25
Christoph Schmitz: Ausgewählte Themen aus dem Bereich des Konstruktiven Ingenieurbaus – Tunnelbau Am 20.1. und am 3.2.2014 fanden bei der BASt in Bergisch-Gladbach und im Handwerkskammerbildungszentrum (HBZ) zu Münster wieder die beiden VSVI-Seminare aus dem Bereich des Konstruktiven Ingenieurbaus statt. Generalthema in diesem Jahr war der Tunnelbau. Mit 102 Teilnehmern stießen die beiden Veranstaltungen wieder auf eine positive Resonanz. Seit dem letzten Seminar im Jahr 2001 hatten sich die Anzahl der Tunnel und deren Gesamtlänge sowohl in Deutschland als auch in NRW stark erhöht. Anfang 2014 gab es in NRW 47 Tunnel (33 in BFStr., 14 in L) mit einer Gesamtlänge von 25,2 km, 4 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 2,8 km waren in Bau. Bild 0.1: Tunnel in NRW, Stand 1.2014 [MBWSV-NW, Straßen.NRW] Zudem waren nach mehreren schweren Bränden in Alpentunneln eine entsprechende europäische Richtlinie veröffentlicht und in Deutschland die RABT aktualisiert worden. Im Bereich des Landesbetriebes Straßenbau waren durch das neu gegründete Kompetenzcentrum Tunnelbau bei zahlreichen Tunneln die betriebstechnische Ausstattung überprüft und in vielen Fällen deren Nachrüstung veranlasst worden. 1. Wolf-Dieter Friebel: Bau und Betrieb von Straßentunneln in Deutschland Im ersten Vortrag des Seminars berichtete Herr Friebel vom BMVI über die aktuellen Entwicklungen zu Bau und Betrieb von Straßentunneln in Deutschland sowie über den Stand der relevanten Regelwerke. In den Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes gibt es derzeit 254 Tunnel, die eine Gesamtlänge von 248 km haben, im gesamten Straßennetz sind es 380 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 330 km. Entsprechend der topographischen Verhältnisse verteilt sich die Anzahl der Tunnel, so haben Baden-Württemberg (80) und Bayern (50) die meisten Tunnel, dicht gefolgt von NRW (33) und Rheinland-Pfalz (20). Die längsten Tunnel mit Richtungsverkehr sind der etwa 8 km lange Rennsteigtunnel im Zuge der A 71 und der etwa 3,3 km lange Tunnel Königshainer Berge im Zuge der A 4. Der 4,1 km lange Tunnel Hirschhagen im Zuge der A 44 ist derzeit in Bau. Die längsten Tunnel, die im Gegenverkehr befahren werden, sind der Saukopftunnel Weinheim im Zuge der B 38A und der Michaeltunnel Baden-Baden im Zuge der B 500 mit jeweils etwa 2,7 km, der 3,6 km lange Kramertunnel im Zuge der B 23 ist derzeit in Bau.

Christoph Schmitz: Ausgewählte Themen aus dem Bereich des ... · von Straßentunneln (RABT) geregelt, die nach den schweren Bränden in langen Alpentunneln und den daraus resultierenden

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Christoph Schmitz: Ausgewählte Themen aus dem Bereich des Konstruktiven Ingenieurbaus – Tunnelbau

Am 20.1. und am 3.2.2014 fanden bei der BASt in Bergisch-Gladbach und im Handwerkskammerbildungszentrum (HBZ) zu Münster wieder die beiden VSVI-Seminare aus dem Bereich des Konstruktiven Ingenieurbaus statt. Generalthema in diesem Jahr war der Tunnelbau. Mit 102 Teilnehmern stießen die beiden Veranstaltungen wieder auf eine positive Resonanz. Seit dem letzten Seminar im Jahr 2001 hatten sich die Anzahl der Tunnel und deren Gesamtlänge sowohl in Deutschland als auch in NRW stark erhöht. Anfang 2014 gab es in NRW 47 Tunnel (33 in BFStr., 14 in L) mit einer Gesamtlänge von 25,2 km, 4 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 2,8 km waren in Bau.

Bild 0.1: Tunnel in NRW, Stand 1.2014 [MBWSV-NW, Straßen.NRW]

Zudem waren nach mehreren schweren Bränden in Alpentunneln eine entsprechende europäische Richtlinie veröffentlicht und in Deutschland die RABT aktualisiert worden. Im Bereich des Landesbetriebes Straßenbau waren durch das neu gegründete Kompetenzcentrum Tunnelbau bei zahlreichen Tunneln die betriebstechnische Ausstattung überprüft und in vielen Fällen deren Nachrüstung veranlasst worden.

1. Wolf-Dieter Friebel: Bau und Betrieb von Straßentunneln in Deutschland Im ersten Vortrag des Seminars berichtete Herr Friebel vom BMVI über die aktuellen Entwicklungen zu Bau und Betrieb von Straßentunneln in Deutschland sowie über den Stand der relevanten Regelwerke. In den Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes gibt es derzeit 254 Tunnel, die eine Gesamtlänge von 248 km haben, im gesamten Straßennetz sind es 380 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 330 km. Entsprechend der topographischen Verhältnisse verteilt sich die Anzahl der Tunnel, so haben Baden-Württemberg (80) und Bayern (50) die meisten Tunnel, dicht gefolgt von NRW (33) und Rheinland-Pfalz (20). Die längsten Tunnel mit Richtungsverkehr sind der etwa 8 km lange Rennsteigtunnel im Zuge der A 71 und der etwa 3,3 km lange Tunnel Königshainer Berge im Zuge der A 4. Der 4,1 km lange Tunnel Hirschhagen im Zuge der A 44 ist derzeit in Bau. Die längsten Tunnel, die im Gegenverkehr befahren werden, sind der Saukopftunnel Weinheim im Zuge der B 38A und der Michaeltunnel Baden-Baden im Zuge der B 500 mit jeweils etwa 2,7 km, der 3,6 km lange Kramertunnel im Zuge der B 23 ist derzeit in Bau.

Bild 1.1: Tunnel der Bundesfernstraßen bzw. der Straßen [BMVI, Ref. StB 17]

Planungs- und Vertragsgrundlagen im Tunnelbau sind u.a. der Leitfaden für die Planungsentscheidung Einschnitt oder Tunnel, die Richtlinie für das Aufstellen von Bauwerksentwürfen (RAB-ING), die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (ZTV-ING), hier insbesondere Teil 5, verschiedene technische Liefer- und Prüfvorschriften (TL/TP), europäische und nationale Normen sowie entsprechende weitere Empfehlungen und Richtlinien des DGGT oder des DAUB. Bei der letzten Aktualisierung der ZTV-ING neu aufgenommen wurde die Möglichkeit der Zugabe von Kunststofffasern in den Beton für die Tunnelinnenschale. Die Zugabe wurde bei den Pilotprojekten Tunnel Bautzen (B 96n, offene Bauweise) und am Bühltunnel (B 62n, bergmännische Bauweise) in Siegen ausgeführt (s. Vortrag 3.). Da durch die Zugabe der Kunststofffasern Abplatzungen im Brandfall verhindert bzw. vermieden werden können, kann in diesen Fällen auf die bisher vorgeschriebene Zulage einer verzinkten Bewehrungsmatte im Innenschalenbeton der Decke verzichtet werden.

Bild 1.2: Kunststoffmodifizierter Beton Tunnelinnenschale, Tunnel Bautzen, Bühltunnel [BMVI, Ref. StB

17]

Gemäß ZTV-ING, 5-1, Ziffer 11, sollen Tunnelwände zur Aufhellung bis in eine Höhe von 3 m mit einem Anstrich im Farbton RAL 9010 (reinweiß) beschichtet werden. Die Beschichtung sollte den Anforderungen an Oberflächenschutzsysteme, OS-B, genügen, einen Glanzwert von 40 bis 60 haben sowie schwer entflammbar und nassabriebbeständig sein.

Bild 1.3: Aufgehellte Tunnelwand [BMVI, Ref. StB 17]

Wenn in Tunneln keine Fluchtmöglichkeit in eine Nachbarröhre besteht, sollen längere Tunnel mit parallel verlaufenden Rettungsstollen ausgestattet und alle 300 m über Querschläge mit der Hauptröhre verbunden werden. Bei geeigneten Gebirgsverhältnissen reicht für diese als Sicherung eine einschalige Spritzbetonschicht, im Sohlbereich sollen eine Drainageleitung und bewehrte Gehwegplatten angeordnet werden. Bei sehr langen Tunneln sollten die Rettungsstollen zwei Portale haben und für Rettungsfahrzeuge befahrbar sein.

Bild 1.4: Fluchtstollen [BMVI, Ref. StB 17]

Die Qualitätssicherung des Innenschalenbetons nach dem Bau eines Tunnels erfolgt heute i.d.R. durch zerstörungsfreie Prüfverfahren, z.B. mittels Laser-Scan-, Ultraschall- oder Impakt-Echo-Verfahren. Drainageleitungen können auch durch eine Kamerabefahrung untersucht werden (s. auch Vortrag Herr Friebel, VSVI-Seminar 2013).

Bild 1.5: Firstspaltuntersuchung, Kamerabefahrung Drainageleitung [BMVI, Ref. StB 17]

Die Betriebstechnische Ausstattung ist in der Richtlinie für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) geregelt, die nach den schweren Bränden in langen Alpentunneln und den daraus resultierenden erhöhten Anforderungen der europäischen Richtlinie 2004/54/EC 2006 entsprechend aktualisiert wurde. Die RABT, Ausg. 2006, macht weiterhin Vorgaben zur betriebs- und sicherheitstechnischen Ausstattung der Tunnelbauwerke, macht aber nun auch administrative und organisatorische Vorgaben zum Betrieb und gibt Termine, Fristen sowie ein entsprechendes Berichtswesen vor. Nach den schweren Unfällen wurde seitens des BMVI ein sicherheitstechnisches Nachrüstprogramm aufgelegt, in dem bis 2016 Investitionsmittel von etwa 1,1 Mrd. € bereitgestellt sind. Die Nachrüstung der Betriebstechnik umfasste in einem ersten Sofortprogramm u.a. die einheitliche Kennzeichnung von Fluchtwegen und Notausgängen, Brandnotbeleuchtungen, Notrufanlagen an den Tunnelportalen und Tunnelsperranlagen, zusätzlich wurden Gefahren- und Abwehrpläne erstellt und eingeführt. Längerfristig erforderliche Nachrüstungen umfassen die Lüftungssysteme, Beleuchtungsanlagen, Notrufeinrichtungen, die Videoüberwachung, die Brandmeldung und –detektion, die funktechnische Erreichbarkeit und die verkehrstechnische Ausstattung.

Bild 1.6: Nachrüstung Betriebstechnik, Fluchtwegkennzeichnung [BMVI, Ref. StB 17]

Bild 1.7: Mittelabfluss Nachrüstung Betriebstechnik [BMVI, Ref. StB 17]

Durch all diese Maßnahmen hat der Tunnelbau in Deutschland ein hohes bau- und sicherheitstechnisches Niveau. Infolge der planerischen Randbedingungen und den Forderungen nach Lärmschutz wird der Tunnelbau in Deutschland auch in Zukunft weiter zunehmen. Mehr als 130 Tunnel sind derzeit in der Planung bzw. in der Bauvorbereitung. Dafür werden die bauvertraglichen Regelungen auch mit dem Ziel der Kostensicherheit weiter

dem Stand der Technik anzupassen sein. Derzeit gibt es Untersuchungen zur Nutzung der Geothemie im Tunnelbau, der Fugenausbildung von Spritzbetonkonstruktionen und dem Brandverhalten bei der Verwendung offenporiger Asphaltschichten. 2. Christoph Jansen: Erfahrungen Lärmschutzeinhausung Lövenich, A 1, Kölner Ring –

Bau eines Tunnels unter laufendem Verkehr Über die Erfahrungen beim Bau der Lärmschutzeinhausung Lövenich unter laufendem Verkehr auf dem Kölner Autobahnring referierte Herr Jansen, der Projektleiter der Baumaßnahme beim Landesbetrieb Straßenbau NRW ist. Um die immer höher gewordenen Anforderungen an den Lärmschutz einhalten zu können, wurden bei den Planungen zum sechs- bzw. achtstreifigen Ausbau der A 1 zwischen Autobahnkreuz Köln-West und der Anschlussstelle Köln-Bocklemünd mehrere Varianten untersucht. Insbesondere im Abschnitt Autobahnkreuz Köln-West und dem DB-Bauwerk waren mehrere Möglichkeiten des Lärmschutzes gegenübergestellt und gegeneinander abgewogen worden. Untersucht worden waren 6 m hohe Lärmschutzwände ohne und mit zusätzlichem, lärmgeminderten offenporigen Asphalt sowie die 1,5 km lange Lärmschutzeinhausung. Bei der ersten Variante gab es insgesamt 1.162 Wohneinheiten, bei der zweiten 692 und bei der Lärmschutzeinhausung immer noch 267 Wohneinheiten mit Pegelüberschreitungen. Hier waren weitere aktive und passive Maßnahmen vorzusehen, um die betroffenen Bewohner vor Verkehrslärm zu schützen.

Bild 2.1: Kölner Ring mit Verkehrsstärken, in Rot: A 1, Abschnitt Lövenich mit der Einhausung

[Straßen.NRW]

Hinzu kam, daß seinerzeit auch das Bundesverkehrsministerium nach Wegen suchte, um mit neuartigen Konstruktionen die stetig gewachsenen Lärmschutzanforderungen zu erfüllen. Mit der im Zuge der A 1 angedachten Lärmschutzanlage in Leichtbauweise sollte als Pilotprojekt eine möglichst kostengünstige, dauerhafte sowie unterhaltungs- und wartungsarme Konstruktion im Hinblick auf Betrieb und Unterhaltung gefunden werden. Erzielt werden sollten eine Pegelminderung um 20 dB(A), eine Verringerung der Beleuchtungskosten durch die Anordnung eines Glasdaches sowie, aufgrund der linearen Abgasverteilung und angeordneter schallgedämmter Lüfter, der Verzicht auf eine weitere künstliche Be- und Entlüftung in der Einhausung. Mit diesen Prämissen wurde für den Ausbauabschnitt der A 1 im September 1999 schließlich der Planfeststellungsbeschluß erwirkt.

Bild 2.2: Querschnitt Lärmschutzeinhausung [Straßen.NRW]

Die schweren Brände in den Alpentunneln Ende der 1990er Jahre führten dann jedoch dazu, daß die Anforderungen an den Bau und die betriebstechnische Ausstattung von Tunneln erheblich stiegen. Die damit verbundene Einstufung der Lärmschutzeinhausung als Tunnel erforderte im Rahmen der Ausschreibung der Maßnahme erhebliche Ergänzungen der Betriebstechnik, um die Konstruktion auf das Anforderungsniveau der fortgeschriebenen RABT zu heben und einschließlich aller entsprechender Einrichtungen später den sicheren Betrieb des Tunnels zu gewährleisten. Anfang 2007 wurde schließlich mit dem Bau der Maßnahme begonnen, die bei einem Kostenrahmen von etwa 200 Mio. € als Mischlos ausgeführt wurde. Bei einer sehr hohen Verkehrsstärke in diesem Abschnitt von 120.000 KFZ/Tag und einem LKW-Anteil von 16 % wurden bis April 2011 unter ständiger Aufrechterhaltung des Verkehrs sukzessive die beiden Außenwände und die Wand im Mittelstreifen erstellt. Dabei waren gleichzeitig eine Fußgängerbrücke, mehrere Brücken im Zuge von Stadtstraßen, das Überführungsbauwerk Aachener Straße mit den integrierten Straßenbahngleisen, eine Eisenbahnbrücke sowie die Anschlussstelle Köln-Lövenich in das Bauwerk zu integrieren. Um keine übermäßigen Staus zu erzeugen, waren auf der Autobahn stets drei Fahrspuren offen zu halten und der Verkehr teilweise jeweils auf die andere Richtungsfahrbahn umzulegen. Das Auflegen der 1,20 m bis 4,00 m hohen und zwischen 22 t und 65 t schweren Binder, insgesamt 575 Stück, erfolgte nach der Fertigstellung der Wände bis September 2011 in nächtlichen Sperrpausen der jeweiligen Fahrtrichtung. Das anschließende Auflegen der 1.462 Glaselemente erfolgte danach sukzessive bis Dezember 2012 mittels eines speziellen, auf den Wandelementen angeordneten Portalkrans.

Bild 2.3: Bauen unter Verkehr; Errichtung der Wände, Einheben der Dachbinder, Einsetzen der

Glaselemente [Straßen.NRW]

Dabei war zu beachten, daß das Bauwerk abhängig vom Bau- und Fertigstellungszustand schon als Tunnel zu werten war und demzufolge auch die betriebstechnische Einrichtung entsprechend eingebaut sein musste. Dafür waren die Notausgänge bereits bei der Erstellung der Wände dauerhaft in Betrieb zu halten, es musste die provisorische Fluchtwegkennzeichnung installiert sein, die Löschwasserzufuhr war zu gewährleisten und Gefahrguttransporte durften in der Bauzeit nicht durch den Bauabschnitt geführt werden. Dies bedeutete gleichzeitig, daß die Dachkonstruktion in der entsprechenden Fahrtrichtung bzw. Röhre erst komplett geschlossen werden durfte, wenn die entsprechende Betriebstechnik in der „Tunnelröhre“ vollständig installiert und funktionstüchtig war. Zahlreiche Glaselemente konnten daher erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Dachkonstruktion der jeweiligen Röhre eingefügt und das Dach komplett geschlossen werden.

Bild 2.4: Bauen unter Verkehr; Einsetzen Glaselemente, Gesamtansicht Glasdach [Straßen.NRW]

Aufgrund des Pilotcharakters der Einhausung waren während der Bauzeit zahlreiche Zustimmungen im Einzelfall (ZiE) erforderlich, u.a. für die schallgedämpften, 5,5 t schweren Lüfter sowie für die Glasdachkonstruktion. In entsprechenden Versuchen waren Brandversuche und die Lärmemission der Lüfter sowie das Verhalten der Glaselemente im Brandfall und deren Resttragfähigkeit nach einem Brandereignis sowie das Tragverhalten nach Schäden durch Steinschlag oder Vandalismus nachzuweisen. Nach der kompletten Installation der Betriebstechnik in den Tunnelröhren musste diese sodann an die Telematik und die Streckenbeeinflussungsanlage des Kölner Rings angeschlossen werden. Dabei waren auch die Tunnelsperranlagen sowie die Anschlussstelle Köln-Lövenich mit einzubinden. Abschließend war dann die komplette Betriebstechnik in langwierigen, monatelangen Tests auf ihre Funktionstüchtigkeit hin umfassend zu prüften. Dafür waren immer wieder nächtliche Sperrungen der Autobahn erforderlich. Ein zusätzliches Problem stellte der gemäß RABT erforderliche Brandversuch nach Abschluss der Bauarbeiten dar, da durch die hohen Temperaturen des abzubrennenden

Benzins in den entsprechenden Pfannen teure Glaselemente hätten geschädigt werden können. Nach einer entsprechenden Simulation konnte der Brandversuch dann aber erfolgreich durchgeführt werden.

Bild 2.5: Brandversuch [Straßen.NRW]

Im Juli 2014 soll der Autobahnabschnitt nach 7 Jahren Bauzeit nun offiziell für den Verkehr freigegeben werden. 3. Marcus Beier: Bergmännischer Tunnel – B 62n, HTS, Bühltunnel Siegen,

kunststoffmodifizierte Innenschale Herr Beier, der seitens des Landesbetriebes Straßenbau NRW, Regionalniederlassung Südwestfalen in Siegen in der Bauüberwachung der Maßnahme tätig ist, berichtete über den Bau des Bühltunnels im Zuge der B 62n, Hüttentalstraße (HTS). Die insgesamt etwa 30 km lange HTS im Zuge der B 54 und B 62 beginnt am Autobahnende der A 4 an der Krombacher Höhe, verläuft in Nord-Süd-Richtung durch das Hüttental und durchquert, zumeist in Hochlage, die Stadt Siegen sowie deren Ortszentrum. Sie endet derzeit etwa in Höhe der A 45, Sauerlandlinie, im Bereich der 105 m hohen Siegtalbrücke. Der zur Zeit in Bau befindliche Abschnitt im Süden der Stadt überquert zunächst die Eisenbahnstrecke der DB AG von Siegen nach Köln, unterquert anschließend den dicht besiedelten Bühlrücken, überquert im weiteren Verlauf mehrfach die Sieg sowie erneut die Eisenbahnstrecke Siegen-Köln. Der Bauabschnitt endet nach einer weiteren Siegbrücke in Rheinland-Pfalz am Mudersbacher Kreisel. Vor dem Bühltunnel überquert ein Abzweig die HTS und die DB-Strecke und führt mit der 550 m langen Hubenfeldbrücke nach Siegen-Eiserfeld hinunter.

Bild 3.1: Lageplan B 62n, HTS, Siegen-Süd [Straßen.NRW]

Mit dem Bau der HTS war Mitte der 1970er Jahre sukzessive begonnen worden. Für den derzeitigen Bauabschnitt sah die ursprüngliche Planung einen vierstreifigen Straßenquerschnitt vor, der um den Bühlrücken herum führen sollte. 1983 wurde per Gerichtsurteil jedoch der entsprechende Planfeststellungsbeschluß aufgehoben und die bereits laufende Baumaßnahme abgebrochen. Nach umfangreichen Neuplanungen in den Folgejahren konnte dann um die Jahrtausendwende ein neuer Planfeststellungsbeschluß rechtskräftig

erwirkt und die Maßnahme fortgesetzt werden. In der Neuplanung wird die HTS bis zum Bühltunnel in der alten Trasse fortgeführt, ab dem Tunnel reduziert sich der Querschnitt dann auf jeweils zwei Fahrstreifen in der HTS bis zum Streckenende in Rheinland-Pfalz und im Abzweig nach Siegen-Eiserfeld. Der Bühltunnel unterquert mit einer Länge von 525 m den Bühlrücken unmittelbar neben dem stark frequentierten Eisenbahntunnel der Siegtalbahn. Beim Auffahren des Tunnels waren daher jegliche Beeinträchtigungen des Bahnverkehrs möglichst zu vermeiden.

Bild 3.2: Animation Tunnelportale Ost und West, Bühltunnel, B62n, HTS [Straßen.NRW]

Im Tunnelbereich stehen als Baugrund überwiegend Festgesteine aus mittelhartem, bankigem bis massigem Tonschiefer mit eingelagerten Grauwackelinsen an. Im westlichen Bereich sind Auffüllungen, Schluff-, Kies- und Felszersatzschichten vorherrschend. Im östlichen Bereich befindet sich die Rudolf-Störung mit vollständig zerriebenen Gesteinen und Lockergesteinen. Zusätzlich quert hier auch noch der Stollen eines ehemaligen Erzbergwerkes die Trasse. Störungszone und Stollen wurden vor Beginn der Baumaßnahme mit Beton verfüllt bzw. verpresst.

Bild 3.3: Geologische Verhältnisse Bühltunnel, B 62n, HTS [Straßen.NRW]

Aufgrund des anstehenden Baugrundes konnte der Bühltunnel überwiegend in bergmännischer Bauweise im Sprengvortrieb aufgefahren werden. Im westlichen Bereich wurden die Deckel- und die offene Bauweise angewendet, wobei im Bereich der Deckelbauweise der Deckel in Großbohrpfähle eingebunden wurde. Der Tunnel wurde mit einem Querschnitt RQ 10,5 t aufgefahren.

Bild 3.4: Tunnelquerschnitte, bergmännische -, Deckel-, offene Bauweise, Bühltunnel, B62n, HTS

[Straßen.NRW]

In etwa Tunnelmitte wurden ein kurzer Querstollen und ein Rettungsstollen zum Betriebsgebäude angeordnet, die ebenfalls bergmännisch und offen aufgefahren wurden.

Bild 3.5: Querschnitte Rettungsstollen, bergmännische -, offene Bauweise [Straßen.NRW]

Der Tunnel erhielt im bergmännischen Abschnitt nach dem Ausbruch des Gebirges zunächst eine äußere, durch Anker gesicherte Spritzbetonschale. Nach dem Aufbringen der Abdichtung aus einer Kunststoffdichtungsbahn und der Anordnung einer Ulmendrainage wurde mit Schalwagen und entsprechenden Nachläufern die Betoninnenschale eingebaut.

Bild 3.6: Offene -, Deckel-, bergmännische Bauweise (Sprengvortrieb), Bühltunnel, B62n, HTS

[Straßen.NRW]

Wie auch schon im ersten Vortrag berichtet, wurde beim Bühltunnel im Rahmen eines Pilotprojektes die Tunnelinnenschale aus kunststoffmodifiziertem Beton erstellt. Mit dem

Forschungsvorhaben, an dem BMVI, BASt und MFPA Leipzig beteiligt waren, sollte nachgewiesen werden, daß Herstellung und Einbau von Beton mit zugesetzten Kunststofffasern in der notwendigen Qualität unter Baustellenbedingungen möglich ist. Gleichzeitig sollten die positiven Effekte durch den Zusatz der Propylenfasern auf den baulichen Brandschutz sowie das Brand- und Abplatzverhalten unter Beachtung der Anforderungen an Pumpbeton nachgewiesen werden. Das positive Brandverhalten bei der Zugabe von Kunststofffasern in den Beton hatte sich bei der Brandkatastrophe einer Ölbohrinsel in der Nordsee herausgestellt. Die Bereiche, in denen der Beton ursprünglich zur Verbesserung des Frühschwindverhaltens mit Polypropylenfasern „verbessert“ worden war, waren durch die Hitzeeinwirkungen am wenigsten zerstört worden. Hintergrund dafür ist, daß sich bei einer starken Erhöhung der Temperatur um ca. 200 K/min zu Beginn einer Brandbeanspruchung sich die Feuchte im Betonquerschnitt von der Oberfläche aus rasch in das Innere eines Querschnitts zurückzieht. Bis zur „Feuchtigkeitsfront“ sind die Poren trocken, dahinter, nach Innen hin, sind sie mit Wasser gesättigt. Da die Temperaturbeanspruchung nach innen hin schneller erfolgt als die Trocknung der Poren, bildet sich in diesen ein starker Wasserdampfdruck aus, der bei dichten Betonen nicht ausreichend schnell entweichen kann. Durch die gleichzeitige thermische Ausdehnung des Betons, die äußere Beanspruchung und den Dampfdruck bildet sich ein mehrdimensionaler Spannungszustand aus, in dem die Zugfestigkeit des Betons überschritten wird und es zu Abplatzungen an der Oberfläche kommt. Gleichzeitig wird die freigelegte Bewehrung starken thermischen Beanspruchungen ausgesetzt, es kommt zu gravierenden Standsicherheitsdefiziten bis hin zur Zerstörung des Bauwerkes. Dieser Prozess dauert solange an, wie die Hitzezufuhr anhält. Bisher war der bauliche Brandschutz für Tunnel im Regelwerk durch konstruktive Maßnahmen darauf abgestellt, daß sich die tragende Bewehrung im Brandfall nicht über 300°C erwärmte. Dies wurde durch eine ausreichende Betondeckung von 6,0 cm und eine verzinkte Bewehrungsmatte auf der Luftseite der Betoninnenschale in der Decke eingehalten. Nachdem man entsprechende Erfahrungen im benachbarten Ausland gemacht und dort entsprechende Regelungen eingeführt hatte, wurde die Zugabe abschmelzender PP-Fasern in den Innenschalenbeton mit Hinweisblatt der ZTV-ING vom März 2012 für Deutschland ermöglicht. Die Fasern sollen ab ca. 165°C im Betonquerschnitt Entlastungskanäle schaffen, durch die der Wasserdampf entweichen und ein kritischer Spannungszustand nahe der Oberfläche durch Dampfdruck vermieden werden kann. Aus den o.g. Forschungsvorhaben konnten spezifische Randbedingungen und Vorgaben für den Einsatz von Ortbeton als Pumpbeton sowie das Einbringen mittels Gewölbeschalwagen formuliert werden. Die Zugabe der PP-Fasern hatte aber aufgrund einer steiferen Konsistenz einen deutlichen Einfluss auf die Frischbetoneigenschaften. Mit den entsprechenden Vorgaben an die Anforderungen wurde 2009/2010 die Ausschreibung für die Baumaßnahme „Bühltunnel“ erstellt und nach Wertung der Angebote für etwa 21,2 Mio. € an die Fa. Züblin vergeben. In der Ausschreibung angegeben waren für den Innenschalenbeton eine Mindestfestigkeit von C30/37, die Expositionsklassen XF2, XD2, XA2, XC4, ein maximaler w/z-Wert von 0,5, ein Mindestzementgehalt von 320 kg/m³ sowie bis zu 2 kg/m3 PP-Fasern mit einem Durchmesser von 16 µm - 20 µm und einer Länge von 6 mm. Nebenangebote mit einer anderen Geometrie der PP-Fasern und einem anderen Fasergehalt waren zugelassen worden. Für diesen Fall gefordert wurde jedoch der Nachweis der gleichen brandschutztechnischen Wirksamkeit, zum Beispiel durch Brandversuche sowie die Vorlage eines bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweises, d.h. einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung. Um eine ausreichend robuste Betonrezeptur mit entsprechender Verarbeitbarkeit zu erhalten, waren in der Ausschreibung gegenüber den üblichen Erst- und Eignungsprüfungen des Betons weitere Untersuchungen definiert worden. Untersucht werden sollten im Betonmischwerk die Zugabe der Fasern zum Trockengemisch und zum

Nassgemisch im Hinblick auf eine homogene Verteilung sowie die Auswirkungen auf die Frischbetoneigenschaften. Abhängig vom PP-Fasergehalt und der Verteilung im Beton sollte der Einfluss des Transports, insbesondere der Fahrzeit, auf die Frischbetoneigenschaften sowie zur Fließmittelzugabe untersucht und bewertet werden. Die Überprüfung der Rezeptur sollte durch den Einbau in einen repräsentativen, großmaßstäblichen wandförmigen Probekörper am Frisch- und am Festbeton erfolgen und gegebenenfalls weiter verifiziert werden. Dafür sollte der Faserbeton unter Praxisbedingungen im Betonmischwerk gemischt und über Betonstutzen im unteren Wandbereich drückend eingebracht werden. Anschließend überprüft werden sollten die Verdichtungseigenschaften, das Sedimentationsverhalten, der Fasergehaltes und deren Verteilung im Frisch- und Festbeton. Für die Untersuchungen war durch den AN ein anerkannter Sachverständiger für Betontechnologie mit Erfahrungen im Bereich Faserbeton einzubeziehen. Für die Produktions- und Konformitätskontrolle war der Beton der Überwachungsklasse 3 nach DIN 1045-3 zugeordnet worden. Von der Möglichkeit von den Vorgaben der Ausschreibung abzuweichen, machte der AN Gebrauch. Verwendet werden sollten 350 kg/m3 Zement CEM II/A-LL, 42,5 N, 130 kg/m3 Flugasche, ein w/z-Wert von 0,49 sowie eine Sieblinie von 0/2 für Sand und 2/16 für Splitt. Zugegeben werden sollte ein Fließmittel auf PCE-Basis. Verwendet werden sollten 6 mm lange und 15,4 µm dicke 1,7 dtex-PP-Fasern in einer Zugabemenge von 1,2 - 1,4 kg/m3. Mit dieser Rezeptur wurden die Erstprüfung im Transportbetonwerk durchgeführt und die in der Ausschreibung geforderten Kennwerte bestimmt sowie auf der Baustelle durch Verarbeitungsversuche weiter verifiziert. Der Nachweis auf das gleichwertige Brand- und Abplatzverhalten erfolgte unter Berücksichtigung des in der ZTV-ING vorgegebenen Temperatur-Zeit-Szenarios an entsprechenden Probekörpern. Mit einer Erhöhung des PP-Fasergehalts auf 1,4 kg/m³ konnte die Einhaltung des sog. 300 °C-Kriteriums bei einer Betondeckung der Bewehrung von 6 cm erfolgreich nachgewiesen werden. Die erforderliche Zustimmung im Einzelfall (ZiE) erfolgte dann auf Grundlage einer gutachterlichen Empfehlung der MFPA Leipzig. Die örtliche Umsetzung des Probekörpers bzw. der Probewand erfolgte an der Ortbetonwand von „Block 51“. Der Wandabschnitt war für die Betonage mit Nischen ausgebildet und die Schalung mit Betonierstutzen versehen worden, über die drückend betoniert werden konnte. Zusammen mit den Erst- und Eignungsprüfungen im Transportbetonwerk bildete der Verarbeitungsversuch auf der Baustelle die Grundlage der durch den AN anzufertigenden und als Bestandteil der ZiE vorgesehenen Qualitätssicherungsunterlagen (QS-Pläne). Dabei wurde bewusst in einen QS-Plan für das Betonmischwerk und einen für die Baustelle unterschieden.

Bild 3.7: Versuchskörper Faserbeton, Bühltunnel, B62n, HTS [Straßen.NRW]

Bild 3.8: Einbau Faserbeton, offener Bereich, Bühltunnel, B62n, HTS [Straßen.NRW]

Nach der Fertigstellung der Innenschale konnten über die Verwendung von PP-Faserbeton unter praxisnahen Baustellenbedingungen folgende Erkenntnisse gewonnen werden. Der Einfluss von Schwankungen der Frischbetontemperatur lag im zulässigen Temperaturbereich zwischen 5°C und 25°C. Temperaturbereiche von über 25°C waren unzulässig. Die Einhaltung der max. Frischbetontemperatur von 25°C konnte in den Sommermonaten des Jahres 2013 nur durch einen zeitweisen Einsatz einer Schneekanone zur Kühlung der Zuschlagstoffe und die Zugabe von Scherbeneis im Mischwerk erreicht werden. In einem Temperaturbereich zwischen 17°C und 25°C konnten keine nennenswerten Unterschiede im Vergleich zum „Normalbeton“ ohne PP-Fasern festgestellt werden. Im Temperaturbereich unter 14°C und 16°C wurde bei der PP-Faserbetonrezeptur eine geringfügige Neigung zum Entmischen (bluten) des Betons festgestellt. Die Festigkeit der Faserbetonrezeptur lag nach ca. 5 bis 6 Stunden bei 3 kN/mm², teilweise bei bis zu 9 kN/m². Hierdurch ergaben sich statische Probleme in Bezug auf den Schalungsdruck und das Aufschwimmen. Nach der Betonage des ersten Blockes wurde eine Verformung der Schalung in Querrichtung im Zentimeterbereich festgestellt. Zum Ausgleich mussten daher zusätzliche Queraussteifungen vorgesehen werden. Bezüglich der Betonierzeit pro Block bzw. gemäß Statik des Schalwagens konnten keine nennenswerten Unterschiede gegenüber einem „Normalbeton“ ohne PP-Fasern festgestellt werden. Die gemessenen Temperaturen lagen in einem maximalen Bereich zwischen 50°C und 60°C. Die Entwicklung der Hydratationswärme des Faserbetons war gegenüber einem Normalbeton aber erhöht erwartet worden. Kritische Temperaturen mit einer wahrscheinlichen Schädigung des Betongefüges von ≥ 65°C wurden nicht erreicht. Der Vergleich der gemessenen Ausbreitmaße des Betons im Mischwerk und auf der Baustelle unter Berücksichtigung des Einflusses der Fahr- bzw. der Mischzeit im Fahrzeug sowie des Pumpvorganges ergab keine Auffälligkeiten.

Bild 3.9: Versuche am Faserbeton, Bühltunnel, B62n, HTS [Straßen.NRW]

Die PP-Fasern wurden zunächst in Abhängigkeit des jeweiligen Mischer-Fassungsvermögens pro Charge auf eine minimale / maximale Zugabe von 1,4 kg/m³ berechnet bzw. abgestimmt. Die entsprechende Menge wurde werkseitig in nummerierte, verschweißte Folientüten abgepackt und dem Mischprozess händisch über das Förderband der Zuschlagssilos zugeführt. Nach den Auswertungen der Faserauswaschversuche am Frischbeton sowie der Analyse des Festbetons kann von einer homogenen und gleichmäßigen Verteilung der PP-Fasern im Innenschalenbeton ausgegangen werden. Ein Verklumpen der Fasern mit einhergehender „Fasernest-„ bzw. Fehlstellenbildung konnte im gesamten Verlauf der Betonagen nicht festgestellt werden. Nach der Fertigstellung der Tunnelblöcke konnte bei jeweils durchgeführten Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 eine Rissentwicklung, selbst im unkritischen Bereich von Rissweiten ≤ 0,2 mm, im gesamten Gewölbeverlauf nur sehr vereinzelt festgestellt werden. Dies ist auf eine eventuelle „Bewehrungswirkung“ der Fasern, auf eine „interne Nachbehandlung“ durch eine Wasserumhüllung der PP-Fasern oder auf die gegenüber den Vorgaben der ZTV-ING auf insgesamt vier Tage verlängerte Nachbehandlung zurückzuführen. Kiesnester wurden im gesamten Tunnelgewölbe nur ganz vereinzelt festgestellt, es kann daher auf eine homogene Verteilung der Zuschlagstoffe geschlossen werden. Aufgrund des anfänglich verwendeten Schalöls traten in den „ersten Blöcken“ dunkle

Verfärbungen der Betonansichtsflächen auf. Diese konnten durch oberflächliches Abschleifen aber problemlos entfernt werden. Nach Umstellung auf ein Alternativprodukt traten keine Verfärbungen mehr auf. Der Kostenvergleich des PP-Faserbetons zum „Normalbeton“ ergab Mehraufwendungen von ca. 10,- €/m³ ohne Nachbehandlung, bzw. auf ca. 37,- €/m³ mit Nachbehandlung. Die Arbeiten der Baumaßnahme begannen Anfang 2010 und sollen einschließlich des Einbaues der Betriebstechnik 2016 beendet werden. Literatur: H. Mämpel, C. Peter, B. Steiner, M. Beier, F. Dehn, D. Eickmeier: Bühltunnel: Erfahrung aus dem Vortrieb und Festlegung der Betonrezeptur für die Innenschale aus PP-Faserbeton; Tunnel 1/2014, S. 33 - 40 4. Andreas Zenz: Nachrüstung Tunnelbetriebstechnik, A 40, Essen Herr Zenz, Leiter der Projektgruppe Tunnel in der Autobahnniederlassung (ANL) Krefeld, berichtete über die Organisationsstrukturen und über die Nachrüstung der Betriebstechnik im Tunnel Ruhrschnellweg, der im Zuge der A 40 in Essen liegt. In Nordrhein-Westfalen gibt es 45 Tunnel, wovon 23 Tunnel eine Länge von über 400 m haben. Um nach den schweren Tunnelbränden in den Alpen das Nachrüstprogramm der betriebstechnischen Einrichtungen dieser Tunnel abzuwickeln und die organisatorischen Pflichten der Sicherheitsorgane nach der europäischen Tunnelrichtlinie und nach RABT, Ausg. 2006, zu gewährleisten, wurde beim Landesbetrieb Straßenbau NRW ein entsprechendes Tunnelmanagement installiert. Bestandteil des Managements ist im Betriebssitz das Kompetenzcentrum Tunnelsicherheit (KCT), das sich mit Grundsatzfragen, der Gremienarbeit, mit der Qualitätssicherung und der Beratung der Niederlassungen befasst. Der Betriebssitz übernimmt die wesentlichen Aufgaben der Verwaltungsbehörde mit ihrer Untersuchungsstelle. Darunter gibt es zwei Tunnelmanager, das sind die Leiter der für Betrieb und Sicherheitsausstattung zuständigen Autobahnniederlassungen, zwei Projektgruppen und eine Tunnelleitzentrale mit jeweils einem Standort in den Autobahnniederlassungen. Die Projektgruppen befassen sich mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb der elektro- und maschinentechnischen Tunnelausstattung und zugehörigen Pumpwerken. Die Tunnelleitzentrale organisiert den Betrieb und die laufende Überwachung der Tunnel, deren Mitarbeiter kümmern sich aber auch um die Abwicklung der Wartungsverträge und die Sicherheitsdokumentation. Die Straßenunterhaltung in den Tunnelanlagen wird von den Meistereien übernommen.

Bild 4.1: Organisation Tunnelmanagement [Straßen.NRW]

Die A 40 verläuft in West-Ost-Richtung durch das Ruhrgebiet. Da sie in weiten Teilen als Stadtautobahn angelegt ist, hat sie eine dichte Folge von Anschlussstellen. Die Verkehrsbelastung im Bereich des Tunnels Ruhrschnellweg beträgt etwa 92.000 FZ/24 h. Unmittelbar hinter dem Tunnel in Fahrtrichtung Dortmund befinden sich mehrere Brückenbauwerke, wobei die Stadtwaldbahnbrücke hoch belastete Eisenbahnstrecken überführt. Der Tunnel, die Fußgängerbrücke Steubenstrasse und die Helbingbrücken mussten instandgesetzt, die Stadtwaldbahnbrücke, mehrere Lärmschutzwände, Schutzeinrichtungen und die Fahrbahnbeläge mussten erneuert werden.

Bild 4.2: Lageplan A 40, Lage Tunnel Ruhrschnellweg [Straßen.NRW]

Bild 4.3: A 40, Lage Tunnel Ruhrschnellweg, Helbing-, Stadtwaldbahn-, Fußwegbrücke Steubenstraße

[Straßen.NRW, google earth]

In Zusammenhang mit einer längeren Sperrpause der Bundesbahn im Sommer 2012 ergab sich ein Zeitfenster von 3 Monaten für die Instandsetzung der entsprechenden Brücken, für den Ersatzneubau der Brücke über den Bahnstrecken und um im Tunnel Ruhrschnellweg die Betriebstechnik nachzurüsten. Die Maßnahme sollte innerhalb der mehrmonatigen Vollsperrung des Autobahnabschnittes durchgeführt werden. Der Tunnel Ruhrschnellweg hat eine Länge von etwa 1.000 m und weist 2 Röhren mit jeweils 2 Fahrspuren auf. Unmittelbar im Stadtzentrum Essen gelegen, ist er seit 1970 unter Verkehr.

Bild 4.4: Portal Tunnel Ruhrschnellweg [Straßen.NRW]

In einer ersten Bauphase waren im Tunnel die Regellüftungsanlagen erneuert, eine Brandlüftungsanlage, die Leittechnik, verschiedene Messeinrichtungen und Brandmeldekabel installiert worden. Innerhalb der beabsichtigten dreimonatigen Vollsperrung sollte eine vollständige Aufrüstung der Betriebstechnik gemäß RABT, Ausg. 2006, erfolgen sowie die verkehrstechnische Ausstattung erweitert werden. An bautechnischen Maßnahmen waren die Entwässerungseinrichtungen anzupassen, Notrufnischen und Fluchttüren umzubauen, Masten und Brücken für die verkehrstechnische Ausstattung zu montieren sowie Wandöffnungen im Portalbereich zu schließen. Wegen der Brückenbauwerke waren im Vorfeld der Baumaßnahme intensive Gespräche mit der RNL Ruhr in Bochum erforderlich, um die bis dahin einzeln geplanten Maßnahmen zu einer Gesamtmaßnahme zu koordinieren. Die Vergabe aller Maßnahmen sollte zeitgleich erfolgen.

Bild 4.5: Terminplanung Baumaßnahmen [Straßen.NRW]

Um die Vollsperrung zu realisieren, waren Umleitungsstrecken für die jeweiligen Verkehrsteilnehmer zu organisieren und einzurichten sowie das Autobahndreieck Essen-Ost (A 52 – A 40) umzubauen. Eine intensive Informationspolitik bzw. Öffentlichkeitsarbeit in den Medien, in Presse, Funk und Fernsehen war seitens der beiden Niederlassungen vorzunehmen.

Bild 4.6: Umleitungsplanung [Straßen.NRW]

Im Mai 2011 wurde die Tunnelnachrüstungsmaßnahme beim damaligen BMVBS vorgestellt und dessen grundsätzliche Zustimmung eingeholt. Es wurden die Entwürfe aufgestellt und genehmigt sowie die Leistungsverzeichnisse erstellt. Die Maßnahme wurde im August 2011 öffentlich ausgeschrieben und zusammen mit den anderen Baumaßnahmen Anfang 2012 vergeben. Innerhalb der geplanten Vollsperrungszeit wurden im Tunnel die entsprechenden Hauptarbeiten vertragsgemäß durchgeführt. Die verbliebene Restarbeiten und weitere Maßnahmen werden seitdem in nächtlichen Sperrpausen durchgeführt.

Bild 4.7: Baumaßnahmen im Tunnel, Beleuchtungsanlagen, Fluchttüren, Löschwasserversorgung,

Entwässerungseinrichtungen [Straßen.NRW]

Insgesamt hat sich die gewählte Vorgehensweise bei dieser Maßnahme bewährt. Möglichkeiten der Vollsperrung über einen kurzen Zeitraum im Autobahnnetz sollten für andere Baumaßnahmen zukünftig unter Abwägung aller Randbedingungen erwogen werden.

5. Dr.-Ing. Jens Hanel: Längster Tunnel in Deutschland, Elbequerung A 20 Herr Dr.-Ing. Hanel von der Niedersächsischen Straßenbauverwaltung berichtete über die Planung zum längsten Unterwassertunnel in Deutschland, der Elbequerung im Zuge der A 20. Die A 20 verläuft entlang der deutschen Ost- und Nordseeküste und soll nordwestlich von Hamburg, zwischen Glückstadt und Drochtersen, die Elbe unterqueren.

Bild 5.1: Planübersichten A 20 Elbequerung [Strassenbau.Niedersachsen, GeoBasis DE7 BKG2010]

Die Linie für den Streckenabschnitt nordwestlich von Hamburg wurde 2005 bestimmt, 2006 wurde für die Querung der Elbe eine Machbarkeitsstudie erstellt, 2008 der Bauwerksentwurf für den Tunnel aufgestellt und 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Im Rahmen des Linienbestimmungsverfahrens wurde in einer Machbarkeitsstudie neben einem „Bohrtunnel“ und einem „Absenktunnel“ auch eine Hochbrücke untersucht. Für die Tunnel wurden Gradientenhöhen von 50 m unter Geländeoberkante, für die Brücke Gradientenhöhen von 85 m und 112,60 m über Geländeoberkante angenommen. Da das umliegende Gelände hochsensibles FFH-Gebiet ist sowie aufgrund des anstehenden Baugrundes und der Elbeschifffahrt, fiel die Entscheidung zugunsten des Bohrtunnels.

Bild 5.2: Machbarkeitsstudie, Varianten Hochbrücke – Tunnel [Strassenbau.Niedersachsen]

Bild 5.3: geologischer Längsschnitt Tunneltrasse A 20 [Strassenbau.Niedersachsen]

Der Tunnel soll etwa 6,5 km lang werden und zwei separate Röhren für jede Fahrtrichtung erhalten. In den Portalbereichen werden kurze Abschnitte in offener Bauweise bzw. als Trog zu realisieren sein, die weiteren Abschnitte mit der Elbequerung werden mit einer Tunnelbohrmaschine aufgefahren. Als Regelquerschnitt ist ein RQ 26 Tr vorgesehen, die beiden Röhren sollen jeweils einen Außendurchmesser von 13,90 m haben. 20 Querschläge sollen die beiden Röhren miteinander verbinden.

Bild 5.4: Querschnitt, Visualisierung Trogbereich, Tunnelportal [Strassenbau.Niedersachsen]

Bild 5.5: Querschnitt offene Bauweise Bild 5.6: Querschnitt Bohrabschnitt

[Strassenbau.Niedersachsen]

Prognostiziert wird eine Bauzeit von 6 Jahren, wobei die beiden Tunnelröhren jeweils von Nord nach Süd aufgefahren werden sollen. Das Baustelleneinrichtungsgelände mit Absetzbecken, Tübbinglager, Montageplatz für die Tunnelbohrmaschinen usw. soll am nördlichen Tunnelende angeordnet werden. Etwa 3 Mio. m³ Boden werden beim Bau der beiden Tunnelröhren anfallen, wovon etwa 1,6 Mio. m³ nicht weiter verwendet werden können. Nach der Fertigstellung des „Rohbaues“ soll im sechsten Jahr die betriebstechnische Ausstattung installiert werden. Da die Längsneigung der beiden Tunnelröhren über 3 % beträgt, waren besondere Risikostudien anzufertigen. Neben dem Standard nach RABT, Ausg. 2006, wurden für den Tunnel eine zusätzliche Videodetektion und eine Geschwindigkeitsüberwachung miteinander verglichen. Als Ergebnis wurde festgestellt, daß mit den zusätzlichen Maßnahmen kein erhöhtes Risiko vorliegen würde. Das Betriebsgebäude soll im Bereich des südlichen Tunnelportals angeordnet werden, wobei hier auch ein Entrauchungskamin zu integrieren ist. Aufgrund entsprechender Anforderungen soll das Gebäude wie eine Schiffsbrücke gestaltet werden und so in die Charakteristik der Landschaft integriert werden.

Bild 5.7: Querschnitt offener Abschnitt, Betriebseinrichtung, Visualisierung Betriebsgebäude

[Strassenbau.Niedersachsen]

Derzeit geklärt werden von der niedersächsischen Straßenbauverwaltung Fragen der Finanzierung. Da das Projekt mit 1,1 bis 1,3 Mrd. € veranschlagt wurde, wird über eine Finanzierung nach dem F-Modell nachgedacht. Die derzeitige Landesregierung hat aber in ihrem Koalitionsvertrag eine Realisierung bis 2017 ausgeschlossen. Literatur: [1] NN: Elbquerung A 20; Wikipedia [2] NN: Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr: Die Autobahn 20 mit

Elbquerung zwischen Drochtersen und Glückstadt; www.strassenbau.niedersachsen.de [3] NN: Abschnitt 8: Elbquerung – A 20 zwischen der B 431 (Glückstadt) in SH und der K 28

(Drochtersen) in NI; www.schleswig-holstein.de 6. Dr.-Ing. Michael Lepique: Schadensfall Waidmarkt, Nord-Süd-Stadtbahn Köln –

technischer Sachstand nach 5 Jahren Das Seminar schloss mit dem höchst interessanten Vortrag von Herrn Dr.-Ing. Lepique von Fa. DMT zum Archiveinsturz in der Severinstraße in Köln. Zu dem Schadensfall war es am 3.3.2009 während des Baues der Nord-Süd-U-Bahn gekommen. Obwohl die durch die Staatsanwaltschaft Köln durchgeführten entsprechenden Ermittlungen zur Erforschung der Unglücksursache noch nicht abgeschlossen sind aber noch längere Zeit andauern werden, sollte fünf Jahre nach dem Unglück dem Auditorium über den technischen Sachstand berichtet werden. Im Rahmen des Baues der Nord-Süd-U-Bahn sollte in der Severinstraße im Bereich des Stadtarchivs im Schutze von Schlitzwänden in offener Baugrube eine Gleiswechselstelle errichtet werden. Zum Zeitpunkt des Unglücks waren die beiden Tunnelröhren der U-Bahn durch Tunnelbohrmaschinen aufgefahren, die äußeren Schlitzwände des geplanten Gleiswechselbauwerkes erstellt, die Baugrube ausgehoben und zwei Zwischenebenen des Bauwerkes eingezogen. Man war dabei, das Grundwasser aus der Baugrube zu lenzen, um nach der Trockenlegung den Bodenbereich bewehren und betonieren zu können. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Baustelle befanden sich das Stadtarchiv, zwei Gymnasien, das Gebäude des Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverbandes, das ehemalige Polizeipräsidium Köln und die Kirche St. Georg.

Bild 6.1: Lage Einsturzstelle Kölner Stadtarchiv, Severinstraße [DMT, google earth]

Der Baugrund im Bereich der Gleiswechselanlage besteht aus Auffüllungen aus Bauschutt, aus Schluff, Sand und Kies. In größerer Tiefe stehen Schluff, bestehend aus Hochflut- und Lößlehm, bis zu 30 m mächtige Sand- und Kiesschichten der Nieder- und Mittelterrasse des Quartär sowie unter einer Braunkohlelinse das Tertiär aus Sanden der Kölner Schichten an. Die Schlitzwände der geplanten Gleiswechselanlage reichen mehrere Meter in das Tertiär hinein.

Bild 6.2: Gleiswechselbauwerk Waidmarkt, Querschnitt, Draufsicht [DMT, Stadt Köln /1/]

Am Unglückstag strömten plötzlich ca. 5.000 m³ Boden bestehend aus quartären Sanden und Kiesen in die Baugrube des Gleiswechselbauwerkes, das unmittelbar benachbarte Archivgebäude kippte infolge plötzlich mangelnder Standsicherheit in die Baugrube des Bauwerkes. In zwei weiteren benachbarten Gebäuden kamen bei deren Einsturz zwei Menschen zu Tode. Im Archivgebäude, das 30 Regalkilometer kostbarste alte Schriften, Urkunden, Karten, Pläne und Sammlungen bis zum Hochmittelalter zurück beherbergte, wurden alle Dokumente und Archivalien verschüttet. Den eintreffenden Rettungskräften aus Feuerwehr und THW bot sich ein Bild der Verwüstung.

Bild 6.3: Schnitt Einsturzstelle Kölner Stadtarchiv, Severinstraße [DMT, Stadt Köln /2/]

Bild 6.4: Einsturzstelle Kölner Stadtarchiv, Severinstraße, 3.3.2009, Situation Gleiswechselbauwerk

[DMT]

Unmittelbar nach dem Einsturz musste von zusätzlich hinzugezogenen Gutachtern der verschiedensten Fachrichtungen im Auftrag der Feuerwehr zunächst Strategien zur Gefahrenabwehr festgelegt werden. Gefährdungs- und Überwachungsbereiche wurden bestimmt, eine messtechnische Überwachung der Unglücksstelle im Sinne der DIN 1054 installiert und geotechnische Erkundungsmaßnahmen im Rahmen der Gefahrenabwehr vereinbart bzw. vorgenommen. Eine erste Festlegung der Gefährdungsbereiche erfolgte über die Abtragung von Böschungswinkeln unter 45° und 33° von den Fußpunkten der Schlitzwandsohlen aus gemessen. Von den Baugrubenecken wurden entsprechende Kreise im 45 m und 70 m Radius geschlagen und so die entsprechenden Bereiche abgegrenzt.

Bild 6.5: Bestimmung Gefährdungsbereiche [DMT]

Zur messtechnischen Überwachung wurden entsprechende Messpunkte innerhalb der Baugrube sowie an den umliegenden Gebäuden installiert und permanent auf Bewegungen hin überwacht. Darüber hinaus mussten für den weiteren Rettungseinsatz Standorte für einen 220-t-Mobilkran und zur Gründung von Stützen für eine Dachkonstruktion, die dem Schutz der freiliegenden Archivalien dienen sollte, festgelegt werden. Im Rahmen von ersten Erkundungsmaßnahmen wurden desweiteren Rammsondierungen abgeteuft und Drucksondierungen vorgenommen, um die Lagerungsdichte des durch den Einsturz gestörten, anstehenden Bodens zu ermitteln. Zusätzlich wurden geophysikalische Verfahren angewendet.

Bild 6.6: Messtechnik zur Bestimmung der Gefährdungsbereiche: Tachymetermonitoring,

Erschütterungsmessungen, Fussirometermessung (horizontale Bewegungsmessung), Inklinometermessung, 3D-Laserscan-Messung [DMT]

Bild 6.7: 3D-Darstellung, Messplan 5.3.2010, Überwachung Feuerwehr, DMT [DMT]

Anhand der Untersuchungen wurden sodann die Böschungen im entstandenen Verbruchtrichter der Unglücksstelle durch eine Vernagelung gesichert, um sukzessive die Beräumung der Unfallstelle und die Bergung der Archivalien durchführen zu können. An der Außenwand der Schlitzwände der Gleiswechselstelle wurde dann später eine 5,10 m breite und 12,30 m lange Besichtigungsbaugrube erstellt. Die Baugrubenwände wurden durch eine überschnittene Bohrpfahlwand und durch Aussteifungen gesichert. Die Bohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,50 m reichten bis 38,70 m tief in die Erde. Um die spätere Ursachenforschung nicht zu gefährden, wurde der Anschluss der Bohrpfahlwand an die Außenseite der Schlitzwand mit einer Vereisung gesichert. Je nach Wasserstand am Kölner Rheinpegel steht ca. 9,00 m unter GOK bzw. 3,00 m unterhalb der Oberkante der Gleiswechselanlage und damit auch im Besichtigungsbauwerk Grundwasser an, das aus statischen Gründen nicht abgepumpt werden konnte.

Bild 6.8: Bergungsbauwerk Archivalien [DMT, Stadt Köln, S&P]

Aus dieser Baugrube heraus wurde anschließend soweit irgend möglich das verschüttete Archivgut mittels Geräten und Tauchern unter Wasser geborgen, um es wieder herrichten zu lassen, denn für historische Forschungen zur Geschichte von Stadt und Region war es von unschätzbarem Wert.

Bild 6.9: geborgene Archivalien [DMT]

Nach der fast vollständigen und sehr langwierigen Bergung der Archivalien wurde die Baugrube zunächst wieder mit Bodenmaterial verfüllt und die zuvor eingebauten Aussteifungen entfernt. Innerhalb der Bergebaugrube wurde anschließend ein kleineres Besichtigungsbauwerk errichtet, um über dieses und den erneuten sukzessiven Bodenaushub in 50 cm dicken Schichten bis zur Schlitzwandsohle hinunter die Schadensursache erforschen zu können. Auch diese derzeit noch andauernde Arbeiten und Untersuchungen erfolgen unter Wasser durch Taucher.

Bild 6.10: Besichtigungsbauwerk für Schadenserkundung, Draufsicht, Querschnitt [DMT]

Z.Zt.vermutet wird, daß eine der Lamellen der abschnittsweise hergestellten Schlitzwand fehlerhaft ist und in 26 m bis 28 m Tiefe ein Leck aufweist. Durch dieses Leck könnte beim Abpumpen des Wassers aus dem Gleiswechselbauwerk Bodenmaterial von der Erdseite aus in das Gleiswechselbauwerk geströmt sein und unter dem Archivgebäude einen größeren Hohlraum erzeugt haben. Thermische und geophysikalische Erkundungen haben gezeigt, daß die Schichtung des Bodenmaterials in der Baugrube der Gleiswechselanlage mit lockerem Bodenmaterial auf der Außenseite der Baugrube korreliert. Auch Untersuchungen mit zerstörungsfreien Prüfverfahren haben an der betroffenen Schlitzwand im Bereich der vermuteten Schadstelle entsprechende Unstetigkeiten gezeigt und erhärten diese These. Literatur: /1/ U. Sieler, R. Pabst, C. Moormann, G. Neweling: Der Einsturz des Stadtarchivs in Köln: Bauliche Maßnahmen zur Bergung der Archivalien und zur Erkundung der Schadensursache; Uni Stuttgart, Baugrundtagung /2/ W. Reinarz: Die Folgen des Unfalls am Waidmarkt für die Kölner Verkehrs-Betriebe; BauPortal 12/2009, S. 693 – 697 /3/ Kölner Verkehrs-Betriebe: Fünf Jahre nach dem Archiveinsturz – Arbeiten und Beweissicherung an der Unfallstelle; Pressemitteilung 24.2.2014; www.nord-sued-stadtbahn.de