9
Classroom-Management Praktische Tipps für Lehrkräfte Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH Fachverlag für Bildungsmanagement Rotebühlstr. 77 70178 Stuttgart Tel.: 0711 / 62900-0 Fax: 0711 / 62900-60 E-Mail: [email protected] www.raabe.de Ein Unternehmen der Klett-Gruppe Lehrer-Blog: http://lehrer-blog.raabe.de Twitter: http://twitter.com/RaabeSchule Facebook: http://www.facebook.com/RaabeVerlag

Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

  • Upload
    hathuy

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Classroom-Management

Praktische Tipps für Lehrkräfte

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH Fachverlag für Bildungsmanagement

Rotebühlstr. 77 70178 Stuttgart

Tel.: 0711 / 62900-0 Fax: 0711 / 62900-60

E-Mail: [email protected]

www.raabe.de

Ein Unternehmen der Klett-Gruppe

Lehrer-Blog: http://lehrer-blog.raabe.de Twitter: http://twitter.com/RaabeSchule Facebook: http://www.facebook.com/RaabeVerlag

Page 2: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Fachverlag für Bildungsmanagement 1

Classroom Management

Classroom-Management ist eine präventive Strategie. Es zielt darauf ab, dass es im Klassenzimmer „rund“ läuft und verhindert, dass kleine Probleme groß werden. Ausgehend von einem Fallbeispiel erfahren Sie, wie Rituale und Verfahrensabläufe für Ruhe im Klassenzimmer sorgen und warum der erfahrene Lehrer seine Klasse permanent im Blick hat.

1. Fallbeispiel: Die Dynamik einer Störung

Schulklassen sind labile Systeme. Kleine Auslöser genügen, um eine rasante Problemspirale in Gang zu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in die fünfte Klasse von Frau Haagen. Weil sie etwas für ihren Unterricht vergessen hat, verlässt sie kurz das Klassenzimmer. Als sie wieder in die Klasse zurückkommt, hat Julian Marias Heft zerrissen.

Dieser Vorfall hat Konsequenzen: Er stabilisiert Julians negatives Ansehen und verstärkt sein problematisches Verhalten durch Vorwürfe der Lehrerin: Beides bedroht die Lehrer-Schüler-Beziehung sowie die der Schüler untereinander.

Er beeinträchtigt Marias Lernfähigkeit und Konzentration: Sie fürchtet sich in Zukunft vermutlich vor Julian und kann deshalb weniger gut aufpassen und lernen. Außerdem übertragen sich Ängste im Klassenzimmer, weshalb sich auch der Angstpegel anderer, potenziell ängstlicher Mitschüler erhöhen kann.

Konflikte mit Marias Eltern: Sie befürchten, Frau Haagen sei nicht in der Lage, Maria vor Übergriffen zu schützen. Noch emotional aufgeladen, wollen sie sofort mit der Lehrerin sprechen. Was soll sie den Eltern erklären? Dass sie aus dem Zimmer musste, weil sie etwas für den Unterricht vergessen hat?

Konflikte mit Julians Eltern: Natürlich muss Frau Haagen auch mit Julians Eltern das Gespräch suchen. Hier wartet die nächste Hürde auf sie: Lässt sie schnell durchblicken, dass sich Julian falsch verhalten hat und ein solches Verhalten nicht tolerierbar ist, werden sich Julians Eltern erst einmal verteidigen. Das wiederum „verführt“ Frau Haagen dazu, beweisen zu wollen, dass sie Recht hat. Die Eltern fühlen sich kritisiert und ihre Bereitschaft zu kooperieren, geht rapide zurück.

Damit ist Frau Haagen, natürlich ungewollt, in eine konfliktreiche und für sie sehr belastende Situation geraten. Sie wird eine Menge an Zeit und Energie aufwenden müssen, um die Dinge jetzt wieder einzurenken.

Wie kann Frau Haagen nun auf diese Situation reagieren?

Transparenz schaffen und Stärke zeigen, indem sie sofort bei Marias Eltern anruft. Sie hat es leichter, wenn sie zuerst ihre Sichtweise darlegt. Wenn dann Maria weinend nach Hause kommt, wissen die Eltern bereits warum.

Überlegen, wie sie andere, wenig strukturierte und damit konfliktanfällige Situationen wie den Wechsel von einem Klassenzimmer ins andere beaufsichtigen kann.

Die Klasse, und vor allem Julian, eng führen.

Nach Möglichkeiten suchen, um Julians Selbstwertgefühl zu stärken, indem sie ihn z. B. zum Tafel-Chef ernennt. So kann sie ungezwungen und frei von schulischen Leistungsanforderungen, Kontakt zu ihm aufzubauen. Julians Kooperationsbereitschaft wird steigen.

Page 3: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Fachverlag für Bildungsmanagement 2

Sie geht mit Julians Eltern ein Bündnis ein. Sie setzt sich mit ihnen mit dem Ziel in Verbindung, dass es für Julians Schullaufbahn wichtig ist, dass er Fortschritte im Sozialverhalten erzielt. Statt ihnen zu sagen, „Julian ist untragbar – jetzt hat er schon wieder …“.

Um solchen Situationen zukünftig vorzubeugen, übt sie zu Beginn des Schuljahres mit ihrer Klasse den Verfahrensablauf für „die Lehrerin muss das Klassenzimmer verlassen“ ein.

Unser Beispiel zeigt also: Unterrichten stellt an die Lehrkraft enorm hohe Anforderungen. Tausend Dinge sind zu berücksichtigen, damit der Unterricht rund läuft. Deshalb ist gute Planung und Vorbereitung eine zentrale Größe im Classroom-Management.

2. Abläufe und Rituale

Der Unterrichtsalltag bietet Schülern tausend kleine Freiräume, die sie gerne ausnutzen. Je weniger strukturiert gewisse Situationen sind und je weniger der Lehrer sie begleitet, desto störanfälliger sind sie. Typische Beispiele sind die Pause und das Umziehen für den Turnunterricht. Es ist kein Zufall, dass gerade dort häufiger massive Probleme wie z. B. Mobbing auftreten.

Verfahrensabläufe regeln häufig wiederkehrende Situationen, z. B.:

die Art, wie die Schüler das Klassenzimmer betreten;

was sie tun sollen, wenn sie etwas nicht verstanden haben;

wie sie sich bei der Kleingruppenarbeit zu verhalten haben;

wie und wo sie die Hausaufgaben notieren

und vieles mehr.

Erklären Sie Ihren Schülern ganz konkret, was Sie in derartigen Situationen von ihnen verlangen. Üben Sie es so lange, bis Ihre Schüler das von Ihnen aufgestellte Ziel erreicht haben.

2.1 Ruhe-Ritual

In einer schweizer Klasse sollen die Schüler einen Text in Stillarbeit bearbeiten. Während eines Klassenbesuchs liest mir Cengiz, ein Schüler mit Migrationshintergrund, leise den ersten Satz vor: „Bitte bearbeite die folgenden Franken!“ Hoppla – was soll das denn bedeuten? Natürlich war der Schüler verwirrt und wusste nicht recht weiter.

Schüler können an für Außenstehende banalen Problemen scheitern. Aber für den betroffenen Schüler sind solche Erfahrungen, wenn sie täglich vorkommen, alles andere als banal. Sie unterhöhlen sein Selbstbild als Lernender. Im schlimmsten Fall verleiten sie ihn dazu, den Unterricht zu stören. Wieder muss der Lehrer disziplinierend eingreifen. Wieder gefährdet er damit seine Beziehung zum Schüler.

Jede Störung lenkt die Schüler nicht nur vom Lernen ab, sondern kostet den Lehrer auch viel Energie, die er aufwenden muss, um die Ordnung wiederherzustellen.

Page 4: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Fachverlag für Bildungsmanagement 3

So kontrollieren Sie, ob ein Schüler Ihre Erklärung verstanden hat:

Lassen Sie ihn eine Beispielaufgabe lösen und überprüfen Sie, ob er korrekt vorgeht.

Sie sagen zu ihm: „Bitte erkläre mir kurz, was du tun musst.“

Sie sollten allerdings alles in Ihrer Macht stehende tun, damit Ihre Schüler Ihre Erklärungen von vornherein verstehen. Dazu brauchen Sie:

absolute Ruhe in der Klasse;

die absolute Aufmerksamkeit Ihrer Schüler.

Frau Gruber sagt: „Ich möchte mit euch ein Verfahren einüben, das wir immer dann durchführen, wenn ich eure volle Aufmerksamkeit brauche, z. B. wenn ich etwas Neues erkläre. Dann müsst ihr besonders gut aufpassen, damit ihr alles versteht. Damit ihr wisst, wann ihr besonders gut aufpassen müsst, klingele ich in Zukunft immer mit dieser Glocke. Dann muss es in der Klasse mucksmäuschenstill sein und jeder muss mich anschauen. Habt ihr dazu Fragen?“

Die fünf Schritte des Ruhe-Rituals

1. Die Schüler legen alles, was sie in der Hand haben, auf den Tisch.

2. Sie verschränken ihre Arme vor der Brust.

3. Sie reden nicht mehr.

4. Ihre Augen sind auf den Lehrer gerichtet.

5. Sie hören aufmerksam zu.

Frau Gruber geht in drei Schritten vor:

1. Sie hat die wichtigsten Punkte dieses Ablaufs bereits an der Tafel visualisiert und erklärt sie Schritt für Schritt.

2. Sie lässt sich den Ablauf dieses Verfahrens noch einmal von ein oder zwei Schülern exakt wiederholen.

3. Sie übt den Verfahrensablauf sofort ein.

Sie sagt: „Ihr dürft jetzt mit eurem linken Nachbarn sprechen, z. B. darüber, was ihr gestern gemacht habt. Dann gebe ich euch das Signal mit der Glocke. In dem Moment macht ihr …“ Sie erklärt jetzt noch einmal alle fünf Schritte.

Nach einer halben Minute klingelt sie.

Wichtig ist jetzt: Auch wenn ihre Schüler nicht korrekt reagieren, ermahnt sie jetzt niemanden und gibt keine Hinweise, was ihre Schüler tun sollen. Das wäre schon wieder zu viel gesprochen. Denn mit viel Reden, Erklären und Diskutieren untergräbt sie ihre Autorität. Statt zu reden wartet sie jetzt also ohne zu sprechen so lange ab, bis alle ihre Schüler ruhig sind und ihre Augen auf sie gerichtet haben. Das dauert natürlich eine ganze Weile. Und jetzt?

Page 5: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Fachverlag für Bildungsmanagement 4

Frau Gruber sagt: „Ihr habt es geschafft. Ich weiß, dass ihr das noch schneller schafft.“ Dann

lässt sie von einem Schüler noch einmal den Verfahrensablauf exakt wiederholen;

übt ihn sofort nochmals ein.

Sie lässt ihre Schüler wieder mit ihrem linken Nachbarn sprechen, gibt das Klingelsignal und wartet einfach ab, bis ihre Schüler das Ruheritual ausführen. Natürlich dauert es wieder einige Zeit, bis der letzte Schüler endlich so weit ist. Dann sagt sie: „Prima, ihr seid schon besser – aber ihr könnt das noch schneller. Wir üben es noch einmal, aber die Zeit ist ein wenig kürzer. Ich bin schon gespannt, ob ihr es schafft.“

Trotz ihrer motivierend gemeinten Worte haben jetzt einige Schüler genug vom Üben. Und das signalisieren sie Frau Gruber auf deutliche Weise. Ihre Mimik lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie an Frau Grubers Verstand zweifeln.

Wenn Frau Gruber jetzt nachgibt, dann verliert sie ihre Position und ihr Ansehen in der Klasse, und zwar langfristig. Wenn sie aber einen Machtkampf beginnt, ihre Schüler kritisiert und angreift, dann setzt sie damit ihre Beziehung zur Klasse aufs Spiel. Was tun?

Frau Gruber lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Als ob sie die verzweifelten Gesichter ihrer Schüler gar nicht sähe, bleibt sie innerlich ruhig und gelassen. Und lässt sich nicht zu kritischen oder abwertenden Kommentaren verleiten. So behält sie den Respekt ihrer Schüler.

Frau Gruber übt also einfach weiter. Ruhig und unaufgeregt. Dann gibt sie wieder das Klingelzeichen. Wieder wartet sie ab. Und wenn es jetzt ihre Schüler innerhalb der von ihr festgelegten Zeit geschafft haben, spart sie nicht mit Lob.

Natürlich klappt das am nächsten Tag schon nicht mehr so gut. Frau Gruber übt den Verfahrensablauf sofort wieder ein, bevor sie mit dem Unterrichtsstoff fortfährt. An einer Extra-Tafel hat sie die Regeln bereits im Voraus noch einmal visualisiert.

Wenn die Klasse für den Unterricht nicht bereit ist, dann müssen Sie erst diese Lernbereitschaft herstellen – und dann erst unterrichten. So lange Ihnen nicht alle Schüler zuhören, vergeuden Sie mit dem Erklären des Stoffs nur Ihre Zeit.

2.2 Der Lehrer muss aus dem Klassenzimmer

Wenn Sie aus dem Klassenzimmer müssen, stehen Sie vor einer besonders anspruchsvollen Führungsaufgabe. Wie können Sie Ihre Klasse führen, obwohl Sie persönlich gar nicht anwesend sind?

So geht Frau Gruber vor: Sie erklärt ihren Schülern: „Ich muss nachher für kurze Zeit aus dem Klassenzimmer. Ich möchte,

dass ihr dann die folgende Übungsaufgabe bearbeitet,

dass ihr euch ruhig verhaltet

und dass jeder auf seinem Platz bleibt.“

Wieder hat sie alle Punkte an der Tafel notiert.

Page 6: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Fachverlag für Bildungsmanagement 5

Sie lässt einen Schüler erklären, was sie während ihrer Abwesenheit erwartet. Sie teilt die Übungsaufgabe aus, verlässt das Klassenzimmer und wartet vor der Tür – je nach Klasse eine halbe oder eine ganze Minute. Dann betritt sie das Klassenzimmer. Einige Schüler sind laut, andere sind nicht an ihrem Platz. Nur wenige haben eine Aufgabe gelöst. Was jetzt?

Sie ermahnt oder kritisiert nicht. Stattdessen lässt sie sich noch einmal den Verfahrensablauf erklären und verlässt das Klassenzimmer. Die Übungsaufgabe haben die Schüler ja bereits. Nach einiger Zeit kommt sie zurück. Sie wiederholt den Ablauf so lange, bis es klappt. Das erstreckt sich in der Regel über mehrere Durchgänge. Wieder lobt sie die Schüler, wenn sie es geschafft haben.

Aber was heißt, „es geschafft haben“? Bedeutet das, dass die Klasse ruhig ist, wenn sie reinkommt? Nicht ganz, denn sie hat ja verlangt, dass die Schüler eine Aufgabe bearbeiten. Also kontrolliert sie auch sofort, ob sie das tatsächlich gemacht haben.

Und was, wenn die Klasse zwar leise ist, aber einige Schüler keine Aufgabe bearbeitet haben? Sie ahnen es vermutlich schon. Sie übt es noch einmal und zwar so lange, bis jeder Schüler auch gearbeitet hat. Und dann lobt sie die Klasse – vor allem auch die Schüler, denen das selbstständige Arbeiten besonders schwerfällt. Eventuell hat sie für diese Schüler sogar eine leichtere oder extra anregende Aufgabe vorbereitet.

Damit ist die Übung noch lange nicht beendet. Am übernächsten Tag übt sie wieder. Wieder braucht es einige Durchgänge, bis es wirklich klappt. Auch in der nächsten Woche übt sie und verlängert langsam die Zeit, die sie außerhalb des Klassenzimmers verbringt.

Bitte beachten Sie: Führen Sie dieses Ritual erst dann ein, wenn Sie bereits mit leichteren gute Erfahrungen gesammelt haben.

Kriterien für die Übungsaufgabe

Jeder Schüler muss die Aufgaben lösen können.

Die Übungsaufgabe hat in erster Linie die Funktion, die Schüler zu beschäftigen – und dient weniger Lernzwecken.

Die Aufgabe soll in Zwischenabschnitte unterteilt sein, damit die schnelleren Schüler mehr Aufgaben lösen können als die langsamen.

Sie soll, wenn möglich, interessant sein.

2.3 Vor- und Nachbereitung – Die eigenen Erwartungen klären

Verfahrensabläufe einüben verlangt, dass IHNEN exakt klar ist, was SIE von Ihren Schülern erwarten!

Viele Gründe können einen Lehrer dazu verleiten, mit seinen Erwartungen an seine Schüler nicht immer konsistent zu sein, z. B. weil er:

heute einen schlechten Tag hat,

nicht innerlich von dem überzeugt ist, was er von seinen Schülern verlangt,

er nicht so streng sein möchte,

er befürchtet, dass ihn seine Schüler ablehnen könnten.

Page 7: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Fachverlag für Bildungsmanagement 6

Damit macht sich ein Lehrer unglaubwürdig. Sein Verhalten ist für seine Schüler nicht vorhersehbar. Das verunsichert die Schüler und verführt sie dazu, ihren Lehrer immer wieder aufs Neue herauszu-fordern.

Notieren Sie deshalb am besten bereits vor Beginn des Schuljahres:

Welche Verfahrensabläufe Sie einüben möchten.

Wie sich Ihre Schüler dabei konkret verhalten sollen.

Klare Anforderungen verlangen auch eine konsequente Ausführung, die Sie gewährleisten müssen! Tun Sie es nicht, werden Sie von Ihren Schülern nicht ernst genommen. Für derartige Ungereimtheiten haben Schüler ein untrügliches Gespür und nutzen das aus.

Rechnen Sie mit dem Schlimmsten: Wenn Sie solche Routinen einführen, dann ist es am besten, wenn Sie sich bereits vorab eine klare innere Antwort für den Worst Case erarbeitet haben. Bereiten Sie sich mental darauf vor, was Ihnen im Zusammenhang mit dieser Übung wichtig ist und wie Sie sich verhalten werden – egal, was passiert (vgl. Eichhorn 2009a).

Natürlich ist es in allen Beispielen wahrscheinlich, dass etwas nicht klappt und dass Sie mehrmals üben müssen. Sehen Sie das als normales Zeichen mangelnder Übung an, und nicht als Zeichen dafür, dass Schüler heute immer unselbstständiger und schwieriger werden.

Darüber hinaus gibt es immer Schüler, die Sie testen wollen. Diese wollen herausfinden,

ob Sie sich provozieren lassen,

ob Sie wirklich das meinen, was Sie sagen und

wer das letzte Wort hat.

Auch das ist normal und kein Zeichen einer Verhaltensstörung dieser Schüler.

Im Grunde geht es hier darum, wer dafür sorgt, dass die Regeln eingehalten werden. Und da darf es keinen Zweifel geben. Diese Aufgabe liegt klar auf Ihrer Seite. Ihnen ist wichtig:

dass Ihre Schüler ruhig sind, wenn Sie etwas erklären;

dass es in Ihrem Klassenzimmer ruhig ist, selbst wenn Sie nicht anwesend sind.

Ihren Schülern sind all diese Dinge nicht wichtig.

2.4 Nach dem Üben eines Verfahrensablaufs

Behalten Sie bitte in Erinnerung, dass das Üben von Verfahrensabläufen für Ihre Schüler Schwerstarbeit bedeutet. Sie sollen etwas tun, zu dem sie gar keine Lust haben und dessen Sinn ihnen meist auch gar nicht einleuchtet. Trotzdem verlangen Sie es. Unter diesen Vorzeichen verlangt das Üben von Ihren Schülern ein erhebliches Ausmaß an Selbstkontrolle. Mit der Selbstkontrolle verhält es sich so ähnlich wie mit einem Muskel. Je länger und je stärker ein Muskel beansprucht wird, desto schneller ermüdet er. Je länger und je mehr Ihre Schüler Selbstkontrolle zeigen müssen, desto mehr verbraucht sich die dafür nötige Energie.

Berücksichtigen Sie bitte in Ihrem Unterricht, dass die Selbstkontrollmöglichkeiten Ihrer Schüler beim Üben von Verfahrensabläufen abnehmen. Führen Sie deshalb nach dem Üben eines

Page 8: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Fachverlag für Bildungsmanagement 7

Verfahrensablaufs eine entspannende Unterrichtseinheit durch, die den Schülern ermöglicht, aktiv etwas zu tun, was ihnen möglichst Freude macht.

Classroom-Management verlangt zwar in den ersten Wochen des Schuljahres einigen Aufwand. Ins-gesamt gesehen spart es Ihnen aber Zeit und Energie. Und Sie haben mehr Freude am Unterrichten.

Die wichtigsten Punkte zur Umsetzung von Verfahrensabläufen in Ihrer Klasse finden Sie hier:

Checkliste: Verfahrensabläufe

Vorbereitung

Überlegen Sie sich, welche Verfahrensabläufe Sie installieren möchten.

Machen Sie sich, so konkret wie möglich klar, was genau Sie von Ihren Schülern verlangen.

Überlegen Sie sich, warum das, was Sie fordern, wirklich sinnvoll ist.

Durchführung

Erklären Sie den Verfahrensablauf, visuell unterstützt, z. B. an der Tafel.

Erklären Sie alle notwendigen Zwischenschritte.

Fragen Sie Ihre Schüler, ob Sie alles verstanden haben.

Überprüfen Sie, ob Ihre Schüler alles verstanden haben. Bitten Sie einen oder zwei Schüler da-rum, den Verfahrensablauf noch einmal exakt zu erklären.

Achten Sie darauf, dass Ihre Schüler, das von Ihnen festgelegte Zielkriterium zu 100 Prozent erreichen.

Loben Sie Zwischenschritte.

Bereiten Sie sich mental auf mögliche Zwischenfälle vor. Reagieren Sie konsequent und unaufgeregt – was auch passieren mag.

Rechnen Sie damit, dass es mehrere Durchgänge braucht, bis Ihre Schüler einen Verfahrensablauf so befolgen, wie Sie es wünschen.

Abschluss

Loben Sie Ihre Schüler.

Planen Sie eine entspannende Einheit.

Langfristig

Üben Sie auch in den nächsten Tagen und Wochen!

Page 9: Classroom-Management · PDF filezu setzen, wie das folgende Beispiel zeigt: Julian, ein als schwierig bekannter Schüler, kommt neu in ... Frau Haagen sei nicht in der Lage,

Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH, Fachverlag für Bildungsmanagement 8

2.5 In aller Kürze

Classroom-Management basiert auf einer guten Lehrer-Schüler-Beziehung. Es ist ein präventiv angelegtes Vorgehen, das all die Aktivitäten des Lehrers umfasst, mit denen er die Rahmenbedingungen des Unterrichts optimiert und Störungen erst gar nicht aufkommen lässt.

Classroom-Management besteht zum überwiegenden Teil aus Handeln – und zum geringsten Teil aus Reden. Und schon gar nicht aus Ermahnen und Schimpfen.

Zentrale Aspekte dabei sind eine gute Vorbereitung auf den Unterricht, Rituale und Verfahrensabläufe sowie eine gute Kooperationsbeziehung mit den Eltern.

Das Ergebnis:

Ihre Schüler lernen mehr. Aber auch Sie profitieren. Sie schonen Ihre Nerven, die Beziehung zu Ihren Schülern wird besser und Lehrersein macht wieder mehr Freude.

Quelle:

Die Inhalte stammen aus dem RAABE-Fachartikel „Weniger Störungen und mehr Spaß am Unterrichten Erfolgreiches Classroom-Management leicht gemacht“, verfasst von Christoph Eichhorn. Den kompletten Beitrag finden Sie hier.

Der RAABE Fachverlag für Bildungsmanagement entwickelt Fachmedien für Schule und Schulleitung. Noch mehr praktische Tipps und direkt einsetzbare Materialien finden Sie auch unter:

http://www.schulleitung-online.de/