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Christopher Klug
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
kassel
universitypress
Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel als Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Wirtschafts- und Sozial-wissenschaften (Dr. rer. pol.) angenommen. Erster Gutachter: Prof. Dr. Otfried Kießler Tag der mündlichen Prüfung 28. Oktober 2008 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar Zugl.: Kassel, Univ., Diss. 2008 ISBN print: 978-3-89958-702-9 ISBN online: 978-3-89958-703-6 URN: urn:nbn:de:0002-7037 © 2009, kassel university press GmbH, Kassel www.upress.uni-kassel.de Umschlaggestaltung: Jörg Batschi Grafikdesign, Kassel Druck und Verarbeitung: docupoint GmbH, Magdeburg Printed in Germany
Gewidmet Dir und Euch Fünfen, vier mit Namen, eines noch ohne.
Eure Rücksicht war überwältigend.
Habt Dank dafür, von Herzen.
- V -
Vorwort
„Ist eine lange Straße die Du gehst, und ein weiter Weg.“
[Herwig Mitteregger]
Der Impuls zu dieser Dissertation entstand aus praktischer Erfahrung in wissenschaftlichem Kontext:
Bereits im Rahmen einer studentischen Projektarbeit ließ sich die Schwerfälligkeit von Reformen in
öffentlichen Verwaltungen in der Praxis erleben. Die Idee, für Veränderungsprozesse öffentlicher
Verwaltungen über „try and error“ hinaus eine Systematik zu entwickeln, die sich von ungeeigneten,
da die spezifischen Ausgangsbedingungen öffentlicher Verwaltung missachtenden Modellen und
Konzepten und den verzerrend auf ökonomische Parameter schielenden, weitgehend untauglichen
Konzepten der KGSt wohltuend abhebt, war geboren und wurde beflügelt durch zahlreiche weitere
Begleitungen von Veränderungsprojekten innerhalb öffentlicher Verwaltungen und Institutionen in den
letzten Jahren.
Die Sichtung von Konzepten des Veränderungsmanagements, die Entwicklung eines Phasenmodells
auf Basis des Standes der Forschung sowie das Herausarbeiten von Erfolgsfaktoren und Barrieren
von Veränderungsprozessen wurde dadurch erschwert, da der Umfang wissenschaftlicher
Publikationen zum Thema in dem Maße gering ist, wie populärwissenschaftliche oder „do it yourself“-
Ratgeber den Markt überschwemmen. Folglich war es – zum Glück – notwendig, eine eigene
Systematik zu entwickeln, sich auf Basis theoretischer und eigener empirischer Ergebnisse von
bestehenden Ansätzen und Konzepten zu lösen und eine eigene Herangehensweise an die Thematik
„Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen öffentlicher Verwaltungen“ zu wählen.
Die wissenschaftichen Diskurse mit Studierenden im Rahmen meiner Lehrveranstaltungen der
Universität Kassel zum „Management des Wandels“ und innerhalb des Doktorandenkolloqiums von
Prof. Dr. O. Kießler haben meinen Blick geschärft und waren große Unterstützung.
Mein Dank gilt meinen Interviewpartner/innen, die mit ihren Beiträgen den Gang der Arbeit
determinierten und mein Dissertationsvorhaben mit ihrer Bereitschaft zum Interview unterstützt haben.
Calden, den 30.05.08 Ch. Klug
- VII -
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ............................................................................ ......................1 2 Definition der Organisation ..................................................................... 5 2.1Merkmale der Organisation ........................................................................ 5 2.2 Organisationsbegriffe ................................................................................ 6 2.3 Weiterentwicklung des Organisationsbegriffes.......................................... 8 2.4 Von der Formaldefinition zu qualitativen Betrachtungen ......................... 11 2.5 Der Begriff der Organisationskultur ......................................................... 12 2.6 Konsequenzen aus der Organisationsdefinition für Forschungsdesign und Organisationsdiagnose........................................................................... 14 3 Anlässe für Veränderungsprozesse ..................................................... 16 3.1 Externe Anlässe für Veränderungsprozesse ........................................... 17
3.1.1 Innovationssprünge in der Informations- und Kommunikationstechnologie................................................................. 17 3.1.2 Verknappung der Ressource Zeit ................................................ 19 3.1.3 Konsequenzen globaler Ökonomie: Bedarf nach interkultureller Zusammenarbeit ........................................................... 20 3.1.4 Verknappung der Ressource Geld .............................................. 20 3.1.5 Anstieg der Dynamik und Komplexität......................................... 22 3.2 Interne Anlässe für Veränderungsprozesse ............................................ 29 3.3 Modellhafte Klassifikation von Feldern und Strategien des Wandels...... 31 3.4 Anlässe für Veränderungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen und Institutionen ............................................................................................ 35 3.4.1 Entwicklung der Reformorientierung ........................................... 35 3.4.2 Ziele und Orientierungen der Veränderungsprozesse öffentlicher Verwaltungen in Deutschland ............................................ 37 3.4.3 Modelle zur Veränderung öffentlicher Verwaltungen und Institutionen in Deutschland .......................................................... 40 3.4.3.1 Das Neue Steuerungsmodell der KGSt ................................. 40 3.4.3.2 Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells ...................... 42 3.4.3.3 Kritik am Neuen Steuerungsmodell ....................................... 46 3.4.3.3.1 Überbetonung ökonomischer Parameter ...................... 47 3.4.3.3.2 Konzeptionelle Fehlannahmen ..................................... 48 3.4.3.3.3 Inhaltliche Kritik............................................................. 48 3.4.3.3.4 Informationsungleichgewicht zwischen Rat und Verwaltung................................................................................... 49 3.4.3.3.5 Modellkomplexität ......................................................... 50 3.4.3.3.6 Fehlende Voraussetzungen für Konzeptinhalte ............ 51 3.4.3.3.7 Dezentrale Ressourcenverantwortung ......................... 52 3.4.3.4 Ansätze zur Weiterentwicklung des Neuen Steuerungsmodells ............................................................................ 52
- VIII -
4 Phasenmodelle des Veränderungsprozesses ..................................... 55 4.1 Ausgangspunkte für Veränderungsmodelle ............................................ 56 4.1.1 Modell des Kulturwandels.................................................................. 56 4.1.2 Organisatorische Verhaltensmuster in Veränderungsprozessen ...... 57 4.2 Ausgewählte Modelle .............................................................................. 59 4.2.1 Das 3-Phasen-Modell nach Lewin..................................................... 59 4.2.2 Der 8-Stufen-Veränderungsplan nach Kotter .................................... 61 4.2.2.1 Gefühl von Dringlichkeit erzeugen............................................ 63 4.2.2.2 Eine Führungskoalition aufbauen ............................................. 63 4.2.2.3 Eine Vision und eine überzeugende Strategie entwickeln........ 64 4.2.2.4 Visionen des Wandels kommunizieren..................................... 64 4.2.2.5 Empowerment auf breiter Basis ............................................... 64 4.2.2.6 Kurzfristige Ziele festsetzen ..................................................... 65 4.2.2.7 Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten ..... 65 4.2.2.8 Neue Ansätze in der Kultur verankern...................................... 65 4.2.3 Das 12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg ............................... 66 4.2.4 Phasenmodell nach Glasl.................................................................. 67 4.2.5 Der zyklische Organisationsentwicklungs-Problemlöseprozess nach Rieckmann......................................................................................... 70 4.2.6 Phasenmodell nach Heitger/Doujak .................................................. 71
5 Phasen des Veränderungsprozesses ................................................... 74 5.1 Die Vorphase........................................................................................... 75 5.1.1 Interne Problem- und Zielanalyse...................................................... 76 5.1.2 Definition der Rolle des Beraters....................................................... 76 5.1.2.1 Interne und externe Berater...................................................... 78 5.1.2.1.1 Interne Berater.................................................................... 78 5.1.2.1.2 Externe Berater................................................................... 79 5.1.2.2 Beraterstile: Counseling/Advising ............................................. 81 5.1.3 Zusammenfassung ............................................................................ 83 5.2 Die Analysephase.................................................................................... 83 5.2.1 Wahrnehmung der Unternehmenswirklichkeiten............................... 83 5.2.1.1 Qualitative und quantitative Methoden der Organisationsdiagnose ......................................................................... 86 5.2.1.1.1 Qualitative Methoden in der Organisationsdiagnose .......... 88 5.2.1.1.1.1 Instrumente Qualitativer Forschung........................... 93 5.2.1.1.1.2 Auswertungsmethoden .............................................. 97
5.2.1.1.1.3 Qualitative Inhaltsanalyse.......................................... 99 5.2.1.1.1.4 Zusammenfassung .................................................. 103
5.2.1.1.2 Quantitative Methoden in der Organisationsdiagnose...... 105 5.2.1.1.2.1 Benchmarking.......................................................... 106 5.2.1.1.2.2 ABC-Analyse ........................................................... 107 5.2.1.1.2.3 Netzplantechnik ....................................................... 108 5.2.1.1.2.4 Quantitativer Fragebogen ........................................ 109 5.2.1.1.2.5 Statistische Messwerte ............................................ 110 5.2.2 Zusammenfassung .......................................................................... 111 5.3 Konzeptphase........................................................................................ 112 5.3.1 Rationale Strategien ........................................................................ 112 5.3.2 Machtstrategien ............................................................................... 113 5.3.3 Entwicklungsstrategien.................................................................... 114 5.3.4 Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung......................................... 115 5.3.4.1 Zielorientiertes Management .................................................. 115 5.3.4.2 Keine Maßnahme ohne Diagnose .......................................... 116 5.3.4.3 Ganzheitliches Denken und Handeln ..................................... 117
- IX - 5.3.4.4 Beteiligung von Betroffenen ............................................................ 119 5.3.4.5 Hilfe zur Selbsthilfe ................................................................. 121 5.3.4.6 Prozessorientierte Steuerung ................................................. 122 5.3.4.7 Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen .......................... 123 5.3.4.8 Lebendige Kommunikation ..................................................... 124 5.3.5 Wichtigste Elemente erfolgreicher Konzepte................................... 125 5.3.6 Zusammenfassung .......................................................................... 126 5.4 Implementierungsphase ........................................................................ 126 5.4.1 Bedeutung und Ursachen des Widerstandes .................................. 129 5.4.2 Interventionsstrategien .................................................................... 133 5.4.2.1 Direktive Interventionsstrategie .............................................. 133 5.4.2.2 Partizipative Interventionsstrategie......................................... 138 5.4.2.3 Kontrastierung der beiden Interventionsstrategien................. 141 5.4.3 Die Bedeutung der Unternehmenskultur in der Implementierungsphase .................................................................. 142 5.4.4 Typen und Stärken von Unternehmenskulturen .............................. 143 5.4.5 Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung ........................................................................ 146 5.4.6 Zusammenfassung .......................................................................... 147
6 Konzepte des Veränderungsmanagements ....................................... 148 6.1 Systemische Organisationsentwicklung ................................................ 148 6.1.1 Die Geschichte der Organisationsentwicklung ................................ 148 6.1.2 Definition des Begriffs Organisationsentwicklung............................ 151 6.1.3 Ziele und Leitbild der Organisationsentwicklung ............................. 152 6.1.4 Die Rolle des Beraters im Organisationsentwicklungsprozess ....... 155 6.1.4.1 Anforderungen an den Organisationsentwicklungsberater..... 157 6.1.5 Gestaltungsprinzipien der Organisationsentwicklung...................... 159 6.1.6 Initiierungsstrategien ....................................................................... 161 6.2 Change Management ............................................................................ 163 6.2.1 Change Management-Prozess als eigenständiges Konzept........... 164 6.2.2 Einsatzfelder des Change Managements........................................ 166 6.2.3 Wesentliche Akteure des Change Managements ........................... 168 6.3 Transformationsmanagement................................................................ 169 6.3.1 Abgrenzung zu den Konzepten der Organisationsentwicklung und des Change Managements ............................................................... 169 6.3.2 Bedeutung des Transformationsmanagements............................... 173
7 Erfolgsfaktoren und Barrieren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen................................................................................... 174 7.1 Die Problematik der Erfolgsdefinition und –messung............................ 174 7.2 Dimensionen des Erfolges von Veränderungsprozessen ..................... 175 7.3 Definition von Erfolgsfaktoren und Barrieren in Transformationsprozessen .......................................................................... 179 7.4 Spezifische Rahmenbedingungen öffentlicher Verwaltungen determinieren Ziele der Transformationsprozesse ...................................... 183 7.5 Kulturellen Wandel erzeugen ................................................................ 185 7.6 Personen als Träger des Veränderungsprozesses ............................... 187 7.7 Die Rolle von Führungskräften: Vorbild und Ärgervermeidung ............. 189 7.8 Einbindung von Prozess-know-how durch Berater................................ 194 7.9 Aufbau von Führungskoalitionen ........................................................... 196 7.10 Berücksichtigung systemischer Vernetzung........................................ 198 7.11 Nutzung personeller Veränderung als Impuls zu Veränderungsprozessen ............................................................................. 199
- X -
7.12 Anreize ersetzen fehlenden Leidensdruck .......................................... 200 7.13 Partizipation als Anreiz für Engagement ............................................. 202 7.14 Gemeinsame Vision als Orientierungsrahmen erzeugen .................... 204 7.15 Die überragende Bedeutung der Kommunikation ............................... 206 7.16 Organisationsstrukturelle Barrieren und Erfolgsfaktoren..................... 209 7.17 Absicherung der Intentionen und Erfolge ............................................ 211 7.18 Projektmanagement ............................................................................ 212 7.19 Review zum Veränderungscontrolling ................................................. 213
8 Fazit........................................................................................................ 216 9 Literaturverzeichnis.............................................................................. 222 10 Abbildungsverzeichnis ........................................................................ 236
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
1
1 Einleitung
„Und das ist das, wir sollen Veränderungen herbeiführen, wir sollen Verwaltung
modernisieren, aber wir haben nicht die Möglichkeiten dazu, die Rahmenbedingungen,
oder nur eingeschränkt, gar keinen stimmt nicht. Und das sind die beiden Zangen, in denen
wir stehen: Wir haben weder Sanktionsmöglichkeiten um Dinge zu machen noch
Motivationsmöglichkeiten um Dinge voran zu treiben.“1
Veränderungsprozesse in Organisationen umfassen „alle Veränderungen des
sozialen Systems Unternehmung hinsichtlich der zugehörigen Mitglieder, der ange-
strebten Nutzenpotenziale und der vorhandenen Leistungspotentiale“.2 Die meist
altbewährte Ordnung des Systems wird in Frage gestellt und in eine neue Ordnung
umgewandelt. Dieser Übergang von einer Ordnung zu einer anderen Ordnung stellt
eine kritische Phase für die Betroffenen dar.
Systeme besitzen die Tendenz, sich gegen Veränderungen, insbesondere gegen
Eingriffe von außen, zu wehren. Die Abwehr des Systems lässt sich in Form von
Barrieren oder ‚Misserfolgsfaktoren’3 bzw. ‚Risikofaktoren’4, die Veränderungs-
prozesse in Organisationen negativ beeinflussen, beschreiben. Positiv wirkende
Kräfte, welche die Durchsetzung von Veränderungen fördern, können als
Erfolgsfaktoren, ‚Motoren’5 oder ‚Enabler’6 bezeichnet werden. Sie sind, ebenso wie
Barrieren, vorwiegend personengebunden.
Jede Organisation und jedes Unternehmen hat eine eigene Balance von Konstanz
und Wandel.7 Öffentliche Verwaltungen weisen aufgrund ihrer sehr spezifischen
Rahmenbedingungen wie dem fehlenden Wettbewerb, dem Fehlen existentieller
Krisen, der Politikbestimmtheit, der Berücksichtigung demokratischer und sozial-
staatlicher Prinzipien, der charakteristischen Sicherheitsorientierungen der
1 Interview 2, S. 52, Zeile 20ff. 2 Vgl. Bach 2000, S 18 3 Vgl. Nippa 1997, S. 43, 52 4 Vgl. Kochen 2001, S. 85 5 Vgl. Nippa 1997, S. 40, 52 6 Vgl. Krüger 2002, S. 73 7 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 169
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
2
Mitarbeiter/innen8 etc. eine eher stabile Verfassung auf. Sie haben sich in den letzten
Jahren und Jahrzehnten im Vergleich zu privatwirtschaftlich ausgerichteten
Organisationen in weit geringerem Tempo Veränderungen unterworfen. Wie kann es
nun gelingen, unter diesen spezifischen Rahmenbedingungen Veränderungs-
prozesse so zu gestalten, dass sie zielorientiert, schnell, kostengünstig, wirksam und
„mit möglichst geringen Schmerzen“9 durchgeführt werden können? Wie kann ein
professioneller Veränderungsprozess unter den gegebenen Rahmenbedingungen
aussehen? Um diese Frage zu beantworten, ist es unerlässlich, zunächst Klarheit
darüber zu erhalten, welche spezifischen Barrieren und Erfolgsfaktoren innerhalb
eines Veränderungsprozesses zu erwarten sind.
Dokumentationen über Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen öffentlicher
Verwaltungen sind rar. Eine begonnene Studie der Kommunalen Gemeinschafts-
stelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) zu diesem Thema wurde, nach
Veröffentlichung eines ersten, allgemein gehaltenen Positionspapiers mit sechs sehr
allgemein gehaltenen Erfolgsfaktoren wie Führungskräfte als Vorbild, Nutzen
aufzeigen, Freiräume schaffen, Mitarbeiterpotentiale wecken, Erfolge aufzeigen und
Politik einbeziehen wieder eingestellt.10 Eine wissenschaftlich fundierte Begründung
dieser Auswahl unterbleibt. Diese mit Hilfe empirischer Materialien herauszuarbeiten
ist Gegenstand dieses Dissertationsvorhabens.
In Kapitel 2 werden hierfür zunächst definitorische Grundlagen gelegt und der Begriff
der Organisation in vielfältigen Facetten ebenso erläutert wie die im Rahmen der
Erarbeitung empirischen Datenmaterials zur Anwendung gekommenen qualitativen
Methoden. Kapitel drei thematisiert die internen und externen Anlässe für
Veränderungsprozesse im Allgemeinen und stellt die spezifischen Rahmenbedin-
gungen für Veränderungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen vor.
Kapitel vier bereitet mit der Darstellung bestehender, weitgehend konzeptunab-
hängiger Phasenmodelle die ausführliche Darstellung der relevanten Frage-
8 In dieser Arbeit gilt für alle Funktionen natürlicher Personen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Zur Erhöhung des Leseflusses wird im weiteren Gang der Arbeit nur die männliche Form verwendet. 9 Rieckmann 2007, S. 2 10 Vgl KGSt-Info Nr. 7/2001, S. 1ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
3
stellungen und Ansätze vor. Bei der Gestaltung des „Management des Wandels“11
muss mit Widerständen in der Mitarbeiterschaft, aber auch und vor allem im
Management gerechnet werden. Überforderung und „die Angst, den Überblick zu
verlieren, relativieren […] den Charme der Dynamik.“12 Intellektuell ist hierbei
erkennbar, dass in Zeiten der rasanten Veränderungen „Orientierungskarten“13
wichtige Parameter liefern können. Hierzu dient die dem Kapitel fünf zu Grunde
liegende Systematik, vier Grobphasen eines Veränderungsprozesses zu
unterscheiden.
Kapitel sechs bewegt sich auf Konzeptebene, differenziert die beiden archetypischen
Ansätze „Organisationsentwicklung“ und „Changemanagement“ und entwickelt aus
diesen beiden das Transformationsmanagement als Mischform, welches versucht,
die Vorteile beider Ansätze bei gleichzeitiger Minimierung der Nachteile zu
kombinieren. Diese Differenzierung weist dem im Gebrauch diffusen Begriff „Change
Management“14, der häufig auch als Oberbegriff für Konzepte des Wandels genutzt
wird und doch für eine spezifische Herangehensweise steht, konkrete Merkmale zu
und macht damit deutlich, dass im Veränderungsmanagement durchaus Handlungs-
alternativen existieren. Eine Präzisierung der Begriffe ist auch notwendig, da die
Anzahl an Veröffentlichungen zu diesem Thema von „do-it-yourself“-Ratgebern, die
als „Kochbuch […] für das Management von Veränderungen in Unternehmen und
Institutionen“ fungieren bis hin zu Schriften, die sich mit „Grundsätzlichen Aspekten
und Perspektiven des Wandels“ beschäftigen, umfangreich und die Begriffs-
verwendung beliebig ist.15
Schwerpunkt der Arbeit bildet Kapitel 7, in welches neben literaturbasierten Er-
kenntnissen die Ergebnisse der empirischen Arbeit16 einfließen. Ausgehend von der
im Rahmen der fünf durchgeführten, leitfadengestützten Interviews erkennbaren
Prioritäten der Interviewpartner werden Erfolgsfaktoren und Barrieren von Ver-
11 Kobi 1996 12 Wütherich/Osmetz/Phillip 2002, S. 23 13 A.a.O., S. 21 14 In der Literatur werden verschiedende Schreibweisen wie Changemanagement, Change-Management und Change Management genutzt. Letzterer findet vorwiegend Verwendung in dieser Arbeit. 15 Doppler/Lauterburg 2002, S. 15 16 Die Transkriptionen der Interviews befinden sich im Materialband.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
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änderungsprozessen öffentlicher Verwaltungen entwickelt, skizziert und um
theoretische Kenntnisse erweitert. Kapitel acht fasst schließlich die wesentlichen
Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick, wo Grenzen des
Veränderungsmanagements liegen.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
5
2 Definition der Organisation
Beschäftigt man sich mit Veränderungsprozessen von Organisationen, stellt sich
zunächst die Frage nach der Bedeutung des Begriffes Organisation. Grundsätzlich
lässt sich der Begriff aus dem griechischen ‚organon’ ableiten und mit ‚Werkzeug’
übersetzen.17 Die Breite vielfältiger Interpretationsmöglichkeiten und Verwendungs-
zusammenhänge des Begriffes deutet sich hier bereits an.
2.1 Merkmale der Organisation
Organisationen unterscheiden sich grundsätzlich in drei Merkmalen von anderen
Formen des Zusammenwirkens: durch Zwecke, durch Hierarchien und durch Mit-
gliedschaften.18 Gleichzeitig lässt sich als Ergebnis v. a. systemtheoretischer Organi-
sationsforschung feststellen, dass die Bedeutung von Zwecken, Hierarchien und
Mitgliedschaften in der Strukturierung moderner Gesellschaften abnimmt. Sie
verzichten mehr und mehr darauf, sich übergeordneten Zwecken zu verschreiben,
während konkrete Zwecke ein zentrales Steuerungsmerkmal von Organisationen −
gleich welcher Couleur − darstellen.19 Ebenso verhält es sich mit Mitgliedschaften
und Hierarchien. Beides strukturiert Organisationen und gewährleistet, dass diese als
berechenbare kollektive Akteure auftreten können. Mitgliedschaften legen dabei
trennscharf fest, wer zu Organisationen gehört und sich damit den Regeln der
Organisation unterwerfen muss. 20
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in der frühen Organisationsforschung
die Organisation vom Zweck her gedacht und das Regelwerk, die Hierarchie und
interne Abläufe als Mittel, mit welchem die Organisation ihre Zwecke erreichen
möchte, gesehen wurde.21 Dieses Denken der Organisation von ihren Zwecken her
prägte in Folge dessen auch den Methodeneinsatz der frühen Organisations-
forschung maßgeblich, denn mit Blick auf die Effektivität und Effizienz einer
Organisation war vor allem die Zweck-Mittel-Relation, die sich mit Hilfe
17 Vgl. Schulte-Zurhausen 1995, S. 2 18 Strodtholz/Kühl 2001, S. 11 19 Vgl. Luhmann 1973, S. 87ff.; vgl. auch: Luhmann 1997, S. 826ff. und Strodtholz/Kühl 2001, S. 11 20 Vgl. Luhmann 1997, S. 834 21 Vgl. Strodtholz/Kühl 2001, S. 13
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
6
standardisierter Fragebögen und statistischer Auswertungsverfahren erforschen ließ,
von Interesse. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen so „in der Regel eine
überschaubare Anzahl von dem Weber’schen Bürokratiemodell entlehnten
Strukturvariablen sowie deren potenzielle Determinanten in der Organisation und
ihrem Umfeld."22
2.2 Organisationsbegriffe
Grundsätzlich lassen sich drei Organisationsbegriffe voneinander abgrenzen: Der
institutionale, der instrumentale und der funktionale. Übersichtlich lassen sich die drei
Organisationsbegriffe folgendermaßen darstellen:
Abb.1: Kategorisierung von Organisationsbegriffen23
Dabei kann die Organisation sowohl als Tätigkeit als auch als Ergebnis bezeichnet
werden, so dass Organisation zugleich ein System von Regeln als auch ein Ergebnis
organisatorischer Gestaltungshandlungen sein.24 Als Regeln gelten hierbei Fest-
legungen der Aufgabenverteilung, der Koordination, Verfahrensrichtlinien, Kompe-
tenzabgrenzungen, Befugnisse und Weisungsrechte etc.25
22 Strodtholz/Kühl 2001, S. 13f. 23 Eigene Darstellung, basierend auf Schulte-Zurhausen 1995, S. 1 24 Vgl. Wagner 1991, S. 13f. 25 Schreyögg 1996, S. 11
Organisation
Institutionaler Organisationsbegriff
Funktionaler Organisationsbegriff
Instrumentaler Organisationsbegriff
Organisation als zielgerichtetes, offenes,
soziotechnisches System
Gestaltung der Organisation zur
Herausbildung von Organisationsstrukturen
Organisations-strukturierung als Mittel
zur Zielerreichung
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
7
Institutional betrachtet richtet sich der Blick auf die Organisation als gesamtes
System 26 und findet vor allem in der Soziologie besondere Verbreitung.27 Die
Organisation als Institution wird als offenes, soziales Gebilde mit formalen Strukturen
beschrieben, welches auf Dauer angelegt ist und Individuen und Gruppen integriert,
die arbeitsteilig ihre Ziele verfolgen.28 Dabei ist die Zweckorientierung spezifisch und
muss nicht mit den von den Organisationsmitgliedern persönlich verfolgten Zwecken
übereinstimmen. Die Grenzziehung der Organisation durch identifizierbare Mitglied-
schaften führt zur Unterscheidung der Innenwelt und der Umwelt und erzeugt ein
gewisses Maß an Stabilität.29
Betrachtet man den Organisationsbegriff instrumental, handelt es sich dabei v. a. um
betriebswirtschaftlich orientierte, die effiziente Führung eines Unternehmens betref-
fende Definitionen des Begriffs als Mittel bzw. Instrument.30 Organisation ist ein
Führungsinstrument, welches der Steuerung des Leistungsprozesses dienlich ist und
meist in Ablauf- und Aufbauorganisation untergliedert wird.31
Unter Ablauforganisation sei in diesem Zusammenhang die Gesamtheit der zur
Erfüllung des Organisationszwecks erforderlichen Arbeitsabläufe, also die Gestaltung
der Arbeitsprozesse verstanden. Hier wird das zeitliche und örtliche Hinter- und
Nebeneinander der für die Erreichung eines bestimmten Ergebnisses notwendigen
Arbeiten verstanden, also die räumliche und zeitliche Gliederung von Arbeits-
prozessen.32
Der Begriff der Aufbauorganisation umfasst dabei die Gliederung und strukturelle
Ordnung des Unternehmens in aufgabenteilige Einheiten wie z. B. Stellen und
Abteilungen. Wichtige Strukturmerkmale sind Weisungsbefugnisse und das Kom-
munikationssystem. Da dauerhaft ausgelegt stellt die Aufbauorganisation ein relativ
festes Gefüge einzelner betrieblicher Abteilungen und Funktionsbereiche dar und
wird häufig in Form eines Organigramms als grafisches Abbild von Strukturen
26 Vgl. Schreyögg 2003, S. 9 27 Wagner 1991, S. 13 28 Schulte-Zurhausen 1995, S. 1 29 Schreyögg 2003, S. 9 30 Vgl. Schulte-Zurhausen 1995, S. 2 31 A.a.O., S. 5 32 Vgl. Weidner/Freitag/Gernet/u.a. 1992, S. 197ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
8
innerhalb der Organisation publiziert.33 Neben dieser formalen Organisation, die
schriftlich fixiert und bewusst sowie rational gestaltet wird und sich in formalen und
allgemeingültigen Regelungen ausdrückt, die Erwartungen an das Verhalten der
Organisationsmitglieder, eventuelle Sanktionen bei Nichtbeachtung und damit
letztlich Einschränkungen der Handlungsspielräume zum Thema haben,34 existiert
auch eine informale Organisation. Diese basiert weitgehend auf den persönlichen
Zielen und Verhaltensweisen der Organisationsmitglieder, ist spontan und ungeplant
und kann die formale Organisation ergänzen und überlagern. Dies kann unter-
stützende oder behindernde Auswirkungen auf die formale Organisation haben.35
Funktional betrachtet wird Organisation als eine Funktion der Unternehmensführung
wahrgenommen mit der Aufgabe, die Erfüllung des Organisationszweckes zu
gewährleisten.36 Dabei umfasst der funktionale Organisationsbegriff alle Aktivitäten,
die mit der Planung, Einführung und Durchsetzung organisatorischer Regeln
korrelieren.37 Arbeitsteilung als Form der Differenzierung verbunden mit der
Notwendigkeit der Koordination und Integration der gebildeten Arbeitsprozess-
elemente sind hierbei wesentliche Aufgaben, um die funktionale Organisation
herzustellen. Fragen der organisatorischen Um- oder Neugestaltung bzw. der
‚Reorganisation’ betreffen meist die planmäßige Veränderung der funktionalen
Organisation.
2.3 Weiterentwicklung des Organisationsbegriffes Die Vielfalt der definitorischen Ansätze führt zu immer abstrakteren Metaphern:
Doppler/Lauterburg beschreiben, dass jede „menschliche Organisation […] ein
komplexer und sensibler Organismus“38 ist. Dagegen wird Rosenstiel genauer:
„Organisationen sind von Menschen geschaffene Systeme, die Bedeutung für ihre
Mitglieder durch ihre Wahrnehmung, Deutung und Interpretationen gewinnen“39. Eck
reduziert die Definition der Organisation auf die Benennung wesentlicher Elemente.
Demnach sind Organisationen grundsätzlich soziale Systeme, die vorrangig 33 Vgl. Laux/Liermann 1993, S. 199ff. 34 Vgl. Schreyögg 2003, S. 12 35 Vgl. Schulte-Zurhausen 1995, S. 2 36 Schreyögg 2003, S. 5 37 Schulte-Zurhausen 1995, S. 3 38 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 168 39 Vgl. Rosenstiel 2003, S. 238
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
9
funktionsorientiert, auf das Prinzip der Zweckrationalität (Optimierung der Kosten-
Nutzen-Relation) verpflichtet sind und im ständigen Austausch mit relativ instabilen
inneren und äußeren Umwelten stehen.
Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht wirken in Organisationen vier Dynamiken:
• Funktionsdynamiken (z. B. die Aufgabe, der Margendruck etc.)
• Institutionsdynamiken (z. B. die Hierarchie etc)
• Gruppendynamiken (z. B. die Identitätsbildung, etc.)
• Psychodynamiken (z. B. die Bedeutung der Wünsche und Orientierungen
der Mitarbeiter etc.)
Durch Interaktionen und Rückkoppelungen der Dynamiken entstehen dauerhafte
Themen in der Organisation wie Kooperationen und spezifische Konflikte, Autonomie
und Abhängigkeitsstrukturen etc. Aufgrund der Komplexität und der Spezifität des
Einzelfalls kommt es im Ergebnis zu ‚Black-Box-Phänomenen’, deren Ursachen
durch Organisationsdiagnose wahrnehmbar und rekonstruierbar sind.40
Die Vertreter der quantitativen Organisationsforschung führen aus, dass sie einer
objektiven sozialen Realität mit verallgemeinerbaren Gesetzmäßigkeiten gegen-
überstehen. Die durch hochgradig standardisierte Instrumente und Forschungs-
strategien gewonnenen Erkenntnisse über isolierte Variable und ihre Deter-
minanten41 führen zu beschriebenen Kausalzusammenhängen, die zugleich als
Grundlage für planmäßige Umgestaltungen der Organisation dienen: Organisationale
Beratung und Gestaltung wird so als Transfer von Regeln und Verhaltensrichtlinien
verstanden.42 Sie sind nach Rosenstiel komplexe Gebilde, innerhalb deren
Menschen, Aufgaben und Technologien im Rahmen bestimmter Strukturen ziel- und
zweckorientiert koordiniert werden. 43
Die durch die moderne Organisationsforschung seit Ende der 1970er Jahre
aufkommende Kritik am zweckrationalen Verständnis von Organisationen relativierte
40 Vgl. Eck 2002, S. 2 41 Vgl. Johnson/Duberly 2000, S. 8f. 42 Vgl. Strodtholz/Kühl 2001, S. 14 43 Rosenstiel 2003, S. 226
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Christopher Klug
10
die Gültigkeit der methodischen Verfahren und Standards. Sie setzte zwar weiterhin
die Existenz von strategischen Zielen, Hierarchien und formalen Regelwerken
voraus, begriff diese jedoch nicht länger nur als Mittel zur Erreichung eines Zweckes.
Vielmehr finden sich Hierarchien und organisationsinterne Regeln als strukturierende
Elemente von Organisationen mit den Zwecken gleichgestellt.44 Genährt wurde diese
Erkenntnis durch empirische Beobachtungen unterschiedlichster Art: Forschungs-
ergebnisse von Vertretern der Human-Ressource-Bewegung machten deutlich, dass
sich in Organisationen informelle Strukturen herausbilden und die an der offiziellen
Zwecksetzung orientierte formale Struktur überformen können.45
Seit Beginn der 1980er Jahre findet sich einschlägige Literatur zur Thematik
Unternehmens- bzw. Organisationskultur, die sich abseits der formalen Strukturen
und des ‚Kulturentwurfs’46 etabliert, nicht an die Zweckorientierung der Organisation
gebunden ist und dem realen Werteprofil der in der Organisation handelnden Akteure
entspricht und "diejenigen Faktoren [enthält], die die Weitsicht der gesamten Gruppe,
ihre Vorstellung von der Realität und die oft unbewussten Antriebe ihres Handelns
bedingen."47
Diese Überformungen führen dazu, dass die Fokussierung auf die zweckgebundene
Formaldarstellung der Organisation in Form von Organigrammen, schriftlich
niedergelegten Regeln und formalisierten Befehlswegen nicht länger haltbar ist.
Vielmehr nimmt die Organisationswissenschaft neben dem ‚formalisierten und
regelhaften Organisationsgeschehen’48 vermehrt auch Strukturen und Phänomene
wahr, die durchaus unbeabsichtigt entstehen und dementsprechend nur schwer
korrigierbar bzw. zielgenau gestaltbar sind.49 Frenzel/Müller/Sottong stellen den
Regeln die so genannten ‚Regularitäten’ als informelle Spielregeln neben den
offiziellen Regeln der Organisation gegenüber, die in jeder Organisation existieren
und das Verhalten der Akteure spürbar beeinflussen.50 Darüber hinaus sprechen die
Autoren neben dem offiziellen Organigramm von ‚Landkarten’. Unabhängig von
44 Vgl. hierzu ausführlich Luhrmann 1973 45 Vgl. Strodtholz/Kühl 2001, S. 15. Erste Beschreibungen dieses Phänomens finden sich bei
Roethlisberger/Dickinson 1939 46 Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 11 47 A.a.O., S. 11ff. 48 Strodtholz/Kühl 2001, S. 16 49 Vgl. Luhmann 2000, S. 333f. 50 Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 12ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
11
offiziellen Funktions- und Entscheidungsstrukturen etablieren sich in Organisationen
Trampelpfade, Abkürzungen und ein Empfinden dafür, wer im Zentrum und wer eher
in der Peripherie sitzt.51 Rosenstiel führt zur Verdeutlichung Studien an, die belegen,
dass Organisationsmitglieder in Organisationen politische Spiele betreiben,
Freundschaften schließen, sich in Arbeitskolleginnen und Kollegen verlieben und
offene oder verdeckte erotische Beziehungen leben, Mobbing betreiben etc.52
2.4 Von der Formaldefinition zu qualitativen Betrachtungen Die Definition von Organisation erfährt infolge der Verschiebung von Zwecken und
Formalstrukturen hin zu qualitativen Betrachtungen von Prozessen eine Erweiterung.
Kieser/Kubicek definieren Organisationen als soziale Gebilde, die dauerhaft ein Ziel
verfolgen und eine formale Struktur aufweisen, mit deren Hilfe die Mitglieder ihre
Aktivitäten auf das verfolgte Ziel ausrichten.53
Ähnlich formuliert es Schulte-Zurhausen: Organisationen sind neben der Zweck- und
Zielgerichtetheit „auf Dauer angelegt und beziehen sich auf die Verwirklichung eines
verbindlich formulierten Organisationsziels."54 Er sieht die Überschreitung der
Leistungskompetenz des einzelnen Individuums, um bestimmte Ziele zu verfolgen,
als Hauptgrund für die Schaffung einer Organisation. Daher findet Arbeitsteilung und
Koordination zur Zielerreichung Anwendung.
Der Begriff des sozialen Systems lässt sich dabei punktgenau als eine „gegenüber
der Umwelt abgegrenzte Gesamtheit von Elementen, die durch Beziehungen
miteinander verknüpft sind"55, beschreiben. Damit einher geht die Verschiebung der
Forschungsperspektive hin zu qualitativen Methoden, die der Definition von
„Organisationen als Sozialsysteme mit prinzipiell nichtplanbaren, dennoch aber
spezifischen Interaktionen und zwischenmenschlichen Beziehungsformen"56 gerecht
werden und es erlauben, das organisationale Geschehen aus Sicht der handelnden
Subjekte zu rekonstruieren, unerwartete Phänomene mit möglichst wenigen
Vorentscheidungen hinsichtlich Design und Methode einzufangen und auf diese
51 Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 18ff. 52 Vgl. Rosenstiel 2003, S. 225 53 Vgl. Kieser/Kubicek 1992, S. 4 54 Schulte-Zurhausen 2002, S. 2 55 A.a.O., S. 34 56 Strodtholz/Kühl 2001, S. 16
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
12
Weise menschliches Verhalten und Handeln einer prozessualen Sicht zugänglich zu
machen. Ziel ist dabei das Eindringen in die Tiefe des Einzelfalls. Durch immer neue
Details der jeweils untersuchten Organisation wird der Forscher mit ‚widerständigen’
und nichtselektiven Daten konfrontiert und ihm so eine gegenstandsnahe
Theoriebildung ermöglicht.57
Passend hierzu statuiert Rosenstiel Organisationen als „ihrer Umwelt gegenüber
offene Systeme [...], die zeitlich überdauernd existieren, spezifische Ziele verfolgen,
u. a. aus Individuum und Gruppen zusammengesetzt sind und eine bestimmte
Struktur zur Koordination der einzelnen Tätigkeiten aufweisen, die in der Regel durch
Arbeitsteilung und eine Hierarchie von Verantwortung gekennzeichnet sind.“58
Dabei sind Organisationen von Menschen geschaffene Phänomene und somit
Bestandteil der Kultur. Sie stehen in Abhängigkeit von Menschen, erfüllen in seinem
Leben ganz bestimmte Funktionen, unterliegen so dem gesellschaftlichen Wandel
und sind dementsprechend auch historisch zu betrachten. Sie können nur
eingeschränkt von außen analysiert werden, wenn die Forschungsergebnisse
Anspruch auf Relevanz erheben wollen: Hierzu muss geklärt werden, welche
Bedeutung die Organisation für den Einzelnen hat, wie sie interpretiert wird und
welches Bild sich die Menschen innerhalb der Organisation von ihr machen.59
2.5 Der Begriff der Organisationskultur Basierend auf einer organisationsvergleichenden Untersuchung von Peters/
Waterman60 lässt sich ableiten, dass die so genannten ‚weichen’ Faktoren wie die
soziale Qualifikation des Managements, das Führungsverhalten sowie das
Betriebsklima höhere Anteile am Erfolg einer Organisation aufweisen als ‚harte’
Faktoren wie die Strategie, die Organisationsstruktur oder die Steuerungs- und
Kontrollsysteme. Schreyögg fasst diese weichen Faktoren unter dem Begriff der
"Organisationskultur"61 zusammen und beschreibt sie als „implizites Phänomen, das
Selbstverständnis und Eigendefinition der Organisation prägt; sie ist selbst-
verständlich und wird in der Regel nicht reflektiert; sie bezieht sich auf gemeinsame
57 Vgl. Hopf 1993, S. 28 58 Rosenstiel 2003, S. 225 59 Vgl. a.a.O., S. 225f. 60 Peters/Waterman 1984 61 Schreyögg 1992, S. 1525ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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Orientierungen an Werten, macht organisatorisches Handeln einheitlich und
kohärent; sie vermittelt Sinn und Orientierung in einer komplexen Welt und
vereinheitlicht so deren Interpretation und enthält Handlungsprogramme; sie ergibt
sich aus einem Sozialisationsprozess, der dazu führt, aus einer kulturellen Tradition
heraus zu handeln, was bedeutet, dass sie nicht bewusst gelernt wird."62
Symptome der Organisationskultur
Verbale Symptome Interaktionale Symptome Artifizielle Symptome
• Geschichten • Mythen • Anekdoten, Parabeln • Legenden, Sagen,
Märchen • Slogans, Mottos,
Maximen, Grundsätze • Sprachregelungen • Jargon, Argot, Tabus • Lieder, Hymnen
• Riten, Zeremonien, Traditionen, Feiern, Festessen, Jubiläen
• Konventionen, Konferenzen,
Tagungen • Vorstandsbesuche,
Revisorbesuche, Organisationsentwicklung
• Auswahl und Einführung
neuer Mitarbeiter, Beförderungen
• Degradierung, Entlassung,
freiwillige Kündigung, Pensionierung, Tod, Beschwerden
• Magische Handlungen
(Mitarbeiterauswahl, strategische Planung usw.), Tabus
• Statussymbole • Abzeichen, Embleme,
Geschenke, Fahnen, Logos
• Preise, Urkunden,
Incentive-Reisen • Idole, Totems, Fetische • Kleidung, äußere
Erscheinung • Architektur,
Arbeitsbedingungen, Plakate, Broschüren, Werkszeitung
• schriftlich fixierte
Systeme (z. B. der Lohnfindung), Einstufung, Beförderung
Abb. 2: Symptome der Unternehmenskultur63
Alles, was in der Organisation beobachtbar ist, kann als „Ausdruck spezifischer, ihr
zugrundeliegender Überzeugungen und Werte interpretiert werden." Dies gilt
gleichbedeutend für verbale Äußerungen, für zwischenmenschliche Interaktionen
und für Artefakte.64
62 Rosenstiel 2003, S. 227 63 Eigene Darstellung, basierend auf a.a.O., S. 236 64 Vgl. Rosenstiel 2003, S. 228
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
14
Es lässt sich also festhalten, dass das, was sich tatsächlich in der Organisation
abspielt, nicht im Organigramm ablesen lässt. Vielmehr entspricht die einem
Sollkonzept, welchem die „beobachtbare Realität mehr oder weniger entsprechen
kann"65. In sozialwissenschaftlicher Tradition muss bei der Betrachtung von
Organisationen den Beziehungen der Menschen innerhalb der Organisation
(Mitgliedern) besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Zweites Wesensmerkmal ist, Betroffene zu Beteiligten zu machen, d. h., die jeweils
Betroffenen konkretisieren die für sie geltenden organisatorischen Regelungen und
entwickeln sie weiter, womit die Demokratisierung des Lebens in Organisationen als
drittem Wesenselement verbunden ist. In logischer Konsequenz bedeutet dies, dass
die Betroffenen selbst die Maßnahmen gestalten und nicht höhere hierarchische
Ebenen oder externe Experten.66
2.6 Konsequenzen aus der Organisationsdefinition für Forschungsdesign
und Organisationsdiagnose Aus den im vorangehenden Kapitel skizzierten definitorischen Ansätzen und der
damit einher gehenden Überwindung der Sichtweise, Prozesse in Organisationen auf
Basis von Kausalzusammenhängen, planmäßigen Gesetzmäßigkeiten oder mathe-
matischen Formeln abbilden zu können, ergeben sich weitreichende Konsequenzen
für das organisationsdiagnostische Forschungsdesign und die zur Auswahl stehen-
den Methoden.
Bei der Wahl des angemessenen Forschungsdesigns geht es grundsätzlich um die
Frage nach der Planung einer Untersuchung, nach der Art der Konzeption der
Datenerhebung und der Datenanalyse sowie der Frage der Auswahl des zu
analysierenden empirischen Materials wie beispielsweise konkrete Situationen, Fälle,
Auswahl von Personen etc. Ebenso ist der zeitliche Ablauf der Untersuchung und die
zur Verfügung stehenden Ressourcen klärungsbedürftig. Ragin formuliert in diesem
Zusammenhang, dass ein „Forschungsdesign […] ein Plan für die Sammlung und
Analyse von Anhaltspunkten [ist], die es dem Forscher erlauben, eine Antwort zu
geben – welche Frage er auch immer gestellt haben mag. Das Design einer 65 Rosenstiel 2003, S. 228 66 Vgl. a.a.O., S. 229
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
15
Untersuchung berührt fast alle Aspekte der Forschung von den winzigen Details der
Datenerhebung bis zur Auswahl der Techniken der Datenanalyse.“ 67
Organisationen sind, zusammenfassend betrachtet, grundsätzlich durch weitaus
mehr Aspekte konstituiert als durch den Zweck, die Mitgliedschaften und die
Hierarchien. Insofern muss das Forschungsdesign der erweiterten Definition
Rechnung tragen. Betrachtet man Organisationen als einen lebendigen Organismus
und damit – bei allen Ähnlichkeiten – als einzigartiges Individuum, bedeutet dies für
das organisationsdiagnostische Forschungsdesign, jede Organisation als Individuum
und damit als Einzelfall mit der Notwendigkeit des Eindringens in die Tiefe des
jeweiligen Falls zu betrachten.68 Im Rahmen dieser Einzelfallbetrachtung sind die
qualitativen Forschungsansätze dem quantitativen Methodenspektrum, welches eher
auf stärker standardisierten Verfahren mit dem Ziel der Vergleichbarkeit und einem
„ingenieurwissenschaftlich geprägten Transfermodell“69 basiert, überlegen. Eine
strikte Trennung macht in der Praxis jedoch häufig wenig Sinn, denn es gibt
durchaus gute Gründe, beide Ansätze im Rahmen eines Forschungsdesigns
miteinander zu verbinden und so qualitative als auch quantitative Methoden im
Rahmen der Untersuchungskonzeption vorzusehen und in Anwendung zu bringen70.
67 Ragin 1994, S. 191, zitiert in Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 252 68 Vgl. Strodtholz/Kühl 2003, S. 16 69 A.a.O., S. 16 70 Vgl. Kelle/Erzberger 2000, S. 299ff., ausführlich in Kap. 5.1.1.1 dieser Arbeit
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
16
3 Anlässe für Veränderungsprozesse
Der deutsche Philosoph und Physiker Georg Christoph Lichtenberg prägte, vor mehr
als 200 Jahren, vor dem Hintergrund der im Zuge der Aufklärung in Frage gestellten
politischen und sozialen Verhältnisse der ‚alten Welt’ den Satz: „Ich weiß nicht, ob es
besser wird, wenn es anders wird, aber wenn es besser werden soll, muss es anders
werden“, der treffend auch heutige Erfahrungen mit Veränderungsprozessen in
Organisationen umschreibt. Allerdings rücken heute andere, vor allem ökonomische
Aspekte im Rahmen von oft globalisierungsindizierten Prozessen in den Vorder-
grund.71
Wandel und Veränderungen sind also nicht als neue Phänomene zu betrachten.
Fokussiert man die Betrachtung auf wirtschaftliche Entwicklungen, lassen sich
Veränderungszyklen abbilden, die mit Hilfe des Kondratieffzyklus anschaulich
abgebildet werden können.
Kondratieff formulierte in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die
These, wonach die Wirtschaft in langen Zyklen wächst und schrumpft. Dabei baut
sich ein neuer Wellenkamm immer dann auf, wenn bahnbrechende Erfindungen und
technologische Sprünge einen Innovationsschub auslösen. Als solche
Wachstumsmotoren identifiziert er die Dampfmaschine (1. Kondratieff), die
Eisenbahn (2. Kondratieff), die Innovationen in Elektrotechnik und Chemie (3.
Kondratieff) sowie die Entwicklungssprünge in Petrochemie und der
Automobilindustrie (4. Kondratieff). Der 5. Kondratieff ist durch Innovationen im Be-
reich der Informations- und Kommunikationstechnik gekennzeichnet.72 Der 6.
Kondratieff ist bereits eingeläutet und durch biotechnologische Innovationen sowie
der Hinwendung zu gesundheitlichen Themen markiert.
71 Vgl. Doose 2004, S. 16 72 Vgl. Kap. 3.1.1
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
17
Basisinnovationen und ihre wichtigsten Bedarfsfelder
Zyklus
1.
Kondratieff
2.
Kondratieff
3.
Kondratieff
4.
Kondratieff
5.
Kondratieff
6.
Kondratieff
Zeitraum
1780
1830-1850
1880-1900
1930-1940
1950-1980
2000-2005
Basis-
innovation
Dampf-
maschine
Stahl
Elektro-technik
Petrochemie
Informations-
technik
Bio- technologie
Psycho-soziale
Gesundheit
Bedarf
Bekleidung
Transport
Massen-konsum
Individuelle
Mobilität
Information / Kommuni-
kation
Gesundheit
Industriegesellschaft (Energie)
Informations- gesellschaft (Information)
Abb. 3: Der Kondratieffzyklus nach Nefiodow73
Nachfolgend gilt es nun, die Ursachen und Anlässe für Veränderungsprozesse, die
innerhalb der Organisation liegen oder aber durch externe Faktoren determiniert sind
und zu einem erhöhten Veränderungs- und Anpassungsdruck führen können,
darzustellen.
3.1 Externe Anlässe für Veränderungsprozesse 3.1.1 Innovationssprünge in der Informations- und
Kommunikationstechnologie Der 5. Kondratieff, wie bereits beschrieben durch Innovationen im Bereich der
Informations- und Kommunikationstechnologie gekennzeichnet, ist der erste
Langzyklus, der nicht mehr primär auf der Verwertung von Bodenschätzen,
Stoffumwandlungsprozessen und Energien basiert, sondern auf der Verwertung
einer immateriellen Größe, der Information. Dabei lässt sich grundsätzlich feststellen, 73 Eigene Abbildung, basierend auf Kostka/Mönch 2002 und Nefiodow 2001, S. 3f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
18
dass sich die Geschwindigkeit der damit verbundenen Veränderungsprozesse um
ein Vielfaches erhöht hat und zusätzlich aufgrund der weiten Verbreitung der
Informations- und Kommunikationsmedien auch im privaten Bereich eine neue
Dimension an Breitenwirkung einnimmt. 74 Gordon Moore formulierte hierzu treffend:
„Wäre die Entwicklung in der Automobilindustrie wie in der Halbleiterindustrie
vorangeschritten, würde ein Rolls Royce mit fünf Litern Benzin eine Million Kilometer
weit fahren. Und es wäre billiger, ihn wegzuwerfen, als ihn zu parken.“75 Diese
Beschleunigung und Radikalität von Veränderungsprozessen hat für Organisationen
zur Konsequenz, dass sie sich mehr denn je beständigem Wandel ausgesetzt
sehen.76 Maßgeblich hierfür ist u. a. die Verringerung von Absorptionszeiten neuer
Technologien: Zwischen der Erfindung des Buchdruckes und seiner Nutzung lagen
zehn Jahre, während z. B. der Netscape Internet-Browser in weniger als einem
halben Jahr nach Programmierung weltweit vermarktet wurde.77
In Konsequenz ermöglichen die im 5. Kondratieff eingeleiteten technischen
Entwicklungen lokale wie globale Vernetzungen und damit neue Wege in der
Kooperation mit vielfältigen Synergieeffekten.78 Allerdings erfordern diese globalen
Kooperationsmöglichkeiten in weiten Teilen eine Verschiebung der natürlichen
Grenzen von Raum und Zeit, denn nicht mehr die Kosten der Beschaffung von
Information stellen sich als problematisch heraus, sondern die Selektion relevanter
Daten aus der Menge an Informationen und deren effektive Nutzung.79 Damit einher
geht die Abnahme der Bedeutung von Eigentumsverhältnissen: Die Wichtigkeit,
Dinge wie Werkzeuge, Produktionsanlagen etc., die mit enormen Kosten verbunden
waren und sind, zu besitzen, ist rückläufig. Gleichzeitig reicht es aus, Zugang zu
Gegenständen und Informationen zu haben und diese in den eigenen
Wertschöpfungsprozess zu integrieren. Gleichzeitig steigt auch die Abhängigkeit der
Beschäftigten vor dem Hintergrund dieser elementaren Veränderungen.80
74 Vgl. Kostka/Mönch 2002, S. 6ff.; vgl. auch: Doppler/Lauterburg 2002, S. 22f. 75 Wütherich/Osmetz/Phillip 2002, S. 16 76 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 22f. 77 Vgl. Pieler 2003, S. 8f. 78 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 23 79 Vgl. a.a.O., S. 22 80 Vgl. Rifkin 2004, S. 58f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
19
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die aus den Innovationssprüngen der
Informations- und Kommunikationsindustrie entstandene Beschleunigung organisa-
tionaler Wandlungsprozesse Chancen wie Risiken birgt; für diejenigen
Organisationen, die den Weg des Wandels nicht schnell und radikal genug
beschreiten, erwarten Doppler/Lauterburg Existenzprobleme.81
3.1.2 Verknappung der Ressource Zeit Als Folge der Innovationssprünge in Informatik und Telekommunikation lässt sich als
zweiter Anlass für Veränderungsprozesse die Verknappung der Ressource Zeit
nennen. Doppler/Lauterburg stellt fest, dass in Folge der technologischen
Entwicklungen, der gestiegenen Mobilität und der gestiegenen Informationsfülle die
Geschäftsabläufe eine enorme Beschleunigung erfahren haben. Gleichzeitig sind
Kundenbedürfnisse und Konsumgewohnheiten deutlich instabiler als zu früheren
Zeiten. In Folge steigt der Leistungs- und Veränderungsdruck in Organisationen um
ein Vielfaches.82 Bedingt durch die rasante Geschwindigkeit, mit welcher sich
weltwirtschaftliche Lagen verändern, werden Planungsgrundlagen immer
unzuverlässiger.83 Zeit wird so zu einem wesentlichen Wettbewerbs- und
Erfolgsfaktor, während Ruhezyklen immer seltener vorkommen und die für das
menschliche Handeln so wichtige Routine sich nur noch in geringem Maße einstellt.84
Notwendige Veränderungsprozesse unterscheiden sich aufgrund der Zunahme an
Tempo und Komplexität von denen früherer Epochen, denn Organisationen müssen
schnell und häufig sogar unter hohem Zeitdruck reagieren und Umstellungen
vornehmen.85 Die Menschen in den Organisationen, die diese Veränderungen
bewältigen müssen, sind häufig überfordert und bauen Widerstände auf, die dazu
führen, dass ca. 70% aller Veränderungsprozesse in Organisationen ihre Ziele nicht
erreichen.86
81 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 24 82 Vgl. a.a.O., S. 24f. 83 Vgl. Rieckmann 2000, S. 3f. 84 Vgl. Botthoff 2002, S. 105f. 85 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 25f. 86 Vgl. Botthoff 2002, S. 105f.
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20
3.1.3 Konsequenzen globaler Ökonomie: Bedarf nach interkultureller Zusammenarbeit
Entwicklungssprünge der Informations- und Kommunikationstechnologie und höhere
Mobilität führen dazu, dass in interkultureller Zusammenarbeit in einer globalen
Ökonomie die „Chancen und Risiken unserer Zeit“ liegen.87 Schnelle, kostengünstige
und unmittelbare globale Kommunikationsmöglichkeiten führen zu einem Abbau von
Wirtschaftsgrenzen und damit einem zunehmend globalen Markt mit rasant
wachsender Vernetzung wirtschaftlicher Arbeitsprozesse, Beteiligungen und
Fusionen. Globalisierung bezeichnet so einen Prozess der Entterritorialisierung mit
weit reichendem Wandel in Organisationen, denn die drastische Kompression von
Zeit und Raum ermöglicht die Herausbildung territorial entgrenzter globaler
Netzwerke. In Folge dessen bilden Organisationen kooperative, globale Netzwerke
aus Lieferanten, Kunden und Konkurrenten, die innerhalb kurzer Zeit wieder
aufgelöst werden können, wenn Prozess- und Wertschöpfungsketten in Abhängigkeit
von Kundenbedarf neu arrangiert werden.88
Chancen und Risiken globaler Märkte erfordern von Organisationen ein Überdenken
alter Geschäftsmodelle, denn die technologischen Umwälzungen verlocken zu bzw.
erzwingen globale Geschäfte, mit Auswirkungen auf bisherige Lieferanten-,
Konkurrenten- und Kundenbeziehungen.89 Um diese Chancen globaler Märkte und
Vernetzungen zu nutzen, ist der Aufbau interkultureller Kompetenz notwendig. Diese
umfasst die sensible Wahrnehmung und den vorurteilsfreien Umgang mit anderen
Kulturen und den damit verbundenen Sichtweisen, Denkmustern und Interessen.90
3.1.4 Verknappung der Ressource Geld Fundamentale Veränderungen wie die abnehmenden natürlichen Ressourcen,
regionale Konflikte und Kriege, Natur- und technische Katastrophen sowie die
Folgekosten gesellschaftlicher Fehlentwicklungen führen zu einer Verknappung der
Ressource Geld. Wachsende Vielfalt staatlicher Aufgaben, der ruinöse Verdrän-
87 Doppler/Lauterburg 2002, S. 26 88 Kaiser 2002, S. 8f.; vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 27f. 89 Vgl. Thurow 2004, S. 7f. 90 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 28f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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gungswettbewerb auf zahlreichen Märkten und die sinkende Zahl an Arbeitsplätzen
tragen ihren Teil zur Verschärfung der Situation bei.91
Der Rückgang natürlicher Ressourcen geht dabei weit über die Vergänglichkeit
fossiler Energieträger und Bodenschätze hinaus, denn Überfischung, Verschmutzung
der Gewässer und Übernutzung landwirtschaftlicher Flächen in weiten Teilen der
Welt bergen weitreichende Gefahren. Der ständig steigende Bedarf an Trinkwasser
bei gleichzeitiger Privatisierung der Wasserwirtschaft – und tendenziell steigender
Preise – birgt Risiken, bis hin zur Unterversorgung sozial schwacher Regionen auch
in Industrienationen.92 Die Erforschung nachhaltiger Technologien erlaubt neue,
lukrative Märkte zu erschließen, ist aber gleichzeitig mit erheblichen Investitionen
verbunden.93
Die Zunahme regionaler Konflikte führte zu massiven Steigerungen von
Rüstungsausgaben in vielen Ländern und zur weiteren Verknappung der Ressource
Geld. Gleiches gilt für die Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen wie
Stürme, Waldbrände oder Erd- bzw. Seebeben entstehen. Die hierbei getätigten
Investitionen setzen zwar wirtschaftliche Impulse, allerdings wird hierbei meist nur
der Zustand vor Eintreten des Schadensereignisses wiederhergestellt. Fortschritt-
liche Entwicklungen, die in vergleichbaren, nicht von Schadensereignissen oder
Konflikten betroffenen Gebieten festzustellen sind, unterbleiben so wegen fehlender
finanzieller Ressourcen.94
Die demographische Entwicklung produziert darüber hinaus jahrzehntelange Folge-
kosten. Medizinische Entwicklung erhöht die Lebenserwartung, allerdings fehlt es in
zahlreichen Industrienationen an Nachwuchs, welcher die Folgekosten der älter
werdenden Bevölkerung finanzieren könnte und andererseits in den Organisationen
die verloren gehenden Kompetenzen ersetzt.95
91 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 30 92 Vgl. Barlow/Clarke 2004, S. 109ff. 93 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 32 94 Vgl. a.a.O., S. 30f. 95 Vgl. Bertelsmann-Stiftung 2005, S. 45ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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22
Die Situation in Organisationen wird dadurch verschärft, dass kurzfristiges Denken
meist dem längerfristig orientierten Handeln vorgezogen wird.96 Die Überbewertung
der Chancen der Globalisierungsprozesse bewirken einen verschärften, ruinösen
Verdrängungswettbewerb: Hohe Wachstumsprognosen führten und führen so zum
Aufbau von Überkapazitäten in Unternehmen, die in hartem Wettbewerb mit teils
ruinösen Bedingungen „Ausscheidungskämpfe“ ausfechten, in dessen Folge die Zahl
der Arbeitsplätze durch Automatisierung etc. ebenso abnimmt wie die Qualität der
Arbeitsbedingungen. Neben Automatisierungsverlusten von Arbeitsplätzen fallen
darüber hinaus zahlreiche Arbeitsplätze durch Export der Arbeit in Billiglohnländer
weg. Erschwert wird die Verknappung der Ressource Geld durch die Tatsache, dass
der Staat zur Bewältigung der komplexen Aufgaben – auch dies eine Folge der
beschriebenen gesellschaftlichen Fehlentwicklungen – Steuern und Abgaben
tendenziell erhöht, um Leistungsfähig zu bleiben.97
3.1.5 Anstieg der Dynamik und Komplexität
Als weitere, wichtige externe Rahmenbedingung für Organisationen ist die
Steigerung der Komplexität festzustellen. Hohe Anzahlen parallel ablaufender
wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen beeinflussen sich gegenseitig
und entwickeln eine hohe Eigendynamik, die unerwartete Ergebnisse zur Folge
haben kann, auch wenn die Prozesse gut geplant sind bzw. waren. Hinzu kommt,
dass durch die entstandenen globalen Netzwerke Entwicklungen nicht mehr an
regionalen Grenzen halt machen, sondern auch räumlich Ferne und nicht planbare
oder kalkulierbare Ereignisse Ausstrahlungen in alle Teile der Welt haben und
erhebliche Verwerfungen in eigentlich unbetroffenen Gebieten nach sich ziehen
können: Erinnert sei hier an die Folgen der Anschläge vom 11. September 2001 in
New York, Konflikte im Nahen Osten und ihre Auswirkungen auf die Rohölpreise
oder Naturkatastrophen wie das Seebeben 2005, welche zumindest über die
Vernetzung der Kapitalmärkte weltweit Spuren hinterlassen haben.98
96 Bertelsmann-Stiftung 2005, S. 6 97 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 33f.; vgl. auch: Rifkin, 2004, S. 62f. 98 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 36f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
23
Mit der Zunahme Vernetzung einzelner Akteure – bei gleichzeitiger Beschleunigung
der Geschwindigkeit von Veränderungen – steigt die Anzahl der Wechselbezie-
hungen expotential, denn jeder Akteur der sich in das globale System einklinkt,
vernetzt sich mit anderen Akteuren und erzeugt hierdurch, gewollt oder ungewollt,
komplexe Wechselwirkungen wie Nebenwirkungen (z. B. geringerer Personalbedarf
durch Implementation neuer Produktionstechniken), Rückwirkungen (wie z. B.
ruinöser Wettbewerb mit Konkurrenten im gleichen Markt) und Fernwirkungen (wie
bspw. ökologische Folgen der Produktion).99
Durch dieses multiplikative Zusammenwirken von Systemelementen, Verknüpfungen
und den beschriebenen Wechselwirkungen verdichtet sich die Komplexität des
Gesamtsystems in einem Maß, welches die Wahrnehmungsfähigkeit des einzelnen
Elementes innerhalb des Gesamtsystems übersteigt. Die „Hebelwirkungen" in
solchen hochkomplexen Verknüpfungen sind erkennbar, wenn die grundlegenden
Strukturen, die Veränderungen initiieren und die Komplexitätsintensität determi-
nieren, sichtbar werden.100
Neben der festzustellenden Zunahme der Komplexität steigt auch die Dynamik der
Prozesse: Riekmann spricht in diesem Zusammenhang davon, dass die Zahl der
Veränderungen pro Zeiteinheit mit zunehmender Vernetzung der Elemente
expotential ansteigt.101 Durch zunehmende Dynamisierung des Handelns entsteht
ein Selbstverstärkungseffekt der Handlungsgeschwindigkeit, da andere Akteure
motiviert werden, ebenfalls schneller zu handeln. So steigt die Dynamik weiter an
und sorgt für wachsende Komplexität.
Insgesamt verwundert es so wenig, dass Komplexität und Dynamik
(„Beschleunigung“) zu den fünf Megatrends zählen, die im kommenden Jahrzehnt
Ursache für tief greifende Veränderungsprozesse sind.102
99 Vgl. Rieckmann 2000, S. 4; vgl. auch: S. 10, 12, 34 100 Vgl. Senge 2001, S. 158 101 Rieckmann 2000, S. 3f. 102 Capgemini 2008, S. 17
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Christopher Klug
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Abb. 4: Top 5 der Megatrends103
Das Zusammenwirken von Dynamik und Komplexität erzeugt systemische Muster
und Strukturen mit hoher Intransparenz. Dies ist verbunden mit der Zunahme eines
Fehlschlagrisikos und der Ohnmacht des Einzelnen auch bei scheinbar rationalem
Verhalten. Riekmann spricht in diesem Zusammenhang vom Macht-Ohnmacht-
Risiko durch steigende Komplexität und Dynamik und prägt hierfür den Begriff der
„Dynaxity“.104
103 Eigene Abbildung, basierend auf: Capgemini 2008, S. 17 104 Rieckmann 2000, S. 4
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25
Das Grundmodell der Dynaxity stellt sich folgendermaßen dar:
Abb. 5: Das Dynaxity-Grundmodell105
Aufbauend auf diesem Grundmodell skizziert Riekmann für das derzeitige
Wirtschafts- und Gesellschaftssystem vier verschiedene Dynaxity-Zonen106, in
welchen Organisationen in unterschiedlichen Zusammenhängen agieren.
Zone I ist hierbei geprägt von geringer Komplexität und Dynamik. Führung und
Gestaltung des Unternehmens obliegen meist dem patriachalisch-charismatisch
agierenden Unternehmensgründer. Die Organisationen sind so klein und flexibel,
dass auf ordnende Strukturen weitgehend verzichtet werden kann. Hinzu kommt,
dass die Belegschaft wie eine „große Familie“ und nicht als rein wirtschaftliche
Zweckgemeinschaft agiert und empfindet, wodurch das informelle Netzwerk den
größten Teil der Akteure im System mit einschließt. Auch die Außenbeziehungen zu
105 Eigene Abbildung, basierend auf: Rieckmann 2000, S. 4 106 Vgl. Abb. 6, S. 28
Dynaxity
Komplexität
Dyn
amik
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26
Kunden und Lieferanten sind in der Regel von stabilen, persönlichen Verbindungen
und damit von Kontinuität geprägt.
In Zone II wird das Unternehmen zur Bewältigung der gestiegenen Komplexität nach
den Grundsätzen des technokratisch-bürokratischen Managements mit klaren,
horizontalen und vertikalen Strukturen, organisiert und geführt.107 Die eingerichteten
Hierarchien dienen dazu, dass Unternehmen planbarer und kontrollierbarer zu
gestalten und damit die Steuerung zu optimieren, denn aufgrund der Zunahme von
Elementen in Verbindung mit einer steigenden Anzahl von Verknüpfungspunkten in
die Umwelt und den damit einhergehenden Wechselwirkungen, wäre bei Beibe-
haltung der Zone I-Strukturen eine Führung und Kontrolle allein durch einen
charismatischen Unternehmensgründer nicht mehr leistbar.
Das technokratisch-bürokratische Modell erlaubt jedoch nur die Komplexität, nicht
jedoch die Dynamik des Systems in den Griff zu bekommen. Dies wird zusätzlich
dadurch erschwert, da sich die in Zone I vorhandenen Eigenschaften zur
Bewältigung der Dynamik wie die Pionierfreude, die Spontanität, die Kreativität und
die Flexibilität im statischen technokratisch-bürokratischen Modell eher im
informellen Bereich entfalten. Anpassung an veränderte Umweltbedingungen können
lediglich langsam und geplant bewältigt werden.108
Unternehmen, die durch Wachstum die Zone I verlassen, reorganisieren sich in der
Regel nach den Grundsätzen des technokratisch-bürokratischen Managements mit
der Folge, dass weite Teile der Kompetenzen zur Beherrschung der Dynamik
abgegeben werden, um die Komplexität zu bewältigen. Damit werden die Probleme
des Wachstums und der sich verändernden Umwelt jedoch nicht gelöst, sondern
lediglich in andere Bereiche verschoben. Versuche, die Dynamik durch die
Anwendung moderner Managementmethoden wie dem Lean Management, Business
Process Reengineering, Total Quality Management o. ä. zu beherrschen, bleiben
meist Stückwerk, da sie Wandel nur in ausgewählten Problembereichen gestalten
und das System eher von einem statischen Zustand in den nächsten transformieren
107 Vgl. Rieckmann 2000, S. 7ff. 108 Vgl. a.a.O., S. 9
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
27
und nicht dynamisch transzendieren, denn das Unternehmen hinkt mit großem
Aufwand den Veränderungen seiner Umwelt hinterher und wird von Entwicklungen
getrieben.109
Andere Managementmethoden wie das Wissensmanagement, das Projekt-
management oder die Organisationsentwicklung operieren bereits am Übergang zur
Zone III, bieten isoliert betrachtet aber noch nicht die integrierende Klammer eines
ganzheitlich systemischern Managements, denn technokratisch-bürokratische
Modelle basieren auf Kontrollmechanismen, Machbefugnissen und Unterordnungs-
bereitschaft. Solche Systeme beziehen sich mehr auf ihr internes Hierarchie- und
Beziehungsgeflecht als auf ihr Umfeld.110
In Zone III spricht Riekmann von einem „organisch-systemischen“ leitenden
Management.111 Organisationen werden als offene sozio-techno-ökonomische
Systeme verstanden, dessen Existenz sich auf Umfeldbedürfnisse begründet. Von
dort werden vielfältige Kunden- und Marktimpulse aufgenommen, wobei sich die
Bedürfnisse nicht auf Produkte, sondern auf die Lösung von lebensweltlichen
Problemen beziehen. Die Fokussierung auf die Kundenprobleme und der damit
verbundene Aufbau von Problemlösungskompetenz verschiebt den Schwerpunkt
weg von interner Produktoptimierung hin zum möglichst optimalen Problemlöse-
ansatz aus Kundensicht: Riekmann vergleicht dies mit einer Fabrik zur Herstellung
von Rechenschiebern: Hier macht es keinen Sinn, nach Erfindung des Taschen-
rechners weiter Rechenschieber in bester Qualität und zum günstigsten Preis zu
produzieren, da der Taschenrechner aus Kundensicht die wesentlich effizientere
Lösung des Problems darstellt.112
Aufgrund des hohen Dynamik- und Komplexitätsgrades der Zone III sind
Organisationen ohne organisch-systermisch orientiertes Management überfordert.
109 Vgl. Rieckmann 2000, S. 7ff. 110 Vgl. a.a.O., S. 10 111 A.a.O., S. 10 112 A.a.O., S. 54
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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28
Technokratisch-bürokratisches Management kann in einem dynamischen Umfeld
Organisationen bis hin zur Handlungsunfähigkeit blockieren.113
Zone IV schließlich ist gekennzeichnet von unbeherrschbarem Chaos, welches sich
der Mensch selbst geschaffen hat, indem er immer mehr und immer schneller will.
Hierdurch indiziert er fundamentale Weltprobleme und eine Drift der gesamten
Menschheit hin zu einer Hyper-Dynaxity, welche das Gesamtsystem in seiner
Existenz bedroht. Entgegengewirkt werden kann diesem Phänomen nur durch eine
global akzeptierte Werteordnung, die den Umgang miteinander auf eine verlässliche
Basis stellt. Parallel hierzu muss Komplexität und Dynamik abgebaut und das Hyper-
Dynaxityverursachende, von Konkurrenzdenken bestimmte gegenseitige „Hoch-
rüsten“ von Unternehmen, Wirtschaften und Staaten gebremst werden.114
Abb.6: Dynaxity-Modell115
113 Rieckmann 2000, S. 9 114 Vgl. a.a.O., S. 11f. 115 Rieckmann 2004, o. S.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
29
3.2 Interne Anlässe für Veränderungsprozesse Neben den in Kapitel 3.1 beschriebenen externen Anlässen für Veränderungs-
prozesse lassen sich auch Ursachen beschreiben, die eher Organisationsintern zu
verorten sind. Hierbei ist die Zuordnung jedoch nicht immer eindeutig. Czichos
beschreibt beispielsweise das Aufbrechen hierarchischer Strukturen zugunsten
moderner Matrixstrukturen, dem Lean-Management oder kooperativer Arbeitsformen
als Trend innerhalb von Organisationen, denn mit kleineren Funktions- und
Arbeitsteams streben Organisationen an, flexibler, manövrierfähiger und kreativer zu
sein.116 Damit beschreibt er aus interner Sicht Entwicklungen, die durchaus auch als
extern indizierte Entwicklungen angesehen werden können.
Zingel nennt insgesamt zehn Felder interne Anlässe für Veränderungsprozesse,
wobei auch hier die Klassifizierung „intern“ zumindest als problematisch anzusehen
ist. So führt er Maßnahmen zur Sicherstellung der Fortsetzung der Unternehmens-
tätigkeit nach einer Krise, Kostensenkungsprogramme aller Art, die Einführung
unternehmensübergreifender Managementkonzepte, Programme zum Wandel der
Unternehmenskultur, Maßnahmen des Qualitätsmanagements, Änderungen der
Sortimentsstrukturen, Unternehmenskauf oder -verkauf, Verschmelzungen wie
Konzernbildungen oder Fusionen, Reorganisationsprogramme bzw. Restrukturie-
rungsprogramme sowie Prozessoptimierungen als interne Anlässe für Verän-
derungen in Organisationen an.117
Simon nennt sechs Felder für intern induzierten Veränderungsdruck und fasst in
ihnen produktbezogene, marktbezogene, geschäftsprozessbezogene, mitarbeiter-
bezogene, führungsbezogene und strukturbezogene Gründe zusammen. Auch hier
ist v.a. im Feld der marktbezogenen Gründe die Trennschärfe zu extern indizierten
Veränderungsprozessen fraglich.
116 Czichos 1990, S. 61 117 Zingel 2004, S 3
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
30
In der Übersicht stellt sich das Modell von Simon folgendermaßen dar:
Abb. 7: 6 Felder interner Veränderungsanlässe118 Darüber hinaus führt Simon aus, dass auch kleine Veränderungen in Organisationen,
wie z. B. die Einstellung eines neuen Mitarbeiters, die Auflösung einer Abteilung oder
die Veränderung einer bisher praktizierten Vorgehensweise Beachtung verdienen,
denn die täglichen Anlässe für Organisationsveränderungen sind Teil eines häufig
unbewussten, stetigen Prozesses der Veränderung in Organisationen, bei welchen
häufig größere, geplante Veränderungsprozesse „auf einem Fluss dieser ständigen
kleinen Veränderungen schwimmen.“119 Solche täglichen Anlässe für Veränderungs-
prozesse initiieren eine kontinuierliche Entwicklung der Organisation. Daher liegt es
118 Eigene Abbildung, basierend auf Simon 2003, S. 92 119 A.a.O., S. 91
6 Felder interner Veränderungsanlässe Produktbezogene
Gründe • Schlechte Qualität
• Komplexes Produktdesign
• Falsche Sortimentsstruktur
Marktbezogene Gründe
• Verlust von Marktanteilen
• Schlechter Kundennutzen
Geschäftsprozessbezogene Gründe
• Hohe Prozesskosten
• Hohe Durchlaufzeiten
• Schlechte Produktionslogistik/ hohe Lagerbestände
• Mangelnde EDV-Unterstützung
Mitarbeiterbezogene Gründe
• Unternehmenskulturelle Probleme
• Hohe Fehlzeiten, Krankenstand
• Unzureichende Vertrauenskultur
• Geringe Identifikation mit Organisation
Führungsbezogene Gründe
• Hoher Zeitdruck
• Mangelnde Autonomie
• Geringe Realisierung von Zielen
Strukturbezogene Gründe
• Kooperationen mit anderen Unternehmen
• Unternehmenskauf und Verkauf
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
31
im Interesse von Organisationen, Strukturen zu konstruieren, die Wandel und
wiederkehrende Veränderungsprozesse ermöglichen.120
3.3 Modellhafte Klassifikation von Feldern und Strategien des Wandels Die Vielfalt und Komplexität von Veränderungsprozessen in Organisationen begrün-
det die Skizzierung unterschiedlicher Strategien des Wandels. Grundlegend lassen
sich so nach Reiss vier Felder des Wandels von Organisationen unterscheiden:
Abb. 8: 4 Felder des Wandels121
Unter Strategiewandel wird eine Veränderung in Unternehmen mit Neudefinition der
strategischen Ausrichtung verstanden. Bei einem Strukturwandel werden wichtige
Veränderungen in der Aufbau- und Ablaufstruktur der Organisation vorgenommen, z.
B. nach Veränderung der Managementmethode oder nach Organisationszusammen-
120 Vgl. a.a.O. 2003, S. 91 121 Eigene Abbildung, basierend auf Reiss 1997, S. 8
.....beziehen sich z. B. auf: .
• Konzentration auf Kernkompetenzen • Internationalisierung • etc.
• Prozessorganisation • etc.
• Kultureller Wandel • Turnaround • etc.
• Technologiewandel • Ökologischer Wandel
4 Felder des Wandels
Strategiewandel
Strukturwandel
Unternehmenswandel
Ressourcenwandel
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
32
schlüssen. Der Unternehmenswandel tritt ein, wenn in der Gesamtorganisation
einschneidende Veränderungskonzepte umgesetzt werden, die nicht nur einzelne
Bereiche eines Unternehmens betreffen. Der Ressourcenwandel umfasst letztlich
Veränderungen, die durch ökologische und technologische Innovationen ermöglicht
werden. Die diversen Wandelstrategien weisen zahlreiche Querverbindungen und
Wechselwirkungen auf, die es zu berücksichtigen gilt. Zielt eine Veränderung auf
einen bestimmten Bereich, bleiben andere Bereiche davon meist nicht
unbeeinflusst.122
Neben den Feldern des Wandels sind die verschiedenen Elemente einer
Organisation ebenso als verbundene Einheit zu betrachten. SO hat eine
Veränderung in der Führung einer Organisation Auswirkungen auf die Organisations-
kultur und die Struktur. Ebenso hat eine Veränderung in den natürlichen und
ökologischen Ressourcen zwangsläufig Auswirkungen auf die strategische Planung.
Abb. 9: Vernetzung der Elemente einer Organisation123
122 Vgl. Reiss 1997, S. 7ff. 123 Eigene Abbildung, basierend auf Neumann 2004, S. 7
Verhalten,
Kultur
Abläufe, Prozesse
Struktur
(Organisation )
Change hat Auswirkungen
auf…
Führung
(Rahmenbedingungen...)
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
33
Aufgrund der Komplexität von Veränderungsprozessen ist die Anzahl an Aus-
modellierungen der Architektur ihrer Steuerung immens. So lassen sich nicht nur
unterschiedliche Reaktionstypen bei Mitarbeitern und Personen unterscheiden; auch
Organisationen differieren. Neben eher konservativen, großen und meist älteren
Organisationen mit ausgeprägten Hierarchien, Strukturen und Prozessen existieren
auch bewegliche, kleinere Einheiten mit flachen Hierarchien, die sich hauptsächlich
im Mittelstand finden. Daneben lassen sich Start-Up-Unternehmen identifizieren, die
häufig von Wachstumsproblemen gekennzeichnet sind und noch nicht fertig
ausgeprägten Strukturen vorweisen.124
Je nach Ausgangslage und Zielen der Organisation, bedarf es anderer Strategien
und Konzepte zum Management von Veränderungsprozessen. Zur Positionierung
lassen sich zwei Dimensionen unterschieden125: Einerseits geht es um die
Einschätzung des Veränderungsbedarfes in der Außenrelation. Die Organisation
muss die Frage klären fragen, wie groß ist die „Veränderungsnotwendigkeit“ in
Relation zum Markt ist. Gleichzeitig ist zu klären, wie hoch das eigene
„Veränderungsvermögen“ und wie ausgeprägt die Fähigkeit zur Selbstentwicklung
und Selbststeuerung der Organisation ist. Darüber hinaus umfasst das
Veränderungsvermögen die Fähigkeit zu entscheiden, in welchem Umfang und an
welchen Stellen Veränderungen durchzuführen sind. Zum Veränderungsvermögen
gehört insgesamt die Fähigkeit, persönliche, inhaltliche und soziale Veränderungs-
prozesse im Unternehmen passend zu gestalten und zu steuern. Bei hohem
Veränderungsvermögen ist eine indirekte Steuerung mit viel Raum zu Selbstinitiative
und Selbstentwicklung möglich. Bei niedrigerem Veränderungsvermögen bedarf es
dagegen anderer, direktiver Top-Down-Steuerung.126
124 Vgl. Schönborn/Fischer/Langen 2001, S. 74f. 125 Vgl. Heitger/Doujak 2002, S. 27f. 126 Vgl. a.a.O., S. 28
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
34
Abb. 10: Positionierung typischer Veränderungsziele und -konzepte127
Nachfolgend werden kurz die in der Abbildung 15 dargestellten Positionierungen
erläutert.
Überleben sichern: Im Krisenmanagement / Sanierungsprojekten ist die akute
Rettung der Organisation und damit die Bewältigung der Krise das Ziel. Durch
geeignete Konzepte und Maßnahmen sinkt die aktuelle Veränderungsnotwendigkeit
der Organisation.
Mobilisieren: In Phasen des Erfolges soll die Veränderungsfähigkeit von Personen
und Systemen erhöht werden, indem die Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit der
Organisation entwickelt wird.
Radikales Neupositionieren: Typischerweise sehen Organisationen, die kurz vor
einer Krise stehen und Frühwarnsignale über den gefährdeten Erfolg der
Organisation wahrnehmen, die Notwendigkeit, durch die Kombination von proaktivem 127 Eigene Abbildung in Anlehnung an Heitger/Doujak 2002, S. 29
Akt
uelle
ni
edrig
V
erän
deru
ngsn
otw
endi
gkei
t
hoch
niedrig Veränderungsvermögen hoch
Mobilisieren Anpassungs- und
Entwicklungsfähigkeit
Überleben sichern
Krisenmanagement/ Sanierung Radikales
Neupositionieren Turnaround/
strat. Redesign
Erneuern Wachstumspotentiale
Lernende Organisation
Marktresponsiveness
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
35
Turnaround128 und strategischem Re-Design die Organisation zu stabilisieren.
Hierbei muss nicht nur die Veränderungsfähigkeit der Organisation erhöht werden,
sondern auch die aktuelle Veränderungsnotwendigkeit gesenkt werden.
Erneuern: Unternehmen, die in dieser Situation sind, befinden sich in keiner akuten
Krise. Durch Veränderung sollen innovative Wachstums- und Zukunftspotentiale
gesichert werden.
Lernende Organisation: Die Veränderung wird als Element des Tagesgeschäftes
betrachtet. Strukturen und die Kultur der Organisation schaffen den richtigen
Rahmen für dauerhafte Weiterentwicklung.
3.4 Anlässe für Veränderungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen und Institutionen
3.4.1 Entwicklung der Reformorientierung
Modernisierungsbestrebungen in öffentlichen Verwaltungen nahmen ihren Anfang in
der Mitte der 1990er Jahre. Ab diesem Zeitpunkt wurde die umfassende Reorgani-
sation des kommunalen Sektors in der BRD, ausgehend vom Beispiel der nieder-
ländischen Stadt Tilburg, diskutiert. Getragen wurde die Diskussion von einer breiten
Reformbewegung auf allen politischen Ebenen, anvisiert wurde dabei ein
grundlegend neues Verwaltungsmodell.129
Anlass für die Diskussion neuer Strukturen und Prozesse öffentlicher Verwaltungen
und Institutionen war v. a. die allgemeine Finanzknappheit der öffentlichen Haus-
halte. Weiterer wesentlicher Faktor war die zunehmend schneller werdende
Entwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologie.130 Daneben trat das
Phänomen des Bedeutungs- und Wertverlustes öffentlicher Verwaltungen v. a. im
Kontext des europäischen Integrationsprozesses auf, der nationale administrative
Ebenen durch die Konstituierung supranationaler Institutionen in Frage stellte.
Hierbei traf die Diskussion um die Effizienz öffentlicher Verwaltungen die kommunale
Ebene aufgrund ihrer räumlichen und sachlichen Nähe zu den Bürgern und der so im
128 Proaktiver Turnaround bedeutet, dass einer potentiellen Krise vorgebeugt wird. 129 Vgl. König 1997, S. 56 130 Vgl. Kap. 3.1.1
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
36
Verwaltungshandeln deutlich werdenden Unbeweglichkeit bzw. der fehlenden
Bürgernähe besonders hart. Verstärkt wurde der Reformdruck durch gleichzeitig
einsetzende Bemühungen von Unternehmen aus Industrie und Handel, neben ihren
Produkten vermehrt Dienstleistungen, zunächst in Form von Zusatznutzen und
Service, später als eigene Angebote, anzubieten.131 Die beginnende öffentliche Kritik
führte jedoch real nur zu wenigen bzw. keinen Veränderungen, da sich öffentliche
Verwaltungen im Allgemeinen und kommunale Selbstverwaltungen im Besonderen
auf ihre gesetzliche Legitimation berufen konnten.
Erst um 1995 begannen einige Kommunen, vorwiegend Städte mit mehr als 60.000
Einwohnern, aufgrund weiter zunehmendem Reformdrucks als Folge neuerlicher
Verknappung finanzieller Handlungsspielräume – das kommunale Gesamtdefizit
wuchs sowohl 1995 als auch 1996 in Folge wachsender Soziallasten, ungelöster
Arbeitsmarktprobleme und sinkender Gewerbesteuereinnahmen auf jeweils 13 Mrd.
DM an132, Veränderungen innerhalb der Verwaltungen und im Zusammenspiel
zwischen Politik und Verwaltung umzusetzen.
Das Umfeld für öffentliche Verwaltungen verschärfte sich weiter durch zunehmende
Deregulierungstendenzen und der dadurch initiierten Privatisierung einzelner
staatlicher Betriebe. Da sich Organisationsstrukturen und Prozesse öffentlicher
Verwaltungen vornehmlich an der Einhaltung von Regeln und Normen und weniger
an Kosten und Wünschen der Kunden orientierten, traten erhebliche Wirtschafts- und
Effizienzdefizite deutlicher zu Tage. Parallel hierzu stiegen die Erwartungen und
Ansprüche der Bürger an ihre Verwaltung, die durch den Übergang von der
„Ordnungsverwaltung hin zur Leistungsverwaltung“ bei gleichzeitig gestiegener
individueller Souveränität der Bürger gegenüber öffentlichen Institutionen, gekenn-
zeichnet ist.133 In Folge dieses Verhältniswandels manifestierte sich eine Vertrauens-
krise, da erhebliche Differenzen zwischen den Anforderungen der Bürger an
öffentliche Verwaltungen einerseits und der Möglichkeiten dieser, verschärft durch
die Verknappung finanzieller Mittel, auf der anderen Seite, entstanden. Es wurde
131 Vgl. Schöneich 1996, S. 2 132 Vgl. a.a.O., S. 2 133 A.a.O., S. 2
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
37
deutlich, dass der Finanzknappheit nicht allein durch Aufgabenverzicht oder Steuer-
bzw. Gebührenerhöhungen zu begegnen war; vielmehr ging es darum, mittels einer
„an ökonomischen Effizienzkriterien orientierten Binnenreform einen grundsätzlichen
Wandel der administrativen Funktionsweise“ zu intendieren.134
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass v. a. die finanzielle Krise öffentlicher
Haushalte Veränderungsprozesse öffentlicher Institutionen in Gang gesetzt hat und
Motor der Veränderungsbemühungen war. Kommunale Verwaltungsmodernisierung
berührt dabei auch andere Verwaltungsebenen, wie die des Bundes und der Länder.
Durch die Distanz dieser Verwaltungsebenen zum Bürger laufen Veränderungen dort
aber insgesamt weitaus langsamer als auf kommunaler Ebene. Daher sind die
Diskussionen als auch das Handeln zur Thematik Verwaltungsmodernisierung in
Deutschland primär durch die Kommunen geprägt.135
3.4.2 Ziele und Orientierungen der Veränderungsprozesse öffentlicher Verwaltungen in Deutschland
Orientierungsrahmen für die Ansätze zur Veränderung öffentlicher Verwaltungen und
Institutionen bietet ein verändertes Verständnis von Administration, welches unter
der Bezeichnung „New Public Management“ diskutiert, beschrieben und in unter-
schiedlicher Intensität, in den U.S.A., in Neuseeland, Großbritannien, Skandinavien
und v. a. in den Niederlanden, realisiert wurde.136
Die Orientierung der Überlegungen für Veränderungsprozesse bezeichnet König als
„Ökonomisierung der öffentlichen Verwaltung“, die primär die Steigerung der
Produktivität und Effizienz zum Ziel hat.137 Aus diesem Ansatz und der Problemlage
heraus lässt sich nach Schöneich ableiten, dass es den Kommunen primär darum
ging, ein Selbstverwaltungssystem zu kreieren, welches „mehr leistet und weniger
kostet und dabei bürgernäher“ arbeitet.138 Kernpunkte sind hierbei ein professio-
134 König 1997, S. 57 135 Vgl. Schöneich 1996, S. 4 136 Realisierungsbeispiele finden sich ausführlich in König 1995, S. 350f. 137 A.a.O., S. 350 138 Schöneich 1996, S. 2
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
38
nelleres Management, die Stärkung des Wettbewerbsdenkens, die ziel- und
ergebnisorientierte Steuerung sowie möglichst autonome, dezentrale Strukturen.139
Abb. 11: Kernpunkte der Ökonomisierung öffentlicher Verwaltungen140
Fasst man die vielfältigen Ziele der von niederländischen Vorbildern orientierten
Reformbemühungen zusammen, lassen sich fünf Modernisierungsbereiche unter-
scheiden, die sich in nahezu allen Ansätzen zur Modernisierung öffentlicher
Verwaltungen wieder finden: Zunächst ist hier die Veränderung des Verhältnisses
zwischen Bürgern, politischen Gremien und der Verwaltung zu nennen. Hier geht es
meist um die Rolle der politischen Gremien, die einerseits die Bürgerinteressen zu
vertreten haben und andererseits der Verwaltung Handlungsspielräume über das
„Wie“ der Aufgabenerfüllung einräumen soll. Hier wird meist eine schärfere
Aufgabenzuordnung und Aufgabenabgrenzung angestrebt.
Zweitens konzentrieren sich Reformbemühungen auf den Bereich Personal und
Organisation von Verwaltungen. Leistungsreserven sollen durch Qualifikation und 139 Vgl. König 1997, S. 56 140 Eigene Abbildung, Inhalte basierend auf a.a.O., S. 56
+ mehr Leistung
Ziel: + mehr Bürgernähe - weniger Kosten
Ans
ätze
Professionelles Mehr Ziel- und Dezentralität Management Wettbewerb Ergebnisorientierung
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
39
Motivationssteigerung erschlossen werden, mittelfristige Personalkosten zu
reduzieren. Als Prinzipien gelten hierbei die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit,
Investitionen in Personalentwicklung, immaterielle und materielle Leistungsanreize
sowie die Förderung des Dienstleistungsbewusstseins und der Kundenorientierung
innerhalb der Mitarbeiterschaft.141
Abb. 12: Modernisierungsbereiche öffentlicher Verwaltungen142 Dritter Modernisierungsbereich ist die Verwirklichung des Verständnisses vom
Bürger als Kunden der Verwaltung. Hierbei geht es im Wesentlichen um die
Veränderung des Organisationsprinzips nach dem Kriterium „Bürgerorientierung“
beispielsweise durch die Schaffung von Bürgerämtern, Bürgerbüros, optimierter
Öffnungszeiten etc.
Die Steuerung kommunaler Beteiligung richtet sich auf die Optimierung der
operativen Beteiligungen mit dem Ziel der Effizienzsteigerung. Hierbei werden echte
als auch unechte, da nur formale Privatisierungen in Form von Eigenbetrieben
postuliert. Das fünfte Feld zur Modernisierung öffentlicher Verwaltungen befasst sich
mit der Umgestaltung des Haushalts- und Rechnungswesens mit dem Ziel, 141 Vgl. Klug 2001, S. 5 142 Eigene Abbildung
Neues Verhältnis Bürger, politische
Gremien, Verwaltung
Personal- und Organisations-
entwicklung
Bürger als Kunde
Steuerung kommunaler
Beteiligungen
Haushalts- und Rechnungswesen
Modernisierungsbereiche
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
40
Kostendenken und wirtschaftliches Handeln anzureizen. Grundidee ist, dass es
innerhalb öffentlicher Verwaltungen umfangreicher Voraussetzungen wie interner,
produktbezogener Kostentransparenz, Möglichkeiten der Budgetierung, dezentrale
Ressourcenverantwortung, Einführung der doppelten Buchführung etc. hierfür
bedarf.143
Schöneich fasst die Ziele der Modernisierung öffentlicher Verwaltungen „vollständig,
eindringlich und mit schlichten Worten“ zusammen indem er formuliert, dass es dabei
darum geht, „Einsparungen zu erzielen, die Verwaltung effektiver zu gestalten und ihr
Handeln stärker auf den Bürger auszurichten.“144
3.4.3 Modelle zur Veränderung öffentlicher Verwaltungen und Institutionen in Deutschland
Der in Deutschland wesentliche modellhafte Ansatz zur Umsetzung von Reformen in
öffentlichen Verwaltungen wurde von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für
Verwaltungsvereinfachung (KGSt) geprägt und unter dem Titel „Neues
Steuerungsmodell“ vermarktet.145 Es orientiert sich in wesentlichen Teilen am
Beispiel der niederländischen Stadt Tilburg, die als entscheidender Wegbereiter für
Verwaltungsmodernisierung gilt, denn Tilburg, eine Stadt mit 160.000 Einwohnern,
hat bereits 1985 unter dem Druck einer akuten Finanzkrise drastische Einsparungen
durch umfassende Reorganisation erzielt. Grundprinzip der Tilburger Reform-
bemühungen, die insgesamt acht Jahre in Anspruch nahmen und an deren Ende ein
ausgeglichener Haushalt stand, war die Einführung von Holdingstrukturen, die
Modellierung von sieben weitgehend selbständigen Betriebseinheiten sowie eine
klare Aufgabendefinition zwischen politischen Gremien und der Verwaltung. So wird
die Verwaltung über strategische Leitlinien auf Basis von 250 definierten Produkten,
denen Kosten eindeutig zugeordnet werden, von der Politik gesteuert.146
143 Vgl. Klug 2001, S. 6 144 Schöneich 1996, S. 6f. 145 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 13 146 Vgl. Schöneich 1996, S. 6
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
41
3.4.3.1 Das Neue Steuerungsmodell der KGSt Das Neue Steuerungsmodell basiert, analog des im vorangegangenen Kapitel
dargestellten Orientierungsrahmen, auf dem Befund, dass öffentliche Verwaltungen
aufgrund ihrer bürokratischen Strukturen und der fehlenden Kostentransparenz
deutliche Funktionsmängel aufweisen. Damit einher gehen Mängel im Management
der Verwaltung.147 Ebenso lässt sich die als ineffizient angesehene Trennung von
Fach- und Ressourcenverantwortung konstatieren, die gemeinsam mit geringen
Gestaltungsmöglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die sinkende
Attraktivität der Arbeitsplätze für hoch qualifiziertes Personal verstärkt.148
Unmittelbare Eingriffe der Politik in die Verwaltungsarbeit, eine Legitimationslücke
zwischen Verwaltung und Bürger sowie das Fehlen von Leistungstransparenz und
Leistungsvergleich runden das Bild zur Ausgangslage ab.149 Auf Basis dieses
Befundes skizziert die KGSt ein neues Leitbild für die öffentliche Verwaltung unter
dem Titel „Von der Behörde zum Dienstleistungsunternehmen“ und geht
grundsätzlich davon aus, dass zur Realisierung dieses Leitbildes lediglich die
Steuerung der öffentlichen Verwaltungen verändert werden muss.150 Insgesamt
strebt das KGSt-Modell „den schrittweisen Aufbau einer unternehmensähnlichen,
dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur sowie die Aktivierung dieser
Struktur durch Wettbewerb“151 an und orientiert sich an den zuvor formulierten
Modernisierungsbereichen:
• Verhältnis zwischen Bürgern „politischen Gremien und der Verwaltung“.
• Personal und Organisation von Verwaltungen.
• Der Bürger als Kunde.
• Steuerung kommunaler Beteiligungen.
• Haushalts- und Rechnungswesen.152
147 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 9 148 Vgl. König 1997, S. 58 149 KGSt-Bericht 5/1993, S. 12 150 Vgl. Schöneich 1996, S. 5 151 KGSt-Bericht 5/1993, S. 15 152 Zur Erläuterung dieser Modernisierungsberichte sei auf Kapitel 3.5.2 dieser Arbeit verwiesen.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
42
Auf Basis der Ausgangslage und des Leitbildes entwirft die KGSt insgesamt sechs
Kernelemente, welche das „Neue Steuerungsmodell“ zur Steuerung öffentlicher
Verwaltung begründen.
3.4.3.2 Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells Die Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells sind:
• Klare Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung.
• Führung durch Leistungsabsprache statt durch Einzeleingriff („Kontraktmanagement“).
• Dezentrale Gesamtverantwortung in den Fachbereichen.
• Zentrale Steuerung neuer Art.
• Output-Steuerung der Verwaltung.
• Aktivierung der neuen Struktur durch Wettbewerb bzw. Wettbewerbssurrogate.
Ausgangspunkt des Neuen Steuerungsmodells ist eine grundlegende Veränderung
des Verständnisses politischer Aktivität, die mit der Tradition interessensorientierter
Engagements für bestimmte konkrete Politikbereiche bricht und politischen
Vertretungsorganen in ihrer Rolle darauf versucht zu beschränken, „die Unter-
nehmensphilosophie, Führungsstruktur und Rahmenbedingungen für eine optimale
Verwaltungsleistung festzulegen“ und im Weiteren „auf Basis entsprechender
Produktdefinitionen Ziele zu setzen und konkrete Leistungsaufträge zu erteilen.“
Darüber hinaus sollen die politischen Vertretungsorgane nicht mehr über einzelne,
konkrete Haushaltspositionen debattieren, sondern „den Fachbereichen der
Verwaltung Produktbudgets und Handlungsspielräume zur Erfüllung ihres Leistungs-
auftrages […] übertragen“ und „die Erfüllung der Leistungsaufträge laufend zu
kontrollieren und bei Kursabweichungen entsprechend gegenzusteuern.“153
Die Rolle der Verwaltung ist darauf beschränkt, den so definierten Leistungsauftrag
in Form konkreter Produkte154 auszufüllen, regelmäßig über den Stand der Auftrags-
153 KGSt-Bericht 5/1993, S. 16; vgl. hierzu auch: Banner 1993, S. 57ff. 154 Zur grundlegenden Definition von „Produkten“ im Sinne des Konzeptes vgl. KGSt-Bericht 8/1994
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
43
erfüllung zu berichten und insgesamt die Verantwortung für das Arbeitsergebnis –
ähnlich der Arbeitstrukturen bei Auftragnehmer und Auftraggeber – zu tragen.155
Die bereits skizzierte Arbeitsteilung manifestiert sich in Form von Kontrakten über die
von den Fachbereichen der Verwaltung zu erzeugenden Produkte, in welchen die
Finanzziele und Handlungsspielräume geregelt und im Rahmen des Haushalts-
planbeschlusses fixiert werden. Die spezifischen Vereinbarungen, die auf „gegen-
seitigen Absprachen“ beruhen und dialogisch entwickelt werden, ersetzen das bisher
übliche Verfahren des Einzeleingriffs und sollen sich auch innerhalb der Verwaltung
wieder finden, damit Führungskräfte ebenfalls Leistungen, Budgets und Handlungs-
spielräume mit ihren Mitarbeitern absprechen und so Verantwortung übertragen
können.156 Banner formuliert in diesem Zusammenhang, dass die Führungskräfte als
Auftraggeber fungieren und das „Was“ der Leistungserbringung definieren, während
die Mitarbeiter der Verwaltung Entscheidungen über das „Wie“ der Leistungs-
erbringung eigenverantwortlich treffen.157
Die Gesamtverantwortung wird also weiter bis in die Fachbereiche und dort bis hin
auf die Mitarbeiterebene dezentralisiert. Hierzu sind organisatorische Veränderungen
sowohl im Aufbau als auch im Ablauf notwendig, um die Fach- und Ressourcen-
verantwortung auf Fachbereichsebene sowie den Aufbau eines zentralen
Steuerungs- und Controllingbereiches zu realisieren. Grundidee ist hierbei, dass eine
möglichst große Autonomie der einzelnen Fachbereiche und die damit verbundene
dezentrale Gesamtverantwortung Voraussetzung für die effektive und effiziente
Erzeugung der zuvor definierten Produkte ist. Dabei beinhalten die vorgesehenen
Globalbudgets sämtliche Leistungen, die zur Produkterstellung notwendig sind,
inklusive Leistungen Dritter oder entgeltpflichtige Leistungen anderer kommunaler
Organisationseinheiten.158 König formuliert in diesem Zusammenhang, dass die
Autonomie der Fachbereiche auf den Einsatz der Ressourcen Personal, Planstellen
155 Vgl. König 1997, S. 59 156 Vgl. König 1997, S. 59 157 Gleiches gilt für die Steuerung kommunaler Unternehmen, die als Tochterunternehmen im
Konzernmodell kommunale Aufgaben erfüllen. Banner 1993, S. 63 158 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 17
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
44
und Geld bezieht, wobei die Ressourcen frei bewirtschaftet, untereinander
ausgetauscht oder in das nächste Haushaltsjahr übertragen werden können.159
Letztlich geht es mit der Realisierung der dezentralen Gesamtverantwortung darum,
weitgehend selbständige Leistungseinheiten innerhalb der Verwaltungsorganisation
und der Haushaltswirtschaft zu bilden und eine persönliche Ergebnisverantwortung
der einzelnen Mitarbeiter zu ermöglichen, um das Führungs- und Kreativitätspotential
der einzelnen Mitarbeiter bestmöglichst zu nutzen.160
Die Forderung nach einer „Zentralen Steuerung neuer Art“ erfordert an der
„Schnittstelle zwischen Fachbereichsebene und Politik“ die Einrichtung eines
zentralen Steuerungs- und Controllingbereiches, welcher der Verwaltungsführung
zugeordnet und für strategische Steuerungs- und Controllingfragen verantwortlich ist
und die Funktion eines „Konzernstabes“ erfüllt. 161 Aufgabe des zentralen
Steuerungsbereiches ist es, Transparenz herzustellen um die Steuerbarkeit durch
die politische Ebene zu verbessern und gleichzeitig Einzeleingriffe der Politik zu
reduzieren.162 Hierfür ist es notwendig, erforderliche Informationen für die
Zielsetzungs-, Steuerungs- und strategischen Planungsaufgaben bereitzustellen und
die strategische Koordination der Fachbereiche aus Sicht der Gesamtpolitik
abzubilden. Zu den weiteren Kernaufgaben einer zentralen Steuerung gehört die
Entwicklung sowie die Vollzugskontrolle von Leitlinien für die Bereiche Personal,
Organisation, Finanzen und Automation. Im Rahmen des Berichtswesens werden
hier die Leistungen der Fachbereiche überprüft und, auf dieser Basis sowie durch
Mobilisierung von Wettbewerb, die Steuerungsinstrumente ständig optimiert.163
Fünftes Kernelement ist die Umstellung der Verwaltungssteuerung von der bisher
praktizierten Input-Steuerung hin zur Output-Steuerung, denn eine wirksame
Verwaltungssteuerung ist nach KGSt-Einschätzung nur von der Leistungsseite her
möglich.164 Die hierfür notwendige Verknüpfung von Ressourceninput mit dem
159 König 1997, S. 60 160 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 19 161 Banner 1993, S. 65 162 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 20 163 Vgl. König 1997, S. 60f.; vgl. auch: Banner 1993, S. 65 164 Vgl. KGSt-Mitteilungen 22/95
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
45
Leistungsoutput ist auf Grundlage des bisherigen Haushaltsrechtes nur schwer
möglich. Gleichzeitig reduziert das bisherige Haushaltsrecht die Einflussmög-
lichkeiten der politischen Ebene auf die Produkte. Um die Output-Steuerung zu
realisieren, ist es vielmehr notwendig, Einzelaktivitäten der Verwaltung zu
Leistungspaketen zusammenzuschnüren, wobei das primäre Kriterium der
Leistungsbündelung die politischen, strategischen Ziele der Kommune, die
Erwartungen der Bürger sowie eine möglichst eindeutige Kosten- und
Ergebnisverantwortung darstellen und nicht interne, organisatorische Gesichts-
punkte.165 Darüber hinaus muss für jedes Produkt festgelegt werden, welche Ziele
damit verfolgt werden, um hieraus die Detailgestaltung des Produktes – Menge,
Qualität, Zielgruppe, Kosten, Preis – abzuleiten. Durch die Schaffung von Produkt-
budgets, in welchen die gewünschten Ergebnisse der Verwaltungstätigkeit mit den
dafür zu budgetierenden Ressourcen verkoppelt sind, wird eine wirksame
Outputsteuerung entwickelt.166
Die Verbesserung der Steuerbarkeit der Verwaltung durch die hier skizzierten
Maßnahmen wird gekoppelt mit der Forderung nach Einführung eines Qualitäts-
managements, um Prozesse innerhalb der Kommunalverwaltung an die Erwartungen
der Bürger und der Wirtschaft anzupassen. So sollen z. B. Umfragen, die
systematische Auswertung von Beschwerden, die Nutzung von Verbesserungs-
vorschlägen der Mitarbeiter etc. helfen, eine „ganzheitliche Qualitätsorganisation zu
erreichen.“167
Als abschließendes Kernelement lässt sich die Aktivierung der neuen Struktur durch
Wettbewerb bzw. Wettbewerbssurrogate bezeichnen, um die Leistungsfähigkeit der
Kommunalen Verwaltungen zu erhöhen. Grundgedanke des Neuen
Steuerungsmodells ist hierbei, dass öffentliche Verwaltungen wie jedes andere
private Dienstleistungsunternehmen auch, die Herausforderung des Wettbewerbes
benötigt, um Spitzenleistungen zu erzielen.168
165 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 21 166 Vgl. König 1997, S. 61 167 Vgl. KGSt-Bericht 5/1993, S. 22 168 Vgl. a.a.O., S. 23
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
46
Dabei kommen neben dem direkten Wettbewerb mit privaten Anbietern auch
Wettbewerbssurrogate in Form eines interkommunalen Leistungs- und Betriebs-
vergleiches zum Einsatz, um aus hierdurch realisierten Produktivitätssteigerungen
finanzielle Handlungsspielräume zu gewinnen.
Fasst man die Intention der Kernelemente des Neuen Steuerungsmodells
zusammen, lässt sich nach Reichard als Grundmotiv festhalten, dass „die dem
Bürokratiemodell inhärente rechtlich-normative und hierarchische Steuerung […] im
Neuen Steuerungsmodell durch eine dezentrale, wettbewerbsbetonte Anreiz-
steuerung überwunden werden [soll], die im Wesentlichen durch ergebnisbezogene
Rahmenvorgaben sowie kontraktuelles Handeln gekennzeichnet sind.“169
3.4.3.3 Kritik am Neuen Steuerungsmodell Während das Konzept der KGSt zunächst sinnvoll und in sich schlüssig erscheint,
lassen sich sowohl in der Modellierung des Konzeptes als auch in Realisierungs-
erfahrungen deutliche Defizite benennen. So führt v. a. die kritische Analyse der
Ergebnisse der Modernisierungsaktivitäten öffentlicher Verwaltungen zu dem
Schluss, dass die damit verbundenen Ziele, wenn überhaupt, meist nur ansatzweise
erreicht wurden. Dementsprechend hat eine nüchterne Betrachtungsweise der
Modelle die anfängliche Euphorie ersetzt.
Neben differenzierter Kritik an den Grundannahmen, den Zielen und Ansatzpunkten
des Modells und seiner konzeptionellen Ausgestaltung, lässt sich grundsätzlich
konstatieren, dass zahlreiche Kommunen das Beharrungsvermögen der Strukturen
und das damit einhergehende Misstrauen gegenüber Veränderungen seitens der
politischen Ebene und der Mitarbeiter unterschätzt haben.170
169 Reichard 1994, S. 51 170 Vgl. Schöneich 1996, S. 17
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
47
Abb. 13: Kritik am Neuen Steuerungsmodell171
3.4.3.3.1 Überbetonung ökonomischer Parameter Laux stellt die Frage nach der Richtung der Verwaltungsmodernisierung
grundsätzlich und führt aus, dass die Umdeutung der Kommunalverwaltungen aus
dem Vektor eines einzigen Erklärungsmusters, nämlich des Unternehmens, weder
theoretisch vertretbar noch praktisch wirksam ist.172 Schöneich ergänzt hierzu, dass
die Fokussierung auf rein ökonomische Parameter sowohl die „Individualität einer
jeden Kommune und die Besonderheiten kommunalen Handelns, wo das
Demokratiegebot, das Sozialstaatsgebot, die Rechtsstaatlichkeit und die Geltung des
Gleichheitssatzes absoluten Vorrang vor allen Steuerungsfragen“173 haben,
missachtet und daher nicht erfolgversprechend ist. Daher kann es nicht darum
gehen, die bisher gültigen Handlungskriterien der politischen und bürokratischen
Steuerung durch die vollständige Hinwendung zur ökonomischen Rationalität
aufzugeben. Vielmehr muss nach Pinkwart das „überwiegend betriebswirtschaftlich
fundierte Steuerungsmodell stärker auf die Besonderheiten und spezifischen
Problemstellungen politisch gesteuerter öffentlicher Verwaltungsbetriebe zuge-
schnitten werden.“174 Daher dürfen die politischen Prozesse nicht einfach durch
privatwirtschaftliche Steuerungsinstrumente ersetzt, sondern lediglich durch diese
wirksam unterstützt werden. Dabei sollte als Grundsatz gelten, dass die konstitutiven
171 Eigene Abbildung 172 Vgl. Laux 1995, S. 242ff. 173 Schöneich 1996, S. 5 174 Pinkwart 2000, S. 11
Kritik am Neuen Steuerungsmodell
• Überbetonung ökonomischer Parameter
• Konzeptionelle Fehlannahmen
• Inhaltliche Fehlannahmen
• Informationsungleichgewicht zwischen Rat und Verwaltung
• Modellkomplexität
• Fehlende Vorraussetzungen
• Dezentrale Ressourcenverantwortung
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
48
Elemente einer demografischen Gesellschaftsordnung nicht als lästige Hindernisse
effektiven Managementhandelns verstanden werden.175
Die Handlungskriterien für einen erfolgreichen Reformprozess beziehen sich damit
auf die drei Bereiche formale, politische und ökonomische Rationalität. Dabei richten
sich die formalen Handlungskriterien nach dem Bürokratiemodell an stets
nachprüfbaren, festen Regeln und Gesetzen aus und die politischen Handlungs-
kriterien an Konsensfähigkeit und Durchsetzbarkeit. Demgegenüber richten sich bei
Anwendung ausschließlich ökonomischer Steuerungssysteme Handlungen am
ökonomischen Prinzip aus.
Im Gegensatz zu Unternehmensentscheidungen, die einem ökonomischen Rationali-
tätskriterium folgen, orientieren sich „Verwaltungsentscheidungen an unterschied-
lichen Kriterien, welche zudem noch in ihrem Stellenwert situativ sind und
problembezogen häufig schwanken.“176
3.4.3.3.2 Konzeptionelle Fehlannahmen Neben der dargestellten grundsätzlichen Kritik an der an ökonomischen Kriterien
orientierten Konzeptionierung des Modells unterliegt sie der Annahme, dass in einer
neuen „Steuerung“ der Kern zur Lösung der Problemlagen zu finden ist. Auf dieser
Basis gestaltet sich das Konzept als technokratisch-instrumenteller Ansatz aus der
impliziert, dass die Probleme der öffentlichen Verwaltung primär durch die
Implementierung eines neuen Systems zu lösen sind. Hiermit lässt der Ansatz die
handelnden Personen weitgehend außer Acht.177
3.4.3.3.3 Inhaltliche Kritik Inhaltlich bleibt zu bemängeln, dass die modellinhärenten Forderungen nach
„Führung durch Leistungsabsprachen" oder der outputorientierten Steuerung ohne
breiten Konsens über Art und Qualität der Verwaltungsleistungen, also ihrer
„Produkte", voraussetzen.
175 Pinkwart 2000, S. 11f. 176 Reichard 1993, S. 117 177 Schöneich 1996, S. 5
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
49
Neben dem zur detaillierten Definition der Produkte zu betreibendem Aufwand ist
deren Abstraktheit und Praxisferne kritikwürdig. Daneben stellt sich die geforderte
„klare Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung" in der Praxis
meist als unrealisierbar dar, da hierdurch den politisch Handelnden völlig neue
Rollen, die mit jahrzehntelangen Traditionen der politischen Gremienarbeit brechen,
zuweist. Gerade „dieses sensible Verhältnis" zwischen Verwaltung und Politik
markiert Schöneich als zentralen Kritikpunkt am Neuen Steuerungsmodell.178
Banner bezeichnet die im Konzept „angestrebte Trennung zwischen einer
überwiegend strategischen Ausrichtung des Rates und einer auf operativer Ebene
weitgehend autonom agierenden Verwaltungsführung" als nach wie vor virulentes
konzeptionelles Problem der laufenden Verwaltungsmodernisierung, denn die
Trennlinie für die strikte Verantwortungs- und Zuständigkeitsabgrenzung zwischen
Rat und Verwaltungsführung zu finden, die ursprünglich den Mandatsträgern
ermöglichen sollte, sich auf bedeutsame Fragen zu konzentrieren, ist eine Frage
„von hoher Komplexität."179
3.4.3.3.4 Informationsungleichgewicht zwischen Rat und Verwaltung Zwischen den – meist ehrenamtlichen – politischen Mandatsträgern und der
Verwaltung entstehen Informationsungleichgewichte, die einer konzeptions-
konformen Verantwortungsaufteilung wenig förderlich sind.
So stellt Pinkwart fest, dass die „politischen Vertreter in den meisten Reform-
kommunen häufig nur unzureichend über die geplanten Änderungsschritte
informiert"180 werden. So entstehen erhebliche Defizite bei der Beteiligung der Politik
an den Reformprozessen, die durch empirische Ergebnisse belegt werden.181
Die ungleiche Informationsverteilung verschärft sich im Weiteren, denn die
Verwaltung ist in der Regel erheblich besser über die Erfolgsaussichten ihrer
Aktivitäten und die Mittelverwendung informiert als die Politik und verfügt "auf Grund
178 Schöneich 1996, S. 18 179 Vgl. Banner 1997, S. 129f. 180 Pinkwart 2000, S. 9 181 Vgl. Pinkwart 1996, S. 383ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
50
ihres Herrschaftswissens [über] einen systematischen Informationsvorsprung."182
Problematisch ist hierbei, dass die Verwaltung diesen Informationsvorsprung, nach
Genehmigung ihres Budgets, zu Lasten der Politik ausnutzen und damit eigene Ziele
verfolgen kann, da der Anreiz der Beschäftigten im Rahmen der Erfolgsorientierung
zunimmt, auch risikobehaftete Aktivitäten zu entfalten.
So wächst mit dem zunehmenden Freiheitsgrad der Verwaltung das „moral hazard",
das moralische Risiko, bei welchem die Politik das Risiko zwar mittragen muss, nicht
aber im gleichen Maße wie die Verwaltung am Erfolg partizipiert.183
3.4.3.3.5 Modellkomplexität
Die Komplexität des Modells führt in der Umsetzung dazu, dass eine große Zahl von
Städten, Gemeinden und Landkreisen mit praktischen Reforminitiativen „auf
Modellbasis experimentieren. D.h., dass das Modell zwar als übergeordneter
programmatischer Orientierungsrahmen" dient, als ganzes aber nicht mit allen
Einzelelementen zur Anwendung kommt. Dabei sind die Ansatzpunkte in den
Kommunen unterschiedlich und in Folge eine unüberschaubare Vielzahl von
verschiedenen Ansätzen und Reformvorhaben zu finden. Für den Erfolg der
Reformbemühungen ist jedoch nicht nur die Ausgestaltung einzelner, individuell
priorisierter Ansatzbereiche, sondern die Ausgewogenheit in der Umsetzung
aufgrund des „wechselseitigen Wirkungszusammenhangs" von Bedeutung:
Die jeweilige Ausgestaltung eines Bereiches hat Rückwirkungen auf die anderen
Reformbereiche.184
Allerdings konzentrieren sich die modellorientierten Reformvorhaben überwiegend
auf größere Städte. Kleinere und mittlere Kommunen bleiben weitgehend außen vor,
so dass man bei dem Neuen Steuerungsmodell nicht von einem Modell für den
gesamten kommunalen Sektor mit allgemeingültigen Lösungsansätzen der
Problemlagen öffentlicher Verwaltungen ausgehen kann.185
182 Pinkwart 2000, S. 10 183 A.a.O., S. 10f. 184 Vgl. a.a.O., S. 19 185 Vgl. König 1997, S. 62f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
51
Insgesamt haben die Reformansätze nach Einschätzung der KGSt mittlerweile einen
kritischen Realisationsgrad erreicht, von dem aus unterschiedliche Entwicklungs-
pfade denkbar erscheinen. Bei ihren Reformbemühungen können die Kommunen
jedoch mit herkömmlichen Mitteln nur noch begrenzte Erfolge erzielen.186
3.4.3.3.6 Fehlende Voraussetzungen für Konzeptinhalte
Die kommunalen Reformbemühungen haben gezeigt, dass zentrale Elemente des
Neuen Steuerungsmodells bei ihrer Einführung „zunächst erhebliche strukturelle
Rahmenbedingungen etwa im haushaltsrechtlichen, aber auch im aufgaben-
strukturellen Bereich (z. B. die organisatorische Programmierung durch zentrale
Gesetzgebung) zu überwinden haben."187 In der Folge lässt sich konstatieren, dass
eine Vielzahl von Städten und Gemeinden prioritär die gegebenen Handlungs-
spielräume im Personalbereich ausschöpfen und auf eine als notwendig erachtete
Änderung des Verhaltens der einzelnen Mitarbeiter in Richtung unternehmerisches,
persönlich verantwortliches Verhalten zielen.188 Personalentwicklungsinhalte sind so
auf „betriebswirtschaftlichen Sachverstand"189 reduziert und beinhalten Themen wie
Controlling, doppelte Buchführung, Kosten- und Leistungsrechnung etc.
Das dabei zu Grunde liegende Mitarbeiterbild hat jedoch wenig mit einem
ganzheitlichen Arbeitsplatzprofil zu tun. Vielmehr nimmt das Neue Steuerungsmodell
„für sich in Anspruch, jenseits der technisch-betriebswirtschaftlichen Verwaltungs-
modernisierung im Rahmen des Übergangs von der Behörde zum Dienstleistungs-
unternehmen auch einen Wandel der Mitarbeiter"190 zu bewirken, die Bischoff
/Reichard als Wandel vom Beamten zum Manager191 beschreiben.
186 Vgl. KGSt-Info 1999, S. 145f. 187 König 1997, S. 69 188 Vgl. Reinermann 1995, S. 41 189 König 1997, S. 69, zur näheren Beschreibung der damit verbundenen Inhalte vgl. auch: Öchsler
1994, S. 23ff. 190 König 1997, S. 69 191 Bischoff/Reichard 1994
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
52
3.4.3.3.7 Dezentrale Ressourcenverantwortung Durch die Dezentralisierung der Ressourcenverantwortung und der damit
verbundenen Notwendigkeit zur Budgetierung werden v. a. Effizienzziele verfolgt. Sie
dokumentiert so nachdrücklich den Motor der Reformbemühungen: Im Wesentlichen
ist die Finanzknappheit der Kommunen als Ausgangspunkt der Transformation
öffentlicher Verwaltungen zu sehen. Eindrucksvoll bestätigt wird dies durch die
Ergebnisse einer frühen Umfrage des Deutschen Städtetags: Über 80% der
befragten Städte gaben hierbei die aktuelle Finanzkrise als wichtigsten Grund zur
Verwaltungsreform an. Hauptziel ist dementsprechend die Umgestaltung der
Verwaltung zu einem effizienten Dienstleistungsunternehmen.192
Die Idee der dezentralen Wahrnehmung von Verantwortung stößt durch den bisher
praktizierten politischen Ansatz der Verwaltungssteuerung mit einem eher
„intransparenten, taktisch motivierten, [...] kurzfristigen, an Wiederwahlterminen
orientierten, schrittweisen Entscheidungsverhalten"193, welches im Ergebnis durch
rigide Arbeitsteilung, strenge Hierarchisierung und bürokratischen Zentralismus zu
einem "System organisierter Unverantwortlichkeit"194 geführt hat. Aufgrund der
komplexen Steuerungsproblematik bleibt festzuhalten, dass viele Problemlagen erst
mit weiterem Voranschreiten des Reformprozesses sichtbar werden. Empirische
Studien zeigen zudem, dass das „Tilburger Aufsichtsratmodell", welches Grundlage
deutscher Reformkonzepte ist, dem kommunalen Sektor in Deutschland nicht
gerecht wird.195 Jedoch kann nur eine in sich konsistente Verwaltungskultur zu einer
erfolgs-wirksamen Identität des gesamten Verwaltungsbetriebes führen. Sind
hingegen Werte und Normen durch Widersprüche gekennzeichnet oder läuft die
Strategie den Werten und Normen zuwider, wirkt sich das nachteilig auf den
Reformprozess aus. 3.4.3.4 Ansätze zur Weiterentwicklung des Neuen Steuerungsmodells
Die dargestellten kritischen Positionen zum Neuen Steuerungsmodell unterstreichen
die Notwendigkeit von veränderten Ansätze in der Verwaltungsmodernisierung, die
192 Vgl. Schöneich 1996, S. 10 193 Reichard 1993, S. 117 194 Pinkwart 2000, S. 11 195 Vgl. Pinkwart 1996, S. 385
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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über die „bloße Einführung des von der KGSt vorgeschlagenen, primär an
betriebswirtschaftlichen Kriterien"196 ausgerichteten Modells hinausreichen. Eine
Vielzahl der ursprünglichen Veränderungsziele wie etwa die Kundenorientierung, die
Steigerung der Dienstleistungsqualität, die Mobilisierung der Mitarbeiter, das
Ausschöpfen der stillen Produktivitätsreserven, die Schaffung flexibler Arbeitsstruk-
turen oder die Etablierung funktionierender betriebs-wirtschaftlicher Steuerungs-
instrumente wurden in der Vergangenheit meist nur punktuell erreicht. Gleichzeitig
führen die oftmals radikalen organisatorischen Veränderungsinitiativen oftmals zu
kontraproduktiven Nebeneffekten. Ebenso wandeln sich „die aufgelösten Ämter einer
Stadtverwaltung nicht per se zu Wirtschaftsbetrieben und die Mitarbeiter [...] nicht zu
Managern oder Unternehmern."197
Gustmann, Referent der KGSt, räumt die Schwachpunkte des Neuen Steuerungs-
modells ein, wonach dieses „technokratisch, seelenlos und unpolitisch“ sei, und
entwickelt das Modell in Richtung „Bürgerkommune“ weiter.198 Hilbertz,
Vorstandsmitglied der KGSt ergänzt, dass „das Zusammenwirken von Bürgern,
Politik und Verwaltung […] bewusst in das tägliche Verwaltungshandeln und in die
Verwaltungsreform einbezogen werden“ 199 muss. Bisher zielte das Neue
Steuerungsmodell und die mit ihm initiierten Veränderungen, so Hilbertz in anderem
Kontext selbstkritisch, vorwiegend auf das „operative Geschäft“ und „Verwaltungs-
reform, die Politik jedoch oftmals am Rande des Geschehens stand.“200 Er empfiehlt
ein strategisches Management, um im Miteinander von Politik und Verwaltung
Bürgerzufriedenheit, Effektivität und Effizienz der Kommunen nachhaltig zu
verbessern, wobei die Kommunikation und Kooperation der Politik und Verwaltung
mit den Bürgern in den Mittelpunkt rückt, die „fester Bestandteil aller kommunalen
Überlegungen und Aktivitäten und besonders des strategischen Managements sein
muss.“201
196 König 1997, S. 73 197 Hirschfelder/Lessel 1994, S. 353 198 Gustmann 2000, S. 12 199 Hilbertz 21/2000, S. 166 200 Hilbertz 22/2000, S. 173 201 A.a.O., S. 174
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
54
Während also das Neue Steuerungsmodell vorwiegend mit einer verwaltungs-
internen Perspektive verbunden war, strebt die KGSt eine „Renaissance der
Kommunalentwicklung“ an, für welche „effektive Entscheidungsstrukturen und neue
Formen der Kommunikation zu entwickeln“ sind.202
202 Plamper 1999, S. 218
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
55
4 Phasenmodelle des Veränderungsprozesses
Grundlegend lassen sich Phasenmodelle als Versuche charakterisieren, Orien-
tierung, Vergleichsmöglichkeiten und „Etappenziele“ von Veränderungsprozessen
abzubilden. Die so aufgezeigten Gesetzmäßigkeiten bzw. typischen Dynamiken von
Veränderungsprozessen bieten im Veränderungsprozess Sicherheit und dienen nach
Heitger/Doujak als Checkliste bzw. Reiseplan, so dass man bei Bedarf „schnell
einmal nachsehen“ kann, ob nichts übersehen wurde.203
Generell sind Modelle dabei als ein vereinfachtes Abbild der viel komplexeren
Wirklichkeit zu sehen. Sie geben einen Handlungsrahmen, der hervorhebt, was als
typisch in den einzelnen Phasen gilt. Die Ausgestaltung der einzelnen Phasen
bezüglich Zeiteinsatz, Methoden, Arbeitsformen, usw. differiert z.T. erheblich, da
organisationsspezifische Umstände und Besonderheiten berücksichtigt werden
müssen. Deren Ausprägungsvielfalt lässt sich nicht in universell nutzbaren Modellen
abbilden. Trotzdem erlauben es Phasenmodelle, z.B. Zwischenziele in Prozessen zu
formulieren, das Erreichte zu reflektieren und nächste Schritte zu planen.204
Veränderungsprozesse lassen grundsätzlich in typische, klar voneinander
unterscheidbare Phasen einteilen, die jeweils auf die vorangegangenen Phasen
aufbauen. Dabei kann jede Phase unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden.
Einerseits nach dem sachlogischem Vorgehen, d. h. der rein organisatorischen
Methodik und andererseits nach den emotionalen Vorgängen, d. h. der psycho-
logischen Prozessgestaltung. Beide Gesichtspunkte gelten als wichtige Variablen für
den Erfolg.205
203 Vgl. Heitger/Doujak 2002, S. 227 204 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 2000, S. 87ff. 205 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 91
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
56
4.1 Ausgangspunkte für Veränderungsmodelle
Ausgangspunkt für die Darstellung von Phasenmodellen sind Ansätze, die sich
grundsätzlich mit sozio-emotionalen Normen der Veränderung befassen. Zum Einen
ist dies der Ansatz des Kulturwandels in der Gesellschaft nach dem Veränderungs-
zyklus von Dyer und zum Anderen das organisatorische Verhaltensmuster in
Veränderungsprozessen nach Kostka/Mönch.
4.1.1 Modell des Kulturwandels Abb. 14: Modell des Kulturwandels206
Nach Dyer folgt einer Krise das Bewusstsein für die Notwendigkeit nach einer
Veränderung (1.). Parallel hierzu werden stabilisierende Elemente geschwächt und
es tritt vermehrt Verunsicherung auf, da bisherige Riten und Symbole im Zeichen der
Krise an Glaubwürdigkeit verlieren (2.). Daraufhin treten Schattenkulturen in der
Organisation hervor. Eventuell werden neue Führungspersönlichkeiten von außen
berufen, die neue Orientierungsmuster aufbauen sollen (3.). Im Weiteren entstehen
206 Eigene Abbildung, basierend auf Dyer 1985, S. 211
1. Die herkömmlichen Interpretations- und Handlungsmuster führen in die Krise.
2. Es tritt Verunsicherung ein. Die Symbole und Riten verlieren an Glaubwürdigkeit.
3. „Schattenkulturen“ treten hervor oder eine neue
Führungsmannschaft versucht, neue Orientierungs-muster aufzubauen.
4. Alte und neue Kulturen kommen in Konflikt.
5. Wenn es unter der neuen Führung gelingt, die Krise zu meistern, werden die neuen Orientierungs-muster akzeptiert.
6. Eine neue Kultur entfaltet sich.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
57
Konflikte zwischen alten und neuen Prämissen (4.). Stellen sich durch die neue
Orientierung Erfolge ein, werden neue Orientierungsmuster akzeptiert (5.) und es
entfaltet sich nach und nach eine neue Kultur (6.) in der Organisation.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass der von Dyer skizzierte Prozess weit komplexer
ist als hier dargestellt, u.a. auch deshalb, weil meist parallel eine Umverteilung der
Ressourcen erfolgt. Zudem kann es vorkommen, dass die Symbolfiguren der alten
Kultur eine Ab- und Gegenwehrverhalten zeigen und die Sinnhaftigkeit des Neuen
bezweifeln.207
4.1.2 Organisatorische Verhaltensmuster in Veränderungsprozessen Gegenstand des organisatorischen Verhaltensmusters ist die Frage, wie ein höheres
Leistungsniveau innerhalb der Organisation erreicht werden kann.
Abb. 15: Verlaufskurve der wahrgenommenen eigenen Kompetenz in Veränderungsprozessen208
207 Vgl. Dyer 1985, S. 211 208 Eigene Darstellung auf Basis von Kostka/Mönch 2002, S. 12, vgl. auch Schmidt-Tanger 1998, S.
39ff.
Zeit
wahrgenommene eigene Kompetenz
1. Schock
2. Ablehnung
3. Rationale Einsicht
4. Emotionale Akzeptanz
5. Lernen 6. Erkenntnis
7. Integration
Zeit
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
58
Hierbei werden Verhaltensmuster von Individuen auf Organisationen übertragen,
wodurch sich sieben typische Phasen ergeben, die beschreiben, wie Beteiligte
Veränderungen erleben. Die Abbildung zeigt auch hier einen idealtypischen Verlauf.
In der Praxis kann die Dauer einzelner Phasen variieren: Manche Phasen dauern nur
Sekunden, andere dafür u.U. Jahre.209
In Phase 1 (Schock, Überraschung) werden die Mitarbeiter mit für sie unerwarteten
Rahmenbedingungen (z. B. schlechte Geschäftsergebnisse) konfrontiert.210 Typisch
für diese Phase ist das Gefühl, vor den Kopf gestoßen zu sein, verbunden mit
Erstarrung und der Frage, wie auf die neuen Anforderungen zu reagieren ist. Hierbei
sinkt die wahrgenommene eigene Kompetenz, denn Mitarbeiter bekommen
vermittelt, dass sich bisherige Verhaltensweisen wenig für neue Herausforderungen
eigenen. Nach dem Schockzustand versuchen die Mitarbeiter in Phase 2
(Verneinung, Ablehnung) durch ihr Verhalten zu untermauern, dass die Veränderung
nicht durchgeführt werden muss bzw. überflüssig ist. Als typische Reaktion gilt: „Das
kann doch nicht sein, wir haben es doch bisher immer richtig gemacht.“ Die
wahrgenommene eigene Kompetenz steigt wieder, weil keine Einsicht in die
Notwendigkeit der Veränderung besteht. 211
In Phase 3 (Rationale Einsicht) erkennen die Mitarbeiter, dass ihre ablehnende
Haltung gegenüber der Veränderung nicht das erwünschte Resultat bringt und
akzeptieren die Notwendigkeit zur Veränderung. Ihre wahrgenommene eigene
Kompetenz sinkt, denn ihnen ist unbekannt, welche Verhaltensweisen anzuwenden
sind. Meist suchen sie nach Lösungen, die eher kurzfristigen Erfolg versprechen.
Damit werden aber nur die Symptome behandelt. Die innerlichen Auseinander-
setzung mit anstehenden Veränderungen steht noch aus, das heißt, die Bereitschaft,
eigene Verhaltensweisen grundsätzlich zu überdenken, ist noch nicht vorhanden.
Die 4. Phase (Emotionale Akzeptanz) leitet entscheidende Wendungen ein. Am
tiefsten Punkt, dem „Tal der Tränen“212, erfolgt die Einsicht, dass sich auch im
209 Vgl. Schmidt-Tanger 1998, S. 48 210 Vgl. Kostka/Mönch 2002, S. 12 211 Vgl. A.a.O. 2002, S. 12 212 Schmidt-Tanger 1998, S. 43
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
59
eigenen Bereich etwas verändern muss. Diese Einsicht beinhaltet, dass die
Veränderung nicht nur verstanden, sondern i. d. R. auch emotional akzeptiert wird.
Mitarbeiter nehmen Abschied von gewohnten Verhaltensweisen und beginnen sich
neu zu orientieren. Während die Einschätzung der wahrgenommenen eigenen
Kompetenz auf das niedrigste Niveau sinkt, wächst die Bereitschaft für einen
Lernprozess.
Die Neugier auf Neues in Phase 5 (Ausprobieren, Lernen) lässt die Mitarbeiter neue
Handlungs- und Verhaltensweisen erlernen und anschließend ausprobieren. Durch
das kontinuierliche Üben und Probieren steigt die wahrgenommene eigene
Kompetenz wieder an. Mit dem Lernen und dem anschließenden Ausprobieren sind
nicht nur Erfolge verbunden; auch Misserfolge und Rückschläge gehören dazu. Die
Mitarbeiter sammeln durch das Üben mehr und mehr Informationen darüber, wann
welche Verhaltensweisen erfolgsversprechend sind. Die Folge daraus ist in Phase 6
(Erkenntnis) die Erweiterung des eigenen Verhaltensrepertoires und der Beginn der
Integration in den Alltag.213 Dies steigert Selbstvertrauen und die wahrgenommene
eigene Kompetenz.
In Phase 7 (Integration) integrieren die Mitarbeiter neue Handlungs- und
Verhaltensweisen mehr und mehr in den Alltag; sie werden als selbstverständlich
erachtet, unbewusst vollzogen und steigern die wahrgenommene eigene Kompetenz.
4.2 Ausgewählte Modelle
Im Folgenden werden ausgewählte Phasenmodelle dargestellt und erläutert.
4.2.1 Das 3-Phasen-Modell nach Lewin
Einer der Pioniere auf dem Gebiet der Organisationsentwicklung ist der Soziologe
Kurt Lewin (1890-1947). Seiner Grundannahme zufolge verändert sich eine
Organisation, wenn sich die Personen darin verändern. Deshalb übertrug er Ansätze
der Individualpsychologie auf Gruppen und größere soziale Gefüge. In diesem
213 Vgl. a.a.O., S. 40ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
60
Phasenmodell von Lewin wird von drei unterschiedlichen Stadien eines Verän-
derungsprozesses ausgegangen:214
Abb. 16: 3-Phasen-Modell nach Lewin215 In Phase 1 (Auftauen „unfreezing“) können mögliche Anstöße für ein
„Auftauprozess“ sowohl von innen (z. B. durch eine Fehleranalyse oder neue
Mitarbeiter) als auch von außen (z. B. Marktanteilseinbußen, öffentliche Kritik am
Unternehmen) kommen. Um Einstellungs- und Verhaltensänderungen zu
ermöglichen, muss das System seinen Gleichgewichtszustand aufgeben und eine
Bereitschaft zur Veränderung heraus bilden, d. h. „auftauen“. Dabei wird man bei den
Beteiligten auf Widerstand treffen. In Phase 2 (Übergangsphase „moving“) findet
die Bewegung bzw. Veränderung statt. Neue Verhaltensweisen bilden sich heraus
und werden ausprobiert mit dem Ziel, ein höheres Leistungsniveau zu erreichen.
214 Vgl. Neumann 2004, S. 16f. 215 Eigene Abbildung, basierend auf a.a.O., S. 20; vgl. auch: Czichos 1993, S. 432
Der Veränderungs-bedarf ist erkannt.
Das Neue wird bekannt gemacht und propagiert.
Gruppe und einzelne
Individuen probieren das
Neue aus.
Das Neue wird durch Erfolg verstärkt und übernommen oder wegen Misserfolg
aufgegeben.
Auftauen „unfreezing“ Übergangsphase
„moving“
Neu einfrieren „refreezing“
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
61
Wenn sich durch die neue Orientierung zukünftige Wettbewerbs- und Erfolgsfaktoren
generieren lassen, werden diese übernommen und in Phase 3 (Einfrieren
„refreezing“) durch die Stabilisierung und Integration in der Unternehmenskultur
verankert. Dies ist notwendig, damit bei nachlassendem Veränderungsdruck nicht
wieder der Ausgangszustand eintritt.216
Das 3-Phasenmodell geht davon aus, dass Organisationen grundsätzlich einen
stabilen Gleichgewichtszustand anstreben, während Phasen der Veränderungen
eher die Ausnahme bilden. Jede Veränderung bzw. Störung des Systems erfordert
so einen dynamischen Ausgleich, um das System wieder in einen Gleichgewichts-
zustand zu bringen.
4.2.2 Der 8-Stufen-Veränderungsplan nach Kotter Kotter sieht Organisationen in der heutigen, sehr unbeständigen Wirtschaftswelt
einem ständigen Anpassungsdruck ausgeliefert. Veränderungen sind notwendig, um
Risiken zu vermeiden und Chancen gegenüber Konkurrenten zu nutzen. Während
der Durchführung entsprechender Maßnahmen sind jedoch oft schwerwiegende
Fehler zu beobachten. Kotter erklärt dieses Phänomen durch Defizite in der
Vergangenheit: Transformationsprobleme waren in früheren Zeiten eher von
sporadischer Natur, da der Wettbewerb weniger global und das Wirtschaftsumfeld
eher statisch ausgelegt waren.217 Viele Akteure besitzen daher kaum
Erfahrungswerte mit Veränderungsprozessen, auf die zurückgreifen können.
Im Weiteren entwickelt Kotter in seinem Buch Leading Change zwei wichtige
Verhaltensmuster für erfolgreiche Umsetzungen:
1. Sinnvoller Wandel vollzieht sich in einem mehrstufigen Prozess.
2. Die Steuerung muss durch erstklassige Führungskräfte erfolgen, um
den Prozess effizient umsetzen zu können.218
216 Vgl. Becker/Langosch 1995, S. 64 217 Vgl. Kotter 1997, S. 34 218 Vgl. a.a.O., S. 37
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
62
Erfolgreiche Transformationsmethoden basieren also auf der grundlegenden
Einsicht, dass tiefgreifender Wandel nur durch umfangreiche Bemühungen zu
bewerkstelligen ist. Aufbauend auf dem Phasenmodell von Lewin219 bietet Kotter
hierzu einen Stufenplan an, der alle Schritte zusammenfasst, die eine Organisation
für einen erfolgreichen Wandel zu durchlaufen hat. Der Prozess umfasst 8 Phasen,
von denen laut Kotter jede mit einer der acht grundlegenden Fehleinschätzungen,
welche den Erfolg von Transformationsbestrebungen verhindern, assoziiert ist.220
Abb. 17: 8-Stufen-Prozess für die Umsetzung tief greifenden Wandels221
Kotter verweist dabei auf die Notwendigkeit, dass zur Gestaltung eines tief
greifenden Wandels alle acht Stufen komplett durchlaufen werden müssen: „Das
Überspringen einzelner Abschnitte schafft lediglich die Illusion von raschem
Fortschritt und führt nie zu einem befriedigenden Resultat.“222 Dabei stellen die
Phasen eins bis vier Aufwärm- oder Auflockerungsaktivitäten dar, die wesentliche
Grundlagen für nachfolgende Schritte implizieren.223 Sie schaffen eine solide Basis
219 Vgl. Kap. 4.2.1 dieser Arbeit 220 Vgl. Kotter 1997, S. 37 221 Eigene Abbildung, basierend auf a.a.O., S. 67 222 Vgl. a.a.O., S. 21 223 Vgl. a.a.O., S. 41
1. Gefühl von Dringlichkeit erzeugen
2. Führungskoalition aufbauen
3. Entwicklung einer Vision und Strategie
4. Visionen des Wandels kommunizieren
5. Empowerment auf breiter Basis
6. Kurzfristige Ziele festsetzen
7. Erfolge konsolidieren, weitere Veränderungen ableiten
8. Neue Ansätze in der Unternehmenskultur verankern
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
63
als Ausgangspunkt für die nächsten Schritte. Die Betroffenen erhalten so die
Gelegenheit, innerlich zu wachsen und sich mit dem Wandel anzufreunden.224
4.2.2.1 Gefühl von Dringlichkeit erzeugen Um Kooperationsbereitschaft für weitere Vorhaben zu erhalten, ist es entscheidend,
dass Bewusstsein für die Dringlichkeit des Veränderungsbedarfes bei allen
beteiligten Personen zu wecken. Bereits dieser erste Schritt birgt Gefahren, denn
häufig fehlt in der Organisation das Gespür für Krisen, da sich innerbetriebliche
Vorgaben auf falsche Leistungsindizes wie zurückliegende Erfolge konzentrieren. So
zeigen nur wenige Menschen Interesse daran, sich mit Wandel auseinander zu
setzen, wenn keine sichtbare Bedrohung der Unternehmenslage begründet ist. Das
Bewusstsein für die Dringlichkeit muss daher von der Führungskoalition erzeugt
werden, z. B. durch die Formulierung ehrgeiziger Ziele, die den Status quo
erschüttern. Die Identifikation mit neuen Zielen wird erleichtert, wenn diese mit den
Grundwerten der Organisation korrespondieren. Fehlt bereits zu Beginn des
Veränderungsvorhabens die Einsicht in die Notwendigkeit, sind Projekterfolge
nachhaltig gefährdet.
Die erste Phase hat zusammenfassend zum Ziel, durch die Erzeugung von
Dringlichkeit die Grundlage für ein handlungsfähiges Führungsteam zu schaffen und
eine Fokussierung auf eine gemeinsame Mission herzustellen. Hierzu ist es hilfreich,
externe Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn Kunden und Lieferanten können bspw.
die Notwendigkeit von Veränderungen objektiver bewerten und so der Gefahr
vorbeugen, organisationsintern die Realität herunterzuspielen.225
4.2.2.2 Eine Führungskoalition aufbauen Die zweite Phase ist der Zusammenführung starker Führungspersönlichkeiten zu
einer kompetenten Gruppe gewidmet. Eine starke Führungskoalition mit der richtigen
Struktur, Vertrauensbasis und gemeinsamen Zielen ist innerhalb eines
Veränderungsprozesses unverzichtbar.226 Autorität, Sachkenntnis, Glaubwürdigkeit
sowie Management- bzw. Führungsfertigkeiten qualifizieren nach Kotter zu
224 Vgl. Kotter 1997, S. 251 225 Vgl. a.a.O., S. 67 226 Vgl. a.a.O., S. 76
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
64
Führungspersönlichkeit und sind Grundlage einer effizienten Führungskoalition.227
Um einen nachhaltigen Erfolg von Veränderungsprozessen zu gewährleisten, muss
das Vertrauen z. B. durch regelmäßige Meetings, Gespräche und gemeinsame
Aktivitäten innerhalb der Gruppe gefördert werden.228
4.2.2.3 Eine Vision und eine überzeugende Strategie entwickeln Eine Vision hat die Kraft, ein Bild der Zukunft mit einer deutlichen Botschaft sowie
Richtung zu verknüpfen und zu begründen, warum sich Menschen um die
Umsetzung dieser Vorstellung bemühen sollen. Kotter nennt hierbei drei wichtige
Eigenschaften einer Vision: Erstens stellt die Vision eine generelle Richtung des
Wandels dar und vereinfacht so detaillierte Entscheidungen. Zweitens motiviert sie
die Menschen, Schritte in die richtige Richtung zu gehen, auch wenn diese zu Beginn
schmerzvoll sein mögen. Und drittens ermöglicht die Vision durch ihre Transparenz
eine effiziente Koordination von Handlungen unterschiedlicher Personen und richtet
diese auf ein gemeinsames Ziel aus.229
4.2.2.4 Visionen des Wandels kommunizieren Die vierte Phase dient der Verstärkung der Dringlichkeit durch die Verbreitung der
zuvor formulierten Vision innerhalb der Organisation. Es gilt, z. B. die Verwendung
von Metaphern, Analogien und durch Beispiele die Botschaft der Vision allen
Akteuren unterschiedlicher Hierarchieebenen zu verdeutlichen.230 Ziel dieser Phase
ist es, dass die Empfänger die Botschaft verstehen, Hinweise auf Fehler innerhalb
der Vision zu erkennen und das „Feedback“ der Mitarbeiter als Hilfe anzunehmen.231
4.2.2.5 Empowerment auf breiter Basis Die „alten“ Systeme müssen an die Anforderungen der neuen Vision angepasst
werden. Hierzu ist eine lückenlose Abstimmung von Informations- und
Personalsystemen auf die neuen Werte erforderlich, denn das Empowerment sieht
Kotter als notwendig an, um Menschen in Organisationen überhaupt handlungsfähig
227 Vgl. Kotter 1997, S. 83 228 Vgl. a.a.O., S. 95 229 Vgl. a.a.O., S. 99 230 Vgl. a.a.O., S. 124f. 231 Vgl. a.a.O., S. 137
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
65
zu machen. Eine klare, der Vision angepasste Struktur der Organisation kann hier
Orientierung bieten.232
4.2.2.6 Kurzfristige Ziele festsetzen Um die Motivation bei allen beteiligten Gruppen zu erhalten, sind größere Projekte in
kleinere Einheiten aufzuteilen, denn dies erlaubt die Herstellung eines Bezuges
zwischen den Veränderungsbestrebungen und den sichtbaren Erfolgen. Kurzfristige
Erfolge halten so das Bewusstsein für die Dringlichkeit von Veränderungen hoch und
erzeugen positive Energien.233
4.2.2.7 Erfolge konsolidieren und weitere Veränderungen ableiten Im siebten Schritt gilt es, die durch kurzfristige Erfolge geschaffene Glaubwürdigkeit
zu nutzen, um weitere und größere Veränderungsprojekte in Angriff zu nehmen.
Weitere Personengruppen können jetzt in den Veränderungsprozess involviert
werden, während die Führungskoalition die Transparenz und Dringlichkeit des
Projektes aufrecht erhält und dafür Sorge trägt, dass der Ausgangspunkt und die
Ziele des Prozesses nicht in Vergessenheit geraten.234
4.2.2.8 Neue Ansätze in der Kultur verankern
Die Mehrzahl der Veränderungen von Normen und Werten treten erst am Ende eines
Transformationsprozesses ein. Für die Nachhaltigkeit eines durchgeführten Wandels
ist es notwendig, die Veränderungen in der Organisationskultur zu verankern. Zu
bedenken gibt Kotter allerdings, dass sich die neuen Ansätze erst in einer Kultur
verankern, wenn für die Mitarbeiter erwiesen ist, dass diese besser funktionieren als
die alten Methoden.235
232 Vgl. Kotter 1997, S. 158 233 Vgl. a.a.O., S. 165 234 Vgl. a.a.O., S. 197 235 Vgl. a.a.O., S. 215
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
66
4.2.3 Das 12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg
Im 12-Stufen-Modell von Doppler/ Lauterburg liegt der Akzent auf der
psychologischen Prozessgestaltung und den Tücken der einzelnen Phasen.236
12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg
Schritte / Phasen Tücken Dauer
1. Die ersten Überlegungen Zuviel „fertige Lösungen“ im Kopf.
**
2. Gezielte Sondierungen Man hört nur, was man hören will.
**
3. Schaffen der Projektgrundlagen
Reinschlampen.
**
4. Kommunikationskonzept Geheime Kommandosache. *
5. Datenerhebung Falsche Fragen führen zu „falschen“ Daten.
***
6. Datenfeedback Daten kommen in den „Giftschrank“.
*
7. Diagnose und Kraftfeldanalyse
Die „oben“ entscheiden; Lieblingslösung.
**
8. Konzeptentwicklung und Maßnahmenplanung
Keine oder „Schein“-Alter-nativen, keinen Mut zu Neuem.
**
9. Vorentscheidung Alles offen lassen.
*
10. Experimente und Praxistest
Reine Alibi-Übungen: „Facelifting“.
****
11. Entscheidung Verzögern, Verwässern.
*
12. Praxiseinführung/ Umsetzungsbegleitung
Die alte „Denke“ bricht sich wieder Bahn.
******
Abb. 18: 12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg237
236 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 91 237 Eigene Abbildung, basierend auf Doppler/Lauterburg, 1997, S. 106. Aufgrund seiner Komplexität
werden hier nur die prägnanten Merkmale des Modells dargestellt, ausführlich: Vgl. a.a.O., S. 101ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
67
Die ersten Stufen des Modells dienen der Orientierung; erste Überlegungen werden
angestellt, ob Veränderungsbedarf besteht und wie dieser anzugehen wäre. Dabei ist
zu beachten, dass hierbei nicht auf eine bestimmte Lösung fixiert wird und
Aktionismus aufkommt. Wesentliche Aufgabe ist es, die richtigen Personen zum
richtigen Thema zu befragen, um auf Basis der hierbei erworbenen Kenntnisse erste
Projektkonzeptionen zu entwickeln, die der Orientierung dienen. Hierbei ist es
wichtig, dass die Projektgrundlagen eindeutig und unmissverständlich sind und der
Veränderungsbedarf kommuniziert wird.
Die Schritte fünf bis zehn leiten die nächste Phase ein. Die ermittelten Daten, die
aussagefähig und verlässlich sein müssen, werden verdichtet und analysiert. Die
hieraus erzielten Ergebnisse bilden dann die Grundlage für mögliche Konzept-
ansätze und Maßnahmen. Die Daten können dabei in die favorisierte Lösung
hineininterpretiert werden.
Abschließend folgt die Entscheidungs- und Interventionsphase. Nachdem sich die
Organisation für ein Konzept entschieden hat, muss sie einen mutigen Schritt wagen
und das Konzept umsetzen. Dieser Phase der Umsetzung ist von wesentlicher
Bedeutung: „Sie muss professionell geplant und begleitet werden.“238
4.2.4 Phasenmodell nach Glasl Im folgenden Phasenmodell unterscheidet Glasl Veränderungen nach der
Organisationskultur.
Jede Organisation bildet eine spezifische Kultur heraus, die das organisatorische
Verhalten maßgeblich prägt. Sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Werten,
Normen, Denkhaltungen und Paradigmen, welche die Mitarbeiter teilen und damit
das Zusammenleben in Unternehmen sowie das Auftreten nach außen hin prägen.239
Abbildung 19 zeigt die 4 Phasen des Veränderungsprozesses in der Organi-
sationskultur:
238 Doppler/Lauterburg 1994, S. 106 239 Vgl. Glasl 1993, S. 107
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
68
Abb. 19: Phasenmodell nach Glasl240
In der Pionierphase wird das Geschehen in der Organisation durch Handlungs-
gewohnheiten und Lebensauffassungen von Pionierpersönlichkeiten informal
ausgeprägt. Dabei bezeichnet Glasl die Personifizierung oder sogar den Personen-
kult als ein typisches Merkmal einer solchen Organisation. Diese Pionierpersön-
lichkeiten leben die Ideen, Werte und Orientierungen vor und verbreiten sie durch
direkte Kommunikation mit Mitarbeitern weiter. Nicht Produkte, Gebäude oder
Maschinen, sondern Menschen und ihre Taten werden so in den Vordergrund
gestellt.241
Das Hauptaugenmerk der Differenzierungsphase liegt auf dem technisch-
instrumentellen Bereich. In diesem werden neue Denk- und Verhaltensweisen über
neue Maschinen und Anlagen sowie über Techniken und Instrumente eingebracht.
Die Umsetzung der neuen Grundsätze findet nicht mehr durch Diskussionen und
Vermittlungen statt, sondern über Anordnungen und Verteilungsregelungen. Mit
240 Eigene Abbildung, basierend auf Glasl 1993, S. 107 241 Vgl. a.a.O., S. 107f.
Pionierphase
Differenzierungsphase
Integrationsphase
Assoziationsphase
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
69
neuen Techniken ändern sich auch die Funktionsinhalte; Machtmittel werden durch
neue Organisationspläne verteilt, neues Verhalten wird instrumentell reguliert. Auf
diesem Umweg wandelt sich die bisherige Pionierkultur mehr und mehr in eine neue
Organisationskultur. Als ein Merkmal der Differenzierungsphase bezeichnet Glasl
sog. Ding-Symbole, die an Bedeutung gewinnen, während Menschen als Symbol-
träger an Bedeutung verlieren. Als Kulturmedien werden Rituale geschaffen, die
durch Routine Sicherheit schaffen.242
Mit den Reflexionen über die bisher gelebte Kultur beginnt der Weg in die
Integrationsphase. Bei der Gegenüberstellung der Organisationskultur der Vergan-
genheit mit der gewünschten Kultur der Zukunft, wird ein neues Leitbild formuliert.
Neue Leitwerte und Leitvorstellungen werden durch ebenfalls neue Symbole
ausgedrückt. Um die neue Kultur jedoch glaubwürdig zu gestalten, benötigt auch die
Integrationsphase Personifizierungen der gewünschten Haltungen und Tugenden.
Die Veränderungen im sozialen und technisch-instrumentellen Bereich werden nur
dann folgen, wenn die Akteure das Gefühl haben, dass sie die Kultur in der
Organisation aus eigener Kraft in die gewünschte Richtung umgestalten können. Sie
lernen dabei, wie sie ihre Organisation aktiv selbst verändern können und dass sie
letztlich selbst die zukünftige Entwicklung der Organisation steuern.243
In der Assoziationsphase breiten sich die Veränderungen über die Organisations-
grenze hinaus aus. Das gilt vor allem für Umwelten und deren Vertreter, mit welchen
die Organisation vernetzt ist. In dieser Phase werden Grundorientierungen und
Paradigmen verändert.244
242 Vgl. Glasl 1993, S. 108 243 Vgl. a.a.O., S. 108f. 244 Vgl. a.a.O., S. 109
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
70
4.2.5 Der zyklische Organisationsentwicklungs-Problemlöseprozess nach Rieckmann
Der abgebildete zyklische Organisationsentwicklungs-Problemlöseprozess nach
Rieckmann gliedert sich, ebenso wie das Modell von Doppler/Lauterburg, in 12
Schritte, die er in vier Phasen einteilt:245 Die Kontraktphase, die Diagnosephase, die
Implementierungsphase und die Lernphase.
Abb. 20: Zyklischer OE-Problemlöseprozess246
Das Modell zeigt dabei die einzelnen Phasen eines reflexiven step-by-step
Prozesses.247 Resultierend aus einer Krise bzw. Chance wird Kontakt zu einem
Berater aufgenommen. Hier werden erste Lösungsideen diskutiert, Zielvorstellungen
erarbeitet und mit gesammelten und aufbereiteten Daten untermauert, um
Linksdrehungen der Analyse, sogenannte „shorts cuts“, gewissenhaft zu vermeiden.
245 Rieckmann 2007, S. 13 246 A.a.O., S. 13 247 A.a.O., S. 12
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
71
Die Diagnose ermöglicht ein Verstehen der IST-Situation und eine Identifikation der
Ursachen, die unterhalb der an der Oberfläche sichtbaren Symptome liegen.
Leitbilder und Visionen werden in einer Zielsetzung erfasst, in der der gewünschte
SOLL-Zustand konkrete Beschreibung erfährt. Auf dieser Basis können Lösungs-
szenarien z. B. anhand von Computersimulationen und Rollenspielen entwickelt
werden, die nach Tests zur Entscheidung führen.
Die Phase der Implementierung und Realisation erfolgt über ein konzentriertes
Prozess- und Projektmanagement mit abschließender Auswertung und Rückblick.
Diese Soll-Ist-Prozess-Reflexion ist reversibel und kann immer wieder von Neuem
gestartet werden.
4.2.6 Phasenmodell nach Heitger/Doujak Das Phasenmodell einer gelungenen Transformation von Heitger/Doujak ist aus dem
Vergleich vieler „Lebenskurven“ von Changeprojekten entstanden, die während einer
Transformation eine scheinbar typische „Route“ durchlaufen. 248
248 Vgl. Heitger/Doujak 2002, S. 228ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
72
Abb. 21: Phasen einer gelungenen Transformation249
Im Folgenden wird die Abbildung erläutert und ihre Phasen kritisch betrachtet:
Die wahrgenommene Leistungsfähigkeit resultiert aus dem Bewusstsein über
Ressourcen und Leistungen der Vergangenheit und Gegenwart sowie der Potentiale
für die Zukunft. Die Organisation ist dabei gehalten, die Selbstbeobachtung zu
schärfen, speziell in Bezug auf das eigene Leistungsvermögen. Beginnend mit der
Feststellung des Veränderungsbedarfs in Phase 1 werden Routinen unterbrochen.
Die Notwendigkeit der Veränderung muss hierzu in der Organisation kommuniziert
werden, um Veränderungen zu ermöglichen.
In Phase 2 kristallisieren sich erste Zukunftsbilder heraus, die es zu untermauern gilt.
Es müssen Architekturen entwickelt und Routen geplant werden, damit der Verän-
derungsprozess eine Struktur erhält.
249 Eigene Abbildung, basierend auf Heitger 2004, S. 3; vgl. auch: Heitger/Doujak 2002, S. 228f.
Routine unter- brechen
Zukunfts- vision
Entscheidung Umsetzung Erfolge schaffen
Leistungsfähigkeit
Zeit
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
73
In der dritten Phase werden Interventionsmuster konkretisiert. Die Organisation muss
Entscheidungen treffen, erste Umsetzungsschritte tätigen und u. U. harte Schnitte
setzen, zentrale Struktur- und Personalentscheidungen treffen, aber auch Wachstum
und Innovationen fördern.
Die konsequente Umsetzung von Konzepten ist Gegenstand der vierten Phase.
Dabei müssen die Architekturen und Systeme kontinuierlich und schrittweise den
neuen Gegebenheiten angepasst werden.250
Die letzte und entscheidende Phase befasst sich mit der breiten Implementierung
und Verankerung der Konzepte in Steuerungssysteme sowie der Stabilisierung des
Neuen.
Die Phasen 4 und 5 sind die zeitintensivsten, da sich alte Denk- und Verhaltens-
muster nur langsam verändern. Heitger/Doujak sehen hierin auch den Grund für das
Scheitern vieler Transformationsprojekte, da diese oft schon nach der dritten Phase
beendet werden – und damit zu früh für nachhaltige Veränderungen. Idealtypische“
Proportionen des Zeitaufwandes der einzelnen Phasen gliedern sich in 10 : 10 : 20 :
25 : 35.251 Diese Proportionen stehen ganz im Gegensatz zu vielen Change-
Management-Konzepten, die sich hauptsächlich mit der Phase der Veränderung
beschäftigen und somit die – oft langwierige – Integration in alle Unternehmens-
systeme außen vor lassen.
250 Vgl. Heitger 2004, S. 7 251 Vgl. Heitger/Doujak 2002, S. 228
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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74
5 Phasen des Veränderungsprozesses
Veränderungsprozesse unterteilten sich, wie in Kapitel 4 gezeigt, in verschiedene
Phasen, welche mit Hilfe von sachlogischen, zeitlichen und entscheidungslogischen
Strukturierungskriterien voneinander abgegrenzt werden können.252 Die Vielfalt der
Ansätze, Phasen von Veränderungsprozessen zu definieren und zu beschreiben, ist
v. a. darauf zurückzuführen, dass die Phaseneinteilung nach unterschiedlichen
Gesichtspunkten oder Kriterien vorgenommen werden kann. In der Realität sind klare
Abgrenzungen einzelner Phasen nicht immer möglich. Dennoch haben die
verschiedenen Phaseneinteilungen ihre Berechtigung, da sie die verschiedenen
Untersuchungsschwerpunkte der Autoren widerspiegeln und z. T. neue Aspekte in
Veränderungsprozessen aufzeigen.
So geben Kostka/Mönch bspw. mit ihren Phaseneinteilungen eine Leitfaden, welche
Methode in verschiedenen Stufen einer Veränderung anzuwenden sind. Dieser
methodenorientierte bzw. anwendungsorientierte Fokus ist in diesem Maße sonst nur
noch bei Rieckmann berücksichtigt worden. Glasl hingegen rückt in seiner
Betrachtung den Menschen und seine Reaktionen in den Vordergrund,
Heitger/Doujak, Doppler/Lauterburg und Kotter konzentrieren sich eher auf
allgemeine oder managementspezifische Handlungsempfehlungen.
Damit betrachten die verschiedenen Autoren ein und denselben Veränderungs-
prozess aus verschiedenen Blickwinkeln. So umfangreich die verschiedenen Modelle
auch ausdifferenziert sind, bilden sie doch die gleichen Prozesse ab: Auch wenn
Veränderungen in Organisationen nicht gleichförmig ablaufen, bauen die einzelnen
Phasen immer auf den vorangegangenen Phasen auf. Dies impliziert, dass die
nächste Phase nicht begonnen werden kann, eher die Ergebnisse der
vorangegangenen Phase vorliegen.253
252 Vgl. Barchewitz/Armbrüster 2004, S. 12 253 Czichos 1993, S. 456
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
75
Allgemein geht es bei allen Phasenmodellen der Veränderung also zunächst darum,
den Veränderungsbedarf zu erkennen und deren Notwendigkeit in der Organisation
zu kommunizieren. Konkret bedeutet dies, dass Routinen aufgegeben werden
müssen. Zweitens geht es darum, Daten zu erheben und zu analysieren, ehe sich
mögliche Lösungsansätze und Visionen herausbilden, die in einem Handlungs-
konzept festgehalten werden. Die Umsetzung des neuen Konzeptes erfolgt dann
meist nach Testläufen durch Stabilisierung und Integration in konkrete
Organisationsprozesse und Instrumente.
Die Vielfalt der Darstellungsformen von idealtypischen Phasen fliest in die folgende,
reduzierte Abbildung ein, welche die Grundlage der weiteren Ausführungen in Kapitel
5 bildet.
Allgemeingültige Phaseneinteilung
Vorphase Analysephase Konzeptphase Implementierungs-phase
Abb. 22: Allgemeingültige Phaseneinteilung254
5.1 Die Vorphase Die erste Phase eines Veränderungsprozesses lässt sich ansatzübergreifend als
Vorphase des Entscheidungsprozesses bezeichnen. Zusammengefasst werden
hierbei alle Aktivitäten, die vor dem Beginn des eigentlichen Projektes ausgeführt
werden müssen.255 In dieser Phase werden so die Rahmenbedingungen für alle
folgenden Phasen determiniert. Sie hat somit einen erheblichen Einfluss auf den
Verlauf und späteren Erfolg eines Projektes. Daher ist darauf zu achten, dass eine
sachliche und zeitliche Reihenfolge der Aufgabenschritte eingehalten wird, um zu
gewährleisten, dass keine wichtige Aufgabe vergessen, übersehen oder zu einem
falschen Zeitpunkt bearbeitet wird.256
254 Eigene Abbildung 255 Vgl. Sangüesa 2003, 55 256 Vgl. Barchewitz/Armbrüster 2004, S. 12
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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76
5.1.1 Interne Problem- und Zielanalyse Barchewitz/Armbrüster definieren als Aufgabenstellung in der Vorphase die
Durchführung einer internen Analyse der Ausgangslage, denn eine eigene
Einschätzung der Probleme ist Grundvoraussetzung, um sich bspw. Beratungs-
dienstleistungen anbieten lassen zu können. Hierzu müssen die Bereiche oder
Produkte identifiziert werden, in welchen Handlungs- bzw. Veränderungsbedarf
gesehen wird.
Auf Basis der Ausgangslage ist es Aufgabe der Organisation, Überlegungen über
Zielvorstellungen anzustellen, die für den Erfolg von Veränderungsprozessen als
notwendig erachtet werden. Fehlen diese, führen Veränderungsprozesse selten zu
wirklichen Verbesserungen, da es an Möglichkeiten fehlt, den Grad der Ziel-
erreichung zu messen. Aus diesem Grund sollte schon vor der Kontaktaufnahme mit
einer Beratung klar sein, in welchen Bereichen und in welchen Größenordnungen bis
hin zur Änderung der gesamten Organisationsstrategie Veränderungen geplant
sind.257.
5.1.2 Definition der Rolle des Beraters Organisationen die über interne Beratungseinheiten verfügen, müssen entscheiden,
ob der Beratungsauftrag intern oder externen vergeben wird. Hierbei spielt die Art
des zu vergebenen Auftrags eine große Rolle. Es besteht auch die Möglichkeit der
Zusammenarbeit von internen und externen Beratern.
Ist die Entscheidung für externe Berater oder eine Zusammenarbeit zwischen
externen und internen Beratern gefallen, erfolgt zunächst eine Suche von
Beratungsagenturen, die einen Schwerpunkt in dem zu bearbeitenden Bereich
vorweisen können. Informationsmaterial und v. a. Referenzen bieten die Möglichkeit,
Beratungsagenturen in die engere Wahl zu ziehen, welche vom Arbeitsschwerpunkt,
der Arbeitsweise und von der Größenordnung her zur Organisation passen. Von
Vorteil ist, wenn die Organisation die von ihr ausgearbeitete Ausgangslage und Ziele
präsentieren kann Dadurch wird eine Festlegung des zu bearbeitenden
257 Vgl. Merten 2000, S. 58
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Kernproblems und eine grobe Skizzierung des Problemlösungsprozesses durch den
Berater erleichtert.
In Vorgesprächen sind zwischen der Organisation und dem Berater die offenen
Beratungskontexte, Probleme und Ziele aus Sicht der Organisation zu erläutern.
Ebenso sind die Rahmenbedingungen für eine zukünftige Zusammenarbeit
auszuhandeln.258 Entscheidet sich die Organisation für einen Berater, wird in den
meisten Fällen ein Vertrag zwischen Klient und Berater geschlossen. 259 Dieser ist
jedoch in der Beratungsbranche keine Pflicht.260
Nach Vertragsabschluss ist die Vorphase nahezu beendet und es erfolgt der
Übergang in die nächste Phase des Prozesses. Zum Start des Kernprozesses nimmt
der Berater Kontakt mit dem Klienten in Form von Gesprächen auf. 261 Diese ersten
Gespräche lassen sich dabei noch der Vorphase bzw. Orientierungsphase262 oder
„Kontaktphase“263 zurechen, denn hier wird die Beziehung zwischen Berater und
dem Klienten geklärt. In ihr bekommt der Berater eine Vorstellung von dem
geschilderten Problem des Klienten und kann sich somit auf den folgenden
Beratungsprozess vorbereiten.264 Erwartungen beider Seiten sind an dieser Stelle zu
klären265, denn „der Grund für das Misslingen einer Beratung ist bereits im Scheitern
der Anfangsphase zu suchen.“266
Gegenstand dieser Anfangsphase ist es somit, die Rolle, die der Berater während
des Beratungsprozesses einnehmen soll, zu klären, auch wenn sich diese im Verlauf
des Prozesses ändern und die Übergabe von einer Rolle zur anderen fließend sein
258 Vgl. Walger, 1995, S. 265ff. 259 Vgl. Titscher 1997, S. 16 260 Vgl. Merten 2000, S. 64 261 Vgl. Block 1997, S. 16 262 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 92 263 Rieckmann 2007, S. 13 264 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 99 ff. 265 Vgl. Block 1997, S. 16 266 A.a.O., S. 16
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kann, denn sie orientieren sich an den Bedürfnissen der jeweiligen Situation im
Veränderungsprozess und können somit angepasst werden.267
5.1.2.1 Interne und externe Berater 5.1.2.1.1 Interne Berater Der interne Berater ist im System der Organisation integriert. Er kann als Entlastung
im Veränderungsprozess dienen und verfügt über quantitative und qualitative
Ressourcen, die für Prozesse besonders wertvoll sein können. Er kennt das ganze
Unternehmen und die Zusammenhänge, spricht also die Sprache des
Unternehmens.268 Interne Berater gelten, im Gegensatz zu den externen Beratern,
als berechen- und kontrollierbar, da man mit ihnen schon in der Vergangenheit
Erfahrungen sammeln konnte.269 Aber auch interne Beratung hat seine Grenzen,
denn der Erfolg des internen Beraters in einem Veränderungsprozess ist auch davon
abhängig, welche Rolle er im Prozess übernimmt.270
Meist agieren interne Berater als „Change-Agents“ 271 und übernehmen bestimmte
Aufgaben und Ziele in einem Veränderungsprozess. Sie können insbesondere die
Rolle des Innovators, des Coaches, des Organisators oder des Experten
übernehmen.272 In der Praxis ist die genaue Zuordnung der Rollen jedoch schwierig,
denn die Übergänge der Rollen sind fließend. Ebenso können je nach Projekt
mehrere Rollen gleichzeitig eingenommen werden.273. Als Innovator verfolgt ein
interner Berater bspw. das Ziel, neue Ideen, Strategien, Konzepte und Produkte zu
entwickeln. Als Coach konzentriert er sich auf den Mensch in der Organisation und
trägt so indirekt zum Erfolg der Organisation bei. Er unterstützt seine Klienten dabei,
Probleme selber zu lösen und leistet daher keine direkte Beratung zu konkreten,
inhaltlichen Problemstellungen. Eine der häufigsten Rollen der internen Berater ist
die des Organisators, indem er Bemühungen um Optimierung, Entwicklung und
267 Vgl. Niedereichholz 2000, S. 64 und Baumgartner/Häfele/Scharz/u.a. 2000, S. 106 268 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, Seite 25 269 Vgl. a.a.O., Seite 26 270 Vgl. a.a.O., Seite 27 271 Niedereichholz 2000, Seite 59 272 Vgl. a.a.O., Seite 64 ff. 273 Vgl. a.a.O., Seite 64
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Restrukturierung von Aufbau- und Ablauforganisationen unterstützt und die zentralen
Stäbe von organisatorischen Aufgaben entlastet. Als Experte verfolgt der interne
Berater überwiegend die Förderung und den Ausbau des organisationsspezifischen
Know-hows, denn er verfügt in der Regel über spezifisches Fachwissen. Daher findet
man den Experten auch häufig den jeweiligen Funktions- bzw. Unternehmens-
bereichen zugeordnet. In manchen Organisationen sind mehrere interne
Beratungseinheiten die jeweils auf ein anderes Fachgebiet wie Produktion, Logistik
oder EDV spezialisiert sind, nebeneinander installiert.
5.1.2.1.2 Externe Berater
Externe Berater stehen grundsätzlich außerhalb des Systems.274 Eine der ersten
gemeinsamen Aufgaben zwischen Klient und Berater ist daher die Klärung der Rolle,
die der im Veränderungsprozess einnehmen wird.275
Einem externen Berater gelingt der Zugang zum Management meist leichter. Er hat
so gegenüber dem internen Berater den Vorteil, dass seinen Vorschlägen eher
Zustimmung seitens des Managements zuteil wird.276 Auch kann der externe Berater
sein in anderen Projekten erworbenes Fachwissen einsetzen und damit den
Veränderungsprozesserfolg unterstützen. Da er nur temporär eingesetzt wird, kann
er Kapazitätsengpässe ausgleichen und ihm fällt es oft leichter, zu unterscheiden, wo
Projekte notwendig sind.277 Nach Hummel existieren 13 Gründe, die für das
Engagement eines externen Beraters in Veränderungsprozessen sprechen:
274 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 107 275 Vgl. Kap. 5.1.2 dieser Arbeit 276 Vgl. Kraus 2002, Seite 35 277 Vgl. a.a.O., Seite 38
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Abb. 23: 13 Gründe für das Engagement eines externen Beraters278
Externe Berater bergen jedoch auch Risiken. Mitarbeiter empfinden externe Berater
häufig als „Eindringlinge“, „Spione“ oder „Fremdkörper“.279 Fehlt die Akzeptanz,
werden nötige Informationen zurückgehalten.
In Abhängigkeit der Vor- und Nachteile ist es sinnvoll, einen externen Berater dann
zu wählen, wenn die Organisation spezielles Wissen benötigt, dessen dauerhafte
Bereithaltung innerhalb der Organisation unwirtschaftlich wäre, während der Einsatz
von internen Beratern dann sinnvoll ist, wenn „firmenspezifisches Know-how“
gebraucht wird, z. B. bei strategischen Fragestellungen.280 Dabei gilt: Jede
Beratung, ob extern oder intern, unterliegt einer gewissen Interessengebunden-
278 Eigene Abbildung, vgl. Hummel/Zander 1998, S. 27 279 Vgl. a.a.O., Seite 36 280 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, Seite 204
13 Gründe für das
Engagement eines
externen Beraters
Ist ein Problemlöser.
Ist neutral.
Ist nicht betriebsblind.
Analytische Fähigkeiten.
Rüttelt Mitarbeiter
wach.
Entlastet das Management.
Kann anstehende Veränderungen im
Unternehmen besser darstellen.
Sensibilisiert Mitarbeiter hinsichtlich
vorhandener Probleme.
Hohes Adaptions- und Kombinations-
vermögen.
Verfügt über Managerqualitäten.
Ist nicht branchenblind.
Erfahren in der Krisenbewältigung.
Achtet das Betriebsgeheimnis.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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heit.281 Ein externer Berater kann daran interessiert sein, weitere Beratungen an die
Organisation zu verkaufen. Interne Berater versuchen u. U., die eigene Arbeit gut zu
verkaufen, um dadurch die eigene Position in der Organisation zu stärken, denn
interne Berater bewegen sich in einem engen „Markt“ für oder gegen externe bzw.
interne Berater.282
5.1.2.2 Beraterstile: Counseling / Advising Das Verhältnis zwischen Berater und Klient wird im deutschen meist lediglich mit
„Beratung“ bezeichnet. Die englische Sprache differenziert hierbei jedoch zwischen
„Advising“ und „Counseling“. Mit Advising wird hierbei „Beraten durch Ratschläge“
bezeichnet, während Counseling „Beraten durch Fragen“ meint.283 Beim Advising
kommt so die Hilfe von Außen, es wird sog. Fremdhilfe bezogen, während das
Counseling stärker durch Hilfe zur Selbsthilfe seine Wirkung entfaltet.
Mit den unterschiedlichen Beratungsstilen ist auch ein unterschiedlicher Grad an
Verantwortung des Beraters für einen Veränderungsprozess verbunden. Daher ist
die Klärung des Beraterstils eines der wichtigsten Themen zwischen Berater und
Klient. Berater, die durch Counseling beraten, bieten Klienten Optionen an, aus
denen diese selbst auswählen können.
Nachfolgende Abbildung zeigt die Beraterstile im Vergleich und gibt einen Überblick
über die Unterschiede:
281 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, Seite 204 282 Vgl. a.a.O., Seite 204 283 Vgl. a.a.O., Seite 31
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Counseling Advising
Beraten durch Fragen
Beraten durch Ratschläge
• Fragen/Beobachten
• Hypothesen
• Interventionen
• Orientierungsmodelle
Primäres Beratungsinstrument
• Antworten
• Ratschläge/Expertisen
• Anweisungen/Rezepte
• Hilfe zur Selbsthilfe Intention • Fremdhilfe
• Findet Klientensystem Lösung • Nennt Berater
• Durch Klientensystem (funktional/brauchbar?) Bewertung
• Durch Berater (richtig im Sinne einer Expertise)
• Für den Prozess und die eingesetzten Instrumente beim Beratersystem
• Für das Finden und die Richtigkeit bei Klientensystem
Verantwortung
• Für das Finden und die Richtigkeit von Antworten beim Beratersystem
• Für die Umsetzung bei (Beratersystem oder) Klientensystem
• Neutralität
• Anregen
• Nicht Steuern
• Dialektik
Haltung
• Wissen
• Objektive Urteilskraft
• Logik
„Sei Anwalt der
Ambivalenz!“ Motto
„Beziehe Stellung, urteile richtig!“
Abb. 24: Counseling / Advising 284
284 Eigene Abbildung, basierend auf Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 32.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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5.1.3 Zusammenfassung Die im Rahmen der Vor- bzw. Kontraktphase zu erledigenden Aufgabenstellungen
und zu beantwortenden Fragestellungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Vorphase
Aufgaben:
• Interne Problemanalyse (Ausgangslage)
• Interne Zielanalyse
• Skizzierung des Veränderungsbedarfs
• Definition der Rolle des Beraters (Intern/extern)
• Entscheidung über Charakter des Prozesses
(Beraterstil)
• Erarbeitung und Kommunikation eines
Prozessdesigns
Abb. 25: Zusammenfassung der innerhalb der Vorphase zu bearbeitenden Fragestellungen285
5.2 Die Analysephase 5.2.1 Wahrnehmung der Unternehmenswirklichkeiten
Organisationen sind von Menschen geschaffene Organismen. Aufgrund ihrer
Komplexität und Individualität sind für die Wahrnehmung der Organisationswirk-
lichkeit standardisierte Verfahren wenig geeignet. Ebenso liefern betriebs-
wirtschaftliche Kennzahlen kaum für Veränderungsprozesse nutzbare Aussagen
über die Leistungsfähigkeit einer Organisation. Daher empfiehlt es sich, qualitative
Methoden im Rahmen der Analysephase bzw. Organisationsdiagnose einzusetzen,
um zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen. Diese Feststellung schließt jedoch
quantitative Methoden während der Analyse nicht aus, denn in einigen Kontexten ist
der Einsatz beider Ansätze durchaus sinnvoll.286
285 Eigene Abbildung 286 Vgl. Kelle/Erzberger 2000, S. 299ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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Grundsätzlich stellt sich die Frage: Was muss Organisationsdiagnose bzw.
Organisationsanalyse leisten? Hierbei fehlt die klare Definition beider Begriffe, die
teilweise synonym verwendet werden. Andererseits versucht Eck287 eine klare
Abgrenzung, die er mit der Möglichkeit der Intervention in Zusammenhang mit der
Organisationsdiagnose begründet. Demnach fragt die Organisationsanalyse :
„Welche Ordnungen, Strukturen und Regeln […] unter welchen Bedingungen
[entstehen] und welche Effekte und Ergebnisse sie bringen, während die
Organisationsdiagnose fragt, „welche subjektiven kognitiven Prozesse […] zu
welchen Wirklichkeiten führen“, und „[…] wie es um die Befindlichkeiten der Akteure
steht und welche Handlungsmustern vorliegen?“288
Im Rahmen dieser Arbeit wird davon ausgegangen, das es Ziel der
Organisationsdiagnose ist, Informationen über die innere Verfassung des
Unternehmens zu gewinnen und bestimmte Phänomene zu rekonstruieren. Es geht
dabei darum, Daten zu gewinnen, die darüber informieren, warum etwas gut läuft
oder nicht gut läuft. Hierbei steht das Zusammenwirken und Zusammenleben aller
beteiligten Akteure. Die Organisationsdiagnose beschreibt so mit Hilfe ausgewählter
Methoden den IST-Zustand einer Organisation und beantwortet die Frage, wo die
Organisation aktuell steht und warum bestimmte Phänomene auftreten. Kühlmann/-
Franke definieren die Organisationsdiagnostik in diesem Sinne als die
„systematische und wissenschaftlich fundierte Erfassung, Analyse und Darstellung
des in einer Organisation oder einem begrenzten Organisationsteil regelhaft
auftretenden Verhaltens und Erlebens ihrer Mitglieder einschließlich ihrer Wirkungs-
zusammenhänge.“289 Ziel ist hierbei die Komplexitätsreduktion, durch zielgerichtete
Herausarbeitung relevanter Merkmale und ihrer Zusammenhänge sowie deren
anschließende Interpretation.
Der Wahl der Methode der Organisationsdiagnose kommt Signalwirkung zu, denn
hierdurch wird determiniert, welcher Personenkreis mit in den Prozess der 287 Vgl. Eck 2002, S. 1 288 Es sollte lediglich darauf aufmerksam gemacht werden, dass es in der Literatur verschiedene
Sichtweisen gibt, was die Organisationsdiagnose oder die Organisationsanalyse betrifft. Es ist aber nicht Aufgabe dieser Arbeit, diese zu bewerten. Im Folgenden wird der Begriff der Organisationsdiagnose verwendet.
289 Kühlmann/Franke 2002, S. 632
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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Organisationsdiagnose einbezogen wird. Doppler/Lauterburg nennen in ihrem
Aufsatz „Die Vogelperspektive und die Froschperspektive“290 drei psychologische
Barrieren, die einer fundierten Organisationsdiagnose im Wege stehen können.
Diese gründen im Wesentlichen auf dem Denken in hierarchischen Strukturen. Die
erste Barriere ist darin zu sehen, dass Führungskräfte einen jeweils bestimmten
Blickwinkel auf die Organisation haben und nur sehr selten alle relevanten Aspekte
berücksichtigen. Bescheidenheit, die Fähigkeit, sich zurückzunehmen und offen zu
sein für Sichtweisen anderer sind daher entscheidende Faktoren. Die zweite Barriere
basiert auf der Annahme, dass die untere und mittlere Führungsebene die Situation
am besten einschätzen kann, da sie die Stärken und Schwächen des Unternehmens
realistisch einschätzt. Die dritte Barriere besteht in der Hemmung, Menschen in den
Prozess zu integrieren, die die Organisation eigentlich nur aus der Froschperspektive
kennen, evtl. über keine hochqualifizierte Ausbildung verfügen und sich auch sonst
noch nie mit strategischen oder strukturellen Entscheidungen oder Gesamtzu-
sammenhängen des Unternehmens beschäftigt haben. Dagegen sind die Mitarbeiter
bei der Erhebung des Gesamtzustandes bei der Organisationsdiagnose die
wichtigsten Auskunftsgeber, denn es gibt keine ganzheitliche Organisationsdiagnose
ohne die Befragung aller betroffenen Personen in der Organisation.
Eine weitere Barriere kann entstehen, wenn schon frühere Befragungsaktionen zwar
durchgeführt, die Ergebnisse aber nicht vorgestellt und keine Konsequenzen aus den
Ergebnissen gezogen wurden, so dass sich keine Veränderungen ergaben und sich
die Frage nach dem Sinn einer Befragung innerhalb der Organisation stellt. 291
Eine Vielzahl von Faktoren ist also für die erfolgreiche Durchführung einer
Organisationsdiagnose und damit für die Rekonstruktion der Unternehmens-
wirklichkeit elementar. Werden diese Faktoren berücksichtigt, wird damit die
Grundlage für erfolgreiche Veränderungsprozesse geschaffen. Zu knappe
Ressourcen, ein zu knapper zeitlicher Rahmen, die falsche Wahl der Erhebungs-
methode, das Einbeziehen nur eines bestimmten Personenkreises oder das schnelle
290 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 168f. 291 Vgl. a.a.O., S. 185f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
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Entscheiden aus dem Bauch heraus sind dagegen Barrieren für den Erfolg eines
Veränderungsprozesses.
Innerhalb der Organisationsdiagnose steht eine Vielzahl an Instrumenten zur
Verfügung, die sich zu qualitativen und quantitativen Methoden zusammenfassen
lassen und nachfolgend vorgestellt werden. Auf die Möglichkeit der Intervention
schon während der Organisationsdiagnose weisen Frenzel/Müller/Sottong292, aber
auch Doppler/Lauterburg hin, denn eine Befragung ist immer auch eine „markante,
kulturprägende Intervention.“293
5.2.1.1 Qualitative und quantitative Methoden der Organisationsdiagnose
Die Entstehung qualitativer Methoden ist eng verknüpft mit der Kritik an
quantifizierenden Methoden und Forschungstheorien. Bis heute hat sich die
Auseinandersetzung um das jeweilige Wissensverständnis nicht gelegt. Jedoch hat
sich eine reichhaltige Forschungspraxis in beiden Ansätzen entwickelt, die für sich
spricht. Daher wird häufig eine Kombination beider Ansätze diskutiert und
angewendet.
Nach Wilson geht die Diskussion dahin, die erkenntnistheoretischen und philo-
sophischen Standpunkte der Ansätze im Hintergrund zu lassen und so Raum für
forschungspraktische Fragen der Angemessenheit des jeweiligen Bereichs zu
schaffen, denn „qualitative und quantitative Ansätze [ergänzen sich] gegenseitig und
konkurrieren nicht miteinander. Jede liefert eine Art von Informationen, die sich nicht
nur von der anderen unterscheidet, sondern auch für deren Verständnis wichtig
ist.“294
Folgende Abbildung stellt die wichtigsten Charakteristika der beiden Methoden
gegenüber:
292 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2004, S. 71ff. 293 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 185 294 Flick 1995 S. 280
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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Qualitative Methoden
Quantitative Methoden
• Oft beschreibend oder erklärend. • Oft beschreibend oder theorieentwickelnd.
• Relativ striktes Regelgerüst der Forschungsschritte.
• Standardisierung.
• Regeln sind recht allgemein verfasst.
• Offenlegung aller Schritte ist wichtig.
• Klärung, vor der Datenerhebung, was man wozu erhebt.
• Ergebnisse können Hypothesen oder Forschungsfragen zugeordnet werden.
• Offenheit für Aspekte, die sich während der Forschung ergeben, z. B. Prioritäten der Befragte.
• Objektivität wird durch Subjektivität ersetzt, auch Kontextbildung ist wichtig.
• Strikte Trennung von Datenerhebung und Auswertung.
• Keine Trennung von Erhebung und Auswertung.
• Auch Hin-und-Her-Bewegung.
• Oft statistische Auswertung. • Statistiken sehr untypisch.
• Basis: Viele Fälle, um repräsentativ zu sein.
• Basis: Relativ wenig Fälle.
• Repräsentativität wird angestrebt. • Nicht auf Repräsentativität ausgerichtet.
• Eher Kontextbildung um umfassende Verständnis zu bekommen.
Abb. 26: Vergleich qualitativer und quantitativer Methoden295
Es gilt, dass nicht grundsätzliche Erwägungen die Entscheidung für oder gegen
qualitative bzw. quantitative Methoden bestimmen, sondern der untersuchte
Gegenstand und die damit verbundenen Fragestellungen: „Die Anwendung einer
bestimmten Methode kann man also nicht mit seinem Paradigma oder seinen
Neigung begründen, sondern sie muss von der Eigenart des jeweiligen
Forschungsproblems ausgehen.“296
Die Entscheidung, wie beide Ansätze miteinander kombiniert werden, determiniert
allein der zu untersuchende Gegenstand. Dabei lassen sich verschiedene 295 Eigene Abbildung 296 Flick 1995, S. 280
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
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Kombinationsarten unterscheiden. Eine Überordnung von quantitativen über
qualitative Methoden findet man überall dort, wo eine explorative Vorstudie mit
offenen Interviews der eigentlichen Datenerhebung mit Fragebögen vorausgeht. Sie
kommt in der Praxis häufig zur Anwendung. „Argumente wie die Repräsentativität der
Stichprobe dienen oft zur Begründung dafür, dass erst die quantitativen Daten zu
Ergebnissen im eigentlichen Sinne führen, während die qualitativen Daten eher einen
illustrativen Stellenwert erhalten.“297 Die Aussagen der nicht standardisierten
Befragung werden dann durch ihre Bestätigung und Häufigkeit in den quantitativ
erhobenen Daten überprüft und erklärt.
Weniger häufig in der Anwendung vertreten ist die Überordnung von qualitativer über
quantitative Forschung. So bezeichnet Oevermann/u. a. die quantitativen Methoden
als „forschungsökonomische Abkürzungen des Datenerzeugungsprozesses“,
während die qualitativen Methoden überhaupt erst in der Lage seien, die eigentlichen
wissenschaftlichen Erklärungen von Sachverhalten zu liefern.298 Kleining unter-
streicht, dass qualitative Methoden sehr wohl ohne die Quantitativen auskommen,
jedoch nicht umgekehrt, da diese die qualitativen benötigen, um eine Erklärung der
von ihnen erhobenen Zusammenhänge liefern zu können.299
5.2.1.1.1 Qualitative Methoden in der Organisationsdiagnose Beschäftigt man sich mit Organisationen, insbesondere mit Erwerbstätigen in den
jeweiligen Kontexten, lässt sich eine hohe Komplexität an wahrzunehmenden
Phänomenen feststellen. Und diese aus Sicht der handelnden Subjekte zu
interpretieren, werden neben quantitativen vorwiegend qualitative Methoden
angewandt und darauf verzichtet, Verallgemeinerungen anzustreben bzw.
mathematische Formeln aufzubauen. Die jeweilige Organisationskultur ist dabei ein
implizites Phänomen, das Selbstverständnis und Eigendefinition der Organisation
prägt. Sie wird in der Regel als selbstverständlich angesehen und daher nicht
reflektiert. Sie beruht auf gemeinsamen Wertorientierungen und macht organisa-
torisches Handeln sowohl kongruent als auch kohärent und ist das Resultat eines
andauernden Lernprozesses im Umgang mit Bedingungen sowohl innerhalb als auch
297 Flick 1995, S. 281 298 Vgl. Oevermann/Allert/Konau/u. a. 1979, S. 16, zitiert nach a.a.O., S. 281 299 Vgl. Kleining 1982, zitiert nach a.a.O., S. 281
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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außerhalb der Organisation. Als Kultur vermittelt sie Sinn und Orientierung in einer
komplexen Welt, vereinheitlicht so deren Interpretation und bietet Handlungs-
schemata. Sie resultiert aus einem Sozialisationsprozess und kann daher nicht
bewusst „gelernt“ werden.300 Von diesem Standpunkt aus lässt sich alles, „was in
einer Organisation beobachtbar ist, als Ausdruck spezifischer, ihr zugrunde liegender
Überzeugungen und Werte“ 301 interpretieren.
Bei der Darstellung der Organisationskultur lassen sich grundsätzlich drei
verschiedene Ebenen unterscheiden: Die erste Ebene ist die der „Basisannahmen,
die meist nicht bewusst sind, wie Grundüberzeugungen über Umwelt, die Wahrheit,
die Natur des Menschen oder die zwischenmenschlichen Beziehungen.“302 Als
zweite Ebene lassen sich Normen, Standards und Wertorientierungen beschreiben,
die durchaus als bewusstseinsfähig anzusehen sind und Verhaltensrichtlinien für die
Organisationsmitglieder setzen. Artefakte, die zum Einen im Sinne der Zweck-
rationalität offensichtliche Funktionen haben, zugleich aber als Ausdruck der im
Unternehmen vorherrschenden Basisannahmen gedeutet werden können, wie dies
für alles Sichtbare und Beobachtbare in der Organisation gilt, bilden schließlich die
dritte Ebene.303
Qualitative Forschung hat den Anspruch, das „organisationale Geschehen aus Sicht
der handelnden Subjekte zu rekonstruieren, unerwartete Phänomene mit möglichst
wenigen Vorentscheidungen hinsichtlich Design und Methode einzufangen und auf
diese Weise menschliches Verhalten und Handeln einer prozessualen Sicht
zugänglich zu machen.“304 Somit verhilft qualitative Forschung zu einem besseren
Verständnis sozialer Wirklichkeiten und macht aufmerksam auf bestimmte Abläufe,
Deutungsmuster und Strukturen305. Und es sind handelnde Menschen, die eine
Organisation erst handlungsfähig machen.
Es wird also schnell klar, dass der handelnde Mensch im Mittelpunkt der Beobach-
tung stehen muss und es sind z. B. Methoden wie das Leitfadeninterview, die
300 Vgl. Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 227f. 301 Vgl. a.a.O., S. 228 302 A.a.O., S. 228 303 A.a.O., S. 228 304 Kühl/Strodtholz 2003, S. 16 305 Vgl. Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 14
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
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biografische Erzählung oder die teilnehmende Beobachtung, die es ermöglichen, ein
konkretes Bild der subjektiven Welt einer handelnden Person zu schaffen. Qualitative
Forschung und deren Methoden schaffen es, die Sichtweisen der beteiligten
Menschen, ihre subjektive Wahrnehmung und deren Lebenswelten abzubilden.
Dadurch ist qualitative Forschung näher an dem Individuum und schafft einen
besseren Zugang zu den untersuchten Phänomenen.
Qualitative Forschung allgemein ist ein Oberbegriff für unterschiedliche Forschungs-
ansätze, die in ihren theoretischen Annahmen differieren und man kann diese in drei
Hauptlinien306 zusammenfassen307:
• In den Traditionen des symbolischen Interaktionismus und der
Phänomenologie.
• In der Ethnomethodologie und im Konstruktivismus.
• Strukturalistische oder psychoanalytische Positionen.
Die genannten Ansätze unterscheiden sich weiterhin in ihren Forschungszielen und
in den Methoden, die für die Forschung eingesetzt werden. Außerdem zeichnen sich
drei Forschungsperspektiven ab. In der ersten Gruppe geht es um die ‚Sicht des
Subjekts’, die im Vordergrund steht. Bei der zweiten Gruppe geht es darum, eine
Beschreibung der Prozesse der Herstellung vorhandener Situationen, z. B.
alltägliche oder institutionelle Situationen, oder soziale Ordnungen abzubilden.
Die dritte Forschungsperspektive ist gekennzeichnet durch die hermeneutische
Analyse tiefer liegender Strukturen308.
Folgende Abbildung schafft eine Übersicht der soeben beschriebenen
Forschungsfelder und deren Perspektiven:
306 Diese drei Hauptlinien können im Rahmen dieser Arbeit nicht näher erläutert werden.
Weiterführende Literatur: Flick/Kardorff/Steinke 2003, Kapitel 2.5, 3.1, 3.2, 3.3, 3.4 und 5.2 307 Vgl. a.a.O., S. 18 308 Vgl. a.a.O., S. 18
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Forschungsperspektive
Zugänge zu subjektiven Sichtweisen
Beschreibung von Prozessen der
Herstellung sozialer Situationen
Hermeneutische Analyse tiefer
liegender Strukturen
Theoretische Positionen
• Symbolischer Interaktionismus
• Phänomenologie
• Ethnomethodologie
• Konstruktivismus
• Psychoanalyse
• Genetischer Strukturalismus
Methoden der Datenerhebung
• Leitfaden-Interviews
• Narrative Interviews
• Gruppendiskussion
• Ethnographie
• Teilnehmende Beobachtung
• Aufzeichnung von Interaktionen
• Sammlung von Dokumenten
• Aufzeichnung von Interaktionen
• Fotografie
• Filme
Methoden der Interpretation
• Theoretisches Codieren
• Qualitative Inhaltsanalyse
• Narrative Analyse
• Hermeneutische Verfahren
• Konventionsanalyse
• Diskursanalyse
• Gattungsanalyse
• Dokumentenanalyse
• Objektive Hermeneutik
• Tiefenhermeneutik
• Hermeneutische Wissenssoziologie
Anwendungs- Fehler
• Biographieforschung
• Analyse von Alltagswissen
• Analyse von Lebenswelten und Organisationen
• Evaluationsforschung,Cultural Studies
• Familienforschung
• Biographie-forschung
• Generations-forschung
• Genderforschung
Abb. 27: Qualitative Forschungsansätze309
Trotz der scheinbaren Heterogenität der oben zusammengefassten Ansätze lassen
sich verschiedene Grundannahmen und Kennzeichen als Gemeinsamkeit der vier
theoretischen Grundannahmen qualitativer Forschung zusammenfassen.310
309 Eigene Abbildung, basierend auf Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 19 310 A.a.O., S. 22
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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Theoretische Grundannahmen qualitativer Forschung
• Soziale Wirklichkeit als gemeinsame Herstellung und Zuschreibung von Bedeutungen
• Prozesscharakter und Reflexivität sozialer Wirklichkeit
• Objektive Lebensbedingungen werden durch subjektive Bedeutungen für die Lebenswelt relevant
• Der kommunikative Charakter sozialer Wirklichkeit lässt die Rekonstruktion von Konstruktionen sozialer Wirklichkeit zum Ansatzpunkt der Forschung werden
Abb. 28: Theoretische Grundannahmen qualitativer Forschung311
Weiterhin ist die qualitative Forschung durch verschiedene Kennzeichen in der quali-
tativen Forschungspraxis geprägt:
Kennzeichen qualitativer Forschungspraxis
• Methodisches Spektrum statt Einheitsmethode
• Gegenstandsangemessenheit von Methoden
• Orientierung am Alltagsgeschehen und /oder Alltagswissen
• Kontextualität als Leitgedanke
• Perspektiven der Beteiligten
• Reflexivität des Forschers
• Verstehen als Erkenntnisprinzip
• Prinzip der Offenheit
• Fallanalyse als Ausgangspunkt
• Konstruktion der Wirklichkeit als Grundlage
• Qualitative Forschung als Textwissenschaft
• Entdeckung und Theoriebildung als Ziel
Abb. 29: Kennzeichen qualitativer Forschungspraxis312
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die qualitative Forschung und ihre
Methoden ein effizientes Mittel für die Organisationsdiagnose ist, um die
Unternehmenswirklichkeiten rekonstruieren zu können.
311 Eigene Abbildung, basierend auf Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 22 312 Eigene Abbildung, basierend auf a.a.O., S. 24
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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5.2.1.1.1.1 Instrumente qualitativer Forschung Interviews sind in der Sozialforschung sowohl in offener als auch teilstandardisierter
Form stark verbreitet, besitzen eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten und sind in
Forschungsprojekten als zentrale empirische Grundlage unerlässlich.313 „Qualitative
Interviews sind im Vergleich zu anderen Forschungsverfahren in den Sozialwissen-
schaften besonders eng mit Ansätzen der verstehenden Soziologie verbunden.
Durch die Möglichkeit, Situationsdeutungen oder Handlungsmotive in offener Form
zu erfragen, Alltagstheorien und Selbstinterpretationen differenziert und offen zu
erheben, und durch die Möglichkeit der diskursiven Veränderung über Interpre-
tationen, sind mit offenen und teilstandardisierten Interviews wichtige Chancen einer
empirischen Umsetzung handlungstheoretischer Konzeptionen in Soziologie und
Psychologie gegeben.“314
Das narrative Interview als spezielle Form des qualitativen Interviews wurde durch
Schütze entwickelt und fundiert. Das Grundprinzip des narrativen Interviews besteht
darin, dass eine selbsterlebte Situation als Geschichte zusammenhängend erzählt
wird.315 Befragte sollen also nicht in ersten Linie berichten, beschreiben, begründen
oder argumentieren, sondern in Bezug auf den relevanten Gegenstandsbereich
selbst erlebte Ereignisse und die eigene Beteiligung daran entlang der Zeitachse
rekonstruieren:
• Wie alles anfing.
• Wie sich die Dinge entwickelten.
• Was daraus geworden ist. 316
Dabei bedient man sich einer grundlegenden Kompetenz der Befragten, denn Erzäh-
lungen sind gesellschaftsweit geübte und gepflegte Verfahren der Entwicklung von
Sinnhorizonten und Situationsdefinitionen.317
313 Vgl. Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 349ff. 314 A. a. O., S. 350. In der Praxis wird eine Vielzahl von qualitativen Methoden im Allgemeinen und
Interviewformen im Besonderen unterschieden. Da diese damit verbundene Diskussion nicht Gegenstand dieser Arbeit ist, wird nachfolgend nur die zur Anwendung gebrachte Form des leitfadengestützten Experteninterviews thematisiert. Für Interessierte sei verwiesen auf: A.a.O., S. 332 ff.
315 Vgl. König/Zedler 2002, S. 180 316 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 73 317 Vgl. a.a.O., S. 73
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94
Die Erzählung verspricht so einen privilegierten Zugang zur Erfahrung der Subjekte,
die hier nicht einfach abgefragt, sondern konstruiert und rekonstruiert wird. Die
Grundannahme dabei ist, dass diese Rekonstruktion der Erfahrung in der Erzählung
Muster aufweist, die den Mustern des Handelns und seiner Begrenzungen in der
Wirklichkeit entsprechen. Dies ist so, weil die Ereignisse und Handlungen eben
immer erst auf dem Weg der rückblickenden Rekonstruktion zu Erfahrungen werden,
die in die Identität der Subjekte eingehen und damit weitere Erfahrungen
strukturieren.318
In der Organisationsforschung sind narrative Interviews dann zu gebrauchen, wenn
es für die gewählte Fragestellung auf subjektive Erfahrungen und erzählenswerte
Ereignisse ankommt. Nicht jeder Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit, der
Organisationsforscher interessiert, ist der Erzählung zugänglich. Was erzählenswert
ist, muss aus der Routine hervortreten und sich dem Erzähler und seinem
Gesprächspartner als Ereignis(-kette) präsentieren. Geeignet sind ‚problematische’
Ereignisse, an denen die Befragten beteiligt sind: z. B. wie waren wahrnehmbare
Transformationsprozesse, Projekte mit einem Anfang und einem Ende oder Krisen.
In der Pionierarbeit von Schütze waren dies beispielsweite Fusionen von Gemeinden
im Zuge der Verwaltungsreformen der 1970er Jahre. 319
Die Vorbereitung zur Durchführung des narrativen Interviews fängt mit der Auswahl
von Interviewpartnern an. Hier ist der Untersuchungsgegenstand entscheidend; es
werden die Akteure ausgewählt, die an den aufzuarbeitenden Prozessen,
Ereignissen oder Projekten gestaltend beteiligt bzw. von diesen betroffen waren.
Geht es um Fragestellungen, die sich im Vorfeld weniger genau abgrenzen lassen,
oder darum, was die Befragten als relevant und erzählungswert betrachten, wählt
man Interviewpartner mit relativ unterschiedlichen bzw. ähnlichen Erfahrungen,
Rollen in der Organisation usw. aus.320 Was die Zeit angeht, ist mit einer Dauer ab
anderthalb Stunden zu rechnen.
318 Kühl/Strodtholz 2002, S. 74 319 A. a. O., S. 72 320 Vgl. a.a.O., S. 74f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
95
Der ideale Interviewort ist derjenige, an welchem sich der Befragte am wohlsten fühlt
und wo man ungestört bleiben kann. Die Interviews am Arbeitsplatz durchzuführen
ist unerwünscht, da man in der Organisation das Problem des Kontextes hat, in dem
biografische Erzählungen schwerer zustande kommen als arbeitsbezogene.
Andererseits signalisiert die Befragung während der Arbeitszeit die Legitimation und
Bedeutung des Projekts und sie erspart es den Befragten, Freizeit aufzuwenden. Die
zeitlichen und thematischen Beschränkungen werden aber vielfach geringer sein,
wenn man die Befragten privat aufsucht oder die Interviews im Büro der Forscher
durchführt. Es bietet eine ‚neutrale’ Umgebung, die die Befragten unmittelbar aus
ihren eignen Kontexten herauslockt und zu erzählenden Rekonstruktionen dieser
Kontexte anregt. Der Interviewer sorgt für Ungestörtheit. Die Interviews werden auf
Band aufgenommen und transkribiert.321
In seinem Verlauf lässt sich das narrative Interview in 3 Phasen einteilen:
• Aushandlungsphase
• Haupterzählung
• Nachfrageteil
In der Aushandlungsphase klärt der Forscher den Befragten über Sinn, Absicht und
Ablauf des Interviews auf, damit dieser sich ein Bild machen kann und seine
mögliche Unsicherheit abgebaut wird. Wichtig ist dabei Ablauf und Charakter des
narrativen Interviews im Unterschied zu einem herkömmlichen Interview
aufzuzeigen. Es ist zu verdeutlichen, dass im Interview eine weitgehend
asymmetrische Rollenverteilung vorliegt. Der Informant soll erzählen und der
Interviewer im Wesentlichen zuhören. Zugleich mit den o. g. technischen Hinweisen
zum narrativen Interview bittet der Forscher um eine Erzählung. Er gibt ein Thema
vor und setzt damit einen Erzählstimulus.322
Die Phase der Haupterzählung ist vorwiegend dadurch charakterisiert, dass der zu
Interviewende erzählt und der Interviewer bzw. der Forscher aufmerksam zuhört.
Dabei darf der Interviewer nicht oft unterbrechen, keine Zwischenfragen stellen,
321 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 75f. 322 Vgl. König/Zedler 2002, S. 181
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96
keine Kommentare abgeben etc.323 Nachfragen („Und dann?“, „Wie haben Sie
davon erfahren?“) und Zustimmungssignale („Mhm“, „Gut“) sind erlaubt um die
Erzählung in Gang zu halten. Sie sollen bleiben und auf keinen Fall dazu auffordern,
die Ebene zu wechseln. Eine komplette Erzählung als Textgenre folgt einer
universellen Grammatik. Sie beginnt mit einem ‚Abstract’ – Einführungsphrase,
welche die Erzählung ankündigt und legitimiert („Mir ist da gestern ein Ding
passiert…“). Im Falle des narrativen Interviews kann der Abstand wegfallen, da der
Erzählstimulus diese Funktion übernimmt. Dann folgt die Orientierung über beteiligte
Personen mit ihren Charakteren, Schauplätze, Zeiten, Umstände, in welchen die
Personen handelten, die Komplikation, das Ereignis oder die Folge von Ereignissen,
um die es geht etc. Darauf folgt eine Einschätzung des Geschehens, die Auflösung,
wenn das Geschehen abgeschlossen ist, und schließlich eine Coda als Signal für
das Ende der Erzählung. Das kann z. B. eine lange Pause sein oder explizite
Formulierung wie „das war´s“.324
Die Coda der Erzählung ist das Signal für den Beginn des Nachfrageteils. Die
Nachfragen die sich auf die Erzählung beziehen, helfen dem Interviewer vorsichtig
die Annahmen zu überprüfen, die sich bei der Erzählung der Befragten aufdrängten.
Solche Fragen können zu weiteren narrativen Sequenzen führen. Erst wenn die
Erzählungen ausgeschöpft sind, wird der Interviewer zu Selbstdeutungen und
Bilanzierungen anregt.325
Am Ende des Interviews kann ein gemeinsames Ausfüllen eines Datenbogens, in
welchen persönliche Angaben des Befragten abgefragt werden, sinnvoll sein. Dieser
bringt Ordnung in die Datensammlung und kann bei der Analyse zu einem wichtigen
Korrekturmittel werden.326
Liegen ein oder mehrere narrative Interviews vor, sind diese zu transkribieren und
auszuwerten. Die Auswertungsarbeit findet am und im transkribierten Text statt und
beginnt mit der Interpretation des einzelnen Falls (des einzelnen Interviews). Erst
323 König/Zedler 2002, S. 181 324 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 77f. 325 A.a.O., S. 78 326 Vgl. Brüsemeister 2000, S. 161
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dann werden die Fälle verglichen.327 Die Transkription eines narrativen Interviews
richtet sich dabei nach der Forschungsfrage, sowie nach Tiefe und Breite eines
Unternehmensphänomens. Das Transkript muss mit Zeilennummern versehen
werden.328
5.2.1.1.1.2 Auswertungsmethoden
Schütze unterscheidet 5 Verfahrensschritte bei der Auswertung:
1. Formale Textanalyse
2. Strukturelle Beschreibung
3. Analytische Abstraktion
4. Wissensanalyse
5. Kontrastive Fallvergleiche329
Im ersten Schritt bei der Auswertung, der formalen Textanalyse, eines einzelnen
Falls wird zunächst der Text nach ‚Genren’ in Sequenzen aufgeteilt, in denen
Erzählungen von Argumentationen, Beschreibungen oder Berichten unterschieden
werden. Die identifizierten Sequenzen werden zunächst paraphrasierend, dann
zunehmend abstrakter beschreibend interpretiert. Dabei schlägt Südmerser von,
Sequenzierung und Textanalyse nicht nach einander vorzunehmen, sondern sich
nach der Abgrenzung der ersten Sequenz gleich an deren Interpretation zu machen.
Die Interpretation besteht darin, „eine festgesetzte Sequenz mehrfach intensiv zu
lesen, dann einfach aufzuschreiben, was dort passiert, Zeile für Zeile“.330 Man geht
also beim Interpretieren ‚Satz für Satz’ vor. Dabei ist zu beachten, dass die später im
Text anfallenden Informationen nicht zu einem früheren Zeitpunkt in die Interpretation
einbezogen werden.331
Im zweiten Schritt der Auswertung, der strukturellen Beschreibung, werden anhand
der Erzählsegmente und der geschilderten Situationen typische Handlungsweisen
erfasst, welche darin zum Ausdruck kommen. Dabei wird von Angaben aus dem
327 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 79f. 328 Ausführliche Transkriptionsregeln finden sich bei Brüsemeister 2000, S. 163f. 329 Vgl. a.a.O., S. 167, Fallvergleiche werden ausführlich bei Glaser/Strauss 1998, S. 107ff.
thematisiert 330 Südmersen 1983, S. 299 331 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 81f.
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Interview ausgegangen, zugleich aber auch strukturell gearbeitet und nach den
Dimensionen des Handelns gefragt. Als Hilfsmittel werden dabei 4 Prozessstrukturen
des Lebensablaufes herangezogen, die die verschiedenen Grundtypen des
Handelns unterscheiden:
• Liegen biografische Handlungsmuster vor? Handelt der Befragte in
Situationen gemäß eigener biografischer Ziele?
• Entwickelten sich umgekehrt Verlaufskurven, in denen dem Befragten die
Handlungsmächtigkeit bzw. die Situation entglitt?
• Fand das Handeln in einem institutionellen Rahmen statt?
• Lernte er in einem biographischen Wandlungsprozess an sich selbst neue
Seiten kennen, von denen er überrascht war?332
Im dritten Schritt der Auswertung, der analytischen Abstraktion, geht es um die
Zusammenfassung aller strukturell beschriebenen Handlungsweisen, um die
biographische Gesamtformung zu charakterisieren. Dafür wird man von den Details
der einzelnen Handlungsweisen gelöst.333
Die Beschäftigung mit den Argumentationen und Theorien des Befragten über sich
und seine Umwelt ist Gegenstand des fünften Verfahrensschrittes. Die Argumenta-
tionen werden mit den typischen Handlungsweisen verglichen, die aus Erzählungen
vermittelt werden können. Hier wird die Logik des Handels der Logik der Darstellung
gegenübergestellt, d. h. wie der Befragte in der Wirklichkeit gehandelt hat, was in
seiner Erzählung zu sehen ist und wie er dies darstellt.334
332 Vgl. Brüsemeister 2002, S. 179f. 333 Vgl. a.a.O., S. 181 334 Vgl. a.a.O., S. 181f.
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5.2.1.1.1.3 Qualitative Inhaltsanalyse Grundlegendes Ziel von Inhaltsanalysen ist die Bearbeitung von Kommunikations-
material jeglicher Art. Gegenstand ihrer Betrachtung können sowohl formale Aspekte
als auch latente Sinngehalte sein. Für die Kodierung und Kategorisierung des
Materials wird im Weiteren das Verfahren der 'Qualitativen Inhaltsanalyse'
angewandt. Die wesentliche Grundidee dieser Methodik basiert auf der Beibehaltung
des systematischen Aufbaus der Inhaltsanalyse mit dem Ziel, eine vorschnelle
Quantifizierung zu vermeiden.335 Der Analyseablauf wird dabei nach Mayring in
einzelne Schritte zerleget und basiert auf folgenden Grundsätzen:
Zum Ersten wird das zu analysierende Material in seinem Kommunikations-
zusammenhang eingebettet verstanden.336 Hierbei sind folgende Fragen relevant:
Fragen der qualitativen Inhaltsanalyse zur Herstellung des Kommunikationszusammenhangs
Wer ist der Sender? (Autor)
Was ist der Gegenstand und sein soziokultureller Hintergrund?
(Quellen)
Was sind die Merkmale des Textes? z. B. Lexik, Syntax, Semantik, Pragmatik, nonverbaler Kontext
Abb. 30: Fragen der qualitativen Inhaltsanalyse zur Herstellung des
Kommunikationszusammenhangs337
Mittels der Frage nach dem Autor, der Herkunft und des Inhaltes der Quellen sowie
der Merkmale des Textes lässt sich so der Kommunikationszusammenhang
rekonstruieren.
Die Systematik der ‚Qualitativen Inhaltsanalyse’ basiert dabei auf den beiden
Grundprinzipien der Regelgeleitetheit auf Basis vorformulierter Ablaufmodelle und
der Theoriegeleitetheit auf Basis theoretisch abgesicherter Fragestellungen und
335 Mayring 2003, S. 468ff. 336 Vgl. a.a.O., S. 471 337 Eigene Abbildung, basierend auf a.a.O., S. 471
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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100
Codierregeln. Im Weiteren wird der Text schrittweise in Analyseeinheiten zerlegt und
kategorisiert.
Ebenso hat die qualitative Inhaltsanalyse den Anspruch, sich an konkreten
Gütekriterien338 wie der Interkoderreliabilität messen zu lassen und verschließt sich
nicht quantitativen Analyseschritten, sondern bezieht diese begründet mit ein.
Mayring unterscheidet grundsätzlich vier Techniken der qualitativen Inhaltsanalyse:
Die zusammenfassende, induktive, explizierende und die strukturierende Inhalts-
analyse. Bei der zusammenfassenden Inhaltsanalyse wird das Material so reduziert,
dass ein überschaubarer Kurztext entsteht, der die wesentlichen Inhalte erhält. Im
Rahmen der reduktiven Prozesse wie der Auslassung, Generalisation, Konstruktion,
Integration, Selektion und Bündelung bezeichnet Mayring diese Technik als
geeignete Methode, wenn der Fokus des Interesses nur auf der inhaltlichen Ebene
des Materials liegt und ein komprimierter Kurztext angestrebt wird.339
Die Technik der induktiven Kategorienbildung basiert auf der Technik der
zusammenfassenden Inhaltsanalyse, um schrittweise induktiv Kategorien aus dem
Material zu entwickeln. Ausgehend von der Fragestellung bzw. dem Gegenstand der
Untersuchung lassen sich allgemeine Kategorien sowie deren Selektionskriterien
definieren sowie das Abstraktionsniveau der Kategorien festlegen. Im nächsten
Schritt lassen sich Kategorien aus dem Material heraus bilden, auf bestehende
beziehen oder insgesamt neue Kategorien bilden. Nach Sichtung von 10 - 50% des
Materials gilt es, die Kategorien zu überarbeiten und einer formativen
Reliabilitätsprüfung zu unterziehen, ehe das Material abschließend gesichtet und
einer summativen Reliabilitätsprüfung unterzogen wird. Die anschließende Aus-
338 Steinke behandelt die Problematik der Formulierung von Gütekriterien für qualitative Forschungen
ausführlich. Da diese Diskussion nicht Kerngegenstand dieser Arbeit ist, wird an dieser Stelle nicht ausführlicher darauf eingegangen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Notwendigkeit der Formulierung eigener Gütekriterien für qualitative Ansätze wie die "intersubjektive Nachvollziehbarkeit"(Steinke 2003, S. 324) anstelle des Gütekriteriums der intersubjektiven Überprüfbarkeit bei quantitativen Forschungsansätzen aufgrund der Spezifität des Empirischen begründet dargelegt wird. Gütekriterien der quantitativen Sozialforschungstradition sind also auf qualitative Ansätze nicht übertragbar. (Vgl. Steinke 2003, S. 319ff.)
339 Vgl. Mayring 2003, S. 471f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
101
wertung kann dann quantitative Elemente, wie z. B. die Zählung von Häufigkeiten
beinhalten.340
Im Gegensatz hierzu stehen die Ziele der dritten Technik, die explizierende
Inhaltsanalyse. Hier wird zusätzliches Material zur Erläuterung unklarer
Textbestandteile herangezogen, um diese verständlich zu machen. Neben der engen
Kontextanalyse, die sich auf das direkte Textumfeld beschränkt, ist hier auch eine
weite Kontextanalyse denkbar, die über den Text hinausgehendes Zusatzmaterial
zur Exploration systematisch sammelt und heranzieht.341
Die strukturierte Inhaltsanalyse filtert bestimmte Aspekte aus dem zur Verfügung
stehenden Material heraus und strebt an, auf Basis zuvor festgelegter
Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu legen bzw. das Material
unter bestimmten Kriterien zu bewerten. Die Intention ist hierbei, "das durch genaue
Formulierung von Definitionen, typischen Textpassagen und Codierregeln ein
Codierleitfaden entsteht, der die Strukturierungsarbeit entscheidend präzisiert."342
Die Strukturierungsdimensionen sind theoriegeleitet entwickelt und werden dann in
Einzelkategorien untergliedert. Dabei können Mehrfachnennungen, Widersprüche,
tendenzielle Antwortverweigerungen etc. gefiltert und markiert werden, so dass sich
der Fokus auf die jeweils besondere Problemstellung des Erzählers richten lässt.
Bock nennt für die strukturierte Inhaltsanalyse folgende Aspekte als beachtenswert:
Beachtenswerte Aspekte der strukturierten Inhaltsanalyse
• Was sagt der Befragte zu den einzelnen Themenkomplexen?
• Wie intensiv werden sie ausgeführt und besprochen?
• Werden Aspekte angesprochen, die nicht vorgesehen waren?
• Wo wird wenig und ausweichend geantwortet?
• Was ist das "Lieblingsthema" des Befragten?
Abb. 31: Beachtenswerte Aspekte der strukturierten Inhaltsanalyse343
340 Vgl. Mayering 2003, S. 472f. 341 Vgl. a.a.O., S. 473 342 A.a.O., S. 473 343 Eigene Abbildung, vgl. Bock 1992, S. 99; auch: Hoffmeyer-Zlotnik 1992, S. 99
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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102
Die im Weiteren stattfindende Interpretation basiert auf der Objektiven Hermeneutik.
der Begriff geht dabei zurück auf Oevermann und bezeichnet ein „komplexes,
theoretisches, methodologisches und methodisches Konzept"344. Sie nimmt für sich
in Anspruch, grundlegende Untersuchungsmethode jeglicher sozialwissen-
schaftlicher Forschung zu sein.345 Dieser Ansatz bemüht sich um die Unterscheidung
der subjektiven und objektiven Bedeutung, die eine Äußerung oder Handlung hat.
Strukturalistische Modelle dienen als theoretischer Hintergrund der Analyse. Eine
weitere Notwendigkeit ist die Interpretation in Gruppen. Ziel der Objektiven
Hermeneutik ist es, zu objektiven Ergebnissen zu gelangen.346 Hintergrund dieses
Verfahrens ist die hermeneutische Kunstlehre, mit deren Hilfe interessante
Strukturen des Materials rekonstruiert werden sollen.
Besondere Bedeutung kommt in der Auswertung dem Verfahren der hermeneutisch-
analytischen Interpretation zu, denn dieses Verfahren erlaubt neben der
Inhaltsanalyse auch die Einbeziehung des Interaktionsklimas, des nonverbalen
Verhaltens des Befragten sowie der Assoziationen des Interviewers.347
Ging es anfangs zunächst um die Rekonstruktion der objektiven Bedeutungs-
strukturen von Texten mit der Folge, dass nur die objektive Sinnstruktur des Textes
von Belang ist, nicht jedoch die subjektiven Intentionen des Textproduzenten, erfuhr
das Attribut objektiv eine Ausdehnung auch auf die Geltung der gewonnenen
Aussagen. Oevermann formuliert in diesem Zusammenhang: „Indem die objektive
Hermeneutik sich [...] immer primär auf die Rekonstruktion der latenten Sinn-
strukturen bzw. objektiven Bedeutungsstrukturen derjenigen Ausdrucksgestalten
richtet, in denen sich der zu untersuchende Gegenstand oder die zu untersuchende
Fraglichkeit authentisch verkörpert, kann sie in demselben Maße Objektivität ihrer
Erkenntnis bzw. ihrer Geltungsprüfung beanspruchen, wie wir das selbstverständlich
von den Naturwissenschaften gewohnt sind. Dies einfach deshalb, weil jene zu
rekonstruierenden Sinnstrukturen durch prinzipiell angebbare Regeln und
344 Reichertz 2003, S. 514 345 Vgl. a.a.O., S. 514 346 Vgl. a.a.O., S. 514 347 Bock 1992, S. 100
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
103
Mechanismen algorithmischer Grundstruktur präzise überprüfbar und lückenlos
jederzeit wieder am einsehbaren Protokoll erschlossen werden können."348
Generell betreibt die objektive Hermeneutik aus methodologischen Gründen nur
Einzelfallanalysen. Zu allgemeinen Aussagen gelangt die objektive Hermeneutik
durch das Falsifikationsprinzip auf Basis singulärer Einzelfallstrukturrekonstruktion:
„Strukturrekonstruktion und Strukturgeneralisierung werden aufgefasst als äußere
Pole eines gerichteten Forschungsprozesses, in dem die Ergebnisse mehrerer
Einzelfallstrukturrekonstruktionen sich zu einer generellen Struktur verdichten"349 mit
dem Ziel, allgemeine und einzelfallspezifische Strukturgesetze als generative Regeln
zu entdecken.
In wesentlichen Elementen verbunden zeigt sich hiermit die von Strauss/Barney/
Glaser entwickelte Grounded Theory350, wobei sich der Begriff sowohl auf die
Methode als auch auf die Ergebnisse, die mit dieser Methode erzielbar sind,
bezieht.351 Treffend übersetzen lässt sie sich als gegenstandsbegründete oder -
verankerte Theorie, die es auf Basis empirischer Forschung in einem bestimmten
Gegenstandsbereich zulässt, eine dafür geltende Theorie zu formulieren, die
geeignet ist, eine Beschreibung und Erklärung der untersuchten sozialen
Phänomene zu liefern.352
5.2.1.1.1.4 Zusammenfassung
Eine führende Stellung unter den vielfältigen Analysemethoden der qualitativen
Forschung, die im Bereich der Organisationsanalyse Verwendung finden, nehmen
die qualitativen Interviews ein. Die Methode erreichte erstmals durch die berühmten
Hawthorne-Studien Anerkennung, in welcher Wissenschaftler auf unstandardisierte,
mündliche Interviews umschwenkten, „um die Relevanz und die Authentizität ihrer
Ergebnisse zu erhöhen.“353 Heute findet in der Organisationsforschung vor allem das
leitfadengeschützte Experteninterview Anwendung. Um explorative als auch
348 Oevermann 1996, S. 4 349 Reichertz 2003, S. 518 350 Glaser/Strauss 1998 351 Böhm 2003, S. 475 352 A.a.o., 2003, S. 476 353 Vgl. Flick/Kardorff/Steinke 2003, S. 228
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
104
hypothesenüberprüfende Forschungsfragen zu bearbeiten wird auf das Fach-,
Dienst- und Geheimwissen von Experten zurückgegriffen. Bei Forschungsprojekten
mit interventionistischem Charakter hat darüber hinaus das Gruppeninterview oder
auch die Gruppenarbeit als Verfahren seinen Platz, denn die freie oder
themenzentrierte Reflexion in Gruppen ausgewählter Organisations-mitglieder ist
überaus hilfreich in Planungs- und Evaluationsphasen.
Die empirische Organisationsanalyse bedient sich ebenfalls relativ häufig der
Dokumenten- bzw. Aktenanalyse, z. B. wenn in der Organisationsdiagnose
Strukturen und Prozesse einer Organisation mittels Aktennotizen, Verträgen, Tätig-
keitsbeschreibungen usw. rekonstruiert werden.
Methodische Innovationen auf Basis eines mutigen Umgangs mit unstandardisierten
Verfahren sind das narrative Interview und die teilnehmende Beobachtung zu
nennen. Beide Verfahren ermöglichen eine Schwerpunktverlagerung der empirischen
Forschung auf soziale Phänomene im Alltagsgeschehen der Organisation und
erlauben damit die Untersuchung von Interaktionen, Praktiken und Diskursen der
Organisationsmitglieder. Die aufwändigen Datenerhebungs- und Auswertungs-
phasen dieser beiden Methoden durch ihre Nähe zum konkreten Handlungs-
geschehen wiegen die Vorteile jedoch wieder auf.
Eine weitere Methode ist die Ethnographie, deren Fokus sich auf das soziale
Geschehen und damit auf die kommunikative und interaktive Ordnung in
abgrenzbaren Gruppen richtet. Sie konzentriert sich auf die in einer Organisation
vorherrschenden Formen der Sinngebung und Verständigung, steht in enger
Verbindung zur phänomenologischen Lebensweltanalyse und findet vorwiegend in
der Arbeits- und Berufsfeldanalyse Verwendung.354
354 Vgl. Kühl/Strodtholz 2002, S. 18ff.
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5.2.1.1.2 Quantitative Methoden in der Organisationsdiagnose Klassische quantitative Methoden in der Organisationsdiagnose dienen ebenfalls der
Darstellung des aktuellen Zustands einer Organisation und sind aufgrund ihrer
Variabilität auf viele konkrete Fragestellungen anwendbar. Grundlegende
Voraussetzung hierfür ist die Beschaffung relevanter Daten und deren
entsprechender Auswertung. Wissenschaftstheoretisch betrachtet entspringen
quantitative Methoden der deduktiven Logik, d. h., dass vom Allgemeinen auf den
Einzelfall geschlossen wird und Aussagen bzw. Thesen durch Erhebungen oder
Tests bestätigt werden sollen. Daher muss bei quantitativer Vorgehensweise vor der
Datenerhebung genau überlegt, werden, welche Methoden/Instrumente eingesetzt
werden, um Antworten auf bestimmte Fragen zu erhalten. Quantitatives Vorgehen ist
im Gegensatz zu qualitativer Forschung weniger ergebnisoffen.
Abb. 32: Quantitative Methoden im Überblick355
Durch Standardisierung der Erhebungsinstrumente, die als Kriterium quantitativen
Vorgehens gilt,356 wird sowohl eine hohe Vergleichbarkeit der Ergebnisse als auch
die relativ einfache Auswertung erhobener Daten mit statistischen Methoden
355 Eigene Abbildung 356 Vgl. Burzan 2005, S. 25ff.
Quantitative Methoden
Benchmarking ABC - Analyse
Netzplan - technik
Statistische Messwerte
Quantitat. Fragebogen
Stich - proben
Internal Benchmarking
Competitive Benchmarking
Functional Benchmarking
Generic Benchmarking
Mittelwerte
Streuungs -maße
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106
ermöglicht. Nachfolgend werden ausgewählte quantitative Methoden mit hoher
Relevanz in der Organisationsdiagnose vorgestellt.
5.2.1.1.2.1 Benchmarking Benchmarking als Instrument dient der Analyse und Planung durch den Vergleich der
betrachteten Organisation mit den jeweils „Klassenbesten“ der Mitbewerber und/oder
branchenfremden Organisationen. Benchmarking ist somit als Prozess zu verstehen,
der Produkte, Abläufe und Strukturen organisationaler Funktionen gegenüberstellt,
um Rationalisierungs- sowie Qualitäts- und Leistungspotenziale zu identifizieren. Als
Begründer des Benchmarking gilt das amerikanische Unternehmen Rank Xerox,
welches in den 70er Jahren nach Vergleichen mit seiner japanischen Tochter-
gesellschaft sowie mit Konkurrenten eigene Prozesse, Methoden und Strategien
radikal änderte und so die Rückkehr an die Weltspitze schaffte.
Benchmarking ist somit die Suche nach branchenübergreifend besten Lösungen, die
zu überragenden Leistungen führen und ein Ansatz zur Analyse der Situation eine
Organisation auf Basis eines systematischen Vergleiches mit anderen Organisa-
tionen, beziehungsweise Einheiten. Dabei stammt der Begriff ursprünglich aus der
Landvermessung. Übertragen auf die Organisationsdiagnose lässt sich Bench-
marking als „standardisierte Vergleichsgrößen und Richtwerte“, die in Kennzahlen
ausgedrückt werden, definieren.357
Die Betrachtung von Kennzahlen ermöglicht einen systematischen Vergleich von
Vergleichsgrößen sowie Vergleichsobjekten und zeigt somit Ansatzpunkte für
Leistungsverbesserungen im eigenen Unternehmen, beziehungsweise im
betrachteten Untersuchungsobjekt auf. Welche Parameter als Vergleichsgrößen oder
Vergleichsobjekte herangezogen werden, hängt von der jeweils angewandten
Variante des Benchmarkings ab.
Grundsätzlich lassen sich mehrere verschiedene Benchmarking-Varianten
unterscheiden:358 Beim internal Benchmarking wird ein Vergleich zwischen
verschiedenen Geschäftseinheiten innerhalb einer Organisation angestellt. Der 357 http://www.benchmarking-center.de 358 Zur ausführlichen Darstellung der verschiedenen Varianten vgl. Karlöff /Östblom 1993, S. 62ff.
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Vorteil hierbei ist eine relativ leichte Zugänglichkeit der Daten. Einen Nachteil stellt
der fehlende externe Bezug dar. Beim Wettbewerbs- bzw. Competitiven
Benchmarking erweitert sich der Blickwinkel auf die Betrachtung der direkten
Konkurrenz. Die Wettbewerbsvorteile sowie -nachteile der einzelnen Konkurrenten
werden aufgezeigt. Hierbei die relevanten Informationen zu generieren gestaltet sich
als sehr schwierig. Deswegen wird diese Art des Benchmarking oft von neutralen
Instituten durchgeführt.
Unter Functional Benchmarking versteht man Branchenbezogenes Benchmarking.
Hierbei vergleicht man ähnliche Funktionen innerhalb einer Branche. Der
Datenaustausch untereinander wird dadurch erleichtert, dass die untersuchten
Organisationen keine direkten Konkurrenten sind. Das branchenunabhängige
Generic Benchmarking ermöglicht einen Vergleich, der über die Branchen- und
Funktionsgrenzen hinausgeht. Grundgedanke in diesem Bereich des Benchmarkings
ist die Vergleichbarkeit von Praktiken.
Für die genaue Analyse und richtige Darstellung der betrachteten Situation einer
Organisation ist die Auswahl der passenden Kennzahlen, die eine realistische
Einschätzung der Situation der betrachteten Organisationen und damit die Ableitung
entsprechender Handlungsalternativen ermöglicht, Voraussetzung. Als Kennzahlen
dienen dabei quantitative Informationen, die Zusammenhänge in einem
Unternehmen in komprimierter Form deutlich machen.359 Die Auswahl der
Kennzahlen und die zur Erhebung angewandten Verfahren müssen auf die konkrete
Fragestellung abgestimmt sein.
5.2.1.1.2.2 ABC-Analyse Ein weiteres klassisches und gleichzeitig variables auf nahezu jede Fragestellung
anwendbares quantitatives Instrument stellt die ABC-Analyse dar. Sie dient der
Erkennung ökonomischer Problemsituationen und Schwachstellen und ist in der
Lage, die aktuelle Situation einer betrachteten Organisation anschaulich
darzustellen. Ziel der ABC-Analyse ist es, das Augenmerk auf die wesentlichen und
ausschlaggebenden Bereiche für den Erfolg der Organisation durch die Bildung von
359 Vgl. Franke/Zerres 1994, S. 39
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108
A-, B- und C-Klassen zu konzentrieren. Sie wurde von H. Ford Dickie im Jahr 1951
erstmals beschrieben und findet seit den 1950er Jahren durch Pareto und Lorenz
Anwendung in der Theorie der Unternehmensführung.360
5.2.1.1.2.3 Netzplantechnik Die Netzplantechnik entstand Ende der 1950er Jahre etwa zeitgleich in Frankreich
und den USA. Ausgangspunkt war der Wunsch nach einer Methode, mit deren Hilfe
komplexe Abläufe möglichst genau geplant und effizient durchgeführt werden
können. So findet die Netztechnik klassischer Weise auch heute noch v. a.
Anwendung zur Planung und Steuerung von Projekten oder anderen Abläufen mit
definiertem Start- und Endpunkt. Im Rahmen einer Organisationsdiagnose kann sie
z. B. zu Soll-Ist-Vergleichen o. ä. eingesetzt werden. Im ersten Schritt ist unter
Netzplan die grafische Darstellung eines Sachverhaltes zu verstehen, die allein
schon in der Praxis häufig von großem Wert ist, da sie eine intensive
Auseinandersetzung mit dem Thema voraussetzt und zur Klärung beiträgt.361
Hierzu ist die Ermittlung aller Aktivitäten bzw. Ereignisse, die für die Durchführung
eines Projektes o. ä. erforderlich sind, nötig. Zwischen den einzelnen Aktivitäten, die
als Vorgänge bezeichnet werden, bestehen Abhängigkeitsbeziehungen. Daher ist für
die Darstellung eines Projektverlaufs als Netzplan die genaue Planung und die
zeitliche Dauer der einzelnen Vorgänge Voraussetzung, die jeweiligen Vorgänger-/
Nachfolgerbeziehungen müssen exakt ermittelt werden und übersichtlich in der
Vorgangsliste erfasst werden.362
Der Informationsgehalt des Netzplans kann um die Zeit- oder Kapazitätsplanung
erweitert werden. Er umfasst alle kritischen Vorgänge durch visuell hervorgehobene
Pfeile verbunden. Diese Verbindungen ergeben den kritischen Pfad.363
360 http://www.abc-analyse.info 361 Vgl. Runzheimer 1999, S. 181 362 Vgl. Werners 2006, S. 203, 214 363 Vgl. Ohse 1998, S. 28
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
109
5.2.1.1.2.4 Quantitativer Fragebogen „Die Befragung ist die dominierende Erhebungsmethode in den Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften.“364 Befragungen können mündlich oder nicht mündlich
erfolgen. Bei mündlichen Befragungsarten unterscheidet man Face-to-Face, die
persönliche und die telefonische Befragung. Bei Befragungen ohne mündliche
Äußerungen unterscheidet man die schriftliche und die Online Befragung. Vorteil der
mündlichen Befragungsarten ist, die höhere Verbindlichkeit der Befragung während
schriftliche Befragungen, vor allem Online-Befragungen, sehr kostengünstig
durchgeführt werden können.365 Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von
Befragungen ist deren Strukturierung. Von einer standardisierten Befragung spricht
man, wenn Fragetext und Fragereihenfolge festgelegt sind. Ist dieses Merkmal
erfüllt, handelt es sich um quantitative Erhebungen, die statistischen Auswertungen
unterzogen werden können.366 Die Befragung muss nicht durch Externe erfolgen und
kann in kurzen Abständen wiederholt werden, um Veränderungen frühzeitig zu
erkennen.367
Ein Beispiel eines rein quantitativen Befragungsinstrumentes ist die Schnelle
Situationsanalyse (SSA), einer Befragung auf Basis eines kurz gefassten
Fragebogens, der sich auf nur einen Kernbereich konzentriert. Hierdurch werden
sonst übliche Probleme schriftlicher Befragungsmethoden wie abnehmende
Konzentration und Motivation minimiert. Zudem ist eine schnelle Auswertung und
Rückmeldung möglich.368
Statistische Methoden zur Auswertung von Fragebögen sind Häufigkeitstabellen,
deskriptive statistische Maßzahlen oder Hochrechnungen und statistische Tests. Sie
werden zur Auswertung vor allem deshalb herangezogen, weil damit große
Datenmengen übersichtlich dargestellt werden können, Daten vergleichbar und
Interpretationshilfen für die Daten gegeben werden.369 Mittels statistisches Methoden
ist es so möglich, unterschiedliche Maßzahlen zu berechnen. Die Konstruktion der
364 Vgl. Eckey/Kosfeld/Türck 2005, S. 18 365 Vgl. a.a.O., S. 18f. 366 Vgl. a.a.O., S. 19 367 Vgl. Domsch 1988, S. 109 368 Vgl. a.a.O., S. 108f. 369 Vgl. Burzan 2005, S. 144
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
110
Maßzahlen ist kritisch auf ihre sachliche Richtigkeit hin zu betrachten, denn sie
bergen Fehlerquellen, in ihrer Interpretation.
5.2.1.1.2.5 Statistische Messwerte Der im Alltag wohl am häufigsten genutzte Mittelwert ist der einfache Durchschnitt –
oder genauer – das arithmetische Mittel. „Es ist handlich, leicht zu berechnen, es
verdichtet große Datenmassen elegant zu einer einzigen kompakten Zahl.“370
Gleichzeitig liegt auch darin das Problem, denn zur Streuung der Werte um das
Mittel gibt das arithmetische Mittel keine Auskunft und es kann ein trügerischer
Eindruck einer Gleichverteilung entstehen.371 Für die Interpretation der Maßzahl
macht es jedoch einen Unterschied, ob sich die Werte dicht um das Mittel sammeln
oder ob sie über eine große Spannweite verteilt liegen.
Als Alternative bietet sich der Median an. Er teilt die Merkmalswerte in zwei gleich
große Hälften, stellt also die 50%-Trennmarke dar. Mindestens 50% der Werte sind
kleiner oder gleich dem Median und mindestens 50% größer oder gleich. Eine
wesentliche Eigenschaft des Median ist seine Unempfindlichkeit gegenüber
Ausreißern, denn ein einmaliger Wert, der erheblich von den übrigen abweicht, hat
kaum einen Einfluss auf den Median.372
Um Streuungen abzubilden, ist es sinnvoll, zu Mittelwerten auch ein Streuungsmaß
zu bestimmen, welches Auskunft darüber gibt wie stark die Merkmalswerte
voneinander abweichen. So gibt die Spannweite an, in welchem Bereich sich die
einzelnen Werte befinden. Die Standardabweichung gibt dagegen an, um wie viel die
Werte im Durchschnitt vom arithmetischen Mittel abweichen.373
Werden zwei Merkmale betrachtet, lässt sich mittels einer Korrelationsanalyse die
Stärke des Zusammenhangs der beiden Merkmale berechnen. Vorab ist jedoch zu
überlegen, ob zwischen den beiden Merkmalen tatsächlich ein kausaler
Zusammenhang besteht, um Scheinkorrelationen vorzubeugen. Die errechneten
370 Vgl. Krämer 1997, S. 61 371 Vgl. a.a.O., S. 144 372 Vgl. Eckey/Kosfeld/Türck 2005, S. 60, 65f. 373 Vgl. a.a.O., S. 93ff., 102
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
111
Werte müssen so einer logisch-theoretischen Überprüfung standhalten, um sie
interpretieren zu können.374
Stichproben erlauben Aussagen über die Grundgesamtheit. Bei solchen
Teilerhebungen muss festgelegt werden, auf welche Art und Weise Repräsentativität
hergestellt wird. Hier ist das Zufallsprinzip anzuwenden.375 Bei nicht-zufälligen
Verfahren der Stichprobenbildung sind subjektive Einflüsse bei der Auswahl der
Merkmalsträger nicht auszuschließen, die eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit
der Richtigkeit der Stichprobe erschwert.376
5.2.2 Zusammenfassung Die im Rahmen der Analysephase zu bearbeitenden Themen und zu beachtenden
Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Analysephase
Aufgaben:
• Wahrnehmung der Unternehmenswirklichkeit aus
Frosch- und Vogelperspektive
• Datensammlung mittels qualitativen und quantitativen
Methoden
• Die Wahl der Analysemethoden setzt Zeichen und
stellt bereits eine erste Intervention dar
• Datenaufbereitung mit dem Ziel, Symptome und
Ursachen zu unterscheiden
• Abgleich der Analyse durch Datenfeedback
(gemeinsamer Diagnoseabschluss)
Abb. 33: Zusammenfassung der innerhalb der Analysephase zu bearbeitenden Themen377
374 Vgl. Eckey/Kosfeld/Türck 2005, S. 182f. 375 Vgl. a.a.O., S. 24, 26 376 Vgl. a.a.O., S. 422 377 Eigene Abbildung
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
112
5.3 Konzeptphase Konzepte sind Strategien der Veränderung. Es existieren keine generell gültigen
Konzepte für Veränderungsprozesse, da für jede Situation eine maßgeschneiderte
Lösung notwendig und zu erarbeiten ist. Die hinter Konzepten stehenden Strategien
spiegeln meist die Einstellungen von Führungskräften zum Thema Veränderung
wieder. In der Literatur lassen sich hierbei drei verschiedene strategische Ansätze
differenzieren:
1. Rationale Strategien
2. Machtstrategien
3. Entwicklungsstrategien378
5.3.1 Rationale Strategien Entscheidet sich eine Organisation für eine rationale Strategie, bedeutet dies, dass
der Prozess der Veränderung weitgehend von externen Experten geplant und
durchgeführt wird. Diese erstellen in erster Linie Analysen und Expertisen, auf deren
Basis ein geeignetes Lösungskonzept erarbeitet werden kann. Die Verantwortlichen
in der Organisation übertragen also die Lösungskompetenz in weiten Teilen auf
Fachexperten, der die Rolle eines Vaters übernimmt, der sein Kind an die Hand
nimmt und ihm zeigt, auf welchem Weg es sicher an sein Ziel kommt.379
Im Umgang mit den von der Veränderung Betroffenen geht der Fachexperte von
einem rational geprägten Menschenbild aus und versucht die Betroffenen durch
logische Argumente zu überzeugen. Dahinter steht das Verständnis, das gut
durchdachte und entsprechend ausgearbeitete Pläne den Betroffenen erlauben, die
für Sie dadurch entstehenden Vorteile zu erkennen. Damit verbunden wird die
Überzeugung, dass diese Einsicht für ein ausreichendes Maß an Motivation
genügt.380
Durch die Erarbeitung von Lösungen in einem sehr kleinen Personenkreis hat den
Vorteil, dass komplette, in sich schlüssige Lösungen bei verhältnismäßig geringem
378 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 76 379 Vgl. a.a.O., S. 76f. 380 Vgl. a.a.O., S. 76f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
113
Zeitaufwand entstehen. Ein weiterer Vorteil ist im Abstand des Fachexperten zur
Organisation zu sehen: Er ist weniger durch einzelne Personen beeinflusst, die in der
Organisation einen besonderen Status o.ä. genießen.381
Problematisch ist dagegen die Annahme, dass sich alle Menschen allein durch
ausreichend logische Argumentation überzeugen lassen, denn neben der rationalen
muss auch die emotionale Ebene von Veränderungen berücksichtigt werden.
Projekte können daran scheitern, dass sich die Betroffenen nicht mit den Inhalten
und Formen der Veränderungen identifizieren. Ist das der Fall, werden die rational
begründeten Veränderungen zwar oberflächlich akzeptiert, aber bei nächstbester
Gelegenheit wieder verworfen. Da der Fachexperte die Lösung des Problems
übernimmt und dieser nach Projektende auch das Wissen um die Lösung des
Problems der Organisation entzieht, wird die Entwicklung eigener Lösungs-
kompetenz innerhalb der Organisation verhindert.382
5.3.2 Machtstrategien Machtstrategien polarisieren die Beziehungen zwischen Menschen, denn auf der
einen Seite befinden sich diejenigen, die legitimiert sind Entscheidungen zu treffen,
auch gegen den Willen anderer, während auf der anderen Seite diejenigen stehen,
die Anweisungen zu akzeptieren und befolgen haben.383
Analog rationaler Strategien lassen sich auch bei Machtstrategien schnelle Lösungen
erreichen, da nur ein kleiner Kreis von Personen, deren Befugnisse genau definiert
sind, Entscheidungen trifft. Andere Personen werden, ähnlich wie bei militärischen
Organisationen, von der vermeintlichen Last, eigene Entscheidungen zu treffen,
entlastet.384 Hieraus ergeben sich ethische und pragmatische Nachteile. Als
ethischer Nachteil gilt, dass Entscheidungen getroffen werden, ohne die Meinung der
Betroffenen zu berücksichtigen. Das Individuum muss sich so dem Kollektiv
unterordnen. Diese strikte hierarchische Ordnung fördert nicht eigenständiges
Denken. Im Gegenteil: Mitarbeiter werden in einer Abhängigkeit gehalten, die es
381 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 77 382 Vgl. a.a.O., S. 77f. 383 Vgl. a.a.O., S. 78f. 384 Vgl. a.a.O., S. 79
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
114
ihnen z. T. unmöglich macht, die eigene Persönlichkeit zu entfalten.385 Auf
pragmatischer Seite wird als Nachteil gesehen, dass die Betroffenen eine mit Macht
durchgesetzte Veränderung nur äußerlich akzeptieren, nicht aber innerlich
vollziehen. Darüber hinaus ist es möglich, dass zu viel Druck auf die Beteiligten
ausgeübt wird, der sich im erhöhten Krankenstand, der Zurückhaltung von Arbeits-
kraft (Dienst nach Vorschrift) bis hin zu Arbeitsverweigerung ausdrücken kann und
leicht zum Gegenteil dessen, was beabsichtig war, führt.386
5.3.3 Entwicklungsstrategien Entwicklungsstrategien basieren auf einem grundlegend anderen Verständnis der in
Organisationen agierenden Personen, denn diese sollten selbst Entscheidungen
treffen und Probleme lösen. Voraussetzung hierfür ist, dass diese motiviert sind, sich
mit allen Kompetenzen in die Organisation einzubringen. Übersteigen die
Anforderungen der Entscheidungsfindung die Fähigkeiten der Mitarbeiter, kann ein
externer Berater zur Unterstützung herangezogen werden, der die betreffenden
Personen so lange unterstützt, bis diese in der Lage sind, ihre Aufgaben ohne
fremde Hilfe zu erledigen. Auf gleiche Art können auch Veränderungsprozesse
konzeptioniert werden. Externe Experten haben hier ausschließlich beratende
Funktion und geben methodische Anregungen. Bei Entwicklungsstrategien geht es
darum, alle in der Organisation tätigen Personen zur eigenverantwortlichen
Lösungsfindung anzuregen.387
Die Nachteile rationaler und Machtstrategien sind somit die Vorteile der
Entwicklungsstrategien und umgekehrt.388 Da Organisationen heute deutlich mehr
Flexibilität in komplexen Situationen zeigen müssen als früher, empfehlen sich für
Veränderungsprozesse Entwicklungsstrategien, die versuchen, die kreativen
Potentiale aller in der Organisation beteiligten Personen zu nutzen.
Nachfolgend werden die auf Basis der Entwicklungsstrategie von Doppler/Lauterburg
entwickelte „Charta des Managements von Veränderungen“389 vorgestellt.
385 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 79 386 Vgl. a.a.O., S. 79f. 387 Vgl. a.a.O., S. 79f. 388 Vgl. a.a.O., S. 81 389 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 148
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
115
5.3.4 Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung
Trotz der Unübertragbarkeit von Konzepten aufgrund mental-kultureller und
inhaltlicher Einzigartigkeit jeder Organisation, lassen sich auf Basis der
Entwicklungsstrategie acht Grundsätze formulieren, die allgemeine Gültigkeit im
Prozess der Ausgestaltung von Konzepten besitzen und nachfolgend näher erläutert
werden:
Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung
● Zielorientiertes Management.
● Keine Maßnahme ohne Diagnose.
● Ganzheitliches Denken und Handeln.
● Beteiligung der Betroffenen.
● Hilfe zur Selbsthilfe.
● Prozessorientierte Steuerung.
● Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen.
● Lebendige Kommunikation.
Abb. 34: Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung390
5.3.4.1 Zielorientiertes Management
In Veränderungsprozessen muss Klarheit über Ausgangslage, Zielsetzung,
Erfolgskriterien, Organisation, Planung und Kontrolle herrschen, denn Projekte, die
brauchbare Ergebnisse erzielen sollen, müssen zielorientiert geführt werden.391 Bei
der Klärung der Ausgangslage geht es darum, worauf sich der Handlungsbedarf
begründet. Im Rahmen der Zielsetzung ist zu erörtern, welche Ziele das Projekt hat
und was konkret erreicht werden soll. Für die Definition von Erfolgskriterien ist zu
klären, welche Kriterien die Erfüllung der Ziele qualitativ und quantitativ abbilden.
Organisatorische Fragen richten sich auf die Verteilung der Aufgaben, der Regelung
der Koordination und Steuerung und der Verantwortlichkeiten. Die Planung des 390 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 149f. 391 Vgl. a.a.O., S. 149
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
116
Prozesses umfasst die Klärung von „Meilensteinen“ und konkreten Phasen sowie
einer Terminplanung für das Gesamtprojekt. Schließlich muss zum zielorientierten
Management von Prozessen geklärt werden, wie und wann die Projektarbeit zu
kontrollieren ist und wer die Befugnis hat, bei Zielabweichungen korrigierend
einzugreifen.392
Die Ergebnisse der ILOI-Studie zeigen, das Gründe für Veränderungsprozesse
vielfältig sind; neben produktbezogenen lassen sich marktbezogene, geschäfts-
prozessbezogene, mitarbeiterbezogene, führungsbezogene und strukturbezogene
Gründe für Veränderungsprozesse unterscheiden.393 Aufgrund der Vielfalt an
Gründen für Veränderungsprozesse muss sich jede Organisation über seine
individuelle Ausgangslage im Klaren sein, um Veränderungsprozesse zielorientiert zu
initiieren. Erfolgskriterien basieren auf definierten Zielen, die mit Kriterien versehen
werden, die messbar und beurteilbar sind.
Die Komplexität von Veränderungsprozessen macht eine klare Struktur notwendig,
denn die Projektarbeit vollzieht sich in Phasen. „Meilensteine“ helfen, das Gesamtziel
nicht aus den Augen zu verlieren und sukzessive die anstehenden Aufgaben zu
erledigen. Die Zielerreichung an zuvor definierten Messpunkten zu kontrollieren ist
die abschließende Aufgabe im Prozess. Die einzelnen Punkte stehen in
wechselseitiger Beziehung zueinander und sind in ihrer Gesamtheit von Bedeutung
für ein sinnvolles Zusammenwirken aller Beteiligten im Veränderungsprozess.394
5.3.4.2 Keine Maßnahme ohne Diagnose
Am Anfang jeder Veränderung steht eine sorgfältige Beurteilung der Ist-Situation.
Häufig wird jedoch vorschnell mit der Entwicklung von Lösungen begonnen, ohne die
Ist-Situation ausreichend zu analysieren und den Soll-Zustand genau zu
beschreiben. Da eine gute Analyse der halbe Projekterfolg ist und jede Therapie „nur
so gut [ist] wie die ihr zugrunde liegende Diagnose“395 ist eine gute Datengrundlage
392 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 150 393 Vgl. ILOI 1997, S. 10f 394 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 150 395 Vgl. a.a.O., S. 151
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
117
nötig. Hierbei sind Datenerhebung, Datenverdichtung, Datenfeedback und die
abschließende Datenanalyse zu unterscheiden.
Bei der Datenverdichtung geht es darum, unter Berücksichtigung der Ausgangslage
und Zielsetzung das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen, um die Datenflut
zu reduzieren. Das Datenfeedback bietet den Abgleich der Ergebnisse mit den
Beteiligten. Die Datenanalyse soll schließlich Zusammenhänge verdeutlichen und
Schwachstellen aufzeigen, um auf dieser Basis erste Lösungsansätze zu generieren.
Hierbei gilt: „Nur wer die Innereien seines Werkes kennt und die Mechanik seines
Uhrwerks versteht, kann ihn richtig reparieren, wenn er nicht mehr funktioniert.“396
5.3.4.3 Ganzheitliches Denken und Handeln Für den Erfolg eines Veränderungsprozesses ist es notwendig, Vernetzungen zu
erkennen und den Blick auf die Gesamtheit aller Vorgänge zu richten und damit
ganzheitlich zu denken und zu handeln. Dies ist umso bedeutender, da die größte
Fehlerquelle in einer zu technokratischen Sichtweise der Führungskräfte und deren
Überzeugung liegt, Probleme allein durch den Einsatz richtiger technischer Mittel zu
lösen. Veränderungen müssen von allen Befugten akzeptiert werden, um zu
gelingen. Daher ist es wichtig, zumindest all die Personen in den Prozess zu
integrieren, die von den späteren Veränderungen betroffen sind. Dies zu
vernachlässigen ist ein Fehler, der in den Köpfen der Planenden häufig verankert
ist.397
Es kann in der Praxis fatale Auswirkungen haben, wenn nicht alle Aspekte eines
Veränderungsprozesses und deren Vernetzungen berücksichtigt werden. Um das
Risiko, durch Fehler in der Planung wichtige Ressourcen zu verschwenden zu
senken, müssen Strukturen, Verhalten und die Unternehmenskultur bei der Planung
von Konzepten berücksichtigt werden.398
396 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002., S. 152 397 Vgl. a.a.O., S. 152 398 Vgl. a.a.O., S. 153
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
118
In der Praxis werden Führungskräfte bei ihrer Arbeit im Unternehmen mit einfachen,
komplizierten oder komplexen Problemen konfrontiert.399 Allgemein wird unter einem
Problem jede Abweichung (sowohl positiv als auch negativ) von einem Normal-
zustand bzw. jede unbeabsichtigte Änderung verstanden.400 Aufgrund der
Vernetzung innerhalb und außerhalb von Organisationen überwiegen komplexe
Probleme, zu deren Lösung fünf Schritte nötig sind.
Zunächst gilt es Probleme zu entdecken und zu identifizieren, denn viele Probleme
sind nicht offensichtlich. Vielmehr sind oft die Symptome an der Oberfläche
wahrnehmbar, während der Kern des Problems meist tiefer liegt. Daher ist eine
genaue Analyse der Situation notwendig, da es nicht weiter hilft, gegen die
Symptome zu kämpfen, während der wahre Grund unberührt bleibt.401 Ist ein
Problem identifiziert, müssen als nächstes die Zusammenhänge und Spannungs-
felder der Problemsituation verändert werden. Hierzu ist festzustellen, welche Teile
der Organisation involviert sind, wo der Ort der Entstehung, der meist nicht mit den
Auswirkungen übereinstimmt, liegt und wie sich die Zusammenhänge genau
gestalten. Jedoch sind nicht alle Verbindungen leicht zu identifizieren aufgrund
schulisch erlernter Denkmuster.
Im Sinne des Ursache-Wirkungs-Prinzips geht man davon aus, dass für jedes
Problem eine bestimmte Lösung existiert. Solch lineares Denken ist jedoch nicht
zielführend, denn Organisationen bestehen nicht aus linearen Strukturen, sondern
sind ein komplexes Konstrukt aus Beziehungen zwischen verschiedenen Einheiten.
Es gilt daher, eigene Denkmuster zu entwickeln, die es ermöglichen, komplexe
Zusammenhänge und deren Bedeutung zu erkennen.402 Sind Zusammenhänge
erkannt, geht es um die Erarbeitung von Gestaltungs- und Lenkungsmöglichkeiten.
Jeder Mensch verfügt über vorgefertigte Muster zur Lösung von Problemen. Der
Rückgriff auf vertraute, Erfolg versprechende Muster führt dazu, für andere Ansätze
weniger offen zu sein. Unterschiedliche Probleme fordern ausreichende Flexibilität,
399 Vgl. Gomez/Probst 1995, S. 14ff. 400 Vgl. a.a.O., S. 37f. 401 Vgl. Gomez/Probst 1995, S. 37 402 Vgl. a.a.O., S. 65ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
119
um jeweils passende Lösungsansätze in Betracht zu ziehen und Alternativen
chancengleich zu prüfen.403
Wurden nach dem Auftreten eines Problems verschiedene Lösungsansätze
konzipiert, geht es nun darum, mögliche Problemlösungen zu beurteilen. Um
Lösungen zu finden, die hohen Ansprüchen gerecht werden, sind einige Kriterien zu
beachten, denn Veränderungen betreffen meist eine Vielzahl von Personenkreisen
(Stakeholder), deren Interessen berücksichtigt werden müssen. Dadurch wird
Glaubwürdigkeit unter den Betroffenen ermöglicht: Wer sich bei Veränderungen
berücksichtigt fühlt, ist eher gewillt, diese anzunehmen. Weiterhin wird für die Zukunft
mehr Sicherheit gewährleistet. Stoßen Veränderungen auf Akzeptanz, sind sie von
längerer Dauer. Daher geht es bei der Suche nach Lösungen nicht darum, die eine
passende Lösung zu finden, sondern nach Lösungen zu suchen, die sich den
gegebenen Umständen am besten anpassen, denn Lösungen benötigen Flexibilität,
um unter widrigen Umständen bestehen zu können. Ebenso müssen externe
Einflüsse und Notwendigkeiten berücksichtigt werden, um eine geeignete und
überprüfbare Lösung zu skizzieren.404
Die Verantwortlichen müssen sich auf die jeweilige Situation einstellen. Dies erfordert
einen flexiblen Umgang mit neuen Situationen. Gleichzeitig ist es in Zeiten des
Wandels wichtig, an vertrauten Werten festzuhalten, um so in anderen Bereichen
Veränderungen zu akzeptieren. Dies schafft das wichtige Gefühl von Sicherheit. Es
gilt: Bewahre den Blick für die Gesamtheit und kümmere dich um jedes Einzelteil.405
Insgesamt ist es wichtig, die während des Prozesses gewonnenen Erkenntnisse
nachhaltig zu sichern.
5.3.4.4 Beteiligung von Betroffenen
Veränderungsprozesse berühren meist eine ganze Reihe von Personengruppen.
Hierbei sind die Mitarbeiter die am meisten betroffene Gruppe. Werden Betroffene
403 Vgl. Gomez/Probst 1995, S. 113ff. 404 Vgl. a.a.O., S. 165ff. 405 Vgl. a.a.O., S. 201ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
120
nicht beteiligt, entstehen Barrieren wie mangelndes Engagement, fehlende
Motivation bis hin zur generellen Angst der Mitarbeiter vor Veränderungen.406
Abb. 35: Wichtigste Stakeholder bei Veränderungsprozessen407
Die Beteiligung von Betroffenen ist in der Bundesrepublik Deutschland weniger
ausgeprägt als in Ländern mit konsensorientierter Kultur.408 Vorurteile, dass diese
Beteiligung zu viel Zeit kostet, stehen häufig im Weg.409 Tatsächlich benötigt die
Entscheidungsfindung bei Beteiligung der betroffenen Gruppen länger, allerdings
entfällt dann die Zeit, die sonst zur Vermittlung der Ziele der Veränderung
aufgebraucht würde. Durch die Beteiligung und Mitgestaltung entsteht Motivation und
innere Veränderung. So zeigt sich in der Praxis, dass Beteiligung von Betroffenen
keine Zeitverschwendung ist. Ganz im Gegenteil, denn zusätzlich wird so dafür
gesorgt, dass Änderungen nicht nur akzeptiert, sondern wirklich gelebt werden.410
406 Vgl. ILOI 1997, S. 20 407 Vgl. Capgemini 2003, S. 25 408 Vgl. a.a.O., S. 23 409 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 155 410 Vgl. a.a.O., S. 155
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
121
Ein zweites Vorurteil gegenüber stärkerer Beteiligung von Betroffenen, wonach mehr
geredet statt gearbeitet wird, wenn jeder bei allem mitreden will, zeugt von einem
erheblichem Missverständnis.411 Betroffene zu Beteiligten zu machen bedeutet, diese
nur dann einzubeziehen, wenn sie von den Auswirkungen der jeweiligen
Entscheidung selbst betroffen sind. So können Lösungen durch praxisbezogene
Erkenntnisse erweitert und durch frühzeitige Integration eine bessere Identifikation
und insgesamt bessere Entscheidungen getroffen werden. Darüber hinaus erfahren
die Mitarbeiter durch die Einbeziehung Respekt.
Es ist Aufgabe der Führungskräfte, die Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse
einzubinden. Spannungen sind dabei grundsätzlich konstruktiv, allerdings ist darauf
zu achten, wie mit diesen umgegangen wird. Erhebliche Chancen liegen hierbei in
der Gruppenarbeit: Stimmt die Zusammensetzung der Gruppe, erfährt jeder Einzelne
eine ganzheitliche Sicht auf die Dinge und ist bei seinem Denken nicht auf die eigene
Perspektive reduziert. Gruppendynamische Basiskenntnisse helfen Führungskräften,
diese Anforderungen zu bewältigen.412
5.3.4.5 Hilfe zur Selbsthilfe Bei Veränderungsprozessen kommt der dezentralen Selbstorganisation der
Mitarbeiter eine ausschlaggebende Rolle zu. Hierzu sind hierarchiefreie Räume
sinnvoll.413 Durch die damit verbundene Gleichberechtigung soll erreicht werden,
dass sich die Teammitglieder ohne Vorbehalte entfalten können, denn Arbeit in
Veränderungsprozessen ist für die Betroffenen innovative und anspruchsvolle Arbeit,
da die zu lösenden Problemstellungen in Veränderungsprozessen meist außerhalb
der täglichen Routine liegen.414 Hierbei kann es notwendig werden, den Team- bzw.
Gruppenmitgliedern Unterstützung zu kommen zu lassen. Je nach Situation kann
dies in Form eines Feedbacks als einfaches, aber wirkungsvolles Instrument erfolgen
oder in Form von Ausbildungsangeboten wie der Vermittlung von theoretischen
Grundlagen, methodischem Know-how oder von Verhaltenstraining. Ebenso kann
eine externe Moderation von Klausuren oder Workshop-Veranstaltungen spürbar
411 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 155 412 Vgl. a.a.O., S. 155 413 Vgl. a.a.O., S. 155 414 Vgl. a.a.O., S. 156
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
122
unterstützen.415 Beratung ist in Form eines persönlichen Coachings denkbar.
Coaching dient dabei als Instrument, um die Motivation der Mitarbeiter zu steigern,
ihr Verständnis für Eingriffe oder Verhaltensmuster zu erhöhen und damit die
Effektivität zu steigern.416 Letztlich unterstützen Entscheidungen durch Entschei-
dungsträger und die Freigabe von Ressourcen, (Manpower, Mittel, Räume, Material,
Zeit) einen reibungslosen Ablauf der Projekte.417 Diese Unterstützungen dienen
dazu, Handlungsfähigkeit des Teams zu gewährleisten um so zu ermöglichen, dass
dieses seine Aufgaben selbstständig bearbeiten kann. Unterstützende Eingriffe sind
daher nur nach unmittelbarer Bedarfslage sinnvoll, denn „wer wirksam Hilfe zur
Selbsthilfe leisten will, muss sich immer mit einem Bein auf dem Rückzug
befinden!“418
5.3.4.6 Prozessorientierte Steuerung Unter prozessorientierter Steuerung ist ein Instrument zu verstehen, welches durch
den Einsatz eines Netzwerkes von Prozessen die im Prozessverlauf auftretenden
Schnittstellenprobleme zu lösen versucht.419 Sie ist notwendig, da Veränderungs-
prozesse komplexe Anforderungen an die Beteiligten stellen, die dadurch verstärkt
wird, dass sich Menschen bei Veränderungsprozessen in unterschiedlichen
Gruppierungen und Rollen bewegen.420
Verantwortung der Unternehmensführung ist es, für das reibungslose Ablaufen der
Arbeitsprozesse zu sorgen, durch die Dosierung des Tempos, die laufende
Entstörung und den Abschluss einzelner Phasen, bevor die Nächste beginnt.421
Veränderungsprozesse sind immer auch Lernprozesse. Die Wahrscheinlichkeit eines
guten Lernerfolges kann durch ein Wechselspiel von Informationsvorgabe,
Diskussion und Selbsterarbeitung erhöht werden.422 Dabei spielt aufgrund
individueller Lernvoraussetzungen die Dosierung des Tempos eine übergeordnete
415 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 157 416 Vgl. Czichos 1990, S. 490f. 417 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 157f. 418 Vgl. a.a.O., S. 156 419 Vgl. Binner 2002, S. 12 420 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 158 421 Vgl. a.a.O., S. 158 422 Vgl. Czichos 1990, S. 41ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
123
Rolle, denn die Mitarbeiter sollen gefordert, aber nicht überfordert werden. Zur
Unterstützung der Lernprozesse sind Handlungs- und Entscheidungsspielräume für
die Beteiligten unterstützende Maßnahmen für den Lernerfolg und deutlich effektiver,
als nachträgliche kommunikative Überzeugungsarbeit.423
Wesentlich ist, dass menschliches Verhalten weniger auf sachlich-logischen
Zusammenhängen beruht, sondern vielmehr von Bedürfnissen und Interessen,
Hoffnungen und Befürchtungen sowie Freude und Ärger beeinflusst wird. Daher ist
auf die innerliche Verfassung der Beteiligten Rücksicht zu nehmen und Spielräume
offen zu halten, um plötzlich auftretende Spannungen oder Störungen zu bearbeiten,
bevor diese um sich greifen.424 Hierzu ist es notwendig, eine regelmäßige Prozess-
Analyse durch „Management by wandering around“ 425, also durch lebendige,
regelmäßige Kommunikation mit den betroffenen Mitarbeitern durchzuführen.
Ebenso ist die laufende Bearbeitung von Widerständen und Konflikten, die
sogenannte „Entstörung“ nötig, um „einen offenen Umgang mit Konflikten zu fördern,
mit dem Ziel, die Konflikte am Ende für alle Beteiligten verträglich und gemeinsam
mit den Konfliktparteien beigelegt zu haben.“426 Letztlich beinhaltet die „Rollende
Planung“ Flexibilität in der operativen Feinplanung, die es erlaubt, situative
Gegebenheiten individuell zu berücksichtigen.427
Für die prozessorientierte Steuerung ist es insgesamt notwendig, Kriterien fest-
zulegen, um die Zielerreichung zu messen und einen Abbruch herbeizuführen.
Ebenso ist ein Projektende fest zu definieren, um damit die Grundlage zu schaffen,
aus den Ursachen für Erfolg oder Misserfolg von Projekten zu lernen.428
5.3.4.7 Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen Prozesse laufen über Personen. Dieser Grundsatz gilt insbesondere bei
Entwicklungs- und Veränderungsprozessen. Vorreiter sind nötig, wenn Veränderung
gelingen soll. Daher muss in der Konzeptphase identifiziert werden, wer die
423 Vgl. ILOI 1997, S. 26 424 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 159 425 Vgl. a.a.O., S. 159 426 Vgl. ILOI 1997, S. 25 427 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 159 428 Vgl. ILOI 1997, S. 25
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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124
wichtigsten potenziellen „Verbündeten sind, wie diese Opinion Leader für die
Konzeptinhalte gewonnen werden können und wer insgesamt den Veränderungs-
prozess oder Teile davon leitet.“429 Akteure in Veränderungsprozessen bewegen sich
außerhalb der Routinen von Schlüsselpersonen. In Veränderungsprozessen werden
daher folgende Qualitäten und Kompetenzen gefordert:
• Offene, ehrliche und unkomplizierte Art, mit Menschen umzugehen • In der Praxis erprobte Fähigkeit, mit anderen in Teams zusammenzuarbeiten • Fähigkeit, zuzuhören, und sich in die emotionale Lage anderer Menschen
hineinversetzen zu können
• Mut, Entscheidungsfähigkeit und Entschlossenheit, Dinge vorwärts zu bringen • Hohe Akzeptanz bei Mitarbeitern und Führungskräften430
Wechsel von Schlüsselpersonen sind praktisch kaum durchführbar. Dies macht die
richtige Auswahl und die Beachtung vorgenannter Kriterien umso bedeutender, denn
die richtige Person an der richtigen Stelle, macht oft den Unterschied zwischen dem
Erfolg und dem Misserfolg eines Projektes aus. Personen steuern die Prozesse, und
auf die kommt es letztlich an.431
5.3.4.8 Lebendige Kommunikation
Bei der Gestaltung von Konzepten kommt lebendiger Kommunikation besondere
Bedeutung zu, denn alles Neue wird zunächst mit Skepsis betrachtet.432
Um diese zu überwinden, bildet lebendige Kommunikation die Grundlage. Folgende
Elemente sind Bestandteil lebendiger Kommunikation:
• Information ist nicht Kommunikation.
• Mit individuellen Kontakten und Teamgesprächen top-down in der
Führungskaskade allein ist dies nicht zu schaffen.
• Auch wenn reiner Informationstransport notwendig ist, müssen - wo
immer möglich - interaktive Formen gewählt werden.
429 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 160 430 Vgl. a.a.O., S. 161 431 Vgl. a.a.O., S. 161ff. 432 Vgl. Czichos 1993, S. 429
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
125
• Bei größeren und umfassenden Projekten muss ein eigenes
Kommunikationskonzept erarbeitet werden.
• Das allgemeine Interesse an der Projektarbeit muss konsequent
wach gehalten werden.
• Management by wandering around.
• Last but not least: Das Ganze muss auch Spaß machen.433
5.3.5 Wichtigste Elemente erfolgreicher Konzepte Zusammenfassend lassen sich die zehn wichtigsten Elemente erfolgreicher
Konzeptgestaltung benennen.
Die 10 wichtigsten “to do´s” und “not to do´s”
to do’s not to do’s
1. Transparente Projektziele, Plausible Begründungen
Unklare Gedanken, Diffuse Ziele
2. Handverlesene Auswahl der Schlüsselleute Schlampig zusammengestiefeltes Projektteam
3. Beteiligung der Betroffenen bei der Erarbeitung von Lösungen
High-pressure selling pfannenfertiger Konzepte
4. Realistische Zeitplanung Efficiency-Fetischismus
5. Sorgfältige Vorbereitung und Kick-off-Phase Kaltstart
6. Lieblingsideen als Erstes offenen auf den Tisch Lieblingsideen als hidden agenda
7. Sensible und flexible Steuerung des Prozesses Vorgehen nach Taktfahrplan
8. Konstruktiver Umgang mit Widerstand Widerstand brechen
9. Konflikte offen legen und bearbeiten Konflikte vermeiden
10. Offene Information, lebendige Kommunikation Kabinettspolitik und Geheimratsdiplomatie
Abb. 36: Die 10 wichtigsten to do’s und not to do’s434
433 Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 165f. 434 Vgl. a.a.O., S. 162f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
126
Diese haben grundsätzlich Relevanz bei allen Arten von projektorientierter ertzuio
mn .öä Herangehensweise435.
5.3.6 Zusammenfassung Die im Rahmen der Konzeptphase zu bearbeitenden Themen und zu beachtenden
Aspekte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Konzeptphase
Aufgaben:
• Konzepte sind Strategien der Veränderung; aufgrund
mentaler und kultureller Einzigartigkeiten jeder
Organisation sind sie nicht übertragbar.
• Es gilt, acht Grundsätze der Konzeptgestaltung zu
beachten.
• Konzepte sind nur so gut wie die zu Grunde liegende
Diagnose. Sie bieten Hilfe zur Selbsthilfe • Konzepte initiieren immer auch Lernprozesse und
beteiligen bereits in ihrer Entstehung die Betroffenen. • Erfolgreiche Konzepte erfordern offene, lebendige
Kommunikation.
Abb. 37: Zusammenfassung der innerhalb der Konzeptphase zu berücksichtigenden Aspekte436
5.4 Die Implementierungsphase Nachdem in der Vorphase zunächst der Wandlungsbedarf festgestellt wird und die
Wandlungsträger aktiviert wurden,437 beschäftigt sich die Analysephase mit der
Diagnose des Unternehmens und der Sammlung möglichst vieler Informationen, um
435 Projekte kennzeichnen sich nach Hering/Draeger durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer
Gesamtheit, Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, hohe Risiken, Abgrenzungen gegenüber Vorhaben und eine projektspezifische Organisation. Vgl. Hering/Draeger 1996, S. 620
436 Eigene Abbildung 437 Vgl. Krüger 2002, S. 49f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
127
herauszufinden, wo das Unternehmen steht.438 In der anschließenden Konzeptphase
soll ein möglichst präzises Programm erarbeitet werden, das festlegt, wie das
Zukünftige aussehen und wie es realisiert werden soll. Ziel dieser Phase ist es, die
Veränderungen in der Organisation dauerhaft umzusetzen, damit die neuen
Strukturen zu einer „Selbstverständlichkeit im täglichen Handeln“ werden.439
Grundlage hierfür ist die Akzeptanz für die Veränderungen. Kurzfristige Erfolge zur
Motivation der Mitarbeiter sind dafür wichtig.
Diese Phase der Umsetzung stellt eine große Herausforderung für Organisationen
dar, an der viele scheitern.440 Um dies zu vermeiden ist es notwendig, diese Phase
auch als solche zu betrachten und nicht nur als „selbstverständlichen Nachgang“ der
vorangegangenen konzeptionellen Planungen.441 Überlässt man die Umsetzung
ganz den Betroffenen, wird der Veränderungsprozess mit großer Wahrscheinlichkeit
nicht von Erfolg gekrönt sein.442 Dementsprechend ist eine unterstützende
Begleitung bei der Umsetzung unerlässlich.443
Als erster Schritt zur Bewältigung der Implementierungsphase sind alle Betroffenen
umfassend über die geplanten Veränderungen zu informieren. Es ist ein Kommuni-
kationssystem aufzubauen, welches einerseits den Mitarbeitern ermöglicht,
auftretende Probleme und Ängste mitzuteilen. Andererseits dient es Vorgesetzten
oder Beratern als Forum, Hilfestellungen oder Antworten auf offene Fragen der
Mitarbeiter zu geben.444 Die Implementierungsphase dient so im Kern der Schulung
und dem Lernen. Trotz gründlicher Einweisung und Schulung treten Probleme und
Fragen mit großer Wahrscheinlichkeit auf.445 Immaterielle als auch materielle Anreize
stellen idealerweise einen wesentlichen Aspekt der Implementierungsphase dar. So
mag für viele Mitarbeiter eine Anerkennung oder ein Lob ihrer Leistung mehr wert
sein als eine Gehaltserhöhung.446
438 Vgl. Steinmann/Schreyögg 2000, S. 457 439 A.a.O., S. 457 440 Vgl. Kieser 1997, S. 86 441 Doppler/Lauterburg 1994, S. 100 442 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 118 443 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 99. 444 Vgl. Krüger 2002, S. 72; S 283ff. 445 Vgl. a. a. O., S. 72f. 446 Vgl. Hellriegel/Slocum 1982, S. 704
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
128
Die Komplexität der zu lösenden Probleme in Wandelprozessen macht eine
Einteilung in prioritäre Vorhaben und Folgeprojekte notwendig – wobei es durchaus
unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was als prioritär zu erachten ist.447 Die
Bedeutung der Priorisierung, wird von Czichos bildlich mit „The Tomato Plant
Challenge“ bezeichnet. D. h., man soll nicht mehr Tomatenpflanzen pflanzen, als
man gießen kann. Denn tut man dies, so gießt man entweder alle Pflanzen mit einer
so kleinen Menge Wasser, dass alle eingehen, oder manche der Pflanzen werden
genug Wasser haben, um zu überleben und andere eingehen. Ebenso wie eine
gewisse Menge Wasser auf Tomatenpflanzen verteilt wird, muss auch eine gewisse
Energie der Mitarbeiter auf die Vorhaben, die umgesetzt werden sollen, verteilt
werden.448
Der Beginn der Implementierungsphase ist durchaus von einem Ausprobieren und
Experimentieren gekennzeichnet. Denn es ist gut möglich, dass sich das ein oder
andere Vorhaben als nicht realisierbar erweist. Es sollte daher eine gewisse
Offenheit und Flexibilität vorhanden sein, solche Vorhaben dann auch nicht zu
realisieren.449 Wann konkrete Entscheidungen für das ein oder andere Element
getroffen werden, hängt stark von der Akzeptanz der Betroffenen ab: Sollte die
Akzeptanz noch nicht erreicht sein, muss eine intensive Überzeugungsarbeit
geleistet werden, um nicht am Ende mit halbherzigen Lösungen dazustehen, die von
den Mitarbeitern nicht angenommen wurden.450
Der Verlauf der Implementierungsphase hängt im Wesentlichen davon ab, welche
Interventionsstrategie für den Veränderungsprozess gewählt wird. Wenn die
Mehrzahl der Organisationsmitglieder erst kurz vor der Umsetzung von dem
geplanten Wandel in Kenntnis gesetzt wird, wird der Verlauf der Phase deutlich
anders sein, als wenn die Veränderung schon lange Zeit im Voraus bekannt war und
jeder einzelne die Möglichkeit hatte, sich darauf einzustellen. Ebenso spielt es eine
entscheidende Rolle, ob bei der gewählten Strategie Berater eingesetzt werden und
447 Vgl. Krüger 2002, S. 55f. 448 Vgl. Czichos 1993, S. 341 449 Steinmann/Schreyögg 2000, S. 457 450 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 98f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
129
welche Funktion diese haben, ob die Mitarbeiter schon an der Planung und
Konzipierung beteilt waren, wie sie betreut wurden, etc..
5.4.1 Bedeutung und Ursachen des Widerstandes Emotionale Akzeptanz von Veränderungen stellt sich meist nur langsam ein. Bevor
dies geschieht, sind Widerstände eine normale Reaktion auf Veränderungen,
besonders in der Implementierungsphase, wenn die Umsetzung konkret spürbar
wird. 451 Doppler/Lauterburg gehen sogar davon aus, dass keiner an die Realisierung
des Veränderungsvorhabens glaubt, bzw. alle schon vorher aufgegeben haben,
wenn keine Widerstände auftreten.452 Hellriegel/Slocum definieren Widerstand dabei
folgendermaßen: „Resistance is any behavior that serves to maintain the status quo
in the face of pressure to alter the status quo.“453
Widerstand ist demnach jegliches Verhalten, dass dazu dient, den Status quo zu
erhalten – angesichts des Drucks, den Status quo zu verändern. Widerstand muss
also nicht zwangsläufig als aktives Gegenlenken verstanden werden, sondern hat
auch andere Ausdrucksformen. In seiner schwächsten Ausprägung reduzieren
Mitarbeiter z. B. ihre Beiträge, ihre Anpassungsbereitschaft ist eingeschränkt. Auch
indifferentes Verhalten, d. h. dass Maßnahmen weder umgesetzt noch bekämpft
werden, ist möglich. Von passivem Widerstand spricht man, wenn Mitarbeiter ihr
Arbeitstempo verlangsamen oder „Dienst nach Vorschrift“ leisten. Häufige
Krankheits- und Fehlzeiten, betretenes Schweigen oder ins Lächerliche ziehen der
Situationen sind dann meist die Folge. Davon abzugrenzen ist aktiver Widerstand
oder Opposition, bei der die Mitarbeiter eingreifen und gegen den Wandel aktiv
vorgehen. Dies kann über Gerüchte, Intrigen und Cliquenbildung geschehen, oder
aber offensiv und offen durch Vorwürfe, Drohungen und Streit.454 In Summe ist also
jegliches Verhalten, das Veränderungen nicht akzeptiert, als Widerstand betrachtbar.
Um Akzeptanz herzustellen, ist es notwendig, die unterschiedlichen Ursachen für
Widerstände zu kennen. In der Literatur finden sich unzählige Ansätze, die Ursachen
451 Vgl. Vorwerk 1994, S. 16 452 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 212 453 Hellriegel/Slocum 1982, S. 699 454 Vgl. Vorwerk 1994, S. 204f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
130
von Widerständen zu kategorisieren. Einige Autoren schließen ökonomische Gründe
wie Entlassungen oder Abstufungen in eine niedrigere Gehaltsstufe mit in ihre
Betrachtungen ein.455 Diese Gründe sind jedoch so offensichtlich, dass keine
detaillierte Betrachtung notwendig erscheint.456 Oft treten Widerstände in Folge von
Informationsdefiziten auf. Dies kann dazu führen, dass die Hindergründe und Ziele
einer Maßnahme nicht richtig verstanden werden. Es kann aber auch vorkommen,
dass die Betroffenen zwar verstehen, worum es geht, sich aber keine positiven
Konsequenzen aus dem Wandel versprechen.457 Häufig sind Emotionen und
sozialpsychologische Aspekte, die nicht immer auf den ersten Blick verständlich und
eventuell sogar den Betroffenen selbst nicht klar sind, Ursache für Widerstände und
Ablehnung von Veränderungen.458 Diese werden im Weiteren näher dargestellt.
Die Reaktanztheorie des Sozialpsychologen Jack W. Brehm (1966, 1972) geht
davon aus, dass sich jeder Mensch seine Verhaltens- oder Ergebnisalternativen
erhalten möchte.459 Werden diese blockiert oder eingeschränkt, so reagiert er oder
sie mit Reaktanz, einem Zustand, der darauf ausgerichtet ist, die ursprünglichen
Alternativen wieder komplett herzustellen. Dabei ist zu beachten, dass sich Reaktanz
nicht nur auf Handlungsalternativen bezieht, die tatsächlich genutzt werden, sondern
auch um solche, die zur Verfügung stehen und noch nie oder sehr selten genutzt
wurden. Die Alternative, die plötzlich nicht mehr vorhanden ist, erscheint plötzlich
attraktiv. Deshalb reagieren Personen, denen Verhaltensalternativen genommen
werden, mit Widerstand. Lässt sich das bedrohte Verhalten nicht mehr ausführen,
wird ein ähnliches Verhalten gewählt.460
Weitere Ursache für Widerstände ist die Angst vor Unbekanntem und Ungewissem.
Es liegt in der Natur des Menschen, an Vertrautem festzuhalten, da es Sicherheit
gibt. Droht eine ungewohnte Situation, wie in Umsetzungsphasen typisch, ist
Widerstand eine Reaktion auf diese nicht vertraute Situation. Die Ablehnung des
Neuen basiert auf unbewusster Steuerung von Vorgängen, denn ein großer Teil des
455 Vgl. Staehle 1994, S. 921; vgl. auch: Vorwerk 1994, S. 15 456 Vgl. Steinmann/Schreyögg 2000, S. 453 457 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 204 458 Vgl. a. a. O., S. 203 459 Vgl. Herkner 1991, S. 97ff. 460 Vgl. a. a. O., S. 97ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
131
menschlichen Verhaltens läuft unbewusst ab. Tritt eine neue Situation ein, wird auf
Erfahrungswissen zurückgegriffen. Solche neuronale Strukturen, die häufiger
aktiviert werden, verfestigen sich und können leicht aufgerufen werden. Verhaltens-
änderungen verlangen aber nach einer bewussten Steuerung des Verhaltens, da hier
nicht auf die verfestigten neuronalen Strukturen zugegriffen werden kann.461 Diese
bewusste Steuerung verlangt eine viel höhere Aufmerksamkeit und Konzentration;
Stress ist die Folge. Unter Stress fühlen viele Menschen sich unter Druck gesetzt,
unwohl und reagieren emotional.462 Hinzu kommt die Angst, neuen Heraus-
forderungen nicht gewachsen zu sein.463
Sozialpsychologisch begründete Widerstände basieren häufig auf Angst vor Verlust –
Verlust der Sicherheit, Verlust von Handlungsalternativen oder Verlust von
Gewohntem – und der Tendenz jedes Menschen, den Status quo zu erhalten.464
Angstgefühlen kann durch relativ einfache Maßnahmen entgegengewirkt werden, um
Akzeptanz für Wandel zu erzielen. Das Ignorieren von Widerstand führt dagegen zu
Blockaden und zu noch mehr Widerstand.465 Dabei reagieren unterschiedliche
Persönlichkeitstypen sehr unterschiedlich auf Veränderungen.466
Nach Czichos lassen sich folgende ’Verhaltenstypen’ 467 während der
Implementierungsphase unterscheiden: Analytiker sind an Details und Fakten
interessiert, eher verschlossen und schwer zugänglich. Sie erwarten präzise
Antworten und Fragen, wollen als Experten angesehen werden, denken sehr
rational, sequentiell und logisch und benötigen Sicherheit. Czichos prognostiziert,
dass Menschen, die man dem Verhaltenstyp der Analytiker zuordnen kann, in der
Umsetzungsphase einer Veränderung mit tendenziellem Rückzug oder mangelndem
Engagement reagieren.
461 Vgl. Krüger 2002, S. 175 462 Vgl. Hellriegel/Slocum 1982, S. 700 463 Vgl. Vorwerk 1994, S. 15 464 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 76 465 Vgl. a.a.O., S. 212 466 Vgl. Staehle 1994, S. 923 467 Vgl. Czichos 1993, S. 126ff.; S. 439ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
132
Freundliche oder idealistische Menschen stellen Beziehungen und Gefühle in den
Vordergrund: Sie hören gerne zu und reden gerne, sind fürsorglich und weichen
Problemen und Konflikten aus. Im Gegensatz zum Analytiker sind sie nicht an Details
interessiert, brauchen aber ebenso Sicherheit. Da sie sich sehr stark mit Kollegen,
Aufgaben und Örtlichkeiten identifizieren, entsteht in der Implementierungsphase
Angst v. a. durch neue Kollegen und/oder neue Umgebungen. Infolgedessen
reagieren sie mit Flucht in die Vergangenheit und sie haben Probleme, sich mit der
Veränderung zu identifizieren. Hier kommt der Kommunikation eine besondere
Bedeutung zu, um herauszufinden, was diese Menschen an dem alten Zustand so
wertgeschätzt haben und was sich in dem neuen, angestrebten wiederfinden lässt.
Der Typ des Machers ist zielstrebig, trifft Entscheidungen selbstsicher, vertritt feste
Standpunkte und lässt sich von Argumenten überzeugen, die eigene Ziele
unterstützen. Machern fehlt in der Umsetzungsphase von Veränderungen oft die
Orientierung, sie reagieren irritiert, stellen viele Fragen und setzen viel Energie für
den Veränderungsprozess ein, arbeiten aber oft in die falsche Richtung. Umfassende
Informationen helfen, die Konfusion dieses Verhaltenstyps aufzuheben.
Expressive Menschen sind problemlösungsorientiert, reden, diskutieren und
präsentieren gern. Sie sind in ihrem Verhalten sprunghaft und lassen sich leicht
begeistern. Czichos beschreibt, dass sie auf Veränderung oft mit Ärger und Wut
reagieren.
Die Kategorisierung zeigt trotz Vergröberungen sehr eindrucksvoll, wie differenziert
Reaktionen von Menschen auf Veränderungen ausfallen können. Hier wird auch
deutlich, welche Elemente wichtig sind, um die Akzeptanz der Betroffenen zu
erreichen: Umfassende Information, Kommunikation, Feedback, Partizipation,
Schulung und Anreize bzw. Lob. Diese Elemente könnte man auch als Infrastruktur
der Implementierungsphase bezeichnen. Eine gute und umfassende Infrastruktur ist
für die Implementierungsphase notwendig, um Ursachen für Widerstände, die eine
ganz normale Reaktion auf Wandel sind, unabhängig vom „Verhaltenstyp“,
vorzugreifen und Akzeptanz zu ermöglichen.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
133
Es gilt: Treten Widerstände auf, sind sie ein Indikator dafür, dass sich die
Organisation in einem Lernprozess befindet. In der Implementierungsphase ist es
daher wichtig, dass Widerstände nicht übergangen werden, sondern das Zeit für das
Austragen von Meinungsverschiedenheiten bleibt.468 Nicht zuletzt können sie auch
als Chance betrachtet werden, denn Widerstände zeigen auf, wo Energie blockiert
ist, die freigesetzt werden kann.469
5.4.2 Interventionsstrategien Ziel der Implementationsphase ist es, durch gezielte Interventionen Veränderungen
einzuführen und Akzeptanz dafür zu schaffen. Die Implementation einer
Veränderung erstreckt sich dabei über mehrere Dimensionen, wie dem
Reaktionszeitpunkt, die Vorgehensmethode, der Interventionsebene, und der
Festlegung, wer von der Veränderung in welchem Maß betroffen ist. In Theorie und
Praxis lassen sich zwei unterschiedliche Ansätze, die direktive und die partizipative
Interventionsstrategie, unterscheiden, die nachfolgend erläutert und abschließend
gegenüber gestellt werden.
5.4.2.1 Direktive Interventionsstrategie
Bei der direktiven Interventionsstrategie entwirft meist ein relativ kleiner Kreis von
Beratern oder eine organisationsinterne Projektgruppe ein Veränderungskonzept.
Dies geschieht i. d. R. unter strikter Geheimhaltung und Ausschluss anderer Akteure:
„Nachdem der entwickelte Vorschlag […] diskutiert und verabschiedet wurde, erfolgt
die Bekanntgabe der gewünschten Veränderung, verbunden mit Umsetzungs-
anweisungen an die Mitarbeiter.“470 Das Veränderungskonzept ist dabei vorerst ein
Grobkonzept, welches „schlagartig und unwiderruflich in Kraft gesetzt, d. h. wie eine
‚Bombe’ in die laufende Organisation geworfen wird.“471 In der Folge verlässt man
sich bei dieser Strategie des Bombenwurfs „weitgehend darauf, dass die Organisa-
tionsmitglieder in der Lage sind, die durch das in Kraft gesetzte Grobkonzept
468 Vgl. Jung 1996, S. 289; vgl. auch: Staehle 1994, S. 924f. 469 Vgl. Doppler/Lauterburg 1994, S. 211 470 Comelli/Rosenstil 2003, S. 139 471 Vorwerk 1994, S. 42
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
134
belassenen organisatorischen Lücken improvisatorisch auszufüllen.“472 Erst nach
und nach werden dann die durch das Grobkonzept implizierten Detailprobleme
systematisch in einer Detailplanung angegangen und implementiert.
Mit dem Bombenwurf selbst ist die Implementierung einer Veränderung also noch
nicht abgeschlossen, denn weitere Phasen des Veränderungsprozesses, in welcher
Detailprobleme systematisch angegangen und bewältigt werden müssen, um
Neuerungen einzugliedern und Akzeptanz bei den Betroffenen zu schaffen,
schließen sich an. Die Vorteile dieser Strategie liegen in der Möglichkeit durch den
Ausschluss aller anderen Mitarbeiter, ungestört auf oberster Ebene zu analysieren
und zu reorganisieren. Tiefgreifende Veränderungen erscheinen auf anderen Wege
oft nicht durchführbar denn, „im Falle einer Beteiligung der Betroffenen produziere
man nur zusätzliche Komplexität, die ein Versanden wahrscheinlich mache.“473 „Je
mehr Personen am Entscheidungsprozess partizipieren, desto mehr Sichtweisen und
Konflikte werden relevant, desto schwieriger wird es den Prozess voranzutreiben und
zu einem Abschluss zu bringen, desto schwieriger wird es auch, eindeutige
Entscheidungen zu treffen.“474 Prozesse würden zwar eingeleitet, gingen aber auf
Grund großer Meinungsvielfalt oder mangelnder Bemühungen zur Durchsetzung
leicht unter.
Als grundlegend für den Erfolg dieser Strategie wird der Überraschungseffekt
angesehen, der durch das plötzliche ‚vor vollendete Tatsachen stellen’ entsteht.
Verfechter der Bombenwurfstrategie erwarten so, „dass sich bei vollendeten
Tatsachen die Betroffenen – wenn auch murrend – anpassen und die Lösung bzw.
deren Konsequenzen notgedrungen akzeptieren, ohne das sie abwandern oder
nachträgliche Gegenaktionen starten.“475 Nachfolgendes Schaubild verdeutlicht den
Verlauf eines „erfolgreichen Bombenwurfs“:
472 A. a. O, S. 42 473 Kirch/Esser/ Gabele 1979, S. 180, zitiert nach: Vorwerk 1994, S. 44 474 Kirch/Esser/Gabele 1979, S. 300, zitiert in Vorwerk 1994, S. 33 475 A. a. O., S. 45
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
135
Abb. 38: Erfolgreicher Bombenwurf476
Während vertraulicher Analyse und Konzeptionierung läuft der Betrieb in gewohnter
Weise weiter. Je weiter die Planungen der oberen Führungsebenen voran schreiten,
desto mehr dringt auch zu den Betroffenen, so dass Gerüchte entstehen, die sowohl
positive, als auch negative Auswirkungen auf die Leistungen der Mitarbeiter haben
können.
Mit der plötzlichen und unwiderruflichen Bekanntgabe der Veränderungen fühlen sich
die Mitarbeiter meist alleine gelassen, es entstehen Zweifel, ob die Neuerung
bewältigt werden kann. Panik bricht aus, als Folge unter Umständen auch
Widerstand. Die Produktivität sinkt mit dem Bombenwurf enorm. Da die Veränderung
unwiderruflich ist, beginnen die Betroffenen sich nach und nach notgedrungen in den
Veränderungsprozess einzugliedern und werden früher oder später die Veränderung 476 Eigene Abbildung, basierend auf Czichos 1993, S. 421
Leis
tung
, Pro
dukt
ivitä
t
Zeit
Erfolgreicher Bombenwurf
Geheimhaltung, keine Info, keine Partizipation
Gerüchte Mitarbeiter sind allein, Panik
Anpassung
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
136
akzeptieren und verinnerlichen. Die Produktivität steigt wieder und pendelt sich auf
einem neuen höheren Niveau ein.
Ein „erfolgreicher Bombenwurf“ ist also grundsätzlich möglich. „Es lässt sich aber
nicht leugnen, dass es bei der Tatsache eines Bombenwurfes bleibt, dessen
beabsichtigter Zweck es ist, unter Ausnutzung des Überraschungseffektes
aufkommenden Widerstand zu lähmen.“477
Zwei wesentliche Argumente sprechen gegen das Gelingen der direktiven
Interventionsstrategie. “Zum einen ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Betroffenen
vor der Information über die Veränderung nichts von dem in Gang gesetzten
Veränderungsprozess mitbekommen, denn heute weniger denn je lässt sich ein
solches Veränderungskonzept unbemerkt von den Mitarbeitern vorbereiten und in
Gang setzen. Die Mitarbeiter werden mitbekommen, dass sich ‚da etwas tut’.
Spekulationen und Gerüchte (immer mit Wahrheitskern!) werden ins Kraut schießen,
und möglicherweise hat sich bereits längst vor Verkündigung der geplanten
Umänderung der Widerstand organisiert bzw. werden die ‚Deckungslöcher
gegraben’.“478 Zum anderen ist eine Veränderung mit Beschluss und Bekanntgabe
nicht umgesetzt und verinnerlicht, v. a. dann nicht, wenn sie verordnete Veränderung
ist. Diese „mag auf dem Papier stehen, aber damit ist sie noch nicht umgesetzt,
geschweige denn gelebt. Das Ergebnis eines „Bombenwurfs“ besteht auf Seiten der
Mitarbeiterschaft im Regelfall in dem Gefühl von Ohnmacht oder Wut gegenüber
„denen da oben“ (und gegenüber den Beratern natürlich), in dem Gefühl von
Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein und in dem für jeden einzelnen Mitarbeiter
diskriminierenden Erlebnis, in der Organisation nicht als denkender und fühlender
Mensch zu zählen, sondern allenfalls als Funktionsrädchen. Statt Motivation für die
Veränderung werden Resignation, Apathie oder aber Widerstand und Aggression
erzeugt.“479 Der idealtypische Verlauf eines „erfolglosen Bombenwurfs“ sieht
folgendermaßen aus:
477 Comelli/Rosenstil 2003, S. 139 478 A.a.O., S. 141 479 A.a.O., S. 141
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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Abb. 39: Erfolgloser Bombenwurf480
Auch hier wird zuerst im Geheimen analysiert und konzipiert. Im Verlauf der
Analysen und Planungen kommen nach und nach immer mehr Gerüchte auf, welche
die Leistungen der Betroffenen beeinflussen. Wird dann schlagartig und unwider-
ruflich die Veränderung bekannt gegeben, fühlen sich die Mitarbeiter vor den Kopf
gestoßen. Einerseits fühlen sie sich übergangen und andererseits macht sich Panik
über die plötzliche Veränderung breit.“ „Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass
Mitarbeiter dann (noch) für die Organisationsziele motiviert sind. Viel
wahrscheinlicher ist es, dass sie ihre kreative Energie eher auf das persönliche
Überleben, auf die Verfolgung eigener Interessen innerhalb der Organisation oder
auch auf Widerstand, wenn nicht sogar auf „pfiffige Sabotage“ richten.“481 Die
Produktivität sinkt, die Leistung der Betroffenen pendelt sich auf einem deutlich
niedrigeren Niveau ein, der Bombenwurf ist missglückt.
480 Eigene Abbildung, basierend auf Czichos 1993, S. 421 481 Comelli/Rosenstil 2003, S. 141
Leis
tung
, Pro
dukt
ivitä
t
Zeit
Erfolgloser Bombenwurf
Geheimhaltung, keine Info, keine Partizipation
Gerüchte Mitarbeiter sind allein, Panik
Anpassung
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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5.4.2.2 Partizipative Interventionsstrategie Neben der direktiven Vorgehensweise besteht die Möglichkeit, den vom
Veränderungsprozess Betroffenen weitreichende Beteiligungsrechte einzuräumen.
Hierbei existieren vielfältige Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Partizipation, bzw.
verschiedene Komponenten, die zur erfolgreichen Durchführung des Veränderungs-
prozesses im Unternehmen beitragen.
Die partizipative Interventionsstrategie erstreckt sich über vier Dimensionen. So
muss vor der Implementierung einer Veränderung über das Partizipationsobjekt, das
Partizipationssubjekt, den Partizipationsgrad, sowie das Partizipationsverfahren
entschieden werden.482
4 Dimensionen partizipativer Interventionsstragien
Partizipationsobjekt
• Beteiligung an der Ausgestaltung der Einführungsschritte.
oder
• Beteiligung an der Analyse und Konzipierung des zu implementierenden Objektes.
Partizipationssubjekt • Wer wird an der Veränderung beteiligt?
Partizipationsgrad • Inhaltliche Abstufung der Einflußmöglichkeiten der Akteure.
Partizipationsverfahren • Art der Beteiligung: Von bloßer Information bis zu unmittelbarer Beteiligung.
Abb. 40: Die vier Dimensionen partizipativer Innovationsstrategien483
Das Partizipationsobjekt beschreibt den Sachverhalt, welcher der möglichen
Partizipation zu Grunde liegt. Zwei große Beteilungsfelder können prinzipiell
unterschieden werden: Zum einen kann sich die Beteiligung auf die Ausgestaltung
der Einführungsschritte und zum anderen auf die Analyse und Konzipierung des zu
implementierenden Objekts beziehen. In dieser Dimension gilt es also zu
entscheiden, woran die Mitarbeiter beteiligt werden sollen.
482 Vgl. Daniel 2001, S. 120ff. 483 Eigene Abbildung, inhaltlich basierend auf a.a.O., S. 120ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
139
Das Partizipationssubjekt ist in der Regel schon weitestgehend durch das
Partizipationsobjekt bestimmt. Dennoch muss in dieser Dimension reflektiert werden,
wer an der Veränderung beteiligt werden soll. Der Partizipationsgrad kennzeichnet
hingegen die Einflussmöglichkeiten der Mitarbeiter. Der Grad der Beteiligung richtet
sich nach dem Beitrag, den ein Betroffener möglicherweise durch Fachwissen im
jeweiligen Bereich bei der Entscheidungsfindung leisten kann. Je nach Anteil am
Entscheidungsprozess erfolgt eine inhaltliche Abstufung der Partizipation. Hier ist
also letztlich die Frage zu klären, wie stark die Betroffenen einbezogen werden
sollen. Zu guter letzt ist die Dimension des Partizipationsverfahrens zu bearbeiten:
Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie die Betroffenen am Implementierungsprozess
beteiligt werden können bzw. beteiligt werden sollen. Grundsätzlich reicht die
Mitarbeiterbeteiligung von der Information der Betroffenen über Beteiligung durch
Interessensvertreter, wie z. B. der Betriebsrat, bis hin zur unmittelbaren Beteiligung
und Mitentscheidung aller Betroffenen. Im Allgemeinen wird dabei die direkte
Beteiligung der indirekten vorgezogen.484 Da aber die Einbeziehung aller Betroffenen
häufig zu aufwändig erscheint, ist in der Praxis oft nur eine Beteiligung über
Repräsentanten möglich.
Zwei Faktoren sind von wesentlicher Bedeutung für die erfolgreiche Implementierung
einer Veränderung: Einerseits die Information und andererseits die Schulung:
Betriebliche Informationspolitik stellt eine wesentliche Größe zur Steigerung der
Akzeptanz dar. Intensive, offene, umfassende und rechtzeitige Information trägt
ebenfalls dazu bei, unbegründete Befürchtungen und damit zumindest einen Teil
möglicher Widerstände abzubauen.“485
Wichtig für die Akzeptanz der Veränderung ist neben dem Informationszeitpunkt die
Glaubwürdigkeit: „Eine frühzeitige Informierung hat den Vorteil, dass zu diesem
Zeitpunkt in der Regel nur wenige verfestigte und detaillierte negative Einstellungen
gegen die bevorstehende organisationale Veränderung bestehen, die besonders
schwer zu handhaben sind“486 Ist der Zeitpunkt der Information zu spät gewählt,
484 Vgl. Vorwerk 1994, S. 32 485 Hill/Fehlbaum/Ulrich 1981, S. 479 486 Gerl 1975, S. 300
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
140
„leidet auch die Glaubwürdigkeit.“487 Zur Glaubwürdigkeit der Information trägt neben
dem Informationszeitpunkt entscheidend der Übermittler der Information und dessen
Glaubwürdigkeit bei. Übertreibungen sind zu vermeiden, „da sie die Glaubwürdigkeit
einschränken“ und „persönliche Gespräche schriftlichen Mitteilungen vorzuziehen.“488
Des Weiteren sollte der Übermittler bei der Wahrheit bleiben, denn die Enttäuschung,
die sich nach versprochenen, aber nicht erreichten Erfolgen bei den Betroffenen
einstellt, ist ungleich schwer zu überwinden als eine ursprüngliche Abneigung gegen
die Einführung der Neuerung.“489 Informationen dürfen nicht nur positive Effekte der
Neuerung herausstellen, sondern müssen auch die möglichen negativen Effekte
thematisieren und damit vollständig sein. Dies erhöht die Bereitschaft der Mitarbeiter,
Informationen aufzunehmen, zu verinnerlichen und als glaubwürdig anzusehen.
Durch eine anstehende Veränderung ergibt sich aber nicht nur die Notwendigkeit der
Information, denn „Reorganisationen sind immer mit Fragen der Aus- und
Weiterbildung gekoppelt, müssen doch die benötigten Fähigkeitspotentiale der
Mitarbeiter zumindest teilweise angepasst oder neu aufgebaut werden.“490 Eine
rechtzeitige und umfassende Schulung kann erreichen, dass trotz Veränderungen
mit ähnlicher Sicherheit, ähnlichem Selbstvertrauen und daraus resultierend mit
nahezu demselben Wohlbefinden wie zuvor gearbeitet werden kann.
Innerhalb der Dimension des Partizipationsverfahrens bieten sich mehrere
Möglichkeiten, die Betroffenen einzubeziehen. Hierbei ist es von Vorteil, die
einzelnen Komponenten zu kombinieren und sie nicht als Alternativen zu verstehen.
Mit einem guten Mix aus Informationspolitik, direkter oder indirekter Partizipation und
Schulung kann es gelingen, Alternativen zu den vielfältigen Ängsten und
Befürchtungen des Betroffenen zu entwickeln. „Diese Alternative besteht darin, dass
das betroffene Individuum der Einführung der Neuerung mit dem Gefühl der
Herausforderung entgegengeht.“491
487 Frese/Brodbeck 1988, S. 39 488 Vgl. a.a.O., S. 39 489 Vgl. Kalbermatten1963, S. 69 490 Vgl. Wohlgemuth 1989, S. 39ff. 491 Vorwerk 1994, S. 41
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
141
5.4.2.3 Kontrastierung der beiden Interventionsstrategien Trotz häufiger Plädoyers für möglichst weit reichende Beteiligung der Betroffenen ist
die direktive Strategie des Bombenwurfs in der Praxis häufig anzutreffen. Die zeit-
wie kosteneffiziente und leichte Realisierung wird hierfür als Grund genannt.
Zeiteffizienz ergibt sich daraus, dass Entscheidungen schneller getroffen und
umgesetzt werden können; hieraus resultiert die Kosteneffizienz, denn je kürzer die
Implementierungsphase dauert, und je weniger Aufwand, z. B. durch Partizipation,
sie mit sich bringt, desto weniger Kosten entstehen.492 Ein weiteres Argument für die
Strategie des Bombenwurfs ist, dass Partizipation „an ihre Grenzen stößt, wenn sie
in großen sozialen Systemen angewendet werden soll.“493 Aufgrund des enormen
organisatorischen Aufwands ist eine Beteiligung aller betroffenen Mitarbeiter in
großen Unternehmen sehr schwierig. Oftmals wird die Strategie des Bombenwurfs
auch aus börsentechnischen Gründen gewählt. Auf eine plötzliche Bekanntgabe
einer Veränderung, reagieren nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die betroffenen
Aktionäre.
Für die im Gegensatz zur direktiven stehende partizipative Strategie sprechen im
Wesentlichen zwei Hauptargumente: Ein positiver Aspekt dieser Interventions-
strategie lässt sich durch die „Partizipations-Akzeptanz-Hypothese“494 darlegen,
wonach „die Betroffenen eine Entscheidung besonders dann mittragen, wenn sie an
der Entscheidungsfindung beteiligt waren, weil die Betroffenen so ihre eigenen
Bedürfnisse in die Entscheidung einbringen können.“495 Ein anderer positiver Aspekt
der partizipativen Strategie stellt sich in der „Partizipations-Qualitäts-Hypothese“496
dar. Durch Einbeziehung der Mitarbeiter kommt es zu einer qualitativ hochwertigeren
Entscheidungsfindung, da die Mitarbeiter besser über die betreffende Situation, die
Arbeitsabläufe und Zusammenhänge informiert sind und ihr Fach- und
Erfahrungswissen mit einbringen können. Von großer Bedeutung ist hierbei aber,
dass die Betroffenen auch die Möglichkeit erhalten, ihre eigenen Bedürfnisse
einzubringen, denn nur so gelingt eine nachhaltige Akzeptanzsteigerung. Hierzu
muss die angestrebte Veränderung im Interesse der Mitarbeiter liegen, sonst werden
492 Vgl. Daniel 2001, S. 126 493 Vgl. Picot 1984, S. 157 494 Vgl. Daniel 2001, S. 123 495 A.a.O., S. 123 496 Vgl. a.a.O., S. 123
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
142
diese ihr Wissen und ihre Fähigkeiten nicht in die Entscheidungsfindung einbringen
und der qualitätssteigernde Effekt bleibt aus.
Voraussetzung für Partizipation ist eine grundsätzliche Nachfrage nach Beteiligung
seitens der von der Veränderung Betroffenen. Fehlt das Interesse an Beteiligung,
wird die Partizipation eher negative Folgen wie Frustration etc. bewirken.497
Des weiteren „muss Partizipation ernst gemeint sein und darf nicht zur
„Pseudopartizipation“ werden.498
Die Wahl der passenden Strategie hängt also von mehreren verschiedenen Faktoren
ab. „Je nach Auslöser und Inhalt der angestrebten Veränderung, je nach den
äußeren Rahmenbedingungen, nach der Anzahl der Betroffenen, nach der
Veränderungskompetenz der zu Beteiligenden etc. […] muss bei jedem Ver-
änderungsprojekt über das Maß an Mitbeteiligung und über den Grad der Einbindung
von Betroffenen stets neu entschieden werden:“499 Entsprechend muss die
Implementierungsphase ausgerichtet werden, denn es existiert „kein Patentrezept für
die Wahl der einzig richtigen Vorgehensweise beim geplanten Wandel. Die
grundsätzliche, wenn auch allgemeine Empfehlung aber lautet: So partizipativ wie
(situativ) möglich, so direktiv (im Sinne von „von oben bestimmt“) wie eben nötig.“500
Eine wesentliche Rolle bei der Wahl der passenden Strategie zur Schaffung von
Akzeptanz nimmt dabei die Unternehmenskultur ein.
5.4.3 Die Bedeutung der Organisationskultur in der Implementierungsphase
Organisationskultur definiert sich als „Summe der Überzeugungen, die eine Gruppe,
ein Volk oder eine Gemeinschaft im Laufe ihrer Geschichte entwickelt hat, um mit
den Problemen der internen Integration (Zusammenhalt) sowie der externen
Anpassung (Überleben) fertig zu werden. Sie ist die Summe der Regeln (‚To do´s’),
497 Vgl. Daniel 2001, S. 124 498 Vorwerk 1994, S. 33 499 Comelli/Rosenstil 2003, S. 142 500 A. a. O., S. 144
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
143
die so gut funktionieren, dass sie zu ‚ungeschriebenen Gesetzen’ werden und jeder
nachfolgenden Generation als die ‚richtige’ Art des Denkens, des Führens und des
Handelns weitergegeben werden.“501
Die Kultur einer Organisation ist so maßgeblich geprägt von den Wertvorstellungen,
Verhaltsweisen und Erfahrung der Mitarbeiter und Führungskräfte. Ebenfalls eng
damit verbunden ist die Organisationsstruktur. Folglich hat jede Organisation eine
unverwechselbare individuelle Kultur: „Sie drückt sich in vielen konkreten
Eigenheiten aus – sowohl was die Struktur, als auch was die Kultur betrifft.“502 Um
die Bedeutung der Organisationskultur für die Implementierungsphase und die damit
verbundenen Schwierigkeiten zur Findung einer passenden Interventionsstrategie,
bzw. dem passenden Strategie – Mix zu verdeutlichen, müssen zwei Dimensionen
unterschieden werden: Zum einen existieren verschiedene Typen von Organisations-
kulturen und zum anderen unterschiedliche Kulturstärken.
5.4.4 Typen und Stärken von Organisationskulturen Hinsichtlich der Art der Kultur finden sich in der Literatur verschiedene
Kulturtypologien, die jedoch keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben wollen
oder können. Am bekanntesten sind die folgenden, von Deal und Kennedy
geschaffenen Kategorien:“ Die Bet-Your-Company-Culture, die Work-Hard/Play-
Hard-Culture, die Tough-Guy/Macho-Culture und die Process-Culture.503
Die Bet-Your-Company-Culture zeichnet sich durch Offenheit gegenüber
Umweltveränderungen und damit verbunden auch durch hohe Risikobereitschaft
aus. Die Organisation selbst ist geprägt von einem allgemein freundlichen
Umgangston und einer unkomplizierten Zusammenarbeit in und zwischen den
Abteilungen mit meist verlangsamtem Informationsrückfluss.
Die Work-Hard/Play-Hard-Culture setzt sich ungern Risiken aus.
Umweltveränderungen werden eher als Bedrohung empfunden. Intern dominieren
Hierarchiebewusstsein, eingefahrene Regeln, Besonnenheit und Rationalität. 501 Doppler/Lauterburg 1995 , S. 54 502 A.a.O., S. 57 503 Vgl. Voigt 1997, S. 59
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
144
Die Process-Culture zeichnet sich durch geringe Risikoneigung und daraus
resultierender ständiger Absicherung, verbunden mit Statusdenken aus. Der
Informationsfluss funktioniert bürokratisch langsam.
Die Tough-Guy/Macho-Culture ist gekennzeichnet durch Mitarbeiter, die sich als
Individualisten verstehen. Dies zeigt sich auch äußerlich durch unkonventionelles
Auftreten und temporeiches Handeln. Solche Organisationen bemühen sich um ein
schnelles Markt-Feedback und scheuen auch hohe Risiken nicht.
Diese unterschiedlichen Kulturphilosophien bieten erste Orientierung, ersetzen aber
nicht die individuelle Kulturanalyse, denn die Unterschiedlichkeit der Kulturen spielt
vor allem bei der Wahl der passenden Implementierungsstrategie eine wichtige
Rolle, denn die bestehende Organisationskultur hat einen „wesentlichen Einfluss auf
die Fragen, welche Implementationsstrategien zu welchem Zeitpunkt in welcher
Intensität anzuwenden sind.“504
Neben der Unterscheidung von Organisationskultur-Typen lässt sich auch nach der
Stärke ihrer Ausprägung differenzieren, denn Normen und Werte, welche die
Organisationskultur konstituieren, können unterschiedlich intensiv ausgeprägt sein.
Die Bandbreite reicht hierbei von einer ebenenübergreifenden Einheitskultur bis zum
Vorliegen vielfältiger Sub-Kulturen in verschiedenen Ebenen und Bereichen der
Organisation. Auch die Tiefe der Verankerung von Normen und Werten kann sich
unterscheiden: Mitarbeiter können von Werten der Organisation tatsächlich
überzeugt sein oder aber nur vordergründig und oberflächlich vertreten.
Um Akzeptanz gegenüber Neuerungen zu schaffen, muss die
Implementationsstrategie an der jeweiligen Organisationskultur ausgerichtet werden:
„Während die Strategie grob festlegt, was künftig getan werden soll, um die
gesetzten Ziele zu erreichen, hat die im Unternehmen ‚geltende’ Kultur
maßgeblichen Einfluss darauf, wie die Strategie in Detailplänen transformiert und
504 Nippa/Scharfenberg 1997, S. 136
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
145
schließlich ‚in der Tat’ umgesetzt wird.“ 505 Ehrgeizige, „große Veränderungen können
scheitern, wenn sie mit der bestehenden Kultur des Unternehmens zu sehr in Konflikt
geraten. Umgekehrt erhalten Strategien, die mit unternehmensindividuellen Werten
und Normen kompatibel sind „eine besondere Schlagkraft.“506
Abb. 41: Eingliederung der Unternehmenskultur507
Für einen nachhaltig erfolgreichen Veränderungsprozess ist ein organisations-
individueller Kulturwandel notwendig, der jedoch sehr schwierig ist, denn die
Organisationskultur bildet den gewachsenen Kern der Organisation und ist deshalb
nur schwer veränderlich. „Während die Strategie schon bald an die veränderten […]
Bedingungen angepasst werden muss und auch wird […], neigt die Kultur stets zur
Reproduktion und Verfestigung der bestehenden Normen und Regeln.“508
Dennoch bleibt die Anpassung der Organisationskultur in der Veränderung für einen
nachhaltigen Erfolg unerlässlich. Dies ist zwar zeitintensiv, aber nicht unmöglich. Es
lassen sich verschiedene Grundprinzipien der Organisationskultur unterscheiden, die
für einen erfolgreichen Implementierungsprozess notwendig erscheinen.
505 Hansmann 1991, S. 59 506 A.a.O., S. 59 507 Eigene Abbildung, basierend auf Krüger 2002, S. 42 508 Hansmann 1991, S. 73
Struktur, Prozess- und Systemänderungen
Fähigkeiten, Verhalten (Individuum)
Werte, Normen, Unternehmenskultur
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
146
5.4.5 Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung Laut der empirischen Studie von Clifford und Cavanaugh509 lassen sich bei
Organisationen, die sich im Wettbewerb und in turbulenten Märkten erfolgreich
behaupten, fünf Merkmale der Organisationskultur heraus arbeiten, die eine
entscheidende Voraussetzung für ein erfolgreiches Management des Wandels
darstellen: Kreative Unruhe, Konfliktfähigkeit, Zusammengehörigkeitsgefühl,
Sinnvermittlung und Kommunikation.
Abb. 42: Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung510
Kreative Unruhe, Experimentierfreude und Pioniergeist sind elementare Bestandteile
auf allen Ebenen der Organisation. Dementsprechend müssen neue Ideen, Mobilität
und Umstellungsbereitschaft gefördert werden. Erfolgreiche Organisationen sind
darüber hinaus konfliktfähig, d. h. es besteht eine konstruktive Streitkultur, die es
erlaubt Konflikte frühzeitig zu erkennen und konstruktiv zu verarbeiten.
Wichtig ist, dass innerhalb der Organisation ein Gemeinschaftssinn und Zusammen-
gehörigkeitsgefühl besteht, das auf Vertrauen, gegenseitiger Akzeptanz und
Offenheit basiert und als verbindendes „Wir-Gefühl“ wirkt. Der Sinn der Arbeit, die
Ziele und die Philosophie der Organisation sollten jedem Mitarbeiter auf allen 509 Vgl. Doppler/Lauterburg 1995, S. 54ff. 510 Eigene Abbildung
Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung
Kreative Unruhe
Zusammengehörigkeitsgefühl
Kommunikation
Konfliktfähigkeit
Sinnverwirklichung
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
147
Ebenen deutlich vermittelt werden, so dass sich dieser mit seiner Arbeit identifizieren
kann und seinen eigenen Beitrag am Ganzen erkennt, denn damit wächst die
Bereitschaft, sich für angestrebte Ziele zu engagieren.
Die Kommunikation ist ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Element der
Organisationskultur. Je mehr kommuniziert wird, desto besser sind die Mitarbeiter
informiert und fühlen sich in das Geschehen eingebunden. Deshalb sollte informelle
und ebenenübergreifende Kommunikation gefördert und genutzt werden.
5.4.6 Zusammenfassung
Die im Rahmen der Implementierungsphase zu beachtenden Aspekte lassen sich
wie folgt zusammenfassen:
Abb. 43: Zusammenfassung der innerhalb der Implementierungsphase zu berücksichtigenden
Aspekte511
511 Eigene Abbildung
Die Implementierungsphase
Aufgaben:
• Phase der größten Herausforderung. Widerstand ist
typisches Merkmal dieser Phase.
• Es stehen direktive und partizipative Interventions-
strategien zur Verfügung. Die bestehende
Organisationskultur bedingt die Wahl der Strategie. • Innerhalb der Partizipationsstrategien kann nach
Partizipationsobjekt, -subjekt, dem Partizipationsgrad
und –verfahren differenziert werden.
• Grundprinzipien erfolgreicher Implementierungen sind
kreative Unruhe, Konfliktfähigkeit, Zusammengehö-
rigkeitsgefühl, Sinnvermittlung und Kommunikation.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
148
6 Konzepte des Veränderungsmanagements
Innerhalb des Managements von Veränderungen lassen sich grundsätzlich drei
konzeptionelle Ansätze unterscheiden: Die systemische Organisationsentwicklung,
das Changemanagement und das Transformationsmanagement. Diese gilt es,
nachfolgend vergleichend darzustellen.
6.1 Systemische Organisationsentwicklung
Die Organisationsentwicklung ist diejenige Veränderungsstrategie mit der längsten
Tradition. Entsprechend der Bedeutung der Organisationsentwicklung, hat sich daher
im Laufe der Zeit die Zahl der Organisationsentwicklungsansätze und -techniken
erheblich vermehrt. Der Begriff „Organisationsentwicklung“ ist so zum Schlagwort
expandiert, welches es zunächst in seiner historischen Entwicklung näher zu
definieren gilt. 512
6.1.1 Die Geschichte der Organisationsentwicklung Der Ursprung der noch recht jungen Geschichte der Organisationsentwicklung liegt
in den U.S.A. und reicht in die 1950er Jahre zurück. Er ist durch zwei zentrale
Methoden, die jedoch im Gegensatz zu anderen Ansätzen auf eine vergleichsweise
lange Tradition zurückgreifen können, gekennzeichnet.513 Die erste Methode ist die
Laboratoriumsmethode, deren Anwendung in Industriebetrieben große Innovationen
hervorbrachte. Die zweite Methode ist die Survey-Feedback-Methode, einer
systematischen und intensiven Datensammlung in dem gesamten zu
untersuchenden System.514
Wesentliche Merkmale beider Methoden ist der Bezug ihre Theorien und
Handlungen auf den Menschen bzw. auf die Gruppe. Beide gehen auf Kurt Lewin
zurück, der am ‚Research Center for Group Dynamics’ durch seine
sozialpsychologischen Analysen, Erkenntnisse und Resultate der Gruppendynamik,
512 Vgl. Böhm 1981, S. 5 513 Vgl. French/Bell 1994, S. 42 514 Vgl. French/Bell 1990, S. 37
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
149
die Eckpfeiler der Organisationsentwicklung begründet. Aufbauend auf seiner
Grundannahme, dass sich eine Organisation dann ändert, wenn sich ihre Akteure
ändern, übertrug er Ansätze der Individualpsychologie auf Gruppen und größere
soziale Zusammenhänge.515
Die Laboratoriumsmethode entstand 1946 auf der Basis von Experimenten mit
Gruppendiskussionen, die eine Verhaltensänderung der Mitglieder bewirken sollten,
in einem Workshop am „State Teachers College“ in New Britain, Connecticut.516 Die
Survey-Feedback-Methode versucht, mit Hilfe von Datensammlungen (Interview,
Fragebogen, Beobachtung etc.) bei Organisationsmitgliedern deren Einstellungen
und somit das Funktionieren des Systems festzustellen. Diese Daten werden, nach
Auswertung, an die betroffenen Mitglieder der Organisation und an das Top-
Management zurückgekoppelt.517 Hierbei existiert die Möglichkeit, Vorgesetzten und
Mitarbeiter gleichzeitig rückzukoppeln oder zunächst die Vorgesetzten in Kenntnis zu
setzen und anschließend die Mitarbeiter rückzukoppeln.518
Neu an dieser Methode ist, dass nach der Rückkoppelung der Daten ein besonderer
Wert auf das Feedback gelegt wird. Die Befragten treffen sich zu Arbeitskreisen
(Workshops) und können sich dort selbst reflektieren sowie Vorschläge
einbringen.519 So entwickelt sich aus einer statischen Datenerhebung ein Prozess,
der Problem-situationen und deren Ursachen in der Organisation einerseits und
seiner Mitglieder andererseits detailliert beschreibt. Im Ergebnis treten hierbei meist
tiefer liegende Schichten des Problems zu Tage.520 Die Survey-Feedback-Methode
stellt sich damit als eine Abfolge von Veränderungsprojekten dar, deren Inhalte
jeweils, d. h. die vom Wandel betroffenen Organisationsmitglieder einbeziehend,
festgelegt werden. Somit wurde aus der Erhebungsmethode sogleich ein Teil des
Interventionsprozesses.521 Sie ist im Vergleich zu anderen Methoden effektiver und
stellt eine zentrale Vorgehensweise im Organisationsentwicklungsprozess dar.522
515 Vgl. Belardi 1992, S. 127 516 Vgl. French/Bell 1990, S. 37 517 Vgl. Böhm 1981, S. 37ff.; vgl. auch: Gairing 1996, S. 66 518 Vgl. Becker/Langosch 1995, S. 62 519 Vgl. Wimmer 2004, S. 229 520 Vgl. Gairing 1996, S. 66 521 Vgl. a.a.O., S. 67 522 Vgl. Becker/Langosch 1995, S. 62
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
150
Neben Lewin sind als zentrale Personen im Entstehungsprozess der systemischen
Organisationsentwicklung Jakob Moreno und John Dewey zu nennen.523 Ihr Beitrag
verankert die Organisationsentwicklung zusätzlich deutlich in der sozialen
Forschung.524 Moreno gilt als einer der großen Vorkämpfer der
sozialwissenschaftlichen Theorie und Praxis des 20. Jahrhunderts. Seine
Forschungen zur Gruppentherapie, zur Soziometrie und die Entwicklung des
Psychodramas prägten die aktuellen Ansätze der Organisationsentwicklung. Sein
Hauptwerk ist die Entwicklung des „Triadischen Systems“. Dieses nutzt die
Soziometrie, welche Moreno als „[...] Methode welche die zwischenmenschlichen
Beziehungen und die psychischen Probleme mehrerer Individuen einer Gruppe
bewusst im Rahmen empirischer Wissenschaft behandelt.“525 Obwohl Moreno seine
Arbeiten nicht auf Organisationen fokussierte, beeinflusste er dennoch durch seine
theoretischen, konzeptionellen und forschungsmethodischen Grundlagen, sowie
seinen kreativen und praktischen Methoden für die psychologische Arbeit in hohem
Maß die Organisationsentwicklung.526
Die der Organisationsentwicklung zu Grunde liegenden philosophischen Grundlagen
des amerikanischen Pragmatismus wurden von John Dewey geprägt, der sich
hauptsächlich mit Fragen der Psychologie, Philosophie und Pädagogik beschäftigte.
Er zeigte auf, dass die Organisationsentwicklung als angewandter sozial-psycholo-
gischer und sozialpädagogischer Wissenszweig ein wichtiges Instrument für die
Organisationspraxis darstellt.527 Deweys pädagogisches Konzept des
Erfahrungslernens belegte, dass Lernen immer ein Teil der Veränderung von
Individuen und der umliegenden Systeme darstellt und nutzte die Methode des
Projektlernens, der Gruppenarbeit, des sozialen Lernens und des Erfahrungslernens.
Dies sind auch heute noch wichtige Bestandteile der Organisationsentwicklung.
Somit hat Dewey einen großen Teil zur Evolution der Organisationsentwicklung
beigetragen.528
523 Gairing 1996, S. 160 524 Vgl. Wimmer 2004, S. 221 525 Vgl. Gairing 1996, S. 28 526 Vgl. a.a.O., S. 33 527 Vgl. a.a.O., S. 22 528 Vgl. a.a.O., S. 26f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
151
6.1.2 Definition des Begriffs Organisationsentwicklung
French definiert die Organisationsentwicklung als „eine langfristige Bemühung, die
Problemlösungs- und Erneuerungsprozesse in einer Organisation zu verbessern, vor
allem durch eine wirksame und auf Zusammenarbeit gegründete Steuerung der
Organisationskultur – unter Berücksichtigung formaler Arbeitsteams – durch die Hilfe
eines Organisationsentwicklungsberaters oder Katalysators und durch Anwendung
der Theorie und Technologie der angewandten Sozialwissenschaften unter
Einbeziehung von Aktionsforschung.“529 An Hand der in der umfangreichen Definition
enthaltenen Schlagwörter können die Merkmale der Organisationsentwicklung
abgeleitet werden.
Das Hauptmerkmal der Organisationsentwicklung ist, dass dieser ein langfristiger
und fließender Prozess ist, der Zeit in Anspruch nimmt. Aufgrund der Langfristigkeit,
ist wichtigster Grundsatz planmäßiges Handeln. Hierzu gehört eine genaue Diagnose
und, auf dieser Basis, die Entwicklung eines Organisationsentwicklungsprogramms.
Im nächsten Schritt müssen dann alle benötigten Hilfskräfte und -quellen für die
Durchführung des Organisationsentwicklungsprogramms ausfindig gemacht
werden.530 Dabei ist die Organisationsentwicklung ein organisationsumfassender
Prozess und bezieht die gesamte Organisation mit ein. Sie verfolgt eine Humani-
sierung der Arbeitswelt, um mehr Raum für Persönlichkeitsentfaltung und
Selbstverwirklichung zu bieten und strebt gleichzeitig eine Erhöhung der Leistungs-
fähigkeit an. Darüber hinaus wird auf die aktive Beteiligung aller Betroffenen im
Prozess wert gelegt. Hierzu gehört auch die laufende Beseitigung von
Interessenskonflikten und Rivalitäten sowie die Verbesserung der Kommunikation
und Kooperation. Die Organisationsentwicklung setzt aber auch eine Steuerung
seitens der Führung voraus, die dafür die Verantwortung trägt, dass der Prozess die
damit verbundenen Ziele verfolgt und dabei wirksam unterstützen.531
529 Vgl. French/Bell 1990, S. 31 530 Vgl. Beckhard 1972, S. 25; vgl. auch Böhm 1981, S. 11 531 Vgl. Beckhard 1972, S. 25
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
152
Neben der Führung spielt der externe Berater im Organisationsentwicklungsprozess
eine wesentliche Rolle. Er beteiligt Personen, überzeugt und motiviert, um
notwendige Schritte in Gang zu setzen und den Organisationsentwicklungsprozess
insgesamt zu katalysieren.532
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Anlehnung der
Organisationsentwicklung an die angewandten Sozialwissenschaften ein
bedeutendes Merkmal darstellt, wobei sozialwissenschaftliche Erkenntnisse über
Menschen und Organisationen, beispielsweise Rollentheorien und Individual-
motivationen, in durchführbare Aktionsprogramme übersetzt werden.533 Die
Basierung des Organisationsentwicklungsprozesses auf dem Aktionsforschungs-
modell begründet, das mittels Untersuchungen (Daten) der Ist-Zustand und daraus
die Probleme der Organisation definiert wird, um letztlich Aktionen in Bezug auf die
Veränderungsziele zu planen und vorzunehmen.534
6.1.3 Ziele und Leitbild der Organisationsentwicklung Kennzeichnend für Organisationsentwicklung ist ein humanistisches Leitbild und
pragmatische Grundhaltungen. Beide Aspekte bilden die Philosophie der
Organisationsentwicklung.535
Das humanistische Leitbild der Organisationseinwicklung sieht den Menschen als ein
sich entwickelndes und lernendes Wesen an. Auf dieser Sichtweise basiert die
Überzeugung, dass Produktivität und Menschlichkeit sich nicht gegenseitig
ausschließen müssen.
Ziel der Organisationsentwicklung ist es, betriebliche Probleme zu lösen ohne die
Wertvorstellungen, die sich aus dem Leitbild ergeben, aus dem Auge zu verlieren.
Konkret bedeutet das, dass den Mitarbeitern in einer Organisation, nicht eine Lösung
für ein betriebliches Problem von der Führungsebene vorgesetzt wird, sondern dass
532 Vgl. Böhm 1981, S. 122f. 533 Vgl. French/Bell 1990, S. 68 534 Vgl. Böhm 1981, S. 27 535 Vgl. Becker/Langosch 1986, S.95
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
153
die von einem Problem betroffenen Mitarbeiter selbst an der Lösung des Problems
mitwirken.
Neben dem humanistischen Leitbild gehört auch eine pragmatische, realitäts-
bezogene Grundhaltung zur Philosophie der Organisationsentwicklung. Wissen-
schaftliche Theorien genießen in praktischen Anwendungen an Bedeutung, das
Herangehen an Probleme ist überwiegend empirisch, experimentell und man ist stets
offen für neue Erfahrungen.536 Baumgartner u. a. konkretisieren die Ziele der
Organisationsentwicklung, indem sie fünf Oberziele definieren, die als Fähigkeiten,
welche die Organisation während des Organisationsentwicklungsprozesses erlernen
soll, betrachtet werden: Selbsterneuerung und Selbstgestaltung, Förderung von
Selbstorganisation, Humanisierung, Effektivität und Authentizität.537
Abb. 44: Die fünf Oberziele der Organisationsentwicklung538
Die einzelnen Ziele werden im Folgenden genauer dargestellt.
Das Ziel Selbsterneuerung und Selbstgestaltung fokussiert darauf, dass die
Mitglieder der Organisation lernen, die momentane als auch die zukünftige Realität
ihrer Organisation selbst zu gestalten. Konkret bedeutet dies, dass sie in allen
Phasen des Organisationsentwicklungsprozesses aktiv beteiligt sind, Einfluss
ausüben können und die Möglichkeit erhalten, ihre eigenen Bedürfnisse, Ziele, 536 Vgl. Becker/Langosch 1986, S. 95 537 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 1996, S. 28ff. 538 Eigene Abbildung
Ziele der Organisationsentwicklung
Selbsterneuerung und
Selbstgestaltung
Förderung von Selbstorganisation Effektivität
Humanisierung
Authenzität
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Christopher Klug
154
Fähigkeiten und Erfahrungen in den Entwicklungsprozess einzubringen. Aufgabe des
Beraters ist es, Organisationsmitglieder in der Entwicklung ihrer eigenen Vor-
stellungen und Ideen zu unterstützen.
Die Förderung der Selbstorganisation umfasst „alle Phänomene […], in denen
Ordnung und Strukturen in Organisationen spontan, ohne Lenkungs- und
Eingriffsversuche von außen entstehen und nicht Folge absichtlicher Gestaltung
sind.“539 Organisationen sind komplexe Gebilde, die es nicht erlauben, jedes Detail
zu planen und zu steuern. Logische Konsequenz hieraus ist der hohe Stellenwert der
Selbstorganisation in Organisationen, die für das Funktionieren von Organisationen
unerlässlich ist. Ziel der Organisationsentwicklung ist es daher, Grundlagen innerhalb
der Organisation zu schaffen, die Selbstorganisation ermöglichen und fördern.
Hierfür müssen die Beteiligten Entscheidungskompetenzen übertragen bekommen,
die es ihnen erlauben, Selbstorganisationsprozesse durchzuführen und Qualifi-
kationen zu erwerben werden, um Prozesse in Organisationen selbst zu
organisieren.540
Die Steigerung der Effektivität und Leistungsfähigkeit der Organisation als Ziel eines
Organisationsentwicklungsprozesses bezieht sich darauf, die Anpassungsfähigkeit
an sich verändernde Rahmenbedingungen in den Systemen zu verbessern, um dem
sich stetig beschleunigenden Wandel von Märkten, Bedürfnissen und Technologien
gewachsen zu sein. Hierbei ist die Erhaltung oder Steigerung der Flexibilität, die
Förderung der Innovationsbereitschaft sowie die Förderung der Lernfähigkeit des
Systems relevant.541
Die Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens für die Organisationsmitglieder
beschreibt das Ziel Humanisierung, durch Förderung der Entfaltungsmöglichkeiten.
Dies kann konkret durch die Gestaltung abwechslungsreicher Tätigkeiten, durch die
Beteiligung an Entscheidungsfindungen, die Möglichkeit zur Weiterbildung oder der
539 Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 1996, S. 29 540 Vgl. a.a.O., S. 29f. 541 Vgl. Becker/Langosch 1995, S. 17
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
155
aktiven Teilnahme an Prozessen realisiert werden. Damit einher geht die Erwartung,
dass sich durch eine höhere Qualität des Arbeitslebens die Zufriedenheit und
Motivation verbessert und damit positive Auswirkungen auf die Produktivität der
Organisationen verbunden sind.
Zielkonflikte sind kennzeichnend für Systeme und Organisationen. Individuelle
Vorstellungen, Interessen und Ansichten der Organisationsmitglieder können ebenso
wie die Organisationsentwicklungsziele Effektivität und Humanisierung konkurrierend
sein und Konfliktpotential nach sich ziehen. Authenzität ist die Antwort auf
Zielkonflikte der Organisationsentwicklung. Es gilt, derartige Interessensgegensätze
zu akzeptieren, offen zu thematisieren, um auf diese Weise zu Konfliktlösungen zu
kommen. Die einzelnen Organisationsmitglieder lernen, mit Zielkonflikten
umzugehen und eigene Lösungswege zu finden. Hierbei arbeitet die
Organisationsentwicklung nach dem systematischen Arbeitsprinzip „Differenzieren
vor Integrieren“. Bestehende Unterschiede werden zu Beginn sichtbar herausge-
arbeitet und somit eventuell noch verschärft. 542 Im nächsten Schritt ist es dann durch
die gewonnenen Einsichten möglich, eine Integration der unterschiedlichen Ziele zu
erreichen, beziehungsweise eine eindeutige und abgewogene Entscheidung zu
Gunsten einer Seite zu treffen.
6.1.4 Die Rolle des Beraters im Organisationsentwicklungsprozess Aus der Definition der Organisationsentwicklung als einem längerfristigen Prozess,
der auf aktiver Mitbeteiligung der Organisationsmitglieder beruht und dem Anspruch
nicht nur Symptome, sondern die Ursachen von Problemen sichtbar zu machen und
diese im Kern durch die Mitarbeiter zu lösen. Hieraus ergeben sich Konsequenzen
für die Rolle des Beraters, die sich im Zeitlauf ändert. 543 Aufgabe des Beraters
während des Organisationsentwicklungsprozesses ist es grundsätzlich, die
Organisationsmitglieder bei der Verwirklichung der erläuterten Ziele zu unterstützen.
Da der Organisationsentwicklungsprozess als Lernprozess organisiert ist und die
Kompetenzen der Organisationsmitglieder im Laufe des Prozesses zunehmen, kann
542 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 1996, S. 31 543 Vgl. Wohlgemuth 1982, S. 128ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
156
sich der Berater sukzessive aus dem laufenden Prozess zurückziehen, bis die
Organisation selbst in der Lage ist, sich zu erneuern und selbst zu gestalten. Der
Berater übernimmt im Organisationsentwicklungskonzept damit die sonst eher in
therapeutischen Kontexten übliche Rolle des Moderators.544
Rolle des Beraters
• Moderator
• Prozessberater
• Verfahrensspezialist
• Promotor
Abb. 45: Rolle des Beraters545
Weiterhin ist der Berater typischerweise in der Rolle eines Prozessberaters. Er
unterstützt Organisationsmitglieder dabei, Situationen zu klären, Ziele zu setzen und
Lösungswege zu finden. Seine Aufgabe ist es, der Organisation das für die
Durchführung des Prozesses notwendige Wissen zu vermitteln, Einzelprozesse zu
beobachten und zu analysieren und Problemlösungspotentiale zu entfalten. Der
Berater im Organisationsentwicklungsprozess ist somit vor allem ein Verfahrens-
spezialist, der für das Lösen inhaltlicher Probleme passende Experten zu
Einzelfragen hinzuziehen kann. Die Verantwortung für die Lösung von Problemen
liegt somit nicht beim Berater, sondern in der Organisation selbst. Er organisiert den
Prozess als Lernprozess, der die Organisation befähigt, Prozesse aus eigener Kraft
zu lenken und bietet vor allem Hilfe zur Selbsthilfe und keine inhaltlichen Lösungen,
„keine Rezepte, sondern Konzepte“ an.546
Neben der Rolle des Prozessberaters erfüllt der Organisationsentwicklungsberater
auch die Rolle eines Promoters: Im Unterschied zum Prozessberater nimmt er
hierbei auch inhaltlich zu Einzelfragen Stellung, indem er Verbesserungsvorschläge
544 Gairing 1996, S. 160 545 Eigene Abbildung, inhaltlich basierend auf Becker/Langosch 1995, S. 30 546 A.a.O., S. 30
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
157
macht oder Vorschläge einzelner Mitarbeiter unterstützt. Er ist also inhaltlich an der
Lösungsfindung beteiligt, ohne dass er fertige Lösungen vorgibt.
Als Promoter ist der Berater so nicht nur Verfahrensspezialist, sondern hat darüber
hinaus die Aufgabe, den Organisationsentwicklungsprozess gemeinsam mit den
Beteiligten zu beschleunigen. Da die Rolle des Promoters eine Erweiterung der Rolle
des Prozessberaters darstellt, steigen die Ansprüche an den Berater, denn er muss
über Fachwissen verfügen, um inhaltlich Stellung nehmen zu können.
Die Koppelung der Rollen ist nicht unproblematisch; obwohl einige Autoren die Rolle
des Promoters in der Organisationsentwicklung sogar ausschließen547, kann sie
wertvoll für den Organisationsentwicklungsprozess sein, da der Berater so in der
Lage ist, dem Prozess wertvolle Impulse zu geben.548
6.1.4.1 Anforderungen an den Organisationsentwicklungsberater
Die zahlreichen Rollen eines Beraters im Organisationsentwicklungsprozess stellen
hohe Anforderungen an die Kompetenzen, an die Persönlichkeit des Beraters und
insgesamt an dessen Verantwortung, Beraterethik, Unabhängigkeit und Ausbildung,
Eigenschaften und Erfahrung.549
Im Rahmen eines Organisationsentwicklungsprozesses leistet der Berater einen
wesentlichen Beitrag für den Erfolg des Prozesses. Er trägt Sorge dafür, dass die
von ihm ausgewählten Instrumente und Methoden angemessen sind. Dabei hängt
der Grad der Verantwortung auch davon ab, ob der Berater die Rolle eines Prozess-
beraters oder eines Promoters wahrnimmt.
Unter Beraterethik sind hierbei gewisse, in den Sozialwissenschaften übliche
Normen und Werte zu verstehen.550 In engem Zusammenhang zur Verantwortung
und Beraterethik steht die Unabhängigkeit des Beraters.
547 Vgl. French/Bell 1994, S. 122 548 Vgl. Wohlgemuth 1982, S. 134f. 549 Vgl. a.a.O., S. 201ff. 550 Vgl. a.a.O., S. 204
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
158
French/Bell weisen an dieser Stelle darauf hin, dass das Dilemma zwischen seinen
Bemühungen, die Fähigkeiten des Klienten zu entwickeln und zwischen seinem
Wunsch, sich zu engagieren, sich unentbehrlich und zuständig zu fühlen“551, besteht.
Verantwortungsbewusste Berater leben mit diesem Spagat, machen sich im Laufe
des Beratungsprozesses entbehrlich und erfüllen somit die Forderung nach
Unabhängigkeit.
Organisationsentwicklungsberater sollten aufgrund der Vielfalt an Aufgaben, denen
sie im Rahmen des Organisationsentwicklungs-Beratungsprozesses begegnen,
„Generalist für organisatorische Belange und Spezialist für die Organisationsentwick-
lungsberatung sein.“552 Eine psychologische oder soziologische Ausbildung mit
Kenntnissen verschiedener Methoden und Theorien der Organisationsentwicklung
bildet hier eine gute Basis. Hat der Berater die Rolle des Promoters inne, ist es
erforderlich, dass er über technische, betriebswirtschaftliche und die Führung von
Organisationen betreffende Kenntnisse verfügt, um spezielle Themengebiete
vertiefen und richtig beurteilen zu können.
Neben dem Fachwissen benötigt der Berater eine Reihe von menschlichen
Qualitäten: „Der Berater muss über gute interpersonale Fähigkeiten verfügen. Er
muss in der Lage sein, mit Menschen in einer Atmosphäre von Kontakt, Vertrauen,
Realität, Offenheit und Zielorientiertheit zu kommunizieren und umzugehen. […]
Darüber hinaus wird der Erfolg des Beraters von der Überzeugungskraft und dem
Takt abhängen, den er an den Tag legt, wenn er mit zwischenmenschlichen
Kontakten arbeitet, auf denen die Beratungssituation basiert.“553
Im Idealfall bringt ein Berater diagnostische Fähigkeiten, Objektivität, Vertrauens-
würdigkeit, Einfühlungsvermögen, Verständnis und pädagogisches Geschick.554
Ausreichende Erfahrung in Veränderungsprozessen und vor allem im Umgang mit
Menschen ist von großem Vorteil.
551 French/Bell 1994, S. 218 552 Wohlgemuth 1982, S. 205 553 Lippit 1977, S. 114 554 Für eine ausführliche Beschreibung, vgl. Wohlgemuth 1982, S. 206
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
159
6.1.5 Gestaltungsprinzipien der Organisationsentwicklung Bei der Durchführung von Organisationsentwicklungsprojekten müssen eine Reihe
von Gesichtspunkten beachtet werden um den Erfolg des Organisationsentwick-
lungsprozesses zu gewährleisten. French/Bell haben anhand von erfolglosen
Bemühungen, Gestaltungsprinzipien für erfolgreiche Organisationsprozesse heraus-
gearbeitet:
Voraussetzungen erfolgreicher Organisationsentwicklung nach French/Bell
1. Problembewusstsein in der Führungsspitze
2. Der Einsatz eines externen Organisationsberaters
3. Die Legitimation durch die Führungsspitze und der Betroffenen
4. Organisationsentwicklung als Unternehmensphilosophie
5. Die Entwicklung interner Problemlösekapazitäten
6. Die Einbeziehung der Personalpolitik
7. Die Koordinierung und Kontrolle des Organisationsentwicklungsprozesses
Abb. 46: Voraussetzungen erfolgreicher Organisationsentwicklung nach French/Bell555
Eine auslösende Bedingung für Organisationsentwicklungsprozesse ist fast immer
ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Problembewusstsein bei einer oder
mehreren verantwortlichen Personen in einer Organisation und eine subjektive
Unzufriedenheit mit den gegebenen Verhältnissen, die Veränderungen als
grundsätzlich wünschenswert erscheinen lassen.556
Der Einsatz eines externen Organisationsentwicklungsberaters ist als weitere
Bedingung erfolgreicher Organisationsentwicklungsprozesse anzusehen. Während
zu Beginn eines Prozesses diese Rolle von einem Organisationsmitglied ausgeführt
werden kann, überwiegen im Weiteren die Vorteile eines externen Beraters, da er
weniger den organisationsinternen Zwängen unterworfen ist und als Außenstehender
555 Vgl. French/Bell 1990, S. 183ff. 556 Vgl. Becker/Langosch 1986, S. 26ff.; vgl. auch: French/Bell 1990, S. 183ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
160
von allen Seiten leichter als ausreichend neutral akzeptiert wird und damit tragfähige,
unbelastete Beratungsbeziehungen aufbauen kann.557
Für den langfristigen Erfolg von Organisationsentwicklungsmaßnahmen ist es
besonders wichtig, die Prinzipien der Organisationsentwicklung als Bestandteil der
Unternehmensphilosophie zu verankern und Ziele bzw. Praktiken für alle
Organisationsmitglieder transparent zu machen. Berater und interne Organisations-
entwicklungsbeauftragte sollten hierzu den gesamten Organisationsentwicklungs-
prozess als Lernprozess organisieren. Die Förderung der persönlichen Entfaltung
und die Verbesserung der Leistungsfähigkeit von einzelnen Gruppen sind so
Schwerpunkt jedes Organisationsentwicklungsprogramms.558
Die Entwicklung interner Problemlösekapazitäten ist ein weiteres typisches Merkmal
erfolgreicher Organisationsentwicklungsbemühungen. Daher ist es wichtig, dass die
Organisation die Kenntnisse des Beraters nutzt und dieser sich im Laufe des
Prozesses mehr und mehr zurückzieht. Damit sinkt mit dem Prozessfortschritt die
Abhängigkeit der Organisation von der Person des Beraters; gleichzeitig entwickeln
sich interne Ressourcen zum Aufbau organisationsinterner Problemlöse-
kapazitäten.559
Organisationsentwicklungsmaßnahmen müssen mit Personal-, Auswahl-,
Beförderungs-, Entlohnungssystemen vereinbar sein und somit in die Personalpolitik
einbezogen werden, um das Engagement von Einzelnen und Gruppen auf Dauer
finanziell und laufbahnmäßig abzusichern. Es besteht sonst die Gefahr, dass interne
Organisationsentwicklungsgruppen, die oft als Katalysator bei schnellen
organisatorischen Umwandlungen wirken, den Personalkorpus spalten. Daher ist
darauf zu achten, dass möglichst weite Teile der Organisation mit in den Ent-
wicklungsprozess einbezogen werden.560
557 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u.a. 2000, S. 106ff. 558 Vgl. French/Bell 1990, S. 186ff.; vgl. auch: Becker/Langosch 1986, S. 155 559 Vgl. Baumgartner/Häfele/Schwarz/u. a. 2000, S. 31ff.; vgl. auch: French/Bell 1990, S. 189ff. 560 Vgl. French/Bell 1990, S. 188ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
161
Ein weiteres Merkmal erfolgreicher Organisationsentwicklungsmaßnahmen besteht
darin, dass Fragen der Koordinierung und Kontrolle des Organisationsprogramms
von internen Koordinatoren, dem externen Berater und den Klienten behandelt
werden. Fehlende Koordination kann zu Spannungen zwischen Mitgliedern der
Organisation führen. Für die Sicherstellung des Erfolges ist die fortlaufende
Überwachung der Resultate des Organisationsentwicklungsprozesses notwendig,
um festzustellen, in welchem Maß die vorher identifizierten Probleme durch den
Prozess gelöst wurden.561
6.1.6 Initiierungsstrategien
Erfolgreiche Organisationsentwicklungsbemühungen beginnen nicht automatisch auf
der Führungsebene. Es lassen sich in diesem Zusammenhang fünf Initiierungs-
strategien, unterscheiden.
Bei der Initiierung von der Spitze aus setzt der Berater den Organisations-
entwicklungsprozess zuerst beim Top-Management, dann nach und nach in den
niedrigeren Hierarchien der Organisation in Gang. Der Vorteil liegt hierbei in der
Glaubwürdigkeit, da sich die Führungsspitze aktiv für neue Entwicklungen und
Veränderungen einsetzt.562
Bei der Initiierung von der Basis aus beginnt der Organisationsentwicklungsprozess
zunächst an der Basis und geht von dort schrittweise auf die höhere Ebene über, mit
dem Vorteil der höheren Identifikation unterer Hierarchiestufen und besserer
Transparenz.563
Bei der Initiierung von der Spitze und von der Basis aus wird der Organisations-
entwicklungsprozess gleichzeitig von der Spitze und der Basis aus eingeleitet,
folglich können mehrere Probleme simultan in Angriff genommen werden, was im
Idealfall zur Beschleunigung des gesamten Prozesses führt, jedoch besondere
Koordinationsauslegungen erfordert.564
561 Vgl. Gebert 1974, S. 107ff.; vgl. auch: French/Bell 1990, S. 190ff. 562 Vgl. Wohlgemuth 1982, S. 182f. 563 Vgl. a.a.O., S. 184f. 564 Vgl. a.a.O., S. 186f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
162
Die Initiierung von der Mitte aus setzt den Organisationsentwicklungsprozess auf
mittlerer Ebene an. Von dort greift er in beide Richtungen auf die gesamte
Organisation über. Der Vorteil dieser Initiierungsstrategie liegt darin begründet, dass
im mittleren Management unvoreingenommene Fachkräfte mit Wissen über die
gesamte Organisation zu erwarten sind.565
Bei der Initiierung von verschiedenen Zentren aus erfolgt die Initiierung des
Organisationsentwicklungsprozesses gleichzeitig von mehreren verschiedenen
Stellen aus und dehnt sich auf die gesamte Organisation aus. Die Zentren können
dabei in unterschiedlichen Hierarchieebenen liegen. Dies birgt die Chance, einzelne
Mitglieder die für den Organisationsentwicklungsprozess besonders hilfreich
erscheinen, in diesen Zentren zusammenzufassen.566
Insgesamt betont die Organisationsentwicklung die menschliche und soziale
Dynamik in Organisationen und vernachlässigt aus Sicht der Kritiker die
aufgabenbezogenen, technischen und strukturellen Aspekte und deren
Wechselbeziehung.567
Gleichzeitig liegt im Prinzip der Langfristigkeit ein wesentlicher Nachteil der
Organisationsentwicklung. Sie ist eine kostspielige Investition und kein schnell
wirkendes Allheilmittel für gesamtorganisatorische Verbesserungen. Somit werden
kurzfristig notwendige Veränderungen in Zeiten einer Krise nicht schnell und
beschleunigend bewirkt. Dies kann besonders für eine Organisation, die sich in einer
existenzgefährdeten Situation befindet, zum Nachteil werden.568
Organisationsentwicklungsmaßnahmen erfolgreich durchzuführen erfordert
besondere Kenntnisse und Qualifikationen der Beteiligten, denn die größte Gefahr
besteht darin, dass falsche Organisationsentwicklungstechniken fehlerhaft eingesetzt
565 Vgl. Wohlgemuth 1982, S. 187f. 566 Vgl. a.a.O., S. 188f. 567 Vgl. French/Bell 1990, S. 235 568 Vgl. Becker/Langosch 1986, S. 202ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
163
werden und so zum Scheitern der Organisationsentwicklungsmaßnahmen führen.569
Weiterhin kann es von Nachteil sein, wenn sich Organisationsentwicklungstechniken
nur auf die Veränderung der internen Kultur konzentrieren und verschiedene externe
Einflussfaktoren nicht wahrgenommen werden.570
6.2 Change Management
Der Begriff Change Management ist seit Mitte der 90er Jahre in aller Munde und
stammt, wie viele andere Begriffe der Managementtheorie, aus dem
Angelsächsischen.571 Sucht man nach einer einheitlichen Definition des Begriffes,
wird man enttäuscht, denn die Definitionsversuche des Change Management gehen
zum Teil stark auseinander. Einige Autoren vermeiden sogar eine Definition des
Begriffes.
Czichos572 verwendet unter dem Titel ‚Change Management’ beispielsweise eher das
Konzept der Organisationsentwicklung und entwickelt daraus im Folgenden einen
eigenen konzeptionellen Ansatz. Kostka/Mönch stellen fest, dass „Change
Management bedeutet, Veränderungsprozesse auf Unternehmens- und persönlicher
Ebene zu planen, zu initiieren, zu realisieren, zu reflektieren und zu stabilisieren […]
Change Management zielt auf planmäßige mittel- bis langfristig wirksame
Veränderung von Verhaltensmustern und Fähigkeiten, um zielgerichtet Prozesse und
Kommunikationsstrukturen zu optimieren. Dafür ist eine ganzheitliche Betrachtungs-
weise der Organisation notwendig […] tiefgreifende oder grundlegende Verän-
derungen sind Gegenstand von CM.“573
Der Gedanke des planmäßigen und zielgerichteten Aufbaus des Change
Managements findet sich auch bei Lindinger/Goller, wonach „Change Management
[…] die Summe aller bewussten Konzepte und Methoden zur Steuerung und
Begleitung von Veränderungsprozessen in Organisationen“574 umfasst.
569 Vgl. French/Bell 1990, S. 234 570 Vgl. a.a.O., S. 234ff. 571 Vgl. Kraus/Becker-Kolle/Fischer 2004, S. 14 572 Czichos 1993 573 Kostka/Mönch 2002, S. 9 574 Lindinger/Goller 2004, S. 27
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
164
Diesen Aspekt greifen auch Gattermeyer/Al-Ani auf und erweitern ihn um das
generelle Ziel, die Veränderungsbereitschaft grundsätzlich zu erhöhen, indem sie
feststellen, dass „unter Change Management […] alle Maßnahmen subsumiert
[werden], die zur Initiierung und Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen,
Systemen und Verhaltensweisen notwendig sind […] so gesehen beschäftigt sich
Change Management weniger mit dem detaillierten Entwurf von Soll-Zuständen; es
hat vielmehr die Erhöhung der Veränderungsbereitschaft und das Skizzieren von
Visionen als Voraussetzung zum Design neuer Lösungen sowie deren nachfolgende
Umsetzung zum Inhalt“575. Kraus/Becker-Kolle/Fischer fassen den Begriff weiter, in
dem sie die konzeptionelle Vielfalt unter der Überschrift ‚Change Management’ zum
Gegenstand der Definition machen: „Change Management ist ein Übergriff für
professionelles Management von Veränderungen […] es subsumiert einzelne
Konzepte, die sich durchaus ergänzen oder auch widersprechen können.“576
Fasst man diese definitorischen Ansätze zusammen, lässt sich feststellen, dass
Change Management als Strategie des geplanten und systematischen Wandels zu
verstehen ist. Hierunter fällt die Beeinflussung der Organisationsstruktur,
Unternehmenskultur und individuellem Verhalten unter Beteiligung der Betroffenen.
Berücksichtigt werden müssen die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen
Individuen, Gruppen, Technologien, der Umwelt, der Zeit und den Rahmen-
bedingungen, in welchen sich die Organisation als Ganzes bewegt. Change
Management wird so zumeist als Oberbegriff für viele Formen des
Veränderungsmanagements in Organisationen verwandt.
6.2.1 Change Management als eigenständiges Konzept Change Management kann im klassisch-theoretischen Sinne als eigenständiges
Konzept von der Organisationsentwicklung abgegrenzt werden, da sich
unterschiedliche Prozesslogiken, Intensitäten der Mitarbeitereinbeziehung und des
Charakters des Prozesses feststellen lassen, auch wenn in der Praxis die Grenzen
zwischen den einzelnen Veränderungskonzepten mehr und mehr verwischen.
575 Gattermeyer/Al-Ani 2000, S. 14f. 576 Kraus/Becker-Kolle/Fischer 2004, S. 15
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
165
Hauptmerkmale des Change Managements als eigenständiges Konzept sind die
Radikalität und Kühnheit. Janes, Prammer, Schulte-Derne charakterisieren den
Change Management-Prozess als kompromisslos und bis zum Äußersten gehend.
So genannte Flurbereinigungen, bei welchen Tausende von Mitarbeitern entlassen
werden, sind keine seltene Konsequenz von Change-Management. Das Konzept der
Veränderung wird meist schon von einem externen/internen Berater als Handgepäck
mitgebracht, so dass die Führungsebene dem Vorgeschlagenen nur noch die
Zustimmung geben muss. Oftmals werden externe Berater engagiert, da diese die
Mitarbeiter nicht kennen und in keiner persönlichen Beziehung zu ihnen stehen.577
Weiterer wesentlicher Aspekt ist, dass Mitarbeiter nicht in die Konzeptphase
involviert sind. Durch die Beschränkung auf wenige Personen, ist das Konzept
schnell fertig gestellt und kann umgesetzt werden. So erlaubt Change Management
große Veränderungen in kürzester Zeit. In Folge externer Einflüsse stehen
Organisationen unter Druck, sich schnell anzupassen und zu verändern, um auf dem
Markt zu bestehen und konkurrenzfähig zu bleiben. Innovative Vorhaben müssen
schnell in den Organisationsalltag integriert werden, bevor die Ideen schon wieder
überholt sind. Schnelle und radikale Änderungen sind die Folge.
Im Change Management ist es Aufgabe des Managements, gewachsene Strukturen
und Abläufe in der Organisation zu durchbrechen und durch andere zu ersetzen.
Dabei können zu erwartende Widerstände die Konzeptphase sehr verlangsamen
oder sogar gefährden.578 Um die charakteristische Schnelligkeit des
Veränderungsprozesses zu bewahren, werden die Mitarbeiter in der Lösungsfindung
nicht miteinbezogen, da die Auseinandersetzung mit Widerstand kompliziert,
zeitaufwändig und kostenintensiv ist. Nur wenige Mitarbeiter werden in den
Veränderungsprozess involviert: sie sollen mit der gewohnten Arbeit fortfahren, ohne
Nervosität aufkommen zu lassen.579
577 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 5. 578 Vgl. a.a.O., S. 6f. 579 Vgl. Czichos 1993, S. 429
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
166
Das Merkmal Schnelligkeit impliziert, dass Change-Management-Prozesse
kostengünstig sind. Jedoch treten die Probleme solcher Prozesse meist massiver in
der Implementierungsphase ein, die den Prozess hinauszögern.. Ursachen dafür sind
die Widerstände der Mitarbeiter, die auch auf fehlender Einbeziehung basieren.
Kennzeichen des Change Management-Prozesses ist neben der Schnelligkeit die
Sprunghaftigkeit und die Prägung durch externe Logik. Mitwirkung der Betroffenen ist
nur punktuell in der Phase der Informationsgewinnung vorgesehen. Entscheidungen
entstehen meist außerhalb des Systems, können auch gegen die Betroffenen und
ohne deren Beteiligung getroffen bzw. umgesetzt werden. So ist die Steuerung des
Veränderungsprozesses normativ bei von außen vorgegebenen Veränderungs-
zielen.580
6.2.2 Einsatzfelder des Change Managements Die Ausrichtung der Change-Management-Konzeption determiniert die Einsatzfelder,
formuliert das Internationale Institut für lernende Organisation und Innovation (ILOI)
in ihrer Studie, in der 1997 über 100 Unternehmen im deutschsprachigen Raum zum
Thema Change Management befragt wurden, und fasst die vielfältigen Gründe für
Veränderungsprozesse in sechs verschiedene Gruppen zusammen. Demnach gibt
es produktbezogene, marktbezogene, geschäftsprozessbezogene, mitarbeiter-
bezogene, führungsbezogene und strukturbezogene Gründe für Veränderungs-
projekte.581 Interessant ist hierbei die Tatsache, dass nach der ILOI-Studie die
Hauptursache für Veränderungsprojekte geschäftsprozessbezogene Gründe hat. So
sind mit jeweils 50% der Nennungen hohe Prozesskosten und hohe Durchlaufzeiten
Auslöser für Veränderungsprojekte. 582 Ein Bild, das sich auch in der aus dem Jahr
2003 stammenden Capgemini-Studie bestätigt. Die dort knapp 100 befragten
Unternehmen gaben mehrheitlich Restrukturierung und Reorganisation als Grund für
Change Management an. 583
580 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 9 581 Vgl. ILOI 1997, S. 10 582 Vgl. a.a.O., S. 10 583 Vgl. Capgemini 2008, S. 14
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167
Change Management ist kein Selbstzweck, sondern die Antwort auf einen
fundamentalen Veränderungsbedarf im Unternehmen:
Abb. 47: Ursachen für Veränderungen in Unternehmen bis 2010584 Im Zuge der Capgemini-Studie wurden Unternehmen zudem befragt, warum sie bei
oben genannten Problemfeldern auf das Change Management zurückgreifen. Dabei
kristallisierten sich vier Hauptgründe heraus. Zum einen ist hier die Erfahrung bei
früheren Veränderungen zu nennen. Ein weiterer Punkt ist die Überzeugung der
Entscheider, aber auch das Wertesystem des Unternehmens und der hohe Zeitdruck
spielen eine Rolle bei der Entscheidung für den Einsatz von Change Management.585
584 Eigene Abbildung, basierend auf Capgemini 2008, S. 14 585 Vgl. Capgemini 2003, S. 21
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
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168
Somit bestätigen die Erfahrungen aus der Praxis den Charakter des klassisch-
theoretischen Change Management-Ansatzes, nämlich das Change Management
sich u. a. durch schnelle Prozesse und wenig Einbeziehung der Betroffenen
auszeichnet.586
6.2.3 Wesentliche Akteure des Change Managements Kennzeichnend für das Konzept des Change Managements und seine praktische
Umsetzung ist die Tatsache, dass die größte Bedeutung im Prozess dem Top-
Management zukommt. Die Capgemini-Studie belegt eindrucksvoll, dass das Senior-
Management und der Vorstand der Unternehmen die größte Bedeutung bei der
Gestaltung der Change Prozesse haben.587 Weiteres Kennzeichen des Change
Managements ist der Einsatz von externen Beratern.588 Auch diese Tatsache lässt
sich in der Praxis belegen: so sind laut ILOI-Studie bei über 80% der befragten
Unternehmen externe Berater an den Veränderungsprojekten beteiligt.589 Dass
dieser Umstand allein noch keine Erfolgsgarantie ist, belegt die gleiche Studie. So
werden bei ca. 43% der Firmen nicht einmal 60% der Projektziele erreicht.590
Ebenso zeigt die Capgemini-Studie, dass auch in der Praxis ein nicht einheitliches,
sondern sehr heterogenes Verständnis des Begriffes Change Management
vorherrscht.591 Bei der Befragung wurden sechs Definitionsvarianten, auf welche im
Einzelnen hier nicht eingegangen werden soll, sowie eine offene Antwortkategorie
vorgegeben. Sie lieferte folgende Verteilung:
586 Vgl. Janes/Pramer/Schulte-Derne 2001, S. 9 587 Vgl. Capgemini 2003, S. 26 588 Vgl. Janes/Pramer/Schulte-Derne 2001, S. 9 589 Vgl. ILOI 1997, S. 14 590 Vgl. a.a.O., S. 15 591 Vgl. Capgemini 2003, S. 14
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
169
Abb. 48: Change Management Definitionen592
Darüber hinaus gaben zwei Drittel der Befragten an, keinen bestimmten Change
Management-Ansatz aus der Literatur zu bevorzugen. Aber auch jene, welche sich
an bestehenden Theorien, Konzepten und Ansätzen des Change Management
orientieren, können sich nicht vorstellen, einen bestimmten Ansatz eins zu eins in die
Praxis umzusetzen.593
6.3 Transformationsmanagement
Transformationsmanagement ist, im eigentlichen Sinne, zwischen den beiden
Konzepten Organisationsentwicklung und Change Management angesiedelt. Der
konzeptionelle Ansatz versucht, auf Basis empirischer Ergebnisse, die Vorteile
beider Ansätze miteinander zu verbinden. So werden aus dem Change Management
die "Schnelligkeit und klare Zielorientierung," übernommen, während aus der
Organisationsentwicklung die "Prozessorientierung und die Integration der
Betroffenen in den Prozess" Eingang finden.594
6.3.1 Abgrenzung zu den Konzepten der Organisationsentwicklung und des Change Management
Vergleicht man die Konzepte der Organisationsentwicklung und des Change
Management-Ansatzes, lässt sich festhalten, dass die Stärken des Organisations- 592 Capgemini Studie 2003, S. 14 593 Vgl. a.a.O., S. 13ff. 594 Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, VII
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
170
entwicklungsansatzes deutlich in der Integration der betroffenen Personen und
Gruppen in den Veränderungsprozess liegen. Durch die Beteiligung der betroffenen
Akteure erleichtern sich die Umsetzungs- und Implementierungsschritte von
Veränderungsvorhaben wesentlich. Dem gegenüber stehen die Nachteile, dass
Organisationsentwicklungsprozesse "sozial aufwändig" sind und vor allem bei
größeren Veränderungsvorhaben entsprechend langwierig sein können.595
Die Stärken des Change-Management-Ansatzes liegen dagegen in der Chance,
radikale Veränderungsvorschläge zu formulieren sowie in der zeitlichen Dynamik und
Beschleunigung der Analyse- und Konzeptionierungsphase. Nachteilig wirken hier
die 'Nebenwirkungen' dieser Vorgehensweise, die in der Regel in der
Umsetzungsphase sichtbar werden, denn dort bleiben die Entwürfe "oft im Zuge der
Implementierungsbemühungen"596 hängen. Bei radikalen Veränderungsvorhaben
kommt dieser "organisationale Widerstand", der durch die fehlende Einbeziehung der
betroffenen Akteure entsteht, dabei besonders deutlich zum Tragen.597
Transformations-Management, auch Transformation von Innen genannt, beschreibt
also einen Zugang zur Veränderungspraxis, der die "Vorteile von
Organisationsentwicklung und Change Management,
• Kontinuität und Brüche,
• Integration und "Durchziehen",
• Tiefe und Geschwindigkeit,
in sich vereint."598
Dabei variiert die "Nähe" zu einem der beiden Alternativkonzepte – Organisations-
entwicklung oder Change Management – je nach Phase des Projektes: In der ersten
Phase eines Veränderungsprozesses unterscheidet sich Transformations-
Management und Change Management kaum. So starten in beiden Fällen i. d. R.
externe Personen für das Unternehmen einen Veränderungsprozess. Dabei wird
zwischen Unternehmensleitung und externer Beratung die Zielsetzung des 595 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 7 596 Vgl. a.a.O., S. 7f. 597 Vgl. a.a.O., S. 8 598 A.a.O., S. 8
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Veränderungsprozesses ebenso festgelegt wie die prinzipielle Vorgehensweise
sowie die voraussichtliche Dauer des Prozesses.599
Nach dieser ersten "Start-Phase" unterscheiden sich jedoch Change Management
und Transformations-Management in entscheidenden Punkten, denn "alle weiteren,
sich aus diesem Start-Commitment ergebenden inhaltlichen Setzungen und
Entscheidungen erfolgen beim Transformations-Management [...] in einem rekursiv
gesteuerten Prozess: Die, die entscheiden, sind hier immer unmittelbar selbst von
dem betroffen, was sie entscheiden. Es entscheiden also nie die externen Berater für
die internen Betroffenen, wie dies im Change Management der Fall ist." 600 Hierdurch
wird ein "kooperatives emotionales Klima der Transformation" ermöglicht, welches
die Grundlage für eine erfolgversprechende Umsetzung bietet. 601
Nachfolgende Tabelle grenzt die drei Veränderungsansätze anschaulich voneinander
ab:
599 Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 9 600 Vgl. A. a. O., S. 10 601 Vgl. A.a.O., S. 10
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Organisations-
entwicklung Transformations-
Management Change
Management
Logik des Veränderungs-prozesses
• Eigenlogik des Systems prägt den Prozess.
• Veränderungsideen entstehen innerhalb des Systems.
• Aktive Verknüpfung von Eigenlogik und externer Logik prägt den Prozess.
• Transformationsideen entstehen außerhalb und innerhalb des Systems.
• Externe Logik prägt den Prozess.
• Veränderungs-ideen entstehen außerhalb des Systems.
Mitwirkung der Betroffenen
• Integration betroffener Personen und Gruppen durch aktive Mitwirkung und Beteiligung an den Entscheidungs-prozessen.
• Punktuelle und differenzierte Einbindung der Betroffenen in allen Prozess-phasen, aber Umsetzung auch gegen Betroffene möglich.
• Punktuelle Einbeziehung nur in der Informa-tionsgewinnungs- und Analyse-phase.
• Entscheidung und Umsetzung auch gegen die Betroffenen ohne deren Beteiligung.
Charakter des Prozesses
• Fließend, in Stufen.
• Evolutionärer Charakter.
• Aktiv gesteuerte Abfolge von evolutionären und sprunghaften Phasen.
• Schnell.
• Mit Brüchen, sprunghaft.
Gestaltungs-Paradigma
• Veränderung durch interne Reflexion.
• Erste Vorgabe der Transformations-ziele von außen.
• Zirkuläre Zieleplanung.
• Rekursive Steuerung des Transformations-prozesses.
• Vorgabe der Veränderungsziele von außen.
• Normative, lineare Steuerung des Veränderungs-prozesses.
Abb. 49: Drei Ansätze zum Management von Veränderungen im Vergleich602
602 Eigene Abbildung, basierend auf: Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 9
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6.3.2 Bedeutung des Transformationsmanagements Der Transformations-Management-Ansatz etabliert sich zwischen den beiden
klassischen Konzepten zum Management von Veränderungen, der
Organisationsentwicklung und des Change-Managements. Dabei beruht der
konzeptionelle Ansatz weniger auf theoretischen Überlegungen, sondern basiert
vielmehr auf empirischen Erfahrungen und Ergebnissen zahlreicher Veränderungs-
projekte. Hier zeigt sich, dass sowohl der Organisationsentwicklungs- als auch der
Change Management-Ansatz neben den beschriebenen Stärken in der Praxis
erhebliche Schwächen offenbaren und damit ansatzimmanente Risiken für die
Durchführung eines erfolgversprechenden Veränderungsprojektes bieten.
Gelingt es jedoch, die Vorteile der Organisationsentwicklung und des Change
Management zu kombinieren, entsteht ein in sich logischer 3. Weg zum Management
von Veränderungen, der Transformations-Management-Ansatz, welcher neben
evolutionären Entwicklungen auch radikalere Veränderungssprünge erlaubt und
gleichzeitig durch die Beteiligung der Betroffenen höhere Akzeptanz verspricht als
bei klassischen Change Management-Prozessen und damit die Grundvoraussetzung
für erfolgreiche Implementierungen von Konzepten herstellt.
Der Transformations-Management-Ansatz versucht also, in sinnvoller Weise die
Vorteile der internen Logik von Veränderungen mit Impulsen, die externe
Beraterinnen und Berater einbringen können, zu kombinieren und spielt damit die
Stärken der beiden klassischen Ansätze – bei gleichzeitiger Reduktion der jeweiligen
Schwächen – aus. Es bleibt abzuwarten, ob sich das Transformations-Management
als eigenständiges Konzept zwischen den beiden klassischen Ansätzen behaupten
wird, denn die Positionierung zwischen Organisationsentwicklung und Change
Management funktioniert nur bei sorgfältiger Unterscheidung dieser beiden Ansätze,
deren Grenzen jedoch sowohl in Theorie als auch Praxis "ausgesprochen unklar"603
sind.
603 Vgl. Janes/Prammer/Schulte-Derne 2001, S. 3
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7 Erfolgsfaktoren und Barrieren in Transformationsprozessen
öffentlicher Verwaltungen und Unternehmen – empirische und theoretische Erkenntnisse
7.1 Die Problematik der Erfolgsdefinition und –messung Beschäftigt man sich mit Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren von Veränderungs-prozessen, ist zunächst die Frage zu klären, woran „Erfolg“ in Veränderungs-prozessen gemessen werden kann. Erfolg und Misserfolg sind Grobkategorien zur Bewertung von Ergebnissen, hochgradig subjektiv und nicht konsistent. Es handelt es sich dabei um vieldeutige soziale Konstruktionen mit großer Beliebigkeit durch nicht überprüfte Implikationen; Arbeiten an einem Projekt mehrere Personen, so können die Ergebnisse des Projektes von jedem Einzelnen höchst unterschiedlich bewertet werden. Dies hängt wesentlich von den aktuellen, kulturellen, wirtschaftlichen, professionellen, sozialen und individuellen Hintergrundmerkmalen der beteiligten Personen ab. Infolge werden in Abhängigkeit des jeweiligen Standpunktes Ergebnisse als Misserfolg oder Erfolg klassifiziert.604 Versucht man sich trotzdem an einer Definition von Erfolg, wird häufig zwischen harten und weichen Erfolgskriterien unterschieden. Als hart werden dabei leistungsbezogene Daten oder wirtschaftliche Kennzahlen bezeichnet, während weiche Kriterien die Zufriedenheit von Kunden, Mitarbeitern etc. umfassen. 605 Ansätze zur Erfolgsmessung lassen sich im Total Qualitiy Management oder in integrierten Managementsystemen mit der Methode des „Management Review“ finden606. Ebenso kann das Benchmarking607 oder ein Systemaudit608 herangezogen werden, wobei es die Entscheidung der jeweiligen Organisation ist, welche harten oder weichen Daten jeweils zur Bewertung im Review herangezogen werden.
604 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 9 605 Vgl. Gebert 1993, S. 484ff. 606 Vgl. ausführlich in Coopers/Lybrand 1997 607 Vgl. Fromm 1994, S. 121ff. 608 Vgl. Gaster 1994, S. 927ff.
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Im Rahmen des European Quality Award (EQA) werden beispielsweise als Merkmale für Erfolg die Mitarbeiterzufriedenheit, Kundenzufriedenheit, Einfluss auf die Gesellschaft und die Geschäftsergebnisse genannt. Hierzu wurde ein Fragenkatalog mit vorgegebenen Skalen entwickelt, der im Selbstbewertungsverfahren von den Beteiligten zu bearbeiten ist. Punktwerte und Gewichtungen sind hierbei detailliert spezifiziert.609 Osterhold versteht unter Erfolg in Veränderungsprozessen den langfristigen Unternehmenserfolg auf Basis des Gleichgewichtes im Zusammenspiel der Kräfte von Unternehmensprofit, Kundenbeziehung und Mitarbeiterzufriedenheit als Merkmale der Zukunftsausrichtung einer Organisation, die nur in lernenden, selbstorganisierten Organisationen zu bewerkstelligen ist.610 Doppler/Lauterburg konkretisieren die Definition von Erfolg weiter durch Kriterien erfolgreicher Unternehmensführung und einem Fragebogen zur Selbsteinschätzung mit insgesamt 20 Fragen.611 Es zeigt sich insgesamt, dass in einem komplexen Umfeld wie dem Veränderungs-management die Definitionen von „Erfolg“ weit auseinander gehen. Gemein-samkeiten liegen lediglich darin, dass als harte Faktoren wirtschaftliche Kennziffern verstanden werden, während bei weichen Kriterien als gemeinsamer Nenner lediglich die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit zu nennen ist, während ansonsten große Unterschiede festzustellen sind.612 Die definitorischen Ansätze zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Projekte dann als erfolgreich bezeichnet werden können, wenn die Ziele der Auftraggeber erreicht und/oder wenn die Kunden und Initiatoren mit den Ergebnissen zufrieden sind. Dies ist eine sehr abstrakte und allgemein gehaltene Ergebnisdefinition, ein "Meta-Erfolgsmerkmal".613 7.2 Dimensionen des Erfolges von Veränderungsprozessen Einen anderen Ansatz , sich der Definition von Erfolg zu nähern, der weiche und harte Faktoren integriert ohne sie dementsprechend zu kategorisieren, wählen Greif, Schiffer, Bemmann [u.a.], die auf Basis durchgeführter Experteninterviews zehn
609Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 10 610Vgl. Osterhold 1996, S. 6ff. 611Vgl. Doppler/Lauterburg 2002, S. 505ff. 612Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 11 613 A.a.O., S. 44
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abstrakte Merkmale der Erfolgsmessung herausarbeiten, die als erste Dimension der Erfolgsmessung dienen. Folgende Abbildung stellt die zehn abstrakten Merkmale der Erfolgsmesung dar:
10 Merkmale der Erfolgsmessung
1. Zielerreichung, Zufriedenheit oder Akzeptanz der Auftraggeber/ (externer) Kunden
2. Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Marktposition
3. Qualitätsverbesserungen
4. Einbeziehung, Einstellung und Motivation der Betroffenen
5. Verhaltensänderungen und Qualifikation der Mitarbeiter, Innovationen und
lernende Organisation
6. Qualität des Projektmanagements
7. Umweltaspekte
8. Sozialverträgliche Umsetzung
9. Eigene Zufriedenheit und Erfolge als Verantwortlicher, Projektleiter oder
externer/interner Berater
10. Sonstiges Abb. 50: 10 Merkmale der Erfolgsmessung614
Greiff/Schiffer/Bemmann [u.a.] arbeiten heraus, dass nahezu alle Befragten die Zielerreichung, Zufriedenheit oder Akzeptanz der Auftraggeber/ (externer) Kunden als allgemeines, abstraktes Merkmal für Erfolg nennen. Als Messkriterien können hierbei Punkte wie die Zielerreichung, Teilzielerreichung, der prozentuale Anteil zufriedener Kunden, die Akzeptanz bzw. Zufriedenheit des Auftraggebers oder aber der Machtzuwachs des Auftraggebers angesehen werden. 615 Die Einschätzung der Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Marktposition als zweites Merkmal basiert auf Messgrößen wie der Verbesserung betriebswirtschaftlicher Kenngrößen (Kosten/Nutzen), der Wirtschaftlichkeit und quantifizierbarer Rationalisierungseffekte, Produktivitätsauswirkungen sowie die Einhaltung des Budgets und das Bestehen am Markt.
614 Eigene Abbildung 615 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 44
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Das Merkmal Qualitätsverbesserungen lässt sich anhand der Produktqualität, der Erfüllung von Normen, der Verringerung fehlerhaften Outputs, der Verbesserung der Durchlaufzeiten und der Abläufe, der besseren Verfügbarkeit von Ressourcen, der messbaren Kundenorientierung, der Verringerung notwendiger Nacharbeiten und der Ausschussmenge sowie durch Reduktion der Schnittstellenproblematik messen. Die Einbeziehung sowie die Einstellungen und die Motivation der Betroffenen wird gemessen an der Akzeptanz der Betroffenen, an der Motivation, Zufriedenheit und Involviertheit der Mitarbeiter sowie an Einstellungsveränderungen. Das Merkmal Verhaltensänderungen und Qualifikation der Mitarbeiter, Innovationen und lernende Organisation ist messbar anhand der Veränderung des innovativen Potentials, dem Anteil von Mitarbeitern, die Verbesserungsvorschläge unterbreiten, dem Prozentsatz umgesetzter Vorschläge, der Verbesserung der Kommunikation und Kooperation unter den Mitarbeitern, am Grad der Selbstorganisation der Arbeit, Anwendung und Umsetzung von Neuerungen durch die Mitarbeiter, der messbaren Verhaltensänderungen, der internen Vermarktung, inwieweit die unabhängige Weiterentwicklung der Organisation ermöglicht wird, der lernenden Organisation, der Qualifikation der Mitarbeiter, der Erhöhung der Lern- und Weiterbildungsmotivation, der Verringerung des Krankenstandes sowie der Verringerung der Fluktuation. Die Qualität des Projektmanagements ist messbar am Zeitmanagement und der Zufriedenheit über Organisation, Durchführung und Ablauf der Prozesse, während Umweltaspekte an der Verträglichkeit festgemacht und die Sozialverträgliche Umsetzung an der Zufriedenheit der Mitarbeiter messbar ist. Neu beschriebenes abstraktes Merkmal für die Erfolgsmessung ist die eigene Zufriedenheit und Erfolge als Verantwortlicher, Projektleiter oder externer/interner Berater. Sie lässt sich u.a. anhand der persönlichen Zufriedenheit, der Umsetzung eigener Ideen, dem Erfolg der eigenen Abteilung, der Gewinnung einflussreicher Mentoren, des externen Interesses an Ergebnissen oder der Verbesserung des eigenen Ansehens feststellen. Unter Sonstiges fallen Merkmale wie beispielsweise ungeplante Erfolge, unerwartet anhaltender Erfolg, wissenschaftliche Verwertbarkeit, das Aufzeigen von Fehlern etc.
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Darüber hinaus bleibt als zweite Dimension festzuhalten, dass die weitere Erfolgsfestschreibung wesentlich von der Position in der Hierarchie der jeweiligen Organisation abhängig ist, denn je nach Position sind bestimmte Merkmale existentiell besonders wichtig. Führungskräfte machen Erfolg z.B. an der Wirtschaftlichkeit fest, während die Mitarbeiter die Sozialverträglichkeit oder Sicherheit des Arbeitsplatzes als elementar ansehen.
Abb. 51: Dreidimensionales Modell der Erfolgsmessung616
Die dritte Dimension der Erfolgsfeststellung wird gekennzeichnet durch die Rolle des jeweiligen „Bewerters“ im Veränderungsprozess. Je nach eingenommener Rolle im Veränderungsprozess ergeben sich unterschiedliche Perspektiven bei der Bewertung der Ergebnisse der Veränderungen. Für Hauptverantwortliche spielt so häufig die eigene Zufriedenheit eine ebenso große Rolle wie die Qualität des Projektmanagements und die damit verbundene Beurteilung ihrer Managementqualitäten durch Dritte. Aufgrund der meist engen persönlichen Beziehung zu den eingeleiteten Veränderungen ist das eigene Erfolgserlebnis für sie wichtiges Messkriterium. So lässt sich ein zusammenfassendes Beschreibungs-system der Erfolgsdefinition und –messbarkeit in Form eines dreidimensionalen Modells mit den Dimensionen: ‚Abstraktheit der Merkmale‘, ‚Position in der
616 Eigene Abbildung
Drei Dimensionen der Erfolgsdefinition
Die Erfolgsdefinition
ist abhängig von:
10 abstrakten Merkmalen
Rolle im Veränderungsprozess
Position in der Hierarchie
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Hierarchie‘ und ‚Rolle im Veränderungsprozess‘ konstruieren.617 Dieses Modell berücksichtigt weitgehend die Subjektivität in der Beurteilung des „Erfolges“ von Veränderungen und bringt die zuvor beschriebenen 10 abstrakten Merkmale in einen konstruktiven Zusammenhang. 7.3 Definition von Erfolgsfaktoren und Barrieren in
Transformationsprozessen Barrieren in Veränderungsprozessen werden verstanden als Faktoren, die den Erfolg
der Veränderung behindern oder als Bremsen wirken bzw. die eine reibungslose
Umsetzung von organisatorischen Veränderungen erschweren.618 Häufig wird in der
Literatur der Begriff Misserfolgsfaktor gebraucht, der in Gebrauch und Definition dem
der Barriere entspricht. Misserfolgsfaktoren bzw. Barrieren619 gelten als Merkmale,
die den Misserfolg organisationaler Veränderungen direkt, indirekt, mittelbar oder
unmittelbar beeinflussen können.620
Erfolgsfaktoren kann man als Faktoren bezeichnen, welche den Erfolg von
Prozessen begünstigen. Einige dieser Faktoren gewinnen in bestimmten Phasen von
Veränderungsprozessen mehr Bedeutung als andere, dennoch sind sie in der
Gesamtheit bei der Planung und Durchführung von Veränderungsprozessen zu
beachten.621
Wandelprozesse in Organisationen umfassen „alle Veränderungen des sozialen
Systems Unternehmung hinsichtlich der zugehörigen Mitglieder, der angestrebten
Nutzenpotenziale und der vorhandenen Leistungspotentiale“.622 Die altbewährte
Ordnung des Systems wird in Frage gestellt und in eine neue Ordnung umgewandelt.
Dieser Übergang von einer Ordnung zu einer anderen Ordnung stellt eine kritische
Phase für die Betroffenen dar. Systeme besitzen die Tendenz, sich gegen
Veränderungen, insbesondere gegen Eingriffe von außen, zu wehren. Es entsteht
617 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 27ff., S. 46 618 Vgl. Nippa/Scharfenberg 1997, S. 37 619 Faktoren, die Veränderungsprozesse negativ beeinflussen, werden im weiteren Gang der Arbeit unter dem Begriff Barrieren zusammengefasst. 620 Vgl. Greif/Runde/Seeberg 2004, S. 48 621 Vgl. Schönborn/Fischer/Langen 2001, S. 84 622 Vgl. Bach 2000, S. 18
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eine Systemabwehr in Form von Barrieren (oder ‚Misserfolgsfaktoren’623 bzw.
‚Risikofaktoren’624, die Veränderungsprozesse in Organisationen negativ beein-
flussen. Es können aber auch positive Kräfte wirken, welche die Durchsetzung von
Veränderungen fördern, so genannte Erfolgsfaktoren, die auch ‚Motoren’625 oder
‚Enabler’626 genannt werden. Generell besteht jedes soziale System aus den zwei
Polen der Offenheit für Veränderungen und der geschlossenen Einstellung ihr
gegenüber.627 Ebenso wie Barrieren sind Erfolgsfaktoren vorwiegend
personengebunden. Daraus lässt sich ableiten, dass Veränderungsprozesse von
Personen gefördert oder blockiert werden können.628
Eine ablehnende Einstellung gegenüber Veränderungen ist eine normale Reaktion
eines Systems. Sie hat die Funktion, die bestehende Ordnung und den
Sinnzusammenhang für die Mitglieder der Organisation zu erhalten. Barrieren stellen
eine solche ablehnende Einstellung dar, die versucht, Veränderungen in der
Organisation zu verhindern. Sie sind vorwiegend in Personen zu finden und äußern
sich in Widerständen, die bewusst oder unbewusst ablaufen können. Aber auch die
Struktur der Organisation kann Barrieren begründen. Offenheit gegenüber
Veränderungen bedeutet, eine vorübergehende Unsicherheit bis zur Herausbildung
einer neuen Ordnung zu akzeptieren.629
Barrieren und Erfolgsfaktoren können auf sachlich-fachlicher und mental-kultureller
Ebene entstehen. 630 Die sachlich-fachliche Ebene umfasst den betriebs-
wirtschaftlichen und technisch-organisatorischen Bereich in Organisationen.631
Dieser kann leicht erfasst werden, da er harte Fakten beinhaltet, die messbar und
bewertbar sind. Auch auf dieser Ebene können Barrieren bei der Durchführung von
Veränderungsprozessen entstehen, die beachtet werden müssen, damit
623 Vgl. Nippa 1997, S. 43, 52 624 Vgl. Kochen 2001, S. 85 625 Vgl. Nippa 1997, S. 40, 52 626 Vgl. Krüger 2002, S. 73 627 Vgl. Gräser 1995, S. 150ff.; vgl. auch Heintel/Krainz 1998, S. 202 628 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 9ff.; Gräser 1995, S. 158 629 Vgl. Gräser 1995, S. 155ff.; vgl. auch Heintel/Krainz 1998, S. 208; Wagner/Beenken/Gräser 1995, S. 26 630 Vgl. ILOI 1997, S. 3 631 Vgl. a.a.O., S. 7
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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Veränderungsprojekte erfolgreich durchgeführt werden können.632 So stellen z.B.
stark hierarchisch bzw. bürokratisch geprägte Strukturen in Organisationen eine
maßgebliche sachlich-fachliche Barriere dar, welche die Fähigkeit von Organisa-
tionen, notwendige Veränderungen durchzuführen, einschränkt.
Im Gegensatz zu sachlich-fachlichen Barrieren, werden mental–kulturelle Barrieren
und Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen auch als weiche Faktoren
bezeichnet, denn sie befassen sich nicht mit organisatorischen Problemen,
wirtschaftlichen Daten und technischen Strukturen.633 Vielmehr geht es auf der
mental–kulturellen Ebene um den Faktor Mensch, um seine Fähigkeit auf
Veränderungen zu reagieren und die Bereitschaft, Veränderungen zu akzeptieren
und daran teilzunehmen, der in Veränderungsprozessen häufig vernachlässigt bzw.
zu wenig beachtet wurde.634
Die häufigsten Barrieren in Veränderungsprozessen sind in logischer Konsequenz
dieser Vernachlässigung Folge von Faktoren der mental-kulturellen Ebene.635 So
stellt die ILOI-Studie fest, Veränderungen scheitern meist nicht an sachlich-
fachlichen Hindernissen, sondern aufgrund mental-kultureller, mitarbeiterbezogener
und kultureller Faktoren.636
In Veränderungsprozessen ist es also nicht ausreichend, den Blick nur auf die
organisationalen Strukturen zu richten; auch das Verhalten der Mitarbeiter sowie die
Organisationskultur müssen in die Veränderungen einbezogen werden.637 Werden
nur plan- und steuerbare „harte“ Faktoren berücksichtigt, geht der Blick für die
Gesamtheit und inneren Zusammenhänge verloren.638
632 Vgl. Osterhold 2000, S. 82 633 Vgl. Osterhold 1996, S. 105 634 Vgl. Deuringer 2000, S. 35 635 Vgl. Scott-Morgan 1995, S. 18; vgl. auch: Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 1 636 Vgl. ILOI 1997, S. 7 637 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 398 638 Vgl. Kobi 1996, S. 23
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Abb. 52: Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen639
Neben Barrieren und Erfolgsfaktoren auf sachlich–fachlicher und mental–kultureller
Ebene lassen sich auch solche finden, die erhebliche Wechselwirkungen zwischen
beiden Ebenen aufweisen und die Beziehung zwischen beiden Ebenen regeln.640
Diese dritte Gruppe bildet die Querschnittsfaktoren, wie z.B. die Kommunikation, die
als wesentlicher Faktor über Erfolg und Misserfolg von Veränderungsprozessen
ebenso entscheidet641 wie Fragen der Führung.642
639 Eigene Abbildung, basierend auf den Ergebnissen der ILOI-Studie (Vgl. ILOI 1997) 640 Vgl. ILOI 1997, S. 6 641 Vgl. Deuringer 2000, S. 28 642 Vgl. Greif/Runde/Seeberg 2004, S. 169
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen
Querschnitts- Faktoren
• Kommunikation • Rolle der
Führungskräfte • Erkennen der
Komplexität und systemischen Vernetzung
• Vision
Mental-kulturelle Faktoren
• Leidensdruck • Veränderungsimpuls • Veränderungsbereit-
schaft und -fähigkeit der Mitarbeiter
• Identifikation • Organisationskultur • Vertrauen und
Glaubwürdigkeit
Sachlich-fachliche Faktoren
• Organisationsstruktur • Prozessorganisation • Wissensmanagement • Gestaltung des
Veränderungs-prozesses und Steuerung
• Zielvereinbarungen • Projektmanagement • Controlling/ Monitoring
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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7.4 Spezifische Rahmenbedingungen öffentlicher Verwaltungen determinieren Ziele der Transformationsprozesse
Die Notwendigkeit der Einbeziehung der Dimensionen Position in der Hierarchie und
Rolle im Veränderungsprozess643 zur Beurteilung des Erfolges von Verän-
derungsprozessen, wird im Feld öffentlicher Verwaltungen überdeutlich aufgrund der
spezifischen Unterschiede zu privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen.644 Das
Merkmal der Bürokratie, „die darauf angelegt ist, stabil zu sein“645 führt dazu, dass
der öffentliche Sektor als schwerfällig und wenig innovationsfreudig eingeschätzt
wird.
Dies wird dadurch verstärkt, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie das Arbeits -, Dienst- und Beamtenrecht die Innovationsfähigkeit weiter einschränken und als eines der Hauptprobleme im Veränderungsmanagement angesehen werden. 646 Fehlender Wettbewerbsdruck647, die soziale, gesellschaftliche Verantwortung, stabile, verlässliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten,648 das Agieren in und unter Beobachtung der Öffentlichkeit649, der zeitliche und finanzielle Aufwand durch das Demokratieprinzip und der damit verbundenen Notwendigkeit, vielfältigste institutionalisierte Informations- und Beteiligungsrechte zu berücksichtigen650 sowie das Fehlen von Belohnungs- und Sanktionsmöglichkeiten651 mit der Folge, dass Konzepte und Lösungen um Personen und deren Handlungsmuster herum gestaltet werden müssen652, erschweren die Durchführung von Veränderungsprojekten.
643 Vgl. Kap. 7.2 dieser Arbeit 644 Nachfolgend werden Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse der fünf im Materialband enthaltenen Interviews mit 3 Bürgermeister/innen und 2 Dezernenten städtischer und ländlicher Gebietskörperschaften integriert. Gemeinsames Merkmal aller Interviewten: Sie verfügen über mehrjährige Führungsverantwortung in öffentlichen Verwaltungen und haben in dieser Funktion eigene Veränderungsprozesse initiiert und verantwortet. Zwei Interviewte (Interview 2 und 5) können darüber hinaus in anderen beruflichen Kontexten zusätzlich Erfahrungen als Prozessberater in Veränderungsprozessen vorweisen. Sie können fundiert von ihren Erfahrungen zu den im Rahmen dieses Dissertationsvorhabens aufgeworfenen Fragestellungen erzählen. Besondere Betonungen der Interviewten sind gemäß Transkriptionsregeln auch in den eingefügten Originalzitaten durch Unterstreichung hervorgehoben. 645 Interview 5, S. 129, Zeile 29. 646 Vgl. Interview 1, S. 14, Zeile 17ff., Interview 2 S. 52, Zeile 7f., Interview 5, S. 129, Zeile 27, 32, S. 130, Zeile 16ff. 647 Vgl. Interview 5, S. 129, Zeile 34ff., 648 Vgl. Interview 2, S. 77, Zeile 21ff., Interview 5, S. 129, Zeile 32 649 Vgl. Interview 5, S. 130, Zeile 12 650 Vgl. Interview 5, S. 130, Zeile 35ff. 651 Vgl. Interview 5, S. 130, Zeile 16ff., Interview 2, S. 52, Zeile 12f., 20ff., 652 Vgl. Interview 1, S. 29, Zeile 10ff, Interview 2, S. 44, Zeile 11ff.
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Die formulierten Ziele von Verwaltungsmodernisierungsprozessen sind in diesem Kontext besser zu verstehen. Oberflächlich betrachtet lassen sich Ziele wie die „Zufriedenheit der Bürger, die bessere Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und die Effizienz nennen.653 Die gerade vom Neuen Steuerungsmodell der KGSt postulierte Orientierung an ökonomischen Parametern ist unter diesen tatsächlichen Rahmenbedingungen nicht zielführend.654 Im Gegenteil, hat doch gerade dieser Aspekt dazu geführt, dass neben der Reformbewegung innerhalb von Verwaltungen massiv Formal-privatisierungen von Teilbereichen stattgefunden haben.655 Die genaue Betrachtung der Inhalte der geführten Interviews unterhalb dieser Ebene der „offiziellen Ziele“656, die nach außen getragen werden, zeigt jedoch ein anderes, überragendes Ziel der Veränderungsbemühungen aus Sicht der interviewten Personen: Der kulturelle Wandel der jeweiligen Organisation mit der Verankerung des Wissens, dass Wandel eine permanente, dauerhafte Aufgabe ist. 657 Damit ist ein Veränderungsprozess „dann erfolgreich, wenn sich im Laufe der Zeit herausstellt, dass es ein Prozess, dass sich ein Prozess entwickelt, der fortlaufend ist“658, Verwaltung sich kontinuierlich weiterentwickelt659 und Modernisierungsprozesse nicht die Ausnahme, sondern die Regel werden.660 Hierbei sind zwei Dinge zu beachten: Zum einen durchlaufen Prozesse Phasen mit unterschiedlichen Intensitäten und Schwierigkeiten, die es zu akzeptieren gilt.661 Sie benötigen schnelle, nach innen und außen sichtbare Erfolge. Nach außen gilt es damit zu signalisieren:„Mensch, hier hat sich ja tatsächlich etwas verändert“662, nach innen bewirken schnelle, sichtbare Erfolge, dass auch bisher nicht einbezogene Teile der Verwaltung den Wunsch verspüren, am Veränderungsprozess teilzuhaben und die Erwartung äußern: „Jetzt sind wir auch mal dran.“663 Andererseits muss kulturell 653 Vgl. Interview 1, S. 32, Zeile 15ff., Interview 5, S. 138, Zeile 20ff. 654 Vgl. Interview 2, S. 58, Zeile 24ff. 655 Vgl. Interview 5, S. 144, Zeile 35ff., vgl. auch Interview 1, S. 15, Zeile 10ff. 656 Interview 5, S. 138, Zeile 4 657 Vgl. Interview 2, S. 40, Zeile 3ff., S. 40, Zeile 30ff., Interview 4, S., 118, Zeile 4ff., Zeile 34ff., S. 119, Zeile 14f., Interview 5, S. 141, Zeile 28ff., S. 32, Zeile 34f., 658 Interview 4, S. 117, Zeile 33f. 659 Vgl. Interview 2, S. 60, Zeile 4f. 660 Vgl. Interview 2, S. 60, Zeile 9, Interview 2, S. 40, Zeile 35f. 661 Vgl. Interview 4, S. 108, Zeile 17ff. 662 Interview 4, S. 89, Zeile 34 663 Interview 4, S. 90, Zeile 11
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verankert werden, dass Verwaltung „ein großes Gebilde ist, das Zusammenarbeiten muss, das man aber nur dann versteht, wenn man eine ganze Reihe von zusätzlichen Informationen hat, wenn man weiß, wohin eigentlich das Ziel gehen soll […].“664 7.5 Kulturellen Wandel erzeugen Kulturellen Wandel zu erzeugen, ist im Umfeld wenig ausgeprägter Veränderungsbereitschaft und –fähigkeit eine schwierige Aufgabe, wie auf Basis der zuvor beschriebenen spezifischen Barrieren öffentlicher Verwaltungen deutlich wird. Daher müssen Erwartungen realistisch sein. „Wenn man irgendwo den Eindruck hat, man kommt von der Stelle, inhaltlich“665, ist dies bereits als Erfolg zu werten, auch wenn dieser „sehr stark nur über gefühlsmäßige, über emotionale Dinge“666 definiert wird und nicht an Kennzahlen messbar ist.667 Die Organisationskultur resultiert aus der Summe der Verhaltensnormen und
Gemeinsamkeiten der Mitarbeiter einer Organisation. Sie spiegelt die gemeinsamen
Werte wieder, beeinflusst Denk- und Handlungsweisen und gibt Orientierung, an der
sie das Handeln der Mitarbeiter ausrichtet.668 Mitarbeiterbezogene Faktoren wirken
so als kollektives Phänomen auch auf der kulturellen Ebene und umgekehrt.669
Organisationskultur und die sie konstituierenden Werte und Normen können
Identifikation, Verantwortungsbewusstsein und damit auch Veränderungsprozesse
fördern oder hemmen.670 Es sind insbesondere kulturelle Faktoren wie
kulturbestimmende Verhaltensweisen, Konfliktstruktur und Vertrauenskultur,
die bei Nichtbeachtung zum Scheitern von Veränderungsprozessen führen
können.671 Die Muster, welche die Organisationskultur bestimmen, entstehen
hauptsächlich auf informeller Basis durch bestehende Gewohnheiten, von den
Mitarbeitern eingebrachte Grundannahmen sowie auf Basis der Existenz heimlicher
664 Vgl. Interview 4, S. 101, Zeile 29ff. 665 Interview 2, S. 61, Zeile 37f. 666 Interview 2, S. 62, Zeile 26f. 667 Vgl. Interview 2, S. 61, Zeile 27f. 668 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 85; vgl. auch: Kobi 1996, S. 24 669 Vgl. Heintel/Krainz 1998, S. 210 670 Vgl. Beyer/Fehr/Nutzinger 1995, S. 21; vgl. auch: Doppler/Lauterburg 1997, S. 400 671 Vgl. ILOI 1997, S. 7
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Spielregeln.672 Je länger Mitarbeiter zusammenarbeiten, um so mehr gleichen sich
ihre Grundannahmen an und entwickeln sich zu einem System von Prämissen, die
eine Organisation prägen. Besonders prägend wirken dabei die Grundannahmen der
Gründer und der Führungskräfte.673
Heimliche Spielregeln entstehen aus allen informellen und offiziellen Regelungen im
Unternehmen wie schriftliche Anweisungen, Führungshandbüchern, Visionen,
Leitbildern u.a. Durch das Einwirken der Fähigkeiten und Interessen der Mitarbeiter
sowie des tatsächlichen Verhaltens der Führungskräfte werden diese überformt in
ungeschriebene Gesetze, die auch heimliche Spielregeln genannt werden und
Eingang in die Organisationskultur finden. In Veränderungsprozessen muss darauf
geachtet werden, dass positiv wirkende heimliche Spielregeln dies nicht durch
Festlegung neuer, offizieller Regeln in ihrer Wirkung eingeschränkt werden.674
Gleichzeitig können gewollte, kulturbestimmende Verhaltensweisen vorgelebt und
angereizt werden, sich entsprechend der neuen Werte und Normen zu verhalten,
damit sie für die gesamte Organisation handlungsleitend werden.675
Prinzipiell gilt, je stärker eine Unternehmenskultur ausgeprägt ist, um so schwieriger
lässt sie sich verändern.676 Erschwert wird eine Veränderung auch durch
Subkulturen, die sich in Teams und Gruppen entwickeln können. Je mehr und je
differenzierter diese Subkulturen sind, umso schwieriger ist es, Veränderungen zu
initiieren.677 In Organisationen prägen die individuellen Denk- und Handlungsmuster
die Organisationskultur und fügen sie zu kollektiven Handlungsmustern zusammen.
Je mehr sie sich verfestigen, nehmen sie für die Organisationsmitglieder den Status
universeller Wahrheiten an. Dies wird durch starre Organisationsstrukturen, wie in
öffentlichen Verwaltungen üblich, zusätzlich unterstützt.678 Mitarbeiter, die schon
lange im Unternehmen arbeiten, greifen auf ihre alt bewährten Erfahrungen
zurück.679 Der Erfolg von Handlungen in der Vergangenheit führt dazu, dass sich im
672 Vgl. Doppler/Fuhrmann/Lebbe-Waschke/u.a. 2002, S. 42 673 Vgl. Schein 1995, S. 93f., S.184f. 674 Vgl. Scott-Morgan 1995, S. 31, 47, 69, 107f., 160f., 170 675 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 400ff. 676 Vgl. Krüger 1994, S. 362 677 Vgl. Schein 1995, S. 223 678 Vgl. Ellinor/Glenna 2000, S. 94 679 Vgl. Krüger 1994, S. 363
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
187
Individuum ein bestimmtes Muster verfestigt, nachdem zukünftig wahrgenommen,
gedacht und gehandelt wird.680 Dieses implizite Wissen bzw. die mentalen Modelle,
die sich in der Vergangenheit herausgebildet haben, prägen so dauerhaft das
Verhalten von Individuen.681 Hierbei besitzt jeder Mensch individuelle Prägungen, die
seine situativen Reaktionen steuern und nur schwer veränderbar sind.682 Dies gilt
sowohl für Individuen, als auch für Gruppen oder eine gesamte Organisation, in
welche alle Mitarbeiter ihre Denk- und Handlungsmuster einbringen.683 Hierbei
entstehen Interessensunterschiede und –konflikte, die Prozesse nachhaltig prägen.
Ebenso ist Mitwirkung nicht immer durch Überzeugung, sondern z.T. auch aufgrund
von Loyalität begründet.684 Daher ist es eine wesentliche Aufgabe und
„Schwierigkeit“, v.a. „die Menschen davon zu überzeugen, die in diesem
Verwaltungsbereich groß geworden sind“, die „viele Jahre immer in einem Bereich
arbeiten, die dann den Überblick für das Große und Ganze verlieren.“685
Es bleibt festzuhalten, dass eine Kultur- oder Organisationsveränderung ohne die
Beachtung verankerter Denk- und Handlungsmuster nicht funktionieren kann.686
Veränderung ist erst möglich, wenn sich Mitarbeiter ihrer das Verhalten steuernden
Denk- und Handlungsmuster bewusst machen und sie hinterfragen.687
Selbstreflexion und eine offene Dialogkultur fördern dies.688
7.6 Personen als Träger des Veränderungsprozesses Prozesse sind eng verbunden mit den sie tragenden Personen. Scheiden
Veränderungsprozesse tragende Personen aus oder kommt es zu anderen,
personellen Veränderungen, die weniger Engagement der Personen mit dem
jeweiligen Prozess mit sich bringen, wird der Umsetzungserfolg nicht nur
unwahrscheinlich, sondern bereits erzielte Erfolge können wieder verloren gehen.689
680 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 63ff. 681 Vgl. Bach 2000, S. 15f. 682 Vgl. Bauer 1996, S. 53 683 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 66ff., S. 78 684 Vgl. Interview 3, S. 93, Zeile 15ff. 685 Interview 3, S. 94, Zeile 33ff. 686 Vgl. Geiselhart 1995, S. 51 687 Vgl. Bach 2000, S. 57 688 Vgl. Lehmkuhl 2001, S. 200f.; vgl. auch: Bohm 1998, S. 37 689 Vgl. Interview 4, S. 110, Zeile 7ff., Zeile 22f., vgl. auch: S. 91, Zeile 24ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
188
Gleichzeitig können Führungswechsel neue Energien, Ideen und andere
Perspektiven in den Veränderungsprozess einbringen. Die Prozessbeteiligten
müssen sich dann neu orientieren; unterbleibt dies, sind Konflikte
vorprogrammiert.690
Über ein Drittel der von dem Internationalen Institut für Lernende Organisation und
Innovation befragten Unternehmen geben so mitarbeiterbezogene Faktoren wie
mangelndes Engagement, fehlende Motivation und Angst der Mitarbeiter vor
Neuerungen als wichtigste Barrieren für Veränderungsprozesse an.691 „Menschen im
Unternehmen sind die Träger der Potentiale des Wandels.“692 Wesentliche
Voraussetzung für das Gelingen von Veränderungen ist daher die Veränderungs-
fähigkeit und die Veränderungsbereitschaft der am Prozess beteiligten Personen. Zur
Veränderungsfähigkeit zählen persönliche Leistungspotenziale der Mitarbeiter und
das Vorhandensein notwendiger Ressourcen und Strukturen.693 Mitarbeiter müssen
befähigt werden, Änderungen innerhalb der Organisation zu bewältigen und für sich
zu nutzen.694 Hierzu ist der Aufbau notwendiger sozialer Kompetenzen695 ebenso
sinnvoll wie das Einräumen ausreichender Autonomie, damit sie selbstständig
arbeiten und ihre Leistungspotenziale entfalten können.696
Um erfolgreich Veränderungsprozesse im Unternehmen durchführen zu können,
muss neben der Veränderungsfähigkeit die Veränderungsbereitschaft entwickelt
werden, die durch Ängste, Befürchtungen und Verunsicherungen, die im Rahmen
von Veränderungsprozessen in Organisationen entstehen, gehemmt697 wird, denn in
Veränderungsprozessen verlieren bisherige Bezugssysteme und Zugehörigkeiten
ebenso wie Denk- und Handlungsmuster an Bedeutung. In Folge büßen Mitarbeiter
ihr Selbstvertrauen und ihre Sicherheit, die sie aus bewährten Handlungen und
bekannten Tätigkeiten schöpfen, ein.698 Die Folge ist Stress und das Gefühl von
690 Vgl. ILOI 1997, S. 31 691 Vgl. a.a.O., S. 7 692 Vgl. Kobi 1996, S. 28 693 Vgl. Bach 2000, S. 20 694 Vgl. Gattermeyer/Al-Ani 2000, S. 29 695 Vgl. Becker 2002, S. 246 696 Vgl. Kobi 1996, S. 65 697 Vgl. Heintel/Krainz 1998, S. 202, vgl. auch Krebsbach-Gnath 1992, S. 50 698 Vgl. Gräser 1995, S. 153
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
189
Überforderung.699 Darüber hinaus können Ängste auch aus negativen Erfahrungen in
bzw. mit vorhergehenden Veränderungsprozessen resultieren 700, die dazu führen,
dass sich Mitarbeiter an Bewährtes klammern und Veränderungen gegenüber eine
abwehrende Haltung einnehmen.701 Typische Abwehrreaktionen sind die Verleug-
nung des Veränderungsziels, die Suche nach Schuldigen, resignative Haltungen
oder blinder Aktionismus, der sich insbesondere in kurzfristigen Lösungen
manifestiert, statt langfristige und nachhaltige Veränderungen anzustreben.702
Insbesondere Machtträger wehren sich aus Furcht vor dem Verlust von Einfluss und
kämpfen zur Sicherung bisheriger Einflusspotentiale.703
Daher ist es notwendig, elementare Ängste (Verlust des Arbeitsplatzes,
Versagensängste etc.) zu minimieren704, damit mehr Sicherheit im Wandel
entsteht.705 Auch Personalentwicklungsmaßnahmen können einen Beitrag leisten,
z.B. Angst vor Überforderung abzubauen und die Akzeptanz von Veränderungen zu
erhöhen.706 Darüber hinaus bietet die Möglichkeit der Mitgestaltung die Chance,
einen Sinn in den Veränderungen zu erkennen und löst deutlich weniger Ängste und
Unsicherheiten aus.707
7.7 Die Rolle von Führungskräften: Vorbild und Ärgervermeidung
Neben dem gemeinsamen Kriterium für Erfolg, kulturellen Wandel zu erzeugen,
bestehen aufgrund der spezifischen Rahmenbedingungen, vor allem der
Politikabhängigkeit und dem Agieren in der Öffentlichkeit, auch sehr subjektive
Konstruktionen von Erfolg. Da es sich bei den interviewten Personen allesamt um
Wahlbeamte handelt, spielt „unterhalb der Wasserlinie, unterhalb der, der nach
außen getragenen Zielebene“708 das Kriterium, „Ärger vermeiden“709 für die Akteure
eine entscheidende Rolle. Eine solche Orientierung erschwert
699 Vgl. Kobi 1996, S. 36 700 Vgl. ILOI 1997, S. 22 701 Vgl. Doppler/Fuhrmann/Lebbe-Waschke/u.a. 2002, S. 125ff.; vgl. auch: Krüger 1994, S. 363; Osterhold 2000, S. 56 702 Vgl. Heintel/Krainz 1994, S. 173ff. 703 Vgl. Kobi 1996, S. 36 704 Vgl. Krebsbach-Gnath 1992, S. 52f. 705 Vgl. Kobi 1996, S. 50 706 Vgl. Becker 2002, S. 246 707 Vgl. Doppler/Fuhrmann/Lebbe-Waschke/u.a. 2002, S. 128f. 708 Vgl. Interview 5, S. 138, Zeile 2f. 709 Vgl. Interview 5, S. 138, Zeile 6
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
190
Veränderungsprozesse in wenig innovationsfreundlichem Umfeld zusätzlich, „denn
wenn Sie innovativ sein wollen, riskieren sie natürlich Ärger.“710
Der sehr subjektiven Orientierung, Ärger zu vermeiden, kommt so im weiteren
Verlauf von Veränderungsprozessen damit erhebliche Bedeutung zu. Einerseits, weil
diese Einstellung allein weiter innovationshemmend ist711, andererseits aber auch,
weil der Verwaltungsspitze grundsätzlich erhebliche Bedeutung in Veränderungs-
prozessen zukommt: Sie müssen sich mit den Zielen von Veränderungsprozessen
identifizieren und dies als Vorbild glaubwürdig verkörpern.712 Hierzu gehört auch,
Fehler zu machen und diese einzugestehen.713 Veränderungsprozesse, „hinter dem
nicht explizit die Stadtspitze steht, […] oder […] wie immer die auch heißen mögen,
ist zum Scheitern verurteilt.“714 Sie gehen mit gutem Beispiel voran715, und müssen
das Schild selber tragen716 und sicht- und erkennbar „mit der Fahne vorangehen“.717
Ihre Identifikation und Zuverlässigkeit ist ein wesentlicher Aspekt718 und wird in der
Mitarbeiterschaft registriert.719 Führungskräfte müssen Veränderungen also gezielt
begleiten, damit sich die Beteiligten mit möglichst positiver Einstellung und Energie
an der Umsetzung beteiligen.720 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Mitarbeiter
heute „beruflich qualifizierter als früher“721 sind, mehr Selbstständigkeit und
Anerkennung von íhren Führungskräften erwarten und diesen gegenüber
selbstbewusster und kritischer auftreten.722
Jeder Veränderungsprozess stellt außerordentlich komplexe Anforderungen an
Führungskräfte.723 Sie sind dafür verantwortlich, Entwicklungen, Problemsituationen,
Hintergründe, Zusammenhänge sowie Barrieren frühzeitig und tiefgründig zu
710 Vgl. Interview 5, S. 138, Zeile 21f. 711 Vgl. Interview 5, S. 138, Zeile 20ff., S. 141, Zeile 28ff. 712 Vgl. Interview 3, S. 98, Zeile 13ff., Interview 4, S. 110, Zeile 22f., Interview 2, S. 43, Zeile 15ff., S. 53, Zeile 30ff. 713 Vgl. Interview 4, S. 98, Zeile 23ff. 714 Vgl. Interview 5, S. 128, Zeile 33f. 715 Interview 2, S. 53, Zeile 30ff. 716 Interview 2, S. 42, Zeile 15ff. 717 Interview 4, S. 90, Zeile 30f 718 Interview 5, S. 133, Zeile 20, vgl. auch: Zeile 27 719 Vgl: Interview 3, S. 89, Zeile 19f. 720 Vgl. Lang 2001, S. 36 721 Doppler/Lauterburg 1997, S. 59 722 Vgl. Karlowski 2003, S. 15 723 Vgl. ILOI 1997, S. 8
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
191
erfassen. Hierfür ist es wichtig, dass Führungskräfte die Fähigkeit der Empathie
besitzen bzw. diese entwickeln; ohne erfolgreiche Überzeugungsarbeit gelingt es
kaum, Engagement für die notwendigen Veränderungen zu erzeugen, wenn
Mitarbeiter diese mit Skepsis betrachten oder negativ beurteilen.724 Darüber hinaus
haben Führungskräfte Vorbildfunktion. Nehmen sie diese nicht wahr, geht Vertrauen
in die Führung und in den Veränderungsprozess sowie Identifikation mit der
Organisation und den Organisationszielen verloren.
Abb. 53: Kompetenzprofil des ‚idealen’ Veränderungsmanagers725
724 Vgl. Lang 2001, S. 36; vgl. auch: Sarnes 2004, S. B12; ILOI 1997, S. 8, 27; Greiff/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 33 725 Eigene Abbildung, basierend auf Capgemini 2008, S. 21
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
192
Gleiches gilt, wenn die Führung nicht geschlossen hinter dem Veränderungsprozess
steht, es zu Unstimmigkeiten auf Führungsebene kommt, persönliche Interessen im
Vordergrund stehen, Management von Konkurrenzdenken geprägt ist, sich die
falschen Personen in Führungskoalitionen befinden, zu wenig Ressourcen zur
Verfügung gestellt werden oder Führungskräfte es versäumen, Prozessverweigerern
Konsequenzen aufzuzeigen und durchzusetzen.726
Die Anforderungen an Führungskräfte sind dementsprechend komplex. Wesentlich
ist, direkten Zugang zu den betroffenen Mitarbeitern zu haben, Rückmeldungen zu
bekommen, ansprechbar zu sein und persönlichen Zugang zu den handelnden
Personen zu haben.727 Dem auch unter dem Begriff bekannten ‚management by
wandering around’ kommt hier eine Schlüsselfunktion zu: „Für mich als Chef war es
einfach wichtig, dass ich mich auch mal um kleinere Probleme gekümmert habe,
dass ich wie gesagt, dann mal in die Sitzung gegangen bin […] oder dass ich mit
einzelnen Leuten geredet habe.“728
Commitment und Glaubwürdigkeit des Managements sind laut der Cap Gemini-
Studie mit 75% an dem Erfolg eines Veränderungsprozesses beteiligt.729 Der feste
Wille zum Wandel sowie dessen Vision muss von allen Führungskräften getragen,
vorangetrieben, unterstützt und überzeugend vermittelt werden.730 Dazu bedarf es
charismatischer Führungskräfte731 und Motivation: „Durch eine starke Motivation der
Strategieträger können auch die Mitarbeiter der unteren Ebenen motiviert werden
(‚Motivation erzeugt Motivation’) – ein bedeutsamer Wirkfaktor.“732 Gerade in Zeiten
ständigen Wandels steigt die Bedeutung der Glaubwürdigkeit des Managements, zu
der das Eingestehen von Schwächen ebenso gehört wie die „Einheit von Sprechen
und Handeln“, denn Mitarbeiter reagieren sensibel „auf Störungen jener Einheit“733.
726 Vgl. ILOI 1997, S. 17, 27; vgl. auch: Kochen 2001, S. 87; Greiff/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 34; Jacobi/Freybott 1999, S. 31f. 727 Vgl. Interview 4, S. 97, Zeile 14ff. 728 Interview 4, S. 97, Zeile 2ff. 729 Vgl. Capgemini Consulting 2003, S. 37 730 Vgl. Greiff/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 34 731 A.a.O., S. 34; vgl. auch: Maucher 1995, S. 92 732 Steinle/Kirschbaum/Kirschbaum 1996, S. 207 733 Maucher 1995, S. 91
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
193
Abb. 54: Wichtigste Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen734
Erfolgreiches Veränderungsmanagement benötigt also neben Kompetenzen ein
spezifisches Führungsverständnis, denn dauerhafte Verhaltensänderungen erfordern
zwar ihre Zeit, laufen aber umso schneller, „je mehr sie aus dem Umfeld positive
Verstärkung erhalten“735. Es gilt daher Mitarbeiterpotenziale „auszuschöpfen, zu
fördern, zu erhalten und zu kultivieren.“736 Vorhandenes Lösungspotenzial kann so
„im Sinne eines Bottom-up-Ansatzes frühzeitig für die Prozessgestaltung“ genutzt
werden.737 Zielvereinbarungs-, Mitarbeiter- und Beurteilungsgespräche sowie
regelmäßige Mitarbeiter- und Teamsprechungen sind Führungsaufgaben und werden
zu entscheidenden erfolgskritischen Faktoren in Veränderungsprozessen.738
734 Eigene Abbildung, basierend auf: Capgemini 2008, S. 40 735 Jacobi/Freybott 1999, S. 99 736 Wunderer 1993, S. 135 737 Vgl. ILOI 1997, S. 26 738 Vgl. Capgemini 2008, S. 40
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
194
Führungsrollen in Veränderungsprozessen zu übernehmen heißt auch,
Verantwortung zu übernehmen, Richtungen zu bestimmen739 und Entscheidungen zu
treffen: „Will ich von allen wirklich die Zustimmung haben, dann brauche ich es gar
nicht anzufangen;“740 „[…] letztendlich die Entscheidung, im Zweifelsfall, die muss ich
treffen.“741
7.8 Einbindung von Prozess-know-how durch Berater
Die Übernahme von Verantwortung in Veränderungsprozessen ist in öffentlichen
Verwaltungen häufig eine neue, ungewohnte Rolle für Führungskräfte in
Verwaltungen. Sie benötigen daher Unterstützung, z.B. in Form von Gesprächen mit
reflexivem Charakter mit einem Berater.742 Berater können hierzu „Trittsteine“743
bieten, die als Haltepunkte für Reflexionen dienen.744 Hierfür ist ein vertrauensvolles
Miteinander zwischen Berater und Führungskraft, dass eine „vernünftige Mischung
aus Distanz und Nähe“745 bietet, Voraussetzung. Hierzu gehört, dass eigene
Erfahrungen gemacht werden dürfen und die Möglichkeit des Feedbacks besteht.
Grundsätzlich sind externe Berater „wenn man den Prozeß ernst nimmt und
verantwortungsvoll damit umgeht, […] unheimlich wichtig.“746 Sie müssen v.a.
Kenntnisse über Prozesse in Verwaltungen mitbringen. Ihre neutrale Grundhaltung
und die damit verbundene Prämisse, für keine der Parteien oder Akteure Partei zu
ergreifen, muss ihre Arbeit kennzeichnen.747 Auch er agiert im Fokus der
organisationsinternen Öffentlichkeit und ist Vorbild im Umgang mit Mitarbeitern und
ihren Interessen.748 Die Rolle des Beraters kann auf gutachterliche, fachspezifische
Mitarbeit reduziert749 werden oder aber die Begleitung des gesamten Veränderungs-
prozesses bis hin zur Delegation von Entscheidungsbefugnissen umfassen.
739 Interview 1, S. 5, Zeile 8f., Interview 2, Seite 39, Zeile 1ff., 740 Interview 2, S. 38, Zeile 32f. 741 Interview 2, S. 39, Zeile 4f. 742 Vgl. Interview 4, S. 108, Zeile 36ff. 743 Interview 4, S. 92, Zeile 4 744 Vgl. Interview 4, S. 92, Zeile 4ff. 745 Interview 4, S. 112, Zeile 13 746 Interview 2, S. 39, Zeile 20f. 747 Interview 2, S. 40, Zeile 12ff. 748 Vgl. Interview 5, S. 132, 37ff. 749 Vgl. Interview 4, Seite 132, Zeile 37ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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Wesentliches Merkmal der Einbindung externer Berater ist jedoch grundsätzlich die
Einbringung von know-how über die Gestaltung und Steuerung von
Veränderungsprozessen. Diese gelingt nur in einem meist langwierigen Prozess, für
dessen Durchführung Konzepte, Methoden und Instrumente benötigt werden.
Wissen über und Erfahrung im Umgang mit Veränderungsprozessen wird so zum
Faktor für das Gelingen bzw. Scheitern von Veränderungsprozessen, denn hierbei
können zahlreiche Fehler auftreten.750 Häufig fehlt Organisationen Know-how über
die Gestaltung von Veränderungsprozessen. Meist wird vermutet, dass die
Konzeption der kritische Teil des Veränderungsprozesses darstellt. In der Praxis
erweist es sich als weitaus schwieriger, das erarbeitete Konzept in die Praxis
umzusetzen. Zwar lässt sich feststellen, dass eine Veränderung nur erfolgreich sein
kann, wenn die Konzeption der Veränderungsmaßnahmen mit der Konstitution der
Organisationen und Probleme stimmig ist.751 Von Erfolg lässt sich jedoch erst
sprechen, wenn der Transfer gelungen ist.752
Zum Prozess-know-how gehört darüber hinaus die Erkenntnis, dass der Grundstein
erfolgreicher Veränderungsprozesse eine detaillierte Erhebung der Ist-Situation und
des Soll-Zustandes unter Beteiligung der jeweils in den betroffenen
Organisationseinheiten beschäftigten Mitarbeiter bildet. Die Geschichten der
Mitarbeiter helfen, die wesentlichen Dinge über die Organisation in Erfahrung zu
bringen. Wird die Ausgangssituation des Unternehmens als bekannt vorausgesetzt,
besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Probleme im Detail nicht wahrgenommen
werden und Veränderungen daran scheitern. 753
Neben der Fokussierung auf eine detaillierte Diagnose gilt es, Energie für die
Umsetzung einzuplanen, denn in der Praxis stehen nach langwieriger Analyse- und
Konzeptionsphase die Umsetzung häufig unter großem Zeitdruck. Deshalb wird
wenig Zeit und Energie in die Umsetzung investiert. Gerade die Umsetzung gestaltet
sich jedoch meist schwierig und zahlreiche Veränderungsprojekte scheitern an einer
750 Vgl. Osterhold 2000, S. 13 751 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 104 752 Vgl. a.a.O., S. 151 753 Vgl. a.a.O., S. 155f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
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mangelhaften Umsetzung.754 Deshalb gilt: Umsetzungen müssen langfristig angelegt
sein, um die Veränderung nachhaltig in die Organisation zu implementieren. Um dies
zu erleichtern, sollte schon in der Konzeptionsphase auf Realisierungsmöglichkeiten
geachtet werden.755 Des Weiteren ist es wichtig, insbesondere bei lang angelegten
Veränderungsprojekten, frühzeitig erste Erfolge bei der Realisierung zu ermöglichen
und zu leben, um das Interesse und Engagement der Mitarbeiter für die Verän-
derungen zu erhalten.756
Die Bedeutung von Prozess-know-how wird deutlich, wenn man bedenkt, dass
fehlende Vernetzung der einzelnen Ebenen sowie die Verletzung des Prinzips ‚first
top-down and at the same time bottom-up’757 Veränderungsprozesse ohne weiteres
zum Scheitern bringen können.
7.9 Aufbau von Führungskoalitionen
Aufgrund der spezifischen Ausgangslage öffentlicher Verwaltungen, ist nicht immer zu erwarten, dass bestimmte Hierarchieebenen oder komplette Organisationseinheiten Veränderungsprozesse mittragen. Daher kommt der Installation hierarchieunabhängiger Führungskoalitionen eine wesentliche Bedeutung zu, denn sie trägt Reformprozesse in öffentlichen Verwaltungen. Die Regel, wonach 1/3 der Mitarbeitenden sich bei Veränderungsprozessen engagieren, 1/3 eher abwartend sind und 1/3 mit aktivem oder passivem Widerstand reagieren, bewahrheitet sich in der Praxis.758 Daher ist es notwendig, ein hierarchieun-abhängiges Projektteam zu installieren und auf Personen zurückzugreifen, die Interesse an Veränderungen haben. Aufgrund vergangenheitsorientierter Ein-stellungen etc. sind dies oft neue Mitarbeiter, die von anderem Denken geprägt sind.759 Die Zusammensetzung solcher Führungskoalitionen beruht darüber hinaus auf strategischen Überlegungen, welche Personen oder Personengruppen innerhalb einer Führungskoalition vertreten sein müssen.760
754 Vgl. Pieler 2003, S. 136 755 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 153 756 Vgl. ILOI 1997, S. 19 757 Schuppli 1998, S. 47 758 Vgl. Interview 5, S. 128, Zeile 16ff. 759 Vgl. Interview 5, S. 127, Zeile 2ff. 760 Vgl. Interview 1, S. 11, Zeile 7ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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Die „Notwendigkeit und Dringlichkeit des Veränderungsprozesses“761 erhält durch die Existenz von Führungskoalitionen und Promotoren mehr Gewicht. Gleichzeitig wird damit die Veränderungsenergie in der Organisation gesteigert. Mitarbeiter nehmen wahr, welche Führungskraft mit wie viel Engagement und Überzeugung den Veränderungsprozess mit trägt und welche Führungskräfte für dessen Erfolg verantwortlich sind, welche Interessen damit verfolgt und wie viel Ressourcen (finanziell, personell, zeitlich) zur Verfügung gestellt werden. Führungskoalitionen bzw. Promotoren besitzen so nicht nur Einfluss auf die Mitarbeiterebene, sondern, auch auf die Vertrauens- und Kommunikationskultur einer Organisation.762 Ein Einsatz von Projektpromotoren zeigt sich besonders dann hilfreich, wenn das Projektteam von äußeren und inneren Turbulenzen bzw. Gefährdungen umgeben ist, die es nicht eigenständig und ohne „externe“ Hilfe lösen kann.763
Der Auswahl und Zusammensetzung der Projektteams kommt eine wesentliche
Bedeutung für den Erfolg von Veränderungsprojekten zu. Wissen, Erfahrung und
Kenntnisse der Personen, die an dem Veränderungsprozess beteiligt sind, geben
den Ausschlag für dessen Erfolg.764 Deshalb kommt der Auswahl der am
Veränderungsprozess beteiligten Schlüsselpersonen eine hohe Bedeutung zu.765
Schlüsselpersonen mit fehlenden Kompetenzen oder Zeit behindern den
Umsetzungserfolg. Diese Gefahr besteht besonders dann, wenn diese nur deshalb
eingesetzt werden, weil sie gerade nicht anderweitig im Einsatz sind.766
Daher sollten Projektteams bereichsübergreifend nur solche Mitarbeiter integrieren,
die Interesse an der Umsetzung besitzen.767 Besondere Sorgfalt muss auch auf die
Wahl der Projektleitung, die gleichzeitig eine Schnittstelle zur Führungsebene
benötigt, gelegt werden, da diese eine entscheidende Rolle spielt.768
Führungskräfte und die am Veränderungsprozess beteiligten Personen müssen in
der Lage sein, alle Mitarbeiter in den Veränderungsprozess zu integrieren und sie für
761 ILOI 1997, S. 23 762 Vgl. A.a.O., S. 23 763 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 288 764 Vgl. Kostka/Mönch 2002, S. 67 765 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 165 766 Vgl. Kobi 1996, S. 78 767 Vgl. a.a.O., S. 82 768 Vgl. a.a.O., S. 82
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die Ziele zu begeistern.769 Daher ist die Auswahl der Verantwortlichen für den
Veränderungsprozess sorgfältig zu treffen. Sie sollten fachlich und sozial kompetent
sein, um eine führende Rolle bei Veränderungsprozessen einnehmen zu können.770
Sie sollten in der Lage sein, Mitarbeiterkompetenzen zu erkennen, eindeutige
Verantwortlichkeiten festzulegen, die Beteiligten zu überzeugen und zu motivieren
bzw. evtl. auftretende Widerstände zu thematisieren. Darüber hinaus müssen
Schlüsselpersonen Interessen der Organisation als Ganzes und alle laufenden
Prozesse im Blick haben.771
7.10 Berücksichtigung systemischer Vernetzung Organisationen stellen komplexe, dynamische Systeme mit zahlreichen
Teilsystemen, dar. Die einzelnen Teilsysteme weisen dabei zahlreiche Vernetzungen
auf. Komplexität umfasst “[…] die Existenz von vielen, voneinander abhängigen
Merkmalen“772. Je höher dabei der Grad der Komplexität ist, desto höhere
Anforderungen werden an die Fähigkeiten der Akteure gestellt. Wird auf ein
Teilsystem, bewusst bzw. unbewusst, eingewirkt, hat dies Auswirkungen auf andere
Teilsysteme, denn jede Beeinflussung von Variablen erzeugt Neben-, Fern- sowie
Wechselwirkungen.773 Ein System ist mehr „als ein bloßes Nebeneinander
zusammenhängender Teile. Jedes System eines Gliedes steht mit jedem anderen in
Wechselbeziehung. Die Teile liegen nicht wahllos nebeneinander, sondern sind zu
einem bestimmten Aufbau vernetzt. Dadurch verhält sich ein System völlig anders
als seine Teile. Es wird zu einem neuen Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner
Teile.“774 Daher ist es in Veränderungsprozessen notwendig, das System mit all
seinen Vernetzungen zu erfassen und wahrzunehmen.775
Zum Prozess-Know-how gehört daher das Wissen um die Notwendigkeit ganzheitlich
zu denken und zu handeln, denn bei Veränderungsprojekten werden oft nur
strukturelle und technische Aspekte beachtet, während menschliche und
zwischenmenschliche Aspekte ignoriert werden. Dieses Fehlverhalten trifft 769 Vgl. Kostka/Mönch 2002, S. 67 770 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 164f.; vgl. auch Kobi 1996, S. 78 771 Vgl. Czchios 1993, S. 484f.; vgl. auch: ILOI 1997, S. 24; Kobi 1996, S. 79f. 772 Vgl. Dörner 2001, S. 60 773 Vgl. a.a.O., S. 61 774 Lang 2001, S. 38 775 Vgl. a.a.O., S. 38f.; vgl. auch: Dörner 2001, S. 60ff.
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besonders in der Phase der Analyse und der Ausgestaltung der Konzeption zu.776
Veränderungen in Organisationen sind aber nur dann erfolgreich, wenn diese als
komplexe Systeme ganzheitlich verstanden und sowohl die strukturellen-technischen
als auch die menschlichen bzw. zwischenmenschlichen Aspekte sowie die Vielfalt an
Auswirkungen von Veränderungen auf die Organisationen als Ganzes beachtet
werden.777 Dies bedeutet, den Vernetzungsaspekten der Kommunikation oder dem
Wissenstransfer besondere Aufmerksamkeit zu kommen zu lassen778, denn es kann
keine Veränderung durchgeführt werden, ohne dass die gesamte Organisation davon
betroffen ist, da erstens die einzelnen Systemelemente wechselseitig aufeinander
einwirken und sie zweitens in einer wechselseitigen Abhängigkeit zueinander
stehen.779
7.11 Nutzung personeller Veränderung als Impuls zu Veränderungsprozessen Zur Initiierung von Veränderungsprozessen ist das Vorhandensein eines wichtigen
Ereignisses, eines Änderungsimpulses, der die Kultur aus dem Gleichgewicht bringt,
eine wichtige Voraussetzung. Dies löst Änderung des Verhaltens aus, meist mit dem
Ziel, dieses wieder herzustellen.780 Betrachtet man sich die Anlässe,
Veränderungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen zu initiieren, wird deutlich, dass
Leidensdruck durch existentielle Krisen fehlt. Daher spielen neue Mitarbeiter, die mit
anderen beruflichen Vorerfahrungen Impulse setzen, eine wichtige Rolle.781 In
Kombination mit Mitarbeitern, die „über Jahre hinweg ein Unbehagen in dieser
Verwaltung hatten und denjenigen, die erst kurze Zeit in der Gemeindeverwaltung
[…] waren, […] die waren […] eh noch nicht ‚verdorben’, […] die hatten sowieso
andere Zugänge“ 782, ist es möglich, einen Veränderungsimpuls in Verwaltungen zu
setzen. Hierbei kann auch mangelndes Ansehen einzelner Stellen, die aus
Bürgersicht von zentraler Bedeutung sind, aufgrund organisationsinterner
Wertvorstellungen jedoch als unattraktiv gelten, einen Beitrag zur Überzeugung
776 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 156ff. 777 Vgl. Kobi 1996, S. 30 778 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 156ff. 779 Vgl. Kobi 1996, S. 30ff. 780 Vgl. Schein 1995, S. 230 781 Vgl. Interview 4, S. 126, Zeile 18, Interview 3, S. 65, Zeile 31ff., Seite 67, Zeile 7ff., Interview 4, S. 96, Zeile 6ff. 782 Interview 4, Seite 96, Zeile 7ff.
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Christopher Klug
200
leisten: „Also das war klar, wenn wir was machen, müssen wir was neues machen
und müssen damit eine attraktive Aufgabe verbinden.“783
Personelle Veränderungen bieten so die Chance für tiefgreifende
Organisationsentwicklungen: „Und es passte dann einfach auch, dann ist die Kollegin
in Rente gegangen, es war einfach eine günstige Konstellation […].“784 „Immer wenn
man jemanden neu anstellt, [da kommt dann so ein Schub von Leuten, die haben
dann auch mal ein paar andere Ideen.“785 Weitere Reformimpulse können
ökonomische Aspekte wie die Frage: „Wie kommen wir mit weniger Geld aus, wie
können wir den Standard halten mit weniger Geld“786 oder Reformimpulse von außen
durch überzeugende Konzepte und Beispiele787 sein, die dazu führen, zu überlegen:
„Wie stellt man sich da auf?“788
7.12 Anreize ersetzen fehlenden Leidensdruck Die Nutzung personeller Veränderungen als Veränderungsimpuls ist umso
bedeutender, da der wichtigste Grund für das Gelingen von Veränderungen, der
Leidensdruck bzw. eine existentielle Bedrohung, häufig Folge von Wettbewerb, im
Bereich öffentlicher Verwaltungen, fehlt789 und sich auch über Wettbewerbssurrogate
kaum herstellen und auf die Mitarbeiter übertragen lässt.790 Die vorliegenden
Leidensdrucke, die durch die Rahmenbedingungen determiniert werden, sind „sehr
persönlich“791, damit vielfältig und nicht existenziell.792 Druck zur Veränderung kann
auch durch „Druck der Öffentlichkeit, dass andere das auch machten“793 kommen
und setzt sich somit aus den Komponenten „Unzufriedenheit in den, bei den
Mitarbeitern, eine Unzufriedenheit von dem ein oder anderen Bürger plus natürlich
der Druck von außen, andere sind moderner“ zusammen.794 Allerdings überträgt
783 Interview 3, S. 70, Zeile 18ff. 784 Interview 3, S. 74, Zeile 21f. 785 Interview 1, S. 30, Zeile 24ff. 786 Interview 3, S. 76, Zeile 6f. 787 Vgl. Interview 5, S. 125, Zeile 27f. 788 Interview 5, S. 125, Zeile 34f. 789 Interview 1, S. 28, Zeile 35f. 790 Vgl. Interview 1, S. 30, Zeile 24ff., 791 Interview 4, S. 102, Zeile 4, auch: S. 100, Zeile 21 792 Vgl. Interview 3, S. 71, Zeile 30ff., Interview 4, S. 99, Zeile 34ff., S. 100, Zeile 16ff., Interview 2, S. 56, Zeile 9ff. 793 Interview 3, S. 72, Zeile 13 794 Interview 3, S. 72, Zeile 21ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
201
sich dieser Druck, der zu einer Reaktion führt795, nicht automatisch auf die
Mitarbeiterschaft. Hier besteht die Möglichkeit, dass die Führungskräfte
personalwirtschaftliche Instrumente wie das Mitarbeitergespräch nutzen und den
Mitarbeitern „von diesem Leidensdruck, den man als Verantwortlicher hat so ein
bisschen vielleicht abgeben […]“796 kann. Eine weitere Möglichkeit, fehlenden
Leidensdruck zu erzeugen, besteht im Aufbau von „Identifikation mit dem
Unternehmen ‚Gemeinde’“797 durch die Vermittlung des Gefühls „[…] wir sitzen doch
in einem Boot […].“798
Fehlt die Bereitschaft zur Veränderung, lassen sich Veränderungsprojekte nur
schwer durchführen, da keine Notwendigkeit besteht, bestehende Denk- und
Handlungsmuster zu verändern. Bereitschaft für Veränderung entsteht nur dann,
wenn Änderungsdruck vorhanden ist.799 Ohne Leidensdruck und „existentiellen
Schmerz“800 bzw. „existentielle Bedrohung“801 werden die Belastungen von
Veränderungen nicht auf sich genommen.802 Des Weiteren ist der Druck, mit dem
die Veränderung durchgeführt wird, entscheidend. Ist dieser zu schwach und stehen
zu stark ausgeprägte heimliche Spielregeln entgegen, wird keine Veränderung
stattfinden.803 Die Schaffung von Beweggründen, wie z.B. „künstliche Krisen“804,
kann die Motivation zur Veränderung verstärken, ist aber kritisch zu bewerten, da sie
auch das Gegenteil auslösen kann.805
Die einhellige Antwort auf fehlenden existentiellen Leidensdruck ist jedoch eindeutig
in deren Umkehrung zu sehen: Mitarbeiter engagieren sich für Veränderungen, wenn
sie selbst für sich darin individuelle Vorteile sehen. „Die Chancen sind dann am
höchsten, wenn die Beteiligten sehen, das sie etwas davon haben.“806 Der Anreiz
muss hierbei nicht materiell sein; hier sind die Möglichkeiten durch das Dienst-, Tarif-
795 Vgl. Interview 2, S. 57, Zeile 24f. 796 Interview 2, S. 57, 16f. 797 Interview 2, S. 56, Zeile 5f. 798 Interview 2, S. 57, Zeile 17 799 Vgl. Kobi 1996, S. 55f. 800 Vgl. Rieckmann 2004, S. 15 801 Vgl. a.a.O., S. 25 802 Vgl. a.a.O., S. 15 803 Vgl. Scott-Morgan 1995, S. 48 804 Nippa 1997, S. 55 805 Vgl. a.a.O., S. 55 806 Interview 5, S. 132, Zeile 23f., vgl. auch Interview 3, S. 89, Zeile 13f.
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Christopher Klug
202
und Arbeitsrecht beschränkt. Er kann auch „in Form von einfach Spaß an der Arbeit
sein, dass der Spaß an der Arbeit steigt, die Anerkennung steigt […]“807 und sich die
Zufriedenheit mit der eigenen Arbeitssituation verbessert.808 Anerkennung ist hier
auch „im Sinne von Kritik, positiv wie negativ“809 zu verstehen, damit es dem
„Einzelnen nicht egal ist ob er sich so oder so verhält, sondern das eine Reaktion
darauf erfolgt.“810
7.13 Partizipation als Anreiz für Engagement Statt Leidensdruck oder konkreter Vorteile, die sich einzelne Mitarbeiter versprechen,
ist allein „nur die Idee, dass ich selber was mitgestalten kann“811 bzw. das „man doch
einiges, was man erkennt, selber einbringen kann“812 bzw. „längst mal anders
machen“813 kann Anreiz, sich im Rahmen von Veränderungsprozessen zu
engagieren. Dem Angebot zur Partizipation und Mitgestaltung kommt dadurch eine
wesentliche Bedeutung in der Schaffung von Motivation und Akzeptanz für
Veränderungen zu.814 In der Gewinnung der Mitarbeiter, sich hinter Ziele eines
Veränderungsprozesses zu stellen, wird das größte Hindernis für das Gelingen von
Veränderungsprozessen gesehen.815 „Das war sicher die größte Barriere. Und das
sage ich: Die ist gut überwunden worden, weil ich glaube mittlerweile, dass alle im
Laufe des Prozesses, als sie gemerkt haben, sie wurden selber beteiligt.“816
Partizipation kann hierbei sogar bewirken, dass sich Gegner von Veränderungs-
prozessen zu Befürwortern entwickeln.817 Diese Erkenntnis ist wichtig, denn auch die
kritisch eingestellten Mitarbeiter müssen in den Prozess integriert werden; „man
muss alle mitnehmen, man darf keinen am Wegesrand liegenlassen.“818
807 Interview 5, S. 132, Zeile 24ff. 808 Vgl. Interview 1, S.11, Zeile 36 809 Interview 5, S. 140, Zeile 31 810 Interview 5, S. 141, Zeile 15f. 811 Interview 1, S. 28, Zeile 37 812 Interview 1, S. 29, Zeile 4f. 813 Interview 1, S. 29, Zeile 3 814 Vgl. Interview 1, S. 2, Zeile 20ff., S. 10, Zeile 9f., S. 22, Zeile 26ff., Interview 4, S. 100, Zeile 2f., S. 107, Zeile 28f. 815 Vgl. Interview 1, S. 22, Zeile 29ff. 816 Interview 1, S. 22, Zeile 32ff. 817 Vgl. Interview 1, S. 2 Zeile 12f. 818 Interview 4, S. 107, Zeile 29f., vgl. auch: Interview 4, S. 100, Zeile 2ff.
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203
Das für die Umsetzung von Veränderungsprojekten benötige Engagement der
Mitarbeiter resultiert aus Motivation819 und Identifikation.820 Um Mitarbeiter für
Veränderungen zu motivieren, müssen sie rechtzeitig erkennen können, dass ihre
Handlungsspielräume nicht eingeschränkt werden, ihr Wissen benötigt wird und von
ihnen weiterhin interessante Arbeiten und anspruchsvolle Aufgaben ausgeführt
werden sollen.821 Weiterhin ist es für das Engagement und die Eigenverantwortung
der Mitarbeiter wichtig, dass nicht alle Entscheidungen von den Führungskräften
vorgegeben werden.822 Hier ist von Vorteil, wenn die Mitarbeiter eigene
Umsetzungspläne entwickeln und sich z.B. durch Zielvereinbarungen auf bestimmte
Veränderungsziele verpflichten.823 Ziele schaffen so Orientierung.824 Sie sollten
konkret, klar und erreichbar sein und die Ausführung der notwendigen Aktivitäten zur
Zielerreichung sowie deren Kontrolle ermöglichen.825 Die Beteiligung aller
Betroffenen an der Vereinbarung der Ziele stellt einen grundlegenden Erfolgsfaktor
dar. Im Dialog lässt sich feststellen, ob Ziele verstanden und akzeptiert werden, ob
Zielkonflikte vorhanden und die Prioritäten richtig verteilt sind.826
Die gemeinsame Anstrengung, das gemeinsame Entwickeln, das Einlassen auf
einen Prozess verbindet die Akteure827 und entwickelt eine Eigendynamik, die
innovative Lösungen in einer „überraschenden“828 „Intensität“829 überhaupt erst
ermöglicht.830 Die Beteiligung an innovativen Lösungen führt im Ergebnis sogar dazu,
dass auch dadurch entstehende persönliche Nachteile Akzeptanz finden.831
819 Der Begriff Motivation bezeichnet eine Bewegung oder Handlung, die durch einen Anreiz ausgelöst wird und er lässt sich als aktivierende Ausrichtung des Lebens auf einen positiven Zustand hin umschreiben. (Vgl. Rheinberg 2006, S. 16) 820 Vgl. Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 66 821 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 52 822 Vgl. ILOI 1997, S. 23 823 Vgl. Gattermeyer/Al-Ani 2000, S. 32 824 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 213f. 825 Vgl. Osterhold 2000, S. 63 826 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 218 827 Vgl. Interview 3, S. 84, Zeile 31ff., Interview 4, S. 118, Zeile 26ff. 828 Interview 4, S. 113, Zeile 33 829 Interview 4, S. 113, Zeile 29 830 Vgl. Interview 3, S. 84, Zeile 11ff., Interview 4, S. 113, Zeile 28ff. 831 Vgl. Interview 1, S. 10, Zeile 9ff., Interview 4, S. 113, Zeile 28ff.
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204
Für solche Erfolge ist es notwendig, dass man „jeden Einzelnen ernst nimmt in
diesem Prozess.“832 Hierzu gehört auch „dieses Zuhören, dieses immer wieder
Hingucken, aber auch dann manchmal die Stärke zeigen und zu sagen: ‚Du musst
jetzt auch’.“833 Es bedarf fester „Spielregeln“834 für Partizipation, die „vorher klar
sein“835 müssen. Hierfür ist es notwendig, dass die Verwaltungsleitung „weiß, wo sie
hin will.“836 Folgen Eingriffe erst später, schafft dies Frustration bei den Beteiligten.837
Ebenso reagieren Beteiligte sensibel, wenn in ihren Verantwortungsbereich
eingegriffen wird, auch wenn nur Ideen zur Gestaltung von Systemen und Prozessen
vorgeschlagen werden, denn „dann kommt eine (lacht) ganz normale menschliche
Reaktion, man fühlt sich angegriffen und man verteidigt sich, und damit ist die Sache
gelaufen.“838 Daher ist es erfolgversprechender, „dass man definiert, wo man hin will.
[…] Das sage ich meinen Abteilungsleitern in der Hoffnung, dass sie mich
verstanden haben. Das diskutieren wir dann auch, […] und dann gehen die den Weg
weiter mit ihren Leuten.“839
Letztlich ist es ein Gebot der Vernunft, Partizipation auf breiter Basis herzustellen,
„weil das ganze Potential, was in dem Wissen und in der Erkenntnis der Mitarbeiter
steckt, das wäre fahrlässig, wenn man das vernachlässigen würde, weil, die
Menschen, die da arbeiten, haben ja den viel besseren Einblick an der Basis, an das,
was passiert.“840
7.14 Gemeinsame Vision als Orientierungsrahmen erzeugen Erfolgskritisch ist die Verknüpfung der Veränderung mit der Vision der Organisation.
Die Ausrichtung eines Veränderungsprozesses an der Vision bietet Orientierung zur
Handlungsausrichtung, senkt die Koordinationskosten des Wandels und hilft die
Aktivitäten aller Mitarbeiter auf das Wesentliche zu konzentrieren.841
832 Interview 4, S. 116, Zeile 3f. 833 Interview 4, S. 116, Zeile 30ff. 834 Interview 2, S. 55, Zeile 14 835 Interview 2, S. 55, Zeile 10f. 836 Interview 3, S. 82, Zeile 3 837 Vgl. Interview 1, S. 23, Zeile 3ff. 838 Interview 3, S. 82, Zeile 9ff. 839 Interview 3, S. 82, Zeile 12ff. 840 Interview 2, S. 55, Zeile 20ff. 841 Vgl. Kotter 1997, S. 99ff.
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Veränderungsprozesse erzeugen eine Spannung zwischen dem Ist-Zustand in der
Organisation und dem gewünschten zukünftigen Zustand. Diese Spannung erhält
durch eine gemeinsame Vision, die als eine klare und überzeugende Aussage über
die zukünftige Unternehmensentwicklung zu verstehen ist, kreatives Potenzial und
erzeugt Energie für die Umsetzung der Veränderung.842 Sie bleibt im
Veränderungsprozess den davon betroffenen Mitarbeitern Orientierung und
ermöglicht Identifikation mit den Zielen des Veränderungsprozesses, damit
genügend emotionales Engagement entsteht, die Vision durch Veränderung zu
verwirklichen.843
Die Kommunikation einer realistischen und klaren Unternehmensvision sowie einer
realistischen und klaren Unternehmenszielsetzung ist laut Cap Gemini mit 45% der
wichtigste Faktor für den Erfolg von Veränderungsprozessen. Damit die Vision auf
breite Akzeptanz stößt, darf sie nicht konträr zu persönlichen Zielen der Mitarbeiter
des Unternehmens sein.844 Sie muss daher gemeinsam von Führungskräften und
Mitarbeitern entwickelt und kommuniziert werden. Nur dann löst eine Vision kreative
Spannung und echtes Engagement bei den Mitarbeitern aus.845 Diesem Prozess der
Visions-Entwicklung muss das konsequente Vorleben der Vision folgen.846 Eine
Vision hilft so, Koordinationskosten des Wandels gering zu halten, da sie die
Aktivitäten aller Mitarbeiter eher auf das Wesentliche konzentrieren.847
Zur Identifikationsbildung dient neben Entscheidungsfreiheiten und Eigenver-
antwortung848 die Begeisterung der Mitarbeiter für die Vision, die hinter der
Veränderung steht.849 Sie vermittelt den Mitarbeitern den Kontext und Sinn ihrer
Arbeit dient und verdeutlicht den individuellen Beitrag zum Ganzen.850 Dies schafft
Identifikation als Voraussetzung für Engagement für die Ziele von Veränderungs-
842 Vgl. Krebsbach-Gnath 1992, S. 43, vgl. auch: Homma 1995, S. 66 843 Vgl. Osterhold 2000, S. 62 844 Vgl. Homma 1995, S. 68 845 Vgl. Senge 2001, S. 19 846 Vgl. Kobi 1996, S. 42 847 Vgl. Kotter 1997, S. 99ff. 848 Vgl. Wunderer 2000, S. 225 849 Vgl. Kotter 1997, S. 22 850 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 55
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Christopher Klug
206
prozessen.851 Diese Identifikation anzureizen ist bedeutend schwieriger, als
Motivation der Mitarbeiter zu wecken, da Identifikation sich nur langsam entwickelt.852
Werden Veränderungen ohne langfristige Vision und somit nur zur kurzfristigen
Problemlösung durchgeführt, kann keine grundlegende Veränderung im Denken und
Handeln des Unternehmens und somit keine Änderung der Unternehmenskultur
erreicht werden.853
7.15 Die überragende Bedeutung der Kommunikation Die Einbindung aller Akteure, Mitarbeiter, Vertreter in den kommunalen Gremien,
sowie institutionalisierte Interessensvertreter wie Personalräte etc. macht deutlich,
welche Bedeutung der Kommunikation in Veränderungsprozessen zukommt.
Funktioniert sie nicht, bewegen sich die Akteure auseinander mit der Folge, dass die
gemeinsame Basis für den Veränderungsprozess verloren geht.854 Diese Gefahr wird
durch die unterschiedlichen Interessen und Ausgangslagen der einzelnen
Akteursgruppen verstärkt. Die politischen, meist ehrenamtlichen Mandatsträger sind
meist schnell überlastet, haben aber trotzdem den Anspruch, „an allen Ecken und
Enden“855 mitzureden. Deren Interessen mit denen der Verwaltungsleitung und der
Mitarbeiter zusammenzuführen, „klappt in den seltensten Fällen gut, die unter einen
Hut zu kriegen, das ist das große Problem.“856 Der politischen Ebene Einblicke in die
verwaltungsinternen Prozesse zu gewähren und sie von den Veränderungszielen zu
überzeugen, ist daher wichtiger Erfolgsfaktor.857
Gelingt es nicht, die Interessen der verschiedenen Akteure miteinander zu vernetzen
und Querverbindungen zu identifizieren858, drohen durch eigene oder politische
Interessen motivierte Entscheidungen, die den Prozesserfolg gefährden können.859
Veränderungen sind auf der politischen Ebene „schwer, verwaltungsmäßig auch,
851 Unter Identifikation ist die Verschmelzung persönlicher Werte mit den Objekten der Arbeitswelt zu verstehen, die stark durch individuelle Wertvorstellungen geprägt ist. (Vgl. Wunderer 2000, S. 216ff.) 852 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 53 853 Vgl. Krebsbach-Gnath 1992, S. 44 854 Vgl. Interview 2, S. 37, Zeile 28ff. 855 Interview 2, S. 37, Zeile 16 856 Interview 2, S. 37, Zeile 23f. 857 Vgl. Interview 4, S. 114, 17ff. 858 Vgl. Interview 2, S. 42, Zeile 24 859 Vgl. Interview 1, S. 2, Zeile 4ff., S. 20, Zeile 15ff.
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207
aber da kann man manchmal durch Überzeugung vielleicht doch was erreichen, aber
so lange das politisch nicht geht, fast aussichtslos.“860
Kommunikation ist also mehr als nur ein weiterer weicher Faktor für das Gelingen
bzw. für das Scheitern von Veränderungsprozessen. Der Faktor Kommunikation
steht stets in Verbindung mit anderen Faktoren von Veränderungsprozessen und
spielt intern wie extern sowohl auf informeller als auch emotionaler Ebene eine
entscheidende Rolle.861 Laut Capgemini ist für 34% der Befragten die Art und Weise
der projektinternen sowie der projektexternen Kommunikation wesentlicher
Bestandteil für den Erfolg von Veränderungsprozessen.862 Ein Fehlen dieser
projektinternen sowie projektexternen Kommunikationskultur bringt einen erheblichen
Zeitverlust für den Veränderungsprozess mit sich. Die ILOI-Studie nennt hier 20-25%
als realistische Größe.863
Ein ineffektiver Kommunikationsprozess verhindert die Veränderungsbereitschaft der
Akteure und kann zu einer gleichgültigen sowie passiven Haltung gegenüber dem
Veränderungsprozess führen.864 Unterbleibt die Information über Anlässe, Ziele und
geplante Aktivitäten des Veränderungsprozesses, sind Gerüchte, Missverständnisse,
Unsicherheiten, Misstrauen, Skepsis, Widerstände sowie Ängste auf Seiten der vom
Veränderungsprozess betroffenen Mitarbeiter die Folge.865 Ebenso kann durch
fehlende Transparenz der mit dem Veränderungsprozess verbundenen Ziele eine
Orientierungslosigkeit entstehen, die den Erfolg negativ beeinflusst.866
Fehlerhafte Kommunikation löst bei den betroffenen Mitarbeitern Emotionen aus.
Bereits entstandene negative Emotionen sind in späteren Phasen des
Veränderungsprozesses nur schwer zu korrigieren.867 Hierbei gilt: Je emotional
belastender der Veränderungsprozess für den einzelnen Betroffenen ist, desto
wahrscheinlicher ist es, dass dieser aufgrund seiner bisherigen Lebenserfahrungen
860 Interview 1, S. 17, Zeile 23ff. 861 Vgl. Sarnes 2004, S. B12 862 Vgl. Capgemini 2003, S. 37 863 Vgl. ILOI 1997, S. 31 864 Vgl. Kochen 2001, S. 90 865 Vgl. a.a.O., S. 90; vgl. auch: IlOI 1997, S. 27; Gomez 1995, S. 223 866 Vgl. ILOI 1997, S. 18 867 Vgl. a.a.O., S. 27
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208
sowie persönlichen Perspektiven Informationen verstärkt selektiv wahrnimmt. Diese
selektive Wahrnehmung kann den ursprünglichen Inhalt sowie die damit verbundene
Intention verfälschen.868 Transparenz ist dagegen die Voraussetzung dafür, dass
Ziele eine „bindende“ und „handlungsleitende Wirkung“869 entfalten können.
Bei der Gestaltung der Kommunikation ist zu beachten, dass aufgrund der Vielfalt
und Schnelllebigkeit von Informationen es kaum möglich ist, jederzeit umfassend zu
informieren. In Abwägung ist eine zwar unvollständige, aber schnelle und häufige
Kommunikation der vollständigen Kommunikation vorzuziehen.870 Kommunikation
dabei auf Information zu reduzieren, greift zu kurz, sie ist Teil der Kommunikation,
die über diese Stufe des Einwegverfahrens hinaus geht und Dialog voraussetzt.
Eine offene, d.h. „nicht nur von oben nach unten sowie von unten nach oben“,
sondern eine umfassende, nach allen Seiten hin ausgerichtete sowie „informelle
Kanäle“ nutzende Kommunikation ist nicht nur in allen Stadien eines laufenden
Veränderungsprozesses von Bedeutung, sondern bereits im Stadium der Planung.871
Das zu wählende Kommunikationsinstrumentarium bzw. –verfahren muss mit der
jeweiligen Prozessphase sowie mit der augenblicklichen Kommunikationssituation
zielgruppenorientiert abgestimmt werden.
„In-Dialog-Treten durch die Führung ist für die Mitarbeiter der stärkste Motivator, sich
mit Veränderungen auseinander zu setzen und sie aktiv zu betreiben.“872 Informelle
Kommunikation z.B. in Form eines Gespräches „in der Kaffeeküche oder beim
Betriebsausflug“873 ist dabei ebenso wichtig, wie formale Kommunikation, z.B. in
Form von regelmäßiger, vernetzter Führungs- und Teambesprechungen aller
Ebenen, Mitarbeitergespräche, Betriebs- bzw. Mitarbeiterinformations-
veranstaltungen, Zukunftswerkstätten, etc. Wesentlich ist nur, dass informelle und
formelle Unternehmenskommunikation nicht gegensätzlich laufen.874
868 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 330; vgl. auch: Frenzel/Müller/Sottong 2000, S. 94 869 ILOI 1997, S. 31 870 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 329 871 Vgl. Köppen 1996, S. 191 872 Kochen 2001, S. 91 873 Krüger 2004, S. B10 874 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 307ff. 326
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Bei der Organisation der Kommunikation kommt den Führungskräften also
besondere Bedeutung zu, denn die angewandte Art und Weise der Kommunikation
hat für alle anderen Hierarchiestufen Vorbildcharakter: „Was dort praktiziert und
vorgelebt wird, prägt wie nichts sonst die Kommunikation und die Kooperation“ aller
weiteren Unternehmensebenen.875 Erfolgversprechende Kommunikation beinhaltet
auch den professionellen Umgang mit Gegenargumenten, Widerständen und
Konflikten. Sie müssen aufgegriffen, respektiert und verarbeitet werden.876
Fehlende Kommunikation, fehlender offener Umgang miteinander und Transparenz
„sind die größten Stolpersteine“877 Daher „muss es gelingen, wenn man Prozesse
vorantreiben will, die Kommunikation als Allerwichtigstes mit anzusehen, denn der
ganze Prozess steht und fällt damit. Und alles. Was jede einzelne Gruppe erreicht,
ist wirklich für die Katz, wenn das nicht hinhaut.“878
7.16 Organisationsstrukturelle Barrieren und Erfolgsfaktoren Auch wenn organisationsstrukturelle und damit sachlich-fachliche Aspekte als
Erfolgsfaktoren genannt werden, spielen sie eine weit untergeordnete Rolle und
beziehen sich auf die Vorteile einer schlanken Organisation mit wenigen Hierarchie-
ebenen, die Veränderungsprozesse erleichtern.879
Grundsätzlich kann die Organisationsstruktur ein wichtiges Element in der
Entwicklung von Organisationen und „ein gewaltiges Hindernis gegen Erfolg und
Wandel sein“.880 Sie bildet die wesentliche Voraussetzung für die Funktion des
Sozialsystems ‚Organisation’.881 Häufig wird versucht, Veränderungen so zu
gestalten, dass die bestehende Ordnung beibehalten werden kann. Dies hemmt
jedoch die Entwicklung eines neuen Bewusstseins und ist als kritischer Faktor für
den Erfolg einer Veränderung anzusehen.882 Chandler fasst diese These mit
‚Structure follows Strategy’ zusammen und macht damit deutlich, dass die
875 Vgl. a.a.O., S. 316 876 Vgl. ILOI 1997, S. 31 877 Interview 4, S. 115, Zeile 11f. 878 Interview 2, S. 37, Zeile 37ff. 879 Vgl. Interview 3, S. 75, Zeile 8ff. 880 Vgl. Sommerlatte 1988, S. 189 881 Vgl. Deuringer 2000, S. 67, 73 882 Vgl. Osterhold 2000, S. 49
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Organisationsstruktur ein Instrument zur Erreichung von höher gestellten
Organisationszielen darstellt. Heute erweist sie sich mehr und mehr als
Schlüsselfaktor zum Unternehmenserfolg, da die Wurzel der eigenen
Kernkompetenzen meist in den Prozessen und Strukturen der Organisation liegt.883
Hierarchische bzw. bürokratische Strukturen erweisen sich deshalb als
veränderungshemmend, da hier die Entscheidungskompetenz an der
Organisationsspitze gebündelt wird und das Prinzip der bottom-up-getriebenen
Kreativitätsentwicklung kunden- und marktnahe Mitarbeiter kaum zu realisieren ist.884
Weitere Barriere ist die Praxis der Rückdelegation: Ein solches Fehlervermei-
dungsverhalten beeinträchtigt die Aktionsfähigkeit entscheidend und verhindert
Eigeninitiative. Eine hohe Regelungsdichte schränkt die Bereitschaft zu
Veränderungen und die Eigeninitiative der Mitarbeiter erheblich ein.885
Innovationen und Veränderungen erfordern Kreativität, Flexibilität und eine gewisse
Bereitschaft zum Risiko. Die „zero-defect-mentality“ lässt jedoch keine Fehler zu und
nimmt damit die Chance, aus Fehlern zu lernen. Im Hinblick auf Veränderungen
wirken solche bürokratischen Unternehmensphilosophien eher kontraproduktiv.886
Möglichst wenig Hierarchie mit hohem Dezentralisierungsgrad und Erfahrung im
Umgang mit temporären Strukturen, wie beispielsweise Projektarbeit erleichtert den
Projekterfolg. Entscheidungsfreiräume erlauben, flexibel und unbürokratisch auf
Veränderungen zu reagieren. Eine geringere Anzahl von Führungsinstanzen sichert
darüber hinaus einen schnellen Entscheidungsweg und Informationsfluss.
Allerdings benötigen stark dezentralisierte Unternehmen verbindende Elemente
zwischen den einzelnen Einheiten wie beispielsweise gemeinsame kulturelle
Werte.887
Eine Prozessorientierung der Organisation ermöglicht die Aktivierung
selbststeuernder Prozesse, so dass Entscheidungen und Innovationen auch auf
883 Vgl. Deuringer 2000, S. 67, 73 884 Vgl. a.a.O., S. 173 885 Vgl. a.a.O., S. 175f. 886 Vgl. a.a.O., S. 173ff. 887 Vgl. Kobi 1996, S. 84ff.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
211
unteren Ebenen möglich sind.888 Funktionierende Prozessorganisationen
beschleunigen dagegen Abläufe und minimieren gleichzeitig die o.a. Problematik der
Schnittstellen.
7.17 Absicherung der Intentionen und Erfolge
Komplexe Vorgänge erfordern eine flexible prozessorientierte Steuerung, welche die
Überforderungen der Mitarbeiter verhindert. Dies setzt eine regelmäßige Analyse
aller Prozesse voraus, die kurzfristige Reaktionen auf Abweichungen ermöglichen.
Weiterhin sollte eine permanente Auseinandersetzung mit Widerständen und
Konflikten stattfinden, um die Ursachen von Widerständen zu erforschen und
Konflikte offen bzw. gemeinsam zu lösen.889 Ebenso ist die Durchführung einer
rollenden Planung notwendig, um kurzfristige Ziele ins Auge zu fassen,
Entscheidungen phasengerecht zu treffen und kurzfristige Erfolge zu realisieren.890
Die Erarbeitung eines Kommunikations- bzw. Informationskonzeptes unterstützt die
Steuerung des Veränderungsprozesses. Hierbei ist festzulegen, wer wann wie in den
Informations- bzw. Wissensfluss mit einbezogen wird, denn ständige und aktive
Kommunikation stellt eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Veränderungs-
prozesse dar.891 Reflexion und Feedback unterstützen und beschleunigen die
Lernprozesse in Veränderungsprozessen, dienen der Unterstützung und Förderung
von positivem Verhalten und erleichtern die Identifikation mit Veränderungen.892
Sind Erfolge erreicht, gilt es, diese z.B. personalwirtschaftlich abzusichern und in
Organisationsstrukturen sichtbar zu machen. Mitarbeiter, die persönliche Vorteile im
Engagement sehen, erwarten, nach dem Eintreten eines Projekterfolges, dass sich
dieser Vorteil auch realisiert. Die Realisierung des Nutzens ist so Rechtfertigung des
Engagements im Veränderungsprozess893 und „eine ganz wichtige Geschichte
gewesen.“894 Als finanzieller Anreiz z.B. „aufgrund der Delegation der
888 Vgl. Kobi 1996, S. 30ff. 889 Vgl. ILOI 1997, S. 25 890 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 161ff.; vgl. auch: ILOI 1997, S. 19, 25 891 Vgl. Kochen 2001, S. 90f. 892 Vgl. Kobi 1996, S. 76f. 893 Vgl. Interview 1, S. 3, Zeile 1ff., Zeile 10ff., Interview 3, S. 80, Zeile 11ff., Interview 4, S. 105, Zeile 18ff., S. 106, Zeile 3ff. 894 Interview 4, S. 105, Zeile 18
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
212
Verantwortung“895 oder besonderes Engagement für die Ziele von Veränderungs-
prozessen wird hierbei meist die Höhergruppierung genutzt.896
Daneben ist für ein effizientes Veränderungsmanagement die Kollektivierung von
Wissen elementare Voraussetzung. Das in Veränderungsprozessen gesammelte
Erfahrungswissen sowie transferiertes know-how gilt es für die Gesamtorganisation
zu sichern, um es in anderen Zusammenhängen zu nutzen. Um Wissen allen
Organisationsbereichen zugänglich zu machen, sind Wissensdatenbanken und
Transfersysteme erforderlich, denn Veränderungen können nur dann erfolgreich
durchgeführt werden, wenn sich Wissen zur richtigen Zeit am richtigen Ort befindet.
7.18 Projektmanagement Veränderungen im Unternehmen haben vielfältige Konsequenzen und können
Mitarbeiter bzw. Führungskräfte leicht überfordern. So scheitern
Veränderungsprozesse auch daran, dass zu vieles auf einmal verändert werden soll.
Diese Form des Perfektionismus, zu viele Aktivitäten ohne Prioritäten gleichzeitig
bewältigen zu wollen, verhindert den erfolgreichen Abschluss von Veränderungen.897
Erfolgreiche Veränderungen zeichnen sich dadurch aus, dass Aktivitäten zeitlich
aufeinander und inhaltlich begrenzt in verschiedene Projekte gegliedert werden. Eine
Organisation kann sich gleichzeitig in allen Bereichen auf Veränderungen umstellen,
da Lernprozesse nacheinander folgen und dabei aufeinander aufbauen müssen.898
Daher ähnelt Management in sich verändernden Organisationen dem
Projektmanagement, dessen Ziel es ist, innerhalb der täglichen Routine
Veränderungsprozesse zu bewältigen. Hierfür sind flexiblere Organisationsformen
nötig, die in der Lage sind, mehrere Projekte nebeneinander zu koordinieren, um
eine Orientierungslosigkeit bei den Beteiligten durch ein unkoordiniertes Durch- bzw.
Nebeneinander vieler Projektaktivitäten zu vermeiden.899
895 Interview 3, S. 80, Zeile 12f. 896 Vgl. Interview 1, S. 3, Zeile 6ff., Zeile 10, Interview 3, S. 80, Zeile 11f. 897 Vgl. Pieler 2003, S. 29 898 Vgl. Krebsbach-Gnath 1992, S. 44 899 Vgl. Kochen 2001, S. 89f.
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
213
Für den Projekterfolg ist es wichtig, Teilprojekte nicht als unverbundenes
Nebeneinander zu organisieren, sondern als eine Vernetzung von verschiedenen
Prozessen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen.900 Projektteams sollten flexibel und
selbstgesteuert auf Basis konkret beschriebener Ziele, Aufgaben und Tätigkeiten
agieren.901 In Diskussion mit allen Beteiligten müssen Kompetenzen klar und
spezifisch verteilt sowie Aufgaben und Rollen festgelegt werden.902
7.19 Review zum Veränderungscontrolling Zur Vorbereitung für das Veränderungscontrolling ist es notwendig, Ziele, soweit
möglich, mit Messkriterien zu versehen und einen groben Zeitplan zu formulieren,
damit ihr Erreichungsgrad gemessen werden kann.903 Dabei ist es sinnvoll, viele
Einzelschritte zu planen, da so das Aufdecken von Fehlern und zeitnahe Reaktionen
ermöglicht und vermieden werden, dass erst am Ende des Prozesses feststellbar ist,
ob ein Prozess erfolgreich war oder nicht.904 Hierfür müssen qualitative und
quantitative Kriterien zur Erfolgsmessung klar festgelegt und die Vorgehensweise zur
Messung der Erreichung definiert werden.905
Die Anwendung eines Ziel- bzw. Veränderungscontrollings erleichtert die
Projektsteuerung und verhindert, dass einmal gemachte Fehler bei folgenden
Projekten wiederholt werden.906
Frühwarnsysteme, die durch aktives und nachhaltiges Monitoring Abweichungen
aufdecken, gelten bei erfolgreichen Veränderungsprozessen als unerlässlich.907 Die
Festlegung von Meilensteinen ermöglicht darüber hinaus die Mess- und
Überprüfbarkeit der Ziele bzw. Teilziele und ist im Veränderungsmanagement
ebenso bedeutend wie eine eindeutig festgelegte Berichterstattung mit begleitendem
Kommunikationskonzept.908
900 Vgl. Kochen 2001, S. 89f. 901 Vgl. Doppler/lLauterburg 2002, S. 335f. 902 Vgl. Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 36f. 903 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 220ff. 904 Vgl. Kotter 1997, S. 24f. 905 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 285 906 Vgl. ILOI 1997, S. 18 907 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 221ff. 908 Vgl. a.a.O. 1997, S. 287f.; vgl. auch: Greif/Schiffer/Bemmann/u.a. 1998, S. 36
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
214
Nachfolgende Abbildung integriert die hier dargestellten Aspekte eines erfolg-
versprechenden Veränderungskonzeptes für öffentliche Verwaltungen und
Unternehmen und stellt diese in Relation der Nachhaltigkeit von Veränderungs-
prozessen:
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
215
Abb. 55: Modell für nachhaltigen Erfolg von Veränderungsprozessen in öffentlichen Verwaltungen909
909 Eigene Abbildung auf Basis empirischer und theoretischer Ergebnisse
Modell für den nachhaltigen Erfolg von
Veränderungsprozessen in öffentlichen Verwaltungen
12. Review • Aus Erfahrung lernen • Partizipation ermöglicht
kulturellen Wandel
• Permanente Prozesse initiieren
• Realistische, subjektive Bewertungskriterien
11. Absicherung der
Intention • Verankerung in personal-
wirtschaftlichen und organi- satorischen Konzepten
• Engagement für Ziele belohnen
10. Konsequente
Umsetzung • Vorbildfunktion beachten • Schnelle Erfolge schaffen
Motivation
• Meilensteine planen • Rollende Planung
9. Indikations- und Organi-
sationskulturabhängige Implementations-strategie
• Kleine Schritte sind Erfolge auf dem Weg des Kulturwandels
• Diverse Konzepte und Kombinationen nutzbar
• Widerstände sind normal und müssen permanent bearbeitet werden
8. Organisations-
individuelle Konzeptgestaltung
• Rahmen setzen
• Weitgehende Ge-staltungsspielräume schaffen Akzeptanz und Motivation
7. Diagnose der Ist-
Situation
• Symptome ≠ Ursachen • Berücksichtigung der
Komplexität und system. Vernetzung
• Spezifische Bedingungen öffentl. Institutionen berücksichtigen
6. Gemeinsame Vision
und Werte • Orientierung geben • Prozesse haben Höhen und
Tiefen
• Bewegung schafft neue Werte
5. Akzeptanz durch
Partizipation • Basis: Klare Regeln • Partizipation in allen
Prozess-Phasen
• Transformations-management
4. Kommunikation schafft
Transparenz • Alle Akteure einbinden • Leidensdruck vermitteln
• Interessenspluralität als Chance für Innovation
3. Führung und
Glaubwürdigkeit • Promotorenteams • Externe Begleitung
einbinden
• Feedback
2. Veränderungsimpuls • Personelle Umbrüche
nutzen • Ökonomische Parameter
reichen nicht aus
1. Anreize ersetzen
Leidensdruck • Leidensdruck nur subjektiv /
persönlich vorhanden • Nichtmonetäre Anreize
setzen
• Bildet das Fundament jedes Prozesses
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Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
216
8 Fazit
Die Komplexität und Häufigkeit von Veränderungsprozessen in Organisationen hat in
den letzten Jahren rasant zugenommen. Mehr und mehr gilt: „Nichts ist beständiger
als der Wandel“910. Nicht nur die Globalisierung der Märkte, der Wertewandel, die
Entwicklung der Informationstechnologie und die Verknappung der Ressourcen Zeit
und Geld zwingt Organisationen, sich zu verändern.911 Unter Veränderung kann
dabei ein Vorgang verstanden werden, der eine Modifikation des zugrundeliegenden
Bezugsobjektes bzw. Prozesses herbeiführt.
Hierfür stehen drei Konzepte zur Verfügung: Die Organisationsentwicklung, das
Change Management und das Transformationsmanagement als Mischform beider
Grundkonzepte. Der Begriff ‚Change Management’ hat sich dabei meist als
allgemeines Synonym für Veränderungsprozesse in Organisationen eingeprägt und
bezeichnet so im öffentlichen Diskurs keine Methode, die mit einem
‚Werkzeugkasten’ von festgelegten, standardisierten Maßnahmen umgesetzt werden
kann. Vielmehr kennzeichnet der Begriff häufig die Instrumentalisierung von
Analysen, Maßnahmen und Methoden, um eine Veränderung in einer Organisation
unter mehr oder weniger ausgeprägter Beteiligung betroffener Personen
umzusetzen.912
Dabei bleiben die Wirkungen von Veränderungen in Organisationen nicht nur auf das
funktionale Stellengefüge oder einzelne Teilbereiche beschränkt; sie greifen bis in
den persönlichen Arbeitsbereich des Individuums ein und beeinflussen das soziale
Beziehungsgefüge der Organisation.913 Gleichzeitig wirken Veränderungen in einem
organisationalen Teilbereich aufgrund systemischer Vernetzungen auch auf andere
Teilbereiche und zeigen so Wirkungen, die bei der Konzeptionierung von
Veränderungen berücksichtigt werden müssen.
910 Heitger/Doujak 2002, S. 21 911 Vgl. Rohe 1998, S. 13; vgl. auch: Schönborn/Fischer/Lange 2001, S. 72; vgl. weiterhin Doppler/Lauterburg 1997, S. 21ff. 912 Vgl. Schönborn/Fischer/Langen 2001, S. 69 913 Vgl. Eiff 1979, S. 22
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
217
Unabhängig des gewählten Konzeptes oder Konzeptmixes gilt: Veränderungs-
prozesse durchlaufen charakteristische Phasen, die als Fahrplan bzw. Landkarte
allen an Veränderungsprozessen beteiligten Personen Orientierung bieten. Fasst
man die verschiedenen Phasenmodelle zusammen, lassen sich bei aller
Unterschiedlichkeit 4 Grobphasen differenzieren: Die Vorphase, die Analysephase,
die Konzept- und die Implementierungsphase.
Alle Phasen sind wichtig, wenn Organisations- bzw. Unternehmenskultur verändert
oder ergänzt werden soll. Instrumente, die diese Entwicklung fördern, unterstützen
so die Nachhaltigkeit von umgesetzten Konzepten. Häufig liegt der Fokus des
Interesses auf der Analyse- und Konzeptphase. Projekte scheitern aber meist in der
Implementierungsphase, denn hier gilt es, Veränderungen nachhaltig umzusetzen.
Dies ist ohne Akzeptanz seitens der Betroffenen nicht zu bewerkstelligen.
Weitreichende und rechtzeitige Information der Mitarbeiter, Handlungs- und
Gestaltungsspielräume für die Betroffenen sowie der Aufbau eines funktionierenden
Kommunikationssystems spielen in dieser Phase eine entscheidende Rolle und
tragen zur Reduktion von Widerständen bei, die typischerweise besonders in dieser
Phase auftreten und eine natürliche Reaktion auf Veränderungen sind. Sie lassen
sich auf vielfältige Ursachen zurückführen – meist spielen hier aber unterschwellig
psychologische, emotionale und soziale Faktoren eine erhebliche Rolle.
Veränderungsprozesse bedrohen darüber hinaus Machtverhältnisse, die durch
Kontrolle über Mittel, Personen oder Wissen. Insbesondere hierarchische Strukturen
mit ihren klaren Über- und Unterordnungsverhältnissen und ihrem Hang zur
Einzelverantwortung hemmen Veränderungsprozesse und erleichtern es, Wissen als
Machtinstrument zu missbrauchen und Veränderungen zu verhindern, um Macht zu
erhalten.914 Daher kommt der Wahl der geeigneten Strategie eine wichtige
Bedeutung zu. Hierbei existiert kein Ideal; vielmehr muss die Strategie Kompatibilität
zur organisationsindividuellen Kultur aufweisen. Meist bietet sich hierbei ein
Strategie-Mix an, wobei die Vielzahl der existierenden Ansätze zur Intervention die
Wahl des geeigneten Strategie-Mixes nicht einfacher macht.
914 Vgl. Doppler/Lauterburg 1997, S. 139; vgl. auch: Geiselhart 1995, S. 50; Handy 1993, S. 114; Kobi 1996, S. 36
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
218
Bei der Suche nach Erfolgsfaktoren und Barrieren von Veränderungsprozessen im
Allgemeinen und speziell im Bezug auf öffentliche Verwaltungen ist zu beachten,
dass die Kategorie „Erfolg“ eine hoch subjektive soziale Konstruktion darstellt. Je
nach Position in der Hierarchie und nach Rolle im Veränderungsprozess sind
unterschiedliche Merkmale im Fokus. Das heißt, wenn ein Mitarbeiter beispielsweise
einen Erfolg in einem Projekt feststellt, müssen das andere Mitarbeiter nicht ebenso
werten. Sie könnten stattdessen sogar einen Misserfolg empfinden. Bei aller Vielfalt
an Erfolgsdefinitionen, die in Reformprozessen öffentlicher Verwaltungen
kommuniziert werden, ist unterhalb der Wasseroberfläche vor allem ein einendes
Erfolgsmerkmal festzustellen: Der Erzeugung eines kulturellen Wandels mit dem
Verständnis, dass Veränderungsprozesse permanent sind.
Die Anzahl erfolgskritischer Faktoren in Veränderungsprozessen ist immens.
Wichtiger als die Erstellung einer Rangfolge von Barrieren und Erfolgsfaktoren
erscheint es, sie in der Vielzahl wahrzunehmen. Sie folgen einer gewissen logischen
und zeitlichen Ordnung und erlangen „jeweils eine besondere Rolle in bestimmten
Projektphasen“.915 Bei der Beschreibung von Barrieren und Erfolgsfaktoren von
Veränderungsprozessen lassen sich grundsätzlich zwei Kategorien unterscheiden:
sachlich-fachliche und mental-kulturelle Barrieren bzw. Erfolgsfaktoren. Sachlich-
fachlichen Barrieren bzw. Erfolgsfaktoren lassen sich in organisationsbezogene
Aspekte, wie das Strukturdesign, die Prozessorganisation und das System-Layout
und in Aspekte, die den Veränderungsprozess selbst betreffen, wie Erfahrungen mit
Veränderungsprozessen, professionelles Projektmanagement und das Ver-
änderungscontrolling, einteilen.
Mental-kulturelle Barrieren und Erfolgsfaktoren werden in Veränderungsprozessen
trotz ihrer für den Veränderungserfolg überragenden Rolle häufig wenig beachtet.
Dies liegt sicherlich auch daran, dass harte, die sachlich-fachlichen Ebene
betreffende Faktoren leichter erkenn- und messbar sind als weiche Faktoren.
Insgesamt beeinflussen zahlreiche Erfolgsfaktoren bzw. Barrieren das Engagement
sowie das Verhalten von Betroffenen in Veränderungsprozessen. Diese sowie deren
Vernetzung untereinander müssen erkannt und für den Erfolg des Veränderungs-
915 Vgl. Kochen 2001, S. 84
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
219
prozesses genutzt werden.916 Die gegenseitige Abhängigkeit bzw. Beeinflussung von
Erfolgsfaktoren wird besonders deutlich in der Benennung von Querschnittsfaktoren
wie der Kommunikation, der Vision, der Führung und systemischen Vernetzung.
Warum sucht man überhaupt nach Barrieren und Erfolgsfaktoren in
Veränderungsprozessen öffentlicher Verwaltungen? Reicht das Wissen über deren
Existenz nicht aus? Fakt, und damit Antwort zugleich, ist, dass „bei vier von zehn
Veränderungsprojekten weniger als 60% der ursprünglich anvisierten Projektziele
erreicht“917 werden. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Es liegt jedoch weniger an
der Missachtung sachlich-fachlicher Aspekte, sondern vielmehr in der fehlenden
Wahrnehmung der mental-kulturellen Ebene von Organisationen begründet. Und
dieses Ergebnis gilt umso mehr in öffentlichen Verwaltungen, denn grundsätzlich gilt:
Damit Veränderung gelingt, ist Leidensdruck unabdingbar. Darunter sind existenziell
bedrohliche, meist wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu verstehen, welche die
anstehenden Veränderungen für alle Betroffenen nachvollziehbar und einleuchtend
legitimieren.918 Genau dieser fehlt in öffentlichen Verwaltungen und lässt sich, wie
die Erfahrungen des Neuen Steuerungsmodells zeigen, nur sehr begrenzt durch
Wettbewerbssurrogate künstlich erzeugen. Es gilt daher, individuellen Leidensdruck
ebenso zu nutzen wie natürliche Veränderungsanlässe sowie mit der Umkehrung
von Leidensdruck durch die Erzeugung individueller und kollektiver Anreize für die
Akteure zu arbeiten. Diese Anreize sind meist nicht-monetär und basieren auf
Gestaltungsspielräumen und der Möglichkeit der Partizipation.
Soll Veränderung in öffentlichen Verwaltungen gelingen, dürfen bestehende, in
privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen erfolgreiche Konzepte und Strategien
nicht einfach übernommen oder abgewandelt werden; vielmehr muss völlig neu und
organisationsindividuell gedacht werden, da die Ausgangslagen nicht vergleichbar
sind und individueller Leidensdruck ermittelt werden muss, um daran anzuknüpfen.
Der Möglichkeit der Partizipation der Mitarbeiter kommt bei der Erzeugung von
Akzeptanz eine überragende Bedeutung in Veränderungsprozessen zu. Basis für
Partizipation ist eine funktionierende Kommunikation und frühzeitig etablierte Regeln.
916 Vgl. Lang 2001, S. 37 917 ILOI 1997, S. 3 918 Vgl. Kochen, S. 85; Greif/Schiffer/Bemmann/u.a., S. 37
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
220
Sie erlaubt die Einbindung und Nutzung des Wissens und der Erfahrungen der
Mitarbeiter, ihrer kreativen Ideen und damit die Entwicklung von Engagement für die
Veränderungsziele. Zum anderen schafft Partizipation bei veränderungskritischen
Mitarbeitern Akzeptanz. Eine ablehnende Haltung gegenüber Veränderungen ist
dabei als eine normale Reaktion eines Systems anzusehen. Sie hat die Funktion, die
bestehende Ordnung und den Sinnzusammenhang für die Mitglieder der
Organisation zu erhalten. Offenheit gegenüber Veränderungen bedeutet dagegen,
eine vorübergehende Unsicherheit bis zur Herausbildung einer neuen Ordnung zu
akzeptieren.919 Dies ist aufgrund der Sicherheitsorientierung derer, die sich im
öffentlichen Arbeits- und Tarifrecht bewegen, dem fehlenden existentiellen
Leidensdruck und der spezifischen Ausgangslage öffentlicher Verwaltungen und
ihrer politisch auf Zeit legitimierten Führungskräfte nicht selbstverständlich
vorauszusetzen.
So bleibt insgesamt festzuhalten, dass aufgrund der spezifischen Ausgangslage und
dem weitgehenden Fehlen von monetären Sanktions- und Motivationsmöglichkeiten
die weichen, mental-kulturellen Faktoren eine überragende, eine „wesentlich größere
Rolle“920 für den Erfolg von Veränderungsprozessen spielen. Diese sind von großer
Vielfalt921 und nur schwer messbar. 922 Ein Herausheben einzelner Faktoren hilft hier
kaum weiter; vielmehr ist die Wechselwirkung der vielfältigen Faktoren zu
berücksichtigen. Rieckmann geht hierbei sogar soweit, dass er feststellt, dass keiner
der Faktoren fehlen darf, ohne die Nachhaltigkeit von Veränderungsprozessen
existentiell zu gefährden: “Wenn uns in diesem Prozess nur eine Stufe, nur ein
Faktor fehlt, ist der Changeprozess gefährdet, die Kette gerissen.“923
Gibt es ihn, den perfekten Veränderungsprozess? Der kürzlich verstorbene Prof.
Hejio Rieckmann antwortete hierauf mit einem Zitat von Dr. Paul Tournier: „Es gibt im
Dasein immer einen Standort, den man aufgeben und einen den man finden muss.
Und zwischen beiden liegt die Zone der Ungewissheit und der Unschlüssigkeit, die
mit mehr oder weniger Angst geladen ist. Es gilt eine frühere Geborgenheit
919 Vgl. Gräser 1995, S. 155ff.; Heintel/Krainz 1998, S. 208; Wagner/Beenken/Gräser 1995, S. 26 920 Interview 5, S. 141, Zeile 35 921 Vgl. Interview 4, S. 95, Zeile 22ff. 922 Vgl. Interview 2, S: 61, Zeile 26ff. 923 Rieckmann 2004, S. 24
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
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aufzugeben, bevor man eine neue gefunden hat. Denn das ist das eigentliche
Gesetz der Entwicklung, dass das Morgen dem Gestern nicht gleicht und daraus
entsteht Angst für das Heute. Jeder Gegenwartsaugenblick ist „Wegmitte“ zwischen
der Vergangenheit und der Zukunft. Und so gehen wir über diese Erde.“924
Menschen, die Veränderungsprozesse verantworten, sind Teil des Systems, das sie selber gestalten. Sie sind zugleich Teil der Lösung und Teil des Problems. Deshalb gilt der Veränderungsmanager selbst als seine wichtigste Intervention.925 Es sind also Personen, die Veränderungen tragen. Nachhaltig erfolgreiche Veränderungen müssen die Akteure in den Organisationen verändern, denn Organisations-veränderungen beginnen bei ihnen selbst. Gerade vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass Wahlbeamte spezifische Interessen haben, ist die spontan geäußerte Haltung zur Definition von Erfolg: „Wenn es mir bei der Sache gut geht (lacht), aber das ist wirklich sehr persönlich“ bedeutend für die Konzeption von Veränderungs-prozessen in öffentlichen Verwaltungen.926
Der perfekte Veränderungsprozess bleibt Illusion, wenn es nicht gelingt, ‚Change
Management’, durch ‚Change the Management’ mit dem Ende der Normierung, dem
Verlagern von Handlungs- und Entscheidungsbefugnissen auf mehrere Schultern,
dem Sprengen der dauerhaft stabil ausgelegten starren Strukturen und dem
Vertrauen in die Kompetenzen der Mitarbeiter als Organisationsprinzip und damit der
Überwindung des Regelungsbedarfs, der auf Misstrauen basiert, zu ersetzen.927
924 Rieckmann 2007, S. 26 925 Vgl. a.a.O., S. 27 926 Vgl. Interview 4, S. 117, Zeile 29f.; vgl. auch: Interview 5, S. 138, Zeile 6f. 927 Wütherich/Osmetz/Philipp 2002, S. 115f.
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10 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Kategorisierung von Organisationsbegriffen S. 6 Abb. 2: Symptome der Unternehmenskultur S. 13 Abb. 3: Der Kondratieffzyklus nach Nefiodow S. 17 Abb. 4: Top 5 der Megatrends S. 24 Abb. 5: Das Dynaxity-Grundmodell S. 25 Abb. 6: Dynaxity-Modell S. 28 Abb. 7: 6 Felder interner Veränderungsanlässe S. 30 Abb. 8: 4 Felder des Wandels S. 31 Abb. 9: Vernetzung der Elemente einer Organisation S. 32 Abb. 10: Positionierung typischer Veränderungsziele und – konzepte S. 34 Abb. 11: Kernpunkte der Ökonomisierung öffentlicher Verwaltungen S. 38 Abb. 12: Modernisierungsbereiche öffentlicher Verwaltungen S. 39 Abb. 13: Kritik am Neuen Steuerungsmodell S. 47 Abb. 14: Modell des Kulturwandels S. 56 Abb. 15: Verlaufskurve der wahrgenommenen eigenen Kompetenz in Veränderungsprozessen S. 57 Abb. 16: 3-Phasen-Modell nach Lewin S. 60 Abb. 17: 8-Stufen-Prozess für die Umsetzung tief greifenden Wandels S. 62 Abb. 18: 12-Stufen-Modell nach Doppler/Lauterburg S. 66 Abb. 19: Phasenmodell nach Glasl S. 68 Abb. 20: Zyklischer OE-Problemlöseprozess S. 70 Abb. 21: Phasen einer gelungenen Transformation S. 72 Abb. 22: Allgemeingültige Phaseneinteilung S. 75
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements Christopher Klug
237
Abb. 23: 13 Gründe für das Engagement eines Beraters S. 80 Abb. 24: Counseling/Advising S. 82 Abb. 25: Zusammenfassung der innerhalb der Vorphase zu
bearbeitenden Fragestellungen S. 83 Abb. 26: Vergleich qualitativer und quantitativer Methoden S. 87 Abb. 27: Qualitative Forschungsansätze S. 91 Abb. 28: Theoretische Grundannahmen qualitativer Forschung S. 92 Abb. 29: Kennzeichen qualitativer Forschungspraxis S. 92 Abb. 30: Fragen der qualitativen Inhaltsanalyse zur Herstellung des Kommunikationszusammenhangs S. 99 Abb. 31: Beachtenswerte Aspekte der strukturierten Inhaltsanalyse S. 101 Abb. 32: Quantitative Methoden im Überblick S. 105 Abb. 33: Zusammenfassung der innerhalb der Analysephase
zu bearbeitenden Themen S. 111
Abb. 34: Acht Grundsätze der Konzeptgestaltung S. 115 Abb. 35: Wichtigste Stakeholder bei Veränderungsprozessen S. 120 Abb. 36: Die 10 wichtigsten to do’s und not to do’s S. 125 Abb. 37: Zusammenfassung der innerhalb der Konzeptphase zu
berücksichtigenden Aspekte S. 126 Abb. 38: Erfolgreicher Bombenwurf S. 135 Abb. 39: Erfolgloser Bombenwurf S. 137 Abb. 40: Die vier Dimensionen partizipativer Interventionsstrategien S. 138 Abb. 41: Eingliederung der Unternehmenskultur S. 145 Abb. 42: Grundprinzipien für eine erfolgreiche Implementierung S. 146 Abb. 43: Zusammenfassung der innerhalb der Implementierungs-
phase zu berücksichtigenden Aspekte S. 147 Abb. 44: Die fünf Oberziele der Organisationsentwicklung S. 153 Abb. 45: Rolle des Beraters S. 156
Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen öffentlicher Verwaltungen – Empirische Untersuchung zur Entwicklung eines Veränderungsmanagements
Christopher Klug
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Abb. 46: Voraussetzungen erfolgreicher Organisationsentwicklung nach French/Bell S. 159 Abb. 47: Ursachen für Veränderungen in Unternehmen bis 2010 S. 167 Abb. 48: Change Management Definitionen S. 169 Abb. 49: Drei Ansätze zum Management von Veränderungen im Vergleich S. 172 Abb. 50: 10 Merkmale der Erfolgsmessung S. 176 Abb. 51: Dreidimensionales Modell der Erfolgsmessung S. 178 Abb. 52: Erfolgsfaktoren in Transformationsprozessen S. 182 Abb. 53: Kompetenzprofil des ‚idealen’ Veränderungsmanagers S. 191 Abb. 54: Wichtigste Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen S. 193 Abb. 55: Modell für nachhaltigen Erfolg von Veränderungsprozessen in
öffentlichen Verwaltungen S. 215