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M. Claus M. Beling G. Baumann Chirurgische Therapiemöglichkeiten bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz Intensivmed 41:6–11 (2004) DOI 10.1007/s00390-004-0386-7 IM 386 ÜBERSICHT Eingegangen: 6. November 2002 Akzeptiert: 7. April 2003 Dr. med. M. Claus ( ) ) · M. Beling G. Baumann Universitätsklinikum Charité – Campus Mitte Medizinische Klinik und Poliklinik mit Schwerpunkt Kardiologie, Angiologie und Pneumologie Schumannstr. 20/21 10117 Berlin, Germany Tel.: +49(0)30/450 51 30 21 Fax: +49(0)30/450 51 39 27 E-Mail: [email protected] Surgical alternatives for advanced heart failure n Summary A growing number of patients is being admitted to intensive care units with conges- tive heart failure. After recompen- sation and installation of an opti- mal oral drug regime the question occurs whether surgical treatment may be able to improve the poor prognosis of these patients. Orthotopic heart transplanta- tion is regarded as the treatment of choice for patients with end-stage heart disease where current medi- cal therapy is ineffective; however, it is applicable only to a small percentage of patients. In an effort to solve this problem, alternative surgical strategies are evolving. In case of viable myocardium and/or mitral regurgitation, cor- onary artery bypass grafting and/ or mitral valve surgery may be an alternative to heart transplantation in patients with significant left ventricular dysfunction. Partial left ventriculectomy, dynamic car- diomyoplasty and transmyocardial laser revascularization are organ- preserving operations which did not prove to be as effective as heart transplantation. So far, left ventri- cular assist devices have been used mainly for bridging to heart transplantation, but they may be equally useful for permanent cir- culatory support. n Key words Heart failure – cardiomyopathy – partial left ventriculectomy – LVAD – heart transplantation n Zusammenfassung Der akut kardial dekompensierte Patient macht einen Großteil des Klien- tels internistischer Intensivstatio- nen aus. Im Anschluss an den in- tensivmedizinischen Aufenthalt des Patienten stellt sich die Frage, inwiefern für den mit oralen Me- dikamenten optimal eingestellten Patienten chirurgische Therapie- verfahren zur Verfügung stehen, um die bekanntermaßen schlechte Prognose zu verbessern. Die Herztransplantation wird als Goldstandard der Therapie für Patienten mit terminaler Herzin- suffizienz unter nicht mehr effek- tiver medikamentöser Therapie angesehen. Allerdings steht dieses Therapieverfahren nur für eine Minderheit der Patienten zur Ver- fügung. Es wurden deshalb alter- native chirurgische Strategien entwickelt. Für Patienten mit hochgradig eingeschränkter linksventrikulärer Funktion, die viables Myokard und/oder eine bedeutende Mi- tralklappeninsuffizienz aufweisen, stellt die aortokoronare Bypass- operation und/oder Mitralklap- penchirurgie eine Alternative zur Herztransplantation dar. Die par- tielle Ventrikulektomie, die dyna- mische Kardiomyoplastie und die transmyokardiale Laserrevaskula- risation sind organerhaltende Operationen, die ihre Gleichwer- tigkeit zur Herztransplantation bislang nicht zu zeigen vermoch- ten. Die linksventrikulären As- sistsysteme haben sich als Verfah- ren zur Überbrückung bis zu ei- ner Herztransplantation bewährt. Zunehmend wird die Implanta- tion eines LVAD auch als langfris- tige Option erwogen. n Schlüsselwörter Herzinsuffizienz – Kardiomyopathie – partielle linksventrikuläre Resektion – LVAD – Herztransplantation

Chirurgische Therapiemöglichkeiten bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz

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Page 1: Chirurgische Therapiemöglichkeiten bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz

M. ClausM. BelingG. Baumann

Chirurgische Therapiemöglichkeitenbei fortgeschrittener Herzinsuffizienz

Intensivmed 41:6–11 (2004)DOI 10.1007/s00390-004-0386-7

IM386

ÜBERSICHT

Eingegangen: 6. November 2002Akzeptiert: 7. April 2003

Dr. med. M. Claus ()) · M. BelingG. BaumannUniversitätsklinikum Charité –Campus MitteMedizinische Klinik und Poliklinikmit Schwerpunkt Kardiologie,Angiologie und PneumologieSchumannstr. 20/2110117 Berlin, GermanyTel.: +49(0)30/450 51 30 21Fax: +49(0)30/450 51 39 27E-Mail: [email protected]

Surgical alternatives for advancedheart failure

n Summary A growing numberof patients is being admitted tointensive care units with conges-tive heart failure. After recompen-sation and installation of an opti-mal oral drug regime the questionoccurs whether surgical treatmentmay be able to improve the poorprognosis of these patients.

Orthotopic heart transplanta-tion is regarded as the treatment ofchoice for patients with end-stageheart disease where current medi-cal therapy is ineffective; however,it is applicable only to a smallpercentage of patients. In an effortto solve this problem, alternativesurgical strategies are evolving.

In case of viable myocardiumand/or mitral regurgitation, cor-onary artery bypass grafting and/or mitral valve surgery may be analternative to heart transplantationin patients with significant leftventricular dysfunction. Partialleft ventriculectomy, dynamic car-diomyoplasty and transmyocardiallaser revascularization are organ-preserving operations which didnot prove to be as effective as hearttransplantation. So far, left ventri-cular assist devices have been usedmainly for bridging to hearttransplantation, but they may beequally useful for permanent cir-culatory support.

n Key words Heart failure –cardiomyopathy – partial leftventriculectomy – LVAD –heart transplantation

n Zusammenfassung Der akutkardial dekompensierte Patientmacht einen Großteil des Klien-tels internistischer Intensivstatio-nen aus. Im Anschluss an den in-tensivmedizinischen Aufenthaltdes Patienten stellt sich die Frage,inwiefern für den mit oralen Me-dikamenten optimal eingestelltenPatienten chirurgische Therapie-verfahren zur Verfügung stehen,um die bekanntermaßen schlechtePrognose zu verbessern.

Die Herztransplantation wirdals Goldstandard der Therapie für

Patienten mit terminaler Herzin-suffizienz unter nicht mehr effek-tiver medikamentöser Therapieangesehen. Allerdings steht diesesTherapieverfahren nur für eineMinderheit der Patienten zur Ver-fügung. Es wurden deshalb alter-native chirurgische Strategienentwickelt.

Für Patienten mit hochgradigeingeschränkter linksventrikulärerFunktion, die viables Myokardund/oder eine bedeutende Mi-tralklappeninsuffizienz aufweisen,stellt die aortokoronare Bypass-operation und/oder Mitralklap-penchirurgie eine Alternative zurHerztransplantation dar. Die par-tielle Ventrikulektomie, die dyna-mische Kardiomyoplastie und dietransmyokardiale Laserrevaskula-risation sind organerhaltendeOperationen, die ihre Gleichwer-tigkeit zur Herztransplantationbislang nicht zu zeigen vermoch-ten. Die linksventrikulären As-sistsysteme haben sich als Verfah-ren zur Überbrückung bis zu ei-ner Herztransplantation bewährt.Zunehmend wird die Implanta-tion eines LVAD auch als langfris-tige Option erwogen.

n SchlüsselwörterHerzinsuffizienz –Kardiomyopathie –partielle linksventrikuläreResektion – LVAD –Herztransplantation

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Einleitung

Die Zahl der Patienten mit chronischer Herzinsuffi-zienz hat epidemische Dimensionen erreicht (1, 2).In den vergangenen Jahren wurden große Fortschrit-te bei der medikamentösen Behandlung dieser Pa-tienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funk-tion erzielt. Insbesondere der Einsatz von ACE-Inhi-bitoren und Betablockern hat zu deutlichen Steige-rungen der Überlebensrate geführt (3, 4). Dennochbeträgt die Fünf-Jahresüberlebensrate von Patienten,bei denen erstmals die Diagnose einer Herzinsuffi-zienz gestellt wurde, weniger als 30% (5).

Die Zahl der Patienten, die wegen einer akutenkardialen Dekompensation auf einer Intensivstationaufgenommen werden, steigt ständig an. Die Wieder-aufnahmerate von Patienten mit kongestivem Herz-versagen beträgt beinahe 50% innerhalb von sechsMonaten (6).

Wenn es unter intensivmedizinischen Bedingun-gen gelungen ist, eine Rekompensation des herz-insuffizienten Patienten zu erreichen, stellt sich dieFrage, welche Maßnahmen zur Verfügung stehen,um eine erneute Dekompensation zu verhindern.Falls die Patienten bereits entsprechend den Richt-linien zur medikamentösen Behandlung der chro-nischen Herzinsuffizienz therapiert werden, dennochaber weiterhin eine erhebliche Einschränkung derkörperlichen Belastbarkeit mit rezidivierenden kar-dialen Dekompensationen besteht, ist es das Zielherzchirurgischer Verfahren, die Lebensqualität und-erwartung der betroffenen Patienten zu verlängern.Als Goldstandard in der chirurgischen Behandlungder terminalen Herzinsuffizienz gilt die Herztrans-plantation. Aufgrund der begrenzten Verfügbarkeitvon Spenderorganen werden derzeit nur etwa 3000Herztransplantationen pro Jahr weltweit durchge-führt (7). Zudem können viele Patienten wegen be-stehender Kontraindikationen nicht auf die Wartelis-te für eine Herztransplantation aufgenommen wer-den. Daher besteht ein großer Bedarf an alternativenBehandlungsverfahren bei fortgeschrittener Herz-insuffizienz. Diesbezüglich hat es in der Herzchirur-gie in den vergangenen Jahren viele Fortschritte ge-geben. Es wurden zum einen die bestehenden Ope-rationstechniken weiterentwickelt und zum anderenvöllig neuartige Vorgehensweisen in die Praxis ein-geführt. Zudem ist es gelungen, im überdisziplinärenZusammenspiel der Kardiologen, Anästhesisten undHerzchirurgen das perioperative Patientenmanage-ment weiter zu verbessern. Dies alles hat dazugeführt, dass heute Patienten erfolgreich operiertwerden können, die zu einem früheren Zeitpunkt alsinoperabel angesehen wurden.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die heut-zutage verfügbaren chirurgischen Therapiemöglich-keiten bei fortgeschrittener ischämischer und nicht-ischämischer Kardiomyopathie vorzustellen.

Revaskularisation bei Patientenmit höhergradig eingeschränkterlinksventrikulärer Ejektionsfraktion

Die häufigste Ursache eines kongestiven Herzver-sagens ist eine koronare Herzerkrankung (8). Im Fal-le des Nachweises einer reversiblen Myokardischämieist die operative Revaskularisation bei Patienten miteingeschränkter linksventrikulärer Funktion die The-rapie der Wahl (9). Das gegenüber Patienten mitnormaler Ventrikelfunktion erhöhte perioperative Ri-siko kann durch Verbesserungen im anästhesiologi-schen und herzchirurgischen Management deutlichreduziert werden (10).

Durch eine operative Revaskularisation können dieHerzinsuffizienzsymptomatik und die Langzeitüber-lebensrate verbessert werden (11). Bei chronischemRechtsherzversagen, fehlenden koronaren Anschluss-gefäßen und bei nicht nachweisbarem viablen Myo-kard sollte eine Herztransplantation einem operativenRevaskularisationsversuch vorgezogen werden (12).

Transmyokardiale Laserrevaskularisation

Die transmyokardiale Laserrevaskularisation ist einOperationsverfahren, das ursprünglich auf der Ideebasierte, Blut direkt aus dem linken Ventrikel in dasMyokard zu leiten. Zielgruppe für dieses Verfahrensind Patienten mit therapierefraktärer Angina pecto-ris, deren Koronargefäße einer direkten Revaskulari-sation nicht zugänglich sind.

In einer Untersuchung aus dem Deutschen Herz-zentrum Berlin zeigte sich bei Patienten mit einerlinksventrikulären Auswurffraktion unter 30% einehohe perioperative Mortalität von 17%. Bei denüberlebenden Patienten waren keine Verbesserungender Herzfunktion und der Langzeitüberlebensratenachweisbar (13).

Partielle linksventrikuläre Ventrikulektomie(„Batista-OP“)

Das Verfahren der partiellen linksventrikulären Re-sektion (PLV) wurde 1994 von dem brasilianischenHerzchirurgen Randos J. Batista entwickelt. Es han-delt sich um ein organerhaltendes Operationsverfah-

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ren bei Patienten mit deutlich dilatiertem linkenVentrikel und hochgradig eingeschränkter LVEF. DasPrinzip der PLV besteht darin, durch die Resektionvon Myokard aus dem linken Ventrikel eine Redukti-on des Durchmessers zu erzielen, so dass entspre-chend dem Gesetz von LaPlace eine Reduktion derWandspannung des linken Ventrikels resultiert. Hier-durch sollen eine Reduktion des myokardialen Sau-erstoffbedarfs und eine Steigerung der Kontraktilitätbewirkt werden (14). Aufgrund der relativen Mitral-klappeninsuffizienz des dilatierten linken Ventrikelswird im Rahmen der Batista-OP zumeist eine Mitral-klappenrekonstruktion oder ein Mitralklappenersatzdurchgeführt. Die Operation wurde bislang haupt-sächlich bei Patienten mit dilatativer Kardiomyo-pathie durchgeführt.

Nach PLV zeigten sich kurz- und mittelfristigeVerbesserungen der funktionellen NYHA-Klasse vonüberlebenden Patienten. Allerdings gingen diese Ver-besserungen häufig nicht mit entsprechenden echo-kardiographischen und hämodynamischen Verbes-serungen einher (15). Die Ein-Jahresüberlebensratenach PLV wird zwischen 18 und 66% angegeben (14,16–18).

Aneurysmektomieund endoventrikuläre zirkuläre Patchplastik(„Dor Procedure“)

Während bei der Batista-OP viables Myokard rese-ziert wird, erfolgt bei der Aneurysmektomie dieAusschaltung einer bindegewebig umgebauten Myo-kardnekrose. Dies erfolgt entweder in einer linearenoder einer zirkulären Technik. Beide Techniken zei-gen gute früh- und spätoperative Ergebnisse mit ei-ner funktionellen Verbesserung der Patienten bei ho-her Langzeitüberlebensrate (19). Nach Möglichkeitfindet im Rahmen der Operation auch eine Revasku-larisation statt.

Dor erweiterte das Konzept der endoventrikulärenPatchplastik auf Patienten mit präoperativ definier-ten dyskinetischen oder akinetischen Myokardregio-nen des linken Ventrikels (20). Während bei der Ba-tista-Operation in erster Linie die Ventrikeldimensio-nen verkleinert werden, ist es das Ziel der endoven-trikulären Patchplastik, die ursprüngliche, physiolo-gische Geometrie des linken Ventrikels wiederherzu-stellen. Dor berichtet von einer auch im Langzeitver-lauf verbesserten systolischen und diastolischen LV-Funktion und einer 10-Jahresüberlebensrate von 60%bei Patienten mit einer präoperativen LVEF unter30% und einem endsystolischem Volumenindex über90 ml/m2 (21).

Mitralklappenrekonstruktionbei Patienten mit Kardiomyopathie

Die funktionelle Mitralklappeninsuffizienz ist bei-nahe unausweichlich Folge einer progredientenlinksventrikulären Dilatation. Bolling berichtet vonVerbesserungen der NYHA-Klasse und der LVEF ein-hergehend mit einer Reduktion des enddiastolischenlinksventrikulären Volumens nach einer isoliertenoperativen Korrektur der Mitralklappeninsuffizienzbei Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz(22). Um die Coaptation der beiden Mitralsegel zuoptimieren, erfolgte die Mitralklappenrekonstruktionmit Hilfe eines flexiblen Annuloplastieringes, dessenDurchmesser kleiner war als der vorhandene Mitral-klappenannulus.

Dynamische Kardiomyoplastie

Dieses Verfahren wurde 1985 von Carpentier undChachques eingeführt (23). Das Grundprinzip derdynamischen Kardiomyoplastie besteht darin, denvon seinem Ursprung abgelösten linken oder rechtenM. latissimus dorsi nach einer Teilresektion der 2.Rippe in die Thoraxhöhle zu verbringen und dortum den linken und rechten Ventrikel zu wickeln.Über zwei Elektroden im Bereich der Aufteilung desN. thoracodorsalis erfolgt die Stimulation des Mus-kels durch den sogenannten Kardiomyostimulator,der unter dem M. rectus abdominis implantiertwird. Im Rahmen eines mehrwöchigen elektrischenStimulationsprotokolls wird der Muskel in ermü-dungsfreies Muskelgewebe transformiert. Üblicher-weise wird dann der M. latissimus dorsi synchronzu jedem zweiten Herzschlag mit 6 Einzelpulsen sti-muliert. Durch die „Burst-Stimulation“ kommt es zueiner tetanischen Kontraktion des um das Herz ge-wickelten M. latissimus dorsi.

Es werden zwei Mechanismen postuliert, durchdie die dynamische Kardiomyoplastie zu einer Ver-besserung der linksventrikulären Funktion führensoll. Zum einen soll die linksventrikuläre systolischeFunktion durch die synchronisierte Kontraktion desM. latissimus dorsi verstärkt werden. Zum anderenverspricht man sich von dem um die beiden Ventri-kel gelegten Muskel einen elastischen „Gürteleffekt“,der einen Prozess des „reverse remodeling“ der Vent-rikel unterstützt und einer erneuten Dilatation ent-gegenwirkt (24).

Es wurden Verbesserungen der linksventrikulärenFunktion, der Symptome der Herzinsuffizienz undder Lebensqualität bei Patienten nach dynamischerKardiomyoplastie nachgewiesen. Es ist allerdings

8 Intensivmedizin und Notfallmedizin, Band 41, Heft 1 (2004)© Steinkopff Verlag 2004

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nicht gelungen, eine Verminderung der Mortalitäts-rate nach dieser chirurgischen Therapie im Vergleichmit einer rein medikamentösen Therapie nachzuwei-sen (25).

Uni- und biventrikuläre Unterstützungssysteme

An dem Konzept der Herzentlastung und -unter-stützung durch mechanische Systeme wird bereitsseit den sechziger Jahren gearbeitet. Prinzipiellmüssen uni- und biventrikuläre, sowie intra- und ex-trakorporale Systeme unterschieden werden.

Die Indikation zur Implantation eines Unter-stützungssystemes besteht aufgrund einer akutenoder chronischen Herzinsuffizienz, die medika-mentös nicht mehr beherrschbar ist. Thrombembo-lische Ereignisse, Blutung und Infektionen bilden dieMehrzahl der Komplikationen, die im Zusammen-hang mit der Implantation von mechanischen Unter-stützungssystemen auftreten.

In Form von Turbinenpumpen, die mit 8000 bis12 000 Umdrehungen pro Minute einen axialen Blut-fluss erzeugen, wurde in letzter Zeit die neueste Ent-wicklung im Bereich der linksventrikulären Unter-stützungssysteme (LVAD) in die Praxis eingeführt(26). Dadurch konnte eine erhebliche Größenreduk-tion im Vergleich mit den pulsatilen Systemen erzieltwerden.

Die Implantation eines Assistsystemes war ur-sprünglich primär als „bridge to transplant“ gedachtwar. In letzter Zeit wurde allerdings gezeigt, dass dieImplantation eines LVAD bei Patienten, die nicht füreine Herztransplantation in Frage kommen, zu ei-nem Überlebensvorteil gegenüber Patienten unterkonservativer Therapie führt (27). Zudem führte dieImplantation des LVAD zu einer verbesserten Le-bensqualität und einer Verbesserung der NYHA-Klasse im Vergleich zu den Patienten unter rein me-dikamentöser Therapie. Weiterhin ist in den letztenJahren zunehmend über Patienten berichtet worden,bei denen es unter der Entlastung durch ein LVADzu einer Erholung des linksventrikulären Myokardsgekommen ist und denen deshalb das System ex-plantiert werden konnte (28).

Linksventrikuläre Systeme können mittlerweilekomplett intrakorporal, das heißt mitsamt ihresEnergiesystemes implantiert werden (29). Die Auf-ladung der Batterien erfolgt dabei transcutan. EineEntlassung der Patienten in ihr häusliches Umfeld istbei Patienten mit LVAD mittlerweile Routine. Aberauch Patienten mit extrakorporalen biventrikulärenUnterstützungssystemen können aus dem Kranken-haus entlassen werden (30).

Herztransplantation

Die Herztransplantation gilt als der Goldstandardder chirurgischen Behandlung der terminalen Herz-insuffizienz. Seit der ersten Herztransplantation 1967durch Christian Bernard sind bis heute ca. 60000Herztransplantationen weltweit durchgeführt worden(7). Die Hauptprobleme liegen heutzutage nichtmehr im operationstechnischen Bereich, sondern inder Vermeidung akuter und chronischer Absto-ßungsreaktionen, den unerwünschten Wirkungender Immunsuppression und dem zunehmendenMangel an Spenderorganen.

Die Überlebensrate nach einer Herztransplantati-on liegt nach einem Jahr bei 80% mit einer anschlie-ßenden Mortalität von ca. 4% pro Jahr (7). Somitliegt die 10-Jahresüberlebensrate knapp über 40%.

Deng et al. untersuchten prospektiv die Daten al-ler Patienten, die 1997 in Deutschland zur Herz-transplantation angemeldet waren. Sie fanden keinenÜberlebensvorteil für die transplantierten Patientenim Vergleich zur Gesamtgruppe (31). Allerdingszeigte sich für die Subgruppe der Patienten mit demhöchsten Risiko, auf der Warteliste zu versterben,ein Überlebensvorteil durch die Herztransplantation.

Schlussfolgerungen

Nach dem erstmaligen Auftreten eines kongestivenHerzversagens versterben bis zu 50% der Patientenin den darauffolgenden drei Jahren (32). Eine opti-male medikamentöse Therapie kann den Verlauf ei-ner chronischen Herzinsuffizienz positiv beeinflus-sen.

Bei der großen Gruppe der Patienten mit ischä-mischer Kardiomyopathie sollte aber neben der me-dikamentösen und interventionellen Therapie immerauch nach den Möglichkeiten einer operativen Re-vaskularisation geschaut werden. Bei Nachweis vonviablen Myokard (11) und unter optimierten peri-operativen Bedingungen, die den präoperativen Ein-satz der intraaortalen Ballonpumpe beinhalten (10),können gute Ergebnisse bezüglich der Langzeitüber-lebensrate und der Verbesserung der Herzinsuffi-zienzsymptomatik durch eine operative Revaskulari-sation erzielt werden. Bei Patienten mit operativnicht anschlussfähigen Koronargefäßen und einge-schränkter linksventrikulärer Funktion hat die allei-nige transmyokardiale Laserrevaskularisation keineüberzeugenden Ergebnisse erbracht (13).

Die Reduktion der myokardialen Wandspannungund somit eine Reduktion des Sauerstoffverbrauchesund eine Verbesserung der myokardialen Kontrakti-

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lität ist das Ziel der ventrikelrekonstruierenden Chi-rurgie. Dies soll bei der endoventrikulären Patch-plastik durch die Ausschaltung dyskinetischer oderakinetischer Myokardareale erreicht werden. Bei Pa-tienten mit ischämischer Kardiomyopathie liegen fürdieses Verfahren schon seit längerem gute Langzeit-ergebnisse vor (21). Bei der Batista-Operation erfolgtdie Resektion von viablen linksventrikulärem Myo-kard. Langfristige echokardiographische und hämo-dynamische Verbesserungen konnten bislang für die-ses Verfahren nicht eindeutig nachgewiesen werden.Andererseits geht es mit einer relativ hohen postope-rativen Mortalität und Morbidität einher (15). Dem-gegenüber kann auch eine isolierte Mitralklappenre-konstruktion eine Verringerung des enddiastolischenDiameters und eine Verbesserung der linksventriku-lären Funktion herbeiführen (22). Somit steht einweniger invasives Verfahren mit einer besseren Ein-Jahresüberlebensrate zur Verfügung. Es existiert bis-her allerdings keine randomisierte Studie, die dieverschiedenen Verfahren miteinander verglichen hat,so dass ein Vergleich der Operationsergebnisse nurbedingt möglich ist.

Das Verfahren der dynamischen Cardiomyoplastieentspricht dem Prinzip eines biologischen „Auto-As-sistsystemes“. Allerdings konnte es den Nachweis einesVorteils bezüglich der Überlebensrate gegenüber einerrein medikamentösen Therapie nicht erbringen undist somit derzeit in der chirurgischen Herzinsuffi-zienztherapie nicht etabliert. Die Formulierung vonLeier: „Those who need it don’t survive it, and thosewho survive it don’t need it“ spiegelt die mehrheitlicheEinstellung zu diesem Operationsverfahren wider (33).

Durch den Nachweis der Überlegenheit von me-chanischen Unterstützungssystemen im Vergleich zurein medikamentöser Therapie bei Patienten, dieKontraindikationen für eine Herztranslantation auf-wiesen (27), wurde ein Durchbruch bezüglich derAkzeptanz und der weiteren Perspektive der LVADerzielt. Viele Patienten mit Kontraindikationen füreine Herztransplantation erhalten nun ein LVAD alsdefinitive Versorgung. Durch die Weiterentwicklungder nur noch daumengroßen Turbinenpumpen stehtein relativ einfach zu implantierendes LVAD zurVerfügung. Allerdings liegen noch keine größerenFallzahlen über den Einsatz dieses Systems vor.

10 Intensivmedizin und Notfallmedizin, Band 41, Heft 1 (2004)© Steinkopff Verlag 2004

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