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Chemische Zusammensetzung, Umwandlungsverhalten und mechanische Biegeeigenschaften einiger ausgewählter kieferorthopädischer Bögen aus NiTi- Formgedächtnis Legierungen M. Es-Souni, H. Fischer-Brandies ,N. Kock , O. Bock, K. Raetzke 1. Einleitung Formgedächtnis-Legierungen (FGL) können nach relativ starker Verformung ihre ursprüngliche (programmierte) Gestalt wieder einnehmen (sie erinnern sich an ihre ursprüngliche Form). Je nach Legierungszustand erfolgt diese Umkehr entweder unmittelbar nach Entlastung (pseudoelastisches/superelastisches Verhalten) oder nach Erwärmung oberhalb einer legierungsspezifischen Temperatur (Formgedächtnis-Effekt). Es gibt eine Reihe von FGL; die wichtigsten davon sind die Cu-Zn-X (X: Si, Sn, Al)- und die intermetallische NiTi-Legierung (mit einem Nickelgehalt von ca. 55 gew.%), wobei letztere, aufgrund günstigerer Eigenschaften eine größere technologische Bedeutung erlangen konnte. Der Formgedächtnis-Effekt beruht auf einer thermoelastischen Martensitumwandlung [1], einer reversiblen und diffusionslosen, d.h. nur durch Scherung der Gitterebenen bedingten, Phasenumwandlung. Die Abkühlung der Hochtemperatur-Phase, genannt Austenit, unterhalb der Legierungsspezifischen Martensitstarttemperatur, Ms, führt zu der obigen Strukturumwandlung, ohne Gestaltänderung und ohne irreversible plastische Verformung, im Gegensatz zur martensitischen Umwandlung bei Stählen. FGL lassen sich im martensitischen Zustand leicht verformen; die reversible Verformung kann bis zu 8% bei NiTi betragen. Diese Verformung ist bleibend solange sich die Legierung im martensitischen Zustand befindet. Die Erwärmung oberhalb der legierungsspezifischen Austenitstarttemperatur, As, führt dann zur Rückstellung der ursprünglichen Gestalt. Bei FGL lässt sich der Austenit ebenfalls durch das Anlegen einer kritischen Spannung in Martensit umwandeln (spannungsinduzierter Martensit). Die Wegnahme der Spannung führt dann zur Rückumwandlung des Martensits in Austenit. Die dabei erreichten reversiblen Dehnungen können bis zu 8% betragen. Umwandlung und Rückumwandlung Martensit Austenit finden bei unterschiedlichen Temperaturen (Formgedächtnis), bzw. Spannungen (Superelastizität), statt, so dass jeweils eine Hystereseschleife durchlaufen wird. Die quasi-stoichiometrischen NiTi-Legierungen kombinieren ein ausgeprägtes Formgedächtnis bei Körpertemperatur mit hoher Korrosionsbeständigkeit und guter Bioverträglichkeit [2, 3]. Nickel ist im intermetallischen Gitter gebunden; seine Freisetzung in den Körper liegt weit unterhalb der täglichen Aufnahme von 200 bis 300 μg/Tag durch Nahrung [ 2]. Die NiTi-Legierungen mit Formgedächtnis werden seit den achtziger Jahren in der Medizintechnik und Kieferorthopädie eingesetzt [4-7]. In der Zahnregulierung bieten sie, im Vergleich zu den noch vielfach eingesetzten Stahldrähten, den erheblichen Vorteil, daß während der Behandlung die auf den Zahn wirkende Spannung nahezu konstant bleibt, was ein wiederholtes Nachstellen durch den Kieferorthopäden, wie im Falle des Stahldrahtes, überflüssig macht. Dies beruht auf dem pseudoelastischen Verhalten von NiTi-Legierungen, das durch ein Entlastungsplateau gekennzeichnet ist. Im Vergleich zum Einsatz von

Chemische Zusammensetzung, …...Chemische Zusammensetzung, Umwandlungsverhalten und mechanische Biegeeigenschaften einiger ausgewählter kieferorthopädischer Bögen aus NiTi-Formgedächtnis

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Chemische Zusammensetzung, Umwandlungsverhalten und mechanische Biegeeigenschaften einiger ausgewählter kieferorthopädischer Bögen aus NiTi-Formgedächtnis Legierungen M. Es-Souni, H. Fischer-Brandies ,N. Kock , O. Bock, K. Raetzke 1. Einleitung Formgedächtnis-Legierungen (FGL) können nach relativ starker Verformung ihre ursprüngliche (programmierte) Gestalt wieder einnehmen (sie erinnern sich an ihre ursprüngliche Form). Je nach Legierungszustand erfolgt diese Umkehr entweder unmittelbar nach Entlastung (pseudoelastisches/superelastisches Verhalten) oder nach Erwärmung oberhalb einer legierungsspezifischen Temperatur (Formgedächtnis-Effekt). Es gibt eine Reihe von FGL; die wichtigsten davon sind die Cu-Zn-X (X: Si, Sn, Al)- und die intermetallische NiTi-Legierung (mit einem Nickelgehalt von ca. 55 gew.%), wobei letztere, aufgrund günstigerer Eigenschaften eine größere technologische Bedeutung erlangen konnte. Der Formgedächtnis-Effekt beruht auf einer thermoelastischen Martensitumwandlung [1], einer reversiblen und diffusionslosen, d.h. nur durch Scherung der Gitterebenen bedingten, Phasenumwandlung. Die Abkühlung der Hochtemperatur-Phase, genannt Austenit, unterhalb der Legierungsspezifischen Martensitstarttemperatur, Ms, führt zu der obigen Strukturumwandlung, ohne Gestaltänderung und ohne irreversible plastische Verformung, im Gegensatz zur martensitischen Umwandlung bei Stählen. FGL lassen sich im martensitischen Zustand leicht verformen; die reversible Verformung kann bis zu 8% bei NiTi betragen. Diese Verformung ist bleibend solange sich die Legierung im martensitischen Zustand befindet. Die Erwärmung oberhalb der legierungsspezifischen Austenitstarttemperatur, As, führt dann zur Rückstellung der ursprünglichen Gestalt. Bei FGL lässt sich der Austenit ebenfalls durch das Anlegen einer kritischen Spannung in Martensit umwandeln (spannungsinduzierter Martensit). Die Wegnahme der Spannung führt dann zur Rückumwandlung des Martensits in Austenit. Die dabei erreichten reversiblen Dehnungen können bis zu 8% betragen. Umwandlung und Rückumwandlung Martensit ↔ Austenit finden bei unterschiedlichen Temperaturen (Formgedächtnis), bzw. Spannungen (Superelastizität), statt, so dass jeweils eine Hystereseschleife durchlaufen wird. Die quasi-stoichiometrischen NiTi-Legierungen kombinieren ein ausgeprägtes Formgedächtnis bei Körpertemperatur mit hoher Korrosionsbeständigkeit und guter Bioverträglichkeit [2, 3]. Nickel ist im intermetallischen Gitter gebunden; seine Freisetzung in den Körper liegt weit unterhalb der täglichen Aufnahme von 200 bis 300 µg/Tag durch Nahrung [ 2]. Die NiTi-Legierungen mit Formgedächtnis werden seit den achtziger Jahren in der Medizintechnik und Kieferorthopädie eingesetzt [4-7]. In der Zahnregulierung bieten sie, im Vergleich zu den noch vielfach eingesetzten Stahldrähten, den erheblichen Vorteil, daß während der Behandlung die auf den Zahn wirkende Spannung nahezu konstant bleibt, was ein wiederholtes Nachstellen durch den Kieferorthopäden, wie im Falle des Stahldrahtes, überflüssig macht. Dies beruht auf dem pseudoelastischen Verhalten von NiTi-Legierungen, das durch ein Entlastungsplateau gekennzeichnet ist. Im Vergleich zum Einsatz von

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Stahldrähten erweist sich die Behandlung mit NiTi-Drähten als wesentlich vorteilhaft : Zum einen bietet sie dem Patienten eine bequemer und kostengünstigere Behandlung, da auf häufiges Nachstellen verzichtet werden kann und führt zum anderen zu besseren Regulierungsergebnissen [ 6, 7 ]. In der jetzigen Zahnregulierungstechnik mit NiTi-Drähten werden hauptsächlich vorgeformte Bögen verwendet. Die fülle der angebotenen Bögen mit den von den verschiedenen Anbietern angepriesenen Eigenschaften erschweren meistens für den Kieferorthopäden die Wahl des geeigneten, bzw. eines geeigneteren, Bogens, so dass im allgemeinen mit einer sehr begrenzten, dem Kieferorthopäden vertrauten Zahl an Bögen gearbeitet wird. Indes sind gerade die NiTi-Legierungen nahezu beliebig in ihrer Eigenschaften einstellbar, dass eine optimale Nutzung ihrer Potentiale nur durch eine umfassende Kenntnis ihrer thermomechanischen und fertigungstechnischen Eigenschaften möglich ist. Ziel dieser Arbeit ist es, eine erste Charakterisierung und Evaluierung einiger auf dem Markt erhältlicher und meist verwendeter NiTi-Bögen vorzunehmen. Der Arbeitsumfang umfaßt die chemische Zusammensetzung, Oberflächenbeschaffenheit, Umwandlungsverhalten und mechanische Biegeeigenschaften. 2. Material und Methoden 2.1 Untersuchte Bögen Tabelle 1 gibt die Bögen wider, die jeweils stichprobenartig in dieser Studie untersucht wurden. Die Tabelle enthält ebenfalls Angaben über Hersteller und Dimensionen (ermittelt mit Mikrometerschraube ) Tabelle 1: Untersuchte Bögen, Dimensionen und Hersteller Name des Bogens Dimension (mm)/

Kurzzeichen DIN13971

Hersteller

Neosentalloy F80 0,40 x 0,56/ 16x22 GAC TH NiTi 0,40 x 0,56/ 16x22 G+H Wire Company Reflex heat activated 0,40 x 0,56/ 16x22 TP Orthodontics NTC Basic 0,40 x 0,56/ 16x22 RMO Thermalloy NiTi 0,40x 0,57/ 16x22 RMO Align TSLM heat activated 0,41 x 0,56/ 16x22 Ormco/A-Company Align TS 0,41 x 0,55/ 16x22 Ormco/A-Company Thermo Active Copper 35 °C 0,41 x 0,56/ 16x22 Ormco/A-Company Superelastischer NiTi 0,40 x 0,55/ 16x22 American Orthodontics Rematitan „Lite“ 0,40 x 0,55/ 16x22 Dentaurum G+H SE NiTi 0,40 x 0,56/ 16x22 G+H Wire Company

3

2.2 Untersuchungsumfang Der Untersuchungsumfang umfaßte: a) Bestimmung der Übergangstemperaturen Mittels „Differential Scanning Calorimetry, DSC“ im Temperaturbereich von –80 bis +80 °C (Perkin-Elmer Pyris I). Bei diesem Meßverfahren werden Referenz und Probe mit einer gewählten Abkühl-, bzw. Aufheizrate gekühlt, bzw. erwärmt; dabei wird die zugeführte Wärme so geregelt, daß ∆T (Temperaturdifferenz) in Probe und Referenzpfännschen immer = 0 ist. Treten Reaktionen auf, die Wärme verbrauchen oder frei werden so ändert sich die Heizleistung zum Probenpfännschen gegenüber der zum Referenzpfännschen; gemessen wird die Differenz der Heizleistung und das Meßsignal wird als Funktion der Temperatur aufgezeichnet. Die Proben wurden von Molarzahn- und Frontzahn-Bereichen des Bogens herausgetrennt, in Ultraschall gereinigt und anschließend auf ± 0,05 mg abgewogen; eine Einwaage von ca. 10 mg wurde für alle Proben eingehalten. Die Probe wurde anschließend in ein Aluminium-Pfännschen gegeben und mit einer Verschlußpresse verschlossen. Vor der eigentlichen Messung wurde die Basis-Linie, d.h. die Messung mit einem leeren Al-Pfännschen, aufgenommen, um den Untergrund zu bestimmen. Darüber hinaus wurden die Proben jeweils schnell auf 200 °C erwärmt, um die eventuellen Einflüsse des Trennvorganges auszugleichen; 3 Durchgänge wurden für jede Probe aufgezeichnet. Die Auswertung der Kurven wurde nach DIN 51007 anhand der mitgelieferten Software vorgenommen. b) Chemische Analyse und Oberflächenbeschaffenheit: Die chemische Analyse der Bögen wurde ebenfalls stichprobenartig in einem analytischen Rasterelektronenmikroskop (Philips XL 30 + EDAX SUTW Saphire Detektor ) mit Hilfe der EDX-Mikroanalyse (Energy Dispresive x-ray Spectroscopy) durchgeführt. Vor der Analyse wurden die Proben mit Ultraschall in Aceton gereinigt. Zwei Abbildungsmodi wurden für die Untersuchung der Oberflächenbeschaffenheit einbezogen: Abbildung mit rückgestreuten Elektronen (RE-Bilder), auch Atomordnungskontrast genannt, zum Sichtbarmachen von Einschlüssen, Rissen, chemischer Inhomegeneität, etc.; Abbildung mit Sekundärelektronen (SE-Bilder) für die topographische Darstellung. c) Biegeeigenschaften: Die mechanischen Eigenschaften wurden im 3-Punkt-Biegeversuch bei Raumtemperatur (RT), 37 und 60 °C untersucht. Belastungs- und Entlastungskurven wurden mit einer Universalprüfmaschine (Synergie (MTS)). Die Kraft wurde mit einer DMS- Kraftmeßdose von 10 N( MTS), mit gewährleisteter Genauigkeit von 0,5% vom Messwert gemessen; die Durchbiegung wurde induktiv mit ebenfalls einer Genauigkeit von 0,5% vom Messwert erfasst . Die Erwärmung der Proben wurde mittels eines Ölbades (Waffenöl mit konstanter Viskosität im Bereich von 0 bis 200 °C), das von Außen mittels Heizbändern (Isopad) erwärmt wurde, gewährleistet ; Die Temperatur wurde auf ± 0,5 K geregelt. Die Stützlänge wurde auf 12 mm, die Prüfgeschwindigkeit auf 0,01 mm/s festgelegt. Je Probe wurden 5 aufeinander nachfolgende Belastungs- und Entlastungsversuche vorgenommen, um den Einfluß der Mehrfachbelastung auf die Festigkeitseigenschaften zu untersuchen. Die Ergebnisse wurden im Hinblick auf die Plateau-Spannung und ihre Abhängigkeit von der Temperatur ausgewertet; Die Werte des Elastizitätsmoduls sind ebenfalls ermittelt worden.

4

3. Ergebnisse 3.1 Chemische Analyse Mit der Ausnahme von „NTC“ und „Thermo Active Copper 35 °C“ handelt sich bei allen anderen Bögen um mit Bezug auf Titan unterstoichiometrische binäre NiTi-Legierungen. Der Nickelgehalt liegt im Bereich von 50,7 bis 59,6 gew%. Tabelle 2 gibt die Ergebnisse der chemischen Zusammensetzung wider. Die meisten binären Legierungen haben sehr ähnliche Zusammensetzungen; der Ni-Gehalt liegt in einem engen Bereich von 57.6 bis 58,4%. Laut Ti-Ni-Zustandsschaubild sollten alle diese Legierungen ein zweiphasiges Gefüge bestehend aus einer NiTi-Matrix und Ausscheidungen aus der Ti3Ni4-Phase [1].

Tabelle 2: EDX-Analyse der untersuchten Bögen; die statistische Verteilung σ ist ebenfalls angegeben.

Massengehalt (gew%) Bogenbezeichnung

Ni /σ ± Ti /σ ± Andere/ σ ± Neosentalloy F80 57,60 ± 0,17 42,4 ± 0,17 -

TH NiTi 57,75 ± 0,20 42,25 ± 0,20 - Reflex heat activated 59,60 ± 0,24 40,40 ± 0,20 -

NTC Basic 55,0 ± 0,34 43,1 ± 0,20 Fe: 1,90 ± 0,10

Thermalloy NiTi 57,70 ± 0,10 42,3 ± 0,10 - Align TSLM heat activated 58,10 ± 0,12 41,90± 0,12 -

Align TS 57,60 ± 0,04 42,40 ± 0,04 - Thermo Active Copper 35 °C

50,70 ± 0,27 42,40 ± 0,27 Cu: 6,90 ± 0,30

Superelastischer NiTi 58,40 ± 0,05 41.60 ± 0,05 - Rematitan „Lite“ 58,20 ± 0,27 41.80 ± 0,27 -

G+H SE NiTi 57,80 ± 0,13 42,20 ± 0,13 3.2 Umwandlungsverhalten /Übergangstemperaturen Die untersuchten Bögen zeigen im allgemeinen ein komplexes Umwandlungsverhalten; sie können in 4 Gruppen eingeteilt werden: Gruppe 1 mit „normalem“ Verlauf der Umwandlung, d.h. austenitisch-martensitische Umwandlung mit jeweils 1 Peak während Erwärm- und Abkühlphase und breiter Hysterese, z.B. „Thermo active Copper 35 °C“; Gruppe 2 mit der premartensitischen Umwandlung in die R-Phase während der Abkühlung (die DSC Kurve zeigt dann 2 Peaks beim Abkühlen); Gruppe 3 zeigt beim Erwärmen 2 Peaks, die auf einen Übergang Martensit→R-Phase →Austenit deuten; beim Abkühlen ist im angegebenen Temperaturbereich nur der R-Übergang vorhanden; Gruppe 4 zeigt beim Abkühlen im untersuchten Temperaturbereich lediglich einen R-Phasenübergang mit schmaler Hysterese. Abb. 1 bis 4 stellen exemplarisch für die jeweilige Gruppe DSC-Kurven dar, Tabelle 3 gibt die Umwandlungstemperaturen wider. Je nach Legierungszusammensetzung geben diese Verhaltensweisen Aufschluß über die thermomechanische „Vorgeschichte“ des Materials, wie unten diskutiert wird.

5

Tabelle 3: Übergangstemperaturen der untersuchten Bögen: Mf: Martensitendtemperatur;

Ms: Martensitstarttemperatur; Rf: R-Phasenendtemperatur; Rs: R-Phasenstarttemperatur; As: Austenitstarttemperatur; Af: Austenitendtemperatur.

Bogenbezeichnung Mf

°C Ms °C

Rf °C

Rs °C

As °C

Af °C

Bemerkungen

Neosentalloy F80 -59,0 -23,4 15,3 21,0 21,8 32,7 1 Peak beim Erwärmen, 2 beim Abkühlen; R-Übergang

TH NiTi -50,0 -37,6 6,65 21,4 16,0 26,0 ″ Reflex heat activated -44,0 -28,5 9,8 17,5 19,4 28,8 ″

NTC Basic - - 6,7 15,1 14,4 21,8 1 Peak beim Erwärmen, 1 beim Abkühlen

Thermalloy NiTi -54,4 -40,0 9,7 19,5 15,7 26,3 Wie TH NiTi Align TSLM heat activated -49,0 -19,5 3,8 13,6 12,0 24,7 ″

Align TS -54,0 -41,0 2,0 8,5 10,3 19,0 ″ Thermo Active Copper 35 °C

-4,0 14,2 - - 17,8 34,0 1 Peak beim Erwärmen, 1 beim abkühlen; R nicht nachweisbar

Superelastischer NiTi - - 0,3 27,0 10,4 29,9 1 Peak beim Erwärmen, 1 beim Abkühlen; R-Übergang; Ms<-90°C

Rematitan „Lite“ - - ? (A)*; 0,0 (E)*

25,8 (A); 15,0 (E)

15,4 27,0 1 Peak beim Abkühlen, 2 beim Erwärmen; R-Übergang in beiden Fällen; R-Hysterese

G+H SE NiTi <-80 <-80 -0,7 (A); 8,7 (E)

14,9 (A); -10,4 (E)

8.2 18,5 Wie Rematitan „Lite“

* A : Abkühlen; E: Erwärmen NTC Basic, G+H SE NiTi und Align TS sind austenitisch bei Raumtemperatur, d.h. superelastisch; ihre Wirkung wird daher auf dem superelastischen Effekt beruhen. „Neosentalloy“ und „Thermo Active Copper 35 °C“ sind martensitisch bei Raumtemperatur und entwickeln daher den Einweg-Memory Effekt beim Erwärmen oberhalb As. Die übrigen Bögen weisen Af Temperaturen im Bereich von 24,7 bis 29,9 °C und haben daher bei

6

-8 0 -6 0 -4 0 -2 0 0 2 0 4 0 6 0 8 0

1 8

1 9

2 0

2 1

2 2

2 3

A -C o m p a n y / O rm c o , T h e rm o A c t iv e C o p p e r N iT i 3 5 ° CB o g e n -E n d e / 1 6 x 2 2

A b k ü h le n E rw ä rm e n B a s is lin ieW

ärm

eflu

ß (

mW

)

P ro b e n te m p e ra tu r ( ° C )

Raumtemperatur ein austenitisch-martensitisches Gefüge; ihr Verhalten ist daher durch den superelastischen und Memory Effekte unterschiedlich geprägt, wobei letzterer mit steigender Af -Temperatur prädominiert.

Abb.1 : DSC Kurven des „Thermo active Copper NiTi“ Bogens; zeigen das einfache martensitisch-austenitische Übergang (Gruppe 1)

Abb. 2: DSC Kurven des NTC Bogen (RMO); zeigt lediglich den R-Übergang (Gruppe 4)

-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80

17

18

19

20

21

RMO / NTCBogen-Ende /16x22

: Abkühlen : Erwärmen : Basislinie

Wär

mef

luß

(mW

)

Probenemperatur (°C)

7

Abb. 3 : DSC Kurven des TH NiTi ; zeigt den R-Übergang und anschließend bei

niedriger Temperatur den Martensitübergang (Gruppe 2)

-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 8018,0

18,5

19,0

19,5

20,0

20,5

21,0

21,5

G+H SE NiTi Abkühlen Erwärmen

Wär

mef

luß

[mW

]

Probentemperatur [°C]

Abb. 4: DSC-Kurven des G+H SE NiTi Bogen; zeigt R-Übergang beim Abkühlen und Erwärmen (Gruppe 3)

-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 8017

18

19

20

21

22

23

G+H W ire Company / TH NiTiBogen-Ende / 16x22 inches

A C E

Wär

mef

luß

(mW

)

Probentemperatur (°C)

8

3.3 Oberflächenbeschaffenheit Die REM-Betrachtung der Oberflächen zeigt den Unterschied in der Qualität der Endfertigung der verschiedenen Bögen; sie zeigt ebenfalls, inwieweit die Oberflächen mit Bearbeitungsstoffen verunreinigt sind. Diese Untersuchungen sind von besonderer Bedeutung, da die Qualität der Oberfläche sowohl für das Ausmaß der Reibung von Bogen und Bracket als auch für die Korrosionsbeständigkeit maßgebend ist. Die folgenden Betrachtungen sind qualitativ, und können lediglich dem Zweck des Vergleiches zwischen den untersuchten Bögen dienen. In Tabelle 4 sind die Beobachtungen zusammengefaßt, die Bilder 5-6 zeigen exemplarisch die Beschaffenheit der verschiedenen Oberflächen.

Bilder 5a : REM, SE-Aufnahme der Obrfläche des “NTC Basic” Bogens.

Bild 4b: REM, BSE-Aufnahme des NTC-Bogens zeigt dunkle Al-Oxyd Einschlüsse in den Vertiefungen

9

Bild 5: REM, BSE-Aufnahme des “Thermo activ Copper 35°C” Bogens zeigt die feine rekristallisierte Oberfläche

Bild 6: REM, BSE-Aufnahme des “Rematitan Lite Bogens” zeigt Schleifriefen und Bereiche höherer Ni-Konzentration (längliche, helle Bereiche)

10

Bild 7a: REM, BSE-Aufnahme der Oberfläche des Neosentalloy-

Bogens zeigt die feine martensitische Struktur (gefiederte Struktur), Austenit (glatte Bereiche) und längliche Einschlüsse.

Bild 7b: Wie 7a bei höherer Vergrößerung zeigt die feine Struktur des Martensits

11

Tabelle 4: Zusammenfassung der REM-Untersuchungen der Bogenoberflächen Bogenbezeichnung Beobachtung Fremdstoffe/ Einschlüsse Neosentalloy F80 glatte Oberfläche; martensitisches Gefüge

sichtbar an der Oberfläche Si-Oxyd, Al-Oxyd, zahlreiche titanreiche Ausscheidungen, Titan-Karbide ca. 3µm lang mit paralleler Ausrichtung zur Zugrichtung

TH NiTi Oberfläche mit Zahlreichen Längs- und Querrillen

Zahlreiche Siliziumoxyd-Einschlüsse ca. 3 µm lang; Al-Oxyd-Einschlüsse 1,5 µm lang

Reflex heat activated

Relativ rauhe unebene Oberfläche Zahlreiche Längsrillen; feine Risse

Nickelreiche Ausscheidungen, vermutlich Ti3Ni4 ; Al- und Si-Oxydeinschlüsse bis 5 µm groß.

NTC Basic

Rauhe, unebene Oberfläche

Zahlreiche Si- und Al-Oxyd-Einschlüsse; Bereich von ca. 270 µm x 90 µm Fe-Cr Stahl, wahrscheinlich Rückstände der Bearbeitungswerkzeuge

Thermalloy NiTi Rauhe, unebene Oberfläche Zahlreiche Si- und Al-Oxyd-Einschlüsse; Titankarbid

Align TSLM heat activated

Wie Thermalloy NiTi Wie Thermalloy NiTi

Align TS Wie Reflex Heat Activated Wie Reflex Heat Activated Thermo Active Copper 35 °C

Glatte Oberfläche, rekristallisierte, feine Körner

Kaum Einschlüsse

Superelastischer NiTi

Überwiegend relativ glatte Oberfläche, zahlreiche Risse längs und quer zur Zugrichtung bis 100 µm lang

Vereinzelt titanreiche Einschlüsse (Ti bis 62 at%) Vereinzelt Ni-reiche Bereiche (Ni bis 56 at%)

Rematitan „Lite“ Glatte Oberfläche, leichte Schleifrillen Kaum Einschlüsse; einige Nickelreiche Einschlüsse, vermutlich Ti3Ni4; einige Titanoxyd -Partikel

G+H SE NiTi Wie TH NiTi Wie TH NiTi; inhomogener Zusammensetzung mit nickelreichen Bereichen (140 x 50 µm; Ni bis 97%)

3.4. Mechanische Eigenschaften Abb. 8 bis 18 stellen exemplarisch die Verläufe der Spannungs-Dehnungs-, bzw. Biegemoment-Biegewinkel-Diagramme bei den 3 vorgegebenen Temperaturen von 22, 37 und 60 °C dar. Die Spannung läßt sich im 3-Punkt-Biegeversuch [8] für einen quadratischen Draht der Tiefe h und Breite b folgendermaßen berechnen (alle Maße in mm):

223bhFL

b =σ (1),

wobei σb die Biegespannung in MPa, F die Kraft in N und L die Stützlänge = 12 mm sind. Die Randfaserdehnung ergibt sich zu [8 ]:

2

6Lfh

r =ε (2),

wobei f die Durchbiegung in mm ist.

12

Das Biegemoment, Mb, und der Biegewinkel, αb, sind für den 3-Punktbiegeversuch gegeben durch:

Mb = FL/4 in N.mm; αb = 180 –Arctg (L/2f) in (°) (3) Nahezu alle Kurven zeigen eine Spannungsüberhöhung am Ende des elastisch-proportionalen Bereiches, die im allgemeinen auf vorangegangene thermomechanische Behandlung hinweist. Diese Spannungsüberhöhung kennzeichnet den Beginn der Verformung des Martensits bei martensitischen, bzw. die Entstehung des spannungsinduzierten Martensits bei austenitischen Gefügen hin [9]. Bei wiederholter Belastung und/oder höherer Temperatur verschwindet diese Spannungsüberhöhung. Bei steigender Versuchstemperatur zeigen die martensitischen Drähte das charakteristische superelastische Verhalten mit der ferroelastischen Hysterese. Weiterhin ist zu beobachten, daß die Versuchstemperatur einen ausgeprägten einfluß auf die Festigkeit bewirkt: Die Festigkeit wird zu höheren Werten verschoben. Bei 60 °C zeigt sich bei steigender Anzahl der Entlastungen eine schneibar steigende “bleibende” Verformung. Da aber die Belastung stets im Plateau-Bereich gehalten wurde, ist diese scheinbar bleibende Verformung anelastischer Natur und beruht wahrscheinlich auf innerer Spannungen. Um diesen Sachverhalt zu deuten, hätte die Dehnung in Abhängigkeit von der Zeit im entlasteten Zustand aufgenommem werden müssen (Kriechversuch), welche aufgrund fehlenden Versuchsaufbaus leider nicht möglich war. Nach der Spannungsüberhöhung tritt ein Spannungsabfall auf, welcher als Beginn des Plateaus angenommen wurde. Im Spannungs-Dehnungsdiagramm ist die Plateauspannung durch den Schnittpunkt der Parallelen zur Hoock’schen Gerade bei 1% Dehnung mit der σ/ε-Kurve gegeben. Das Plateau-Moment wurde durch den Schnittpunkt der Parallelen zur Hookschen gerade bei 10° Biegewinkel, was einer Dehnung von 1% entspricht, ermittelt. Tabelle 5 stellt im vergleich die Kennwerte, einschließlich die Werte des Elastizitätsmodules, der verschiedenen Drähte in Abhängigkeit von der Tempertur dar; die Plateau-Momente sind in Tabelle 6 angegeben.

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 a

Neosentalloy, 22°C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]0 1 2 3 4

0

200

400

600

800

1000

1200 b Neosentalloy, 37 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]

13

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 c Neosentalloy, 60 °CBi

eges

pann

ung

[MPa

]

Randfaserdehnung [%]

Abb. 8a-c: Spannungs-Dehnungsdiagramme des Neosentalloy-Bogens bei 22, 37 und 60 °C

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200

Rematitan "Lite", 22 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]0 1 2 3 4

0

200

400

600

800

1000

1200 Rematitan "Lite", 37 °CBi

eges

pann

ung

[MPa

]

Randfaserdehnung [%]

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 Rematitan "Lite", 60 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]

Abb. 10 a-c: Spannungs-Dehnungsdiagramme des Rematitan „Lite“-Bogens

bei 22, 37 und 60 °C

14

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 NTC, 22 °CBi

eges

pann

ung

[MPa

]

Randfaserdehnung [%]

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 NTC, 37 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 NTC, 60 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]

Abb. 11 a-c: Spannungs-Dehnungsdiagramme des NTC-Bogens bei 22, 37 und 60 °C

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 Thermo Active Copper NiTi 35 °C, 22°C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 Thermo Active Copper NiTi 35 °C,37 °C

Span

nung

in [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]

15

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 Thermo active Copper NiTi 35 °C,60 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]

Abb. 12: Spannungs-Dehnungsdiagramme des Thermo Active Copper NiTi 35 °C-

Bogens bei 22, 37 und 60 °C

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 G+H/SE NiTi, 22 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung [%]0 1 2 3 4

0

200

400

600

800

1000

1200 G+H/SE NiTi, 37 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

randfasedehnung [%]

0 1 2 3 40

200

400

600

800

1000

1200 G+H/SE NiTi, 60 °C

Bieg

espa

nnun

g [M

Pa]

Randfaserdehnung in [%]

Abb. 13: „G+H SE NiTi Bogen“ , wie oben

16

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

Neosentalloy22 °C

Bieg

emom

ent [

N.m

m]

Biegewinkel in [ °]0 10 20 30 40 50

0

4

8

12

16

Neosentalloy37 °C

Bieg

emom

ent [

N.m

m]

Biegewinkel [ °]

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

Neosentalloy60 °C

Bieg

emom

ent [

N.m

m]

Biegewinkel [ °]

Abb. 14: Biegemoment gegen den Biegewinkel bei 22, 37 und 60 °C ; Bogen: Neosentalloy.

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

Rematitan "Lite"22 °C

Bieg

emom

ent [

Nm

m]

Biegewinkel [ °]

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

Rematitan "Lite"37 °C

Bieg

emom

ent [

Nm

m]

Biegewinkel [ °]

17

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

Rematitan "Lite"60 °C

Bieg

emom

ent [

Nm

m]

Biegewinkel [ °]

Abb. 15: Wie oben; Bogen: Rematitan „Lite“

0 10 20 30 40 500

2

4

6

8

10

12

14

16

RMO/NTC T [°C] : 22

Bieg

emom

ent

[N.m

m]

Biegewinkel [°]0 10 20 30 40 50

0

2

4

6

8

10

12

14

16

RMO/NTC T [°C] : 37

Bieg

emom

ent

[N.m

m]

Biegewinkel [°]

0 10 20 30 40 500

2

4

6

8

10

12

14

16

RMO/NTC T [°C] : 60

Bieg

emom

ent

[N.m

m]

Biegewinkel [°]

Abb. 16: Wie oben; Bogen: RMO NTC

18

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

Thermo Active Copper 35 °C22°C

Bieg

emom

ent [

N.m

m]

Biegewinkel [°]

0 10 20 30 40 500

2

4

6

8

10

12

14

16

Thermo Active Copper 35 °CT [°C] : 37

Bieg

emom

ent

[N.m

m]

Biegewinkel [°]

0 10 20 30 40 500

2

4

6

8

10

12

14

16

Thermo Active Copper 35 °CT [°C] : 60

Bieg

emom

ent

[N.m

m]

Biegewinkel [°]

Abb. 17: Wie oben; Bogen : Thermo Active Copper 35 °C

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

G+H SE Niti22 °C

Bieg

emom

ent [

Nm

m]

Biegewinkel [ °]

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

G+H SE NiTi37 °C

Bieg

emom

ent [

Nm

m]

Biegewinkel [ °]

19

0 10 20 30 40 500

4

8

12

16

G+H Se NiTi60 °CBi

egem

omen

t [N

mm

]

Biegewinkel [ °]

Abb. 18: Wie oben; bogen G+H SE NiTi Tabelle 5: Maximale und minimale Plateau-Spannungen und E-Moduli der untersuchten Bögen bei

verschiedenen Temperaturen

σ1,0 max MPa

σ1,0 min MPa

E-Modul GPa

Temperatur (°C) Temperatur (°C) Temperatur (°C)

Bogen 22 37 60 22 37 60 22 37 60

Neosentalloy F80 297 485-462

826-739

- 117 456-383

20 43 45,2

TH NiTi 378 617-557

845-712

- 213 491-358

25,3 45,7 45,3

Reflex heat activated 364 592-539

913 - 223 388 28,3 46,3 48,2

NTC Basic 825-738

938-573

1059 490 - - 34,4 43,9 45,0

Thermalloy NiTi 340 515-464

835-792

- 130 491-417

19,4 46,3 43,2

Align TSLM heat activated

378 553-484

841-583

- 200 395 35,4 41,0 42,8

Align TS 602-574

787-710

1093-957

316 496 762 37,5 43,4 46,0

Thermo Active Copper 35 °C

258 471-443

782-700

- 237 570 33,4 41,6 42,9

Superelastischer NiTi 733-683

884-824

1141-1054

427 607 874 30,5 42,9 46,8

Rematitan „Lite“ 626 835-775

1029-956

417 553 777 25,5 40,3 42,2

G+H SE NiTi 588-524

786-714

982-874

230 456-432

709-661

32,1 43,3 41,9

20

Tabelle 6 : Maximale, Mpmax, und minimale, Mpmin, Plateaumomente der untersuchten Bögen bei

verschiedenen Temperaturen; die Steigung der maximalen Plateaus ist ebenfalls angegeben.

Mpmax (N.mm) Mpmin (N.mm) Steigung Plateau (N.mm/°)

Temperatur (°C) Temperatur (°C) Temperatur (°C)

Bogen 22 37 60 22 37 60 22 37 60

Neosentalloy F80 4,6 7,15 12,2 - 1,7 6,6 0,018 0,029 0,006 TH NiTi 5,5 8,7 12,04 - 3,06 6,84 0,018 0,018 0,011 Reflex heat activated 5,35 8,85 13,5 - 3,37 5,33 0,018 0,025 0 NTC Basic 11,6 14,04 15,9 5,9 - 3,6 -0,006 -0,009 0,032 Thermalloy NiTi 5,28 7,71 12,62 - 2,15 7,41 0,023 0,026 0,021 Align TSLM heat activated

5,6 8,65 13,27 - 3,14 5,8 0,021 0,023 0,0055

Align TS Thermo Active Copper 35 °C

4,0 6,8 12,0 - 3,46 8,8 0,029 0,037 0,043

Superelastischer NiTi 10,7 13,0 16,8 6,5 9,0 13,2 0,021 0,02 0,03 Rematitan „Lite“ 9,4 12,2 15,1 5,12 8,4 11,6 0,015 0,009 -0,02 G+H SE NiTi 7,8 11,2 13,9 3,4 6,5 9,85 0,02 0,013 0 Tabelle 5 und 6 zeigen, dass die im Ausgangszustand martensitischen und teilmartensitischen Bögen die niedrigsten Festigkeitskennwerte bei 22 °C besitzen; höhere Temperaturen führen zur vollständigen Umwandlung des Martensit in Austenit und daher zu der für den Austenit charakteristische hohe Festigkeit. Bei der Behandlungstemperatur von 37 °C liegen die Plateau-Biegemomente bei diesen Drähten im Bereich von 6,8 bis 8,85 N.mm. Trägt man die Plateau-Spannung über die Temperatur auf, so zeigt sich eine lineare Abhängigkeit wie sie in Abb. 19 exemplarisch dargestellt ist.

Abb. 19: Abhängigkeit der Plateauspannung von der Versuchstemperatur für vier verschieden Bögen

20 25 30 35 40 45 50 55 60 65200

400

600

800

1000

1200

: Neosentalloy: SE NiTi/AO: Thermo Active Copper: G+H SE NiTiPl

atea

u Sp

annu

ng, σ

b1,0, (

MPa

)

Versuchstemperatur (°C)

21

4. Diskussion Die Untersuchungsergebnisse zeigen hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung sehr ähnliche Ni- und Ti-Konzentrationen bei den meisten binären Legierungen. Für diese Legierungen erfolgt die Einstellung des martensitischen (thermischer Memory Effekt, z.B. Neosentalloy, Reflex heat activated, etc.), bzw. austenitischen Zustandes (Rematitan „Lite“, NTC , G+H SE NiTi, etc.) durch angepasste thermomechanische Behandlung (Walzen, Wärmebehandeln). Die DSC- Ergebnisse zeigen, dass neben den martensitischen und austenitischen Übergänge vormartensitische R-Übergänge auftreten. Diese zeichnen sich durch eine schmale Hysterese im Bereich von 5°C aus und sind auf vorangegangener plastischer Verformung und Wärmebehandlung unterhalb der Rekristallisationstemperatur der Bögen zurückzuführen. Bei allen superelastischen Bögen sind die Martensit- und Austenitübergangstemperaturen zu niedrigen Werten verschoben. Grund hiefür ist die plastische Verformung, die eine Rückumwandlung des Austenits, bzw. die weitere Umwandlung der R-Phase, in Martensit hemmt, und erfordert daher eine größere Unterkühlung. Die Kenntnis der Umwandlungstemperaturen ist von besonderer Bedeutung, da sie Aufschluss über Verarbeitung liefert. So ist zu erwarten dass ein bei RT martensitischer Bogen leicht verformbar sein wird, bei Temperaturen oberhalb der Af-Temperatur aber eine Rückstellung der reversiblen Verformung zu erwarten ist. Bei einem superelastischen Bogen können bleibende Verformungen nur durch plastische Verformung erzeugt werden, was zu einem Verlust der superelastischen Eigenschaften führen dürfte. Die Untersuchungen zur Oberflächenbeschaffenheit der verschiedenen Bögen zeigen, dass bei vielen Bögen Rückstände der Endverarbeitung z.T. in erheblichem Maße vorhanden sind. Die Qualität der Oberfläche ist aber gerade für die Kieferorthopädie von großer Bedeutung, da Korrosionserscheinungen im allgemeinen an solchen Einschlüssen einsetzen [ 10 ]; Ermüdungsrisse werden bekannterweise ebenfalls an solchen Einschlüssen, Schleifriefen und Ätzgrübchen initiiert. Weiterhin können höhere Reibungskräfte verursacht werden, die das gewünschte Behandlungsergebnis beeinträchtigen können. Von den 10 untersuchten Bögen konnte lediglich der „Thermo active 35 °“ Bogen eine glatte und von der Zusammensetzung her gleichmäßige Oberfläche aufweisen. Alle anderen Bögen haben mehr oder minder raue Oberflächen mit ungleichmäßiger Zusammensetzung und Rückständen aus der Endverarbeitung. Die mechanischen Biegeeigenschaften lassen folgende Schlüsse zu:

1. Die Temperatur hat einen erheblichen Einfluss auf die Festigkeitskennwerte. Im Temperaturbereich von 22-60 °C können relative Veränderungen der Plateau-Spannung bis zu 200% auftreten. Die Plateau-Spannung, bzw. Plateau-Moment, steigt mit steigender Temperatur aufgrund der thermischen Stabilisierung des Austenits. Eine lineare Abhängigkeit der Plateauspannung von der Temperatur wurde nachgewiesen und bestätigt ein Verhalten gemäß der Clapeyron’schen Gleichung [10]:

TH

dTd

εσ ∆−= (4),

σ ist die Spannung, ∆H die Umwandlungsenthalpie, ε die Umwandlungsdehnung und T die Absolute Temperatur. Wie Abb. 19 ebenfalls zeigt, fallen die Steigungen bei den martensitischen Bögen steiler als bei den austenitischen aus.

22

Da die Steigung des proportionalen Bereiches (E-Modul) gleichzeitig ansteigt, werden die Plateau-Spannungen, bzw. Plateau-Momente, bei größeren Dehnungen, bzw. Biegewinkeln, erreicht. Während der Behandlung variieren daher die Spannungen und Momente in einem breiten Bereich. Maßgebend für die Behandlung ist die Einsatztemperatur von 37 °C; inwieweit Temperaturänderungen, wie sie bei der Aufnahme von kalten, bzw. warmen, Speisen und Getränken auftreten, die Behandlung beeinflussen ist noch nicht erforscht. Zu erwarten sind allerdings höhere, bzw. niedrigere, Spannungen bei höheren, bzw. niedrigeren Temperaturen. Wird die Verformung behindert, d.h. kann der Bogensegment die der jeweiligen Spannung entsprechende Dehnung nicht einstellen, so ist es mit hohen Eigenspannungen zu rechnen, die dann zur Ermüdung und Rissbildung führen können.

2. Alle Bögen mit der Ausnahme des NTC –Bogens zeigen ausgeprägte Be- und Entlastungsplateaus. Die Plateau-Spannung bei 37 °C wird allerdings erst nach einer Mindestdehnung von 2%; Plateau-Momente werden erreicht bei einem Biegewinkel von mindestens 20 ° bei martensitischen und 30 ° bei austenitischen Bögen. Sind Verformungen erforderlich, die unter diesen Werten liegen, so kann kein Spannungsinduzierter Martensit entstehen und der Vorteil dieser Bögen nicht zum tragen kommen, da dann ein Entlastungsplateau entfallen wird; die Behandlung würde dann der mit konventionellen Drähten ähneln, mit dem Nachteil eines wesentlich kleineren E-Moduls.

3. Beim vergleich der Eigenschaften der Bögen bei 37 °C untereinander zeigt sich , dass alle martensitischen, bzw. teilmartensitischen, Bögen niedrigere Plateau-Spannungen und -Momente (im Bereich von 6,8 N.mm (Thermo Active Copper 35 °C) bis 8,7 N.mm (Align TSLM Heat activated) als die austenitischen (11,2 N.mm für GH-SE NiTi bis 14 N.mm für NTC) aufweisen.

4. Bei wiederholter Be- und Entlastung ist für viele Bögen, besonders bei erhöhter Temperatur eine Abnahme der oberen Plateau-Spannung zu beobachten; bemerkenswert ist aber der gleichbleibende Werte der für die Behandlung maßgebliche untere Plateau-Spannung.

Abschließend kann man die untersuchten Bögen hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften in 2 Gruppen einteilen: Die erste Gruppe der martensitischen und teilmartensitischen Bögen zeichnen sich durch relativ niedrige Plateaumomente und –Spannungen aus (6,8 N.mm bis 8,7 N.mm); die zweite Gruppe zeigt höhere Werte im Bereich von 11,2 bis 14 N.mm. Die Bögen bieten daher eine relativ enge Spanne der Eigenschaften in der jeweiligen Gruppe dar. Sind größere, bzw. niedrigere, Kräfte und Momente erforderlich so sind diese nur durch die Auswahl eines austenitischen, bzw. martensitischen, Bogens zu realisieren. 5. Schlussbemerkungen 11 verschiedene, marktgängige NiTi-Bögen wurden hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung, Umwandlungstemperaturen , Oberflächenbeschaffenheit und mechanischer Eigenschaften untersucht. Folgende Schlussbemerkungen können abgeleitet werden:

• Mit der Ausnahme von „Thermo Acctive Cooper 35 °C“ und „NTC“, die Cu, bzw. Fe enthalten, handelt es sich den unetrsuchten Bögen um binäre NiTi-Legierungen mit einem Überschuss an Ni. Das Gefüge dürfte daher zweiphasig sein: eine NiTi-matrix und Ti3Ni4 Ausscheidungen.

23

• Nachbearbeitungsrückstände, wie Siliziumoxyd, Aluminiumoxyd, wurden bei den meisten Bögen gefunden. Lediglich der „Thermo Acctive Cooper 35 °C“ war frei von solchen Rückständen.

• Calorimetrische Untersuchungen zeigen ein komplexes Umwandlungsverhalten der meisten Bögen. Die Umwandlungstemperaturen wurden bestimmt. Grundlegend sind bei Raumtemperatur zwei Zustände zu unterscheiden: Martensitisch und Austenitisch. Die austenitischen Zustände sind superelastisch und haben Af-Temperaturen 18,5 bis 27 °C , die martensitischen zeigen den thermischenEinweg-Memory- Effekt und haben Af-Temperaturen im Bereich von 26 bis 34 °C.

• Die mechanischen Biegeeigenschaften zeigen mit der Ausnahme des NTC bei allen anderen untersuchten Bögen ausgeprägte Be- und Entlastungsplateaus bei 37 °C. Die austenitischen Bögen haben höhere Festigkeitseigenschaften als die martensitischen: Das Beigemoment bei 37 °C liegt im Bereich von11,2 bis 14 N.mm bei den Ersteren und zwischen 6,8 bis 8,85 N.mm bei den Letzteren. Darüber hinaus hat die Versuchstemperatur einen erheblichen Einfluss auf die Eigenschaften. Eine lineare Abhängigkeit der Plateau-Spannung von der Temperatur im Bereich von 22 bis 60 °C wurde festgestellt.

Literatur 1. 1. T. Saburi „Ti-Ni shape memory alloys in “Shape Memory Materials” (K. Ostsuka and

C.M. Wayman Eds), Cambrodge University Press (1998) 49 2. F.X. Gil, J.M. Mareno and J.A. Planell, F. Mater. Science: Materials in Medecine, 7

(1996)403 3. L. Castellmann and S. Motzkin in „Biocompatibility of Clinical Implants Materials“

(D.B. Williams Ed), CRC (Boca Raton, FL, 1981) 129. 4. K. Stanabe, J. Dental Engineering, 23 Nr. 6 (1982)185. 5. C.J. Burstone, B. Qin and J.Y. Morton, Am. J. Ortod., 187(1985)445. 6. T.W. Duerig in Maetrials for Smart Systems (Easo P. George et al. Eds), Materials

Research Society, Vol 360 (Pittsburgh 1995)497. 7. S. Miyazaki „Medical and dental applications of shape memory alloys“ in Shape Memory

Materials (K. Ostsuka and C.M. Wayman Eds), Cambrodge University Press (1988) 267. 8. E. Macherrauch “Praktikum in Werkstoffkunde”, Vieweg Verlag (1992)198. 9. Elsbeth Wendler-Kalsch und Hubert Gräfen „Korrosionsschadenkunde“, Springer Verlag

(998)122. 10. K. Otsuka and C.M. Wayman, „Mechanism of Shape Memory Effect and Superelasticity“

in “Shape Memory Materials” (K. Ostsuka and C.M. Wayman Eds), Cambrodge University Press (1998) 27.