23
1 Christliches Pfadfinden in Schönberg. Ein Rückblick. Teil I 1953 bis 1957 Redaktion: Siedlungsführer Moritz Keppel, stud. theol. Siedlung Probst Friedrich in der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD) Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schönberg Niederstraße 15 in D24217 Schönberg

Christliches Pfadfinden in Schönberg. Ein Rückblick. … · ! nur intern, da keine Rechte an dem Bild ! Darin lesen wir: Der Kindergottesdienst unserer Kirche wurde stark von den

Embed Size (px)

Citation preview

1

Christliches Pfadfinden in Schönberg.

Ein Rückblick.

Teil I

1953 bis 1957

Redaktion: Siedlungsführer Moritz Keppel, stud. theol.

Siedlung Probst Friedrich in der

Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD)

Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schönberg

Niederstraße 15 in D24217 Schönberg

2

Die Tatsache, dass der Leser nun diese kleine Chronik evangelischen Pfadfindens in Schönberg in den Händen halten kann, ist ein Verdienst Peter Lammertz‘ (Taba). Er war damaliger Stammesführer des CPD Stammes Schwertlilie und ist nach über einem halben Jahrhundert wieder als Pfadfinder reaktiviert: Heute ist er unser Siedlungsältester und vertritt als Kreuzpfadfinder die Interessen unserer Siedlung.

Ein weiterer Dank gebührt Wolf Wegner, der heute in Wilhelmshaven lebt. Er ließ uns sein Fahrtenbuch und sein Fotoalbum zukommen. In seinem Fahrtenbuch beschrieb er die Gründung des Stammes im Jahre 1953 durch Konrad Hansen, welcher später u.a. als Intendant des Ohnsorgtheaters bekannt wurde.

<Bild Hansen damals und heute >

! nur intern, da keine Rechte an dem Bild !

Darin lesen wir:

Der Kindergottesdienst unserer Kirche wurde stark von den „Kleinen“ besucht. Nach der Predigt sammelte je ein

Erwachsener einige Jungen um sich herum, die nun gemeinsam den Text besprachen. Einer von ihnen war Konrad

Hansen, kurz Konni. Er spielte und wanderte mit ihnen auch an Wochentagen. Allmählich kamen sie auf die Pfadfinder

zu sprechen. So bildete sich langsam eine Wölflingsmeute mit Konni, Tarzan und Eule. Sie luden zu Streifen, kurzen

Fahrten und Lagern auch immer einige ältere Jungen ein. Im Spätsommer 1953 starteten sie zur ersten Fahrt, die

mehrere Tage dauern sollte. Sie führte nach Oldenburg. Konni, der inzwischen Späher geworden war, übernahm die

endgültige Führung. Beim Gausportfest in Friedrichsort 1953 gewannen wir mit den Eidgenossen-Kiel den

Gausportwimpel. (...)

Peter Lammertz (Taba) erinnert sich daran, wie er Mitglied wurde:

Ich vermute, es war 1951, (Anm. d. Red.: Heute wissen wir, dass es das Jahr 1953 gewesen ist.) als ich im Alter von 13 Jahren auf eine Gruppe der Christlichen Pfadfinder aufmerksam wurde, die es in Schönberg gab. Ich besuchte die Gruppenabende, die mir gut gefielen und so wurde ich Mitglied. Ich weiß nicht, wie lange es die Christliche Pfadfinderschaft bei meinem Eintritt schon gab. Es gab keine Aufzeichnungen darüber und auch später haben wir nichts aufgeschrieben, was ich heute bedaure. Die Tatsache, daß die Pfadfindergruppe von der Organisationsform noch eine „Siedlung“ war, die erst nach einiger Zeit in einen „Stamm“ umgewandelt wurde, spricht dafür, daß die CP in Schönberg vielleicht 2-oder 3 Jahre vor meinem Eintritt, also 1949 -1950 gegründet worden war.

Der Siedlungsführer war damals Konrad Hansen. Dem einen oder anderen von Ihnen ist er später sicher bekannt geworden, denn er hat eine vielseitige und viel beachtete berufliche Karriere gemacht. Konrad Hansen wurde 1933 in Kiel geboren und wohnte später mit seinen Eltern in der Großen Mühlenstraße hier in Schönberg. Nach dem Studium der Germanistik, Philosophie, Theologie und Volkswirtschaft in Kiel und Freiburg war er Redakteur und dann Leiter und Programmgestalter der Abteilung Heimatfunk von Radio Bremen. Von 1980 bis 1986 war Konrad Hansen Intendant des Ohnsorg-Theaters, danach leitete er einige Jahre die Niederdeutsche Bühne Flensburg. Er hat mehrere

3

Bücher, die immer hier in der Probstei, also in Schönberg und Umgebung spielen, und viele plattdeutsche Hörspiele und Theaterstücke geschrieben. Heute lebt er als freier Schriftsteller und Regisseur in Großsolt im Kreis Schleswig-Flensburg. Vor 3 Jahren wurde er zum 70.Geburtstag hier in Schönberg geehrt.

Oben: Sippenführer Taba beim Kartenstudium. Schleswig-Holstein-Rundfahrt 1954

Unten: Peter Lammertz in zivil, mit Knappennadel. 1950er.

Führung der Siedlung Probst Friedrich. Die beiden Kreuzpfadfinder Taba (Siedlungsältester) und mogge (Siedlungsführer) im Gespräch. Im Hintergrund: die aktuelle Siedlungsfahne.

Winterlager und Siedlungsthing am 22. Februar 2009 in der Strandklause (Heidkate). Unten: Spätsommer 2009.

Die CPD gliederte sich supraregional in Landesmarken, regional in Gaue, örtlich in Stämme, Siedlungen und Gruppen (Neuanfänge). Die örtlichen Gruppen waren dann jeweils in Sippen (Pfadfinder) und Meuten (Wölflinge) gegliedert. Bis 1973 war die CPD ein reiner Männerbund.

In der Nachkriegszeit bildete sich im Bundesland Schleswig-Holstein die Landesmark Schleswig-Holstein.

4

Mitgliedschaft von Peter Lammertz (Taba). Der Ausweis trägt die Stempel der LM SH (oben links) und des Gaues Förde, Kiel (unten mitte). Es unterschrieben der Gauführer Siegfried Keil (Lahana = Langer Häuptling Nagel, Kiel) und Landesmarkführer Herbert Möbius, Neumünster.

Der LM SH gehörten folgende Gau an:

*Gau Förde, Region Kiel und Kieler Förde

*Gau Trave, Region Lübeck

*Gau Nord (Schleswig und Flensburg)

(* ….weitere, recherchieren bei Prof. Keil und beim BdP SL)

Der Kieler Gau Förde wurde geführt von Siegfried Keil, genannt „Langer Häuptling Nagel“. Dieser studierte zunächst Theologie in Kiel und wurde später Landesmarkführer.

Bildquelle: maps.google.de

Heute lebt er in Marburg und ist emeritierter Professor für evangelische Theologie.

<Bild Lahana damals und heute >

Folgende Stämme gehörten zum Gau (dahinter Stammesführer und Adresse):

*Stamm St. Johann, Günter Kahlberg, [Gorgo], Hansastr. 80

5

*Siedlung Albrecht der Bär, Joachim Buck, Krusenrotter Weg 60

*Stamm St. Michael, Siegfried Keil [Lahana], Friedrichsort | Oldestr. 24

*Stamm Die Burg, Klaus Schlüter [Masba], Lantziusstr. 30

*Gruppe Wartburg, Walter Johannsen, Stadtfeldkamp 33

*Siedlung Luther, Hans Paulsen, Schauenburgerstr. 35

*Gruppe Zinzendorf (Patenschaft: St. Michael), Gerold Bläse, Plön | Rathjendorfer Weg

*Gruppe Schwertlilie, Konrad Hansen, Schönberg | Großer Mühlenweg 10

Ungeklärt: Stamm Eidgenossen, Kiel und Stamm Likedeeler

Prof. Dr. Siegfried Kiel !keine Rechte am Bild!

Die Schönberger Gruppe (=Neuanfang) wurde 19xx als Siedlung bestätigt und schließlich 19xx zum Stamm aufgenommen. Sie bestand aus drei, später vier Sippen:

* Sippe Dietrich von Bern, Sippenführer: Tarzan, später Peter Lammertz (Taba)

*Sippe Wikinger, Sippenführer: Dieter Fechner (Eule)

*Sippe Schildbürger, später Schwarze-Ritter, Sippenführer: Konrad Hansen (Konni), später Wolf Wegner.

* 1954 gründete Peter Lammertz (Taba) zusätzlich eine Rotte in Probsteierhagen, die später von xyz geführt wurde.

Sippe Dietrich von Bern

auf Schlewig-Holstein-Rundfahrt 1954.

Das Foto entstand am Meldorfer Dom.

Peter Lammertz berichtet zu den Mitgliedszahlen:

Die Sippen hatten meiner Erinnerung nach ca. 6-8 Mitglieder, die Siedlung „Schwertlilie“ hatte also ca. 25 Mitglieder.

In seinem Jungenkalender 1955 notiert Peter Lammertz:

Schwertlilie: 35 Mitglieder

D.v.B.: 10 (Taba)

15 Jungpfadfinder

3 Neulinge

6

Wikinger: 6 (Eule)

Schw.R.: 10 (Pippi)

Probst.: 9 (Sausi)

11 Gäste

2 Wölflinge

1 Knappe

3 Späher

Die folgende chronologische Zeitleiste wurde aus Aufzeichnungen und Gesprächen mit damaligen Pfadfindern zusammengetragen.

1953

Frühling: Fahrt zum Gauthing.

Folgende Pfadfinder erkennt man auf dem Foto: 2.v.l. Wolf Wegner.

Ostern : Osterstreife der Schildbürger in den Schönhorster Forst.

7

Gaulager des Fördegaues am Lanker See

#+

Schwarzes Brett auf dem Lager.

8

Pfadfinder am Lanker See. V.l.: Peter Lammertz

7. Oktober: Konrad Hansen (Konni) nimmt Peter Lammertz (Taba) als Jungpfadfinder auf.

20.-21.Dezember: Gauweihnachtsfest in Schönberg, Bestätigung von Tarzan und Dieter Fechner (Eule) als Späher.

Alle drei Rotten hatten nun einen Späher als Führer.

Bestätigung als Gruppe (~ Neuanfang). Endgültige Festlegung auf den Namen „Schwertlilie“. Begründung: Die

Schwertlilie ist das Symbol der Reinheit.

Tarzan zog aus beruflichen Gründen nach Kiel und trat dort dem Stamm Eidgenossen bei.

1954

1954 gründete Peter Lammertz (Taba) einen Ableger (eine weitere Rotte) in Probsteierhagen.

12.–15.April: Osternfahrt der Schildbürger nach Fehmarn

9

Abenddämmerung auf dem Bungsberg

Morgendlicher Aufbruch

10

24.– 25.April: Gaulager des Fördegaues am Plöner Koppelsberg

C.P. Fahnen des Fördegaues

Gauführer Lahana [Langer Häuptling Nagel] Siegfried Keil, Kiel-Friedrichsort

11

Mai: Konrad Hansen übergibt Peter Lammertz (Taba) die Stammesführung.

22.-23.Mai: Gruppensportfest in der Heidkate.

5.–11.Juni: Gaupfingstlager am Lanker See bei Preetz.

Hinfahrt

Lagerleben

12

Fahnenmast

12.–13.Juli: Sommerfahrt der Schildbürger – wegen starken Unwetter abgebrochen!

Sommer: Sommerfahrt der Sippe Dietrich von Bern quer durch Schleswig-Holstein.

19.September: Gausportfest in Kiel. Siegfried Keil (Langer Häuptling Nagel) bestätigt Peter Lammertz (Taba) als

Knappe.

13

2.-3.Oktober: Gruppensportfest in Heidkate.

Siegerwimpel.

28.November: Elternabend im Hotel „Stadt Kiel“ in Schönberg, inkl. „Fahnenweihe“.

Die Kieler Nachrichten schreiben am 30. Dezember 1954:

(H.K.) (…) Am Abend hatte die Christliche Pfadfinderschaft die Elternschaft zu einem Gruppenabend geladen, der

durch die Weihe des Gruppenwimpels eine festliche Note erhielt. „Am schwarzen Wasser“, ein Spiel aus dem

Dreißigjährigen Krieg, hinterließ einen tiefen Eindruck.

14

Fahnenweihe der neuen Stammesfahne. Folgende Pfadfinder sind zu erkennen: links Dieter Fechner [Eule]. In der Mitte

mit Stammesfahne: Wolf Wegner.

Theaterstück „Verrat am schwarzen Wasser“. Boxer und Rudi spielen zwei Wachen.

15

Wolf Wegner und Pastor Damm.

Pastor Damm und Konrad Hansen.

22.Dezember: Weihnachtsfeier im Sippenraum.

1955

27.Dezember 1954 – 3.Januar 1955: Sippenführerkursus 13 im Waldheim am Brahmsee.

Lagerleitung: Erich Liewald (Travegauführer)

30 Teilnehmer in 5 Kursrotten eingeteilt. Gäste u.a.: EMP, CVJM, LM-Fü Herbert Möbius, Bundesführer Heinrich

16

Karsch.

16. Januar: Gautreffen in Kiel, Hotel „Belvue“ heute „Maritim“. Siegfried Keil (Langer Häuptling Nagel) nimmt Peter

Lammertz (Taba) als Kreuzpfadfinder auf.

März und April 1955: diverse Streifen in den Osterferien der Schildbürger.

Am Hessenstein.

Pfingsten: Landesmarklager am Stocksee.

1957

wahrscheinlich Auflösung.

Peter Lammertz (Taba) über den Pfadfinderalltag:

(…) Was haben wir nun so gemacht als Pfadfinder. „Jeden Tag eine gute Tat zu tun“, wie der gebrechlichen Oma über die Straße zu helfen, was der Laie mit dem Begriff „Pfadfinder“ schlechthin verbindet, wäre etwas zu wenig gewesen. Natürlich gab es gewisse moralische und ethische Grundsätze, die vielfältig in unserer Gruppenarbeit immer wieder angesprochen und praktiziert wurden, dazu gehörten z.B. Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Achtung des Anderen, um nicht zu sagen: Nächstenliebe und gegenseitige Rücksichtnahme. Wir haben - glaube ich - in der Gruppenarbeit immer wieder festgestellt, das man in der Gemeinschaft stärker ist, als einzeln und daß man gemeinsam in kritischen Situationen „Berge versetzen kann“ und daß die soziale Bindung sehr stark sein kann und in der Gruppe sehr geprägt wurde. Jeder hat gelernt, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Das graue Hemd und das blaue Halstuch als Tracht, trugen wir damals schon, wie Ihr heute auch.

17

So ziemlich jeder hatte einen Spitznamen, mit dem er auch grundsätzlich angeredet wurde, meiner war „Taba“, abgekürzt von Tabaqui, dem Schakal aus dem „Dschungelbuch“, das damals Pflichtlektüre war.

Den richtigen Namen des anderen kannte man oft gar nicht. So kam es, daß ein Pfadfinder aus dem Urlaub mit seinen Eltern seinem Sippenführer (dessen Spitzname „Eule“ war) eine Karte schickte, die adressiert war an „ Eule, Schönberg in Holstein“. Erstaunlicherweise kam die Karte an.

Wir haben vermutlich viele Dinge gemacht, die Ihr - meine Pfadfinderfreunde - heute auch noch macht. Wir hatten hier im alten Pastorat einen Gruppenraum, der an unterschiedlichen Tagen von den Sippen genutzt wurde und in dem wir uns einmal wöchentlich trafen.

Was fällt mir ein, wenn ich an die Heimabende denke. Ich erinnere mich, daß wir Knoten gelernt bzw. uns gegenseitig beigebracht haben. Wir haben die verschiedenen Wolkengebilde gelernt und ihre Auswirkungen auf das Wetter. Wir haben die Sterne und Sternbilder gelernt und wie man mit dem Kompaß umgeht. Das Erkennen von Bäumen und Sträuchern am Laub und an der Krone und das Erkennen von heimischen Tieren anhand der Fußspuren in der Erde und im Schnee gehörte dazu wie das richtige Lesen von Land - bzw. Straßen - und Wanderkarten.

Ich erinnere mich gern an das Lernen und Singen neuer und alter Lieder, wobei meistens einer die Klampfe dazu spielte. Unsere Liederbücher waren immer selbst geschrieben, mit BIldern (mit Scriptol gemalt oder abgemalt) ) verziert und immer kleine Kunstwerke. Ich erinnere mich an Lieder, wie „Wir lieben die Stürme“, „Jenseits des Tales standen ihre Zelte“, „Vom Aufgang der Sonne, bis zu ihrem Untergang...“, wobei mein absoluter Hit - Lieblingslied sagte man damals - „Wildgänse rauschen durch die Nacht mit schrillem Schrei nach Norden...“ war. Leider gehört das heute nicht zu Eurem Repertoire, wie mir Moritz am Telefon sagte.

Oft schaute an den Sippenabenden auch der „Schirmherr“ unseres Stammes, Pastor Gottfried Damm, mal herein und besprach mit uns die Wochen- oder Monatslosung, diskutierte mit uns „über dies und das“ und sprach ein Gebet mit uns. Wir mochten ihn gern. Er war sehr menschlich und warmherzig, wurde andererseits als Autorität geschätzt, ein Mann - immer in Schlips und Kragen -, zu dem man aufsah, von dem ich allerdings nicht erinnere, daß er sich jemals zu uns an`s Lagerfeuer gesetzt hat. Bei unseren Wünschen, die wir immer mal wieder hatten, wie z.B. neue Zelte oder eine Kohte, einen Hordentopf oder einen Zuschuß für die Sippen- oder Stammesfahrten fanden wir immer ein offenes Ohr und er hat unsere Anliegen immer erfolgreich im Kirchenvorstand durchsetzen können.

Da wir ja Christliche Pfadfinder waren, war der Gottesdienst-Besuch am Sonntag in der Regel Pflicht, wurde aber auch freiwillig gern praktiziert. Auch für kleine Dienstleistungen im Rahmen der Kirchenarbeit waren wir natürlich „allzeit bereit“.

Pfingsten wurde meistens ein Gau-Lager veranstaltet und in den Sommerferien machten die Sippen ihre großen Sommerfahrten. Dabei ging es oft ganz schön weit und immer ausschließlich nur mit dem Fahrrad. Es waren andere Fahrräder, als die heutigen. Sie waren solide und robust, natürlich ohne Rahmenfederung oder Sattelfederung und ohne Gangschaltung !! Sie mußten stabil sein, denn es gab es viel zu transportieren auf dem Gepäckträger und in den Seitentaschen.

18

Ich erinnere mich an ein besonders Sommererlebnis. Da hatten wir abgemacht, daß jede Sippe in eine andere Richtung fährt, eine in die Lüneburger Heide, eine rund um Nord-Schleswig-Holstein und eine in den südlichen Teil nach Segeberg, Lübeck, Ratzeburg usw. Nach 14 Tagen wollten wir uns dann zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Punkt Schleswig-Holsteins treffen, den jeder Gruppenführer in der Karte markiert hatte und anschließend wollten wir dann noch ein einwöchiges gemeinsames Zeltlager machen. Ich hatte vorher mit dem Pastor in Trittau und einem Bauern vereinbart, daß wir dort auf einer Wiese unsere Zelte aufschlagen durften. Was war ich froh, daß an dem abgemachten Tag alle 3 Sippen nur mit kleinen Zeitverzögerungen am geplanten Zeltplatz eintrafen.

Apropos Zelte: Unsere Zelte waren - gemessen mit heutigen Maßstäben - auch sehr einfach.

19

Ich glaube, wir schliefen in ihnen meist zu viert. Die Zelte hatten keinen Boden und keine Innenzelte schon gar keine Vorzelte. Unter den Wolldecken, auf denen wir schliefen, lag Reisig oder auch mal Stroh, das wir uns von einem Bauern holten. Schlafsäcke, Luftmatratzen oder Isomatten gab es nicht.

Nachts wurde meistens eine 2-stündige Wache gestanden, oft an einem kleinen Feuer.

Ich erinnere mich, daß wir einmal am Waldrand in der Nähe eines Kartoffelackers lagerten, so bekam der Kamerad, der die Wache von 4.00 – 6.00 Uhr hatte, den Auftrag, den Hordentopf mit Kartoffeln zu füllen, und mittags gab es dann Bratkartoffeln mit Rühreiern von Eiern, die wir vorher beim Bauern „geschnorrt“ hatten. Praktisch war dafür beim großen Hordentopf, daß der Deckel gleichzeitig die Bratpfanne war. Ansonsten wurden viel Knorr - oder Maggi-Suppen mit Nudeln gekocht, die Zutaten mußte jeder vor der Fahrt von zuhause mitbringen.

Essenkochen.

20

Was wußten wir von ernährungsphysiologischen Grundsätzen, von einer ausreichenden und ausgewogenen Ernährung mit viel Gemüse und Obst. Hauptsache wir hatten immer etwas im Magen. Bei einem Elternabend kam dann auch der besorgte Einwand eines Vaters - der Arzt war - daß sein Sohn doch sehr „schmal“ von der Fahrt zurück gekommen wäre.

Immerhin haben aber alle die oft strapaziösen Fahrten gut überstanden.

Wenn das Wetter mal zu schlimm war, versuchten wir ein Nachtquartier bei einem Bauern zu bekommen. Das war dann in der Scheune oder auch mal im Pferdestall, dort war es in kühlen Nächten immer angenehm warm. Um den Bauern gnädig zu stimmen, gaben wir immer demonstrativ unsere Streichhölzer ab. Und verabschiedet und bedankt haben wir uns am nächsten Morgen meistens mit einem gemeinsam zur Klampfe gesungenen Lied.

Ich glaube, wir haben immer einen guten Eindruck hinterlassen.

Nach dem Nachtlager.

Gern waren wir auch im alten Schafstall, der in Heidkate zwischen Wald und Deich lag und der der Kirche gehörte. Nachdem wir den mit vereinten Kräften etwas hergerichtet hatten, haben wir dort so manches Wochenende verbracht, abends am Lagerfeuer gesessen und unsere Lieder gesungen, bevor wir dann müde in’s Stroh fielen. Es sei denn, es stand eine Nachtwanderung auf dem Programm, die - wie ich mich erinnere - wegen des Waldes und des einsamen Strandes, der Dünen und des Deiches und des fahlen Mondlichtes, das alles schaurig beleuchtete, immer wieder Gänsehaut verursachte.

Einmal jährlich haben wir einen Elternabend bzw. Elternnachmittag veranstaltet.

21

Eltern an der Kaffeetafel. Im Hintergrund: Stammesfahne und Sippenwimpel.

Ich erinnere mich gut an einen, bei der wir die Weihe einer neuen Stammesfahne vorgenommen, ein mittelalterliches Theaterstück in entsprechenden selbst oder von Mutter und Oma gefertigten mittelalterlichen Kostümen aufgeführt haben und bei dem es Kaffee und von den Eltern selbst gebackene Kuchen gab und bei dem wir als besondere Attraktion eine Tombola veranstaltet haben. Dazu sind wir vorher wochenlang durch die Geschäfte in Schönberg und Umgebung gezogen und haben Sachspenden für unsere Tombola „erbettelt“, meistens waren es natürlich Ladenhüter, aber es waren doch auch einige recht gute Preise dabei. Jedenfalls wurden am Elternabend die Lose so zahlreich und schnell gekauft, daß die vorgefertigten nach kurzer Zeit ausverkauft waren und man immer noch weitere forderte. Da haben wir in aller Eile noch etliche dazu gefertigt, die natürlich alle Nieten sein mußten, da die Preise ja verplant waren. Hab’ ich hinterher ein schlechtes Gewissen gehabt.............

Allerdings kam natürlich ein schönes Sümmchen für unsere Fahrtenkasse zusammen.

1955 begann ich meine Berufsausbildung, zuerst bei der Gemeindeverwaltung Schönberg als Verwaltungslehrling, dann wechselte ich zu Deutschen Bundesbahn. Durch den sehr unregelmäßgen Dienst, durch Schicht – und Wochenenddienst war es dann irgendwann nicht mehr möglich, den Pfadfinderstamm weiter zu führen. Ich gab das Amt ab und so endete dieses Kapitel meiner Jugendzeit ca. 1956. Da wir aus Schönberg wegzogen, habe ich leider auch nicht mehr verfolgt, wie es hier weiterging. (…)

22

Sippe die Schwarzen Ritter – vorher: Schildbürger

Als wir nach der „Fehmarnfahrt“ im strömenden Regen dreckig nach Hause kamen, rief uns ein Witzbold nach: „Die unerschrockenen, dreckigen Ritter der Feldwege“. Nach jeder Fahrt bzw. jedem Lager bekamen wir nun sowas zu hören, bis ein Bekannter uns offiziell mit „Die Schwarzen-Ritter“ betitelte. Bis heute hat sich der Name gehalten.

…wie die Recherchen begannen: Der Siedlungsführer Moritz Keppel (mogge) erinnert sich:

Im Jahre 2006 hielt ich einen Plausch mit Franz Hergeröder, dem Chefredakteur des Probsteier Herold (PH). Er machte mich darauf aufmerksam, dass in den 1950er Jahren schon einmal ein Pfadfinderstamm in Schönberg aktive Arbeit hatte. Ich wollte natürlich mehr von unseren Vorgängern erfahren und ließ im PH eine Pressemitteilung veröffentlichen:

Am 21. April 2006 erschien im PH:

(…) Vor rund 50 Jahren gab es bereits eine Pfadfindersippe unter der Führung des Intendanten und Schriftstellers Konrad Hansen in Schönberg. Gibt es Altpfadfinder, die in dieser Sippe Mitglied waren? Wer kann mir Informationen über die damalige Kluft, Abzeichen, Verbandszugehörigkeit etc. geben? (…)

Für die Mitgliedschaft des Stammes gab es zwei Möglichkeiten, die in Betracht kamen: Die damaligen Pfadfinder mussten Mitglied des BDP (Bund Deutscher Pfadfinder, interkonfessionell) oder der CPD (evangelisch) sein – die DPSG schied aus, da es in Schleswig-Holstein so gut wie keine Katholiken gibt. Es traf nun die evangelische Variante zu, da der Stamm Teil unserer lutherischen Gemeinde war.

Nachdem der Presseartikel erschienen war, meldete sich promt ein Mitschüler von Peter Lammertz [Taba] bei mir. Dieser lebt heute in Pinneberg und abonniert den Probsteier Herold, um weiterhin Neuigkeiten aus seiner Heimat zu erfahren. Wir telefonierten und je mehr wir ins Gespräch kamen, desto lebendiger und präsenter wurden Tabas Erinnerungen. Im Laufe des Erfahrungsaustausch konnten wir feststellen: Evangelisches Pfadfinden in Schönberg wurden in den 1950er Jahren genauso betrieben wie in den 2000er Jahren.

Für Taba und mich stand fest, dass wir anfangen sollten, Material zusammenzutragen, um eine Chronik zu erstellen. Auch sollten die Erinnerungen an damals nach außen transportiert werden: Wir veranstalteten einen Elternnachmittag in unserer Jurte, in der Taba ausführlich berichtete. Auch gab es einen wirklich gelungenen, und, aufgrund seines Ausmaßes, zweiteiligen Artikel im PH. Ein Dank gilt hierbei natürlich Franz Hergeröder, der immer sehr gerne uns ausführlich über uns berichtete. Sein Interesse rührte wahrscheinlich auch daher, da sein Bruder Heinz.Mitglied des Stammes Schwertlilie war.

23

Benutze Abkürzungen:

LM = Landesmark

SH = Schleswig-Holstein

PH = Probsteier Herold

CPD oder CP = Chr. Pfadfinderschaft Deutschlands (evangelisch)

DPSG = Dt. Pfadfinderschaft St. Georg (katholisch)

BDP = Bund Dt. Pfadfinder (interkonfessionell)

In der Nachkriegszeit wurden die Fahrtennamen (Spitznamen) wie normale Namen groß geschrieben. Heute schreiben wir diese konsequent klein. „Taba“ wird deswegen groß geschrieben, „mogge“ jedoch klein.

Benutze Quellen:

*Fahrtenbuch von Wolf Wegner

*Fotoalbum von Wolf Wegner

*Fotos von Peter Lammertz

*Texte und Gedanken von Peter Lammertz

Ein Teil II ist in Vorbereitung. Er soll die Arbeit der Siedlung Probst Friedrich, gegründet 2005 archivieren.