Gleichgewichtszustand um x0, um den dieAtome schwingen konnen. Bei zu großem Abstand bricht di Verbindung, bei zu klei-nem stoßen sich die Atome ab. Den Radius, bei dem das Potential minimal ist, nennt

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Abbildung 1.4: Grundzustandsenergien von Wasserstoff ionisiertem Helium

man Kovalenzradius. Dieser kann experimentell gut bestimmt werden und ist fur Chlorx02 = 99 pm.

Kovalenzradius von Chlor

Potentialkurve (Energiegehalt zweieraneinander gebundener Atome gegen

ihren Abstand)

Eine weitere Moglichkeit ist, mehrere Chlorverbindungen zu betrachten, also Cl−R,wobei R einen Rest bezeichnet. Selbst dabei unterschreiten die Chloratome den Abstandrw = 350 pm nicht. Man kann den Radius rw

2 als Abstand definieren. Er heißt Van-der-Waals-Radius.Der Unterschied zwischen Kovalenzradius und Van-der-Waals-Radius ist der, dass beimKovalenzradius der Abstand innerhalb einer Bindung und beim Van-der-Waals-Radiusder Abstand zwischen Verbindungen betrachtet wird.

Die Ionisierungsenergie ist definiert als die Energie, die notig ist um ein Elektronvon einem Atom ab zu trennen.Beispiel: Die Energie, die notig ist Natrium zu ionisieren ist ∆H = 496 kJ/mol = 5, 14eV/Atom

Na→ Na+ + e−

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Abbildung 1.5: Kovalenzradien

Diese Energie nennt man die erste Ionisierungsenergie. Die Energie, die notig ist, umein bereits einfach ionisiertes Atom erneut zu ionisieren heißt 2. Ionisierungsenergie.Beispiel: Die notige Energie Na+ zu ionisieren ist ∆H = 4563 kJ/mol = 47, 3 eV/Atom

Na+ → Na++ + e−

Der Unterschied erklart sich dadurch, dass zunachst das nur schwach ans Atom ge-bundene 3s1-Elektron abgegeben, danach ein Elektron aus einer vollen, also stabilenValenzschale abgegeben wird.

Abbildung 1.6: Ionisierungsenergien

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Edelgase haben hohe Ionisierungsenergien, umgekehrt lassen sich Alkalimetalle leicht io-nisieren.Dabei gibt es einige Abweichungen im Schema, die uber stabilere Zustande verugen, soz.B. Beryllium:

Be: 1s22s2 mit 2 abgeschlossenen Unterschalen

N: 1s22s22p3 mit einer halbgefullten Unterschale

Das Gegenteil der Ionisierungsenergie ist die Elektronenaffinitat, also die Energiebilanz,wenn ein neutrales Element ein Elektron aufnimmt.Beispiel: Fluor F + e− → F− ∆H = −328 kJ/molDie Energiebilanz ist negativ, das Flour will quasi ein Elektron aufnehmen, da es durchdie Aufnahme in die energetisch gunstige Edelgaskonfiguration gerat.

Neon Ne+ e− → Ne− ∆H = 29 kJ/molBei Aufnahme eines Elektrons wurde Neon die energetisch gunstige Edelgaskonfigurati-on verlassen.

Abbildung 1.7: Elektronenaffinitat

Systematisch ist zu erkennen, dass Halogenide sehr stark negativ sind, da diese bestrebtsind den energetisch gustigen Edelgasaufbau in der Valenzschale mit einem Elektron zuvervollstandigen. Alkalimetalle haben ebenfalls ein hohe Elektronenaffinitat, da diese sodie ns1-Schale auffullen konnen.

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Erdalkalimetalle hingegen haben bereits eine abgeschlossene ns2-Schale, weshalb die Auf-nahme eines weiteren Elektrons ungunstig ware.Bei Kohlenstoff (C) ist das Hinzufugen eines Elektrons gunstig, da so eine Schale zurHalfte aufgefullt und somit ein stabiler Zustand erreicht wird.

1.6 Bindungsarten zwischen Atomen

Die einfachste Bindung zwischen Atomen ist die Ionenbindung. Eine Edelgaskonfigura-tion, also eine volle Valenzschale ist stabil und somit energetisch gunstig. Das Strebenvon Elementen nach einer solchen Konfiguration ist aus der Schule unter dem NamenOktettregel bekannt.Beispiel: Na ·+ · Cl| → Na+ + |Cl|− = NaClDabei ist auf die Schreibweise als Ion und nicht als Molekul zu achten.

Die Atome ordnen sich im Kristallgitter an.

Abbildung 1.8: Gitterstruktur von NaCl

Man spricht daher auch nicht von einer Bindungs-, sondern von einer Gitterenergie, wasdie Energie ist, die bei der Reaktion frei wird.Da keine Na+ und Cl−-Ionen bei der Reaktion als Ausgangsstoffe vorliegen, sondern alsneutraler Natriumblock und Cl2-Molekule vorhanden sind, kann die Gitterenergie nichtdirekt experimentell bestimmt werden.Nach der Regel von Hess kann jedoch aus Teilschritten, bei denen die Energie expe-rimentell bestimmt werden kann, die Gitterenergie bestimmt werden. Dieses Vorgehennennt man Born-Haber-Kreisprozess. Im Folgenden wird anhand des Beispiels NaCl dasVorgehen illustriert.

Na(s) + 12Cl(g)→ NaCl(s) ∆H = −411 kJ/mol

Schritt 1: Natrium wird verdampft, um einzelne Atome zu erhalten. Dazu wird dieSublimationsenergie ∆H benotigt.Na(s)→ Na(g) ∆H = 108 kJ/molSchritt 2: Chlor wird in Atome aufgespalten. Das kostet die Dissoziationsenergie ∆H.12Cl2(g)→ Cl(g) ∆H = 122 kJ/mol

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Schritt 3: Natrium wird ionisiert. Das kostet die Ionisierungsenergie ∆H.Na(g)→ Na+(g) + e− ∆H = 496 kJ/molSchritt 4: Chlor nimmt ein Elektron auf. Dabei geht die Elektronegativitat mit ∆H ein.Cl(g) + e− → Cl−(g) ∆H = −349 kJ/molSchritt 5: Bei der Reaktion wird die Gitterenergie ∆HGitter frei.Na+(g) + Cl−(g)→ NaCl ∆HGitter

Nach dem Satz von Hess ist

−411 kJ/mol = (108 + 122 + 496− 349) kJ/mol + ∆HGitter

Auflosen liefert die gesuchte Lieferenergie ∆HGitter = −788 kJ/mol.Zum Vergleich: Die Gitterenergie von Casiumchlorid (CsCl) ist ∆HGitter = −669 kJ/mol.Dabei ist es nicht verwunderlich, dass diese geringer ist, da der Atomradius des Casiu-matoms großer ist als der des Natriumatoms. Da der Abstand großer ist, ist die Cou-lombkraft zwischen Kern und Elektron geringer.Es lasst sich sagen: Je großer der Atomradius ist, desto kleiner ist die Gitterenergie.

Die Gitterenergie von MgCl2 ist ∆HGitter = −2525 kJ/mol.Ein zweifach geladenes Atom wie Mg++ hat eine hohere Anziehungskraft, je großer dieLadung, desto großer die Gitterenergie.Deutlich wird dieser Zusammenhang bei Mg++O−−, dessen Gitterenergie ∆HGitter =−3890 kJ/mol ist.

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