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Blitzkrieg 1940 Das Magazin für Militärgeschichte Clausewitz 4/2015 Juli | August € 5,50 A: € 6,30 CH: sFr 11,00 BeNeLux: € 6,50 FIN: € 8,10 Die Einsätze des Panzerschiffs Wie die Wehrmacht Frankreich überrannte Hiroshima 1945 So verlief der erste Atombomben-Abwurf Abschreckung pur Die frühe Raketenartillerie von NVA und Bundeswehr Entscheidungsschlacht für Italiens Einheit Solferino 1859 Westfeldzug ADMIRAL SCHEER MILITÄR UND TECHNIK Rekonstruiert Das waren Armeniens „Eiserne Krieger“

Clausewitz Magazin (Juli-August 2015) Blitzkrieg 1940

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Blitzkrieg 1940

Das Magazin für Militärgeschichte

Clausewitz4/2015 Juli | August € 5,50 A: € 6,30 CH: sFr 11,00 BeNeLux: € 6,50 FIN: € 8,10

Die Einsätze desPanzerschiffs

Wie die Wehrmacht Frankreich überrannte

Hiroshima 1945So verlief der ersteAtombomben-Abwurf

Abschreckung purDie frühe Raketenartillerie von

NVA und Bundeswehr

Entscheidungsschlachtfür Italiens Einheit

Solferino 1859

Westfeldzug

ADMIRAL SCHEER

MILITÄR UND TECHNIK

RekonstruiertDas warenArmeniens„EiserneKrieger“

CW_2015_04_u1_u1__ 11.05.15 16:07 Seite 1

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CW_2015_04_u2_u2__ 12.05.15 08:05 Seite U2

Mit dem Aufkommen der schwerbewaff-neten Hopliten im 8. Jahrhundert v. Chr.

geht in Griechenland die Entstehung des Söld-nerwesens einher. Zunächst formieren sichdie Leibwachen der Herrscher aus Söldnern.Bald kommen sie ebenfalls in den Kämpfenzwischen den Stadtstaaten zum Einsatz. Dieprofessionellen schweren Infanteristen die-nen ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. auch denPharaonen Ägyptens gegen Nubier und Baby-lonier. Die Perser nehmen seit dem 6. Jahr-hundert v. Chr. griechische Söldner in ihre

Dienste, um ihrenMangel anschwererInfanterieauszuglei-

chen. Für die Söldner spielt es keine Rolle ge-gen ihre Landsleute zu kämpfen. Sie setzensich meist aus Männern zusammen, die ausarmen Regionen Griechenlands stammen –ihr Ziel ist die Überwindung der Armut durchden Verkauf ihrer militärischen Fähigkeiten.Dabei entwickeln sie neben einer Art Stan-desbewusstsein vor allem den Stolz auf ihreprofessionelle Kampfkraft, die derjenigen derBürgersoldaten meist überlegen ist. Nebenden schwer bewaffneten Hopliten gibt es nochandere Arten von Söldnern, die sich auf be-stimmte Kampfweisen spezialisiert haben. Ei-nen Höhepunkt erlebt das Söldnerwesen imPeloponnesischen Krieg. Den berühmtestenEinsatz stellt allerdings der von Xenophon ver-ewigte „Marsch der Zehntausend“ dar, in des-sen Verlauf sich ein griechisches Söldnerheer

den Weg von Mesopotamien bis an denHellespont freikämpft. Die Söld-

ner stellen noch bis zum Endeder Diadochenreiche einen

sehr bedeutenden Anteilder hellenistischen

Heere.

Liebe Leserin, lieber Leser,

der amerikanische Historiker WilliamL. Langer (1896–1977) umschrieb diemilitärische Katastrophe der Alliiertenim Westen im Kriegsjahr 1940 mitden Worten: „Seit Napoleons Blitz-feldzug gegen Preußen 1806 war kei-ne militärische Großmacht so schnellund so unerbittlich zermalmt worden.“

Und tatsächlich: Wenn man ver-sucht, sich in die Lage der damaligen

Zeit hineinzuver-setzen, dannmuss es fürDeutschlandsKriegsgegnerund weite Teileder Weltöffent-lichkeit 1940ein absoluterSchock gewesensein, mit welcher

Wucht und Schnelligkeit Hitlers Pan-zer durch das von Großbritannien un-terstützte Frankreich stießen.

Denn der zermürbende Stellungs-krieg von 1914–1918 lag noch nichtsehr lange zurück und war mit seinenerbitterten Kämpfen an den „zu Todeerstarrten Fronten“ fest in den Köp-fen der Menschen verankert. Dochdieses Bild sollte sich mitBeginn der deutschenGroßoffensive im Mai1940 schlagartig ändern.

Warum endeten die deut-schen Angriffsoperationenmit den Tarnnamen „FallGelb“ und „Fall Rot“ innerhalbkürzester Zeit mit einem in dieserForm nicht für möglich gehaltenen„Triumph“ der Angreifer?

In unserer aktuellen Titelgeschich-te „Albtraum für die Alliierten“ erfah-ren Sie ab Seite 10 alles Wissenswer-te über den Verlauf der Kämpfe unddie Gründe für den nach dem Feldzugin Polen zweiten „Blitzkrieg“ der deut-schen Wehrmacht.

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Eine abwechslungsreiche Lektüreund viel Spaß beim Gewinnspielwünscht Ihnen

Dr. Tammo LutherVerantwortlicher Redakteur

Editorial Krieger, Söldner & Soldaten

Clausewitz 4/2015

15. Folge

Für Beute und Ruhm!Das Söldnerwesen spielt im antiken Griechenland eine große Rolle – die Ein-satzgebiete der Söldner erstrecken sich aber bis nach Ägypten und Persien.

FAKTENZeit: Spätes 8. bis 2. Jahrhundert v. Chr.

Uniform: Chiton (Gewand), Bronzehelm,Brustpanzer aus Bronze oder Leinen, Beinschienen aus Bronze, großer Rund-schild oder leichter kleiner Schild

Hauptwaffen: Lanze, Bogen, Schleuder,Wurfspeer

Kampftaktik: Phalanx oder leichte Infanterie-taktik

Wichtige Schlachten:605 v. Chr. Karkemisch, 401 v. Chr. Kunaxa

331 v. Chr. Gaugamela

Griechische Söldner im Film: Alexander (2004)

ANTIKER ABENTEURER:Dieser griechische Söldnerträgt einen mit Pferdehaar geschmückten Bronzehelm, eine bronzene Rüstung, sowieeinen mit Bronze überzogenenSchild. Abb.: Johnny Shumate

CW_2015_04_03_03__ 12.05.15 10:49 Seite 3

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MagazinNeues zur Militärgeschichte, Ausstellungen und Bücher. ......................6

Menschen & GeschichtenLichtstrahl statt Kanonendonner. .........................................................32Britischer Kriegsveteran berichtet über Geheimwaffe im Zweiten Weltkrieg.

Schlachten der Weltgeschichte„Ein Sieg für Italien!“. ......................................................................................................34Die Schlacht von Solferino 1859.

CLAUSEWITZ präsentiert:Das große Jubiläums-Gewinnspiel.....................................................40

Militär und TechnikAtomare Artillerie. .................................................................................................................42Feldrakete „Honest John“ und Raketenkomplexe „Luna“ und „Elbrus“.

Schlachten der WeltgeschichteApokalypse Japan....................................................................................................................48Der Atombombenabwurf über Hiroshima 1945.

Militärtechnik im DetailStinson L-5 „Sentinel“. .................................................................................................54Amerikas „fliegender Jeep“.

TitelthemaAlbtraum für die Alliierten. .............................................................................................10 Westoffensive der Wehrmacht 1940.

Sieger und Besiegte. ......................................................................................................................24 Die Kriegsgegner zwischen Erfolg und Misserfolg.

Haupt- oder Hilfswaffe? ..........................................................................................................28Einsatz der Panzer an der Front.

Inhalt

Titelbild: Deutsche Siegesparade 1940 in der Nähe des Arc de Triomphe

Clausewitz 4/201510

Titelgeschichte

Westfeldzug 1940

Albtraum für die

Alliierten

TRÜMMERWÜSTE: Deutsche Grenadiere rücken im Schutz eines Schüt-zenpanzerwagens vor und passieren eine von denschweren Kämpfen stark in Mitleidenschaft gezogenefranzösische Ortschaft. Die Angreifer drängen seit Be-ginn des Unternehmens „Fall Gelb“ unaufhaltsam genWesten. Foto: picture-alliance/akg-images

11

10. Mai 1940: Die Welt hält den Atem an! Hitlers Armeen über-schreiten auf breiter Front die Grenzen gen Westen. Der gegenFrankreich gerichtete Großangriff entwickelt sich zu einem rasanten„Blitzkrieg“ – mit fatalen Folgen für die Alliierten. Von Tammo Luther

Eine Wehrmachtkolonne passiert aufgegebene französi-sche Panzer. Große Teile der deutschen Artillerie sowiedes Transportwesens sind 1940 bespannt. Die Angrei-fer verfügen keineswegs über eine „Blitzkrieg“-Armee –umso erstaunlicher ihr schneller Erfolg. Foto: von Aufseß

CW_2015_04_04_05__ 12.05.15 14:34 Seite 4

35Clausewitz 4/201534

Schlachten der Weltgeschichte

24. Juni 1859: Französische und piemontesisch-sardischeTruppen treffen in Norditalien auf österreichische Verbän-de. Der Zusammenprall wird zur blutigsten Schlacht seitWaterloo – und zur Geburtsstunde des Roten Kreuzes.

Von Alexander Querengässer

Österreich

Truppenstärke: 119.783 MannInfanterie, 9.420 Kavalleristen,429 Geschütze

Verluste: zirka 22.000 Mann

Sardinien

Truppenstärke: 37.174 Infanteristen,1.562 Reiter, 80 GeschützeVerluste: zirka 17.000 Mann (inklusive Franzosen)

BLUTIGER KAMPF UM ITALIEN: FranzösischeTruppen beim Vormarsch auf dem Schlachtfeldvon Solferino, südlich des Gardasees. DerKampf, der unglaublich viele Tote und Verwun-dete fordert, veranlasst den Augenzeugen HenriDunant später zur Gründung des Roten Kreuzesin Genf. Abb.: picture alliance/Leemage

Frankreich

Truppenstärke: 82.935 Infanteristen,9.162 Kavalleristen, 240 Geschütze

Die Schlacht von Solferino

„Ein Sieg für Italien!“

entstand dort während des Zweiten Welt-kriegs eine der großen Munitionsanstalten(MunA) des Chemie- und Rüstungsunter-nehmens EIBIA GmbH. Nach dem Kriegwird ein kleiner Teil des Geländes Muniti-onslager und von März 1963 bis Juni 1992 einSpecial Ammunition Site (SAS), oder kurzauf Deutsch, ein Atomwaffendepot der 32.US-Feldartillerie-Division. Von dort aus hatsich das RakArtBtl 12 im Ernstfall mitSprengköpfen für ihre „Honest John“ undNachfolgeraketen zu versorgen – falls nötigauch mit Atomsprengköpfen. Damit bekom-men die amerikanischen Flugabwehrraketenam „Lemker Berg“ einen Sinn.

Die nukleare Aufrüstung des Heeres derBundeswehr für den taktischen Einsatz be-ginnt 1960. Im Rahmen der Heeresstruktur 2erhalten alle Felddivisionen, mit Ausnahmeder 9. Luftlandedivision, jeweils ein Rake-tenartilleriebataillon als Divisions-truppe. Diese Bataillone verfügen überfünf Batterien, von denen drei mit je-weils zwei Raketenwerfern für die„Feldartillerie-Rakete 762 mm Ho-nest John“, so die Systembezeich-nung 1960, ausgerüstet sind: Alsosechs Raketen pro Bataillon und Di-vision.

Letztlich führt die Feldraketen-komponente des Heeres zu einem Ein-satzbestand von 88 „Honest John“-Ra-

der Raketen-Batterien bei Korps und Divi-sionen wird es sein, in ständiger Wirkungs-bereitschaft dem Truppenführer zu mächti-gen Feuerschlägen zur Verfügung zu stehenund das Feuer der Rohr-Artillerie zu verstär-ken…“ So lauten die markigen Sätze aus derZeitschrift „Soldat und Technik“ von De-zember 1959 über die „Feldartillerie-Rakete762 mm Honest John“.

Verstärkung der RohrartillerieUnd weiter heißt es: „Feuerkraft, hohe Be-weglichkeit und große Reichweite sind dieKennzeichen der Feldartillerie-Rakete 762mm Honest John, die als Mehrzweckwaffezur Unterstützung der Bodentruppe be-stimmt ist. Diese ungelenkte Boden-Boden-Rakete wird die Feuerkraft der Rohrartillerieverstärken, ohne sie jedoch zu ersetzen. Mit

einer Mindestentfernung von 8,5 km undeiner Schussweite von über 25 km ist sie

zur Bekämpfung von Zielen bestimmt, diebisher nur mit den Kanonen des

schwersten Flachfeuers erreicht

43Clausewitz 4/2015

wehrraketen Typ MIM-23 „Hawk“. Ich frag-te mich damals: Warum die Flugabwehrra-keten gerade hier? Die „Hawks“ haben eineeffektive Reichweite von 25 Kilometern undkönnen gerade mal einen gegnerischen Jagd-bomber in mittlerer Angriffshöhe erreichen.Bis zum „Eisernen Vorhang“ sind es gut 120Kilometer Luftlinie. Warum also eine Luftab-wehr im 25-Kilometer-Radius um Lemke?

Soll dieser Abwehrschirm die zwei Kilo-meter entfernte Bundeswehrkaserne in Lan-gendamm schützen? Der Vorort von Nien-burg beherbergt – übrigens auch heute noch– eine der größten Bundeswehrgarnisonen

Norddeutschlands. Am 15. März 1959 wirddas schwere Artilleriebataillon 140 des Hee-res aufgestellt. Es ist als erstes Raketenartil-leriebataillon (RakArtBtl) der Bundeswehrmit Standort Nienburg Langendamm vorge-sehen. Im Oktober 1964 folgt die Umbenen-nung zum RakArtBtl 12, ausgerüstet mit dertaktischen Feldrakete M-50 „Honest John“oder auch Feldartillerie Raketenwerfer(FRWf) 762 genannt. Doch der Raketenluft-abwehrschirm von Lemke, betrieben vonden Amerikanern, kann eigentlich nicht al-lein den „Honest Johns“ der Bundeswehr inLangendamm gelten.

Nukleare AufrüstungDa ist ein anderer Punkt mit dem Bezug aufden „Hawk“-Abwehrschirm weitaus schlüs-siger: In der Eickhofer Heide bei Liebenau,etwa 15 Kilometer südwestlich von Nien-burg und gut sieben Kilometer von Lemkeentfernt, befindet sich seinerzeit ein strenggesichertes und weitläufig abgesperrtes Waldareal. Unter dem Decknamen „Karl“

42

Militär und Technik | Raketensysteme

In einem 80-Seelen-Dorf in der Nähe vonNienburg an der Weser erlebte ich meineJungenjahre. Ich kann mich noch genau

erinnern: Eines Tages, in den 1960er-Jahren,geistert ein Gerücht durch den kleinen Ort:„Die Amerikaner bauen am ‚Lemker Berg‘ ei-ne Raketenstellung!“ Das ist rund sieben Ki-lometer entfernt und interessiert mich damalsZwölfjährigen nur am Rande. Dann be-kommt Lemke eine Umgehungsstraße undfortan führt die Bundesstraße 6 ganz in derNähe der sich drehenden Radarschirme vor-bei. Es stellt sich heraus: Es handelt sich umeine stationäre Raketenstellung mit Flugab-

Feldrakete „West” und Raketenkomplexe „Ost”

Atomare Artillerie 1960er-Jahre: Die Militärs in West und Ost setzen in ihrenEinsatzszenarien auch auf taktische Atomschläge. Ergän-zend zur Rohrartillerie führen Bundeswehr und NVA Rake-tensysteme ein, die im „Ernstfall“ nukleare Sprengköpfeverschießen können. Von Jörg-M. Hormann

keten bei der Bundeswehr im Jahr 1965 unddamit zum höchsten Bestand eines NATO-Staates in Europa. Selbst die Amerikaner ha-ben damals nur 44 Raketen im Einsatz. Beiallen NATO-Staaten zusammen sind 244Systeme stationiert. Allein für die bundes-deutsche Seite bedeutete das im Totalein-satzfall 88-mal atomare Verstrahlung undSprengkraft von jeweils 40 Kilotonnen TNT.Zum Vergleich: Die „Hiroshima“-Bombe imJahr 1945 besaß eine Sprengkraft von zirka13 Kilotonnen TNT.

„Gegenüber einem atomar gerüstetenGegner bedeutet die Ausrüstung des Heeresmit dieser Mehrzweckwaffe eine erheblicheSteigerung der Verteidigungskraft. Aufgabe

GEFECHTSKOPF: Einstel-lungen durch Spezialis-ten. Der größte Nuklear-sprengkopf der „HonestJohn“-Rakete hatte dieSprengkraft von 40 Kilo-tonnen TNT. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann

FEUERSCHWEIF: Mit Qualm und Gedröhne macht sicheine „Honest John“ auf den Weg. Noch hat sie den Ab-schussbaum des Werfers nicht verlassen. Der Rake-tenstart ist sehr auffällig und empfiehlt den sofortigenStellungswechsel. Foto: picture-alliance/Klaus-Dieter Heirler

MACHTDEMONSTRATION: Während einer Militärparade rollen die Startfahrzeuge 2P16 desRaketenkomplexes 2K 6 „Luna“ mit taktischen Raketen über die Straßen Ost-Berlins, Aufnahmeaus den 1960er-Jahren. Foto: picture-alliance/ZB©dpa-Report

57Clausewitz 4/201556

Militär und Technik | ADMIRAL SCHEER

Panzerschiff ADMIRAL SCHEER

Raeders„Hoffnungsträger“

1. April 1933: Die ADMIRAL SCHEER läuft in Wilhelmshaven vomStapel. Der aus der Not geborene Panzerschiff-Neubau sollDeutschlands Flotte stärken und seine nach 1918 geschwächte„Seegeltung“ wieder ausbauen. Von Eberhard Kliem

FÜHRUNGSSTARK: Als Chef derMarineleitung seit 1928 bemühtesich Admiral Erich Raeder trotz derEinschränkungen des Versailler Ver-trages um den Aufbau einer kampf-kräftigen und modernen Marine.Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

SCHLICHT: Das Bugwappen der ADMIRAL SCHEER zeigt das Wort„Skagerrak“.Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

I m Sommer 1941 beginnen die Amerika-ner ihr Projekt zum Bau einer Atom-bombe massiv voranzutreiben. Den An-

lass hierfür liefern Spionageberichte über denFortschritt des deutschen „Uranprojekts“.Schon 1939 hat Albert Einstein in einem Briefan den Präsidenten davor gewarnt, dass dieDeutschen ein eigenes Atomwaffenpro-gramm besitzen könnten und gefordert, dassauch die Amerikaner sich damit auseinan-dersetzen müssen. Die Ausgangslage derDeutschen zur Herstellung einer Atombom-

be ist alles andere als schlecht. Im erzgebirgi-schen Joachimstal werden große MengenUran abgebaut, und im besetzten Norwegendie Produktion von schwerem Wasser (H2O2)gesteigert. Dennoch überschätzen die Ameri-kaner die Gefahr. Die Deutschen sind aucham Ende des Krieges weit davon entfernt, ei-ne funktionstüchtige Atombombe zu bauen,denn es ist ihnen noch nicht gelungen, Uran-235 herzustellen.

Im Juli 1941 erhält Roosevelt von seinem„Uran-Komitee“ ein Gutachten, welches ihn

darüber in Kenntnis setzt, dass ein Atompro-gramm nicht nur machbar, sondern auchkriegsentscheidend sein könnte. Auch dieBriten arbeiten an einer Atombombe. Doch1942 erkennt Churchill, dass das Empirezwar über ausgezeichnete Wissenschaftlerverfügt, aber nicht mehr über die finanziel-len Mittel, um ihre Forschungen voran zutreiben. Daher vereinen die Briten und Ame-rikaner ihre Bemühungen im Manhattan-Projekt.

Die „Superbombe“ aus Los AlamosZwei Milliarden Dollar steckt die US-Regie-rung in die Forschungen, an denen zeitwei-se 120.000 Menschen beteiligt sind. RobertOppenheimer, ein international anerkannterKernphysiker, wird damit beauftragt, sämt-liche Spezialisten auf diesem Gebiet zusam-men zu holen. Es sind ausgerechnet zwei„Reichsdeutsche“, der Berliner Rudolf Prei-erl und der Wiener Otto Robert Frisch, derenArbeiten den Weg bereiten. Beide waren zu-nächst nach Großbritannien emigriert undhaben dort das Frisch-Preierl-Memorandumerstellt. Darin erklären sie, wie eine „Super-bombe“ durch Kernspaltung gebaut werdenkönnte. Grundlage hierfür bildet das selteneUran-235. Frisch und Preierl schildern in ih-rem Memorandum jedoch auch die Folgeer-scheinung durch radioaktiven Niederschlagund eine langfristige Kontaminierung desZielgebietes.

Oppenheimer verlegt die Forschungschließlich in die Wüste von New Mexico. Inder Nähe von Los Alamos wird eine For-schungseinrichtung aufgebaut, wo sowohlwaffenfähiges Uran-235 als auch Plutoniumhergestellt werden sollen. Schließlich wirddie erste funktionsfähige Bombe „The Gad-get“ gebaut und am 16. Juli 1945 gezündet.

49Clausewitz 4/201548

Schlachten der Weltgeschichte

Der Atombombenabwurf über Hiroshima

6. August 1945: Es ist eine der schwärzesten Stunden der Menschheitsgeschichte – dieAmerikaner machen mit ihrer „Superbombe“ Hiroshima dem Erdboden gleich. Ein Schick-sal, dem deutsche Großstädte nur knapp entgangen sind. Von Alexander Querengässer

VATER DER BOMBE: Robert Oppenheimerneben einer Fotografie der „Hiroshima-Ex-plosion“. Als führender Atomphysiker derUSA leitet er das Manhattan-Projekt. Spä-ter wandelt er sich zum Gegner von Atom-waffen. Abb.: picture-alliance/dpa

FÜRS PICKNICK UNGEEIGNET: Im US-Bun-desstaat New Mexico liegt das gut bewach-te Zentrum der amerikanischen Atomfor-schung – Los Alamos.

Abb.: picture-alliance/United Archives/TopFoto

TOTALE ZERSTÖ-RUNG: Diese Auf-nahme entstehtkurz nach dem Abwurf der Atom-bombe über Hiro-shima. Das Grau-en, das sich zudiesem Zeitpunktam Boden ab-spielt ist unbe-schreiblich. Am 6. August jährtsich die Katastro-phe zum 70. Mal. Abb.: picture

alliance/newscom

Das Zwanzigste Jahrhundert weist vierEpochenjahre auf, nach denen die Weltnicht mehr so war wie sie zuvor gewe-

sen ist: 1917 – das definitive Ende des „AltenEuropa“ mit dem Kriegseintritt der USA unddem Beginn des „sozialistischen Experi-ments“ in Russland; 1945 – das Ende des bis-her schrecklichsten aller Kriege, des ZweitenWeltkriegs; 1989/90 – das Ende des „KaltenKriegs“ und des „Eisernen Vorhangs“. Dasvierte Jahr, 1968, wäre fast ein Epochenjahrim positiven Sinne gewesen. Nämlich dann,wenn die Hoffnungen in West und Ost aufwirkliche Freiheit in Erfüllung gegangen wä-ren. Leider bleibt es bei einer nur in Teilen ge-glückten gesellschaftlichen Veränderung.Und – jetzt verengt sich der Blick – dies be-trifft im Augenblick des Geschehens nur die

westliche Welt. „1968“ steht hier für das Jahrdes Aufruhrs gegen die „Generation der Al-ten“ und ihr Wertesystem. Der Protest derJungen gegen das „Establishment“ im Zei-chen von Pop-Kultur, „Flower Power“ undder Forderung nach „antiautoritärer“ Erzie-hung bildet eine Grunderfahrung, die die ge-samte westliche Welt erstmals gemeinsammacht. Um das Jahr „1968“ im Westen ran-ken sich Politheldenlegenden. Alles scheintmöglich. Der „Katzenjammer“ kommt erstnach dem Yom-Kippur-Krieg (Oktober 1973)zwischen Israel und seinen arabischen Geg-nern. Fortan wird Energie teuer, und ein Teilder Achtundsechziger driftet entweder ins

kritisierte Establishment oder in das Umfelddes Linksterrorismus ab.

Was im „Westen“ gerne ausgeblendetwird: Ein „1968“ gibt es auch im Osten.Doch es ist ein anderes – jedenfalls auf denersten Blick. Denn die Vorgänge in derTschechoslowakei sind einerseits auf kom-plexe Weise mit dem gesellschaftlichen Um-bruch im Westen verbunden. Sie haben aberandererseits auch ihre eigenen Wurzeln, dieerklärbar sind angesichts der Tatsache, dassseit dem Ende des Zweiten Weltkriegessowjetische Truppen „als Befreier vom Fa-schismus“ im Land stehen.

Die UdSSR braucht die CSSRGeostrategisch gesehen bildet die Tschecho-slowakei für die Sowjetunion den Schlüssel,der ihr Herrschaftsgebiet in Ostmitteleuropazusammenhält. Die Faktoren dafür sind viel-fältig: Wie die Aufstände in der DDR 1953 so-wie in Polen und Ungarn 1956 zeigen, hat esdie Sowjetunion hier mit unruhigem Terrainzu tun. Ungarns Stabilität gründet auf demPrinzip des „Gulasch-Kommunismus“:Marktwirtschaft im Kleinen und ein kommu-nistisches Selbstverständnis nach dem Motto„Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“

Diese Art des kommunistischen „Gesell-schaftsvertrages“ gilt nicht für die DDR und– bis 1964 – auch nicht für die Tschechoslo-wakei. Dass er in der DDR nicht gilt, liegt aufder Hand: Das SED-Regime ringt kläglichum die Deutungshoheit in der deutschenFrage. Es ist besonders beflissen, sich aus-drücklich nicht als sowjetisch besetztes Ge-biet gegenüber der „eigenen“ Bevölkerung

67Clausewitz 4/201566

Kriege, Krisen und Konflikte

„Prager Frühling“ 1968

Mit Panzern gegen Reformen

21. August 1968: Die Augen der Welt sind auf die tschechoslowakische Hauptstadt ge-richtet. Wird der „große Bruder“, die Sowjetunion, den „Sozialismus mit menschlichemAntlitz“ in Prag dulden oder ihn mit Waffengewalt beseitigen? Von Peter Andreas Popp

Die sogenannte Breschnew-Doktrin legiti-miert das Interventionsrecht der Sowjetuni-on bei abweichendem Verhalten eines Mit-gliedes des Warschauer Pakts. Die zentralenPassagen sind:„Die KPdSU setzte sich immer dafür ein,dass jedes sozialistische Land die konkre-ten Formen seiner Entwicklung auf dem We-ge zum Sozialismus unter Berücksichtigungder Eigenart seiner nationalen Bedingun-gen selbst bestimmte. Aber bekanntlich […]gibt es auch allgemeine Gesetzmäßigkeitendes sozialistischen Aufbaus, und ein Abwei-chen von diesen Gesetzmäßigkeiten könntezu einem Abweichen vom Sozialismus imAllgemeinen führen.“

„Und wenn innere und äußere dem Sozia-lismus feindliche Kräfte die Entwicklung ei-nes sozialistischen Landes zu wenden undauf eine Wiederherstellung der kapitalisti-schen Zustände zu drängen versuchen, wennalso eine ernste Gefahr für die Sache des So-zialismus in diesem Lande, eine Gefahr für

die Sicherheit der ganzen sozialistischen Ge-meinschaft entsteht […] dann wird dies nichtnur zu einem Problem für das Volk diesesLandes, sondern auch zu einem gemeinsa-men Problem, zu einem Gegenstand der Sor-ge aller sozialistischen Länder.“

„Begreiflicherweise stellt militärische Hil-fe für ein Bruderland zur Unterbindung ei-ner für die sozialistische Ordnung entstan-denen Gefahr eine erzwungene außeror-dentliche Maßnahme dar. Sie kann nurdurch direkte Aktionen der Feinde des So-zialismus im Landesinnern und außerhalbseiner Grenzen ausgelöst werden: DurchHandlungen, die eine Gefahr für die gemein-samen Interessen des sozialistischen La-gers darstellen.“

Vier sozialistische Länder wiesen diesenHegemonialanspruch zurück: China, Alba-nien, Rumänien und Jugoslawien. Erst Mi-chail S. Gorbatschow hebt die Doktrin defi-nitiv am 25. Oktober 1989, also am Vor-abend des Falls der Berliner Mauer, auf.

Die Breschnew-DoktrinHINTERGRUND

HOFFEN AUF EINE BESSERE ZUKUNFT:Tschechoslowakische Demonstranten inPrag. Abb.: picture-alliance/dpa

ERSCHÜTTERUNG DES SOWJETIMPERI-UMS: Als Reformer in der Tschechoslowa-kei einen „Sozialismus mit menschlichemAntlitz“ wagen, schickt Moskau Truppenum den Aufstand niederzuschlagen. DasBild zeigt russische Panzer in der Innen-stadt von Prag, denen sich einige mutigeZivilisten entgegenstellen.

Abb.: picture-alliance/dpa

Clausewitz 4/2015

Menschen & Geschichten

75

Generalluftzeugmeister Ernst Udet

Flieger-Ass im freien Fall

17. November 1941: Ernst Udet – einst er-folgreicher Jagdflieger und Fliegeridol –begeht Selbstmord. Es ist das tragischeEnde einer schillernden Persön-lichkeit, die am Intrigenge-flecht der Nationalsozialis-ten scheitert. Von Jörg-M. Hormann

LUFTAKROBAT: Udet beim Kunst-flug während der Dreharbeiten zumSpielfilm „Wunder des Fliegens“ imFrühjahr 1935.

Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung

Photo/Scherl

Seit dem 13. August 1932 flimmert diedeutsch-französische Koproduktion „DasMädel vom Montparnasse“ über die

Leinwände deutscher Lichtspielhäuser. In derHauptrolle brilliert die 28-jährige Schauspie-lerin Ehmi Bessel neben dem damals sehr po-pulären Fritz Schulz. Auch das deutsche Flie-geridol der Zeit und selbst populärer Akteurin der Kinowelt, Ernst Udet, sieht seine „Kol-legin“ und ist fasziniert. Er bittet seinenFreund Carl Zuckmayer, ein Treffen mit derattraktiven Ehmi Bessel zu arrangieren.

Zuckmayer und Udet kennen sich seit1918. Zuckmayer, als Artilleriebeobachtereingesetzt, soll im Sommer des letztenKriegsjahres das Aufklären und Beobachtenaus dem Flugzeug kennenlernen. Für einigeTage zum Jagdgeschwader „Freiherr vonRichthofen“ Nr. 1 kommandiert, begegnetihm dort „ein kleingewachsener, quirliger,drahtiger, temperamentvoller und außeror-dentlich witziger, sogar geistreicher Flieger-leutnant: Ernst Udet. Wir mochten uns nachden ersten paar Worten, soffen unsere ersteFlasche Cognac zusammen aus und verlorenuns bis kurz vor dem Zweiten Weltkriegnicht mehr aus den Augen“, schreibt Zuck-mayer in seiner Autobiographie.

Ungleiche FreundeAuch den berühmten Berliner Presseball amAbend des 28. Januar 1933 besuchen Udetund Zuckmayer gemeinsam. Im Laufe derNacht erreichen sie einen Zustand, in demsie kein Blatt mehr vor den Mund nehmen:„Schau dir die Armleuchter an“, sagt Udetzu seinem Freund und deutete in den Saal,„jetzt haben sie alle schon ihre Klempnerlä-den aus der Mottenkiste geholt. Vor einemJahr war das noch nicht à la mode.“ Tatsäch-lich sind reichlich Bändchen und Kreuze derKriegsdekorationen auf den Fräcken zu se-hen, die während der 1920er-Jahre niemandauf einem Berliner Presseball trug. Konse-

quenterweise bindet sich Udet den „Pour leMérite” ab, der unterhalb seiner weißen Pi-qué-Frackfliege ins Auge sticht, und stecktihn in die Hosentasche.

Auf den „Blauen Max“, wie die höchstepreußische Tapferkeitsauszeichnung desWeltkrieges auch genannt wird, ist Udet

wirklich stolz. Diesen Orden hat er sich imwahren Wortsinn am Himmel über Frank-reich „zusammengeschossen“.

Am 26. April 1896 in Frankfurt geboren,wächst der Sohn eines Zivilingenieurs undFabrikanten in München auf. Den jugendli-chen Ernst Udet interessiert nur eine Sache

wirklich, die Fliegerei. Mit seinen aviatikbe-geisterten Freunden aus dem Wohnhausgründet er 1909 den „Aero-Club München“.Das zum Abschluss der Mittleren Reife vomwohlhabenden Vater geschenkte Motorradbenutzt der für den Militärdienst zu klein-wüchsige „Ernie“ als freiwilligen Einstieg in

GRUPPENFOTO: Jagdflugzeug-Vergleichsfliegen in Berlin Ad-lershof im Oktober 1918. Die„Vergleichsflieger“ von links:Ernst Udet, Bruno Loerzer undJosef Carl Jacobs.

Foto: ullstein bild – ullstein bild

VERLOBUNGSFOTO: Ober-leutnant Ernst Udet, seit 9. April 1918 Träger des

Ordens „Pour le Mérite“, mitseiner Braut Eleonore Zink,Tochter des wohlhabenden

Nürnberger KommerzienratesZink, September 1918.

Foto: ullstein bild – ullstein bild

UNBEQUEM: Ernst Udet lässtsich nur widerwillig für den NS-Machtapparat einspannen. Die-ses späte Foto zeigt, dass dieAufputschmischung aus Pervi-tin und Alkohol ihre Spuren hin-terlassen haben. Foto: Sammlung

Jörg-M. Hormann

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5Clausewitz 4/2015

Militär und TechnikRaeders „Hoffnungsträger“................................................................................56Das Panzerschiff ADMIRAL SCHEER. Entwicklung, Einsätze, Ende.

BildstreckeDie „eisernen Krieger“ Armeniens. .................................................62Detaillierte Computerrekonstruktionen einer vergangenen Epoche.

Krisen, Kriege und Konflikte„Prager Frühling“ 1968. ...........................................................................................66Mit Waffengewalt gegen Reformen.

MeinungUlysses S. Grant vs. Robert E. Lee. ...................................................72Wer war der bessere Bürgerkriegsgeneral?

Menschen & GeschichtenFlieger-Ass im freien Fall. ......................................................................................74Generalluftzeugmeister Ernst Udet – sein steiler Aufstieg, sein tiefer Absturz.

Spurensuche„Wiege der preußischen Marine“. ......................................................80Die Insel Dänholm vor Stralsund und das Marinemuseum.

Vorschau/Impressum............................................................................................................................82Titelfotos: Slg. Leonard Royston; picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo; picture-alli-ance/Isadora/Leemage; USAF; 2013-2015 ArmanAvakan; Slg. Dirk Krüger; Slg. J.-M. Hormann

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Magazin

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AUSSTELLUNGSTIPP

Noch bis 25. Oktober 2015zeigt das Deutsche Histori-sche Museum (DHM) in

Berlin eine beeindruckende Son-derausstellung anlässlich desKriegsendes 1945 in Europa.

Am 8. Mai 1945 endete mit derKapitulation der deutschen Wehr-macht der Zweite Weltkrieg aufdem europäischen Kontinent.Sechs Jahre Krieg haben Millionenvon Opfern gefordert. Krieg, Be-satzungsregime und Massenver-brechen, Flucht, Vertreibung undZwangsumsiedlungen prägtenLänder und Menschen nachhaltig.

Anlässlich des 70. Jahrestagsder deutschen Kapitulation prä-sentiert das DHM die Ausstellung

„1945 – Niederlage.Befreiung. Neuan-

fang. Zwölf Län-der Europas

nach dem Zwei-ten Weltkrieg“.Sie thematisiert

die Situation bei Kriegsende sowiein der unmittelbaren Nachkriegs-zeit in Deutschland, Österreich,der Tschechoslowakei, Polen,Großbritannien, Dänemark, Nor-wegen, Luxemburg, den Nieder-landen, Belgien, Frankreich undder Sowjetunion.

Kernfragen der Ausstellungsind: Wie ließen NS-Regime, Be-satzung und Kriegsgeschehen dieLänder zurück? In welchem Zu-stand befanden sich Gesellschaftund politisches System am Endedes Krieges? Wie bewältigten dieMenschen diese Lebenssituationangesichts der erlittenen Trauma-ta, der Verluste und Zerstörungen?

Rund 500 Exponate aus den Be-ständen des DHM und von 150Leihgebern aus 14 Ländern veran-schaulichen die Themenbreite derSonderschau, zu der ein vielfälti-ges Begleitprogramm und eineumfangreiche Publikation ange-boten wird.

Kontakt:Deutsches Historisches

MuseumAusstellungshalle

Unter den Linden 210117 Berlinwww.dhm.de

Kampf um RomInterpretationen im Wandel der Zeit

Luftwaffe und LuftkriegStudie zur Geschichte der Deutschen Luftwaffe

Die Rolle der Luftstreitkräfte in derheutigen Kriegführung ist eine be-

sondere: Sie sind schnell verlegbar undkönnen auf größere Distanzen auch ab-standsfähig wirken. Damit besitzen siefür die militärische Führung wie auchfür die Politik, die den Einsatz vonStreitkräften verantwortet, eine speziel-le Bedeutung.

Der neue Band „Luftwaffe und Luftkrieg“ behan-delt mit dem Einsatz von Luftstreitkräften verbun-dene Aspekte, die bisher weniger betrachtet wurden.Dabei werden auch Spannungsfelder wie gesell-schaftliche Akzeptanz, völkerrechtliche Fragen undrüstungswirtschaftliche Aspekte berührt. Eberhard Birk, Heiner Möllers (Hrsg.): Luftwaffe undLuftkrieg, Berlin 2015, 268 Seiten, mit Abbildungen,Preis: 19,90 EUR

„1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang.“ Sonderausstellung des Deutschen Historischen Museums

Der sowjetischeSchriftsteller JewgeniDolmatowski (1915–1994) in Berlin mit einer Hitler-Büste unter dem Arm.

BUCHTIPP NEUERSCHEINUNG

Die Worte „Kampf um Rom“ lassenwohl die meisten von uns an Felix

Dahns bekannten Historienroman von1876 denken – oder doch zumindest andessen Verfilmung aus dem Jahr 1968. Indem vorliegenden Werk geht es konkretum die Plünderung der „Ewigen Stadt“durch die Westgoten. Genaugenommensteht die Deutung und Interpretation die-ses geschichtlichen Großereignisses, dasdie Zeitgenossen ebenso sehr beschäftigtewie die Historiker nachkommender Gene-rationen im Zentrum. Die beiden Autorenspannen einen weiten Bogen vom Jahr 410bis ins Jahr 2009 und untersuchen, wievielschichtig und unterschiedlich in demdazwischenliegenden Zeitraum vom „FallRoms“ berichtet wurde. Es geht also nicht

um das Ereignis selbst, sondern darum,welche Wandlungen die Interpretationdurchlebt hat. Der Leser erfährt, wie „Ge-schichte“ entsteht. Das Buch ist geistreich,tiefsinnig und dennoch wunderbar flüssigund spannend zu lesen. Mischa Meier und Steffen Patzold: August410 – ein Kampf um Rom. Stuttgart 2010.259 Seiten, 19,95 EUR.

Eine Frage derDeutung: Die Plün-derung Roms 410wurde stets neu –und oft mit be-stimmten Absich-ten – interpretiert.

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Exponate derSonderaus-stellung desDHM.

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Clausewitz 4/2015 7

Genaugenommen handelt es sich beider Erbswurst gar nicht um eine

Wurst, sondern um in Wurstform ge-presstes Erbsenpulver. Von dieser„Wurst“ können je nach Bedarf Stückeabgeschnitten, im Wasser aufgelöst underhitzt werden – voilà, fertig ist einemehr oder weniger schmackhafte Erb-sensuppe! Klar, dass ein so kostengüns-tig herzustellendes und einfach zuhandhabendes Produkt die Armee aufden Plan ruft. Noch dazu, wenn es sichdabei um ein besonders lang haltbaresund sehr nahrhaftes Erzeugnis handelt.Ihr militärisches Debüt feiert die Erbs-wurst als „eiserne Ration“ im preußi-schen Heer während des Deutsch-Fran-zösischen Krieges 1870/71. Ab 1889 pro-duziert Knorr die Erbswurst – undmacht dies bis heute. Die Herstellung istnicht sonderlichkompliziert undkann auch zu Hauseleicht ausgeführtwerden. CLAUSE-WITZ verrät, wie: Ge-

trocknete Erbsen zu einem Pulver zer-mahlen (dafür kann eine ausrangierteKaffeemühle verwendet werden). Dannmit der Instantbrühe vermengen, undzwar etwa im Verhältnis zwei Teile Erb-sen, ein Teil Instantpulver. Nun könnennoch Salz, Kräuter und Gewürze nachBelieben hinzugegeben werden. Das soentstandene Gemisch ein wenig in Formpressen und dann langsam im Backofengründlich trocknen. Das fertige Produktkann dann in Schraub- oder Einweck-gläsern aufbewahrt werden. Beimnächsten „Einsatz“ einfach in Wasserauflösen und erhitzen. Ideal für dienächste Expedition in die Antarktis(oder den nächstgelegenen Stadtpark).CLAUSEWITZ wünscht guten Appetit.

„Eiserne Ration“ par excellence: Die Erbswurst

Einfache Kost: DieErbswurst magnichts für denSonntags- oderFesttagstisch sein.Aber fürs Wandernist sie bestens ge-eignet.

Enthüllung des Hör-steins durch Liberati-on-Projektleiter PeterKruk und den WeezerBürgermeister UlrichFrancken.

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Am Standort des heutigen FlughafensWeeze existierte von Anfang März bis

Ende April 1945 das erste britische Airfieldauf deutschem Boden. Es diente als Basisfür die taktische Luftunterstützung der al-liierten Operationen „Plunder“ (Rheinüber-querung im Raum Rees-Wesel-Dinslaken)und „Varsity“ (Luftlandung im RaumHamminkeln). Vom Feldflugplatz „B.100Goch“ aus griffen britische und kanadischeKampfflugzeuge in die schweren Kämpfekurz vor Kriegsende 1945 ein. Aus diesemAnlass wurden Ende März 2015 in feierli-

cher Form und als deutsch-niederländi-sches Gemeinschaftsprojekt – gefördertdurch EUREGIO – ein „Hörstein“ zur „Li-beration-Route“ enthüllt und eine Sonder-ausstellung im Royal Air Force MuseumLaarbruch-Weeze eröffnet. Diese wird biszum 27. September 2015 im Rahmen einesMuseumsbesuchs zu sehen sein. Der neue„Hörstein“ erinnert in Wort, Bild und Tonan die Ereignisse vor nunmehr 70 Jahren.Weitere Informationen zum RAF Museumund zur Sonderausstellung im Internet unter:www.laarbruch-museum.net

RAF Museum Neues aus dem Royal Air Force Museum Laarbruch-Weeze

MUSEUMSTIPP

60 Jahre BundeswehrZum Jahrestag der Gründung

Woran soll man denErfolg einer Armee

messen? An ihren Erfol-gen im Gefecht oder viel-leicht an den Schlachten,die sie nie schlagen muss-te, allein weil sie schlichtexistierte und Gewehrbei Fuß stand? Dies giltin besonderem Maße fürdie Bundeswehr. CLAU-SEWITZ widmet sich an-lässlich ihres 60. Geburts-tages in seinem neusten Sonderheft der erstendeutschen Parlamentsarmee. Das Magazinschlägt dabei einen Bogen von den schwierigenAnfängen in der unmittelbaren Nachkriegszeitüber die bedrückende Ära des Kalten Kriegesbis hin zur Zeit der großen Reformen, als sichdie Bundeswehr neu erfinden musste. Selteneund teils unveröffentlichte Aufnahmen machendie Lektüre zu einem außergewöhnlichen Lese-vergnügen – ein Muss, nicht nur für Geschichts-freunde, sondern vor allem auch für alle ehema-ligen Wehrpflichtigen.Clausewitz Spezial BundeswehrWiederbewaffnung – Kalter Krieg – Auslandseinsätze96 Seiten, ca. 150 Abbildungen. Preis: 9,90 EUR.ISBN: 978-3-86245-458-7Bezugsquelle: www.verlagshaus24.de

NEUERSCHEINUNG

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Jahre liegt das Ende desSezessionskrieges zurück.

Am 23. Juni 1865endeten die letzten

Kampfhandlungen.Der Amerikanische Bür-gerkrieg zwischen Nord-und Südstaaten forderteseit seinem Beginn imApril 1861 bis zur Ein-

stellung der Kämpfe ins-gesamt schätzungsweise620.000 Tote. Die Nord-

staaten behielten dieOberhand in dem

blutigen Konflikt mitder Konföderierten-

armee.

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60 JahreDie Chronik

Die Bundeswehr entsteht Mit US-Ausrüstung und dem Erbe der Wehrmacht

Weltweiter EinsatzWie sich die Bundeswehr neu erfand

Im Kalten KriegZwischen „Gammeldienst“und NATO-Alarm?

BeNeLux: € 11,40 Italien: € 12,85

Das Magazin für MilitärgeschichteClausewitz SpezialD: € 9,90 A: € 10,90 CH: sFr 19,80

WiederbewaffnungKalter Krieg

Auslandseinsätze

ISBN 978-3-86245-458-7

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MagazinClausewitz

KURIOSES

Das Verhältnis von Napoleon zu Ney istambivalent. Während des alptraumhaf-

ten Rückzuges aus Russland 1812 führt Neypersönlich die Nachhut an – und spornt dieSoldaten durch seinen draufgängerischenMut zu beinahe übermenschlichen Leis-tungen an. Als er abgeschnitten wird,kämpft er sich zur Truppe zurück undwird dafür von Napoleon als der„Tapferste der Tapferen“ bezeich-net. Er hält die Brücke über dieMemel solange, bis der letztenapoleonische Soldat überdem Fluss ist und geht da-durch als der „letzte Franzoseauf russischem Boden“ in dieMilitärgeschichte ein. Anderer-

seits dient seine hitzköpfige Reiterattackewährend der Schlacht bei Waterloo Napo-leon nachträglich dazu, den loyalen Ney alsSündenbock für die Niederlage anzupran-

gern. Fakt ist, dass Ney ein „Draufgän-ger“ ist – selbst für die Maßstäbe deran „Husarenstücken“ nicht gerade ar-

men Zeit: Mehrmalswird er verwundet,bei Waterloo schießt

man ihm sogar viermaldas Pferd „unterm Hintern“

weg! Danach wird Ney vor einErschießungskommando gestellt.Die angebotene Augenbinde lehnter ab. Im Angesicht des sicherenTodes verlässt ihn nicht der Mut.„Soldaten! Wenn ich das Kom-mando gebe, schießt direkt aufmein Herz!“, ruft er den Todes-schützen zu.

Damals: Nach dem Ende des „Dritten Reiches“ ist Berlinvon den Alliierten besetzt. Unter dem Brandenburger Tortreffen drei amerikanische Soldatinnen auf eine russischeVerkehrspolizistin. Während des Kalten Krieges markiertder frühklassizistische Bau die Grenze zwischen Ost- undWest-Berlin.Heute: Das Brandenburger Tor ist ein Bauwerk von natio-nalem Rang. Heute ist es Anziehungspunkt für zahlreicheBerliner und Touristen. Das ehemalige Symbol der Teilungin Ost- und Westblock hat sich zu einem Wahrzeichen derVereinigung Deutschlands und Europas gewandelt. ww

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Die Fotocollage des russischen Fotografen Sergey Larenkov stellt eindrucksvoll visualisiert einen Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart her. www.sergey-larenkov.livejournal.com

„1914 war der Generalstab auf den Krieg von 1870

vorbereitet und 1940 auf denvon 1914.“

Guy La Chambre, französischer Luftfahrtminister von 1938 bis 1940

Der Stoff, aus dem Legenden sind:Ney mit Muskete an der eisigen Front

gegen die Russen!

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Was wäre Bayern heuteohne Napoleon? Fast

schon ein wenig vergessenist die französische „Ent-wicklungshilfe“, die dasbayerische Kurfürstentumin die Moderne katapultierte. Dieses Kapitel istAuftakt der Ausstellung im Bayerischen Armee-museum in Ingolstadt, die gelungen das ambiva-lente Verhältnis der Bayern zu dem Kaiser zeigt,dem sie sich auf Gedeih und Verderb auslieferten:Bayerische Königskrone, Gebietszuwächse unddie erste liberale Verfassung bezahlten die Bayernunter anderem mit zehntausenden Soldaten, dieNapoleons Feldzüge mitfochten und starben. EineVielzahl von Exponaten, präsentiert in einem mor-denen und faszinierenden Ausstellungskonzept,versprechen einen kurzweiligen Besuch. Tipp: Bu-chen Sie eine Führung! „Napoleon und Bayern“ist ein weiteres Highlight in der Reihe der Bayeri-schen Landesausstellung.Bis 31. Oktober 2015 im Bayerischen Armeemuseumim Neuen Schloss Ingolstadt, täglich geöffnet von9–18 Uhr, weitere Inormationen unter www.hdbg.de

MUSEUMSTIPP

Blick in einen Ausstellungsraum:Wertvolle Exponate, gekonnte In-stallationen. Rechts das Plakat.

Schießt nurvirtuell: 6-pfündigeFeldkanone„Arco Carl“.

Französisch-bayerischeLiaisonAusstellung über Napoleon und Bayern

Wagemutig oder Wahnsinnig? Marschall Michel Ney - Napoleons „Hassliebe“

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Numismatische Sammlerliteratur und Bücher zur Geschichte

Geschichte erleben, Werte erkennen und bewahren

Rainer OstermannKriegsende in derOberpfalz2. Auflage 2015, Format 17 x 24 cm,192 Seiten, Hardcover

ISBN 978-3-86646-315-8 Preis: 19.90 EUR

Rosenberg/Grabowski: Die deutschen Banknoten ab 187119. Auflage 2013, Format 14,8 x 21 cm,640 Seiten, Broschur

ISBN 978-3-86646-553-4 Preis: 24.90 EUR

Hans-Ludwig GrabowskiDas Geld des Terrors

1. Auflage 2008, Format 17 x 24 cm,456 Seiten, Hardcover

ISBN 978-3-86646-040-9 Preis: 19.90 EUR

Peter Schmoll:Die Messerschmitt-Werkeim Zweiten Weltkrieg3. Auflage, Format 17 x 24 cm,232 Seiten, Hardcover

ISBN 978-3-931904-38-8 Preis: 20.50 EUR

Kurt Jaeger:Die deutschen Münzen seit 187123. Auflage 2014, Format 11,5 x 18,5 cm,928 Seiten, Broschur

ISBN 978-3-86646-554-1 Preis: 24.90 EUR

Jörg u. Anke Nimmergut: Deutsche Orden undEhrenzeichen 1800–194520. Auflage 2014/2015, Format 12,5 x 19 cm,1000 Seiten, Broschur

ISBN 978-3-86646-110-9 Preis: 39.90 EUR

B A T T E N B E R G · G I E T L V E R L A G G M B HPOSTFACH 166 · 93122 REGENSTAUF · TEL. 0 94 02 /93 37-0 · FAX 93 37-24

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Zu „Das Boot“ in CLAUSEWITZ 2/2015:

So richtig entfaltet sich die Klasse diesesFilmes erst nach mehrmaligem Sehen,besonders in der ausführlicheren sechs-stündigen Fernsehfassung.

In der bedrückenden Enge des U-Boo-tes spiegelt eine eindringliche Dramatur-gie und Kameraführung auf den Gesich-tern der noch blutjungen U-Bootfahrerderen Ängste und Zweifel bis hin zu Ent-schlossenheit und Euphorie auf eine ein-drucksvolle Weise.

Besonders herausragend in diesemaufwendigen und spannenden Filmprojektist die Verkörperung des U-Boot-Kapitänsdurch Jürgen Prochnow, dem es einzigund allein darum ging, sich und seineMannschaft heil durch dieses Kriegsinfer-no zu bringen. Für die NS-Machthaberhatte er im Grunde nur Verachtung übrig.Auch dadurch hob sich „Das Boot“ vonden Kriegsfilmklischees der meist he-roischen Landserballaden früherer Jahredeutlich ab. Manfred Radina, per Brief

Zu „Die sowjetische MaschinenpistolePPSh-41“ in CLAUSEWITZ 3/2015:

In dem im Betreff genannten Artikel ist

ein Fehler bei der Ka-liberangabe.1956 war diese MPin der NVA meinepersönliche Waffe.Kaliber 7.62 *25 To-karew.

Einst (1946) wun-derte ich mich, dassdie sowjetischen Of-fiziere, die eine Mau-ser C96 trugen, immer Munitionsnach-schub hatten, bis ich feststellte, dass die7.62 *25 Tokarew ein Nachbau der Mau-ser 7.63*25 ist.

Interessant wäre für mich auch dieMunitionsbeschaffung für die Beutewaffein der Wehrmacht. Wird wahrscheinlichaus eroberten Depots stammen. Obwohldie Mauser 7.63 auch in Deutschlandproduziert wurde, ich denke aber in ge-ringen Stückzahlen.

Eine Umrüstung von Beutewaffen auf 9 mm Luger halte ich für unwahrschein-lich. Eine 9 mm Tokarew ist mir auchnicht untergekommen, aber eine mit Kali-ber .22! Die hatten wir zum Training. Rudolf Boehm, per E-Mail

Zuerst einmal meinenherzlichen Glückwunschfür Ihr immer sehr infor-matives und sehr gut ge-machtes Magazin. Ichfreue mich jedesmal aufden Erscheinungstermin;nach der Lektüre gebe iches an meinen Vater, der84 Jahre alt ist weiter,welcher es ebenso „ver-

schlingt“ wie ich. In der CLAUSEWITZ 3/Mai-Juni 2015

ist Ihnen ein Fehler unterlaufen, indemSie schreiben, dass man die PPSh41 mitder 9 mm Luger der Mauserpistole ver-sorgen konnte. Die PPSh hat das Kaliber7,62 x 25 mm Tokarew. Mit der Waffe, aufdie Sie sich hier beziehen, ist wohl dieMauser C96 im Kaliber 7,63 mm Mauser(7,63x25 mm) gemeint. Diese Patrone

war in ihren Abmessungen fast identisch,hatte aber einen höheren Gasdruck alsdie 7,62 mm Tokarew. Diese +200 barmehr bei der deutschen Patrone spieltenbei der grobschlächtigen Ausführung undden Toleranzen der PPSh allerdings kaumeine Rolle. Die C96 (Construktion 96) imKaliber 7,63 mm Mauser war nie offizielleWaffe der Wehrmacht; sie wurde im Ers-ten Weltkrieg ersatzweise an die Soldatenaufgrund von Kurzwaffenmangel ausge-geben. Allerdings wurde sie hier vorherauf das Kaliber 9 mm Luger geändert undmit einer roten 9 auf den Griffschalen ver-sehen, um eine Verwechselung der Muni-tion zu vermeiden. Es befand sich also zukeiner Zeit deutsche Munition im Kaliber7,62/7,63 mm auf den Schlachtfeldernaußer evtl. speziell für Beute-PPSh gefer-tigte Patronen. Theodor Hartwig, per E-Mail

Briefe an die Redaktion

Leserbriefe spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich vor,Leserbriefe aus Gründen der Darstellung eines möglichst umfassenden Meinungsspektrumssinnwahrend zu kürzen.

Schreiben Sie an:

[email protected] oder CLAUSEWITZ, Postfach 40 02 09, 80702 München

Das Magazin für MilitärgeschichteClausewitz

Der große Test für denjapanischen D-Day?

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Okinawa 1945

Mythos und Realität:Was wirklich geschah

Langemarck

Otto Carius (�)

So wurde er zum Tiger-Ass

Vor 200 Jahren

Preußisch-britischer Triumph über Napoleon

AfghanistanWarum alle Großmächte

im wilden Bergland scheiterten

Waterloo

WernervonFritschVater derWehrmacht,Opfer derNazis

KRIEGE, KRISEN & KONFLIKTE

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Titelgeschichte

Westfeldzug 1940

Albtraum für die

Alliierten10. Mai 1940: Die Welt hält den Atem an! Hitlers Armeen über-

schreiten auf breiter Front die Grenzen gen Westen. Der gegen

Frankreich gerichtete Großangriff entwickelt sich zu einem rasanten

„Blitzkrieg“ – mit fatalen Folgen für die Alliierten. Von Tammo Luther

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Clausewitz 4/2015

TRÜMMERWÜSTE: Deutsche Grenadiere rücken im Schutz eines Schüt-zenpanzerwagens vor und passieren eine von denschweren Kämpfen stark in Mitleidenschaft gezogenefranzösische Ortschaft. Die Angreifer drängen seit Be-ginn des Unternehmens „Fall Gelb“ unaufhaltsam genWesten. Foto: picture-alliance/akg-images

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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

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13Clausewitz 4/2015

Erfolgreiche Panzerwaffe

IM GEFECHT: Ein deutscher Panzer nimmt einZiel unter Beschuss. Die Panzerwaffe der Wehrmachthat entscheidenden Anteil am schnellen Vormarschder Angreifer, deren „Bewegungskrieg“ den Gegnerüberrascht. Foto: ullstein bild – Sobotta

Oberbefehlshaber Heeresgruppe B: Generaloberst Fedor von BockOberbefehlshaber Heeresgruppe A: Generaloberst Gerd von RundstedtOberbefehlshaber Heeresgruppe C: Generaloberst Ritter von Leeb

Italien tritt am 10. Juni 1940 an der Seite des Deutschen Reiches inden Krieg ein.

Truppenstärke (Mai 1940): 135 Divisionen (einschließlich 42 Reservedivisionen)Panzer: zirka 2.450 (Kampfpanzer)Artillerie: zirka 7.400Flugzeuge: zirka 3.600 tatsächlich vorhandene Kampfflugzeuge („Ist-Stärke“) an der Front und im Hinterland

Verluste: zirka 27.000 Gefallene, 18.000 Vermisste, 110.000 Verwundete

Deutsches ReichFAKTEN

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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

TRUGSCHLUSS: Frankreich fühlt sich hinter denstarken Mauern der Maginot-Linie sicher. Doch die deut-schen Angreifer umgehen das gewaltige Verteidigungs-bollwerk und setzen auf Bewegung. Das Festhalten derAlliierten an einer „statischen Kriegführung“ mündet inein militärisches Debakel. Foto: ullstein bild – Weltbild

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15Clausewitz 4/2015

Hinter Betonmauern

Oberbefehlshaber der Streitkräfte in Frankreich: General Maurice Game-lin (am 19. Mai 1940 entlassen); Nachfolger: General Maxime WeygandOberbefehlshaber der britischen Expeditionsarmee (British Expeditio-nary Force): General Lord GortOberbefehlshaber der niederländischen Streitkräfte: General Henri Gerard WinkelmanOberbefehlshaber der belgischen Armee: König Leopold III.

Truppenstärke: 151 DivisionenPanzer: zirka 4.200 (Kampfpanzer)Artillerie: zirka 14.000

Flugzeuge: zirka 4.500 tatsächlich vorhandene Kampfflugzeuge („Ist-Stärke“) an der Front und im Hinterland

Verluste (nur Frankreich und Großbritannien): Franzosen: zirka 120.000 Gefallene und Vermisste sowie240.000 Verwundete; Briten: zirka 70.000 Gefallene, Verwun-dete und Gefangene

Alliierte FAKTEN

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16

Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

IN AUFLÖSUNG: „Für sie ist der Krieg zuEnde“, lautet die Bildunterschrift des„Aktuellen Bilderdienstes, Leipzig“ zudiesem Foto von belgischen Soldaten ausdem Jahr 1940. Foto: picture-alliance/RMR

HINDERNIS: Ein leich-ter Panzer (PzKpfw II)überquert einen derzahlreichen Flüsse imWesten. Der Aufbau vonPontonbrücken ist dievielleicht wichtigsteAufgabe der Pionier-truppe. Foto: NARA

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günstigsten und schnellsten Zeitpunkt. Ver-letzung der Neutralität Belgiens und Hol-lands ist bedeutungslos.“

Mansteins „Sichelschnitt-Plan”Der Angriffstermin für die Großoffensiveunter der Tarnbezeichnung „Fall Gelb“ wur-de schließlich mehrfach auf die erste Mai-hälfte 1940 verschoben.

„Fall Gelb“ basiert auf einem von Gene-ralleutnant Erich von Manstein entworfenenOperationsplan. Er sieht einen Angriff der

Heeresgruppe (HGr.) B unter GeneraloberstFedor von Bock auf die neutralen StaatenBelgien und Niederlande und einen Vorstoßder HGr. A unter Generaloberst Gerd vonRundstedt durch die Ardennen auf die fran-zösische Kanalküste vor. Die weiter südlichgegenüber der stark befestigten Maginot-Li-nie stehenden HGr. C soll vor allem Feind-kräfte binden. Ziel der Operation ist es, dienördlich der Somme stehenden britischen

und französischen Truppen vom übrigenFrankreich abzuschneiden („Sichelschnitt-Plan“).

Die strategische Zielsetzung der Offensi-ve definiert ein Befehl des Oberkommandosdes Heeres (OKH) mit folgendem Wortlaut:

„Der Angriff ,Gelb’ bezweckt, durch ra-sche Besetzung Hollands das niederländi-sche Hoheitsgebiet dem Zugriff Englandszu entziehen, durch Angriff über belgischesund luxemburgisches Gebiet möglichst star-ke Teile des französisch-englischen Heeres

zu schlagen und damit die Vernichtung dermilitärischen Machtmittel des Feindes an-zubahnen.“

Wuchtiger AngriffDie belgischen und niederländischen Streit-kräfte sind von der Wucht des am 10. Mai1940 einsetzenden Großangriffs überraschtund geraten sofort unter Druck. Bereits amersten Angriffstag werden Maastricht und

17Clausewitz 4/2015

Rund zwei Jahrzehnte nach Beendigungder blutigen Kämpfe von 1914–1918wird Europa erneut von einem hefti-

gen militärischen Erdbeben erschüttert. Nachdem „Blitzsieg“ gegen Polen im Herbst 1939und dem Beginn des Unternehmens „Weser-übung“ – der deutschen Besetzung Däne-marks und Norwegens – erteilt Hitler im Mai1940 den Befehl zum Angriff im Westen.

Das Oberkommando der Wehrmacht(OKW) vermeldet am 10. Mai 1940 denGrenzübertritt im Westen „auf breitesterFront.“ Der „Führer und Oberste Befehlsha-ber der Wehrmacht“ selbst habe sich an dieFront begeben, „um die gesamten Operatio-nen der Wehrmacht zu leiten“.

Ursprünglich wollte der deutsche Dikta-tor bereits Ende 1939 eine Großoffensive imWesten starten. Ziel der geplanten Operationwar es, nach Polen auch Frankreichs Streit-macht in einem Feldzug niederzuwerfen unddie Regierung Großbritanniens zu einem Frie-densschluss mit Deutschland zu bewegen. Ineiner Geheimrede vor den militärischenOberbefehlshabern Ende November 1939 be-gründete Hitler seinen Angriff auf Deutsch-lands westliche Nachbarstaaten wie folgt:

„Wir können Russland nur entgegentre-ten, wenn wir im Westen frei sind. (...) MeinEntschluss ist unabänderlich. Ich werdeFrankreich und England angreifen zum

Vorstoß der Wehrmacht bis zur Kanalküste, Mai 1940KARTE

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

Hitlers „unabänderlicher Entschluss“

„Der Erfolg liegt in der Schnelligkeit. Es kommt darauf an, ohne Rücksicht auf Rechts und Links

schnell in die Tiefe durchzustoßen...“Aus dem Angriffsbefehl der Panzergruppe Kleist vom 21. März 1940

AUF ANGRIFF GEDRILLT: Die Ent-schlossenheit, mit derdie Wehrmacht vor-geht, überrascht dendefensiv eingestellten Gegner. Foto: picture-alliance/MaryEvans Picture Library

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Gegner frühzeitig massiv in Be-drängnis zu bringen. Besondersverheerend wirkt sich für die Al-liierten der deutsche Erfolg inder Schlacht von Sedan aus. Am12. Mai erreichten die Spitzendes XIX. Armeekorps die mitBunkerlinien befestigte Stadt ander Maas. Der Fluss stellt eingroßes Wasserhindernis dar, das

es für die deutschen Angriffsverbände zuüberwinden gilt. Dies gelingt schließlich be-reits am 13. Mai nach massiven Luftschlägenund dem gezielten Einsatz von Stoßtrupps.Sie sollen in die gegnerische Verteidigungeindringen und einen Brückenkopf am ge-genüberliegenden Maasufer errichten.

Die dortigen Bunkeranlagen sind zumTeil noch nicht fertig gestellt und werdenvon deutschen Pionieren vielfach im Nah-kampf mit Handgranaten und Flammenwer-fern ausgeschaltet. Nach heftigen Gefechtensetzen Einheiten der Wehrmacht schließlichüber den Fluss und können sich auf der an-deren Seite des Maasufers behaupten. Beson-

Malmedy von deutschen Verbänden genom-men. Die Luftwaffe fliegt zudem seit dem 11.Mai massive Angriffe gegen Flugplätze desGegners. Dieser geht davon aus,dass der deutsche Hauptstoß –wie bereits im Jahr 1914 – ausdem Norden kommt. Die Alli-ierten und ihr OberbefehlshaberGeneral Maurice Gamelin rech-nen mit einer Art Wiederholungdes „Schlieffen-Plans“ und lie-gen mit dieser Einschätzungvöllig falsch.

Stoß durch die ArdennenDenn das Hauptaugenmerk derDeutschen liegt auf dem ausSicht des Gegners unwahr-scheinlichen Durchbruch durchdie waldreichen Ardennen,durch die ihre Panzerkräfte tagelang nahezuunbemerkt von der alliierten Aufklärungvorstoßen können.

Auf diese Weise erringt die Wehrmachtnach den handstreichartigen „Coups“ in denBenelux-Staaten auch in Frankreich rasch Er-folge. Den Panzerverbänden der HGr. A ge-lingt es, durch ihren überraschenden Vorstoßnördlich der Maginot-Linie durch Luxem-burg und die unwegsamen Ardennen den

18

Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

„Soldaten der Westfront! Die Stunde desentscheidenden Kampfes für die Zukunftder deutschen Nation ist gekommen. Seit300 Jahren war es das Ziel der englischenund französischen Machthaber, jede wirkli-che Konsolidierung Europas zu verhindern,vor allem aber Deutschlands Schwäche und

Ohnmacht zu erhalten. (...). Da ist die Stun-de nun für Euch gekommen. Der heute be-ginnende Kampf entscheidet das Schicksalder deutschen Nation für die nächsten1.000 Jahre. Tut jetzt Eure Pflicht. Das deut-sche Volk ist mit seinen Segenswünschenbei Euch.“ (Auszug)

Tagesbefehl Hitlers vom 10. Mai 1940DOKUMENT

Überfordert

Ohne Fortune

General MauriceGamelin, französi-

scher Oberbefehls-haber, schätzt dieLage im Mai 1940

falsch ein und lässtseine Truppen – wievon den Deutschen

erwartet – nachNorden vorrücken.

Foto: picture-alliance/MaryEvans Picture Library

Lord John Gort,Oberbefehlshaberdes britischen Ex-peditionskorps,muss sich ebenfallszurückziehen, kannsich immerhin miteinem Großteil sei-ner Soldaten überden Kanal nachEngland retten.

Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

COUP GELANDET: Deutsche Fallschirmjägerhaben das stark befestigte Fort Eben Emaelbei Lüttich in einer handstreichartigen Akti-on erobert. Foto: BArch, Bild 146-1971-011-27/Büttner

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ders bitter für die Verteidiger: Am 14. Mairollt eine Vielzahl deutscher Panzer über diebei Gaulier errichtete Pontonbrücke. Stun-denlang versuchen alliierte Flugzeuge ver-geblich, den Behelfsübergang zu zerstörenund das Übersetzen der motori-sierten Kräfte des Gegners zuunterbinden.

Dessen Heeresgruppen-Ver-bände überqueren mit dem XIX.Armeekorps (1., 2. und 10.Pz.Div.) unter General der Pan-zertruppe Heinz Guderianschließlich die Maas, um im An-schluss tief nach Nordwesten inRichtung Ärmelkanalküste undsomit in den Rücken der gemäßdem alliierten „Dyle-Plan“ nachBelgien vorgerückten britisch-französischen Truppen vorzu-stoßen.

Der erfolgreiche Ausgangder Schlacht von Sedan Mitte Mai 1940 bildeteinen bedeutenden, wenn nicht gar denwichtigsten Baustein des deutschen Planszur Einkreisung und Abschnürung der alli-ierten Armeen in Belgien und im NordostenFrankreichs. Von nun an können die motori-sierten Verbände ihre Wirkung erst richtigentfalten und den Gegner mittels eines fürunmöglich gehaltenen Bewegungskriegesnoch stärker unter Druck setzen. Jetzt treibendie Deutschen mit ihren gebündelten Pan-zerkräften die Einschnürung der – wie vonManstein erwartet – nordwärts nach Belgienvorgerückten alliierten Verbände voran.

Unterdessen kann die nördlich operie-rende HGr. B mit der Einnahme wichtigerstrategischer Punkte entlang des Albert-Ka-nals (Fort Eben Emael) und der Maas sowiemit dem Durchbruch durch die „Dyle-Stel-

lung“ bedeutende Etappensiege erzielen.Am 15. Mai 1940 verkündet das OKW tri-umphierend: „Die Festung Holland hat ka-pituliert“. Auch Belgien ist der enormenWucht der deutschen Angriffsoperationenmilitärisch nicht gewachsen. Trotz örtlich er-bitterten Widerstandes stehen die belgi-schen Truppen unter dem Oberbefehl vonKönig Leopold III. schnell am Rand einerNiederlage. Bereits am 18. Mai 1940 wehtdie Reichskriegsflagge mit dem Hakenkreuzüber Antwerpen.

Enorme GeländegewinneNicht nur die Alliierten, sondern auch diedeutschen Militärs sind von der Durch-schlagskraft und Schnelligkeit des Angriffsder Wehrmacht überrascht. Während im Ers-ten Weltkrieg an der Somme in einem mona-telangen und verlustreichen Stellungskrieg

um jeden Meter Boden gerun-gen wurde, erreichen die Spit-zen der 2. Panzerdivision desXIX. Armeekorps (A.K.) unterGeneral Guderian bereits am 20.Mai 1940 die Atlantikküste beiNoyelles unweit Abbéville – nurzehn Tage nach Beginn desWestfeldzuges.

Entscheidenden Anteil anden enormen Geländegewinnenund dem zügigen Erreichen der

19Clausewitz 4/2015

„Wunder von Sedan“

ANGRIFF AUS DER LUFT: Sturzkampfbomber der Luft-waffe werden mit Bomben beladen. Das erfolgreiche Zu-sammenwirken von Luftwaffe und Bodentruppen im Zugeder Angriffsoperationen ist ein entscheidender Grund fürden „Blitzsieg“ von 1940. Foto: picture-alliance/akg-images

GeneralMaxime Weygandübernimmt in der zweiten Maihälfte1940 an Stelle desglücklosen Gamelinden Oberbefehl überdie Streitkräfte.Auch er kann dieschwere Niederlagegegen die Deut-schen nicht verhin-dern. Foto: picture-allian-ce/akg-images

Ewald von Kleist(1881–1954) – dienach ihm benannte

Panzergruppe bildetmit ihren Panzerdivi-sionen die Spitze der

deutschen Angriffs-armee im Westen.

Foto: picture-alliance/United Archives/TopFoto

Nachfolger

Erfolgreich

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Sommemündung trägt die PanzergruppeKleist. In diesem schlagkräftigen Großver-band sind neben fünf Panzerdivisionen auchdrei motorisierte Infanteriedivisionen zu-sammengefasst. Erstmals wird die Panzer-waffe damit operativ selbstständig einge-

setzt – damals ein Novum in der Kriegsge-schichte. Die Alliierten müssen sich hinge-gen mit Teilerfolgen zufrieden geben: So verhindern sie mit einem Gegenangriff beiArras immerhin, dass die wichtigen Kanal-häfen Calais und Dünkirchen vorzeitig von

der Wehrmacht erobert werden. Dennochverschlechtert sich die Gesamtlage der Ver-bündeten zusehends – auch unter dem neu-en Oberbefehlshaber General Maxime Wey-gand, der am 20. Mai auf den überfordertenMaurice Gamelin folgt.

20

Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

Die Vorstöße der Wehrmacht („Fall Rot”) im Juni 1940KARTE

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

GEFANGEN GENOM-MEN: FranzösischeSoldaten werden voneinem Soldaten derWehrmacht durch-sucht. In FrankreichsStreitkräften dientenviele Afrikaner. Foto:picture-alliance/akg-images

AUS DER NÄHE BETRACHTET:Ein deutscher Soldat untersuchteinen während der Kämpfe umBoulogne ausgeschalteten Pan-hard-Spähpanzer.

Foto: picture-alliance/picture-alliance

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ZEITGENÖSSISCH:Signiertes Porträt despopulären GeneralsHeinz Guderian (1888–1954) mit dem von ihmgewählten Leitspruch:„Wo die Panzer sind, istimmer vorn“. Er gilt alseiner der „Väter derdeutschen Panzerwaffe“.Foto: picture-alliance/akg-images

fehl, den Vormarsch auf Dünkirchen anzu-halten. Hitlers bis heute in der Geschichts-wissenschaft kontrovers diskutierter „Halt-Befehl“ gibt Briten und Franzosen wertvolleZeit, um einen wirksamen Verteidigungs-ring um Dünkirchen zu errichten. Sie kön-nen groß angelegte Maßnahmen zur Ein-schiffung ihrer Truppen ergreifen. Insgesamtwerden im Rahmen der Operation „Dyna-mo“ bis zur Einnahme der Stadt durch deut-sche Truppen am 4. Juni 1940 etwa 340.000Mann, darunter rund ein Drittel Franzosen,über den Kanal nach England gebracht.

Schlacht um FrankreichZu diesem Zeitpunkt haben auch die belgi-schen Streitkräfte ihren längst aussichtslosgewordenen Kampf eingestellt und kapitu-liert. König Leopold III. wird nahe Brüsselunter Arrest gestellt, sieht sich selbst alsKriegsgefangenen. Mit der Besetzung derNiederlande und Belgiens ist die erste Phasedes Westfeldzuges abgeschlossen. Diesertritt Anfang Juni in seine zweite Phase. Nunbeginnt der Kampf um das Zentrum Frank-reichs, denn bisher befindet sich nur ein klei-ner Teil im Nordosten des Landes in deut-

Denn die britische Expedi-tionsarmee unter Lord Gortsowie starke französischeKräfte befinden sich entlangder Kanalküste bei Dünkir-chen mit dem Rücken zumMeer. Für sie besteht die gro-ße Gefahr, dem massivenDruck der HGr. B im Nordenund der HGr. A im Südennicht standhalten zu können.Damit drohen Hunderttau-sende alliierte Soldaten aus-geschaltet oder gefangenge-nommen zu werden.

Am 22. Mai starten diePanzer Guderians den An-griff in Richtung Calais. Sie sind bereits zweiTage später weniger als 20 Kilometer vonDünkirchen entfernt – getreu dem Leit-spruch: „Wo die Panzer sind, ist immervorn.“

Stopp vor DünkirchenDoch Guderian wird ausgebremst: Ein Be-fehl von höchster Stelle sorgt dafür, dass diestark angeschlagenen Franzosen und Eng-länder Zeit zum Durchatmen erhalten. Dennam 24. Mai 1940 trifft Hitler eine folgenreicheEntscheidung: Zu diesem Zeitpunkt hat dieWehrmacht die Hafenstädte Boulogne undCalais eingenommen und steht dicht vorDünkirchen.

Guderian fordert daher, sofort mit denPanzerverbänden weiter vorzustoßen, umdurch die Einnahme auch dieser Hafenstadtdie Einkesselung des Gegners zu vollenden.Das OKH unter Generaloberst Walther vonBrauchitsch und seinem Stabschef Generalder Artillerie Franz Halder spricht sich eben-falls für eine Fortsetzung des Vorstoßes aufDünkirchen aus.

Der „Führer“ entscheidet jedoch anders:Er gibt schließlich am 24. Mai 1940 den Be-

21Clausewitz 4/2015

Hitlers „Halt-Befehl“

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„Soldaten des XIX. Armeekorps!Siebzehn Kampftage in Belgien und Frank-reich liegen hinter uns. Ein Weg von rund600 km trennt uns von der Grenze des Rei-ches.

Die Kanalküste und der Atlantische Oze-an sind erreicht. Ihr habt auf diesem Wege die belgischen Befestigungen durch-stoßen, den Maas-Übergang und den Durch-bruch durch die Maginot-Linie auf dem denk-würdigen Schlachtfeld von Sedan erzwun-gen, das wichtige Höhenmassiv von Stonnegenommen und alsdann in schnellem Zufas-sen über St. Quentin und Péronne die unte-re Somme bei Amiens und Abbéville er-

kämpft. Durch die Eroberung der Kanalküs-te mit den Seefestungen Boulogne und Ca-lais habt Ihr Euren Taten die Krone aufge-setzt.

Ich hatte Euch aufgefordert, 48 Stundennicht zu schlafen. Ihr habt 17 Tage durchge-halten. Ich hatte Euch gezwungen, Flanken-

und Rückenbedrohungen auf Euch zu neh-men. Ihr habt nie geschwankt.

In vorbildlichem Selbstvertrauen und imGlauben an die Erfüllbarkeit Eures Auftragesseid Ihr jedem Befehl mit Hingabe nachge-kommen. Deutschland ist stolz auf seinePanzer-Divisionen, und ich bin glücklich,Euch zu führen (...).“ (Auszug)

Korpsbefehl von Gen. Guderian, 26.Mai1940DOKUMENT

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scher Hand. Mansteins „Sichelschnitt-Plan“sieht neben dem ersten großen Schwenk inRichtung Nordwesten zur Kanalküste eineArt zweiten „Sichelschnitt“ vom Raum Se-dan ausgehend bis zur Grenze der Schweizvor („Fall Rot“). Ziel war es, die dort stehen-den französischen Kräfte „im Rücken derMaginot-Linie zu einer Schlacht mit umge-kehrten Fronten“ (E. Manstein: VerloreneSiege, S. 124) zu zwingen. Während die Alli-ierten durch die Evakuierungsaktion nachEngland zwischenzeitlich personell stark ge-schwächt sind, können die Deutschen nun

auf eine Übermacht an Mensch und Materi-al setzen. Die Franzosen stehen nach dem fürdie alliierte Seite katastrophalen Kriegsver-lauf mit dem Rücken zur Wand. Um denweiteren feindlichen Vormarsch aufzuhal-ten, lässt der alliierte Befehlshaber General

Maxime Weygand entlang der Flüsse Som-me und Aisne eine improvisierte Abwehr-front („Weygand-Linie“) errichten. Andersals bei der stark befestigten Maginot-Liniehandelt es sich um eine eher schwache Ver-teidigungslinie, deren Ausbau mit feldmäßi-gen Mitteln zwei bis drei Wochen zuvor be-gonnen wurde. Sie beginnt an der Kanalküs-te, folgt dem Lauf der Somme und der Aisneund stößt bei Montmédy auf die Maginot-Li-nie. Seit dem 5. Juni 1940 rückt die HGr. Bunter Generaloberst Fedor von Bock mit ih-

ren Panzerverbänden innerhalb weniger Ta-ge bis zur unteren Seine bei Rouen vor. DerVormarsch gestaltet sich jedoch schwierigerals erwartet, da der keineswegs demorali-sierte Gegner vielerorts zähen Widerstandleistet. Aufhalten können die Alliierten dieAngreifer jedoch nicht.

Auch die Verbände der HGr. A unter Ge-neraloberst Gerd von Rundstedt sind nichtzu stoppen. Sie treten am 9. Juni 1940 zum erneuten Angriff an und erreichen nach der Überquerung der Aisne schließlich dieMarne-Linie.

Einzug in ParisAm 14. Juni marschieren Einheiten der 18.Armee unter Generaloberst Georg vonKüchler in die von der französischen Regie-rung zur „offenen Stadt“ erklärte Haupt-stadt an der Seine ein. Mit dem „Fall“ vonParis ist zwar kein bedeutender militärischerSieg errungen, aber er stellt einen immenswichtigen Prestigeerfolg für die deutscheSeite dar.

Der erfolgreiche Durchbruch der Wehr-macht macht es den Alliierten schließlich un-möglich, im nördlichen Frankreich eine neuegeschlossene Abwehrlinie aufzubauen. Vonder NS-Propaganda wird er frühzeitig als„Stoß ins Herz des Feindes“ gefeiert.

Hinzu kommt, dass die Gegenwehr derdurch mangelnden Nachschub zusätzlichgeschwächten Franzosen nun zusehends anIntensität verliert.

Nun ist nicht mehr zu übersehen, dassder im Ersten Weltkrieg von den Deutschennicht bezwungene Gegner einer vernichten-den Niederlage entgegentaumelt. Hitlerspricht bereits in der ersten Junihälfte vom„berühmtesten Sieg in der Geschichte“.

Und tatsächlich häufen sich die Hiobsbot-schaften für die alliierte, insbesondere die

französische Seite. Mitte Juni bricht die fran-zösische Front zwischen Ärmelkanal undder Maginot-Linie bei Montmédy südöstlichvon Sedan förmlich in sich zusammen.

Mit dem Wegbrechen dieses Eckpfeilersdes französischen Verteidigungsbollwerkesim Osten des Landes setzt ein Frontalangriffvon Verbänden der HGr. C auf die in derZwischenkriegszeit mit erheblichem Auf-wand errichtete Befestigungslinie ein. Der 1. Armee gelingt im Raum Saarbrückenschließlich der Durchbruch durch die Magi-

22

Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

LiteraturtippsFrieser, Karl-Heinz: Blitzkrieg-Legende. DerWestfeldzug 1940, (=Operationen des ZweitenWeltkrieges, Bd. 2, hrsg. v. MilitärgeschichtlichenForschungsamt), 4. Aufl., München 2012.

Umbreit, Hans: Der Kampf um die Vormacht-stellung in Westeuropa. In: Das Deutsche Reichund der Zweite Weltkrieg Bd. 2, hrsg. v. Militärge-schichtlichen Forschungsamt, Stuttgart 1979, S. 235–327.

„Wir sind geschlagen ... Der Weg nach Paris ist frei.“Der französische Ministerpräsident Paul Reynaud

am 15. Mai 1940 zum britischen Premierminister Winston Churchill

ZEICHEN DES SIEGES: DeutscheSoldaten passieren den Pariser Arcde Triomphe nach dem Ende desWestfeldzuges während einer Paradeim Sommer 1940. Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

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not-Linie, ebenso Einheiten der 7. Armeeweiter südlich am Oberrhein bei Breisach.

Unterdessen ist Italien am 11. Juni an derSeite Deutschlands in den Krieg eingetreten.Mussolini verspricht sich von dieser Ent-scheidung einen Anteil am „Kuchen“ nachder zu erwartenden militärischen Nieder-werfung Frankreichs. Allerdings können dieitalienischen Angriffe auf die Befestigungenim Alpenraum von den dort zahlenmäßigunterlegenen französischen Truppen abge-wehrt werden. Auch an vielen Abschnittender Maginot-Linie leisten die Franzosentrotz der mittlerweile aussichtslosen Ge-samtsituation erbitterten Widerstand. Diesepunktuellen Erfolge sind angesichts des un-aufhaltsamen Vordringens des Gegners indie Weiten des französischen Kernlandes al-lerdings nicht viel wert. Zuführungen vonVerstärkungen auf dem Seewege sind eben-falls wenig vielversprechend und, wie etwaam 12. Juni bei Cherbourg, häufig zumScheitern verurteilt.

Am 17. Juni 1940 erreichen Guderians Pan-zertruppen schließlich die Schweizer Grenze,Mansteins Plan des zweiten „Sichelschnitts“geht auf. Ungläubig nimmt Hitler Guderiansentsprechende Meldung entgegen. Der Dikta-tor glaubt sogar an einen Irrtum, doch der

„Schnelle Heinz“ versichert ihm: „Bin selbstin Pontarlier an der Schweizer Grenze.“ Dasfranzösische Fiasko ist perfekt. Ein Großteildes französischen Heeres ist kurz darauf ein-geschlossen: Hunderttausende von Soldatender 3., 5. und 8. Armee sitzen im „Kessel vonLothringen“ quasi in der Falle.

Zu diesem Zeitpunkt ist der Feldzug imWesten endgültig entschieden. Das weißauch der greise französische Ministerpräsi-dent Henri Philippe Pétain. Er folgte auf denglücklosen Reynaud und ersucht als eine sei-ner ersten Amtshandlungen um einen Waf-fenstillstand.

Unerwarteter „Blitzsieg”Am 21. Juni 1940 empfängt Hitler mit seinenBegleitern aus Militär und Politik die franzö-sische Delegation unter General CharlesHuntziger im Wald von Compiègne. Im his-torischen Eisenbahnschlafwagen, in demMarschall Ferdinand Foch und General Ma-xime Weygand im November 1918 die Deut-schen empfingen, findet einen Tag später mitder Unterzeichnung des Waffenstillstand-vertrags der letzte Akt des Feldzuges statt.Der am 25. Juni 1940 in Kraft getretenen Waf-fenruhe folgt die Teilbesetzung Frankreichs,insbesondere im Norden und Westen. Nacheineinhalb Monaten Kampf schweigen da-mit die Waffen in der „Schlacht um Frank-reich“. Diese verlief ganz anders, als vondeutscher Seite ursprünglich geplant. Es ent-wickelte sich ein Bewegungskrieg mit einerbesonderen Eigendynamik:

Vor allem der schnelle Durchbruch derdeutschen Panzertruppen bei Sedan MitteMai und das Gelingen des ersten und zwei-ten „Sichelschnitts“ schufen die Vorausset-zungen für den unerwarteten „Blitzsieg“ derWehrmacht.

23Clausewitz 4/2015

Franzosen in der Falle

Dr. Tammo Luther, Jg. 1972, verantwortlicher Redak-teur von CLAUSEWITZ und freier Autor und Lektor inSchwerin mit Schwerpunkt „Deutsche Militärgeschich-te des 19. und 20. Jahrhunderts“.

TÖDLICHE FLAMMEN: Eine deutsche Einheit geht unter anderem mit Flammenwerfern gegen einen Bunker der Maginot-Linie vor. Das in der Zwischenkriegszeit mit enormem Aufwand errichtete Befestigungsbollwerk spielt während der Kämpfe von 1940 eine untergeordnete Rolle. Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

AN HISTORISCHER STÄTTE: Hitler und hoch-rangige Repräsentanten von Wehrmacht,Partei und SS, darunter Göring (re.), Keitel(hi.) und Himmler (li.), am 22. Juni 1940 imWald von Compiègne, wo an diesem Tag derWaffenstillstand unterzeichnet wird.

Foto: picture-alliance/akg-images

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stark ausgebaute Maginot-Linie an der Gren-ze zu Deutschland im Osten Frankreichs. DieFranzosen unter ihrem damaligen Oberbe-fehlshaber General Maurice Gamelin sahenin der gewaltigen Befestigungslinie ein un-überwindliches Bollwerk, an dem sich dieDeutschen die Zähne ausbeißen würden.Auch rechnete die militärische und politi-sche Führung der Alliierten mit einer ArtWiederholung des „Schlieffen-Plans“ unddaher mit einem deutschen Hauptstoß durchBelgien in Richtung Paris. Und als im Januar1940 ein nach Belgien verirrtes deutsches

Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

Die Kriegsgegner zwischen Erfolg und Misserfolg

Sieger und Besiegte Mai 1940: Der schnelle

Vorstoß der Deutschen über

die Schlachtfelder des

Krieges von 1914–1918

überrascht alle Beteiligten.

Während die Wehrmacht

von Erfolg zu Erfolg eilt,

geraten die alliierten Trup-

pen massiv unter Druck.

Von Tammo LutherIN GEFANGENSCHAFT: Ein Soldat der Wehr-macht durchsucht die Taschen von sichtlichfassungslosen französischen Gefangenen.Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

Dass die zahlenmäßig überlegenen Alli-ierten von der Wucht des deutschenAngriffs förmlich überrollt werden,

passt nicht zur bis dahin vorherrschendenSiegeszuversicht der französischen Militärs.Sie rechneten noch am Vorabend des Zwei-ten Weltkriegs im Falle eines erneuten Krie-ges mit dem Deutschen Reich fest mit einemalliierten Erfolg. General Maxime Weyganderklärte im Sommer 1939 selbstbewusst:

„Die französische Armee ist stärker als jemals in ihrer Geschichte; sie besitzt eineAusrüstung bester Beschaffenheit, Befesti-gungen ersten Ranges, eine ausgezeichneteMoral und ein hervorragendes Oberkom-mando. Keiner von uns wünscht Krieg, aberwenn man uns zwingt, einen neuen Sieg zuerringen, werden wir ihn erringen.“ DieseZuversicht gründete sich vor allem auf die

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Flugzeug bei Maasmechelen notlandet undTeile der damals aktuellen Aufmarschplänefür den Angriff im Westen in alliierte Händefallen, sehen sich die Militärs und Politiker inihrer Annahme bestätigt. Doch würden dieDeutschen nach dem Verlust dieser Pläne be-ziehungsweise ihrem Bekanntwerden nichtmit einer Abänderung reagieren? Auf dieseIdee scheinen die führenden Köpfe in Parisund London nicht gekommen zu sein. Siemachen sich jedenfalls keine ernsthaften Ge-danken darüber, welche Maßnahmen derGegner nach dem Verlust der Geheimdoku-mente ergreifen würde und gehen weiterhinvon einer „Neuauflage“ der alten deutschenAngriffspläne aus.

Fehleinschätzung mit FolgenDiese fatale Fehleinschätzung ist ein bedeu-tender Grund für den „Blitzsieg“ der Wehr-macht: Deren Soldaten können an vielenFrontabschnitten enorme Geländegewinnein zum Teil atemberaubender Geschwindig-keit erzielen. Vor allem die motorisierten

Einheiten und die Panzerkräfte stoßenschnell ins Landesinnere Frankreichs vorund schaffen die Grundlage für den Erfolgüber die militärische Großmacht Frankreich.

Der Panzerdurchbruch bei Sedan MitteMai 1940 veranlasst Hitler zu dem Aus-spruch: „Es ist ein Wunder, ein ausgespro-chenes Wunder!“

Wunder vollbringen die Soldaten vonWehrmacht und Waffen-SS während desWestfeldzuges nicht gerade. Aber sie könnenden Gegner mit ihrem Angriffsschwungüberraschen und dass, obwohl die deutschen

Verbände in ihrerGesamtheit längstkeine „Blitzkrieg-Armee“ darstellenund der franzö-sisch-britischenStreitmacht zah-lenmäßig sogarunterlegen sind.Lediglich die aufdeutscher Seite

eingesetzten zehn Panzerdivisionen undsechs motorisierten Infanteriedivisionen kön-nen als ausgesprochene „Elitedivisionen“ be-zeichnet werden. Der weitaus größte Teil derdeutschen Divisionen war aufgrund man-gelnder Motorisierung für schnelle Angriffs-operationen weniger geeignet.

Überraschende ErfolgeDennoch: Die Einnahme des stark befestig-ten Sperrforts Eben Emael bei Lüttich durchwenige Fallschirmjäger, die teilweise ohneFlankenschutz vorgetragenen Panzervorstö-

25Clausewitz 4/2015

DOKUMENT

Tagesbefehl von Generaloberst Franz Halder vom 20. Juni 1940 „Frankreichs Wehrmacht ist zerschlagen. InVorbereitung und Durchführung der Operatio-nen, mit denen dieses Ziel in knappen sechsWochen erreicht wurde, hat der Generalstabdes Heeres die ihm gestellte Aufgabe erfüllt.

Ich danke allen Angehörigen des General-stabs für ihre Pflichterfüllung. Treu unsererÜberlieferung haben wir der Truppe, der un-sere Arbeit und unser Herz gehört, den Wegzum Siege bereitet.“

AUFGEGEBEN: Zwei Panzer vom Typ Hotch-kiss H-39 am Wegesrand. Viele Soldaten derfranzösischen Armee sind nach den ersten Niederlagen demoralisiert. Foto: Sammlung Anderson

IN DER REICHSKANZLEI: Hitler imKreise von Generälen der Wehr-macht, die er nach dem Sieg imWesten im Juli 1940 zu General-

feldmarschällen befördert hat, da-runter auch die Heeresgruppen-

chefs Gerd von Rundstedt, Fedorvon Bock und Ritter von Leeb.Foto: picture-alliance/ASSOCIATED PRESS

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ße und das erfolgreiche Zusammenwirkenvon Luftwaffe und Bodentruppen lehrenden vielfach mit der Situation überfordertenGegner das Fürchten.

Dieser muss schnell erkennen, dass derStellungskrieg der Vergangenheit angehörtund sich in Frankreich stattdessen ein opera-tiver Bewegungskrieg entwickelt.

Überrumpelte FranzosenEin Unteroffizier einer deutschen Pionierein-heit schildert seine Eindrücke und Gedan-ken angesichts der nicht selten vollkommenüberrumpelten Verteidiger:

„Rings um uns, an der Straße,auf dem Hügel und überall lagverlassenes Kriegsmaterial he-rum in unübersehbaren Mengen.Einige herrenlose Franzosenpfer-de weideten dazwischen. An unsvorbei aber quoll immer nochder Strom der Gefangenen, fastdie ganze Straße füllend, und abund zu hüben und drüben eindeutscher Soldat im Stahlhelm,das Seitengewehr aufgepflanzt.Endlos! – Endlos! Das Heer derBesiegten!“

Tatsächlich wirkt sich das inalten Mustern verhaftete Den-ken der fran-

zösischen Spitzenmilitärs verheerend auf dieSituation der Alliierten aus. „Wir sind mit ei-ner Armee von 1918 gegen eine deutsche Ar-

mee von 1939 in den Krieg gezogen. Das istreiner Wahnsinn“, äußert der damals neu er-

nannte französische Oberbefehls-haber General Maxime Weygandgegenüber Ministerpräsident PaulReynaud am 25. Mai 1940. Danützt es den Verbündeten auch we-nig, dass die Streitkräfte Frank-

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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

reichs, Großbritanniens, Bel-giens und der Niederlande

zum Zeitpunkt des deutschenAngriffs denen der Wehrmachtnicht nur im Hinblick auf dieZahl der Divisionen, sondernauch in Bezug auf die Anzahl derPanzer und der Artillerie überle-gen sind.

Alliierte KatastropheDer alliierte Misserfolg kommt in

dieser Deutlichkeit für die Zeitgenossenüberraschend: Der französische HistorikerMarc Bloch (1886–1944) überschreibt seineunter dem Eindruck des deutschen Siegesvom Juni 1940 verfasste Studie mit dem Titel„Die seltsame Niederlage“ (frz.: L’étrangeDéfaite). Fest steht: Die militärische Kata-strophe der Alliierten in Frankreich ist in ho-hem Maße auf Fehleinschätzungen undFehlentscheidungen ihrer militärischen undpolitischen Entscheidungsträger zurückzu-

führen. Bloch bezichtigt diese gar der Unfä-higkeit, „den Krieg zu denken“. Am Endedes Feldzuges stehen die Deutschen schließ-lich – anders als 1918 – nur wenige Wochennach Beginn der Großoffensive als Siegerund die von den Briten unterstützten Fran-zosen als Besiegte da.

Der „Führer“, der mit dem überraschendschnellen Triumph über Frankreich die„Schmach von Versailles“ endlich als getilgtansieht, „bedankt“ sich am 19. Juli 1940 beiseinen führenden Generälen mit ihrer Beför-derung zu Generalfeldmarschällen. Derweilkündigt Premierminister Winston Churchilldie Fortführung des Kampfes gegen das„Dritte Reich“ an und prophezeit den alliier-ten Gegnern Hitlers in ihrer Stunde der Nie-derlage, dass „ihre größte Stunde“ nochkommen wird.

„Wir sind mit einer Armee von 1918 gegen eine deutsche Armee von 1939 in den Krieg gezogen.

Das ist reiner Wahnsinn.“ General Weygand gegenüber Ministerpräsident Reynaud am 25. Mai 1940

MIT SYMBOLKRAFT:Ein deutscher Soldat präsen-tiert eine erbeutete Regi-mentsfahne, Juni 1940.

Foto: ullstein bild – ullstein bild

MONUMENT: FranzösischesDenkmal im Wald von Compièg-ne, das an den Ersten Welt-krieg und die Unterzeichnungdes Waffenstillstandes Frank-reichs und Großbritanniens mitDeutschland am 11. November1918 erinnert.

Foto: picture-alliance/maxppp

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27Clausewitz 6/2015

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Der Zweite Weltkrieg wird oft auch als„Krieg der Panzer“ bezeichnet. DieseEinschätzung wird durch die anfangs

großen militärischen Erfolge der deutschenPanzerwaffe begründet.

Doch anders als das Deutsche Reich ha-ben insbesondere Großbritannien undFrankreich bereits während des Ersten Welt-kriegs eine beachtliche Panzerwaffe aufge-baut. Mehr als 6.000 Panzer unterschied-lichster Bauart wurden produziert. Zwarsetzte zwischen den Kriegen eine Zeit derAbrüstung ein, da die große Depression der1920er-Jahre zu Einsparungen zwang. Dochdas sollte sich bereits in den 1930er-Jahrenwieder ändern.

Sowohl England als auch Frankreich in-vestieren nun in neue Entwicklungen. Auchim Deutschen Reich beginnt im Geheimendie Arbeit an den Grundlagen einer eigenen

Panzerwaffe. Der technische Fortschritt be-einflusst und begünstigt die Fähigkeiten derPanzerkampfwagen: Zuverlässigkeit, Ge-schwindigkeit, Geländegängigkeit, Reich-weite, Panzerschutz und nicht zuletzt ihreFeuerkraft – alles kann laufend verbessertwerden. Aufgrund dieser Entwicklung eröff-nen sich Schritt für Schritt neue Einsatzmög-lichkeiten.

Erweiterte FähigkeitenDiese erweiterten taktischen Fähigkeiten derPanzer werden von den sich 1940 gegenüber-stehenden Kriegsparteien allerdings voll-kommen unterschiedlich bewertet. Dies liegtauch daran, dass den Bodentruppen eben-falls wirkungsvolle Panzerabwehrmittel zurVerfügung stehen. Teilweise beginnt sich gardie Überzeugung durchzusetzen, der Panzerhätte angesichts dieser Abwehrwaffen seine

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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

Einsatz der Panzer an der Front

Haupt- oder Hilfswaffe?

GERINGER KAMPFWERT:Der Renault R-35 ist eineWeiterentwicklung des al-ten Infanterie-Panzers FT-17. Die Panzerung istmit 45 Millimetern rechtstark, die Bewaffnung (37mm, 1 MG) jedoch nichtmehr zeitgemäß. Foto: Sammlung Anderson

Mai 1940: Als die deut-

sche Westoffensive

beginnt, verfügen die

Angreifer über deutlich

weniger Panzer als die

Alliierten. Doch gerade

die Panzerverbände der

Wehrmacht sind extrem

erfolgreich – wie war

dieser „Triumphzug“ auf

Ketten möglich?

Von Thomas Anderson

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massenhafte Daseinsberechtigung verloren.So räumt das französische Militär der Infan-terie auch bei Kriegsausbuch 1939 und imKriegsjahr 1940 noch immer besondere Prio-rität ein. Mittlere Panzer dienen den Fuß-truppen der Franzosen als untergeordneteUnterstützungswaffe, um den Soldaten aufbreiter Linie den Durchbruch durch diefeindlichen Stellungen zu ermöglichen oderaber ihre eigenen Stellungen zu verteidigen.Schwere Kampfpanzer sollen – ähnlich wieSchlachtschiffe – die Kämpfe „überwachen“.

Nur wenige Offiziere stellen diese offi-zielle Doktrin in Frage. Unter ihnen ist Char-les de Gaulle (1890–1970), dessen visionäreVorstellungen vom französischen General-stab, darunter Gamelin und Weygand, je-doch abgelehnt werden.

Dagegen soll sich in Großbritannien einvorausschauender Offizier zumindest in Tei-len durchsetzen. John Fuller, der Planer derPanzeroffensive von Cambrai im Jahr 1917,propagiert den Nutzen großer eigenständi-ger Panzerformationen, die hochmobil undselbständig eingesetzt werden können. An-fang der 1930er-Jahre findet in England einerstes Großmanöver statt, das das „alte Den-ken“ grundlegend in Frage stellen sollte. Inden darauffolgenden Jahren werden schnel-le, gut bewaffnete Panzer eingeführt, mit de-nen raumgreifende Operationen möglichsind.

Anders als bei seinen westlichen Nach-barn werden sich im Deutschen Reich die Be-fürworter des Bewegungskrieges durchset-zen. Die Offiziere Oswald Lutz (1876–1944)und Heinz Guderian (1888–1954) haben dieThesen Fullers und die erbitterte Diskussionin Frankreich mit Interesse verfolgt und zie-hen schließlich ihre eigenen Schlüsse.

Weitere AufrüstungUnter dem Eindruck leerer Staatskassenwerden ähnlich wie in Großbritannien zu-nächst leichte MG-Träger (PzKpfw I) entwi-

ckelt. Mit dem PzKpfw II wird bald daraufein etwas größeres Fahrzeug eingeführt, dasneben einem Maschinengewehr noch eine 2-cm-Kanone trägt.

Mit diesen Waffen lassen sich bis 1936 ins-gesamt drei Panzerdivisionen aufbauen.Diese leichten Panzer können trotz ihres ge-ringen Kampfwerts wichtige Dienste beimAufbau der Panzertruppe leisten. TausendePanzerbesatzungen werden am Gerät ge-schult. Der Einsatz großer Formationen wirdauf den Truppenübungsplätzen im Deut-schen Reich geprobt.

29Clausewitz 4/2015

KAMPFSTARK: Miteinem 75-mm-Ge-schütz in der Wannesowie der 47-mm-Kanone im Turmverfügt der B1 übereine bemerkenswertgute Bewaffnung.

Foto: Sammlung Anderson

TROPHÄE: Viele französische Panzer wer-den unbeschädigt erbeutet. Dieser aufden schönen Namen „Mysterieux“ ge-taufte R-35 wurde wohl bald umlackiertund seiner neuen Bestimmung in deut-schen Diensten übergeben. Foto: SammlungAnderson

VERWANDT: Der Hotchkiss H-39 entstammt derselbenEntwicklungslinie wie der Renault R-35. Das Fahrwerk istjedoch leistungsfähiger, die Beweglichkeit höher. Trotz ei-ner stärkeren 37-mm-Kanone besitzt auch dieser Panzereinen eher geringen Kampfwert. Foto: Sammlung Anderson

VERLASSEN: DerChar D1 zeigt ein

ähnliches Konzeptwie der R-35. Er ist

mit einer kurzkalibri-gen 47-mm-Kanone

ausgestattet, die Be-satzung wurde um ei-nen Funker verstärkt.

Foto: Sammlung Anderson

Somua S-35

Leistungsstarkes47-mm-Geschütz

Ungenügende Beobachtungsmög-lichkeiten für den Kommandanten

Gutes Raumangebot

Fahrwerk gut geschütztHohe Panzerung aus Gussstahl

4 Mann Besatzung,2 im Turm

190-PS-Motor

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In der zweiten Hälfte der 1930er-Jahreentwickelt man in Deutschland kampfkräf-tigere Panzer. Der PzKpfw III soll als Haupt-kampfpanzer mit seiner 3,7-cm-Kanone dendirekten Kampf gegen gegnerische Panzeraufnehmen können. Seine 3,7-cm-Kampf-wagenkanone (KwK) kann panzerbrechen-de Granaten und Explosivgeschosse ver-schießen.

Dem technisch ähnlichen PzKpfw IV fällthingegen die Aufgabe eines Unterstützungs-panzers zu. Er soll mit seinem kaliberstärke-ren 7,5-cm-Geschütz den Vormarsch der ei-genen Panzerkompanien decken und die In-fanteriewaffen des Gegners ausschalten oderniederhalten. Aufgrund begrenzter Finanz-mittel verläuft die Einführung dieser mittle-

ren Panzer vor dem Kriegsausbruch im Jahr1939 nur langsam. Doch als im Zuge der Ein-gliederung des Sudetenlandes im Oktober1938 und der Errichtung des „Reichsprotek-torates Böhmen und Mähren“ im Frühjahr1939 dem Deutschen Reich eine leistungsfä-hige Rüstungsindustrie zufällt, können mitden Panzern aus tschechischer Produktionweitere Divisionen der Wehrmacht ausge-rüstet werden.

Artilleristische AufgabeSchließlich fließen immer mehr mittlere Pan-zer in die Panzerkompanien. Standen in Po-len 1939 auf deutscher Seite neben 2.200leichten Panzern nur weitere 500 mittlerePanzer zur Verfügung, so sollte sich das Ver-

hältnis ein halbes Jahr später deutlich än-dern. In Frankreich sind zirka 1.500 leichteund 950 mittlere Panzer im Einsatz. Folgen-der Gefechtsbericht veranschaulicht eineneher untypischen Einsatz eines PzKpfw IV,als am 24. Mai 1940 Vorausabteilungen desPanzer-Regiments 1 (PzRgt 1) die Kanalküs-te erreichen: „Bericht der 8./Panzer-Regi-ment 1 über das Gefecht bei St. Folouin am24. Mai 1940 – Aufgabe: Ein Zug der 4. Kom-panie, der 8. Komp. unterstellt, soll denSchützen bei Erweitern des Brückenkopfesvorwärtshelfen. (...)Durchführung: Der erste Kanal, der schonam Tage vorher von uns genommen war,wird ohne Schwierigkeiten überwunden.Die Panzer geben den Schützen Feuerschutz,

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Titelgeschichte | Westfeldzug 1940

ÜBERHOLT: Die Deutschen verfügen übereine Vielzahl leichter Panzer. Mit zwei MGausgerüstet, waren diese für das Gefecht

nicht mehr geeignet. Hier passiert einPzKpfw I Ausf B einen FCM 36, ein leichter

französischer Panzer, der 1940 ebenfallsveraltet war.

Foto: NARA

IM GEFECHT: Eine gemischte Vorausabteilung. Zwei PzKpfw III si-chern zu den Seiten, 2-cm-Flak auf Selbstfahrlafette sucht nach ei-nem Ziel. Ein Kradmelder versucht gebückt, die Kompanieführung zuerreichen. Foto: Sammlung Anderson

MITTLERER PANZER: Dieser PzKpfw IVder 1. PzDiv wurde an einem Waldranduntergezogen. Foto: Sammlung Anderson

WIEDER ZU HAUSE: Männer des PzRgt 6(3. PzDiv) feiern das Ende des Feldzugesgegen Frankreich. Der vordere Panzer istein PzKpfw IV. Foto: Sammlung Anderson

Technische DatenINFO

PzKpfw II Ausf A PzKpfw IV Ausf D PzKpfw 38 (t) Renault R-35 Somua S-35 Cruiser Mk II AGewicht 8,9 t 20 t 9,7 t 9,8 t 20 t 14,5 t

Motorleistung Otto 140 PS Otto 265 PS Otto 125 PS Otto 82 PS Otto 190 PS Otto 150 PSLeistungsgewicht 16 PS/t 13,2 PS/t 12,8 PS/t 8,4 PS/t 9,5 PS/t 10,3 PS/t

Besatzung 3 5 4 2 3 5Bodenfreiheit 0,35 m 0,40 m 0,40 m 0,32 m 0,42 m 0,44 mBodendruck 0,73 kg/cm² 0,83 kg/cm² 0,57 kg/cm² 0,86 kg/cm² 0,85 kg/m² 0,94 kg/m²

Höchstgeschwindigkeit 39,5 km/h 42 km/h 42 km/h 19 km/h 37 km/h 28,7 km/hMax. Panzerung Front 35 mm 30 mm 25 mm 32 mm, Turm 45 mm 35 mm, Turm 55 mm 30 mm

Hauptbewaffnung 2 cm 7,5 cm L/24 3,7 cm L/48.7 37 mm L/21 47 mm L/32 40 mm L/52

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um sie an den zweiten Kanal herankommenzu lassen. Dann fahren die Panzer bis an denKanal heran und geben den Schützen vomdiesseitigen Ufer und zum Übersetzen undzum Erweitern des Brückenkopfes Feuer-schutz. (...) Die PzKpfw IV schießen inzwi-schen ein Haus nach dem anderen, in denensich die Franzosen mit ihren MGs eingenis-tet haben (...) zusammen. In diesem Unter-nehmen haben die PzKpfw IV eine absolutartilleristische Aufgabe im engsten Zusam-menarbeiten mit den Schützen übertragenbekommen. Die Aufgabe ist in vollem Um-fange erfüllt worden (...)“

Tödliche BedrohungDie erwähnten Panzer verschießen Spreng-granaten, deren Zünder auf Verzögerung ge-stellt sind. So durchbrechen sie die Haus-wände, um im Innenraum zu detonieren.

Allerdings stellt die schwache Panzerungschnell ein Problem für die Panzertruppedar. Laut ihres taktischen Auftrages sollendie PzKpfw IV aus der Ferne wirken, dasheißt außerhalb der Reichweite feindlicherPanzer oder Panzerabwehrkanonen (Pak).Im Zuge des sich während des Westfeldzu-ges entwickelnden Bewegungskrieges er-weist sich dies jedoch schnell als illusorisch:

Die 30-mm-Frontpanzerung wird bereitsdurch die leichte 25-mm-Pak auf bis zu 500Meter, von der 47-mm-Pak auf bis zu 1.500Meter durchschlagen.

Überhaupt stellt die alliierte Panzerwaffetrotz der großen militärischen Anfangserfol-ge der Deutschen weiterhin eine tödliche Be-drohung für die Angreifer dar. So zeigt sicham 6. Juni 1940 auf dem Weg nach Amiens,

dass massierte gegnerische Panzerangriffefür die deutschen Verbände durchaus Pro-bleme schaffen können. Ein Auszug aus demKriegstagebuch des PzRgt 35 zeigt dies deut-

lich. Dort heißt es unter anderem:„Der Morgen des 6. Juni beginnt damit,

dass es aus allen Häusern von Fonchesschießt. Ein Angriff der 2. Kp, unterstütztdurch 1. Kp SchtzRgt 12 und eine Flakbatte-rie ist nötig, um den Widerstand zu brechen.(...) Die Ortschaft gleicht einer Festung. AuchPak schießt. Lt. Reese wird beim Beobachtenaus dem Turm tödlich verletzt. Trotzdemwäre Wegnahme der Ortschaft gelungen. Dagreifen 14 Somua PzKpfw die 8. Kp von hin-ten an. Den wenigen schweren Wagen der

Kp ist es unmöglich, bei diesem ungleichenKampf von allen Seiten das Dorf zu halten.“

Es zeigt sich: Die moderneren französi-schen Panzer sind ernstzunehmende Geg-ner. Oft gelingt es nur der Feldartillerie oderder gefürchteten 8,8-cm-Flak ihrer Herr zuwerden. Aber: Die Alliierten zeigen sichkaum in der Lage, örtliche Erfolge auszunut-zen. Es fehlt häufig an kompetenter Führungvon vorderster Front aus. Auch das Fehleneiner Funkverbindung in den meisten Pan-zern wirkt sich negativ aus.

Dennoch: Der deutsche Großangriff imWesten ist aufgrund der zahlenmäßigen Un-terlegenheit der deutschen Panzerwaffe einriskantes Unternehmen. Zumal den Alliier-ten eine erhebliche Anzahl an modernenPanzern zur Verfügung steht. Frankreich al-

lein kann 400 mittlere Panzer von Typ S-35sowie 400 schwere Panzer vom Typ B1 auf-bieten. Das Britische Expeditionskorps ver-fügt neben einer großen Zahl an leichtenPanzern auch über 150 Cruiser Tanks und 23„Matilda II Infantry Tanks“.

„Motor als Waffe”In weitaus größerem Maße als während desFeldzuges in Polen soll sich im Lauf desWestfeldzuges bei den Angreifern jedoch dieAuffassung des modernen Bewegungskrie-ges durchsetzen, der eine besondere Eigen-dynamik während der Kämpfe entwickelt.

Die deutschen Gefechtsfahrzeuge sindmit Funk ausgerüstet. Auf die kleinste Veränderung der Lage kann man sofort rea-gieren. Die Zusammenarbeit mit der Luft-waffe funktioniert. Gebündelte Angriffe inSchwerpunkten durchbrechen die gegneri-schen Linien. Nach dem Durchbruch fächerndie motorisierten Verbände auf.

Die Franzosen hingegen haben ihre Pan-zerwaffe vor allem auf die Frontverbände auf-geteilt. Dem überraschend wuchtigen An-sturm der Deutschen haben sie daher nur we-nig entgegenzusetzen. Gegenangriffe sindkaum möglich, da die eigenen Kräfte weit ver-streut sind. Dagegen kann die Wehrmacht un-ter Ausnutzung der Durchschlagskraft ihrerPanzer und deren Einsatz als operative Waffeim Westen einen in dieser Form nicht für mög-lich gehaltenen militärischen Erfolg erringen.

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Ernstzunehmende Gegner

Thomas Anderson, Jg. 1958, ist als freier Autor tätig.

PzKpfw 38 (t)

2-Mann-Turm

125-PS-Motor

3,7 cm KwK

4 Mann Besatzungmit klarer Aufgaben-verteilung

Sehr gute Beobachtungs-möglichkeiten

schwacher Panzerschutz durchgenietete Konstruktion

Leistungsfähiges Laufwerkfür hohe Geschwindigkeiten

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„Das Gelingen unseres Angriffs kam mir (...) fast wie ein Wunder vor.“

Heinz Guderian in seinen „Erinnerungen eines Soldaten“, Ausg. v. 1951, S. 95

AUF DEM VORMARSCH: Ein Panzer III derWehrmacht in Frankreich im Juni 1940.

Foto: ullstein bild – Süddeutsche ZeitungPhoto/Scherl

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feld schaffen. Den Panzersoldaten wird diesauf einem Übungsgelände im Norden Eng-lands vorgeführt: „Wir erkannten das ver-traute Quietschen der ,Matilda’-Ketten inder Dunkelheit. Im selben Moment wurdenwir als Zuschauer geradezu an unseren Platzgebannt, als sechs blendend helle Lichter auseiner nicht erkennbaren Entfernung die Stel-lung taghell erleuchteten“, berichtet Scull.„Es gab einem das fürchterliche Gefühl abso-luter Nacktheit.“

Höchste GeheimhaltungDie übungsmäßig geforderten Verteidi-gungsmaßnahmen seien kaum möglich ge-wesen, erinnert sich Scull: „Man konnte dieVisiereinrichtungen nicht koordinieren. Einplötzlicher Wechsel der Lichtstrahlen in ei-nen An-Aus-Rhythmus machte es dem Augeunmöglich, irgendetwas einigermaßen zu-verlässig zu erkennen. Diese erschreckende

Erfahrung wurde noch verstärkt durch einenplötzlichen Druck auf der Brust. Er kam vonden Bajonetten der Infanterie, die unerkanntbis zu unserer Stellung vorgedrungen war.“

Die effektive Waffe, die das „Canal De-fence Light“ offensichtlich darstellt, sollte inden kommenden zweieinhalb Jahren LeslieSculls Dienst bestimmen. Sein Bataillon wirdauf dem Stützpunkt Lowther Castle bei Pen-rith im Lake District auf einen späteren Ein-satz bei der alliierten Landung auf dem eu-ropäischen Festland vorbereitet. Mit einergrößeren Zahl an umgerüsteten „Matilda II”übt das Bataillon den Umgang mit denHochleistungsscheinwerfern und die Be-fehlsstruktur für den taktischen Einsatz.„Langsam aber sicher wurden die Panzerbe-satzungen zu Kreaturen der Nacht“, berich-tet Scull. „Wir kamen von den Übungsbah-nen vor der Morgendämmerung zurück,und die gepanzerten Monster und ihre ge-

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Von dem „Canal Defence Light“, abge-kürzt CDL, versprechen sich die briti-schen Truppen einen besonderen takti-

schen Vorteil. Leslie Scull ist einer der weni-gen britischen Panzerkommandanten, die imZweiten Weltkrieg einen solchen Spezialpan-zer zur Gefechtsfeldbeleuchtung befehligen.

Leslie Victor Scull tritt 1938 als 16-Jährigerin die britische Armee ein. Als der ZweiteWeltkrieg im September 1939 ausbricht, ist erFunker im 44th (Batallion) Royal Tank Regi-ment (RTR), das mit genau zwei Exemplarendes veralteten „Vickers Medium Mk. II”-Panzers ausgerüstet ist. Als die britischenExpeditionsstreitkräfte sich im Mai 1940 ausDünkirchen in Nordfrankreich über den Ka-nal zurückziehen, wird Scull zum 49th RTRversetzt. Der Verband ist zunächst nur mitKlein-Lkw (Austin Utility Truck) ausgerüstet– schließlich erhält das Bataillon die aktuel-len Matilda Infantry Tanks („Matilda II”) mitdem 2-Pfünder-Geschütz.

Diese Fahrzeuge sind es auch, die im Ja-nuar 1942 dem Bataillon eine neue Rolle ge-ben: Statt eines Geschützes mit einem Hoch-leistungsscheinwerfer ausgerüstet, sollen sieunter dem Tarnnamen „Canal DefenceLight“ taktische Vorteile auf dem Gefechts-

Menschen & Geschichten

Leslie Scull ist wahrscheinlich der letzte Zeitzeuge, der über

den Einsatz dieser sonderbaren Geheimwaffe berichten

kann: den „Canal Defence Light“-Panzer der britischen

Armee. Von Ulrich Pfaff

IM TURM: Der vertikale Schlitz ist die Austrittsöffnung für den Lichtstrahl des CDL. Rechtsdaneben befindet sich die Kugelblende für ein 7.92 mm Besa-MG. Foto: Scull

PORTRÄT: Leslie Scull als Corporal im 49th

RTR 1941. Das Ärmelabzeichen oberhalbder Winkel weist ihn als Fahrzeugfunker aus.

Foto: Scull

Panzerkommandant berichtet über Geheimwaffe

Lichtstrahl statt Kanonendonner

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33Clausewitz 4/2015

heime Ausrüstung genossen bei Wartungund Fehlerbehebung absolute Priorität.“

Die Geheimhaltung habe sich stets aufhöchstem Level befunden – „aber unsere Ak-tivitäten waren während der nächtlichenÜbungen kaum zu verbergen: Der immenseweiße Lichtstrahl erleuchtete die gesamteUmgebung und wurde in den Nachthimmelreflektiert, was meilenweit zu sehen war. DiePolizei in Newcastle upon Tyne, 60 Meilenentfernt, wurde mit ängstlichen Nachfragenaus der Bevölkerung überhäuft.“

„Grant” ersetzt „Matilda”Im August 1942 ist die neue Waffe so weiteinsatzbereit, dass für PremierministerWinston Churchill eine Vorführung organi-siert wird. Im Frühjahr 1943 verlegt das Ba-taillon an die englische Ostküste in der Nä-he von Newcastle. Die engen und langsamen„Matildas” werden von amerikanischen„M3 Grants” abgelöst – deren Vorteil ist vorallem eine zusätzliche Bewaffnung: Die „M3Grants” verfügen über ein 75-mm-Geschützin der Wanne, eingebaut in einem seitlichenErker.

Als am 6. Juni 1944 die alliierte Landungin der Normandie beginnt, sind die Soldatendes 49th RTR enttäuscht, nicht daran teilzu-nehmen, wie andere Verbände ihrer 79th Ar-moured Division. Erst am 11. August wirddas Bataillon mit der gesamten 1st Army TankBrigade nach Frankreich verlegt und beziehtein Lager in der Nähe von Tilly-sur-Seullesin der Normandie. Die CDL warten auf einenEinsatz. „Unter uns herrschte eine furchtba-re Atmosphäre von Inaktivität und Lange-weile“, beschreibt Scull die Situation inFrankreich. Verantwortlich dafür ist die akri-bische Geheimhaltung: Aus mangelndemWissen über die Existenz des CDL berück-sichtigen die Stäbe und Truppen-Komman-deure die „Licht-Waffe“ nicht in ihren Ein-satzplanungen. Hinzu kommt der schnelle

Vormarsch der alliierten Truppen, die nachdem Ausbruch aus der Normandie zum Be-wegungskrieg übergehen. Die Geheimwaffekommt zwar bei den Kämpfen im Westen1944/45 mehrfach zum Einsatz und erweistsich bei Sicherungsaufgaben als nützlich, siekann aber im Gefecht keine entscheidendeWirkung erzielen.

Sergeant Scull und die vier Besatzungenseines Troops verlangen schließlich – zu-sammen mit weiteren Soldaten des 49th RTR– am 7. Oktober ihre Versetzung zur kämp-

fenden Truppe, der noch am selben Tag ent-sprochen wird. Die neue militärische Hei-mat der 20 Männer: ein kampferfahrenesPanzerregiment, das schon bei der Landungam „D-Day” in der ersten Welle mit dabeiwar – die 4th/7th Royal Dragoon Guards, aus-gerüstet mit „Sherman”-Panzern. Scull bil-det in der B-Squadron mit seinen Leuten er-neut einen Troop von vier Panzern. Er selbstkommandiert einen „Firefly“, eine „Sher-man”-Version mit dem gefürchteten 17-Pfünder-Geschütz, das auch deutsche „Ti-ger“ knacken kann.

Sculls aktive Teilnahme am Zweiten Welt-krieg endet am 23. Februar 1945 auf einemBauernhof bei Goch am Niederrhein: DieHohlladung einer Panzerfaust detoniert amTurm seines Panzers. Sergeant Scull überlebtmit schweren Kopfverletzungen. Im Lazaretterfährt er, dass er die „Military Medal”, eineder höchsten Tapferkeitsauszeichnungen derbritischen Armee, erhalten hat.

Aufgabe des CDL ist es, feindliche Truppenwährend des Vorrückens zu blenden und soden eigenen Einheiten einen Sichtschutz biszum Erreichen der gegnerischen Stellungenzu bieten.

Das Hauptmerkmal des CDL ist eine Koh-lenbogenlampe mit einer Lichtleistung von13.000 Kerzenstärken (1 candela entspricht1 Lux auf 1 Meter Entfernung) und einemHohlspiegel, rechts im Turm des Panzersmontiert. Der daraus erzeugte Lichtstrahl,der durch einen 60 x 5 cm großen, elektrischzu öffnenden Schlitz in der Turmfront projek-tiert wird, ist auf eine Entfernung von 914Metern 320 Meter breit und 2,75 Meter

hoch. Bei einer geschlossenen Licht-Frontauf 914 Metern sieht der taktische Einsatz ei-nen Abstand der Fahrzeuge von 27 Meternvor. In diesen Lücken sollen die Einheitenaufgestellt werden, die dann auf die feindli-chen Stellungen vorrücken.

Die 1st Army Tank Brigade der 79th Armou-red Division besteht 1942 aus den drei Ba-taillonen: 11th, 42th und 49th RTR mit insge-samt 162 „M3 Grant CDL“. Diese drei Batail-lone erhalten im Oktober 1944 neueAufgaben und werden umgerüstet. Zum Ein-satz kommen die CDL in Stärke einer Kom-panie beim Rheinübergang bei Wesel imMärz 1945 und später bei Sicherungsaufga-

ben an der Elbe.

„Canal Defence Light“ (CDL)HINTERGRUND

Ulrich Pfaff, Jg. 1965, ist Redakteur und hat sich alsfreier Journalist unter anderem auf Themen zur Militär-geschichte spezialisiert.

ALTE KAMERADEN: Leslie Scull (li.) mit Ce-cil Newton von der B-Squadron der 4th/7th

Royal Dragoon Guards. Beide wurden bei Ge-fechten im Februar 1945 in ihren „Sher-man“-Panzern schwer verwundet. Foto: Autor

MINIATUR: „Gander“ lautete der Name, denSergeant Scull und seine Crew ihrem „GrantCDL“ gaben, den sie ab 1943 nutzten. DasModell im Maßstab 1:35 entstand nach denSchilderungen von Scull. Foto: Autor

BESONDERHEIT: Das einzige erhalteneExemplar eines CDL auf Basis des „MatildaII Infantry Tank“ befindet sich heute imTank Museum in südenglischen Bovington.

NAHAUFNAHME: Das Herzstück des CDList eine leistungsstarke Kohlenbogenlampemit Hohlspiegel, heute ein Museumsstückim Tank Museum in Bovington. Fotos (2): Scull

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34

Schlachten der Weltgeschichte

24. Juni 1859: Französische und piemontesisch-sardische

Truppen treffen in Norditalien auf österreichische Verbän-

de. Der Zusammenprall wird zur blutigsten Schlacht seit

Waterloo – und zur Geburtsstunde des Roten Kreuzes.

Von Alexander Querengässer

BLUTIGER KAMPF UM ITALIEN: FranzösischeTruppen beim Vormarsch auf dem Schlachtfeldvon Solferino, südlich des Gardasees. DerKampf, der unglaublich viele Tote und Verwun-dete fordert, veranlasst den Augenzeugen HenriDunant später zur Gründung des Roten Kreuzesin Genf. Abb.: picture alliance/Leemage

Die Schlacht von Solferino

„Ein Sieg für Italien!“

CW_2015_04_34_39_FlugzeugClassic_Klassiker 12.05.15 07:48 Seite 34

35Clausewitz 4/2015

Österreich

Truppenstärke: 119.783 MannInfanterie, 9.420 Kavalleristen,429 Geschütze

Verluste: zirka 22.000 Mann

Sardinien

Truppenstärke: 37.174 Infanteristen,1.562 Reiter, 80 GeschützeVerluste: zirka 17.000 Mann (inklusive Franzosen)

Frankreich

Truppenstärke: 82.935 Infanteristen,9.162 Kavalleristen, 240 Geschütze

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In den Abendstunden des 4. Juni 1859stürmt die Infanterie des II. französischenKorps unter General MacMahon das klei-

ne Dörfchen Magenta östlich des Ticino.Nach diesem hart umkämpften Sieg mar-schiert die vereinigte französisch-sardischeArmee auf Mailand, das die Österreicherkampflos preisgeben müssen.

Die österreichischen Truppen ziehen sichnach Osten zurück, tief in das scheinbar un-überwindliche Quadrilatero hinein. Hier,zwischen den Festungen Peschiera, Mantua,Verona und Legnago, hat bereits Feldmar-schall Radetzky 1848 die sardischen Streit-

kräfte geschlagen. Kaiser Franz Joseph, dersich mit frischen Truppen zu seiner Armeenach Italien begibt, hofft, diesen Erfolg wie-derholen zu können.

Am 17. Juni tritt Feldzeugmeister Gyulaiformal vom Oberbefehl über die österrei-chischen Truppen zurück, die nun direktvom Kaiser befehligt werden. Ihm zur Seitesteht Franz von Schlick, ein erfahrener Gene-ral, der in der Völkerschlacht bei Leipzig einAuge verloren hat. Die Truppen werden inzwei Armeen organisiert. Jede umfasst vierInfanteriekorps und eine Kavalleriedivision.Am 20. Juni ziehen sich beide Armeen über

den Mincio zurück, ein breiter, aber flacherFluss, der die Festungen Mantua und Pe-schiera am Gardasee verbindet.

Aufmarsch der Kontrahenten Die verbündeten Franzosen und Italienerfolgen ihnen sehr vorsichtig. Die französi-sche Armee besteht aus fünf gemischtenKorps und der Garde. Sie bietet einen sehrbunten Anblick. Unter den Regimentern Na-poleons III. befinden sich die exotisch anmu-tenden Zuaven, leichte Truppen in weitenPluderhosen, kurzen Jacken und mit einemFez auf dem Kopf. Das Marschgepäck derLinieninfanterie ist vom Kaiser erleichtertworden. Die schweren Tschakos und die al-ten Uniformröcke bleiben in Frankreich. DieMänner tragen stattdessen nur ihre dunkel-blauen Mäntel und leichte, rote Képis, eineUniform, die sich bis in den Ersten Weltkrieghinein wenig ändert.

Die französische Artillerie ist die erste derWelt, die über eine große Anzahl gezogenerGeschütze verfügt. Napoleon III. führt dieseWaffe auf dem Schlachtfeld ebenso beweg-lich wie sein berühmter Onkel. Die sardischeArmee besteht aus fünf Infanterie- und einerKavalleriedivision und ist nach französi-schem Vorbild aufgestellt. Auch sie verfügt

Schlachten der Weltgeschichte | Solferino 1859

Der Krieg ist ein Produkt des sardischen Au-ßenministers Camillo di Cavour, dem es1858 gelingt, ein Bündnis mit Frankreich zuschließen. 1859 provozieren er und Napo-

leon III. Österreich zu einem Präventiv-schlag, wodurch für Frankreich der Bündnis-fall eintritt. Durch Ausnutzung der Eisen-bahnlinien können die Franzosen ihreTruppen rasch ins Piemont verlegen und die

Österreicher in einer Reihe von Gefechtenund Schlachten schlagen. Nach Solferinoziehen diese sich ins Quadrilatero zurückund nehmen kurz darauf Friedensverhand-lungen auf. Im Frieden von Zürich verliertÖsterreich die Lombardei, die von Napole-on III. im Austausch gegen Nizza an daswachsende Königreich Vittorio Emmanue-les übergeben wird.

Der Sardinische KriegHINTERGRUND

Abb.: picture-alliance/akg-images/Erich Lessing

Der Verlierer:Franz Joseph I. (1830–1916)

Für den jungen Kaiser stellt Solferino nur einen ersten Schrittin der Destabilisierung des gewaltigen Vielvölkerstaates dar,den er seit 1848 regiert. Nach der Schlacht wird der Kaisernie mehr selbst eine Armee kommandieren. Mit zunehmen-dem Alter erstarren seine politischen Ansichten und seinStaat. Außenpolitisch sind seine letzten Regierungsjahrevon zunehmenden Konflikten auf dem Balkan geprägt. Alser 1916 mitten im Ersten Weltkrieg stirbt, hinterlässt erein ausgehöhltes Reich.

LIEBLICHE LANDSCHAFT MIT GRAUSAMER GESCHICHTE:Das Schlachtfeld von San Martino heute. Der Kampf derpiemontesisch-sardischen Truppen findet hier parallel zurSchlacht der Franzosen bei Solferino statt. Abb.: Autor

SCHLAG INS GESICHT:Die Niederlageder Österreicher

führt zum Verlustder Lombardei.

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über speziell ausgebildete leichte Infanterie-verbände, die Bersaglieri, die einen breit-krempigen Hut mit Hahnenfedern tragenund mit einem gezogenen Karabiner bewaff-net sind.

Als klar ist, dass die Österreicher sichüber den Mincio zurückgezogen haben, rü-cken die Verbündeten an den Chiese vor, ei-nen weiter westlich verlaufenden Fluss. DieSarden marschieren auf dem linken Flügelauf, die Franzosen auf dem rechten. Am 22.Juni ziehen sie vorsichtig weiter nach Ostenund bleiben zwischen den beiden Flüssenstehen. Das Gelände südlich des Gardaseeswird von sanften Hügeln und tiefen Gelän-defalten durchzogen und ist nicht leicht ein-zusehen. Am 23. Juni lassen die Franzoseneinen Heißluftballon aufsteigen. Zwar kön-nen die Beobachter stärkere österreichischeKolonnen ausmachen, diese werden jedochals Patrouillen interpretiert. Die französi-schen Marschälle und Generale können sichnicht vorstellen, dass die Österreicher, nach-dem sie den Chiese kampflos preisgegebenhaben, nun ausgerechnet am Mincio dieSchlacht suchen würden.

Doch genau das hat Franz Joseph vor. Am22. Juni schlägt er alle Warnungen seiner Ge-nerale in den Wind und befiehlt einen Ge-

genstoß über den Mincio. Er hofft, die gegne-rische Armee beim Übergang über den Chie-se angreifen und einen taktischen Erfolg er-ringen zu können. Die zweite Armee unterdem persönlichen Befehl von Franz GrafSchlik steht auf dem rechten, die erste Armeeunter Franz von Wimpffen auf dem linkenFlügel. Die beiden Armeen rücken am 23. Ju-ni auf einen Höhenzug vor, der sich zwi-schen dem Mincio und dem Chiese erstreckt.Dieser Höhenzug zieht sich von dem kleinenHügel San Martino, etwa vier Kilometer vomGardasee entfernt, bis zum Dorf Solferino.Er wird von kleinen Einschnitten und Tälerndurchzogen. An den Hängen haben die Bau-ern Wein, Oliven und Maulbeerbäume ge-pflanzt. Westlich von Solferino erhebt sichein alter mittelalterlicher Burgturm, der Spiad’Italia, von dem sich das gesamte Schlacht-feld einsehen lässt. Südlich von Solferinowird das Gelände hingegen flacher und offe-ner. Der österreichische Plan sieht vor, dassdie Kavallerie diese Ebene durchstreifen unddie beiden Armeen sich bei Montechiaro ver-einen sollen.

Umkämpfter FriedhofObwohl die beiden Armeen am Abend des23. Juni nur wenige Kilometer voneinandertrennen, haben die Österreicher keine genau-en Vorstellungen, wie weit östlich sich dieGegner befinden. Sie treffen keinerlei Vor-sichtsmaßnahmen. Auch Napoleon III. be-fiehlt für den Folgetag einen weiteren Vor-marsch nach Osten. Die Marschziele, die denKorps angewiesen werden, sind jedoch be-reits von den Österreichern besetzt.

Die Franzosen verfügen über das I., II., IV.und Teile des III. Korps, sowie die Garde. Siebesitzen nur halb so viele Geschütze wie dieÖsterreicher, aber diese haben dafür eine we-sentlich höhere Reichweite und Zielgenauig-

keit. Die Sarden führen vier Divisionen undTeile ihrer Kavallerie in den Kampf. DieSchlacht, die sich in den frühen Morgenstun-den des 24. Juni 1859 entwickelt, ist so vonkeiner Seite geplant worden. Beide Armeenrennen fast blind ineinander. Gegen sechs Uhr stößt die Vorhut des französischen I. Korps westlich von Solferino auf österrei-chische Vorposten und treibt sie auf die Hü-gel zurück. Anschließend versuchen dieFranzosen, die Höhen um den Spia d’Italiaund den Friedhof von Solferino zu stürmen,werden aber mehrere Stunden lang durchdas Feuer von zwei österreichischen Briga-den abgewiesen. Gegen elf Uhr beordert Na-poleon III. frische Kräfte nach vorn, doch siewerden abgewehrt. Allerdings machen sichnun erste Auflösungserscheinungen bei denÖsterreichern bemerkbar. Teile des weitersüdlich liegenden I. österreichischen Korpswerden nach Solferino verlegt, was jedochdie linke Flanke schwächt.

Hier ist in den Vormittagsstunden dasfranzösische II. Korps unter MacMahon, derauf dem Schlachtfeld von Magenta zum Mar-schall befördert worden war, aufmarschiert.MacMahon soll die Stellungen halten, bis dasIV. Korps auf dem Schlachtfeld eingetroffenist, und danach den Angriff im Zentrum ver-stärken. Doch gegen 8.30 Uhr, vom IV. Korpsist noch nichts zu sehen, tauchen zwei öster-reichische Korps im Nebel auf. Es handeltsich um das IX. und III. Korps unter GeneralFranz von Schaffgotsche und Feldmarschall-leutnant Edmund zu Schwarzenberg. DieÖsterreicher sollen über die offene Ebene aufCastiglione marschieren. MacMahon bereitetsich darauf vor, den Angriff abzuwehren. Einheftiges Artillerieduell beginnt, bei dem die

37Clausewitz 4/2015

Zufälliges Zusammentreffen

Der Neffe Napoleons I. wird im Zuge derRevolution von 1848 Präsident der II.Republik. Nach einem Staatsstreich er-richtet er 1851 das Kaiserreich seinesOnkels von neuem. Napoleon III. hatzwar keine militärische Ausbildung ge-nossen, ist aber ein aufgeschlossenerAutodidakt. Er entwickelt selbst neuesGeschützmaterial. Allerdings fehlen ihmder strategische Weitblick und das takti-sche Geschick seines Vorfahren. ImSardinischen Krieg hat er zwar denOberbefehl über die französische Ar-mee, die wahre Führung liegt jedoch beiseinen Generalen. Im Deutsch-Französi-schen Krieg wird er 1870 in derSchlacht bei Sedan gefangen genom-men und stirbt drei Jahre später im Exil.

Der Sieger: Napoleon III (1808–1873)

Im Ersten Italienischen Unabhängigkeitskrieg 1848/49kämpft der savoyische Prinz als General. Nach der Ab-dankung seines Vaters wird er 1849 König von Sardi-nien-Piemont. Er erweist sich als liberaler Herrscherund trennt die Kirche vom Staat. Nach dem Sardini-schen Krieg beginnt er seinen Traum von der Vereini-gung Italiens in die Tat umzusetzen. Nach vielenFeldzügen kann Vittorio Emmanuele 1870 schließ-lich Rom erobern.

Der Verbündete: Vittorio Emmanuele II. (1820–1879)

AUF EXPANSIONSKURS: Napoleon III. unterstützt Sar-dinien-Piemont gegen Österreich und gewinnt so Gebie-te für Frankreich: Nizza und Savoyen.

Abb.: picture alliance/Leemage

Abb.: picture-alliance/akg-images/Cameraphoto

DER TRAUM VON ITALIEN: Der Sieg Vittorio Emmanuelesist ein wichtiger Schritt hin zu einer geeinten Nation.

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gezogenen französischen Geschütze mehrereder glattläufigen österreichischen Kanonenausschalten können. Schließlich tauchen süd-lich des Kampffeldes Divisionen der franzö-sischen Gardekavallerie auf, die einige berit-

tene Batterien in Stellung bringen und dieÖsterreicher unter Kreuzfeuer nehmen. Eineösterreichische Batterie, die vorrückt, um denRückzug der eigenen Geschütze zu decken,verliert fünf von sechs Kanonen, bevor diesein Stellung gehen können.

Kampf um San CassianoKurz darauf erscheint das IV. Korps auf demSchlachtfeld. Die französische Kavalleriegeht zum Angriff über, kann die österrei-chischen Reiter zurückdrängen und Teile derfeindlichen Infanterie isolieren, die von dereigenen nachrückenden leichten Infanteriegefangen genommen wird. Auch Teile des

III. Korps treffen auf dem Schlachtfeld ein,sodass MacMahon seine Truppen nun insZentrum verlegen kann.

Hier tobt nach wie vor ein heftiger Kampfum die Hügel vor Solferino. Das österrei-

chische VII. Korps verstärkt die Verteidiger,die von ihren vorteilhaften Stellungen amSpia d’Italia einen Angriff nach dem anderenabwehren. Auch die französische Garde-infanterie trifft jetzt auf dem Schlachtfeld einund marschiert hinter dem erschöpften I. Korps auf. Zwischen 13 und 14 Uhr stürmtdie 2. Gardedivision den Friedhof von Solfe-rino und den Spia d’Italia. Die Franzosenströmen weiter ostwärts den Hügel hinabund dringen in Solferino ein. Die Österrei-cher fliehen vom Feld.

MacMahons Infanterie trifft nun vor SanCassiano ein und versucht die abgeschnitte-nen und geschwächten Verteidiger des öster-

reichischen V. Korps ebenfalls zum Rückzugzu bewegen. Doch die Österreicher wehrensich tapfer und schaffen es, die ersten franzö-sischen Vorstöße durch Gegenangriffe abzu-wehren. Doch als die französischen Kanonenihr Feuer aufnehmen, fällt auch San Cassia-no. Die Franzosen folgen den Trümmern derdrei Korps in Richtung Mincio und eroberngegen 15.30 Uhr Cavriana, wo Franz Josephkurz zuvor noch sein Hauptquartier aufge-schlagen hatte.

Ein Sturm beendet die SchlachtAuch auf der Ebene südlich von Solferinowendet sich das Blatt zugunsten der Franzo-sen. General Niel hat die Lücke, die zwi-schen seinem und dem abziehenden KorpsMacMahons entstanden ist, durch eine ge-waltige Batterie aus 42 gezogenen Geschüt-zen geschlossen, die die unkoordiniertenAngriffe der Österreicher abwehren. DieMasse der österreichischen Kavallerie räumtkampflos das Schlachtfeld. Schwarzenbergsund Schaffgotsches Divisionen sind mitei-nander vermengt. Ein Versuch, die französi-sche Flanke südlich von Rebecco zu umge-hen, wird abgewehrt. Die Österreicher sindNiel zahlenmäßig überlegen, können diesenVorteil allerdings nicht ausnutzen. AmNachmittag macht sich bei den Franzosen

38

Schlachten der Weltgeschichte | Solferino 1859

MITTEN IM SCHLACHTGETÜMMEL: NapoleonIII. während des Kampfes. Im Hintergrund istder Spia d’Italia zu sehen. In der Schlachtvon Solferino gelingt den Franzosen und denverbündeten Italienern der entscheidendeSieg über Österreich. Abb.: Slg. A. Querengässer

„Da sind einige, bei denen Mantel, Hemd, Fleisch und Blut eine unbeschreibliche, schauervolle

Mischung bilden [...].“ Henry Dunant über die Szenen, die sich in den provisorischen

Lazaretten auf dem Schlachtfeld abspielen

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Erschöpfung bemerkbar. Doch nun treffenneue Brigaden des III. Korps ein, weswegenNiel einen Angriff auf das von den Österrei-chern gehaltene Dorf Guidizzollo vortragenlässt. Auch dieser scheitert an massiver Ge-genwehr. Die Kämpfe wogen bis zum Ein-bruch der Nacht, ohne dass die eine oder an-dere Seite entscheidende Geländegewinneerzielen kann. Ein plötzlich hereinbrechen-der Sturm beendet die Schlacht.

Schlacht bei San MartinoDerweil kämpft die sardische Armee imNorden ihre eigene Schlacht. Auf dem HügelSan Martino steht das österreichische VIII.Korps unter dem jungen Feldmarschallleut-nant Ludwig von Benedek. Das Gelände vorihm fällt sanft ab, ist aber für die Infanterienicht leicht zu erklimmen. Einzelne Bauern-gehöfte liegen verstreut auf dem Hügel undbieten den Verteidigern gute Deckung. Bene-dek entfaltet vier seiner sechs Brigaden invorderster Linie. Die heranmarschierendenItaliener sind ihm im Verhältnis 5:4 überle-gen. Doch auch sie verzetteln ihre Kräfte. Ge-gen neun Uhr versucht eine Brigade der 3.Division den Hügel zu stürmen, wird aberdurch einen österreichischen Bajonettangriffzurückgetrieben. Einem zweiten Angriffdurch die 5. Division gelingt es eine Stundespäter eines der Farmhäuser im Zentrum derösterreichischen Stellungen zu nehmen.Doch Benedek lässt dreißig Geschütze gegen

das Gebäude in Stellung bringen. Auf kurzeDistanz erweist sich selbst das Feuer derglattrohrigen österreichischen Kanonen alsverheerend. Die Italiener fliehen. Doch daBenedek nicht weiß, wie sich die Kämpfeweiter südlich entwickeln, unterlässt er eineVerfolgung. Vittorio Emmanuele, König vonSardinien, beordert nun Teile der 2. Divisionnach San Martino. Gegen 16 Uhr erneuerndie Italiener ihre Angriffe mit drei Brigaden.Benedek hat inzwischen vom Zusammen-bruch des österreichischen Zentrums erfah-ren. Er muss eine Brigade nach hinten schi-cken, um seinen Rückzugsweg zu sichern.Diese Regimenter werden kurz darauf ange-

griffen. Benedek erkennt, dass er sich zu-rückziehen muss. Zwischen 16 und 17 Uhrentsteht eine Gefechtspause, als der Som-mersturm mit aller Heftigkeit über dasSchlachtfeld braust, und dichter Regen nie-dergeht. Dann setzen die Italiener ihren Vor-marsch auf San Martino fort. Die österrei-chische Artillerie feuert auf Kernschusswei-te, aber dennoch nähern sich die feindlichenBrigaden mehr und mehr der Spitze des Hü-gels. Bei Sonnenuntergang erhält Benedekschließlich den Befehl zum Rückzug undräumt seine hart umkämpften Stellungen.Der Einbruch der Dunkelheit beendet dieKämpfe auch hier.

Die Franzosen und Italiener sind viel zuerschöpft, um eine Verfolgung aufzuneh-men. Bis drei Uhr morgens haben sich dieletzten österreichischen Verbände über denMincio zurückgezogen. Napoleon III.schlägt sein Hauptquartier in Cavriana aufund schläft in demselben Bett wie am Tag zu-vor Kaiser Franz Joseph.

Geburtsstunde des Roten KreuzesDie Schlacht bei Solferino ist ein klarer fran-zösischer Sieg. Es hat sich gezeigt, dass dieFranzosen mit ihren drei Waffengattungenviel geschickter agieren als die Österreicherund zudem ihre Korps flexibler umgruppie-ren können. Die Italiener betrachten SanMartino als eigenständige Schlacht und be-anspruchen einen Sieg, da sie den Hügelletztendlich nehmen können. Die Österrei-cher feiern dagegen Benedek als Sieger, derseine Position bis zum Rückzugsbefehl ver-teidigt hat. Nach der Schlacht werden 60österreichische Generale aus dem Dienst ent-lassen. Benedek hingegen wird Chef des Ge-neralquartiermeisterstabes und übernimmtsieben Jahre später den Befehl über die öster-reichische Nordarmee, die bei Königgrätzgegen die Preußen kämpft.

Am 2. Juli nehmen die Österreicher Ver-handlungen auf, die fünf Tage später in ei-nen vorläufigen Waffenstillstand münden.Solferino gilt als die blutigste Schlacht seitWaterloo. Die Österreicher verlieren schät-zungsweise 22.000 Tote und Verwundete, dieVerbündeten 17.000. In den folgenden Jahrenfinden italienische Bauern immer wiedermenschliche Gebeine auf den Feldern. 1869beginnen die betroffenen Gemeinden Komi-tees zu bilden und die Überreste systema-tisch zu bergen. Innerhalb eines halben Jah-res werden 9.492 Skelette geborgen. SowohlNapoleon III. als auch Franz Joseph stiftenGelder zur Errichtung von Beinhäusern.

39Clausewitz 4/2015

Überlegene Franzosen

Alexander Querengässer, Jahrgang 1987, ist Militärhistoriker und Autor aus Dresden.

Henry Dunant und das Rote KreuzHINTERGRUND

Der Schweizer Kaufmann hält sich zufälligauf dem Schlachtfeld von Solferino auf undrichtet noch am Abend des 24. Juni ein La-zarett in Castiglione ein. Erschüttert von denunzureichenden Versorgungsmöglichkeitenbeschließt er, eine internationale Krankenor-ganisation zu gründen. Um auf seine Ideenaufmerksam zu machen, veröffentlicht er

ein Buch unter dem Titel „Eine Erinnerungan Solferino“. 1863 begründet er das Inter-nationale Komitee der Hilfsgesellschaftenfür die Verwundetenpflege. In Anlehnung andie Flagge der Schweiz wird das rote Kreuzauf weißen Grund zum Symbol der Organisa-tion. Trotz seiner unschätzbaren Dienstestirbt Henry Dunant in Armut.

GESPENSTISCH: Die Schädel im Beinhausvon San Martino vermitteln das Grauen desKrieges unmittelbar – noch heute, einein-halb Jahrhunderte später, lassen diese ehe-maligen Opfer der Schlacht den Betrachtererschauern. Abb.: Autor

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wehrraketen Typ MIM-23 „Hawk“. Ich frag-te mich damals: Warum die Flugabwehrra-keten gerade hier? Die „Hawks“ haben eineeffektive Reichweite von 25 Kilometern undkönnen gerade mal einen gegnerischen Jagd-bomber in mittlerer Angriffshöhe erreichen.Bis zum „Eisernen Vorhang“ sind es gut 120Kilometer Luftlinie. Warum also eine Luftab-wehr im 25-Kilometer-Radius um Lemke?

Soll dieser Abwehrschirm die zwei Kilo-meter entfernte Bundeswehrkaserne in Lan-gendamm schützen? Der Vorort von Nien-burg beherbergt – übrigens auch heute noch– eine der größten Bundeswehrgarnisonen

Norddeutschlands. Am 15. März 1959 wirddas schwere Artilleriebataillon 140 des Hee-res aufgestellt. Es ist als erstes Raketenartil-leriebataillon (RakArtBtl) der Bundeswehrmit Standort Nienburg Langendamm vorge-sehen. Im Oktober 1964 folgt die Umbenen-nung zum RakArtBtl 12, ausgerüstet mit dertaktischen Feldrakete M-50 „Honest John“oder auch Feldartillerie Raketenwerfer(FRWf) 762 genannt. Doch der Raketenluft-abwehrschirm von Lemke, betrieben vonden Amerikanern, kann eigentlich nicht al-lein den „Honest Johns“ der Bundeswehr inLangendamm gelten.

Nukleare AufrüstungDa ist ein anderer Punkt mit dem Bezug aufden „Hawk“-Abwehrschirm weitaus schlüs-siger: In der Eickhofer Heide bei Liebenau,etwa 15 Kilometer südwestlich von Nien-burg und gut sieben Kilometer von Lemkeentfernt, befindet sich seinerzeit ein strenggesichertes und weitläufig abgesperrtes Waldareal. Unter dem Decknamen „Karl“

42

Militär und Technik | Raketensysteme

In einem 80-Seelen-Dorf in der Nähe vonNienburg an der Weser erlebte ich meineJungenjahre. Ich kann mich noch genau

erinnern: Eines Tages, in den 1960er-Jahren,geistert ein Gerücht durch den kleinen Ort:„Die Amerikaner bauen am ‚Lemker Berg‘ ei-ne Raketenstellung!“ Das ist rund sieben Ki-lometer entfernt und interessiert mich damalsZwölfjährigen nur am Rande. Dann be-kommt Lemke eine Umgehungsstraße undfortan führt die Bundesstraße 6 ganz in derNähe der sich drehenden Radarschirme vor-bei. Es stellt sich heraus: Es handelt sich umeine stationäre Raketenstellung mit Flugab-

Feldrakete „West” und Raketenkomplexe „Ost”

Atomare Artillerie 1960er-Jahre: Die Militärs in West und Ost setzen in ihren

Einsatzszenarien auch auf taktische Atomschläge. Ergän-

zend zur Rohrartillerie führen Bundeswehr und NVA Rake-

tensysteme ein, die im „Ernstfall“ nukleare Sprengköpfe

verschießen können. Von Jörg-M. Hormann

MACHTDEMONSTRATION: Während einer Militärparade rollen die Startfahrzeuge 2P16 desRaketenkomplexes 2K 6 „Luna“ mit taktischen Raketen über die Straßen Ost-Berlins, Aufnahmeaus den 1960er-Jahren. Foto: picture-alliance/ZB©dpa-Report

CW_2015_04_42_47_FlugzeugClassic_Klassiker 12.05.15 14:41 Seite 42

entstand dort während des Zweiten Welt-kriegs eine der großen Munitionsanstalten(MunA) des Chemie- und Rüstungsunter-nehmens EIBIA GmbH. Nach dem Kriegwird ein kleiner Teil des Geländes Muniti-onslager und von März 1963 bis Juni 1992 einSpecial Ammunition Site (SAS), oder kurzauf Deutsch, ein Atomwaffendepot der 32.US-Feldartillerie-Division. Von dort aus hatsich das RakArtBtl 12 im Ernstfall mitSprengköpfen für ihre „Honest John“ undNachfolgeraketen zu versorgen – falls nötigauch mit Atomsprengköpfen. Damit bekom-men die amerikanischen Flugabwehrraketenam „Lemker Berg“ einen Sinn.

Die nukleare Aufrüstung des Heeres derBundeswehr für den taktischen Einsatz be-ginnt 1960. Im Rahmen der Heeresstruktur 2erhalten alle Felddivisionen, mit Ausnahmeder 9. Luftlandedivision, jeweils ein Rake-tenartilleriebataillon als Divisions-truppe. Diese Bataillone verfügen überfünf Batterien, von denen drei mit je-weils zwei Raketenwerfern für die„Feldartillerie-Rakete 762 mm Ho-nest John“, so die Systembezeich-nung 1960, ausgerüstet sind: Alsosechs Raketen pro Bataillon und Di-vision.

Letztlich führt die Feldraketen-komponente des Heeres zu einem Ein-satzbestand von 88 „Honest John“-Ra-

der Raketen-Batterien bei Korps und Divi-sionen wird es sein, in ständiger Wirkungs-bereitschaft dem Truppenführer zu mächti-gen Feuerschlägen zur Verfügung zu stehenund das Feuer der Rohr-Artillerie zu verstär-ken…“ So lauten die markigen Sätze aus derZeitschrift „Soldat und Technik“ von De-zember 1959 über die „Feldartillerie-Rakete762 mm Honest John“.

Verstärkung der RohrartillerieUnd weiter heißt es: „Feuerkraft, hohe Be-weglichkeit und große Reichweite sind dieKennzeichen der Feldartillerie-Rakete 762mm Honest John, die als Mehrzweckwaffezur Unterstützung der Bodentruppe be-stimmt ist. Diese ungelenkte Boden-Boden-Rakete wird die Feuerkraft der Rohrartillerieverstärken, ohne sie jedoch zu ersetzen. Mit

einer Mindestentfernung von 8,5 km undeiner Schussweite von über 25 km ist sie

zur Bekämpfung von Zielen bestimmt, diebisher nur mit den Kanonen des

schwersten Flachfeuers erreicht

43Clausewitz 4/2015

keten bei der Bundeswehr im Jahr 1965 unddamit zum höchsten Bestand eines NATO-Staates in Europa. Selbst die Amerikaner ha-ben damals nur 44 Raketen im Einsatz. Beiallen NATO-Staaten zusammen sind 244Systeme stationiert. Allein für die bundes-deutsche Seite bedeutete das im Totalein-satzfall 88-mal atomare Verstrahlung undSprengkraft von jeweils 40 Kilotonnen TNT.Zum Vergleich: Die „Hiroshima“-Bombe imJahr 1945 besaß eine Sprengkraft von zirka13 Kilotonnen TNT.

„Gegenüber einem atomar gerüstetenGegner bedeutet die Ausrüstung des Heeresmit dieser Mehrzweckwaffe eine erheblicheSteigerung der Verteidigungskraft. Aufgabe

GEFECHTSKOPF: Einstel-lungen durch Spezialis-ten. Der größte Nuklear-sprengkopf der „HonestJohn“-Rakete hatte dieSprengkraft von 40 Kilo-tonnen TNT. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann

FEUERSCHWEIF: Mit Qualm und Gedröhne macht sicheine „Honest John“ auf den Weg. Noch hat sie den Ab-schussbaum des Werfers nicht verlassen. Der Rake-tenstart ist sehr auffällig und empfiehlt den sofortigenStellungswechsel. Foto: picture-alliance/Klaus-Dieter Heirler

CW_2015_04_42_47_FlugzeugClassic_Klassiker 12.05.15 14:41 Seite 43

44

Die Raketenteile werden vom Transport-,Montage- und Prüfzug (TMP) mit dem Lkwvom Korpsversorgungspunkt abgeholt undunter entsprechender Sicherung zum Mon-tageplatz transportiert. Jeder Lkw kann ei-nen kompletten Raketensatz, jeweils ver-packt in drei Kisten, für den Gefechtskopf,Raketenmotor und vier Stabilisierungsflos-sen, aufladen. Auf dem Montageplatz wer-den die Kisten entladen und die Teile mit Hil-fe eines Kranwagens zur kompletten Raketemontiert und auf einem Anhänger abge-setzt. Nach dem Anbringen von Heizdeckenund Halteklammern folgen elektrischeTests. Verantwortlich sind hier der TMP-Zug-führer und der Raketenprüfer.

Weiter wird die montierte Rakete auf demAnhänger zum Ladeplatz gefahren und miteinem Kran auf das Werferfahrzeug umge-setzt und mit Halteklammern auf dem Ab-

schussbaum festgezurrt. Hier ist für alle Arbeiten der Werferzug-

führer verantwortlich. Jetzt fährt der gelade-ne Werfer an den Bereithalteplatz und erwar-tet dort das Feuerkommando der Feuerleit-

stelle. Nach dem Eintreffen des Feuerkomman-

dos bezieht die Werfergruppe eine nahege-legene, bereits vermessene und vorbereite-te Feuerstellung um bei „X-Zeit“ die Raketezu starten. Danach muss ein sofortiger Stel-lungswechsel vorgenommen werden.

762-mm-Feldrakete „Honest John“EINSATZVERLAUF

Militär und Technik | Raketensysteme

werden konnten…“. Hier wird zur Ver-schleierung die damals aktuelle Schussentfer-nung von knapp 40 Kilometern unterschlagenund die atomare Komponente mit keinemWort erwähnt. Im Gegensatz zur Rohrartille-rie, die sich auf ein Ziel einschießen und ihr

Wirkungsfeuer daher auf das Einschießergeb-nis aufbauen kann, wird bei der Raketenartil-lerie sofortige Treffgenauigkeit gefordert. DieGenauigkeit bei der Vermessung der Feuer-stellung ist eine wesentliche Voraussetzungfür die Treffsicherheit der Rakete.

Das eigentliche Zielen der Rakete ge-schieht durch entsprechende Richteinstel-lung des Abschussbaumes. Die genaue Sei-ten- und Höhenrichtung wird mithilfe nor-maler artilleristischer Richtmittel bestimmt.Jede Batterie ist voll motorisiert und bis En-de der 1960er-Jahre mit zwei Abschussram-pen und den dazugehörigen Sonderfahrzeu-gen ausgestattet und sowohl bei Nacht alsauch bei Schlechtwetter voll einsatzfähig. Ih-re Geländegängigkeit entspricht der Beweg-lichkeit der mittleren Feldartillerie.

Da es sich bei dem „Feldartillerie Rake-tenwerfer 762“ um ein ungelenktes Flugkör-persystem handelt, ist für die Soldaten dieserWaffe eine spezielle technische Qualifikationzu Beginn der Ausbildung nicht erforderlich.Die Ausbildungsdauer ist die gleiche wie beider konventionellen Artillerie.

Startlärm und RauchschweifDer Einsatzraum einer „Honest John“-Batte-rie unterscheidet sich von dem konventionel-ler Artillerie-Verbände durch den wesentlichgrößeren Raumbedarf im Gelände. Hier sindbesondere Sicherheitsabstände zwischenMontageplatz und Ladeplatz einerseits undLadeplatz und Feuerstellung andererseits zubeachten. Ebenso wichtig sind die Abständezwischen den einzelnen Feuer- und Aus-weichstellungen. Hieraus lässt sich bereitsdas Einsatzschema ablesen. Nach dem Trans-port der Raketenteile von unterschiedlichenLagerplätzen zum Montageplatz wird dortdie Rakete montiert und auf einem Anhängerzum Ladeplatz gefahren. Ein Kranwagenhebt die Rakete, die immerhin fast 2,5 Tonnenwiegt, auf den Abschussbaum des Werfer-fahrzeugs. Danach fährt der Werfer in die Be-reitstellung und auf Feuerbefehl in eine be-reits vermessene Feuerstellung. Dort muss

STARTVORBEREITUNG:Die Startrampe 8U218einer NVA-Raketenbri-gade ist in ihrer Feuer-stellung positioniert.Der Ausleger mit derFlüssigtreibstoffrakete8K 11 wird gerade auf-gerichtet. Foto: Sammlung Dirk Krüger

Abb.

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CW_2015_04_42_47_FlugzeugClassic_Klassiker 12.05.15 14:41 Seite 44

45Clausewitz 4/2015

Hohes Abschreckungspotenzial

Waffensysteme von Bw und NVA TECHNISCHE DATEN

762-mm-Feldrakete„Honest John“ (Bw)

Raketenkomplex 2K 6 „Luna“ (NVA)

Raketenkomplex R11 M „Elbrus”(NVA)

Bezeichnung 762-mm-Feldrakete M-50 3 R 10 8K11

NATO-Code SRBM „Honest John“MGR-1-B

„Frog-3“ „Scud-A“

Raketentyp einstufige Feststoffrak. einst. Feststoffrak. einst. Flüssigtreibstoff

Lenksystem ungelenkt, drallstabilisiert ungelenkt, drallstabilisiert Trägheitsnavigation

Indienststellung 1958 (USA) 1961 (UdSSR) 1958 (UdSSR)

Länge 7,58 m 10,60 m 10,34 m

Durchmesser 0,76 m 0,415 m 0,88 m

Spannweite 1,37 m 1,00 m 1,51 m

Startmasse 2.136 kg 2.287 kg 5.409 kg

Geschwindigkeit 1,5 Mach 767 m/s 1.440 m/s

Reichweite 4,5 bis 37,0 km 32,2 km 190 km

Gefechtskopf 580 kg (W31) 503 kg 600 kg

Gefechtskopf nuklear 2, 20, 40 kT TNT 3, 10, 20 kT TNT 50 kT TNT

Trefferradius (CEP) 830 m 1.200–2.000 m 3.000 m

der Werfer nach dem Abschuss der Raketesofort wieder „verschwinden“. Der Startlärmund der schwarze Rauchschweif der abbren-nenden Pulverrakete verrät jede noch so gutgetarnte Feuerstellung einer „Honest John“-Batterie. Also stellen vorbereitete Wechsel-stellungen ein wichtiges Einsatzelement zumEigenschutz dar.

Außerdienststellung Bereits Ende der 1960er-Jahre werden zweiRaketenwerfer „Honest John“ je Bataillonaußer Dienst gestellt. Jetzt bekommt die Ra-ketenartillerie massive konventionelleSprengkraftaufrüstung durch die Einfüh-rung des leichten Artillerieraketensystems„Lars 1“ mit dem Mehrfachraketenwerfer110 SF. Im Zuge der vierten Heeresstruktur-reform am Ende der 1970er-Jahre werden dieletzten „Honest John“ in den Raketenartille-riebataillonen außer Dienst gestellt.

Das zuvor beschriebene Einsatzschemafür „Honest John“ trifft übrigens in ähnlicherWeise auch für die von der NVA eingesetztenund als „Raketenkomplex“ bezeichnetenWaffensysteme zu. Für die Herstellung ihrerEinsatzfähigkeit wird eine Vielzahl von Fahr-zeugen benötigt, die noch weiter zunimmt,wenn in einem Raketenkomplex wie beimR11 M „Elbrus” mit der „Scud-A“ eine flüs-sigkeitsgetriebene Rakete verschossen wird– Tank- und Hilfsfahrzeuge, die auf den Mi-

„Die ‚Honest John‘ steht dem Truppenführer für mächtige Feuerschläge in ständiger

Wirkungsbereitschaft und zur Verstärkung des Feuers der Rohr-Artillerie zur Verfügung.“

Aus der (westdeutschen) Zeitschrift „Soldat und Technik“, Ausgabe vom Dezember 1959

ÜBERPRÜFUNG: Vordem Start einer „Ho-nest John“-Rakete müs-sen Tests und Einstel-lungen an der Raketevorgenommen werden. Foto: ullstein bild – ullstein bild

litärparaden in Ost-Berlin nicht dabei sind.Im Gegensatz zur westdeutschen Raketenar-tillerie, die von Anfang an auf Rädern ins Ge-lände fährt, liefert der „Große Bruder“ Sow-jetunion seinen NVA-Kampfgenossen dieStartrampen für die Raketen der jeweiligenRaketenkomplexe auf den Ketten modifizier-ter Panzerfahrgestelle. Gut vergleichbar mitdem „Honest John“-Feldraketensystem – im

GERICHTET: Per Justie-rung des Abschussbau-mes wird die Rakete

auf das Ziel ausge-richtet, hier im

Manöver. Foto: ullstein

bild – dpa

CW_2015_04_42_47_FlugzeugClassic_Klassiker 12.05.15 14:41 Seite 45

Hinblick auf die taktische Wertigkeit – ist derRaketenkomplex 2K6 „Luna“, der 1962 beider NVA eingeführt wird. Die Startrampe2P16 baut auf einem speziellen Fahrgestelldes PT-76 auf, einem Schwimmpanzer.

Atomare SprengkraftDie Startrampe 2P16 ist für die taktischen Ra-keten 3R9 oder 3R10 sowie die Übungsrakete3R11 ausgelegt. Die ungelenkten Pulverrake-ten mit Stabilisatoren und Splitter-Spreng-Ge-fechtskopf stabilisieren sich während des Flu-ges durch Drehung um die Längsachse. Be-

ketentyp gehört. Die operativ taktischen Ra-keten 8K11 mit der NATO-Bezeichnung„Scud-A“ werden von der Startrampe 8U218gestartet und haben eine Reichweite von 190Kilometern mit Nuklearsprengköpfen vonbis zu 50 Kilotonnen TNT Sprengkraft.

Neue RaketeneinheitenMit den beiden Raketenkomplexen werdendie neu gebildeten Raketeneinheiten derNVA ab 1962 ausgerüstet. Die Raketentrup-pen sind den Chefs der Artillerie der Militär-bezirke III und IV unterstellt. Sie setzen sichzusammen aus einer selbstständigen Artille-riebrigade pro Bezirk, die später in Rake-tenbrigade umbenannt werden und die anfangs mit jeweils sechs Startrampen aus-gerüstet sind. Zusätzlich zu den Raketenbri-gaden erhalten die vier motorisierten Schüt-zendivisionen und die zwei Panzerdivisio-nen der NVA jeweils eine taktischeRaketenabteilung. Eine Abteilung bestehtaus vier Startrampen und dazu gehörendenraketentechnischen Truppen.

Alle Raketen sind mit konventionellenSplitter-Sprengköpfen ausgerüstet, die sichnach der Explosion in etwa 16.000 Splitterzerlegen.

Ab 1967 rollen die Startrampen der NVA-Raketenkomplexe wie im Westen nur nochgummibereift über Straßen und Wege. Biszum Ende der NVA im Jahr 1990 sind jeweilsmodernisierte Rakentenkomplexe bei denRaketentruppen im Einsatz. Mit ihnen wirdder Start konventionell bewaffneter Artille-rieraketen geübt.

46

Militär und Technik | RaketensystemeFo

to: Sa

mm

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Jör

g-M

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man

n

1 Ausleger2 Gefechtskopf3 Greifer4 Oxydatorbehälter mit Salpeter-

säure AK 271 (in der Rakete)5 Rakete 8K11 („Scud-A“)6 EWZ-Satz (Ersatzteile Werkzeug

Zubehör)

7 Brennstoffbehälter mit Traktorke-rosin TM 185 (in der Rakete)

8 Druckluftflasche9 Kraftstoffbehälter10 Raketenheckteil11 Hebe Hydraulikzylinder12 Stabilisator13 Starttisch

14 Schaltschrank15 Pult Vorstart Wartung16 Behälter für Startbrennstoff TG 0217 Laufwerk18 6 Mann Besatzung19 2 Mann Besatzung

107621 4 5 8 9 11 12 133

19 18 14151617

PRÄSENTATION:Anlässlich einer Parade

im Jahr 1965 werden die8U218-Startfahrzeuge des Rake-tenkomplexes R11 M „Elbrus“erstmals öffentlich gezeigt.

Foto: Sammlung Dirk Krüger

STARTRAMPE 8U218 (1965)

merkenswert ist der überkalibrierte Gefechts-kopf der Rakete 3R10. Der Gefechtskopf hateinen größeren Durchmesser als das Feststoff-triebwerk und transportiert atomare Spreng-kraft von drei, zehn oder zwanzig KilotonnenTNT maximal 32 Kilometer weit. Wie im Wes-ten die Amerikaner haben im Osten die Rus-sen den Daumen auf der Verfügbarkeit ato-marer Sprengköpfe.

Parallel zu ihren taktischen Feldraketen3R10 kauft die Staatsführung der DDR fürdie NVA bei den Sowjets einen weiteren Ra-ketenkomplex, zu dem ein ganz anderer Ra-

Jörg-M. Hormann, Jg. 1949, Verantwortlicher Redakteurvon SCHIFF CLASSIC und Sachbuchautor mit Schwer-punkten bei der deutschen Luftfahrt-, Marine- und Mili-tärgeschichte mit über 40 Buchveröffentlichungen.

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Schlachten der Weltgeschichte

TOTALE ZERSTÖ-RUNG: Diese Auf-nahme entstehtkurz nach dem Abwurf der Atom-bombe über Hiro-shima. Das Grau-en, das sich zudiesem Zeitpunktam Boden ab-spielt ist unbe-schreiblich. Am 6. August jährtsich die Katastro-phe zum 70. Mal. Abb.: picturealliance/newscom

CW_2015_04_48_53_FlugzeugClassic_Klassiker 12.05.15 14:42 Seite 48

I m Sommer 1941 beginnen die Amerika-ner ihr Projekt zum Bau einer Atom-bombe massiv voranzutreiben. Den An-

lass hierfür liefern Spionageberichte über denFortschritt des deutschen „Uranprojekts“.Schon 1939 hat Albert Einstein in einem Briefan den Präsidenten davor gewarnt, dass dieDeutschen ein eigenes Atomwaffenpro-gramm besitzen könnten und gefordert, dassauch die Amerikaner sich damit auseinan-dersetzen müssen. Die Ausgangslage derDeutschen zur Herstellung einer Atombom-

be ist alles andere als schlecht. Im erzgebirgi-schen Joachimstal werden große MengenUran abgebaut, und im besetzten Norwegendie Produktion von schwerem Wasser (H2O2)gesteigert. Dennoch überschätzen die Ameri-kaner die Gefahr. Die Deutschen sind aucham Ende des Krieges weit davon entfernt, ei-ne funktionstüchtige Atombombe zu bauen,denn es ist ihnen noch nicht gelungen, Uran-235 herzustellen.

Im Juli 1941 erhält Roosevelt von seinem„Uran-Komitee“ ein Gutachten, welches ihn

darüber in Kenntnis setzt, dass ein Atompro-gramm nicht nur machbar, sondern auchkriegsentscheidend sein könnte. Auch dieBriten arbeiten an einer Atombombe. Doch1942 erkennt Churchill, dass das Empirezwar über ausgezeichnete Wissenschaftlerverfügt, aber nicht mehr über die finanziel-len Mittel, um ihre Forschungen voran zutreiben. Daher vereinen die Briten und Ame-rikaner ihre Bemühungen im Manhattan-Projekt.

Die „Superbombe“ aus Los AlamosZwei Milliarden Dollar steckt die US-Regie-rung in die Forschungen, an denen zeitwei-se 120.000 Menschen beteiligt sind. RobertOppenheimer, ein international anerkannterKernphysiker, wird damit beauftragt, sämt-liche Spezialisten auf diesem Gebiet zusam-men zu holen. Es sind ausgerechnet zwei„Reichsdeutsche“, der Berliner Rudolf Prei-erl und der Wiener Otto Robert Frisch, derenArbeiten den Weg bereiten. Beide waren zu-nächst nach Großbritannien emigriert undhaben dort das Frisch-Preierl-Memorandumerstellt. Darin erklären sie, wie eine „Super-bombe“ durch Kernspaltung gebaut werdenkönnte. Grundlage hierfür bildet das selteneUran-235. Frisch und Preierl schildern in ih-rem Memorandum jedoch auch die Folgeer-scheinung durch radioaktiven Niederschlagund eine langfristige Kontaminierung desZielgebietes.

Oppenheimer verlegt die Forschungschließlich in die Wüste von New Mexico. Inder Nähe von Los Alamos wird eine For-schungseinrichtung aufgebaut, wo sowohlwaffenfähiges Uran-235 als auch Plutoniumhergestellt werden sollen. Schließlich wirddie erste funktionsfähige Bombe „The Gad-get“ gebaut und am 16. Juli 1945 gezündet.

49Clausewitz 4/2015

Der Atombombenabwurf über Hiroshima

6. August 1945: Es ist eine der schwärzesten Stunden der Menschheitsgeschichte – die

Amerikaner machen mit ihrer „Superbombe“ Hiroshima dem Erdboden gleich. Ein Schick-

sal, dem deutsche Großstädte nur knapp entgangen sind. Von Alexander Querengässer

VATER DER BOMBE: Robert Oppenheimerneben einer Fotografie der „Hiroshima-Ex-plosion“. Als führender Atomphysiker derUSA leitet er das Manhattan-Projekt. Spä-ter wandelt er sich zum Gegner von Atom-waffen. Abb.: picture-alliance/dpa

FÜRS PICKNICK UNGEEIGNET: Im US-Bun-desstaat New Mexico liegt das gut bewach-te Zentrum der amerikanischen Atomfor-schung – Los Alamos.

Abb.: picture-alliance/United Archives/TopFoto

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Das nukleare Brennmaterial von „The Gad-get“ besteht aus Plutonium und entwickeltdie Sprengkraft von 21 Kilotonnen TNT.

Eine Atombombe für DresdenEigentlich ist die Atombombe für einen Ein-satz über Deutschland entwickelt worden.Im US-Verteidigungsministerium werdenMannheim, Ludwigshafen und Berlin alsmögliche Ziele genannt. Auch Dresdentaucht auf der Liste potenzieller Ziele immerwieder auf.

Aber als „The Gadget“ schließlich gezün-det wird, ist der Kampf in Europa seit neunWochen beendet. Der Krieg im Pazifik tobtjedoch mit unverminderter Härte weiter. ImJuni sind die Kämpfe um Okinawa zu Endegegangen. Knapp 12.000 Amerikaner sinddabei ums Leben gekommen (siehe CLAU-SEWITZ 3/2015). Der militärische Beraterdes Präsidenten rechnet noch im selben Mo-nat aus, dass beim Angriff auf Kyushu, diesüdlichste der japanischen Hauptinseln,268.000 Amerikaner fallen würden. AndereStrategen beziffern die Höhe der möglichenOpfer auf eine Million.

Allerdings hat die Kapitulation Deutsch-lands gewaltige Kräfte freigesetzt, um dem

50

Schlachten der Weltgeschichte | Hiroshima 1945

DEN TAUSENDFACHEN TOD AN BORD: Paul Tibbets vor der„Enola Gay“. Der Airforce-Pilot stirbt 2007 im Alter von 92 Jah-ren im US-Bundesstaat Ohio. Die Asche des Toten wird, gemäßTibbets Willen, über dem Ärmelkanal ausgestreut. Er entschiedsich gegen eine Erdbestattung, da er Proteste und Vandalismusan seinem Grab befürchtete. Abb.: picture alliance/Everett Collection

UNSCHEINBAR: Die Atombombe „Litt-le Boy“ kurz vor der Verladung in die

„Enola Gay“. Es ist schwer vorstellbar,aber diese Bombe löscht in einem ein-

zigen Augenblick Zehntausende vonMenschenleben aus – ein erschrecken-

des Vernichtungspotenzial! Abb.: picture-alliance/Judaica-Sammlung Richter

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erschöpften Japan den Todesstoß versetzenzu können. Seit März 1945 sind die Amerika-ner außerdem bereits 250 konventionelleBombenangriffe auf japanische Städte geflo-gen. Und wovon die Japaner nichts wissen:Auch Stalin hat die Eröffnung einer Front inAsien für den August 1945 zugesagt. Habendie Russen erst einmal China eingenommen,bricht die wirtschaftliche Grundlage des Kai-serreiches zusammen.

Am 4. Juli beschließen die Amerikaner,den Einsatz von Atomwaffen als Warnsignalan die japanische Regierung zu verschieben.Der Grund hierfür ist allerdings nicht zwin-

gend in moralischen Bedenken zu suchen.Nach den Trinity-Tests haben die Amerika-ner nur noch zwei einsatzbereite Bomben.„Little Boy“ ist mit Uran-235 gebaut wordenund verfügt über halb so viel Sprengkraftwie „The Gadget“, die plutoniumgespickte„Fat Man“ etwa über die gleiche.

Auf der Potsdamer Konferenz zieht Tru-man schließlich Churchill ins Vertrauen undberichtet über die erfolgreichen Tests. AuchStalin gegenüber macht er Andeutungenüber eine revolutionäre Waffe. In seinem Ta-gebuch vermerkt er: „Ich glaube, dass dieJapsen klein beigeben werden, ehe die Rus-sen eingreifen.“ Dieses Zitat erklärt die Mo-tivation des Präsidenten. Er möchte nichtwarten, bis eine russische Offensive einenZusammenbruch Japans hervorruft. Er willden Krieg beenden und dem Kontrahentenim bereits heraufdämmernden Kalten Kriegdie Macht der USA demonstrieren.

Schiffskatastrophe im PazifikAm 25. Juli befiehlt Truman General Carl

Spaatz, dem Oberbefehlshaber der amerika-nischen Luftstreitkräfte im Pazifik, den Ein-satz der ersten amerikanischen Bombe vor-zubereiten. Der Abwurftermin wird auf den3. August festgelegt. Spaatz hat freie Handbei der Auswahl seiner Ziele, nur die alteHauptstadt Kyoto soll wegen ihres kulturel-len Wertes verschont werden. Der amerika-nische Verteidigungsminister Henry Stim-son hat die Stadt auf seiner Hochzeitsreisebesucht und überzeugt Truman, von einerZerstörung derselben abzusehen. Einen Tagspäter fordern die USA Japan zur Kapitula-tion auf. Im Weigerungsfall möchte Trumandie Bombe endlich einsetzen. Doch dasSchreiben enthält keinerlei Warnung, dass

die USA über ganz neue technische Mittelzur Bombardierung von Städten verfügen.

Die in Einzelteile zerlegten Bomben wer-den inzwischen auf die Pazifikinsel Tiniangebracht. Am 26. Juli läuft die USS INDIA-NAPOLIS im Hafen der Insel ein und liefertTeile von „Little Boy“. Auf der Weiterfahrtnach Leyte wird der Schwere Kreuzer von ei-nem japanischen U-Boot versenkt. Weil manjedoch den Kurs des Schiffes geheim gehal-ten hatte, verzögert sich die Suchaktion. Vonden 1.196 Mann der Besatzung kommen an-nähernd 300 durch die Explosion der Muni-tionskammer um. Die 900 Überlebenden

treiben mehrere Tage lang im Pazifik undsterben durch Dehydration, Sonnensticheund eine immer größer werdende AnzahlHaie, die die Schiffbrüchigen umkreist. Nur316 Mann werden schließlich lebend ausdem Wasser geborgen.

Angriffsziel: HiroshimaIn Japan wird das amerikanische Ultimatumderweil wenig ernst genommen. Die Regie-rung ist davon überzeugt, dass es sich ledig-lich um ein Vorzeichen der Invasion derHauptinseln handelt. Zudem sind sich dieJapaner nicht bewusst, dass die Sowjetunioneine Offensive in der Mandschurei vorberei-tet. Nachdem es in dieser Region bereits

1938/39 zu Kämpfen zwischen Japanernund Sowjets gekommen war, haben beideSeiten 1941 ein geheimes Neutralitätsabkom-men geschlossen. Die Japaner hatten sichwährend des Unternehmens Barbarossa anden Pakt gehalten und keine zweite Frontgegen die Sowjetunion eröffnet. Jetzt hoffensie, dass Stalin ihnen den gleichen Gefallenerweisen und womöglich sogar einen Kom-promissfrieden aushandeln könnte. Sie leh-nen das amerikanische Ultimatum ab.

General Spaatz hat bereits ein Ziel für dieerste Bombe gewählt. Die Hafenstadt Hiros-hima auf Shikoku ist bisher noch nicht ins Vi-sier der amerikanischen Bomberraids gera-ten. Wie die meisten japanischen Städte be-steht Hiroshima überwiegend aus flachen,leichten Häusern in traditioneller japani-scher Bauweise. Anders als in westlichenStädten ist Holz immer noch das wichtigsteBaumaterial. Zudem gibt es in Hiroshimakeine Kriegsgefangenenlager. Dafür ist dasHauptquartier der 2. Japanischen Armee inder Stadt eingerichtet. All diese Faktoren ma-chen Hiroshima zu einem „idealen“ Erst-schlagziel. Als Alternativen werden Nagasa-ki und Kokura in Betracht gezogen.

Am 31. Juli ist „Little Boy“ einsatzbereit.Doch über Tinian fegt ein schwerer tropi-scher Taifun hinweg. Die schweren viermo-torigen B-29 Superfortress können bei die-sem Wetter nicht starten. Der Einsatz wirdauf den 6. August verschoben.

Flieger der ApokalypseAm 4. August wird Colonel Paul WarfieldTibbets darüber informiert, dass er den An-griff durchführen wird. Tibbets B-29 ist

51Clausewitz 4/2015

Die Japaner setzen auf Stalin

1954 gerät das japanische Fischerboot DAI-GO FUKURYU-MARU in einen nuklearen Re-genschleier, der vom Atombombentest imBikini-Atoll ausgeht. Als wenig später einerder Fischer stirbt, ist die Empörung in Japangroß. Den Regisseur Ishirō Honda, einFreund Akira Kurosawas, inspirieren dieseVorfälle zu seinem Monsterfilmklassiker„Godzilla“ (im japanischen Original „Goji-ra“). Hondas Film ist ein tricktechnisch aus-getüfteltes Remake des amerikanischenFilms „Panik in New York“ (1953). Obwohldie Kritik den Film wegen seiner explizitenBezugnahme auf die Angriffe auf Hiroshimaund Nagasaki, sowie dem Unfall der DAIGOFUKURYU-MARU eher verhalten aufnimmt,wird er von den japanischen Zuschauern ge-feiert. Innerhalb weniger Wochen sehenneun Millionen Japaner den Film. Die erstevon insgesamt 27 offiziellen Fortsetzungenwird in Auftrag gegeben. In Hondas Originalist das Monster aus dem Meer eine Parabel

auf die Folgeerscheinung von Atomwaffen-tests. Nachdem es schließlich dank einigerWissenschaftler besiegt ist, fordert einervon ihnen: „Wenn wir weiter Atomtests ma-chen, taucht womöglich wieder ein Godzillairgendwo in der Welt auf.“

GojiraHINTERGRUND

„Die Bombe, die Sie abwerfen werden, ist die zerstörerischste Waffe, die je gebaut wurde“

Colonel Tibetts an die Besatzung der Enola Gay, 5. August 1945

GODZILLA BEI DER „ARBEIT“: Das Mons-ter (Szene aus „Die Rückkehr des Mons-ters“) zerstört als Chiffre für die Atom-bombe ganze Städte. Abb.: picture alliance

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bereits in den Staaten mit einer speziellenAufhängevorrichtung ausgestattet worden,die die 4,5 Tonnen schwere Bombe tragenkann. Außerdem sind außer den Heckkano-nen alle Bordwaffen demontiert worden (sie-he dazu FLUGZEUG CLASSIC 6/15 „Pro-jekt Silverplate“). Der Dreißigjährige aus Il-linois hat die Maschine nach seiner Mutterbenannt: Enola Gay. Der Name wird am 5.August auf den Rumpf geschrieben.

Die Wetterprognosen für den 6. August1945 sagen einen wolkenlosen Himmel vo-raus. Um 2:45 Uhr hebt die Enola Gay vomStartfeld in Tinian ab. An Bord befinden sichzwölf Besatzungsmitglieder, vier mehr alsüblich. Durch das Gewicht der Bombe unddie 7.000 Liter Benzin hat die Maschine 7.000Kilogramm Übergewicht. Der Bombernimmt zunächst Kurs auf Iwo Jima, wo er

sich um 6:05 Uhr mit zwei weiteren B-29trifft, die ihn nach Japan begleiten sollen. Erstauf dem Flug klärt Tibbets seine Crew darü-ber auf, dass sie eine neue Superwaffe gela-den haben.

Um 7:30 Uhr wird „Little Boy“ scharf ge-schaltet. Seit einer halben Stunde hat das ja-panische Radar die drei Maschinen auf demSchirm. Bereits um 7:09 Uhr wird in Hiroshi-ma Fliegeralarm ausgelöst. Doch da die japa-nischen Luftstreitkräfte unter massivemBenzinmangel leiden, werden keine Abfang-jäger gegen den kleinen Verband ausge-schickt. Um 7:31 Uhr gibt es für die StadtEntwarnung. Um 7:41 Uhr beginnt Tibbetseinen sanften Steigflug, um die richtige Ab-wurfhöhe zu erreichen. Neun Minuten spä-ter kann er von seinem Cockpit aus die Süd-spitze der Insel Shikoku erkennen.

Seit zirka 7:30 Uhr kreist bereits die einzel-ne B-29 „Straight Flush“ über Hiroshima undfunkt Tibbets den Wetterbericht durch. DerHimmel über der Stadt ist klar. Die viertelMillion Menschen ahnen nichts von dem apo-kalyptischen Flieger, der sich ihnen nähert.„Raten zu Ziel eins“ funkt die Straight Flushan die Enola Gay. Hiroshima also.

FeuersturmUm 8:09 Uhr kommt die Stadt in das Blick-feld der Bomberbesatzung. Vier Minutenspäter übernimmt Thomas Ferebee, der 26-jährige Bombenschütze, das Kommandoüber die Enola Gay. Die Maschine hat die be-rechnete Abwurfhöhe von 9.450 Metern er-reicht. Ferebee orientiert sich an der Aioi-Brücke, die kurz darauf in sein Visierkommt. Um 8:15 Uhr und 17 Sekunden ist

Schlachten der Weltgeschichte | Hiroshima 1945

AUSGELÖSCHT: Hiroshima nach dem Atom-bombenabwurf – eine Stadt, die es nichtmehr gibt. Der Name der japanischen Stadtist seither zum Symbol für das Potenzial derMenschheit geworden, sich selbst vernich-ten zu können. Abb.: picture alliance/Photoshot

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der schicksalsträchtige Momentgekommen: „Little Boy“ wirdausgeklinkt.

Im selben Moment über-nimmt Tibbets wieder dieKontrolle über sein Flugzeug.Sofort reißt er das Steuer he-rum und wendet die behäbigeViermot auf einen Kurs von 155Grad. Die Mannschaft setzt Spezial-brillen auf, die verhindern sollen, dasssie durch den Blitz erblindet.

„Little Boy“ rast mit 335 Metern pro Se-kunde, etwas schneller als der Schall, auf dieShima-Klinik zu, die einen viertel Kilometervon der Aioi-Brücke entfernt liegt. Dreiund-vierzig Sekunden dauert der Fall. Dann ex-plodiert die Bombe in 580 Metern Höhe.

Es entsteht ein Feuerball, der im Innerenmehrere Millionen Grad Celsius heiß ist. Aufden Erdboden trifft der Feuerball immernoch mit etwa 6.000 Grad. Alle Menschen imHypozentrum „verdampfen“ einfach. Noch

in einem Kilometer Entfernung ist die Hitzeso enorm, dass sie Granit zum Schmelzenbringt. Die asphaltierten Straßen fangen zubrennen an. Einzig eine Handvoll Stahlbe-tonbauten wiedersteht den Temperaturen.Doch da Hiroshima auf einer Ebene liegt,ziehen die ausbrechenden Brände die umge-bende Luft an. Ein Feuersturm bricht aus.

Die Hölle von HiroshimaGleichzeitig braust eine gewaltige Druckwel-le mit 1.500 Stundenkilometern über dieStadt hinweg, zerstört 70.000 der 76.000 Häu-ser, saugt den Menschen die Augen aus demSchädel oder zerreißt sie förmlich. Für einigeWenige bedeutete die Druckwelle Glück imUnglück. Sie werden von ihr zu Boden ge-schleudert, kurz bevor der Feuerball über siehinwegbraust. Die Enola Gay wird etwa eineMinute nach der Explosion von der Druck-welle erfasst, die vom Epizentrum ausgeht.Kurz darauf rüttelt eine zweite Welle die Ma-schine durch. Diese war vom Boden abge-prallt und wieder in den Himmel geschossen.Aus den zu Staub zerfallenen Trümmern derStadt und radioaktiven Teilchen steigt ein 13Kilometer hoher Atompilz in den Himmel.Die Männer der Enola Gay können ihn nochetwa anderthalb Stunden sehen, dann geräter außer Sichtweite.

Die Menschen in Hiroshima sind auf denAngriff nicht vorbereitet. Nach der Entwar-

nung geht das alltägliche Leben in der Stadtweiter. Die Männer sind bei der Arbeit, dieKinder spielen auf den Schulhöfen. In Hiro-shima sterben innerhalb von Sekunden mehrals 70.000 Menschen. Im Hypozentrum, demOrt direkt unter dem Explosionspunkt, ver-brennen die Menschen, während der Atom-blitz ihre Schatten in die Wände der wenigenstehen gebliebenen Häuser brennt. Alle, diesich außerhalb eines Radius von 500 Meternbefinden, werden entweder von der Druck-

welle oder dem Feuerball erfasst. Augenzeu-gen berichten, dass sie sich im Moment derExplosion gebückt haben, sodass ihnen derFeuerball „nur“ die Haut vom Rückenbrennt. Auch in den folgenden Tagen sterbennoch Tausende von Menschen, die eine tödli-che Dosis radioaktiver Strahlung abbekom-men haben.

Unmittelbar nach dem Angriff setzt einMassenexodus aus der Stadt ein. Doch inner-halb weniger Tage kehren viele Menschenwieder zurück, in der Hoffnung, überlebendeVerwandte zu finden. Andere wollen wiederzur Arbeit, denn die wichtigsten Industriean-lagen am Rande der Stadt sind von dem Feu-ersturm kaum betroffen. Dabei setzen sie sich

selbst der Strahlung aus. Wie viele Menschenan den Folgen des Abwurfs gestorben sind,lässt sich bis heute schwer schätzen.

Einen Tag nach dem Abwurf fordert Prä-sident Truman Japan erneut zur Kapitulationauf. Doch da die Nachrichtenverbindungzwischen der vernichteten Hafenstadt undTokio stark eingeschränkt ist, kann sich die ja-panische Regierung kein Bild von den Aus-maßen der Zerstörung machen und lehnt ab.Noch immer hofft man auf die VermittlungStalins. Aber diese Illusion zerplatzt weiterevierundzwanzig Stunden später, als am 8.August die sowjetische Offensive in derMandschurei beginnt. Doch noch immer wei-gern sich die japanischen Militärs die Konse-quenzen zu ziehen und in eine bedingungs-lose Kapitulation einzuwilligen.

Ein japanisches TraumaAm 9. August fällt die zweite Bombe „FatMan“ über Nagasaki. Die Stadt stand zu-nächst nicht auf der Liste potenzieller Ziele, istaber als Ersatz für Kyoto hinzugefügt worden.Das ursprüngliche Ziel, die Mitsubishi-Werke,werden verfehlt. Stattdessen explodiert „FatMan“ direkt über der Stadt. 25.000 Menschensterben. Da Nagasaki in einem Talkessel liegt,verhindern die umliegenden Berge ein weite-res Ausgreifen der Druckwelle.

Obwohl das nukleare Arsenal der USAvorerst erschöpft ist, löst der zweite AbwurfPanik in der japanischen Regierung aus.Aus Angst vor einem atomaren Angriff aufTokio willigt Japan schließlich in die bedin-gungslose Kapitulation ein, die am 2. Sep-tember 1945 auf dem im Hafen Tokios an-kernden Schlachtschiff USS MISSOURI un-terzeichnet wird.

Mit dem Kriegsende und der BesetzungJapans werden auch Hiroshima und Nagasa-ki durch das amerikanische Militär umfas-send untersucht. Alle Film- und Fotodoku-mentationen der japanischen Behörden wer-den vorerst beschlagnahmt. Obwohl dieAmerikaner die langfristigen Folgen durchdie radioaktive Belastung negieren, prägendie Atombombenabwürfe und die Kontami-nierung die japanische Nachkriegskulturentscheidend. Apokalyptische Visionen sindallgegenwärtig, von den Schwertkampffil-men eines Akira Kurosawa, der den Unter-gang japanischer Samurai durch westlicheFeuerwaffen thematisiert, bis hin zu denheute noch populären Godzillafilmen. Dochselbst in Hiroshima setzt sich am Ende dasLeben durch. 800 Meter vom Hypozentrumentfernt bringt ein verkohlter Ginkgo-Baumein Jahr nach der Katastrophe neue, gesundeTriebe aus. Die Strahlenbelastung in derStadt ist heute auf einen normalen Wert ge-sunken.

53Clausewitz 4/2015

Radioaktive Ruinen

„Ein einziger Knall? Die Stadt zerstört? Lächerlich!“ Kommentar eines japanischen Offiziers über die Zerstörung Hiroshimas

Literatur- und FilmtippsButtgereit, Jörg: Monster aus Japan greifen an.Godzilla, Gamera & Co. München 1998.

Coulmas, Florian: Hiroshima: Geschichte undNachgeschichte. München 2010.

Kanon, Joseph: Die Tage vor Los Alamos. Mün-chen 1997. (Kriminalroman vor dem Hinter-grund des Manhattan Projekts.)

Hiroshima: dreiteiliger japanisch/kanadischerFernsehfilm von 1995, circa 180 Minuten Lauf-zeit, englische und japanische (mit englischenUntertiteln) Sprache.

ZEITZEUGE: Diese Armband-uhr wird aus den Trümmern

Hiroshimas geborgen. Sieblieb exakt um 8.15 ste-hen – dem Zeitpunkt derExplosion der Atombom-

be. Die Uhr ist ein ein-dringliches Artefakt dieser

menschlichen Katastrophe. Abb.: picture alliance/Everett Collection

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Militärtechnik im Detail

Die L-5 war eines der wichtigsten Aufklä-rungsflugzeuge des Zweiten Weltkriegs

und ist wegen ihrer vorzüglichen Start- undLandeeigenschaften selbst auf kurzen Pistenunter dem Spitznamen „Grashüpfer“ bekanntgeworden. Fast 4.000 „Sentinels“ waren bei denMarines, der U.S. Army und der U.S. Navy imEinsatz: als VIP- und Kriegsgefangenentrans-porter, Post-, Medikamenten- und Munitions-lieferant, Begleitflugzeug, Artilleriebeobachter,Verwundetenretter, Aufklärer und Pestizid-Sprüher. Und das sind nur ein paar Beispielefür die Einsatzmöglichkeiten dieses überausvielseitigen Flugzeuges. Die Stinson L-5 war ur-sprünglich eine reine Zivilmaschine, die erst ab1938 die Aufmerksamkeit des Militärs erregte –und nach und nach für Kriegseinsätze modifi-ziert wurde. Aus den bescheidenen Anfängenentwickelte sich eines der allgegenwärtigstenFlugzeuge des Krieges.

Der „Kampf-Käfer“

Die amerikanische StinsonL-5 „Sentinel“

Illustration: Jim Laurier

Fixiertes FahrgestellWenn die Crew Luft aus den Reifen ließ,waren der Start und die Landung auchauf matschigen Pisten möglich. ImWinter wurden Kufen verwendet, um beiEis und Schnee einsatzfähig zu sein.

Eine „Sentinel“(„Wächter“) des „1st

Air Commandos“ pa-trouilliert im März1945 über Burma.

Power-BoxerDer Lycoming O-435-A Motor hatte 185 PS und ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h.

AbgestrebterHochdeckerDie 10,36 Meter Flügelspann-weite erlaubte der „Sentinel“eine Dienstgipfelhöhe vonetwa 4.800 Meter.

LeichtbauweiseDer Rumpf einer L-5 bestand aus einerStahlgitterkonstruktion. Mit vollerZuladung (916 kg) hatte die Maschineeine Reichweite von knapp 600 Kilo-meter.

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In dieser Serie bereits erschienen:Kampfpanzer Sherman M4 (2/2013)Flugzeugträger Independent-Klasse (3/2013)Deutsches Schnellboot Typ S-100 (3/2013)Maschinengewehr (MG) 42 (4/2013)Amerikanische Haubitze M2A1 (5/2013)Fairey Swordfish (6/2013)Russischer Kampfpanzer T-34/76 (1/2014)Japanischer Jäger A6M Zero (1/2014)

Heinkel He 111 (2/2014)Amerikanischer Lastwagen GMC 6x6 (3/2014)

Kleinst-U-Boot Typ 127 „Seehund“ (4/2014)Deutsches Kettenkraftrad HK 101 (5/2014)

Britischer Lancaster-Bomber (6/2014)Deutscher Panzer „Tiger“ (1/2015)Amerikanisches „Higgins-Boot“ (2/2015)Sowjetische MPi PPSh-41 (4/2015)

55Clausewitz 4/2015

Leutnant Elbert L. Davisposiert vor seiner L-5 „Straw Boss“ im März1945 in der Nähe von Scar-peria, Italien. Die Aufnah-me entstand kurz vor sei-nem 500. Kriegseinsatzmit dem zuverlässigenFlugzeug. Fotos: National Archives

Fieseler Fi 156 „Storch“Besatzung: 2 MannHöchstgeschwindigkeit: 175 km/hReichweite: 386 kmDienstgipfelhöhe: 4.600 mProduktion: 2.900 StückDer bekannteste Einsatz war die Verwendung beider Befreiung von Mussolini durch Otto Skorzenyund deutsche Fallschirmjäger 1943.

Polikarpow Po-2Besatzung: 1 MannHöchstgeschwindigkeit: 150 km/hReichweite: 630 kmDienstgipfelhöhe: 3.000 mProduktion: 30.000 StückDie Sowjets verwendeten ihr geflügeltes„Zugpferd“ für alle möglichen Kriegseinsätze. Die Po-2 wurde zum Beispiel von den legendären„Nachthexen“ als Bomber eingesetzt.

Westland LysanderBesatzung: 2 MannHöchstgeschwindigkeit: 340 km/hReichweite: 965 kmDienstgipfelhöhe: 6.500 mProduktion: 1.650 StückDas Flugzeug der Wahl, um Sondereinsatztruppen(SOE-Agenten) hinter feindlichen Linien im vonder Wehrmacht besetzten Europa abzusetzen.

„Fliegender Jeep“Die Besatzung einer L-5 bestand aus Pilotund Beobachter. General Dwight D. Eisen-hower, regelmäßiger Sentinel-Fluggast,hätte die Maschine auch selbst steuernkönnen: Er hatte einen Pilotenschein und600 Stunden in seinem Flugbuch.

Insel-StützpunktDie hier abgebildete L-5 wurdevon Sergeant Walter James vom„25th Liaison Squadron“ geflogen,das auf Neuguinea stationiert war.

Metall-MinimalistLediglich das Querruder, die Fahrwerks-sowie Triebwerksverkleidung und einigeandere wichtige Teile waren aus dem nurknapp vorhandenen Aluminium gefertigt.

In Stoff gehülltDie Außenhaut der L-5 bestandaus einem verstärkten Baum-wollgewebe – dünn, aerody-namisch und nach einemDurchschuss leicht zu flicken.

Mess-MechanismusUm die Fluggeschwindigkeit zu ermitteln,verließen sich die L-5 Piloten auf ein Pitotrohr(Staudrucksonde). Dies wird auch bei moder-nen Flugzeugen noch so gemacht.

DIE KONKURRENZ

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Militär und Technik | ADMIRAL SCHEER

FÜHRUNGSSTARK: Als Chef derMarineleitung seit 1928 bemühtesich Admiral Erich Raeder trotz derEinschränkungen des Versailler Ver-trages um den Aufbau einer kampf-kräftigen und modernen Marine.Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

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57Clausewitz 4/2015

Panzerschiff ADMIRAL SCHEER

Raeders„Hoffnungsträger“

1. April 1933: Die ADMIRAL SCHEER läuft in Wilhelmshaven vom

Stapel. Der aus der Not geborene Panzerschiff-Neubau soll

Deutschlands Flotte stärken und seine nach 1918 geschwächte

„Seegeltung“ wieder ausbauen. Von Eberhard Kliem

SCHLICHT: Das Bugwappen der ADMIRAL SCHEER zeigt das Wort„Skagerrak“.Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

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Die den Deutschen in Versailles auferleg-ten Bestimmungen bleiben unberücksichtigt.So legt die deutsche Marineleitung still-schweigend bei der Festlegung der Tonnageder Neubauten das günstigere „WashingtonDeplacement“ zugrunde, das als Maßeinheitdie englische Einheit „tons“ (ts) eingeführthat und bei einem voll ausgerüsteten Schiffdie Brennstoffvorräte nicht mitrechnet. Beider Artilleriebewaffnung wiederum bleibendie günstigeren – weil unbestimmten – Kali-berangaben des Versailler Vertrags die deut-sche „Richtschnur“.

Quadratur des KreisesÜber den operativen Einsatz der „Ersatzbau-ten“ wird in den militärischen Führungsstel-len und im Konstruktionsamt der Reichsma-rine frühzeitig nachgedacht. Wegen derdrastischen Tonnage-Beschränkung auf10.000 ts liegen die Probleme hier mehr alsdeutlich auf der Hand.

Die nun für die Siegermächte zugelasseneHöchsttonnage liegt bei 35.000 ts. Unter die-sen Bedingungen ein „konkurrenzfähiges“schweres Kriegsschiff zu planen und zu bau-en, erscheint als Quadratur des Kreises. Die

Überlegungen machen schnell deutlich, dassvon den drei bestimmenden Faktoren einesKriegschiffs – nämlich Bewaffnung, Stand-festigkeit (Panzerung) und Geschwindigkeit– ein Faktor zugunsten der anderen vernach-lässigt werden muss. In den Jahren bis 1926werden insgesamt 18 Entwürfe und Ent-wurfsplanungen von der Konstruktionsab-teilung der Reichsmarine nach verschiedens-ten Parametern technisch durchgerechnetund geplant.

In der Flottenabteilung unter der Führungdes Kapitäns zur See Wilfried von Loewen-feld (1879–1946) hat sich mittlerweile die An-sicht durchgesetzt, dass „Ersatz Preußen“ – soder Planungsbegriff für das neue Schiff – an-gesichts der akuten Gegnerschaft von Frank-reich und Polen so ausgelegt sein muss, dasses als Hauptaufgabe Handelskrieg gegen diefranzösischen Nachschublinien sowohl vorder gegnerischen Küste als auch im atlanti-schen Seeraum zu führen hat. Als weitere,nachgeordnete Aufgaben sieht die Flottenab-teilung noch den Einsatz in einer Kampfgrup-pe modernen Zuschnitts auf hoher See unddie Bekämpfung von gegnerischen Einheitenim Küstenvorfeld von Polen vor.

58

Militär und Technik | ADMIRAL SCHEER

Admiral Erich Raeder, seit 1928 Chef derMarineleitung, nimmt während seinerTaufrede der ADMIRAL SCHEER am

1. April 1933 Bezug auf die Erfolge der Kai-serlichen Marine während des Ersten Welt-kriegs: „So soll denn dieses stolze Schiff, dasvor uns steht als ein Zeugnis trefflichen deut-schen Ersinnens und Könnens und als bered-ter Zeuge ungebrochenen deutschen Lebens-willens (...) den Namen des Siegers von Ska-gerrak tragen. (...) Glückhaft in Sturm undWetter sei allezeit deine Fahrt, sieghaft in Notund Gefahr, sei stets bereit, alle Kraft einzu-setzen für das Vaterland, für seine Geltungzur See!“

Rückblick ins Jahr 1919: Durch den Ver-sailler Frieden wird die Marine des Deut-schen Reiches auf eine unbedeutende Küs-tenmarine „degradiert“. Bei den Überlegun-gen zu möglichen Ersatzbauten ab 1920erweisen sich die Bestimmungen des Was-hingtoner Flottenvertrages aus dem Jahr1922 jedoch unverhofft als vorteilhaft für diedeutsche Seite. Hier hatten sich die Sieger-mächte Großbritannien, USA, Frankreich,Italien und Japan zu einschneidenden Rüs-tungsbegrenzungen verpflichtet.

BEI KRIEGSAUSBRUCH:So sah das Panzerschiff1939 aus. Gut erkennbardas nun an Bord befindli-che Bordflugzeug.

Foto: Archiv DGSM Brennecke

URSPRÜNGLICH: So sah das Panzerschiffunmittelbar nach der Indienststellung aus –ohne Schornsteinklappe und „Atlantikbug“Abb.: Sammlung Kliem

ADMIRAL SCHEER (Stand 1940)TECHNISCHE DATEN

Einsatzverdrängung: 15.900 tsLänge: 187,90 mBreite: 21,30 mTiefgang: 7,3 mAntrieb: 8 x 9 Zylinder

zweifachwirkendeZweitaktdieselmo-toren mit zwei Wellen

Geschwindigkeit: 26,0 knFahrbereich: 21.500 sm /10 knBesatzung: bis zu 1.150 MannBewaffnung: 6 x 28-cm-Geschütze

8 x 15-cm-Geschütze6 x 10,5-cm-FlakBis zu 28 Flakge-schütze (4 und 2 cm)8 Torpedorohre

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Am 11. Juni 1927 entscheidet der damaligeChef der Marineleitung, Admiral Hans Zen-ker (1870–1932), den Bau eines Panzerschif-fes von 10.000 ts mit zwei 28-cm-Drillings-türmen, acht 15-cm-Einzeltürmen, 26 bis 27Knoten Geschwindigkeit und einer maxima-len Panzerung von 100 Millimeter. Mit demEntwurf des Panzerschiffes wird die Kon-struktionsabteilung des Marinekommando-amtes beauftragt. Die Konstrukteure nutzenunter dem Zwang der in Versailles festgeleg-ten Einschränkungen nun alle möglichenund verfügbaren technischen Neuerungen.Die Antriebsanlage besteht zum ersten Malbei einem Kriegsschiff dieser Größe aus ei-nem reinen Diesel-Motorenantrieb der Fir-ma M.A.N. aus Augsburg. Insgesamt 54.000PS ermöglichen eine Höchstgeschwindigkeitvon 29 Knoten. Der Dieselvorrat erlaubt eineFahrtstrecke von 10.000 Seemeilen bei 20Knoten beziehungsweise 18.000 Seemeilenbei 13 Knoten. Neben diesen Einsatzmög-lichkeiten bietet der Dieselantrieb den weite-ren Vorteil, in allen Gefechtsituationen inkürzester Zeit von „Null“ auf volle Leistungzu kommen.

Revolutionäre NeuerungErstmalig wird eine Artillerie-Feuerleitanla-ge eingebaut, die vom Vormars aus die ge-samte schwere Artillerie zentral einsetzen

kann – damals eine Revolution in der Ge-fechtsführung.

Am 5. Februar 1929 findet die Kiellegung,am 19. Mai 1931 schließlich der Stapellaufstatt, bei dem Reichspräsident Paul von Hindenburg das Schiff auf den NamenDEUTSCHLAND tauft. Am 1. April 1933stellt er das Panzerschiff in Wilhelmshavenunter dem Kommandanten Kapitän zur See

Hermann von Fischel (1887–1950) in Dienst.Nicht ohne Hintersinn läuft am selben Tagdas nächste Schiff der Klasse – die ADMI-RAL SCHEER – vom Stapel.

Recht schnell wird erkannt, welchen kon-struktiven „Coup“ die deutschen Schiffbau-er gelandet haben, denn die aus der Not ge-borene Konstruktion ist geeignet, das mari-time Gleichgewicht zumindest unter deneuropäischen Seemächten heftig zu stören.Die neuen Panzerschiffe werden in der Fach-

presse teils bewundernd, teils spöttisch als„Westentaschenschlachtschiffe“ (engl.: „po-cket battleships“) bezeichnet.

Neuartiger TurmmastDie ADMIRAL SCHEER wird am 12. No-vember 1934 in Dienst gestellt. Die Besat-zung stellt das zuvor außer Dienst gehendeLinienschiff HESSEN. Die bei der Erprobung

der DEUTSCHLAND gewonnenen Erkennt-nisse fließen nutzbringend bei dem zweitenSchiff der Serie ein.

So bekommt die ADMIRAL SCHEER –das Erkennungssignal des Schiffes ist„S/C“– einen charakteristischen, neu kon-struierten pyramidenförmigen Turmmast,der die wichtigsten Führungs-, Waffen- undFernmeldesysteme sowie die Admirals- undNavigationsbrücke enthält.

Ansonsten bleibt der Grundentwurf – sowie für die DEUTSCHLAND konstruiert –erhalten.

Der Ausbruch des Spanischen Bürger-kriegs im Juli 1936 sollte in den folgendendrei Jahren erhebliche Auswirkungen auf dieMarine des Deutschen Reiches haben. Besitztdiese anfänglich die Aufgabe, für den Schutzvon deutschen Staatsbürgern und deutschenBesitzungen zu sorgen, so werden später dieSchiffe und Boote des „Befehlshabers derSeestreitkräfte vor Spanien“ innerhalb derInternationalen Kontrollkommission zurÜberwachung des Schiffsverkehrs und fürallgemeine Kontrollaufgaben eingesetzt.

59Clausewitz 4/2015

„Coup“ der deutschen Schiffbauer

„Außer dem Kommandanten wusste kein Offizieroder Mann der Besatzung, dass nun für lange Zeit,

vielleicht für immer, die Verbindungen mit der Heimat unterbrochen waren.“

K.z.S. Theodor Krancke, Kommandant der ADMIRAL SCHEER vor dem Auslaufen am 28. Oktober 1940

WEIHNACHTEN IM EINSATZ: „Alle Mann ach-teraus“, Weihnachten1940 im Südatlantik wäh-rend des Einsatzes desPanzerschiffes im Handels-krieg.

Foto: DGSM Archiv Brennecke

VERÄNDERT: Der Seitenriss zeigt den Schweren Kreuzer in seinem Aussehen 1945 mit Schornsteinklappe und geändertem Gefechtsmast.Der Decksplan dokumentiert das Schiff mit Stand 1940. Abb.: Sammlung Kliem

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Militär und Technik | ADMIRAL SCHEER

der Rückmarsch in die Heimat, am 1. Aprilläuft das Schiff in den Kieler Hafen ein. Es istnach fast sechs Monaten Einsatz ohne jedeHafenliegezeit immer noch voll einsatzfähig– ein Beweis für einen taktisch und operativgelungenen Einsatz. Hinzu kommt eine he-rausragende Führung der Besatzung vonmehr als 1.150 Mann. Das Schiff hat sich fürdie Handelskriegführung als bestens geeig-net erwiesen. In 161 Tagen Einsatz hat die

ADMIRAL SCHEER insgesamt 46.419 See-meilen zurückgelegt und 17 Schiffe mit einerGesamttonnage von 113.223 BRT versenktoder aufgebracht.

Nach einer Werftliegezeit in Kiel wird dieADMIRAL SCHEER der „Baltenflotte“ mitdem Flaggschiff TIRPITZ zugeteilt, die mit Be-ginn des Russlandfeldzuges 1941 einen mög-lichen Ausbruch der sowjetischen Flotte ausder Ostsee verhindern soll. Im Herbst 1941 löstman den Verband auf, da eine derartige Ge-fahr nicht mehr besteht. Der Schwere Kreuzerwird für eine Verlegung nach Norwegen vor-bereitet, da nun in den dortigen Stützpunktendie verbliebenen großen Einheiten der Kriegs-marine konzentriert werden sollen. Immernoch hofft die Seekriegsleitung auf eine Fort-führung des Handelskrieges im Atlantik mitschweren Einheiten, obwohl dieser nach demUntergang des Schlachtschiffs BISMARCK imMai 1941 immer riskanter wird.

den Atlantik durch. Während der folgendenMonate führt das Schiff außerordentlich er-folgreich Handelskrieg im gesamten Atlan-tik und im Indischen Ozean. Geschickt ver-meidet der Kommandant Kapitän zur SeeTheodor Krancke jegliches Gefecht mit über-legenen gegnerischen Überwasserstreitkräf-ten. Bei einem Angriff am 6. November aufeinen nur schwach gesicherten Konvoi kanndie ADMIRAL SCHEER den sichernden eng-

lischen Hilfskreuzer JERVIS BAY trotzt tap-ferer Gegenwehr versenken. Weiterhin wer-den sechs Handelschiffe vernichtet.

Im Dezember 1940 verlegt man das Ope-rationsgebiet in den Südatlantik , im Febru-ar 1941 stößt der Schwere Kreuzer dann biszu den Seychellen vor. Im März 1941 beginnt

Die ADMIRAL SCHEER wird unterwechselnden Befehlshabern insgesamt sechsMal in spanische Gewässer entsandt. DerEinsatz ab dem 9. Mai 1937 ist der ereignis-reichste. Am 29. Mai wird das PanzerschiffDEUTSCHLAND vor Ibiza von Flugzeugender republikanischen Regierungstruppenüberraschend angegriffen und mehrfach ge-troffen. Es gibt erhebliche personelle Verlus-te und Schäden am Schiff. Als Reaktion aufden Angriff erhält die ADMIRAL SCHEERden Befehl, die befestigte Hafenstadt Alme-ria zu beschießen, in deren Hafen das Linien-schiff JAIME I. liegen soll – eine Fehlinforma-tion. Frühdunst und mangelnde Aufklärungder Ziele an Land machen den Beschuss mi-litärischer Ziele durch die 28-cm-Türmeziemlich wirkungslos. Tragisch: Die Zivilbe-völkerung hat Todesopfer und Verletzte zubeklagen.

Umklassifizierung des SchiffesBei Kriegsausbruch 1939 liegt das Panzer-schiff vor Wilhelmshaven auf Schillig-Reedeund wird hier am 4. September von briti-schen Bombern erfolglos angegriffen. In denfolgenden Monaten bis etwa Mitte des Jahres1940 stellt man durch Übungen in der Ostseedie Kriegsbereitschaft des Schiffes her. Beikürzeren Werftliegezeiten werden Maschi-nenstörungen beseitigt und ein neuer Ge-fechtsmast ähnlich dem des Schwesterschif-fes DEUTSCHLAND eingebaut. Auch dieBugform wird verändert. Ab dem Sommerliegt das nun zum „Schweren Kreuzer“ um-klassifizierte Schiff in Gotenhafen (Gdin-gen), wo man die Ausrüstung für einen„Handelskrieg“-Einsatz vornimmt. Zu die-sem läuft es am 27. Oktober 1940 aus der El-be aus, erreicht am folgenden Tag Stavangerund bricht von dort aus am 31. Oktoberdurch die Dänemarkstraße unbemerkt in

„Als das Schiff über 28 Grad hinaus stetig weiterkrängte, gab ich aus eigenem Entschluss

den Befehl an beide E-Werke: Maschinen laufen lassen, Schiff verlassen…“

Oberleutnant zur See (Ing.) Strempel, Wachhabender Ingenieuroffizier am 9. April 1945, Quelle: Auszug aus dem Kriegstagebuch

LiteraturtippsStrohbusch, Erwin: Kriegsschiffbau seit 1848,Bremerhaven 1977.

Hildebrandt, H.-H.; Röhr, A; Steinmetz, H.-O.:Die Deutschen Kriegsschiffe. Biographien – einSpiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zurGegenwart, Bd. 1, Herford 1980.

Hanschmann, W. u. Thienert, G.: Dokumentezum Untergang des Schweren Kreuzers ADMIRALSCHEER, in: Schiff und Zeit, Ausgabe 8, Seite61-68.

UNTER BESCHUSS: Am 31. Mai 1937 eröffnet das Pan-zerschiff ADMIRAL SCHEER das Salvenfeuer auf die spa-nische Hafenstadt Almeria, Gemälde von Claus Bergen.

Abb.: Sammlung Jörg-M. Hormann © VG Bild-Kunst 2015

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Am 20. Februar 1942 läuft das Schiff zu-sammen mit dem Schweren Kreuzer PRINZEUGEN und unter Sicherung von Torpedo-booten und Zerstörern nach Norwegen ausund erreicht am 23. Februar den vorgesehenLiegeplatz im Trontheimfjord. In den nächs-ten Monaten gibt es keinen Einsatz. Zumeistfehlen leichte Einheiten als Sicherungsstreit-kräfte gegen die immer aggressiver vorge-henden englischen U-Boote. Auch der Man-gel an Heizöl macht sich bemerkbar.

Riskante OperationIm Sommer 1942 bildet die Seekriegsleitungdie „Kampfgruppe I“ mit TIRPITZ und AD-MIRAL HIPPER und die„Kampfgruppe II“ mit AD-MIRAL SCHEER und LÜT-ZOW. Zugeteilt werden auchentsprechende Sicherungs-einheiten. Geplant ist ein An-griff auf einen britischenKonvoi nach Murmansk, derwichtige Rüstungsgüter fürdie sowjetische Armee trans-portiert. Doch schon einenTag nach dem Auslaufen derKampfgruppen – am 5. Juli –wird die Operation abgebro-chen, da überlegene britischeStreitkräfte gemeldet werdenund die Seekriegsleitung kein Risiko einge-hen will. Am 18. August 1942 läuft das Schiffjedoch alleine zur Operation „Wunderland“aus Narvik in die Barentssee aus, stößt wei-ter nach Osten in die Karasee vor, versenkt ei-nen Eisbrecher, beschießt Fort Dickson undkehrt auf Befehl der Seekriegsleitung schonam 30. August zurück nach Narvik. Ohneweiteren Einsatz verlegt der Schwere Kreu-zer Ende des Jahres nach Wilhelmshaven.Dort sollen umfangreiche Instandsetzungs-arbeiten durchgeführt werden.

Als Ende des Jahres ein Einsatz schwererEinheiten gegen einen englischen Konvoi –die Operation „Rösselsprung“ – misslingt,

befiehlt Hitler die Außerdienststellung na-hezu aller großen Schiffe. Dem Oberbefehls-haber der Kriegsmarine, Vizeadmiral KarlDönitz (seit Januar 1943 Großadmiral) war esgelungen, einige der Schiffe zumindest alsAusbildungseinheiten in Dienst zu halten –dazu gehört auch die ADMIRAL SCHEER.

Sie wird nach Beendigung einer weiterenWerftliegezeit im April 1943 in die Ostseeverlegt und füllt die Aufgabe als Ausbil-dungsschiff bis Oktober 1944 aus. In dendann folgenden Monaten setzt man denSchweren Kreuzer in verschiedenen Kampf-gruppen zum Landzielbeschuss der längsder ostpreußischen Küste vorrückenden Ro-

ten Armee ein. Da durch die intensive

Nutzung der schweren undmittleren Artillerie derenRohre ausgeschossen und da-mit kaum noch nutzbar sind,verlegt das Schiff im Märznach Kiel. Dort wird die AD-MIRAL SCHEER am 9. April1945 von englischen Bomber-verbänden angegriffen unddurch direkte Voll- und durchNahtreffer so schwer beschä-digt, dass das Schiff an derPier kentert.

Im Sommer 1945 beginnenAbbrucharbeiten, die 1950 so weit fortge-schritten sind, dass am Abwrackplatz desSchiffes nur noch ein Schiffsskelett übrigbleibt, das mit Trümmerschutt verfüllt undplaniert wird. Erhalten hat sich nur dieSchiffsglocke der ADMIRAL SCHEER, dieheute im Deutschen Marinemuseum Wil-helmshaven ausgestellt ist.

Clausewitz 4/2015

Der Schwere Kreuzer kentert

Eberhard Kliem, Jg. 1941, Fregattenkapitän a.D., zu-letzt tätig im NATO-Hauptquartier Brüssel. Anschlie-ßend drei Jahre Geschäftsführer des Deutschen Mari-nemuseums in Wilhelmshaven. Mitarbeit an verschie-denen Museumsprojekten; zahlreiche maritimeFachbeiträge.

BITTERES ENDE:Die ADMIRALSCHEER liegt ge-kentert und kiel-oben an der Aus-rüstungspier derDeutschen Wer-ke Kiel. Auch anLand steht nachden alliiertenLuftangriffenkaum ein Steinauf dem ande-ren. Foto: ArchivDGSM Brennecke

AUSGESTELLT: Schiffsglockeim Deutschen MarinemuseumWilhelmshaven. Foto: Slg. Kliem

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Bildstrecke

Armenien ist ein Land mit einer langen und blutigenGeschichte. Der kleine Staat im kaukasischen Berg-land liegt heute, aus europäischer Sicht, abseits – „ein-

geklemmt“ zwischen Aserbaidschan, Georgien, dem Iranund der Türkei. Die Vergangenheit Armeniens mit all ihrenKriegen und Tragödien ist uns Westeuropäern größtenteilsunbekannt. In der Antike ist das Land Puffer zwischen demRömischen Imperium und dem Partherreich. Später wird esmehrfach geteilt oder größeren Mächten „zugeschlagen“,zum Beispiel Byzanz, den Mongolen, dem OsmanischenReich und Russland. Besonders die Antike und das Mittel-alter sind permanent von lokalen Kämpfen, zwischenstaat-

lichen Konflikten und brutalen Kriegen geprägt. CLAUSE-WITZ zeigt, wie der Künstler Arman Avakan die glanzvol-len armenischen Krieger dieser Zeit durch spektakuläreComputergrafiken zu neuem Leben erweckt, und gewährtsomit neue Einblicke in eine weit zurückliegende Epoche.

Am Computer zu neuem Leben erweckt:

Die „eisernen Krieger“Armeniens

SORGFÄLTIG REKONSTRUIERT: Diese Abbildung zeigt, wie vieleunterschiedliche Quellen in die Darstellung der Krieger einflie-ßen. Die intensive historische Recherche ist ein zentraler Be-standteil – und mindestens ebenso aufwendig wie die künstleri-sche Komponente.

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63Clausewitz 4/2015

BEEINDRUCKENDER „EISEN-KRIEGER“: Dieserarmenische Ayrudzi-Kataph-rakt gehört der hellenis-tisch geprägten Dynastieder Artaxiden an, die Groß-armenien von 189 v. Chr.bis 12 n. Chr. regieren.„Ayr-u-Dzi“ heißt wörtlich„Mann-und-Pferd“, und dieaus dem Griechischen kom-mende Bezeichnung fürschwer gepanzerte Reiterei,„Kataphrakt“, kann mit „inEisen gekleideter“ über-setzt werden. Antike Quel-len erwähnen die komplettin Eisen gehüllten Pferde.Die Rekonstruktionsgrafikgibt einen guten Eindruckvon der imposanten Erschei-nung, die solche Panzerrei-ter auf dem Schlachtfeld er-zeugt haben müssen – zu-mal wenn sie zu tausendenauftraten.

ZUM WIDERSTAND BEREIT:Armenien wird immer wiedervon fremden Mächten erobertund besetzt. Und jedes Malkommt es zu Aufständen –die beiden abgebildeten Krie-ger sind an einer Rebelliongegen die Sassaniden betei-ligt und entstammen demZeitraum von etwa 350 bis500 n. Chr.

TÖDLICHER LANZENWALL: Die stark gepan-zerten „Lanzenmänner“ dieser armenischenPhalanx wirken martialisch und unaufhalt-sam. Sie sind Teil der Armee König Tigranes– das Wappen der Artaxiden ist über denKöpfen der zweiten Reihe zu erkennen. Krie-ger dieser Art werden etwa von 70 v. Chr.bis 200 n. Chr. eingesetzt.

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Bildstrecke | Armenische Krieger

ARISTOKRATISCHER ARMENIER:Dieser stolze und mit teuren Waf-fen ausgestattete Krieger ist An-gehöriger der Adelsschicht. Um700 errichten Araber ihre Herr-

schaft über das Land – der lokaleAdel wehrt sich in mehreren Auf-

ständen vergeblich dagegen.

BEDROHLICH: Diese beidenangsteinflößenden armenischenKämpfer entstammen dem Zeit-raum von etwa 885 bis 1045.Sie stehen auf den Mauern vonAni, der ehemaligen HauptstadtArmeniens. Der Ort ist heuteverfallen und hat das „Flair“ ei-ner Geisterstadt – doch viele derehemaligen Anlagen, darunterdie Stadtmauer, sind als Ruinenin der kargen Berglandschaft er-halten geblieben.

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65Clausewitz 4/2015

Ein von Kriegen und Konflikten geplagtes Land

IM NAMEN DES KREUZES: Das Christentumwar und ist stark in der armenischen Kulturverwurzelt. Armenier sind deshalb – und auf-grund der geographischen Lage ihres Landesam Schnittpunkt von Orient und Okzident – anden Kreuzzügen des Mittelalters beteiligt. Ar-menien gilt als erster christlicher Staat derWelt, da das Christentum bereits im Jahr 301offizielle Religion wird. Die Grafik zeigt einenschweren Reiter aus dem 13. Jahrhundert.

AUF POSTEN: Ein Infante-rist hält Wache in einemBauwerk des „ArmenischenKönigreiches von Kilikien“,das von 1198 bis 1375existiert. Das Wappen aufdem Schild zeigt den rotenLöwen der Rubeniden-Dy-nastie, die das Königreichbis 1342 regiert. Heute istdas historische Kilikien Teildes türkischen Staates.

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Kriege, Krisen und Konflikte

„Prager Frühling“ 1968

Mit Panzern gegen Reformen

21. August 1968: Die Augen der Welt sind auf die tschechoslowakische Hauptstadt ge-

richtet. Wird der „große Bruder“, die Sowjetunion, den „Sozialismus mit menschlichem

Antlitz“ in Prag dulden oder ihn mit Waffengewalt beseitigen? Von Peter Andreas Popp

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Das Zwanzigste Jahrhundert weist vierEpochenjahre auf, nach denen die Weltnicht mehr so war wie sie zuvor gewe-

sen ist: 1917 – das definitive Ende des „AltenEuropa“ mit dem Kriegseintritt der USA unddem Beginn des „sozialistischen Experi-ments“ in Russland; 1945 – das Ende des bis-her schrecklichsten aller Kriege, des ZweitenWeltkriegs; 1989/90 – das Ende des „KaltenKriegs“ und des „Eisernen Vorhangs“. Dasvierte Jahr, 1968, wäre fast ein Epochenjahrim positiven Sinne gewesen. Nämlich dann,wenn die Hoffnungen in West und Ost aufwirkliche Freiheit in Erfüllung gegangen wä-ren. Leider bleibt es bei einer nur in Teilen ge-glückten gesellschaftlichen Veränderung.Und – jetzt verengt sich der Blick – dies be-trifft im Augenblick des Geschehens nur die

westliche Welt. „1968“ steht hier für das Jahrdes Aufruhrs gegen die „Generation der Al-ten“ und ihr Wertesystem. Der Protest derJungen gegen das „Establishment“ im Zei-chen von Pop-Kultur, „Flower Power“ undder Forderung nach „antiautoritärer“ Erzie-hung bildet eine Grunderfahrung, die die ge-samte westliche Welt erstmals gemeinsammacht. Um das Jahr „1968“ im Westen ran-ken sich Politheldenlegenden. Alles scheintmöglich. Der „Katzenjammer“ kommt erstnach dem Yom-Kippur-Krieg (Oktober 1973)zwischen Israel und seinen arabischen Geg-nern. Fortan wird Energie teuer, und ein Teilder Achtundsechziger driftet entweder ins

kritisierte Establishment oder in das Umfelddes Linksterrorismus ab.

Was im „Westen“ gerne ausgeblendetwird: Ein „1968“ gibt es auch im Osten.Doch es ist ein anderes – jedenfalls auf denersten Blick. Denn die Vorgänge in derTschechoslowakei sind einerseits auf kom-plexe Weise mit dem gesellschaftlichen Um-bruch im Westen verbunden. Sie haben aberandererseits auch ihre eigenen Wurzeln, dieerklärbar sind angesichts der Tatsache, dassseit dem Ende des Zweiten Weltkriegessowjetische Truppen „als Befreier vom Fa-schismus“ im Land stehen.

Die UdSSR braucht die CSSRGeostrategisch gesehen bildet die Tschecho-slowakei für die Sowjetunion den Schlüssel,der ihr Herrschaftsgebiet in Ostmitteleuropazusammenhält. Die Faktoren dafür sind viel-fältig: Wie die Aufstände in der DDR 1953 so-wie in Polen und Ungarn 1956 zeigen, hat esdie Sowjetunion hier mit unruhigem Terrainzu tun. Ungarns Stabilität gründet auf demPrinzip des „Gulasch-Kommunismus“:Marktwirtschaft im Kleinen und ein kommu-nistisches Selbstverständnis nach dem Motto„Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“

Diese Art des kommunistischen „Gesell-schaftsvertrages“ gilt nicht für die DDR und– bis 1964 – auch nicht für die Tschechoslo-wakei. Dass er in der DDR nicht gilt, liegt aufder Hand: Das SED-Regime ringt kläglichum die Deutungshoheit in der deutschenFrage. Es ist besonders beflissen, sich aus-drücklich nicht als sowjetisch besetztes Ge-biet gegenüber der „eigenen“ Bevölkerung

67Clausewitz 4/2015

Die sogenannte Breschnew-Doktrin legiti-

miert das Interventionsrecht der Sowjetuni-

on bei abweichendem Verhalten eines Mit-

gliedes des Warschauer Pakts. Die zentralen

Passagen sind:

„Die KPdSU setzte sich immer dafür ein,dass jedes sozialistische Land die konkre-ten Formen seiner Entwicklung auf dem We-ge zum Sozialismus unter Berücksichtigungder Eigenart seiner nationalen Bedingun-gen selbst bestimmte. Aber bekanntlich […]gibt es auch allgemeine Gesetzmäßigkeitendes sozialistischen Aufbaus, und ein Abwei-chen von diesen Gesetzmäßigkeiten könntezu einem Abweichen vom Sozialismus imAllgemeinen führen.“

„Und wenn innere und äußere dem Sozia-lismus feindliche Kräfte die Entwicklung ei-nes sozialistischen Landes zu wenden undauf eine Wiederherstellung der kapitalisti-schen Zustände zu drängen versuchen, wennalso eine ernste Gefahr für die Sache des So-zialismus in diesem Lande, eine Gefahr für

die Sicherheit der ganzen sozialistischen Ge-meinschaft entsteht […] dann wird dies nichtnur zu einem Problem für das Volk diesesLandes, sondern auch zu einem gemeinsa-men Problem, zu einem Gegenstand der Sor-ge aller sozialistischen Länder.“

„Begreiflicherweise stellt militärische Hil-fe für ein Bruderland zur Unterbindung ei-ner für die sozialistische Ordnung entstan-denen Gefahr eine erzwungene außeror-dentliche Maßnahme dar. Sie kann nurdurch direkte Aktionen der Feinde des So-zialismus im Landesinnern und außerhalbseiner Grenzen ausgelöst werden: DurchHandlungen, die eine Gefahr für die gemein-samen Interessen des sozialistischen La-gers darstellen.“

Vier sozialistische Länder wiesen diesenHegemonialanspruch zurück: China, Alba-nien, Rumänien und Jugoslawien. Erst Mi-chail S. Gorbatschow hebt die Doktrin defi-nitiv am 25. Oktober 1989, also am Vor-abend des Falls der Berliner Mauer, auf.

Die Breschnew-DoktrinHINTERGRUND

HOFFEN AUF EINE BESSERE ZUKUNFT:Tschechoslowakische Demonstranten inPrag. Abb.: picture-alliance/dpa

ERSCHÜTTERUNG DES SOWJETIMPERI-UMS: Als Reformer in der Tschechoslowa-kei einen „Sozialismus mit menschlichemAntlitz“ wagen, schickt Moskau Truppenum den Aufstand niederzuschlagen. DasBild zeigt russische Panzer in der Innen-stadt von Prag, denen sich einige mutigeZivilisten entgegenstellen.

Abb.: picture-alliance/dpa

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zu präsentieren. Diese sitzt bis zum Bau derBerliner Mauer 1961 zu einem guten Teil aufgepackten Koffern. Gleichwie, die Einheits-sozialisten in der DDR wollen unter demMotto „Von der Sowjetunion lernen, heißtsiegen lernen“ zu den Siegern des ZweitenWeltkriegs gehören – im deutschen Fall einbesonderes Problem, denn östlich von Elbeund Thüringer Wald ist eine Diktatur durchdie andere ausgetauscht worden. Die tsche-chischen Genossen haben es da leichter!

Für die Sowjetunion ist das Industriepo-tenzial der DDR und der Tschechoslowakeiunerlässlich, wenn sie die Grundbedürfnis-se der eigenen Bevölkerung angesichts der

permanenten Hochrüstung und der ineffi-zienten Wirtschaft einigermaßen stillen will.Vor diesem Hintergrund also scheint eineVeränderung des Sozialismus in der Tsche-choslowakei genau so wenig möglich wie in

der DDR. In Prag sitzen im übrigen seit demkalten Staatsstreich von Februar 1948 Hard-liner, sprich Stalinisten, an den Schaltstellender Macht.

Sie verlieren ihre absolute Herrschaftspo-sition erst in den Jahren 1962 bis 1964. Undzwar just zu dem Zeitpunkt, als NikitaChruschtschow – ausgerechnet der sowjeti-sche Parteiführer, der in seiner geheimen Re-de vom 25. Februar 1956 die Verbrechen Sta-lins angesprochen hatte! – machtpolitisch be-reits „auf dem absteigenden Ast“ ist. Mankann darüber spekulieren, ob es sonst imAugust 1968 tatsächlich zur sowjetischen In-tervention gekommen wäre.

Wiederholt sich Geschichte?Tatsache ist, dass nach dem Austritt des vonsowjetischen Truppen nicht besetzen Alba-nien aus dem Warschauer Pakt 1961, der sow-

jetisch-chinesischen Entzweiung seit 1958und der nationalkommunistischen Alternati-ve in Form des jugoslawischen Staatsgebildesseit 1945 kein sowjetischer Führer in den Ver-dacht kommen wollte, die Existenz der Sow-

jetunion aufs Spiel zu setzen. Das heißt kon-kret: Die Stellung als Supermacht mit der Fä-higkeit raumgreifender Operationen inWestmitteleuropa darf nicht verloren gehen!

Dies muss festgehalten werden, weil Mi-chail S. Gorbatschow ab Mitte der 1980er-Jahre mit seiner Politik im Zeichen von„Glasnost“ und „Perestroika“ genau das tut,was der impulsive Nikita Chruschtschowund der idealistische Sozialist AlexanderDubček auf Grund innerer und äußerer Rah-menbedingungen in ihren beiden „Bruder-ländern“ nicht vermögen. Das Ergebnis istbekannt: das Ende der Teilung des Konti-nents und das Ende der kommunistischenHerrschaft mit all ihren noch zu bewältigen-den Spätfolgen in Ostmitteleuropa. Und:Gorbatschow zählt in den Augen der meis-ten heutigen Russen nicht zu den „Großendes 20. Jahrhunderts“!

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Kriege, Krisen und Konflikte | „Prager Frühling“ 1968

„Zu lange haben wir im Dunkeln gelebt, treten wir ins Licht.“

Alexander Dubcek (1921–1992), Politiker und Galionsfigur des „Prager Frühlings“

NICHT NUR PRAG: Die ganze Tschechoslowakei ist von der sowjetischen Militärinterventi-on betroffen (siehe Karte).Hier rollen Panzer in Preßburg/Bratislava ein. Abb.: picture alliance

WILL EIGENEWEGE GEHEN:Alexander

Dubcek möchte inseinem Land ein Li-

beralisierungs- undDemokratisierungs-

programm durchsetzen.Die Tschechoslowakei be-

sitzt am Vorabend der sow-jetischen Intervention zu-

dem eine kritische Öf-fentlichkeit.

Abb.: picture-alliance/dpa

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Vergleicht man die gegenwärtige Lage inder Ukraine mit der militärpolitischen Situa-tion der Tschechoslowakei im Jahre 1968, sofallen interessante Parallelen auf: In beidenFällen argumentiert Moskau mit dem„Schreckgespenst NATO“ und dem Wirken„faschistisch-revanchistischer Kräfte“, gegendie es aus Perspektive des Kreml einzugrei-fen gilt.

Das heißt, heute wie damals gibt Moskaueinem Nachbarstaat nicht die Chance, einenabweichenden Kurs einzuschlagen. Damalshieß es „Schutz des Sozialismus“, heutespricht man vom „Schutz für die Russen aufukrainischem Boden“.

Militärs, kombiniert mit dem „Austausch“des tschechoslowakischen Führungsperso-nals, eine Verselbstständigung der Vorgängeunterbunden werden kann.

Dazu bedarf es natürlich eines planeri-schen Vorlaufes sowie gewisser Rahmenbe-dingungen. Die Organisationsstrukturen desWarschauer Paktes bieten den Rahmen. Kon-sequent umgesetzt würde dies bedeuten,dass ab einer bestimmten Eskalationsstufeauch ostdeutsche Verbände marschierenmüssten. 1968 ist die Sowjetunion trotzDrängen von SED-Chef Walter Ulbricht undseiner Genossen nicht willens, die NationaleVolksarmee der DDR – das heißt die 11. mo-torisierte Schützendivision – gen Prag mar-schieren zu lassen. Zu deutlich wäre die Pa-rallele zu den Jahren 1938/39. Die NVA leis-tet hingegen erhebliche logistische undfernmeldetechnische Hilfe im DDR-Hinter-land. Mit der sowjetischen Intervention inder Tschechoslowakei steigt auf alle Fälle dieBedeutung der DDR für den Zusammenhaltdes Warschauer Paktes.

Passive NATOFür die Sowjets ist – rational betrachtet – dieNATO kein unkalkulierbarer Faktor. Für dieNATO-Staaten ist klar, dass eine Interventi-on nicht in Frage kommt – so wie es 1953 und1956 schon nicht der Fall gewesen ist. Aber:Die Verteidigungsszenarien auf westlicherSeite gingen immer davon aus, dass die WP-Truppen aus einer laufenden Bewegung he-raus, etwa mittels eines grenznahen Groß-manövers in Kombination mit gezielten Pro-vokationen, auf NATO-Gebiet vordringenkönnten. Damit hätten sie zum Beispiel be-stimmte „Faustpfänder“ auf dem Boden derBundesrepublik Deutschland in die Hände

69Clausewitz 4/2015

DDR-Truppen nach Prag?

Die sowjetische Militärintervention in der Tschechoslowakei am 21. August 1968

Militäroperation in der CSSRKARTE

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

LiteraturtippsPauer, Jan: Prag 1968. Der Einmarsch des War-schauer Paktes. Bremen 1995.

Karner, Stefan u.a.: Prager Frühling. Das inter-nationale Krisenjahr 1968. Köln u.a. 2008.

Tuma, Oldrich: Intervention in der Tschechoslo-wakei 1968. In: Heiner Timmermann: Militäri-sche Interventionen in Europa im 20. Jahrhun-dert. Berlin 2008.

Bange, Oliver: Das Ende des Prager Frühlings1968 und die Neue Ostpolitik. In: Bernd Greineru.a.: Krisen im Kalten Krieg. Hamburg 2008.

Auf der Internetseite des Deutschlandfunks(www.deutschlandfunk.de) gibt es außerdemein sehr interessantes Interview mit Generala.D. Eisele. Im Suchfeld oben rechts einfach dieBegriffe „General Eisele“ und „Prager Frühling“eingeben (zuletzt aufgerufen am 28.4.2015).

CHAOS: Ein brennender Bus mitten in Prag. Der Begriff „Prager Frühling“ stammt aus west-lichen Medien und bezeichnet sowohl die Reformversuche der tschechoslowakischen Regie-rung, als auch deren Niederschlagung durch die Sowjetunion. Abb.: picture-alliance/dpa

1968 rollen die sowjetischen Panzer, bevorinner-tschechoslowakisch die Machtfragegestellt wird. Mit anderen Worten: Bis zummilitärischen Eingreifen ist die „führendeRolle der Partei“ noch nicht in Frage gestellt,geschweige denn eine markante Reorganisa-tion der Planwirtschaft in Richtung Markt-wirtschaft vorgenommen worden. Im Früh-sommer 1968 kann man in Prag westlicheZeitungen kaufen. Die Intellektuellenszeneblüht auf. Es ist nur eine Frage der Zeit, bisauf die Formulierung von Forderungen de-ren Umsetzung folgen würde.

Die Intervention findet gerade noch zu ei-nem Zeitpunkt statt, als mit dem Mittel des

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bekommen können. Und was würde gesche-hen, wenn auf NATO-Seite eine verkehrteWahrnehmung der Vorgänge zu einem un-bedachten Handeln auf Bataillons-, Brigade-oder gar Divisionsebene führen würde?

Der Westen schweigtDie Intervention der Sowjets im August 1968kommt für den Westen überraschend – abernicht völlig aus dem Nichts. Politischen Be-obachtern ist klar, dass die sowjetische Füh-rung unter Leonid Breschnew und Alexan-der Kossygin über kurz oder lang handeln

muss: Das Gipfeltreffen der Staats- und Par-teichefs der WP-Staaten in Dresden (März1968) kommt einem Scherbengericht fürDubcek gleich. Wie sich die Sowjetunion al-lerdings in der Stunde der Intervention tat-sächlich verhalten würde, ist niemandem imWesten wirklich bekannt. Die westlichenQuellen jedenfalls suggerieren durchaus,„die NATO habe nichts gewusst“.

Doch kann es nicht auch sein, dass „dieNATO“ nichts wissen wollte? Könnte esnicht sein, dass „der Westen“ mit Blick aufdie langsam Fahrt aufnehmende Entspan-

nung zwischen Ost und West seit 1963, allestat, die Dinge nicht eskalieren zu lassen? DieGefahr einer Verschärfung hätte durch einevorzeitige Informierung der Streitkräfte aufder mittleren und unteren Führungsebenedurchaus bestanden.

Erst in dem Moment, als sich die Inter-vention vollzieht, wird die Bundeswehr inAlarmbereitschaft versetzt. Die Fernmelde-aufklärung der Bundeswehr weiß sehr ge-nau, was auf operativ-taktischer Ebene in je-nen Augusttagen auf tschechoslowakischemTerritorium passiert.

Der Anfang vom EndeDie Sowjetunion geht ein begrenztes Risikoein. Hierbei spielt natürlich auch die „frie-densstiftende“ Existenz von Atomwaffen aufbeiden Seiten im Sinne wechselseitiger Ab-schreckung eine deeskalierende Rolle – zu-mindest in dieser konkreten Situation. Vonösterreichischer Seite muss sie erst rechtnichts befürchten. Das Bundesheer unseresneutralen Nachbarn zieht sich zurück. Was bleibt als Fazit? Die Sowjetunion be-setzt am 21. August 1968 mit 27 Divisionen,also 300.000 Soldaten, 7.500 Panzern undmehr als 1.000 Flugzeugen ein „Bruder-land“. Erkennbar beteiligt an dieser Streit-macht sind die Armeen der VolksrepublikenPolen, Ungarn und Bulgarien. Die tsche-chische Bevölkerung leistet zivilen Wider-stand. Berühmt sind die Szenen von Prag,die dem Betrachter des Geschehens aufzei-gen, wie Diktaturen ihre Soldaten behan-deln: Sie „segnen“ sie mit Unwissenheit; diejungen Soldaten der Roten Armee in ihrenPanzern meinen, es gehe um die Abwehr ei-nes NATO-Eingriffes.

Militärisch gesehen ist die Intervention ei-ne beeindruckende Operation. Der Westenist fortan taktisch-operativ mehr denn je da-rauf bedacht, konventionelle Ungleichge-wichte aufzufangen. Politisch gesehen ist dieOperation ein Desaster: Jetzt ist der Gedan-ke eines „Sozialismus mit menschlichemAntlitz“ zwar nicht tot, aber niedergewalztvon sowjetischen Panzern. Tschechen undSlowaken entfremden sich, indem sie sichins Private und voneinander zurückziehen.1989/90 ist die sozialistische Alternativedann tatsächlich keine mehr, und damit gilt:1968 hat die Sowjetunion eine „Schlacht imKlassenkampf“ gewonnen. Den KaltenKrieg verliert sie eben dadurch 1989/90. Obdas heutige Russland daraus gelernt hat, istzu wünschen und zu hoffen.

70

Kriege, Krisen und Konflikte | „Prager Frühling“ 1968

Dr. Peter Andreas Popp, Oberstleutnant, ist Lehr-stabsoffizier für Militärgeschichte und ständiger Mitar-beiter von CLAUSEWITZ.

Wenn die Sowjetunion damals ihren „Bru-derländern“ gestattet hätte, einen eigenenWeg zum Sozialismus zu gehen, dann hätteRussland heute vermutlich nicht das westli-che Bündnis direkt vor der Haustür. In Ost-mittel- und Südosteuropa würde mit hoherWahrscheinlichkeit eine „neutrale“ Zoneexistieren. Es wäre außerdem durchaus

möglich, dass Deutschland dann heute ei-nen Status wie die zweite österreichischeRepublik besäße – oder sogar immer nochaus zwei Staaten bestünde: Westdeutsch-land als Teil eines hochintegrierten „Kerneu-ropa“ sowie einer neutralen DDR ohne dasMachtmonopol der SED.

AlternativszenarioHYPOTHESE

MACHTDEMONSTRATION: Die Sowjetunion lässt die Muskeln spielen. Ein Blick aus einem Fens-ter in Prag am 21. August 1968 zeigt die einrollenden Fahrzeuge der Roten Armee. Widerstandscheint bei dieser gewaltigen Militärpräsenz von vornherein zwecklos. Abb.: picture-alliance/dpa

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krieges – ein gewichtiges Argument im Vergleich beiderGenerale, wenn es um die Frage nach dem Besserengeht.

Ob damit allerdings die im Titel gestellte Frage be-reits eindeutig beantwortet ist, bleibt zunächst offen,denn die Bewertung eines Generals speist sich nicht al-lein aus Sieg oder Niederlage im Krieg. Auch die Ergeb-nisse einzelner Schlachten müssen ausgewertet werden.Wir haben insofern Glück, als Grant und Lee ab 1864 aufdem östlichen Schauplatz des Bürgerkrieges direkt ge-geneinander kämpfen; Grant als Oberbefehlshaber allerUnionstruppen hat sein Hauptquartier bei der Potomac-Armee von George Gordon Meade, Lee kommandiertdie Nord-Virginia-Armee. Wir werden allerdings schonetwas weiter zurückschauen und auch die Schlachtenmit einbeziehen, die beide Generale zuvor unabhängigvoneinander schlugen. Dies ist bedeutsam, da sich hierbereits Eigenschaften zeigen, die später auch im direk-ten Kampf gegeneinander zum Tragen kommen.

„Spatenkönig“ und „Supersoldat“ Was ist zu Beginn des Krieges passiert? Der scheidendeOberbefehlshaber der US-Armee, General WinfieldScott, empfiehlt Präsident Abraham Lincoln, Oberst Leedas Kommando über die US-Armee zu übertragen. Mit-te April 1861, wenige Tage nach den ersten Schüssen desKrieges auf Fort Sumter, lässt Lincoln Lee ein entspre-chendes Angebot übermitteln. Lee bittet sich etwas Be-denkzeit aus – und in diesem Moment tritt Virginia ausder Union aus und wird Teil der Konföderation. Lee, derselbst der Sklaverei und der übermäßigen Betonung dereinzelstaatlichen Souveränität skeptisch gegenübersteht, hat keine Wahl. Aus Verbundenheit mit seinemHeimatstaat sagt er Lincoln ab und stellt sich PräsidentDavis zur Verfügung.

Zu dieser Zeit bereitet Grant seine Rückkehr zur Ar-mee der Union vor, die ihn als Westpoint-Absolventengern wieder aufnimmt – trotz des in den 1850er-Jahrenerzwungenen Abschieds wegen seines Alkoholkon-sums. Im Auftrag des Gouverneurs von Illinois beteiligtsich Oberst Grant an der Truppenaufstellung und über-nimmt das Kommando über das 21. Infanterieregimentvon Illinois. Die US-Armee, vor dem Krieg nur rund15.000 Mann stark und vornehmlich mit dem Schutzder „Frontier" im heutigen Mittleren Westen beauftragt,

Meinung

obert Edward Lee ist der Sohn von George Was-hingtons Lieblingsleutnant, dem späteren Gouver-neur von Virginia Henry „Light-Horse Harry“ Lee.

Außerdem ist er Zweiter seiner Klasse an der Militär-akademie in Westpoint, und vor dem AmerikanischenBürgerkrieg (1861–1865) der kommende Mann in derArmee. Es ist unzweifelhaft: Lee ist in einer sehr gutenAusgangsposition bezüglich der Frage, ob er oder Grantder bessere General sei. Was hat Ulysses Simpson Grantdagegen vorzuweisen? Der Sohn eines Gerbers undSattlers schließt Westpoint als 21. seiner Klasse ab. Da-nach dient er einige Zeit in der Armee, bevor er dieseauch wegen seines übermäßigen Alkoholkonsums ver-lassen muss – und im zivilen Leben scheitert. Wenn wiran diesem Punkt unseren Vergleich der beiden Herren

abbrechen, dann ist das Ergebnis eindeutig.Beziehen wir dagegen den Krieg

und die nachfolgenden Jahre mit ein,wird schnell deutlich, dass Grant or-dentlich aufholt: Er ist der erste seitWashington, der in der US-Armeeden regulären Rang eines General-leutnants erreicht (Winfield Scottträgt vor ihm diesen Rang „nur“ eh-renhalber). Und er ist der erste Vier-Sterne-General der amerikanischenGeschichte sowie acht Jahre Präsi-dent der Vereinigten Staaten – wenn-gleich in letztgenannter Position un-glücklich agierend. Lee kann Grantseine Erfolge im Bürgerkrieg entge-gen setzen, große Siege, die er trotz

oftmals zahlenmäßiger Unterlegenheitaufgrund seines taktischen Geschicks er-ringt. Seit Ende Januar 1865 ist er Oberbe-fehlshaber der konföderierten Armee,hat aber bereits zuvor den Präsidentender Konföderierten Staaten von Ameri-ka, Jefferson Davis, beraten. Als derBürgerkrieg im Juni 1865 endet, gehtLee als der bis heute vielleicht meistgeachtete amerikanische General indie Geschichte ein – doch Grant hatden Krieg gewonnen. Er ist der Sie-ger des Amerikanischen Bürger-

Von Robert Riemer

MEISTER DES MATERIALS: Grantist kein Feldherren-genie – aber er nutztdie zahlenmäßigeund wirtschaftlicheÜberlegenheit desNordens aus, umden Süden durch ei-ne Ermattungsstra-tegie zu erschöpfen. Abb.: picture alliance/landov

Wer war der bessere General?

CW_2015_04_72_73_FlugzeugClassic_Klassiker 12.05.15 11:30 Seite 72

wächst schnell zu einer großen Armee an. Die Truppebesteht aus regulären Soldaten und Freiwilligenverbän-den. Erfahrene Männer wie Grant, der Ende der 1840er-Jahre am Mexikokrieg teilgenommen hat, werden drin-gend benötigt. Besonders auch deswegen, weil sich he-rausragende Militärs auf die Seite der Konföderationstellen, unter ihnen Lee selbst, James Longstreet (derwichtigste von Lees Generalen und ein Freund Grants)und Albert Sidney Johnston (ein Westpoint-Kameradvon Davis und Oberbefehlshaber der Konföderation aufdem westlichen Kriegsschauplatz).

Lee dient zu Kriegsbeginn in Virginia als Oberbe-fehlshaber der Staatstruppen, ist dann für die Verteidi-gung der konföderierten Hauptstadt Richmond verant-wortlich und erhält im Herbst 1861 sein erstes Feldkom-mando (wo er im westlichen Virginia nur sehr mäßigenErfolg hat). Die erste Hälfte des Jahres 1862 verbringtLee als Militärberater seines Präsidenten wieder in Rich-mond und übernimmt zur Jahresmitte die Nord-Virgi-nia-Armee. Hier ist er anfangs aufgrund seiner eher de-fensiv ausgerichteten Taktik als „Oma Lee“ und „Spa-tenkönig“ bekannt, reißt aber schnell die Initiative ansich und kann die Virginia-Armee (Nordstaaten) vonJohn Pope in der zweiten Schlacht von Bull Run/Ma-nassas sowie mehrfach die Potomac-Armee unter denGeneralen George Brinton McClellan (zugleich Nachfol-ger Scotts), Ambrose Everett Burnside und Joseph„Fighting Joe“ Hooker schlagen. Die Siege bei Manassassowie in der Sieben-Tage-Schlacht, am South Mountain,bei Harpers Ferry und die Rettung der Armee gegenden weit überlegenen Feind am Antietam begründenseinen Ruf als scheinbar unbesiegbarer Feldherr. Sein„Meisterstück“ liefert Lee im Winter/Frühjahr 1862/63ab, als er bei Fredericksburg und Chancellorsville über-wältigende Siege aus unterlegener Position mit eineraußergewöhnlichen Taktik erzielt.

Grant glänzt im GefechtGrant ist zu diesem Zeitpunkt noch auf dem westlichenKriegsschauplatz beschäftigt. Ihm gelingen kleinere,aber in der Öffentlichkeit stark beachtete Siege bei FortHenry am Tennessee und Fort Donelson am Cumber-land. Hier stellt er erstmals seine berühmte Forderungnach bedingungsloser Kapitulation, die passend zu sei-nen Vornamensinitialen zu seinem Spitznamen wird(U.S.: unconditional surrender). Der erfolgreiche Gene-ral – inzwischen Kommandeur der Tennessee-Armeeund weiterhin siegreich – hat trotzt erneuter Alkohol-probleme die Rückendeckung Lincolns, da Grant in fürdie Union schwierigen Zeiten wichtige Erfolge liefert.Dem kämpfenden und siegenden Grant stehen die un-glücklich agierenden Kommandeure im Osten gegen-über, darunter der „zaudernde Napoleon“ McClellan,ein glänzender Organisator und Motivator, der aller-dings im Feld Lee in keiner Weise gewachsen ist. Die„Krönung“ gelingt Grant im Sommer und Herbst 1863,als er am Unabhängigkeitstag (4. Juli) die lange Belage-rung der strategisch bedeutsamen Stadt Vicksburg amMississippi und viereinhalb Monate später die Schlachtvon Chattanooga für den Norden entscheidet. Damit istder Krieg im Westen letztlich gewonnen. Grant erreichtdamit die Beförderung zum Generalleutnant und geht

in den Osten als Oberbefehlshaberder Unionsarmee gegen Lee, der zuRecht als gefährlichster militärischerGegner gilt.

Titanen-TreffenLees strategisch bedeutendster Fehl-schlag, resultierend aus Selbstüber-schätzung und taktischen Fehlent-scheidungen wider besseren Rat, istdie Schlacht von Gettysburg (1. bis 3.Juli 1863). Seine Serie brillanter Siege in Unter-zahl endet hier mit der letztlich kriegsentschei-denden Niederlage gegen die Potomac-Armeeunter Meade. Trotz seines Rücktrittsgesuchsan Davis behält Lee sein Kommando undsteht im Frühjahr 1864 erstmals direkt Grantgegenüber. Und es kommt wie erwartet:Grant verliert das erste Treffen gegen Lee,der das schafft, was ihm bereits bei GrantsVorgängern möglich ist: Er kann seinenGegner richtig beurteilen, dessen Entschei-dungen antizipieren und sich daherdurchsetzen. Unerwartet ist Grants Re-aktion, denn erstmals marschiert dieUnionsarmee trotz einer Niederlagevorwärts. Nach den Schlachten in derWilderness und von Cold Harbor gra-ben sich die Armeen vor Petersburg, östlichvon Richmond, ein. Es beginnt eine mehrmona-tige Belagerung inklusive Grabenkrieg, der einenVorgeschmack auf den Ersten Weltkrieg bietet.Erst Ende März, nach achteinhalb Monaten Stel-lungskampf, weicht Lee nach Osten aus.

Vor 150 Jahren, am 9. April 1865, kapituliertLee vor Grant im Appomattox Court House. Fürden ranghöchsten konföderierten Soldaten mitder wichtigsten Armee der Südstaaten ist derKrieg beendet und für die Konföderation weni-ge Wochen später endgültig verloren. Und es istdamit für uns an der Zeit, die Frage nach dembesseren General mit einem dezenten Vor-sprung zu Gunsten des letztlich im Kriegunterlegenen Lee zu beantworten: Dietaktischen Meisterleistungen, der oft belohnteMut zum Risiko und zahlreiche Siege in Unterzahl ne-gieren die auch Lee unterlaufenen Fehler. Dieses Maß anImprovisationstalent muss Grant wegen der besserenmateriellen und personellen Ausstattung der Nordstaa-tenarmee kaum zeigen, er tritt aber Lee in der direktenAuseinandersetzung 1864/65 auf Augenhöhe entgegen.Lee hat die Gabe, seine Gegner zu verstehen, und kanndiese „Einblicke“ in große Siege umsetzen. Dies gelingtihm zunächst auch bei Grant – daher dessen Niederlagebeim ersten Aufeinandertreffen. Doch Grant ist hartnä-ckig und unbeirrbar, so dass Lee als der bessere Generalden Krieg dennoch verliert.

73Clausewitz 4/2015

Dr. Robert Riemer forscht und lehrt am Historischen Institut derErnst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Außerdem unterrichtet er Militärgeschichte an der Offizierschule des Heeres in Dresden.

„SUPERSTAR“ DESSÜDENS: Lee wirdvon vielen als der fä-higste Befehlshaberder amerikanischenGeschichte angese-hen. Im Gegensatzzu Grant stehen ihmnur begrenzte Mittelzur Verfügung, undsein Vorhaben, denKrieg in den Nordenzu tragen, scheitert.

Abb.: picture-alliance/akg

CW_2015_04_72_73_FlugzeugClassic_Klassiker 12.05.15 11:31 Seite 73

Menschen & Geschichten

Generalluftzeugmeister Ernst Udet

Flieger-Ass im freien Fall

Seit dem 13. August 1932 flimmert diedeutsch-französische Koproduktion „DasMädel vom Montparnasse“ über die

Leinwände deutscher Lichtspielhäuser. In derHauptrolle brilliert die 28-jährige Schauspie-lerin Ehmi Bessel neben dem damals sehr po-pulären Fritz Schulz. Auch das deutsche Flie-geridol der Zeit und selbst populärer Akteurin der Kinowelt, Ernst Udet, sieht seine „Kol-legin“ und ist fasziniert. Er bittet seinenFreund Carl Zuckmayer, ein Treffen mit derattraktiven Ehmi Bessel zu arrangieren.

Zuckmayer und Udet kennen sich seit1918. Zuckmayer, als Artilleriebeobachtereingesetzt, soll im Sommer des letztenKriegsjahres das Aufklären und Beobachtenaus dem Flugzeug kennenlernen. Für einigeTage zum Jagdgeschwader „Freiherr vonRichthofen“ Nr. 1 kommandiert, begegnetihm dort „ein kleingewachsener, quirliger,drahtiger, temperamentvoller und außeror-dentlich witziger, sogar geistreicher Flieger-leutnant: Ernst Udet. Wir mochten uns nachden ersten paar Worten, soffen unsere ersteFlasche Cognac zusammen aus und verlorenuns bis kurz vor dem Zweiten Weltkriegnicht mehr aus den Augen“, schreibt Zuck-mayer in seiner Autobiographie.

Ungleiche FreundeAuch den berühmten Berliner Presseball amAbend des 28. Januar 1933 besuchen Udetund Zuckmayer gemeinsam. Im Laufe derNacht erreichen sie einen Zustand, in demsie kein Blatt mehr vor den Mund nehmen:„Schau dir die Armleuchter an“, sagt Udetzu seinem Freund und deutete in den Saal,„jetzt haben sie alle schon ihre Klempnerlä-den aus der Mottenkiste geholt. Vor einemJahr war das noch nicht à la mode.“ Tatsäch-lich sind reichlich Bändchen und Kreuze derKriegsdekorationen auf den Fräcken zu se-hen, die während der 1920er-Jahre niemandauf einem Berliner Presseball trug. Konse-

UNBEQUEM: Ernst Udet lässtsich nur widerwillig für den NS-Machtapparat einspannen. Die-ses späte Foto zeigt, dass dieAufputschmischung aus Pervi-tin und Alkohol ihre Spuren hin-terlassen haben. Foto: SammlungJörg-M. Hormann

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Clausewitz 4/2015 75

17. November 1941: Ernst Udet – einst er-

folgreicher Jagdflieger und Fliegeridol –

begeht Selbstmord. Es ist das tragische

Ende einer schillernden Persön-

lichkeit, die am Intrigenge-

flecht der Nationalsozialis-

ten scheitert.

Von Jörg-M. Hormann

LUFTAKROBAT: Udet beim Kunst-flug während der Dreharbeiten zumSpielfilm „Wunder des Fliegens“ imFrühjahr 1935.

Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl

quenterweise bindet sich Udet den „Pour leMérite” ab, der unterhalb seiner weißen Pi-qué-Frackfliege ins Auge sticht, und stecktihn in die Hosentasche.

Auf den „Blauen Max“, wie die höchstepreußische Tapferkeitsauszeichnung desWeltkrieges auch genannt wird, ist Udet

wirklich stolz. Diesen Orden hat er sich imwahren Wortsinn am Himmel über Frank-reich „zusammengeschossen“.

Am 26. April 1896 in Frankfurt geboren,wächst der Sohn eines Zivilingenieurs undFabrikanten in München auf. Den jugendli-chen Ernst Udet interessiert nur eine Sache

wirklich, die Fliegerei. Mit seinen aviatikbe-geisterten Freunden aus dem Wohnhausgründet er 1909 den „Aero-Club München“.Das zum Abschluss der Mittleren Reife vomwohlhabenden Vater geschenkte Motorradbenutzt der für den Militärdienst zu klein-wüchsige „Ernie“ als freiwilligen Einstieg in

GRUPPENFOTO: Jagdflugzeug-Vergleichsfliegen in Berlin Ad-lershof im Oktober 1918. Die„Vergleichsflieger“ von links:Ernst Udet, Bruno Loerzer undJosef Carl Jacobs.

Foto: ullstein bild – ullstein bild

VERLOBUNGSFOTO: Ober-leutnant Ernst Udet, seit 9. April 1918 Träger des

Ordens „Pour le Mérite“, mitseiner Braut Eleonore Zink,Tochter des wohlhabenden

Nürnberger KommerzienratesZink, September 1918.

Foto: ullstein bild – ullstein bild

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mit „Udet-Flugzeugbau“ in München-Ra-mersdorf von 1922 bis 1926 gehört zu denweniger durchleuchteten Kapiteln seinerBiografie. Mit amerikanischem Geld firmierter die Bayerischen Albatros-Werke um undlässt auch ein „Volksflugzeug“ bauen, vondessen Absatzmöglichkeiten man sich aufbeiden Seiten des Atlantiks viel verspricht.Udet war lediglich die populäre Galionsfi-gur des Unternehmens und in erster Liniefür das Einfliegen der Flugzeugtypen von U-1 bis U-12 zuständig.

Erfolgloser UnternehmerMit seiner U-12 „Flamingo“ vollbringt er aufden legendären Flugtagen der Zeit grandio-se fliegerische Kunststücke. Das macht ihmbedeutend mehr Spaß, als sich um das Un-ternehmen mit seinem Namen zu kümmern.Am 30. Juni 1926 wird der Betrieb, inzwi-schen in Augsburg angesiedelt, schließlicheingestellt.

Mit Reichsgeldern und Willy Messer-schmitt als technisch kreativem Kopf entste-hen dann aus dem Udet-Flugzeugbau dieBayerischen-Flugzeug-Werke (BFW) und ei-ne gewisse Vorliebe des späteren General-luftzeugmeisters für die Flugzeugtypen ausAugsburg.

Am 1. Februar 1933 feiert der „AeroClub” von Deutschland sein 25-jähriges Be-stehen mit festlichem Bankett und anschlie-ßendem Tanz in der Berliner Krolloper. Gö-ring, frischernannter „Reichskommissar fürdie Luftfahrt“, hat seinen Auftritt zusammenmit Karl Bodenschatz, seinem ehemaligenAdjutanten beim „Richthofen-Geschwader”,und mit Lufthansa-Chef Erhard Milch, neu-er Staatssekretär seiner Reichsbehörde. Wäh-

Menschen & Geschichten | Ernst Udet

den Kriegsdienst 1914. Meldefahrer für dieWestfront werden dringend gesucht und dieeinzige Voraussetzung der Einsatzverwen-dung ist ein mitzubringendes Motorrad. Ausdem Meldefahrer wird schnell ein leidlichguter und dann einer der besten Frontfliegerder deutschen Fliegertruppe im Ersten Welt-krieg. Mit dem „Pour le Mérite“ ausgezeich-net, erlebt Oberleutnant Udet als Flieger-Assmit 62 Abschüssen das Ende des Ersten Welt-kriegs.

Die Fliegerei sieht er jetzt erst recht alsSinn des Lebens, denn nur das kann er per-fekt. Er zeigt es der Öffentlichkeit im Rah-men von Flugtagen nach dem Weltkrieg. Diemeisten kennen Flieger und Flugzeuge da-mals nur vom Hörensagen und staunen mit

ERSTER ABSCHUSS: Ernst Udet, der klei-ne Bayer bei den Preußen in der Feldflie-gerabteilung 68, hier im Fliegerdress alsVizefeldwebel mit dem Eisernen Kreuz 1.Klasse nach seinem ersten Abschuss vom18. März 1916. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann

IM GESPRÄCH: General der Flieger Erhard Milch und Ernst Udet im Herbst1937. Der Bürokrat und der Luftakrobat werden nach Kriegsbeginn erbit-terte Kontrahenten. Milch wird Udet als Generalluftzeugmeister beerben.

Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann

ErinnerungsstückGeschenk für Udet von seinem Geschwaderchef Flieger-vorbild Manfred Freiherr von Richthofen wenige Tage vordessen Fliegertod am 21. April 1918.

Foto: Hermann-Historica/Sammlung Jörg-M. Hormann

offenem Mund, wenn Udet mit Fliegerkame-raden den Luftkampf simuliert oder atembe-raubende Flugzeugakrobatik vollführt.Hunderttausende erleben den Kunst- undPrivatflieger Ernst Udet auf unzähligenFlugshows bis in die 1930er-Jahre hinein.Udet wird zum Inbegriff für die neue Faszi-nation „Fliegen“. Er lebt sein Leben aus Un-gebundenheit, Fliegen und Luxus. Viel Geldgibt er aus, so wie es hereinkommt. Die Pres-se ist über seinen ausschweifenden Lebens-stil gut informiert. Er ist ganz einfach popu-lär. Auch weil die begeisterten Menschen sei-ne Fliegerkunst in den Spielfilmen „Dieweiße Hölle von Piz Palü“ (1929) „Stürmeüber dem Mont Blanc“ (1930) oder „SOS Eis-berg“ (1933) in den Lichtspielhäusern be-wundern können.

Sein nicht allzu glückliches Engagementals Unternehmer in der Flugzeugproduktion

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rend des Abends nimmt Göring seinen Ka-meraden aus Kriegstagen Udet zur Seite undfordert ihn auf, bei der „Bewegung“ mitzu-machen. Udet zeigt sich reserviert. Er verste-he nichts von Politik, das Tragen von Unifor-men sei er nicht mehr gewohnt, so seine Be-gründung. Außerdem wolle er nur fliegen –wann, wie und wo es ihm beliebt. Doch alsGöring im das Geld für zwei Maschinen vomTyp „Curtiss-Hawk” in Aussicht stellt, zün-det der Funke bei Udet.

Göring „ködert” UdetBereits im Herbst 1931, anlässlich eines USA-Besuches, sieht Udet den sturzflugfähigenamerikanischen Doppeldecker von Curtissmit dem treffenden Namen „Habicht“ in Ak-tion. Es ist ein ideales Flugzeug für spekta-kuläre Akrobatikeinlagen. Der ehemaligeJagdflieger ist vollauf begeistert. Jedoch istdie Maschine für ihn als Privatmann nichtfinanzierbar. Dies will nun Göring überneh-men. Dafür muss Udet allerdings „mit denWölfen heulen“. Am 1. Mai 1933 wird erzwangsläufig Parteigenosse und bekommtdie NSDAP-Mitgliedsnummer 2.010.976 zu-

gewiesen. Nach dem Parteieintritt beschafftihm der „Reichskommissar für Luftfahrt“die finanziellen Mittel zum Kauf der beidenheiß begehrten Maschinen. Nach der Liefe-rung aus den USA sollen sie Udet zur Verfü-gung stehen.

Als Fliegervizekommodore des Deut-schen Luftsport Verbandes (DLV), der ge-tarnten Aufbauorganisation der Luftwaffe,beginnt Udets zweite Militärkarriere. Seinletzter Kommandeur im Ersten Weltkriegund damals Chef des Jagdgeschwaders„Richthofen“ lockt ihn mithilfe eines Flug-zeuges zurück in die Uniform und in einehöchst verantwortliche Position. Göringbraucht Vertraute, um den ausufernden Ap-

parat des neuen Reichsluftfahrtministeriums(RLM) mit populären Köpfen zu besetzen.Auf diese Weise „überzeugt“, bewirbt sichUdet für eine Laufbahn in der im Aufbau be-findlichen Luftwaffe. Der ehemalige Ober-leutnant wird als Oberst am 1. Juni 1935

reaktiviert. Das Überspringen von dreiDienstgraden, zumal ohne Stabsoffiziersaus-bildung, ist auch damals eine unübliche Pro-zedur. Doch für solch unkonventionelle Vor-gehensweisen ist Hermann Göring berühmt-berüchtigt.

Es folgt ein kometenhafter Aufstieg vonErnst Udet im Dunstkreis seines „Duzfreun-des“ Hermann Göring. Im Februar 1936 istUdet Inspekteur der Jagd- und Sturzkampf-

77Clausewitz 4/2015

Verhängnisvolle Entscheidung

„Man muss um der Fliegerei willen auch mal mit dem Teufel paktieren. Man darf sich nur nicht

von ihm fressen lassen.“ Ernst Udet im Jahr 1936 zu seinem Freund Carl Zuckmayer

nach dessen Frage, warum er in NS-Deutschland bleiben will

VOR DEM ABFLUG NACH PARIS: Berlin Tempelhof am 4. Oktober 1937. Von links: Oberst Hanesse, Luftfahrtattaché in Paris, Oberst vonWitzendorf, Generalmajor Ernst Udet, Staatssekretär General der Flieger Erhard Milch, der französische Botschafter François-Poncet undColonel de Gefrier (vordere Reihe). Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo

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Menschen & Geschichten | Ernst Udet

flieger. Am 3. Juni 1936 kommt Generalma-jor Walther Wever, Chef des Generalstabesder Luftwaffe, bei einem Flugzeugabsturzums Leben. Mit dem folgenden Personalre-virement schiebt Hermann Göring OberstErnst Udet in eine für diesen ungeeignetePosition. Als Chef des Technischen Amtes imRLM ist der Flieger Udet für die Koordinati-

on der technischen Entwicklung und die in-dustrielle Produktion aller Flugzeuge für diedeutsche Luftwaffe zuständig. Aufgrundmangelnden technischen Wissens fühlt sichUdet den Aufgaben nicht gewachsen, wie erspäter gegenüber Freunden bemerkt. Seindirekter Vorgesetzter Erhard Milch, Staatsse-kretär im RLM, ist in seiner Beurteilung vom

November 1937 noch nicht dieser Ansicht.Doch dies soll sich in den darauffolgendenJahren erheblich ändern. Schließlich werdenbeide zu erbitterten Kontrahenten im RLM.

Tragischer TodLetztendlich scheitert Udet, seit Februar1939 Generalluftzeugmeister und seit Juli1940 Generaloberst der Luftwaffe, an den ho-hen Anforderungen an seine verantwor-tungsvolle Position – und an dem Intrigen-gestrüpp innerhalb des RLM. Der Mann, dersein ganzes Leben nur Flieger sein will unddie Schreibtischarbeit geradezu hasst, ziehtim Alter von 45 Jahren schließlich die Konse-quenzen:

„Eiserner, Du hast mich verlassen!“. Die-se mit unsicherer Hand und roter Signier-kreide an das Kopfende seines Bettes ge-schriebenen Worte sind der letzte Satz vonErnst Udet für diejenigen, die ihn in seinerBerliner Villa am Morgen des 17. November1941 leblos auffinden. Es ist offensichtlichseine ganz persönliche „Abrechnung“ mitHermann Göring bevor sich Udet mit sei-nem mexikanischen Colt eine Kugel in denKopf schießt.

In seiner Position als Leiter des TechnischenAmtes der Luftwaffe und Generalluftzeug-meister sind Ernst Udet die Fäden für diestrategisch-taktische und technische Ent-wicklung der Luftwaffe und seiner Flugzeugeseit Mitte der 1930er-Jahre in die Hand ge-geben. Seine Idee, eine große Bombe mitdem stürzenden Flugzeug ins Ziel zu lenken,ruft seinerzeit bei den LuftkriegstaktikernKopfschütteln hervor. Dies würde eine un-mögliche Grenzbelastung für die Flugzeugbe-satzung und die Maschine bedeuten, so dieKritiker.

Doch mithilfe der Rückendeckung von Gö-ring setzt sich Udet durch. Er erhält seinenSturzkampfbomber „Stuka“ Ju 87 mit infer-nalischem Sirenengeheul. Die erfolgreiche„Blitzkrieg“-Waffe scheint Udets Ansicht,

nach der alle Bomber stürzen müssen, rechtzu geben. Doch parallel dazu ist der ehema-lige Jagdflieger „blind“ für die notwendigestrategische Komponente einer Horizontal-

bomberwaffe. „Wir sind der Hammer desHeeres und sind da, wo der Weg gebahntwerden muss“, lautet sein Credo. Schonwährend der Luftschlacht um England undbeim Beginn des Russlandfeldzuges wirktsich der Mangel an Bombern negativ für diedeutsche Seite aus.

In dieser Hinsicht ebenfalls gravierend istsein „Lächeln“ über die neuen Strahltrieb-werke. Udet sieht in ihnen nicht die Lösungdes deutschen Dilemmas bei den leistungs-schwachen Kolbenmotoren. Durch jahrelan-ges Bauverbot hat die deutsche Motorenin-dustrie hier viel Zeit „verschenkt“. Der tech-

nologische Wettbewerb um die Strahltriebwer-ke zwischen Heinkel, Messerschmitt undDaimler-Benz bekommt dafür alle Zeit derWelt, um sich auf den Bürofluren des RLM„auszutoben“. Aus denen flüchtet Udet sichgern hinter die Steuerknüppel neu zu erpro-bender Flugzeugmuster. Mehr als einmalfliegt er sich dabei fast um „Kopf und Kra-gen“. Hitler und Göring belegen ihn daherschon vor Kriegsbeginn mit absolutem Flug-

verbot als Flugzeugführer. Als Udet Mitte 1940 den für ihn vermeint-

lich gewonnenen Krieg auf seine Art beendet,indem er viele Produktions- und Entwick-lungsschrauben zurückdreht, wird es für ihneng innerhalb des NS-Machtapparates. SeineFehlererkenntnis steigert sich zur Panik undletztlich zur Konsequenz des Freitodes.

Gravierende Fehlentscheidungen Udets? HINTERGRUND

INFORMATION FÜR DEN „FÜHRER“: Ernst Udet (re.) im Gespräch mit Hitler während einesManövers der Luftwaffe und der Flakartillerie an der Küste Vorpommerns am 13. Juni 1938.

Foto: ullstein bild – ullstein bild

SELBSTIRONIE:Sich und anderemit Spontankarika-turen „durch denKakao“ zu ziehen,zeugte von echterkünstlerischer Be-gabung: neben demFliegen Udets zwei-te große Leiden-schaft. Abb.: Sammlung Jörg-M.Hormann

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Udets Suizid wird auf Befehl Hitlers undGörings vor der Öffentlichkeit vertuscht.Das Deutsche Nachrichtenbüro (DNB) mel-det, Udet habe „bei der Erprobung einerneuen Waffe“ einen tödlichen Unfall erlitten.Adolf Hitler ordnet ein Staatsbegräbnis fürdie Fliegerlegende an. Im „Ehrensaal“ desRLM spricht Reichsmarschall Hermann Gö-ring zur versammelten Prominenz. Eine Pas-sage seiner Trauerrede lautet: „(...) und dannkam die Stunde dort drüben in meinem Ar-beitszimmer, da wir im gegenseitigen Ge-dankenaustausch eine neue Waffe schufen.(…) Du vertratest Deine Auffassung, dassauch der Kampfflieger seine Bomben nichtaus unendlicher Höhe, sondern aus kürzes-ter Entfernung und mit größter Kraftwir-kung dem Feinde entgegenschleudernmüsste. Damals sprachst Du zum ersten Ma-le vom Sturzkampfflieger. (…) Aus diesenGedanken erwuchs der Entschluss, eineneue Waffe zu schaffen. Die Meisterung die-

ser neuen Aufgabe konnte ich nur Dir anver-trauen. Damit habe ich Dir die Entwicklungder gesamten Technik unserer Waffe über-tragen (...)“

Heuchelei an Udets SargWährend Göring mit pathetischen Wortenseine Trauerrede hält, ist sein Ministeriums-apparat dabei, ein Kriegsgerichtsverfahrengegen Udet vorzubereiten. Ihm soll für sei-

nen Teil des „Versagens“ der Luftwaffe imKrieg und besonders im Feldzug gegen dieSowjetunion entscheidende Verantwortungzugeschoben werden. Hat der Generalluft-zeugmeister Udet die geeigneten Flugzeuge

für diesen Krieg bauen lassen – nachdemalle Maschinen, die Bomben werfen auchstürzen müssen? Zudem mangelt es anLangstreckenbombern und schnellen Jä-gern, die Flugzeugproduktionszahlen stim-men nicht.

So stehen auf der Liste seiner Fehlent-scheidungen auch die verfügten Aussetzun-gen der Neu- und Weiterentwicklungen vonFlugzeugtypen. In überschwänglicher Ver-

kennung der Kriegslage, nach dem militäri-schen Erfolg im Frankreichfeldzug im Som-mer 1940, verkündet Udet im RLM, dass derKrieg gewonnen sei. Doch Göring erkennt,dass er selbst beim Suchen nach „Ross undReiter“ des Versagens der Luftwaffe nichtungeschoren davon kommt: So verfügt eram 15. Juni 1943: „Der Herr Reichsmarschallhat entschieden, dass der Generalluftzeug-meister-Prozess einzustellen ist!“

Beisetzung in BerlinErnst Udet wird auf dem Berliner Invaliden-friedhof unweit des Grabes des im Kriegs-jahr 1918 gefallenen Manfred von Richthofenbeigesetzt. Der hochdekorierte Jagdfliegerdes Zweiten Weltkriegs, Werner Mölders,verunglückt auf dem Flug zu dem Staatsbe-gräbnis bei einem Absturz in Breslau am 22.November 1941. Er wird „Kopf an Kopf“ zuUdets Grabstelle beerdigt.

Die Nachricht vom Tode Udets erreichtauch den Dramatiker Carl Zuckmayer imExil in den USA. Dass sein alter Freund – wieoffiziell von der NS-Propaganda dargestelltwird – „in Erfüllung seiner Pflicht dahinge-gangen“ sei, mag er nicht glauben.

Denn bei ihrem letzten Treffen hat ihmUdet 1936 geraten: „Schüttle den Staub die-ses Landes von Deinen Schultern. Hier gibtes keine Menschenwürde mehr.“

Doch der Flugzeugnarr selbst hatte sichweiter als Idol der Massen von den National-sozialisten instrumentalisieren lassen. UdetsBegründung für seinen Verbleib in Deutsch-land und seine Tätigkeit im NS-Apparat:„Man muss um der Fliegerei willen auch malmit dem Teufel paktieren. Man darf sich nurnicht von ihm fressen lassen.“ Seine Zweifelan der offiziellen Todesversion inspirierenZuckmayer zu seinem 1946 in Zürich urauf-geführten Drama „Des Teufels General“. DieFigur des Generals Harras, in der späterenVerfilmung (1955) von Curd Jürgens ge-spielt, ist an Udet angelehnt.

79Clausewitz 4/2015

Pakt mit dem Teufel

„…General Udet hat sich sehr gut in den soldatischen Verwaltungsdienst hineingefunden,

ohne im geringsten Bürokrat zu werden.“ Staatssekretär Erhard Milch in Ernst Udets militärischer

Jahresbeurteilung vom 16. November 1937

MIT SKEPTI-SCHEM BLICK:ReichsmarschallGöring blickt aufein Dokument sei-nes Generalluft-zeugmeisters, Ge-neraloberst Udetscheint in Erklä-rungsnöten zusein, März 1941. Foto: picture-

alliance/akg-images

HEUCHLERISCH:Hitler bei der Kranz-

niederlegung anUdets Sarg. Vorher

hat er bei UdetsMutter und seinerSchwester kondo-liert. Sie erfuhren

erst Tage nach demStaatsakt hinter vor-gehaltener Hand von

den Todesumstän-den des Fliegeridols.

Foto: ullstein bild –

ullstein bild

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chert war. Ihre Errichtung geht auf einen Be-fehl Wallensteins aus dem Jahr 1628 zurück,der im Auftrag des deutschen Kaisers dieOstseehäfen schützen ließ. Während ihrer„schwedischen Zeit“ im 17., 18. und frü-hen 19. Jahrhundert werden die Befesti-gungen ausgebaut.

Ausbau des MilitärarealsAls die Insel 1815 aufgrundder Bestimmungen des Wie-ner Kongresses an Preußenfällt, wird Stralsund zurpreußischen Festung und dieseeseitige Sicherung der Ha-

fenstadt verstärkt. Auch die Befestigungsan-lagen auf der Insel Dänholm werden nach1815 erneuert und erweitert, die „Stern-schanze“ wird errichtet. Mitte des 19. Jahr-hunderts erwirbt das preußische Kriegs-

ministerium die Insel durch Kauf. Kurz darauf starten die Arbeiten zum

Bau eines Hafens. 1860 beginnt die

80

Spurensuche

Das der Hansestadt Stralsund vorgela-gerte idyllische Eiland Dänholm wurdeim Mittelalter von Dänen als Basis für

Eroberungszüge genutzt und verdankt ihrenNamen seither vermutlich dieser „Nutzung“durch die Nordgermanen. Zuvor trug sie denNamen „Strale“ oder „Strela“.

Seefahrende Völker wissen die Lage derInsel, die eine Art natürlichen Hafen bildet,seit jeher zu schätzen. Doch weniger derHandel prägt die Geschichte des kleinen Ei-landes als vielmehr das Militär. Jahrhunder-te alte Dokumente belegen, dass der „Dän-holm“ zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges(1618–1648) durch Befestigungsanlagen gesi-

Die im Strelasund zwischen Stralsund und Rügen gelegene Insel Dänholm weist eine

lange und spannende Geschichte auf. Sie gilt als „Geburtsstätte“ der preußischen Mari-

ne und beherbergt ein sehenswertes Marinemuseum. Von Tammo Luther

HINGUCKER: Hub-schrauber vom Typ„Mi-8TB“ der Volks-marine der DDR, derauch von der Bun-desmarine nach1990 noch eine Zeitlang genutzt wurde.Foto: picture-alliance/ZB©ZB-Fotoreport

„PICKELHAUBE“:Schaustück der 2014 eröff-neten Sonderausstellung „Der 1. Weltkrieg 1914–1918 und die Garnisons-stadt Stralsund“.

Foto: picture-alliance/ZB©dpa

Die Insel Dänholm bei Stralsund

„Wiege der preußischen Marine“

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Stationierung von Ruder- und Dampfkano-nenbooten sowie Avisos (kleine Kriegsschif-fe). Der Ausbau der Militäranlagen und desHafens schreitet weiter voran.

In der Phase des Aufbaus einer preußi-schen Flotte entsteht ein Marine-Depot, dasnach der Konzentrierung der Marine auf dieHäfen in Kiel, Wilhelmshaven und Danzigbereits im „Reichsgründungsjahr“ 1871 wie-der aufgelöst wird. Dennoch gilt der „Dän-holm“ aufgrund seiner frühen Nutzungdurch die Marine Preußens als deren „Wie-ge“ oder „Geburtsstätte“.

Die Militärkasernen werden im letztenDrittel des 19. Jahrhunderts von dem in derHansestadt stationierten Infanterie-Regi-ment genutzt. Im Jahr 1910 findet ein Jubilä-umsfest zu Ehren des Infanterie-Regimentes„Prinz Moritz von Anhalt-Dessau“ (5. Pom-mersches) Nr. 42 statt. Im Ersten Weltkrieg

dient die Insel zunächst alsKriegsgefangenenlager, spä-ter als Durchgangs- und Auf-fanglager für deutsche Heim-kehrer.

Die maritime Geschichte der Insel reichtbis in die Gegenwart hinein. Die Entwick-lung der preußischen Marine ist ebenso festmit der Insel verbunden, wie die Geschichteder Reichsmarine seit 1920, der Kriegsmari-ne (militärische Ausbildung des Offizier-nachwuchses) seit Mitte der 1930er-Jahreund der Seestreitkräfte der DDR seit denausgehenden 1950er-Jahren. Nach der Wie-dervereinigung Deutschlands findet dieRäumung durch die Bundesmarine schließ-lich im Frühjahr 1991 statt. Mit der Entmili-tarisierung der Insel beginnt die Öffnung fürBesucher, die eine Vielzahl militärgeschicht-licher Spuren aus verschiedenen Epochenvorfinden. Darüber hinaus lädt die kleine In-sel aufgrund ihrer Lage und ihres reichenBaumbestandes zu einem ausgedehntenSpaziergang ein.

Seit 1992 befindet sich in der denkmalge-schützten „Sternschanze" das überaus se-henswerte Marinemuseum Dänholm.

In der reizvoll gelegenen Außenstelle desKulturhistorischen Museums Stralsundskann man die maritime und militärische Ge-schichte der Insel Dänholm, der HansestadtStralsund und der Region sowie darüber hi-naus anhand einer Vielzahl interessanterKlein- und Großexponate nachvollziehen.

Museum zur MarinegeschichteDas Marinemuseum erforscht, sammelt undpräsentiert historisch maritime Aspekte derStadt Stralsund, speziell als langjährige See-festungs- und Garnisonsstadt.

Die enge Verflechtung mit der deutschenMarinegeschichte wird den Museumsbesu-chern anschaulich, sach- und fachgerechtvermittelt. Die besonders beeindruckendeUniformsammlung vermittelt einen detail-lierten Eindruck von der Vielfalt deutscherMarineuniformen. Ergänzend werden Son-derausstellungen, darunter im vergangenenJahr zur Geschichte Stralsunds als Garnisons-stadt während des Ersten Weltkriegs, gezeigt.Die genannte Ausstellung wird derzeit über-arbeitet und soll auch 2015 zu sehen sein.

81Clausewitz 4/2015

Marinemuseum Dänholm

Zur Sternschanze 718439 Stralsundwww.marinemuseum-daenholm.de

Öffnungszeiten:

täglich von 10.00 bis 17.00 Uhr; 1. Mai bis 31. Oktober

Anfahrt Stralsund: Über Zubringer oder vonStralsund kommend, auf B96 in Richtung alterRügendamm/Dänholm, ab Schranke rechts ab-biegen, von Bojen leiten lassen.

Anfahrt Rügen: In Richtung B96 alter Rügen-damm/Dänholm, ab Schranke links abbiegen,von Bojen leiten lassen. Besucher können auchüber die neue Rügenbrücke in Richtung Stral-sund fahren und dann der Ausschilderung zumDänholm folgen.

KONTAKT

Dr. Tammo Luther, Jg. 1972, Verantwortlicher Redak-teur von CLAUSEWITZ und freier Autor und Lektor inSchwerin mit Schwerpunkt „Deutsche Militärgeschich-te des 19. und 20. Jahrhunderts“.

REIZVOLLE LAGE: Luftbild der Insel Dän-holm im Strelasund aus dem Jahr 2005,damals befindet sich die neue Rügenbrü-cke noch im Bau. Gut zu erkennen sindder Hafen und viele ehemalige Kasernen-gebäude. Foto: ullstein bild – EUROLUFTBILD.DE

SEHENSWERT: Das Marinemuseum Dän-holm verfügt über eine beeindruckende Uniformsammlung zur deutschen Marine-geschichte. Foto: picture-alliance/ZB©dpa-Report

HISTORISCH: Postkarte aus der Zeit um 1900mit einem der vielen Kasernengebäude, die im19. und 20. Jahrhundert auf der Insel Dänholmerrichtet wurden. Foto: picture-alliance/ZB©dpa

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Internet: www.clausewitz-magazin.de

Hinweis zu §§ 86 und 86a StGB: Historische Original-fotos aus der Zeit des „Dritten Reiches“ können Hakenkreuze oder andere verfassungsfeindliche Symbole abbilden. Soweit solche Fotos in CLAUSEWITZveröffentlicht werden, dienen sie zur Berichterstattungüber Vorgänge des Zeitgeschehens und dokumentierendie militärhistorische und wissenschaftliche Forschung. Wer solche Abbildungen aus diesem Heftkopiert und sie propagandistisch im Sinne von § 86 und § 86a StGB verwendet, macht sich strafbar!Redaktion und Verlag distanzieren sich ausdrücklichvon jeglicher nationalsozialistischer Gesinnung.

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Nr. 26 | 4/2015 | Juli-August | 5. Jahrgang

Remagen 1945Kampf um den Rheinübergang

7. März 1945: Die „Ludendorff-Brücke“ bei Rema-gen steht im Fokus der Kämpfe im Westen. Die Er-oberung der noch intakten Rheinbrücke durch dieUS-Armee verkürzt den Krieg in Europa und findetschließlich als das „Wunder von Remagen“ Ein-gang in die Geschichtsbücher.

Vorschau

Schlacht bei ChancellorsvilleZwiespältiger Sieg des Südens

1863: Chancellorsville geht als General Lees „perfekte Schlacht“in die Geschichte ein. Trotz zahlenmä-

ßiger Unterlegenheit kann er denUnionstruppen durch gewagte takti-sche Kabinettstückchen eine herbeNiederlage beibringen. Doch dafürmuss er einen hohen Preis zahlen!

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„Legion Condor“Deutsche Soldaten imSpanischen Bürgerkrieg

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1945: Der letzte Erfolg

der Wehrmacht

DIE SCHLACHT UM BAUTZEN

Nero-Befehl 1945

in AmerikaDeutsche Söldner im

Unabhängigkeitskrieg

„Hessen“

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RedaktionsanschriftCLAUSEWITZInfanteriestr. 11a, 80797 München Tel. +49 (0) 89.130699.720 Fax +49 (0) [email protected] Markus Wunderlich (ChefredakteurLuftfahrt, Geschichte, Schifffahrt und Modellbau), Dr. Tammo Luther (Verantw. Redakteur),Maximilian Bunk, M.A., Stefan Krüger, M.A.Chef vom Dienst Christian Ullrich Berater der Redaktion Dr. Peter WilleStändige Mitarbeiter Dr. Joachim Schröder, Dr. Peter Andreas Popp Layout Ralph Hellberg

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Geschäftsführung Clemens HahnHerstellungsleitung Olaf WendenburgLeitung Marketing und Sales Zeitschriften:Andreas ThoreyVertriebsleitung Dr. Regine HahnVertrieb/Auslieferung Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel: MZV, Unterschleißheim

Im selben Verlag erscheinen außerdem:

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