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Das Magazin für Militärgeschichte 3/2014 Mai | Juni € 5,50 A: € 6,30 CH: sFr 11,00 BeNeLux: € 6,50 SK, I: € 7,45 S: SKR 75 N: NOK 79 FIN: € 8,10 Clausewitz Gorlice-Tarnów Durchbruchsschlacht im Osten 1915 Militärtechnik im Detail Luftschiff „L 59“ In geheimer Mission Operation „Market Garden“ MILITÄR & TECHNIK Verehrt, verhasst, verklärt GMC 6x6 Truck Robuste „Allrounder“: Marinehubschrauber von Bundes- und Volksmarine Sikorsky H-34G Mil Mi-4 Paul von Hindenburg 1944: Das Debakel von Arnheim

Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Page 1: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Das Magazin für Militärgeschichte

3/2014 Mai | Juni € 5,50 A: € 6,30 CH: sFr 11,00 BeNeLux: € 6,50 SK, I: € 7,45 S: SKR 75 N: NOK 79 FIN: € 8,10

Clausewitz

Gorlice-TarnówDurchbruchsschlachtim Osten 1915

Militärtechnik im Detail

Luftschiff „L 59“In geheimer Mission

Operation „Market Garden“

MILITÄR & TECHNIK

Verehrt, verhasst,verklärt

GMC 6x6 Truck

Robuste „Allrounder“: Marinehubschraubervon Bundes- und Volksmarine

Sikorsky H-34G

Mil Mi-4Paul vonHindenburg

1944: Das Debakel von Arnheim

Page 2: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Legenden der Lüfte

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Page 3: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Die Anfänge der Prätorianergarde liegen inder römischen Republik. Bereits Scipio

Aemilianus (185 bis 129 v. Chr.) legt sich ei-ne Leibwache zu, die nach dem Bereich imMarschlager benannt wird, in dem das Zeltdes Heerführers steht: praetorium. Augustus(63 v. Chr. bis 14 n. Chr.) gliedert die Prätoria-ner als festen Bestandteil in das römischeHeer ein – verteilt auf neun Kohorten sind die insgesamt 4.500 Mann in und um Romstationiert. Die praetoriae cohortes bestehenhauptsächlich aus Infanterie, zu einem klei-nen Teil auch aus Kavallerie-Einheiten. Die be-rittenen speculatores der Garde sind die Eliteinnerhalb der Elite – im Gegensatz zu den Spä-hern der Legionen haben sie andere Aufga-ben, z. B. Kurierdienste für den Kaiser. Befehls-haber der Garde sind zwei Präfekten (praefectipraetorio). Hauptaufgaben der Prätorianersind der Schutz des Kaisers und die Bewa-chung des Kaiserpalastes. Ein Kampfeinsatzauf dem Schlachtfeld ist aber möglich. Als Zei-chen ihrer Sonderstellung innerhalb der Ar-mee ist die Dienstzeit kürzer als bei normalenLegionären, der Sold dafür deutlich höher. Hin-zu kommen „Prämien“, vor allem um sich dieLoyalität der Garde zu erkaufen. Die Prätoria-ner – und darauf gründet sich ihr bis heutezwiespältiger Ruf – spielen nämlich neben ih-ren militärischen Aufgaben auch politisch ei-ne Rolle. Durch die Konzentration der Garde ineiner Kaserne auf dem Viminal-Hügel in Romeröffnen sich der bewaffneten Macht Möglich-keiten, in das politische Geschehen des Rei-ches einzugreifen. Besonders bei der Installa-tion der Kaiser ist die Garde ein Faktor, mitdem kalkuliert werden muss. Im Jahr 193 z.B. kauft Didius Iulianus den Kaisertitel denPrätorianern ab – für 6.250 Denare pro Mann.Doch auch zuvor betätigen sich die Prätoria-ner als „Kaisermacher“ in römischen Thronwir-ren. Im Zweifelsfall ist Geld stärker als Loyali-tät – und oft sind Prätorianer in den Mord derPerson verwickelt, die sie eigentlich schützensollen. Die Mannschaftsstärke der Garde, so-wie der gezahlte Sold verändern sich während

der Kaiserzeit wiederholt – je nachdem, wergerade auf dem Thron sitzt. Kaiser Konstantinzieht einen Schlussstrich – nach der Schlachtan der Milvischen Brücke 312 n. Chr. löst erdie Truppe auf.

FAKTENZeit: Circa 2. Jhd. v. Chr. bis 312 n. Chr.Uniform: Eigene Rüstung für den Wachdienst,die Feldrüstung entspricht dem Standard derrömischen Armee. Eigenes Feldzeichen (bestückt mit dem Bild des Kaisers).Hauptwaffe: Gladius (Kurzschwert) und Pilum(Wurfspieß)Kampftaktik: Infanterietaktiken der Legionen(im Feld), Wachaufgaben Wichtige Schlachten: Erste Schlacht von Be-driacum (69 n. Chr.), Schlacht am Rotenturm-pass (86 n. Chr.), Donaufront unter Kaiser

Marc Aurel (121–180 n. Chr.)Prätorianer im Film: In Ridley Scotts „Gladia-tor“ (2000) sind u.a. in einer Szene 27.000 (!)Prätorianer in schwarzer Rüstung zu sehen.Auch in anderen Filmen, wie etwa „Aufstandder Prätorianer“ oder in dem Skandalfilm „Caligula“ von Tinto Brass, hat die Leibgardedes Kaisers eine wichtige Rolle. Literatur: Hans Dieter Stöver: Die Prätorianer.Kaisermacher – Kaisermörder. München 1994(antiquarisch). Sandra Bingham: The Praetori-an Guard. London 2013 (englischsprachig).

Liebe Leserin, lieber Leser,

heuer jährt sich das größte Luftlande-unternehmen des Zweiten Weltkriegszum 70. Mal. Mit der Operation „Mar-ket Garden“ wollten die Alliierten denSturm auf das Deutsche Reich einlei-ten, um Hitler-Deutschland noch imKriegsjahr 1944 den militärischen

„Todesstoß“ zuversetzen. VieleHistoriker sindsich sicher: Wä-re das riskanteUnternehmengeglückt, hätteder Zweite Welt-krieg um einigeMonate verkürztwerden können.

Die dramatischen Ereignisse, diesich damals im Raum Nimwegen – Arn-heim in den östlichen Niederlanden ab-spielten, bieten genügend Stoff für pa-ckende Geschichten. Dieser wurdebereits in zahlreichen Büchern und Fil-men „verarbeitet“:

Das Buch „Die Brücke von Arnheim“von Cornelius Ryan etwa wurde in den1970er-Jahren ein echter Bestseller.Ebenfalls erfolgreich war der auf RyansSchilderungen basierende gleichnami-ge Kinofilm (Originaltitel: „A Bridge TooFar“), in dem neben Sean Connery vie-le weitere internationale Stars mitwirk-ten. In der mit großem Aufwand gedreh-ten Filmproduktion spielt der kürzlichverstorbene Schauspieler MaximilianSchell den SS-Obergruppenführer undGeneral der Waffen-SS Wilhelm Bit-trich, dessen Panzerverbände im Sep-tember 1944 zum „Schrecken“ für diegegnerischen Fallschirmjäger wurden.

In unserer aktuellen Titelgeschichte„Sprung ins Verderben“ erfahren Sieab Seite 10 alles über den Verlauf dererbittert geführten Kämpfe und dieGründe für den zu diesem Zeitpunktnicht mehr für möglich gehaltenen alli-ierten Fehlschlag.

Ich möchte Sie auch auf unser gro-ßes CLAUSEWITZ-Gewinnspiel auf denSeiten 40/41 aufmerksam machen, beidem es attraktive Preise zu gewinnengibt. Machen Sie mit, es lohnt sich!

Eine abwechslungsreiche Lektüreund viel Spaß beim Gewinnspielwünscht Ihnen

Dr. Tammo LutherVerantwortlicher Redakteur

Editorial Krieger, Söldner & Soldaten

Clausewitz 3/2014

8. Folge

AUF NÄCHTLICHEM POSTEN: Eine der

Hauptaufgaben der Prätorianer ist die Bewa-

chung. Dieser Angehörige der kaiserlichen

Elitetruppe ist mit Schwert, Schild und Pilum

(das zusätzliche Bleigewicht am Ende des

Holzschaftes sorgt für eine stärkere Durch-

schlagskraft) ausgerüstet. Seine Kleidung

besteht aus Tunika, Paenula (Überziehmantel

mit Kapuze) und Caligae (römische Militär-

schuhe). Abb.: Johnny Shumate

Die Prätorianer – loyale Leibgarde?Die praetoriae cohortes sind Leibwächter und Elitetruppe zugleich.

Bis heute haben sie einen berühmt-berüchtigten Ruf.

Page 4: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Magazin

Neues zur Militärgeschichte, Ausstellungen und Bücher. .....................6

Der Zeitzeuge

Dem Vergessen entrissen. ...................................................................................32Ein ehemaliger U-Boot-Fahrer als Chronist und Archivar.

Schlachten der Weltgeschichte

Frontaler Durchbruch. ...................................................................................................34Die Schlacht von Gorlice-Tarnów 1915.

Wissenstest

Siegen mit Caesar und Otto dem Großen. ....................40Tolle Preise für Leute mit Köpfchen.

Schlachten der Weltgeschichte

„Völkerschlacht“ am Nebelbach ...........................................................42Das Gefecht bei Höchstädt 1704.

Militär und Technik

In geheimer Mission. .......................................................................................................48Die „Afrikafahrt“ des Luftschiffs „L 59“.

TitelthemaSprung ins Verderben. ................................................................................................................10 Die alliierte Luftlandeoperation „Market Garden“ 1944.

Zwischen Hoffen und Bangen. ................................................................................24 Das Schicksal britischer Fallschirmjäger bei Arnheim.

Hoffnungslos unterlegen. ...................................................................................................28 Ausrüstung der alliierten Luftlandetruppen.

Inhalt

11Clausewitz 3/201410

Titelgeschichte

Operation „Market Garden“ 1944

17. September 1944: Es sollte die Einleitung zum Sturm auf das Deutsche Reich sein.Doch die großangelegte alliierte Luftlandeoperation entwickelt sich zur Katastrophe fürdie britischen Fallschirmtruppen. Von Jörg-M. Hormann

Sprung insVerderben

LEICHTES ZIEL:Leichtes Ziel: Britische und US-amerikanische Luftlandetrup-

pen werden im Rahmen des Luftlandeunternehmens „Market

Garden“ im September 1944 im Raum Nimwegen – Arnheim

abgesetzt. Die Alliierten treffen auf unerwartet starken deut-

schen Widerstand und erleiden schwere Verluste.

Foto: picture-alliance/akg-images

Titelfotos: National Archives; picture-allianceZB©dpa; Weider History Group/Jim Laurier; picture-alliance/akg-images; Sammlung John Provan; picture-alliance/dpa-Zentralbild; Jim Laurier Ulf Kaack/Dieter Flohr

Alarm: Soldaten der Wehrmacht auf

dem Weg, ihre Pak in Arnheim in

Stellung zu bringen.

Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

Page 5: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Schlacht von Gorlice-Tarnów 1915

FrontalerDurchbruch

2. Mai 1915: Mehr als 1.000 Geschütze der Mittelmächte nehmen die russischenStellungen zwischen Gorlice und Tarnów in Galizien unter Beschuss. Ziel der Großoffensive ist der Stoß durch die gegnerischen Linien und die Bedrohung derrussischen Karpatenfront. Von Lukas Grawe

Trotz großer Erfolge gegen die Armee desZaren ist die Lage der Mittelmächte ander Ostfront zu Beginn des Jahres 1915

kritisch. Zwar war es der deutschen Armee ge-lungen, die russischen Offensiven zur Erobe-rung Ostpreußens in den Schlachten von Tan-nenberg und an den Masurischen Seen zu stop-pen, doch war der eigene Vormarsch nachPolen am hartnäckigen Widerstand der Rus-sen gescheitert.

Wesentlich ernster ist die Lage zudem amsüdlichen Abschnitt der Ostfront beim Ver-bündeten Österreich-Ungarn. Nach der erfolg-

losen Anfangsoffensive im Sommer 1914 hattedie k.u.k. Armee einen Rückschlag nach demanderen erlitten. Russische Truppen stehen tiefauf österreichischem Gebiet und halten weiteTeile des Kronlandes Galizien besetzt. Dasösterreichische Heer hat bereits kaum ersetz-bare Verluste hinnehmen müssen und kannnur mit Mühe seine Front verteidigen.

Die Überlegungen Italiens und Rumä-niens, aufseiten der Entente in den Krieg ein-zutreten, verursachen zusätzliche Sorgen beiden Mittelmächten. Für einen Mehrfronten-krieg besitzt die Donaumonarchie nicht

mehr die nötigen Abwehrkräfte. Zwar istder Chef der deutschen Obersten Heereslei-tung (OHL) Erich von Falkenhayn der Mei-nung, dass der Krieg nur im Westen gewon-nen werden kann. Doch bleibt ihm ange-sichts der Lage keine andere Wahl, als eineOffensive an der Ostfront. Falkenhayn willdadurch den wankenden Verbündeten ent-lasten und durch einen erfolgreichen An-griffsstoß stabilisieren. Zugleich sollen diebeiden „schwankenden Staaten“ durch ein-drucksvolle Erfolge von einem Eingreifenin den Krieg abgehalten werden. Durch

35Clausewitz 3/2014

Schlachten der Weltgeschichte | Gorlice-Tarnów 1915

ANGRIFF: „Erstürmung des Zamecysko-

berges bei Gorlice durch das 3. Bayerische

Infanterie-Regiment am 2. Mai 1915“, Ge-

mälde von Ludwig Putz (1866–1947) aus

dem Jahr 1916. Abb.: picture-alliance/akg-images

Schon lange vor dem Tod des kinderlo-sen spanischen Königs Karl II. am 1. No-vember 1700 läuft die europäische Diplo-

matie auf Hochtouren. Dies ist angesichts deszu erwartenden „Erbes“ – darunter Spanien,Neapel, Sizilien, Mailand, gewaltige Besitzun-gen in Mittel- und Südamerika sowie die spa-nischen Niederlande – wenig überraschend.

Der französische „Sonnenkönig“ LudwigXIV. und Kaiser Leopold I. sind mit Schwes-tern von Karl II. verheiratet. Aus diesemGrund erheben sie Anspruch auf dessen „Er-be“. Allerdings erfolgt dies nicht offen, son-dern für ihre Verwandten, mit deren Hilfesie ebenfalls ihre politischen Ziele verfolgenkönnen. Gleichwohl droht mit beiden Optio-nen eine europäische Universalmonarchie.

Zwei „salomonische“ Lösungen werdenerwogen: Erstens mit 1698 und 1700 aufge-

setzten Teilungsverträgen; zweitens mit derEinsetzung von Kurprinz Josef Ferdinand,des Sohns des bayerischen Kurfürsten Max II.Emanuel, als alleinigen Erben. Dieser stirbtjedoch bereits 1699 vor Eintreten des Erbfal-les. Damit scheitern die Ambitionen derWittelsbacher.

Französischer Diplomatie zugänglich, istes der letzte Wille Karls II., sein Reich Philippvon Anjou, dem Enkel Ludwigs, zu übereig-nen. Diese Entscheidung ist mit der Auflageverbunden, Spanien nicht mit Frankreich zuvereinen. Dagegen verstößt Ludwig XIV.kurz nach dem Tode Karls II., indem er seineuniversalen Machtambitionen zu erkennengibt.

Gelingt ihm die Vereinigung Frankreichsmit dem „spanischen Erbe“ in Übersee, somuss dies auch dramatische Auswirkungen

auf die machtpolitische Stellung der See-und Handelsmacht England haben. Sofortbildet sich 1701 unter der Führung Englands,geführt vom Oranier Wilhelm III., eine „Gro-ße Allianz“ mit Holland, Habsburg und demReich. Ihr stehen Spanien, Frankreich undBayern gegenüber. Frankreichs militärischeÜberlegenheit in den ersten Jahren des „Spa-nischen Erbfolgekrieges“ (1701–1713/14) istoffensichtlich und bringt die Alliierten in ei-ne schwierige Defensivposition.

Die Gesamtlage der „Großen Allianz“ istim Sommer 1704 mehr als prekär: Französi-sche Verbände in den Spanischen Niederlan-den binden die englisch-holländische Armeeunter dem Kommando von John Churchill,dem 1. Duke of Marlborough. In Süd-deutschland spitzt sich die Lage zu: AmOberrhein steht der französische Marschall

43Clausewitz 3/201442

Schlachten der Weltgeschichte | Höchstädt 1704

Die Schlacht bei Höchstädt 1704

„Völkerschlacht“am Nebelbach13. August 1704: Mit der Schlacht von Höchstädt entbrennt eine der bedeutends-ten und blutigsten Schlachten des „Spanischen Erbfolgekrieges“, in dem zwölfJahre lang um das Mächtegleichgewicht in Europa gerungen wird. Von Eberhard Birk

BERÜHMT: Das Gemälde des nieder-

ländischen Malers Jan van Huchten-

burgh (1647–1733) vermittelt einen

Eindruck vom Ausmaß des Kampfge-

schehens am 13. August 1704.

Abb.: ullstein bild – Imagno

Alliierte

Befehlshaber: John Churchill, 1. Duke of Marlborough (1650–1722)Prinz Eugen von Savoyen (1636–1736)

Truppenstärke: 32.000 Mann Infanterie20.000 Mann Kavallerie52 Geschütze

Verluste: Circa 12.000 Tote und Verwundete

Franzosen/Bayern

Befehlshaber: Camille d’Hostun Comtede Tallard (1652–1728)Ferdinand de Marsin (1656–1706)Maximilian II. Emanuel (1662–1726)

Truppenstärke: 39.000 Mann Infanterie17.000 Mann Kavallerie90 Geschütze

Verluste: Circa 14.000 Tote und Verwundete; 14.000 Gefangene

Besatzung von zwei Mann können 16 Passa-giere und im Sanitätsdiensteinsatz acht biszwölf Verwundete auf Tragen oder auch1.350 kg Fracht befördert werden. Die Steu-erorgane in der Kanzel sind doppelt ausge-führt und können vom Piloten und Co-Pilo-ten bedient werden.

UdSSR-Ware für die DDRAuch in der Nationalen Volksarmee (NVA),die parallel zur Bundeswehr gegründetwird, kommen fast von Beginn an Helikop-ter zum Einsatz. Als Mitglied des Warschau-er Paktes greifen die Militärs in der DDR aufeinen Typ aus sowjetischer Fertigung zu-rück: die Mil Mi-4. Im „Ostblock“ haben dieVerantwortlichen ebenfalls den hohen Nutz-und Kampfwert von Helikoptern erkanntund 1948 die nach ihrem Konstrukteur Mi-chail Leontjewitsch Mil benannte „MoskauerHubschrauber Fabrik M. L. Mil“ in Kasan insLeben gerufen. Im Oktober 1951 beginnendort die Entwicklungsarbeiten am mittlerenTransporthubschrauber Mi-4, der im Mai1952 seinen Erstflug absolviert. Der findetnoch mit dem ursprünglichen 1.000 PS star-ken Schwezow-ASch-62 IR-Sternmotor statt.Bei Anlauf der Serienproduktion 1953 kommtjedoch ein Schwezow-ASch-82W-Sternmotormit 1.694 PS Leistung zum Einbau. Die NVA

57Clausewitz 3/2014

Transporthubschrauber Sikorsky der Varian-te H-34G ausgestattet. Damit steht der jun-gen deutschen Armee ein ausgereiftes undrobustes Luftfahrzeug zur Verfügung, dassich bereits in großen Stückzahlen bei derU.S. Army bewährt hat.

US-Produkt für die BRDInsgesamt 145 Helikopter dieses Typs wer-den bei der Bundeswehr eingesetzt. Gebautist die H-34 in klassischer Haupt-Heckrotor-

konfiguration. Der Rumpf entsteht in Ganz-metall-Halbschalenbauweise. Zwischen Cock-pit und Laderaum befindet sich – durch einBrandschott abgetrennt – der luftgekühlteNeunzylinder-Sternmotor Wright R-1820-84Dunter einer kuppelförmigen Verkleidung. Erist nach hinten oben geneigt eingebaut. DieKraftübertragung findet über eine Fernwel-le mit hydraulischer Kupplung sowie einHauptgetriebe mit Wirkung auf den Haupt-rotor und die Nebenantriebe statt. Mit einer

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Militär und Technik | Marinehubschrauber

Trotz jahrzehntelangen Forschens stehenzuverlässige und praxistaugliche Hub-schrauber erst ab Mitte der 1940er-Jah-

re zur Verfügung. Nach dem Zweiten Welt-krieg kommt die Entwicklung der Helikop-ter rasant in Fahrt, und als die beidendeutschen Staaten ihre Streitkräfte ins Lebenrufen, gehören die Drehflügler zwischenzeit-lich zur Standardausrüstung. Unmittelbarnach Gründung der Bundeswehr werden zu-nächst die Heeresflieger mit dem mittleren

Sikorsky H-34G versus Mil Mi-4

„Multitalente“der Marineflieger

Symbolcharakter erlangt die Sikorsky H-34bei ihren Einsätzen während der HamburgerFlutkatastrophe im Februar 1962. Pausen-los sind die Hubschrauber in der Luft, umMenschen von den Dächern ihrer Häuser zubergen und Hilfsgüter sowie Sandsäcke zurDeichsicherung zu transportieren. Seiner-zeit sind, neben den H-34 der Marine- undHeeresflieger, auch Einheiten des Typs derin Deutschland stationierten US-Streitkräfte,

sowie die Marineflieger mit ihren Bristol B 171 Sycamore, in die Hilfsaktion einge-bunden. Dabei absolvieren 96 Hubschrau-ber und Flugzeuge 2.945 Einsätze, bei de-nen 1.117 Menschen aus Lebensgefahr be-freit und 1.234 Tonnen Hilfsgüter in dasKatastrophengebiet transportiert werden. Inharten Wintern mit Eisgang fliegen die Sikor-sky H-34G außerdem Versorgungsflüge zuden Ostfriesischen Inseln.

Humanitäre EinsätzeHINTERGRUND

ZIVILE EINSÄTZE:H-34G der Bundeswehr

fliegen zahlreiche

Rettungs-, Hilfs- und

Versorgungsmissionen.

1950er: Zwei deutsche Staaten, zwei deutsche Armeen – und zwei Hubschrauber-Model-le: Nach Gründung der Bundeswehr kommt bei den Marinefliegern die H-34Gzum Einsatz, die Volksmarine setzt auf den Mil Mi-4. Von Dieter Flohr und Ulf Kaack

ROBUSTER RETTER:Die Sikorsky H34G der

Bundesmarine wird oft

für SAR-Missionen

verwendet.

SOWJETISCHER SERIENHELIKOPTER:Die Mi-4 wird in der DDR nicht nur für

militärische Zwecke eingesetzt. Sie

hilft auch beim Bau von Bahnstrecken!

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droht noch von ganz anderer Seite. Denn zu-nächst beendet jäh ein Gewitter alle Hoff-nungen: Am 7. Oktober 1917 gerät „L 57“ aufdem Gelände des Truppenübungsplatzes Jü-terbog bei Berlin nach einer Probefahrt inheftige Turbulenzen, hat schnell Bodenkon-takt und wird ein Raub der Flammen. Im-merhin kann sich die Besatzung retten. Pech?Unvermögen des Kapitäns? Eine Gewitter-warnung hatte dieser sträflich vernachläs-sigt. Einen größeren Rückschlag kann mansich gar nicht vorstellen, zumal „L 57“ be-reits die gesamte Ausrüstung für Afrika ge-laden hatte. Und doch wird schnell Ersatzgefunden: Das in Bau befindliche „LZ 104“/„L 59“. Der in der Kritik stehende Kapitänbehält das Kommando.

Beginn der „Afrikafahrt”Nach seinem Umbau wird „L 59“ in das bul-garische Jambol (Jamboli), der südlichstenLuftschiffbasis der Mittelmächte, überführt.Dort befindet sich eine große Luftschiffhalleund entsprechende Ausrüstung. Doch auchdieser Zeppelin ist vom Pech verfolgt. Zu-nächst verhindert mehrfach schlechtes Wet-ter einen Aufstieg, am 16. November wirddie Außenhülle durch ein Gewitter und hef-tige Regengüsse in Mitleidenschaft gezogen,bevor „L 59“ in niedriger Höhe dann sogarvon türkischen Einheiten beschossen wird –offenbar eine Folge der strikten Geheimhal-tung. Auch diese Fahrt muss abgebrochenwerden. Da Jambol über ein Gaswerk ver-fügt, ist die Herstellung von Wasserstoff un-problematisch. Die Nachfüllung der Gaszel-len kann rasch erfolgen.

Am 21. November 1917 beginnt „L 59“schließlich die „Afrikafahrt“. Genaues Zielist das kaum zugängliche Makonde-Plateauöstlich von Kitangari, ganz im Süden der

49Clausewitz 3/2014

versorgen, muss aufgrund der britischenSeeblockade und der Besetzung der Küstevon „Deutsch-Ostafrika“ aufgegeben wer-den. Im April 1917 setzt sich das Reichskolo-nialamt dann für den Einsatz eines Unter-seebootes ein: Versenkungen feindlicherKriegs- und Handelsschiffe in den Küstenge-wässern Ostafrikas sollen den Weg für Hilfs-aktionen per Schiff ebnen. Doch sowohl dieOberste Heeresleitung als auch der Admiral-stab winken ab.

Zustimmung zur ExpeditionDaher greift das Kolonialamt den Vorschlageines ehemaligen Angehörigen der „Schutz-truppe“ in Afrika auf: Prof. Dr. Zupitza, ehe-maliger Oberstabsarzt und 1916 als Gefange-ner ausgetauscht, spricht sich für die Entsen-dung eines Luftschiffes aus. Der Führer derMarine-Luftschiffe, Fregattenkapitän PeterStrasser, lässt sich rasch für eine derartigeExpedition begeistern. Auch Wilhelm II.

zögert nicht lange und gibt sein Einverständ-nis: Unter allen Umständen will der Mo-narch das letzte Stück deutschen Kolonialbe-sitzes erhalten. Nun laufen die Vorbereitun-gen auf Hochtouren. Die Zeit drängt.

Die Marine stellt „L 57“ bereit, das nun ei-gens umgebaut wird. Mit KapitänleutnantLudwig Bockholt wird alsbald ein geeigneterLuftschiffführer gefunden. Dieser hat erst imApril 1917 mit seinem Luftschiff „L 23“ aufhoher See die norwegische Bark „Royal“ auf-gebracht. Dieses wagemutige Manöver – esist dies die einzige Kaperung eines Handels-schiffes durch ein Luftschiff überhaupt –scheint ihn für die riskante Afrikaunterneh-mung zu qualifizieren. Doch Skepsis ist an-gebracht, ist doch im Herbst 1917 die großeZeit der Luftschiffe längst vorbei. Ohne Fra-ge baut das Deutsche Reich zu diesem Zeit-punkt die besten Starrluftschiffe der Welt.Doch gegen feindliche Jagdflugzeuge sindZeppeline ohne große Chance. Aber Unheil

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Militär & Technik | Luftschiff „L 59“

GEWALTIGE AUSMAßE: Luftschiff „L 59“ über einem Flugfeld mit

Haltemannschaft am Boden. Foto: picture-alliance/WZ-Bilddienst

Seit 1914 kämpfen die deutschen Koloni-altruppen im Osten Afrikas gegen einegewaltige feindliche Übermacht. Die

Soldaten in den übrigen deutschen Schutz-gebieten und Kolonien in Afrika und in derSüdsee, fern der Heimat und daher ohne nen-nenswerte Unterstützung, haben längst dieWaffen niedergelegt.

Doch in „Deutsch-Ostafrika“ leistenKommandeur Paul von Lettow-Vorbeck undseine Soldaten mithilfe afrikanischer Einhei-ten, den Askari, hinhaltenden Widerstand.

Afrika ist ein Nebenkriegsschauplatz undnur dem ständigen Drängen des Reichskolo-nialamtes ist es zu verdanken, dass sich dieMarine überhaupt mit möglichen Hilfsak-

tionen für Lettow-Vorbeck beschäftigt. In den Jahren 1915 und 1916 bringt

allerdings jeweils nur ein FrachterNachschub. Der Plan, die Schutztruppe

über den Seeweg dauerhaft mit größe-ren Mengen an Waffen und Munition zu

Luftschiff „L 59“

Die „Afrikafahrt“ desLuftschiffs „L 59“Herbst 1917: Unter strengster Geheimhaltung laufen im Deutschen Reich die Vorberei-tungen für eine waghalsige Unternehmung: Ein Luftschiff soll Waffen und Munition nach„Deutsch-Ostafrika“ transportieren. Von Joachim Schröder

Die „Afrikafahrt” von „L 59”, 1917KARTE

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

69Clausewitz 3/2014

Weithin prägt der Hohentwiel dieLandschaft am Bodensee. Der Bergträgt die Ruinen einer mächtigen

Festung. 915 gibt es eine Befestigung auf demBerg, die König Konrad I. erfolglos angreift.Mehr als 700 Jahre später, im 30-jährigen Krieg(1618–48), wird die Festung fünfmal belagertund erfolgreich verteidigt. Heute finden Be-sucher auf dem Berg eines der geschichtlich,burgen- und festungskundlich interessantes-ten Baudenkmäler Süddeutschlands. Darüberhinaus können Ruinen der mittelalterlichenBurg, des Renaissance-Schlosses, der württem-bergischen Landesfestung und Belagerungs-schanzen besichtigt werden.

Von 915 bis zum 16. JahrhundertFrühe Nutzungen des Berges belegen ar-chäologische Funde von der Steinzeit bis zurRömerzeit. Die erste bekannte urkundlicheErwähnung des Twiel – Hohentwiel wird erab Ende des 15. Jahrhunderts genannt –stammt aus dem Jahr 915: Nach dem Tod des

letzten Karolingerkönigs Ludwig das Kind(reg. 900–911) wollen Adelige das Herzog-tum Schwaben neu begründen. 914 versuchtErchanger, Pfalzgraf in Bodman, Herzog zuwerden. König Konrad I. (reg. 911–918) willden Verfall der Königsmacht aufhalten: Zumilitärischen Konflikten zwischen dem kö-nigstreuen Bischof Salomo III. von Konstanzund Erchanger kommt es im Thurgau; Er-changer wird gefangen. Daraufhin, so einespätere Chronik, befestigen seine Anhängerden Twiel, den der König 915 erfolglos an-greift. Nachdem König Konrad kurz danachin der Schlacht bei Wahlwies besiegt wordenist, erkennt er Erchanger als Herzog an.

Herzog Burkhard III. (reg. 954–973) bautauf dem Twiel eine Residenz und gründetein Kloster. Nach Burkhards Tod residierthier seine Witwe bis 994: Herzogin Hadwig(um 939-94) erlangt Bedeutung als Romanfi-gur in Joseph Victor Scheffels „Ekkehard“(1855), einem der meistgelesenen Romane inDeutschland.

1079 verfügen die Herzöge von Zährin-gen über die Burg, die 1086 von Truppen deskaisertreuen Abtes Ulrich von St. Gallen er-obert wird, da Berthold von Zähringen imInvestiturstreit Papst Gregor VII. unter-stützt.

1300 kauft Albrecht von Klingenberg dieBurg. Die Klingenberger sind Dienstman-nen der Habsburger, die 1465 die Landgraf-schaft Nellenburg mit Teilen des Hegaus er-werben. Während der „Werdenberger Feh-de“ 1464 kommt es zur Belagerung derBurg, doch wird der Konflikt per Verhand-lung beigelegt.

Noch vor Übernahme der Landgrafschaftdurch Österreich unterstellen sich 1465 Eber-hard und Heinrich von Klingenberg mit derBurg Twiel Erzherzog Sigmund von Öster-reich, doch seit 1447 sind zwei Klingenbergerwürttembergische Dienstleute, 1483 und1486 folgen weitere. Ab 1475 regelt ein Burg-frieden den Alltag der auf zwei Seiten enga-gierten Klingenberger auf dem Twiel.

68

Spurensuche

Stark, stolz und ständig umkämpft!

Die FestungHohentwiel

Seit Urzeiten: Über der Stadt Singen (Hohentwiel) im Kreis Konstanz (Baden-Württem-berg) ragt steil und markant der Hohentwiel auf, ein Phonolithkegel, Wahrzeichen derVulkanlandschaft Hegau mit ihren burggekrönten Bergen. Von Michael Losse

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DOMINIERENDE POSITION: Mächtig

thront die Festung Hohentwiel auf ei-

nem Phonolithkegel. Auch aus der

Ferne wirkt die Anlage majestätisch

und beeindruckend.

MÄCHTIGE MAUERN: Die Überreste verdeutlichennoch heute, um was für eine massive Anlage essich beim „Hohentwiel“ handelt. Im Mittelalter undder Frühen Neuzeit steht die Burg/Festung oft imZentrum kriegerischer Auseinandersetzungen.

915 Befestigung auf dem Twiel(Bericht in späterer Chronik!)

954/73 Herzog Burkhard III. bautauf dem Twiel eine Residenz

1086 erobern Truppen des kaiser-treuen Abtes Ulrich von St. Gallendie Burg

1300 verkauft Ulrich von Klingendie Burg an Albrecht von Klingen-berg; die Klingenberger sindDienstmannen der Habsburger

1464 Belagerung während derWerdenberger Fehde

Ab 1475 regelt ein Burgfriedendas Leben auf der Burg, deren Eig-ner verschiedenen politischen Sei-ten angehören

1519/24 Herzog Ulrich von Würt-

temberg flieht mehrfach auf dieBurg, lässt die Besatzung verstär-ken und Befestigungen ausbauen

1550/93 Ausbau zu einer würt-tembergischen Landesfestung

1634-43 FestungskommandantKonrad Widerhold legt einen Wüs-tungsgürtel um die Festung an, in-dem er Burgen rundum zerstört

1635 (August) Beginn der 1. Bela-gerung im Dreißigjährigen Krieg

1639 (Juni) Beginn der 2. Belage-rung; 9.7.: Eroberung und Teilzer-störung der Vorburg

1640 (Januar): Abzug der Belagerer

1640 (September) Beginn der 3.Belagerung; Ende 1640 aufgehoben

1641 (Oktober) Kaiserliche und

bayerische Truppen schließen denBelagerungsring der 4. Belage-rung; ab November Batterien derAngreifer in Aktion; Tiroler Berg-knappen treiben Minen unter dieFestung

1642 (Januar) Als Franzosen amHochrhein vorrücken, verlassen dieAngreifer fluchtartig ihre Stellungen

1644 im Mai Beginn der 5. Belage-rung; Belagerungsschanzenring;1.8.: Aufhebung der Belagerung

1650 (10.7.) Übergabe der Festungan Herzog Eberhard III. von Würt-temberg

1799 (2.5.) Kapitulation der würt-tembergischen Besatzung; Franzo-sen übernehmen die Festung

1800/01 Schleifung

FAKTEN Schlachten und Kampfhandlungen auf dem Hohentwiel

ÜBERBLEIBSEL:Im Gasthof „Zur

Krone“ in Weiter-

dingen befindet

sich heute ein

großer Ofen aus

der Festung

Hohentwiel.

Foto: Museum Allerheiligen Schaffhausen

75

Hindenburg sind die Beneckendorffs indesschon seit dem Mittelalter verbunden. 1789vereinigen sich beide Familien samt Wappen,als der letzte Hindenburg kinderlos stirbt.

Einsatz im „Deutschen Krieg”Der berühmteste Spross beiderZweige erblickt am 2. Oktober 1847in Posen das Licht der Welt: PaulLudwig Hans Anton von Ben-eckendorff und von Hinden-burg. Paul tut sich in der Schuleanfangs etwas schwer, vor al-lem beim Rechnen. Lediglichim Fach Deutsch bescheini-gen ihm die Lehrer gute Leis-tungen und loben obendreinsein gutes Benehmen. ImApril 1859 verlässt er dasevangelische Gymnasiumund wechselt zur Kadet-tenschule in Wahlstatt imKreis Liegnitz.

Nach seinem Fähn-richsexamen tritt erschließlich im April1865 als Secondelieute-nant dem Garde-Regi-ment Nr. 3 bei. Raschzeigt sich, dass dieharten Jahre den jun-gen Mann nicht von

74

Feldherren

Millionenfach haben Menschen inDeutschland vor und nach seinemTod sein Porträt als Briefmarke auf

ihre Post geklebt. Passagiere sind mit einemnach ihm benannten Zeppelin über den At-lantik sogar bis in die USA geflogen. Heutedagegen wird vielfach auf dem Andenken anden ehemaligen Feldherrn und Reichspräsi-denten „herumgetrampelt“ – sowohl buch-stäblich als auch im übertragenen Sinne. Alsim Jahre 2008 der Bau der neuen Mainzer Sy-nagoge beginnt, bricht eine heikle Diskussi-on los. Die Synagoge liegt nämlich in derStraße, die seinen Namen trägt: Hindenburg.Die Parteien SPD und Grüne fordern, dieStraße umzubenennen, sie scheitern jedocham Widerstand der CDU. Am Ende be-schließt der Stadtrat, den ursprünglichen Na-men beizubehalten und lediglich das Teil-stück mit der Synagoge in „Am Synagogen-platz“ umzubenennen.

Zuletzt hat die Ratsversammlung in KielAnfang 2014 beschlossen, die berühmte Pro-menade „Hindenburgufer“ in „Kiellinie“umzubenennen, während sich in anderenStädten die Anwohner bei Bürgerbefragun-gen für die Beibehaltung „ihres“ Straßenna-mens aussprachen.

Hindenburg polarisiertWie kommt es, dass noch acht Jahrzehntenach dem Tod Paul von Hindenburgs sichdie einen berufen fühlen, das Andenken anihn zu bewahren, während es andere gerntilgen möchten?

Die Geschichte der Beneckendorffs, dennso hieß die Familie ursprünglich, lässt sich bisins 12. Jahrhundert zurückverfolgen. AlsKriegeradel dienen sie verschiedenen Her-ren, ehe sich die Beneckendorffs im 18. Jahr-hundert eng an das Haus der Hohenzollernbinden. Allein in den ersten 100 Jahren desAufstiegs Preußens fallen 23 Angehörige derFamilie in diversen Kriegen. Mit dem Haus

Paul von Hindenburg

Streitbar undumstritten

GROßER ERFOLG: Der Sieg über die

Russen in der „Schlacht von Tannen-

berg“ Ende August 1914 zählt zu den

größten militärischen Triumphen Hinden-

burgs; hier deutsche Soldaten während

der Schlacht in ihrer Stellung.

Foto: picture-alliance/akg-images

Clausewitz 3/2014

ZEITGENÖSSISCH: Diese kolo-

rierte Postkarte des berühmten

Generalfeldmarschalls stammt

aus der Zeit des Ersten Weltkrie-

ges, als Hindenburg für viele

Deutsche als „Held von Tannen-

berg“ und „Befreier Ostpreußens“

galt. Abb.: picture-alliance/zb/picture-alli-

ance/dpa-Zentralbild

2. August 1934: Paul von Hindenburgstirbt auf seiner ländlichen Residenz GutNeudeck. Der „Held von Tannenberg“ polarisierte als Feldherr und Reichspräsi-dent bereits zu Lebzeiten die Menschen.Auch 80 Jahre nach seinem Tod wird inDeutschland noch immer kontrovers überihn diskutiert. Von Stefan Krüger

5Clausewitz 3/2014

Militärtechnik im Detail

GMC 2,5 t 6x6 Truck. ......................................................................................................54Amerikanischer Allrad-Lkw.

Militär und Technik

„Multitalente“ der Marineflieger. ..........................................................56Hubschrauber Sikorsky H-34G und Mil Mi-4.

Buchvorstellung

„14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs“. ...................62Fotografien und Aufzeichnungen aus dem „Großen Krieg“.

Spurensuche

Der „Hohentwiel“. ....................................................................................................................68Zeitreise durch die kriegerische Geschichte der Burg- und Festungsruine im Hegau.

Feldherren

Streitbar und umstritten. .......................................................................................74Paul von Hindenburg als Feldherr und Reichspräsident.

Ein Bild erzählt Geschichte

Napoleon III. als Mörder – „Die Erschießung Kaiser Maximilians“. .................................80Edouard Manets umstrittenes Gemälde.

Vorschau/Impressum ..........................................................................................................................82

S.34

S.56

S.68

S.42

S.48

S.74

Titelbild: Fotomontage – Alliierte Panzer überqueren die Brücke von Nimwegen; Fallschirmjäger gehen in deutsche Gefangenschaft, September 1944.

Page 6: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Magazin

6

Die Reste eines gepanzerten Fahrzeugs ausdem Zweiten Weltkrieg kamen am 10.Februar 2014 bei Erdarbeiten auf dem

Bahnhofsgelände im nordrhein-westfälischenEuskirchen ans Licht. Nachdem der Kampf-mittelräumdienst eingeschaltet worden war,barg man die Reste des eisernen Wracks. Waf-fen und Sprengmittel konnten am Fundortnicht festgestellt werden. Zunächst war dieBundespolizei der Ansicht, dass es sich beidem Bodenfund um einen Borgward B IVhandle.

Da lediglich die Wanne mit den versetzt an-geordneten Rädern, die noch zugstabilen Ket-ten sowie der Motor gefunden wurden, wareine Identifizierung zunächst schwierig. EinSpezialist äußerte Zweifel und identifizierte

das Fahrzeug anhand der Räderstel-lung des Laufwerks schließlich alsleichtes Halbkettenfahrzeug „Son-der-Kfz 10“ (Sd.Kfz. 10), das DEMAGin Wetter an der Ruhr als „Typ D7“entwickelt hatte. Dort sowie bei verschiedenen Lizenzunternehmenwurden von 1937 bis 1944 rund17.500 dieser Halbkettenfahrzeugegebaut. Während des Zweiten Welt-kriegs setze die Wehrmacht sie alsTransport- und Zugfahrzeuge an al-len Fronten ein.

Der ursprüngliche Plan, dasWrack an einen Schrotthändler zur Verwer-tung zu verkaufen, wurde von der Bundes-bahn als Eigentümer des Bodenfunds ver-

worfen. Zahlreiche Sammler und Museen ha-ben ihr Interesse an dem rostigen „Welt-kriegsveteranen“ bekundet.

Vermutlich wurde der DEMAG bei einem

Luftangriff zerstört oder bei Kriegsende durch

Wehrmachtstruppen gesprengt. Foto: Bundespolizei

Sensationeller WeltkriegsfundReste einer Zugmaschine der Wehrmacht im Erdreich entdeckt

AUSSTELLUNGSTIPP

Im Jahr 2014 setzt das Land Nie-derösterreich einen Schwer-

punkt zur Erinnerung an den Aus-bruch des Ersten Weltkriegs. Vordem Hintergrund der historischenVerantwortung Österreichs wer-den Ursachen und Folgen der „Ur-katastrophe des 20. Jahrhunderts“(George F. Kennan) in einer Reihevon Projekten an-hand neuester wis-senschaftlicher Er-kenntnisse umfas-send analysiert unddokumentiert. Dreh-scheibe dieser natio-nalen wie internatio-

nalen Forschungs-, Vermittlungs-und Publikationsprojekte rund umden Ersten Weltkrieg ist die Schal-laburg in Niederösterreich.

In Kooperation mit dem Hee-resgeschichtlichen Museum Wienund dem Schloss Artstetten prä-sentiert die Schallaburg vom 29.März bis zum 9. November 2014

unter dem Titel „JUBEL& ELEND. Leben mitdem Großen Krieg 1914–1918“ die bisher umfang-

reichste Ausstellung zum ErstenWeltkrieg.

Objekte von 140 nationalenwie internationalen Leihgebern,darunter zahlreiche besondersseltene Exponate, erzählen span-nende und vielfach berührendeGeschichten über individuelleSchicksale im „Großen Krieg“.

Die Schallaburg, die 2014 ihr40-jähriges Bestehen als interna-tionales Ausstellungszentrum fei-ert, beleuchtet auf 1.300 Quadrat-metern Fläche auch die globalenPerspektiven dieses ersten welt-umspannenden und industriali-sierten Krieges.Fo

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„Jubel & Elend – Leben mit dem Großen Krieg 1914–1918“ Große Sonderausstellung im Renaissanceschloss Schallaburg

Zunächst identifizierte die Polizei das Halbkettenfahrzeug als Borg-

ward-Panzer von Typ IV. Foto: Bundespolizei

„Kriegsstruwwelpeter“ aus

dem Jahr 1915 – eines der vie-

len Exponate der Ausstellung.

Kontakt:Renaissanceschloss SchallaburgA-3382 Schallaburg 1Tel: +43 2754 6317-0Weitere Informationen unter:www.schallaburg.at/de/ausstel-lung/2014-jubel-elend

Page 7: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Obwohl viele Deutsche nicht di-rekt am Ersten Weltkrieg be-

teiligt waren, waren sie doch mit-telbar in die Kriegshandlungender Jahre 1914–1918 involviertoder durch diese betroffen: durchArbeit in der Rüstungsindustrieoder in der militärischen Logistik,durch Bombenabwürfe über ihrenStädten und Dörfern, durch Man-gel an Lebensmitteln und den da-mit verbundenen Hunger.

Auf der Grundlage ergreifen-der Zeitzeugnisse und Abbildun-gen liefert das Autorengespann ei-nen unverstellten Blick auf die

„Heimatfront“ in jenen Jahren.Das Buch schildert auf ein-drucksvolle Weise das schwereSchicksal der Zivilbevölkerungund bietet als eine gleichsam fun-dierte wie anschauliche Gesamt-darstellung ein facettenreiches Pa-norama der damaligen Gesell-schaft auf dem neuesten Standder Geschichtsforschung.

Thomas Flemming, Bernd Ulrich:Heimatfront. Zwischen Kriegsbegeis-terung und Hungersnot – wie dieDeutschen den Ersten Weltkrieg er-lebten. 288 Seiten, ca. 30 Abb., Format 14,3 x22,3 cm, Hardcover mit Schutzum-schlag. Bucher Verlag. ISBN: 978-3-7658-1850-9 Preis: 19,99 EUR [D]Das Buch wird voraussichtlich EndeApril 2014 erscheinen. Weitere Infor-mationen: www.bucher-verlag.de

Verdun 1916 Spannende Darstellung zur „Urschlacht des Jahrhunderts“

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C.H.

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„Unsicherheit imBefehlen erzeugt

Unsicherheit im Gehorsam.“Helmuth von Moltke d.Ä.

(1800–1891)

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Damals: Gegen Ende des ZweitenWeltkrieges treffen sich WinstonChurchill, Franklin D. Rooseveltund Josef Stalin zu einer Gipfel-konferenz in Jalta (4. bis 11.Februar 1945). Das historischeFoto zeigt die drei ungleichenStaatslenker im Innenhof derehemaligen Sommerresidenz desZaren auf der Halbinsel Krim. DieVerhandlungsergebnisse solltenauch für den späteren „KaltenKrieg“ von Bedeutung sein.

Heute: Jalta ist heute besondersals Urlaubsort am SchwarzenMeer bekannt. Der 1910 erbauteLiwadija-Palast („Weißer Palast“)beherbergt ein Museum, dasunter anderem die Räumlichkei-ten der Jalta-Konferenz in ihremhistorischen Originalzustandzeigt. Momentan steht die Halb-insel erneut im Blickpunkt derWeltöffentlichkeit – wegen dessich zuspitzenden Konfliktes zwi-schen Russland und der Ukraine.

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BUCHTIPP NEUERSCHEINUNG

So furchtbar kann nicht einmaldie Hölle sein“, entsetzte sich

im Kriegsjahr 1916 ein Augen-zeuge. Nie wieder starben mehrSoldaten auf so engem Raum wiein Verdun. Der renommierte His-toriker und Publizist Olaf Jessen

(u.a. „Die Moltkes“, 2. Aufl. 2010)zeichnet auf der Grundlage ver-gessener Dokumente ein neuesBild der Schlüsselschlacht desKrieges 1914–1918. Glänzend er-zählt und unter die Haut gehend:Ein „Muss“ für alle, die den Ers-ten Weltkrieg aus Sicht der Front-soldaten und Heerführer beiderSeiten neu „kennenlernen“ underfahren wollen.

Dabei beherrscht der Autormeisterhaft die Technik des kine-matographischen Erzählens: „Ka-meraschwenks“ zwischen denSchützengräben der Gegner, zuden Hauptquartieren der Be-fehlshaber, zu den politisch Ver-antwortlichen oder zu den mitVerwundeten überfüllten Laza-retten der verfeindeten Kriegs-parteien vermitteln dem Leser die dramatischen Ereignisse derKämpfe und das Ringen derHeerführer so anschaulich wie ineinem Film. Sehr lesenswert!Olaf Jessen: Verdun 1916 – Urschlacht des Jahrhunderts, 496 S., mit 66 Abbildungen und 8 Karten, gebunden,München 2014,ISBN 978-3-406-65826-6Preis: 24,95 EUR

„Heimatfront“Außergewöhnliche Einblicke indas Leben hinter der Front

Die Fotocollage des russischen Fotografen Sergey Larenkov stellt eindrucksvoll visualisiert einen Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart her. www.sergey-larenkov.livejournal.com

Page 8: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

8

MagazinClausewitz

Das Museum Allerheiligen im ehemaligenBenediktinerkloster in Schaffhausen

(Schweiz) wird vom 10. April bis zum 21. Sep-tember 2014 die Ausstellung „Ritterturnier –Fest und Spektakel im Mittelalter und in derRenaissance“ präsentieren. Zum Rahmenpro-gramm soll ein authentisch geführtes Ritter-turnier gehören, das voraussichtlich vom 9. bis 20. Juli auf dem Herrenacker in Schaff-hausen stattfinden wird.

Das Museum Allerheiligen ist das größteUniversalmuseum der Schweiz, es vereinigtArchäologie, Geschichte, Kunst und Natur-kunde unter einem Dach. Mit seiner großenmonografischen Ausstellung 2014 will es erst-mals überhaupt die Geschichte des ritterlichenTurnierwesens von 1100 bis 1600 präsentieren.Zu den zahlreichen hochka-rätigen Leihgaben werden al-lein über 100 Objekte aus derHofjagd- und Rüstkammerdes Kunsthistorischen Mu-seums Wien gehören, dasweltweit die bedeutendsteSammlung zum Turnierwe-sen besitzt.

Schaffhausen war histo-risch öfter Schauplatz be-deutender Ritterturniere desdeutschen Adels, etwa 1436und 1439. Als Turnierplatzdiente offenbar der Schaff-hauser Herrenacker. Turnie-re waren zwar Kampfspie-le, doch hatten sie zudem ei-ne wichtige gesellschaftlicheFunktion. Sie gehörten zuden spektakulärsten Veran-

staltungen europäischer Festkultur und warenwichtige Momente der Selbstdarstellung desAdels. Um 1100 fanden erste Reiterschau-kämpfe im franko-flämischen Raum statt. Ih-ren Höhepunkt erlebten höfische Turniere un-ter Kaiser Maximilian am Übergang zur Re-naissance.

Die Ausstellung nebst Begleitprogrammsoll Menschen aus dem In- und Ausland an-sprechen. Speziell an Familien richtet sich dieBegleitveranstaltung: Der Schaffhauser Her-renacker wird zum farbenprächtigen Turnier-platz mit einer Tribüne für 1.000 Zuschauer.

Die besten Turnierreiter Englands unterLeitung von Dr. Tobias Capwell, Turnierrei-ter und Kurator der Wallace Collection Lon-don – einer der weltweit besten Kunst- und

Waffensammlungen – zeigen Rit-terturniere nach historischemVorbild in authentischen Rüs-tungen. Dr. Capwell gewann2006 den von Königin ElisabethII. gestifteten Turnierpreis vonEngland. Neben den englischenReitern werden Kunstreiter undFalkner der bekannten Fürstli-chen Hofreitschule Bückeburg(Deutschland) ihre Künste de-monstrieren. Rund um das Mu-seum schlägt an einem Wochen-ende während des Ritterturnierseine Reenactment-Gruppe ihreZelte auf und wird den Alltag ei-nes Heerlagers lebendig und his-torisch korrekt nachgestalten.

Zur Ausstellung wird auch einwissenschaftlicher Katalog er-scheinen.

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Zweikampf in Rüstung: Diese Dar-

stellung zeigt zwei Ritter bei einem

Turnier. In Schaffhausen wird es

die Möglichkeit geben, solchen Du-

ellen als Augenzeuge beizuwohnen.

Abb.: Museum Allerheiligen Schaffhausen

Ritterturnier in Mittelalter und Renaissance Sehenswerte Schaukämpfe im Rahmen einer Sonderausstellung

VERANSTALTUNGSTIPP

117

Farbenprächtig: Pierre Revoils Ölgemälde „Turnier

im 14. Jahrhundert“ (1812) porträtiert die Vorstel-

lungen des 19. Jahrhunderts von einem Ritterturnier.

Abb.: picture-alliance/akg Im Jahr 1940 tobt die „Luftschlacht um Eng-land“. Im kollektiven Gedächtnis der Briten

ist der Sieg vor allem dem aus einheimischerProduktion stammenden Jagdflugzeug Su-permarine Spitfire zu verdanken. Wie groß derAnteil der Maschine tatsächlich auch gewesensein mag – sie genießt in England bis heute ei-nen legendären Ruf. Das drückt sich auch ineinem erfolgreichen Bier aus, das ursprünglichzum 50. Jahrestag der „Battle of Britain“ ge-braut wurde und damals einen Teil der Ein-nahmen für die Errichtung eines Denkmals fürdie Luftschlacht-Veteranen spendete.

Berühmt ist die – oftmals sehr freche undhumoristische – Werbung, immer mit An-spielungen auf den Zweiten Weltkrieg. Dasrötliche Spitfire Ale (4,5 % Alkohol) aus derGrafschaft Kent hat internatio-nale Preise gewonnen und kannmit einem erfrischenden Ge-schmack überzeugen.

Mehr Informationen, Werbe-spots und Bestellmöglichkeit un-ter: www.spitfireale.co.uk.

Patriotisches Bier: Die Spitfire ist

eine nationale Legende – somit

ziert das Label der Flasche der

Union Jack und der Schriftzug

„Bottle of Britain“.

„Bottle of Britain“Ein Bier erinnert an die Luftschlacht

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Bronzetafeln des U-Boot-Ehrenmals Möltenort tragendie Namen der 5.249 gefallenen deutschen

U-Boot-Fahrer des Ersten Weltkrieges und der 30.003U-Boot-Fahrer des Zweiten Weltkrieges. Das

sehenswerte Denkmal mit seinem 4,60 Meter hohenAdler befindet sich in Sichtweite des Marine-Ehren-

mals Laboe, direkt an der Kieler Förde.

Page 9: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Zur Titelgeschichte „Deutsch-Däni-scher Krieg 1864“ in CLAUSEWITZ2/2014: Wenn ich meinen Urlaub auf der InselAls verbringe, werde ich stets an dieEreignissen von 1864 erinnert. Aus die-sem Grunde habe ich natürlich mit gro-ßem Interesse die Titelgeschichte:„Deutsch-Dänischer Krieg 1864“ ge-lesen. Ich kann nur jedem historischinteressierten Menschen einen Be-such im Historiecenter Dybbøl Bankeempfehlen. Kürzlich beteiligte ichmich an einer dreistündigen Führungdurch das Museum. Dank der dä-nisch-deutschen Führung entstand vorden Besuchern ein anschauliches Bildvon der 10-wöchigen Belagerung undder Erstürmung der Düppeler Schan-zen am 18. April 1864.

Ausgangspunkt der Führung war einEinblick in die Ausrüstung der Solda-ten. Bei der Bewaffnung waren diePreußen mit ihren modernen Gewehrenganz eindeutig im Vorteil, ganz zuSchweigen von ihrer zahlenmäßigenÜberlegenheit. Sachzeugnisse der da-maligen Zeit, ein Modell von der däni-schen Schanze II, Munition gießen undPfannkuchen im Kochschuppen backenstand u.a. auf dem Programm der Füh-rung. Wir erhielten einen Überblicküber das damalige Schlachtfeld. Einerder beiden vorgeführten Filme –

übrigens in dänischer,deutscher und englischerFassung – veranschau-lichte in sehr eindrucks-voller Weise die Verteidi-gung und Erstürmung derSchanzen. Briefe von Sol-daten der beiden sich be-kämpfenden Seiten während der Bela-gerung wurden verlesen. EntsprechendeSchlachtgeräusche im Folgenden ließenden Kampf (...) während der Schlachterahnen. Großes menschliches Leid aufbeiden Seiten! (...)

Heinrich Jung (Zella-Mehlis), per E-Mail

Ihren Artikel „Entscheidung im Norden“habe ich mit großem Interesse gelesen.Bei den Literaturtipps fehlt ein Hinweisauf das Standardwerk schlechthin:Theodor Fontane, Der Schleswig-Hol-steinische Krieg im Jahre 1864, Berlin1866. Auch über Teil-Aspekte des Krie-ges erschienen interessante Werke, soKlaus Müller, Tegetthoffs Marsch in dieNordsee, Graz 1991, oder Werner Ba-der, Pionier Klinke, Berlin 1992. Nichtnur im Museum Dybbøl Banke in Son-derburg, sondern auch in mehrerenMuseen in Schleswig-Holstein findensich Ausstellungen zum Krieg. Eine mi-litär-historische Exkursion zu denSchauplätzen der damaligen Kämpfe(nicht nur Düppel) ist auch heute noch

lohnend, da viele Erinne-rungsstätten und Denk-mäler noch vorhandensind.

Manfred Kels, per E-Mail

Zu „Roms erster Kaiser“ in CLAUSEWITZ 2/2014:

Vorab Glückwünsche zu dem Konzeptihrer Zeitschrift, eine gelungene Mi-schung aus nüchternen Fakten, techni-schen Details und menschlichenSchicksalen. Außerdem wird mit einemMagazin für Militärgeschichte ein Themenbereich abgedeckt, der inDeutschland – wohl auch aufgrund unserer schwierigen Vergangenheit –lange vernachlässigt wurde. (Ich erin-nere mich noch, dass auf dem Gymna-sium vor ca. 15 Jahren der Erste Weltkrieg in einer Schulstunde abge-handelt wurde...)

Allerdings eine kleine Korrektur: DieIllustration auf den Seiten 72/73 (Heft2/2014) zeigt laut Bildunterschrift römi-sche Legionäre zur Zeit des Augustus.Sie tragen die „klassische“ Rüstung,

wie man sie aus Filmen (nicht zuletztAsterix) kennt. Dieser Segmentpanzer(Lorica segmenta) ist auf bildlichenDarstellungen zwar erst aus der Regie-rungszeit Kaiser Trajans (98–117)nachgewiesen, wurde aber wohl schonunter Augustus eingeführt, wobei dieMasse der Legionen wohl immer nochmit der Lorica Hamata, einem Ketten-panzer, ausgestattet waren.

Der „klassische“ Helm allerdings,der sogenannte Kaiserlich-GallischeHelm, wurde erst gegen Ende der Re-gierung von Tiberius (14–37), nach 30n. Chr. bei den Legionen eingeführt.Davor trugen die Legionäre den nochaus republikanischer Zeit stammenden„Coolus-Helm“ aus Bronze, seit spätre-publikanischer Zeit auch aus Eisen.

Ansonsten: weiter so, behandeltauch fürderhin Themenbereiche, dieweniger bekannt sind (ein Bericht überden Einsatz deutscher Truppen im Bal-tikum 1918/19 oder die k.u.k-Marinewürde mich sehr freuen).

Alexander Ulm und General Lee (mein Hund), per E-Mail

Briefe an die Redaktion

Leserbriefe spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich vor,Leserbriefe aus Gründen der Darstellung eines möglichst umfassenden Meinungsspektrumssinnwahrend zu kürzen.

Schreiben Sie an:[email protected] oder CLAUSEWITZ, Postfach 40 02 09, 80702 München

Das Magazin für Militärgeschichte

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Clausewitz

Israels Sieg 1973Der Jom-Kippur-Krieg

Militärtechnik im Detail:

Heinkel He 111

Dieppe 1942Blutiger „Probelauf“für den D-Day

1864: Triumph im Norden

Cäsars Erbe undRoms erster Kaiser

AugustusKrieg gegenDänemark

Gewiefter Stratege:General Helmuth von Moltke, Chefplanerdes Feldzuges gegen Dänemark

Tempo ist ihreStärke: Schnell-boote von Bundes- undVolksmarine

Projekt 205/Osa-Klasseder Volksmarine

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Gepard-Klasseder Bundesmarine

9Clausewitz 3/2014

Am 14. Juni 1800 siegt Napoleon über die Öster-reicher bei Marengo in Oberitalien. Die Le-

gende erzählt, dass unmittelbar nach der SchlachtNapoleons Küchenchef in der piemontesischenStadt nach Vorräten sucht, da die Versorgungs-wagen noch nicht eingetroffen sind. Aus den Zu-taten, die er auftreiben kann, kreiert der „cuisi-nier de Bonaparte“ das „Poulet Marengo“. Na-poleon ist von dem Gericht so begeistert, dass eres von nun an – ohne die kleinste Abänderungdes Rezeptes – nach jedem Waffengang verlangt.

Es gibt noch andere Variatio-nen dieser Legende – dochalle hängen mit der Schlachtvon Marengo zusammen.Viel wahrscheinlicher ist esaber, dass das „Huhn Ma-rengo“ eine spätere Erfin-dung zu Ehren Napoleonsdarstellt (es soll auch ein „Huhn Austerlitz“ ge-ben). Wer sich an der Feldherrenküche selbst ver-suchen möchte, kann dies wie folgt tun:

Man zerteile das Huhn in große Teile. Die mitSalz und Pfeffer eingeriebenen Stücke werdendann in Butter goldbraun gebraten (ein wenigOlivenöl kann hinzugegeben werden). Hühner-brühe hinzufügen und etwa eine halbe Stunde

köcheln lassen. Zwiebeln, Pilze und Tomatenebenfalls in Butter anbraten und etwas Salzhinzugeben. Dann alles zum Huhn geben undkurz ziehen lassen. Am Ende mit Petersiliegarnieren und eine halbe Zitrone über das Ge-

richt tröpfeln.

„Huhn à la Marengo“: Napoleons Leibspeise

Es kann nicht immer

„Huhn Marengo“ sein:

Während einer Rast an

der Sambre (1815) muss

sich Napoleon mit einer

einfachen Kartoffelmahl-

zeit am Lagerfeuer zu-

frieden geben.

Abb.

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Zut at enl i s t e- 1 Huhn- S al z und Pf ef f er- But t er- Ol i venöl- Hühner br ühe- Zwi ebeln, Pi lze und Tomaten- Pet er s i l i e und ei nehal be Zi t r one zum Gar ni er en

Page 10: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

10

Titelgeschichte

LEICHTES ZIEL:Leichtes Ziel: Britische und US-amerikanische Luftlandetrup-

pen werden im Rahmen des Luftlandeunternehmens „Market

Garden“ im September 1944 im Raum Nimwegen – Arnheim

abgesetzt. Die Alliierten treffen auf unerwartet starken deut-

schen Widerstand und erleiden schwere Verluste.

Foto: picture-alliance/akg-images

Page 11: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

11Clausewitz 3/2014

Operation „Market Garden“ 1944

17. September 1944: Es sollte die Einleitung zum Sturm auf das Deutsche Reich sein.Doch die großangelegte alliierte Luftlandeoperation entwickelt sich zur Katastrophe fürdie britischen Fallschirmtruppen. Von Jörg-M. Hormann

Sprung insVerderben

Page 12: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

12

Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

SIEGESSICHER: Fallschirmjäger der 1. britischen Luftlandedivision

mit „Victory-Zeichen" an Bord ihrer „Dakota” C-47

im Anflug auf Arnheim. Sie ahnen nicht, dass ihnen

die Deutschen einen „mörderischen“ Empfang berei-

ten werden. Von den rund 10.000 Mann der Division

kehren schließlich nur etwa 2.000 zurück.

Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Page 13: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

13Clausewitz 3/2014

Mit großer Zuversicht

• Im Anschluss an die erfolgreiche Landung der Westalliierten in derNormandie im Juni 1944 und demZurückdrängen der deutschen Trup-pen bis nach Belgien sollen die Befestigungen der „Siegfriedlinie“ ander deutschen Westgrenze nichtdurchbrochen, sondern umgangenwerden. Hierzu soll nach Einnahmeund Sicherung aller großen Brückenin der Stoßrichtung durch Fallschirm-jäger („Market“) ein rund 100 Kilometer langer Korridor durch dieBodentruppen des XXX. britischenKorps freigekämpft („Garden“) werden.

• Nach dem Entsetzen der am weites-ten nördlich abgesprungenen 1. briti-schen Luftlandedivision bei Arnheimsoll nach Überquerung der von ihnengehaltenen Rheinbrücke nach rechtsgeschwenkt werden. Mit dem Einmarsch in das Ruhrgebiet, an der„Siegfriedlinie“ vorbei, und dem weiteren Vorstoß ins Reichsinnerescheint die Beendigung des Kriegesnoch im Jahr 1944 möglich.

Befehlshaber:21. (britisch-kanadische) Armeegruppe,Feldmarschall Bernard Montgomery mit: 1. alliierte Luftlandearmee, US-Generalleutnant Lewis H. Brereton2. britische Armee, Generalleutnant Miles Dempsey

„Market“I. britisches Luftlandekorps Generalleutnant F.A.M. Browning mit:82. US-Luftlandedivision, Brigadegeneral James Gavin101. US-Luftlandedivision, Generalmajor Maxwell Taylor1. britische Luftlandedivision, Generalmajor Robert Urquhart1. polnische Luftlandebrigade, Generalmajor Stanislaw Sosabowski

Stärke:20.190 Fallschirmjäger13.781 Luftlandesoldaten

Lufttransport und Sicherung:1.174 US-Transportflugzeuge „Dakota“ C-47 („Skytrain“)360 umgebaute britische Bomber (verschiedene Typen)

419 Lastensegler 910 Jagdflugzeuge1.113 Bomber für vorbereitende Bombardierungen

Lufttransport von Waffen und Gerät:1.927 Fahrzeuge wie Jeeps und Motorräder568 Granatwerfer und Pakgeschütze5.320 Tonnen Ausrüstung und Gerät

„Garden“XXX. britisches Armeekorps, Generalleutnant Brian G. Horrocks mit:Garde-Panzerdivision, Generalmajor Allan Adair43. Infanteriedivision, Generalmajor Ivor Thomas50. Infanteriedivision, Generalmajor Douglas H. Graham

Gesamtverluste:Flugzeug- und Lastenseglerbesatzungen: 784

außerdem:Briten 7.385Amerikaner 3.664Polen 378In Gefangenschaft 6.400

AlliierteFAKTEN

Page 14: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

14

Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

• Nach den verlustreichen Abwehr-kämpfen an der Invasionsfrontund dem ungeordneten Rückzugder Reste einst kampfkräftigerDivisionen durch Frankreich biszur belgischen Grenze lässt imSeptember 1944 der Druck deralliierten Truppen etwas nach.

• Den Durchmarsch in das Reichs-gebiet blockiert der „Westwall“,den die Briten und US-Amerika-ner „Siegfriedline“ nennen. Weiterhin haben die AlliiertenEngpässe beim Transport vonMunition, Treibstoff und Versor-gungsgütern. Alles, was die ma-terialintensive Kampf- und Krieg-führung der Westalliierten ver-braucht, muss quer durchWestfrankreich, vom Mulberry-Hafen an der Landungsküsteund dem einzig nutzbaren HafenCherbourg, herangeschafft wer-den.

• Einige Tage vor Beginn von „Mar-ket Garden“ liegt die 1. Fall-

schirm-Armee der Deutschen bei Nimwegen; im Raum um Arn-heim werden zudem die 9. und10. SS-Panzerdivision aufge-frischt. Obwohl vom holländi-schen Widerstand mitgeteilt,wird diese wichtige Informationbei ihrer Operationsplanung vonden Alliierten nicht genügendberücksichtigt.

Heeresgruppe B, Generalfeldmar-schall Walter ModelII. SS-Panzerkorps, SS-Obergrup-penführer und General der Waffen-SS Wilhelm Bittrich9. SS-Panzerdivision „Hohenstau-fen“, SS-ObersturmbannführerWalter Harzer 10. SS-Panzerdivision „Frunds-berg“, SS-Brigadeführer und Gene-ralmajor der Waffen-SS Heinz Harmel

1. Fallschirm-Armee, General-oberst (Luftwaffe) Kurt Student:LXXXVI. Armeekorps, General derInfanterie Hans von Obstfelder

Fallschirmjägerdivision „Erdmann“,Generalleutnant Wolfgang Erd-mann176. Infanteriedivision, General-major Christian-Johannes Landau

Panzer-Brigade 107, Major Fritzvon Maltzahn

LXXXVIII. Armeekorps, General d. I. Hans-Wolfgang Reinhard„Kampfgruppe Walther“ (Fallschirmjäger)59. Infanteriedivision, Generalleutnant Walter Poppe85. Infanteriedivision, Generalleutnant Curt Chill719. Infanteriedivision, Generalleutnant Karl Sievers

Kampfgruppe „von Tettau“,Generalleutnant Hans von Tettau

Reserven des Wehrkreises VIStärke:k.A.Verluste:etwa 8.000 Mann

Deutsches ReichFAKTEN

Page 15: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

15Clausewitz 3/2014

Abwehrbereit

BEREIT ZUM KAMPF:Mit einem erbeuteten englischen Maschinenge-

wehr „Bren Gun“, dem MG der britischen Luftlan-

detruppen, erwarten deutsche Sicherungskräfte

die nächste Welle gegnerischer Fallschirmtruppen

bei Arnheim. Erdkampfverbände der Luftwaffe so-

wie Einheiten des Heeres und Panzer der Waffen-

SS sind im anschließenden Bodenkampf erbitterte

Gegner der alliierten Luftlandetruppen.

Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

Page 16: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

16

Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

LANDEZONE: Auf den abgeernteten Feldern

bei Arnheim haben die britischen „Horsa“-

Lastensegler ihre Landespuren gezogen. Der

hintere Rumpf ist ausgeklinkt, um schnell

entladen zu können.

Foto: picture-alliance/©Illustrated London News Ltd/Picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Gewaltiges Motorendröhnen in der Luftlockt an diesem Sonntagmittag des 17.September 1944 die Männer des Stabes

der 1. Fallschirm-Armee vor die Türen ihresGefechtsstandes im holländischen Wijchennahe Nimwegen (niederländ.: Nijmegen).

Zusammen mit ihrem Befehlshaber, Gene-raloberst Kurt Student, starren sie in denspätsommerlichen Himmel. Ketten von C-47„Skytrains“ (RAF-Bezeichnung: „Dakotas“)und viermotorigen Bombern der Royal AirForce (RAF), die jeweils einen Lastenseglervom Typ „Horsa“ oder des größeren Typs„Hamilcar“ schleppen, fliegen in gut 500 Me-tern Höhe über sie hinweg – ihrem Ziel innördlicher Richtung entgegen. GeneraloberstStudent, der „Schöpfer“ deutscher Luftlan-detruppen, wird neidisch nach oben ge-schaut haben. Ein derart massenhafter undkraftvoller Auftritt „seiner“ Waffengattungist von deutscher Seite nicht mehr möglich.

Doch jetzt interessiert ihn vorrangig dasZiel der alliierten Luftlandeoperation. Einigeseiner Fallschirmjäger durchsuchen dasWrack eines unweit abgeschossenen Lasten-seglers der 82. US-Luftlandedivision. Bei ei-nem gefallenen Offizier finden sie alle Befeh-le der laufenden alliierten Operation. Dieseliegen wenige Stunden später auf dem Tischvon Student. Dadurch ist die deutsche Seitebereits seit Angriffsbeginn über die Pläne derUS-Amerikaner und Briten im Bilde undkann darauf entsprechend reagieren.

Überdehnter OperationsplanEine Woche zuvor: Am 10. September 1944,stehen drei Kommandeure von Luftlande-divisionen im Hauptquartier des Komman-dierenden Generals des I. britischen Luftlan-dekorps (1st British Airborne Corps) vor einergroßen Karte von Holland. GeneralleutnantF.A.M. Browning erläutert den Plan, bei demim Rahmen der Gesamtoperation von sei-nem Korps der Teil „Market“, die Eroberungund das Halten von Fluss- und Kanalbrü-cken, zu erledigen ist. Diese liegen in der all-gemeinen Stoßrichtung des XXX. Korps der 2. britischen Armee, die den Operationsteil„Garden“ bewältigen soll. Das Korps stößtentlang des Verlaufs der Straße Eindhoven –Grave – Nimwegen – Arnheim RichtungZuidersee vor. Für das schnelle Vorgehenmüssen die Kanalbrücken über den Wilhel-minakanal bei Eindhoven, über den FlussMaas bei Grave, den Fluss Waal bei Nimwe-gen und über den Rhein in Arnheim (nieder-länd.: Arnhem) intakt zur Verfügung stehen.

Die Wegnahme und Sicherung der Über-gänge durch die alliierten Luftlandetruppensoll den Panzerverbänden und motorisiertenInfanterieeinheiten der Bodentruppen des

Page 17: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

17Clausewitz 3/2014

ENTSCHEIDUNGSTRÄGER: SS-Ober-

gruppenführer Wilhelm Bittrich (Mit-

te) und Generalfeldmarschall Walter

Model (links im Bild) bei einer Lage-

besprechung in einem Gefechts-

stand im Raum Arnheim.

Foto: ullstein bild – ullstein bild

KOMMANDEUR: Generalmajor

Robert „Roy“ Urquhart befehligt

während „Market Garden“ die

1. britische Luftlandedivision.

Foto: picture-alliance/©Illustrated LondonNews Ltd/Picture-alliance/Mary Evans

Picture Library

XXX. Korps auf einer Art „Luftlandetep-pich“ den schnellen Weiter- und Durch-marsch bis zur Zuidersee ermöglichen. Vonder Ausgangstellung der 2. britischen Armeeam 17. September 1944 beim belgischenLommel bis Arnheim, dem nördlichstenOperationspunkt, sind es rund 100 Kilometer.

Selbst ein militärischer Laie wird bei demAnsinnen, ein ganzes Korps mit einer Panzer-division und zwei Infanteriedivisionen aufnur einer befahrbaren Straße vorgehen zu las-sen, stutzen. Das kann nur im Verkehrschaosenden – selbst ohne feindliche Angriffe.

Bleiben wir bei der Trennung der Bezeich-nungen „Market“ für die Luftlandeoperati-on bei den Brücken und „Garden“ für die

Operationen auf der Vormarschstraße. Dergängige Begriff „Market Garden“ für die al-liierte Luftlandung, vermittelt den Eindruckeiner Operationseinheit des Handelns allerbeteiligten Truppen für ein bestimmtes Ziel.Doch das war keinesfalls so.

Zurück zu Brownings Befehlsvergabe: Ergeht von Süden nach Norden vor. Als ersterist Generalmajor Maxwell Taylor, Komman-deur der 101. US-Luftlandedivision, mit derZuweisung seiner Absprungzone zwischenEindhoven und Grave an der Reihe, gefolgtvon Brigadegeneral James Gavin, der die 82.US-Luftlandedivision befehligt. Er hat mitseinen Männern die Brücken über die Maas

Riskantes Unternehmen

und die Waal bei Nimwegen zu nehmen undzu sichern, bis die Panzer der britischenGarde-Panzerdivision herankommen. Danntippt Browning auf den nördlichsten Punktdes Operationsgebietes und wendet sich anGeneralmajor Robert („Roy“) Urquhart, derdie 1. britische Luftlandedivision führt: „DieBrücke von Arnheim“, sagt er knapp, „sie istzu halten!“

Kurze VorbereitungszeitUrquhart hat das Kommando vor acht Mo-naten übernommen. Seine große Erfahrungund sein hervorragender Ruf als Infanterie-kommandeur können nicht darüber hinweg-täuschen, dass er bisher über keine ausge-

prägte „Luftlandepraxis“ verfügt, geschwei-ge denn selbst schon einmal abgesprungenist.

In der nur einwöchigen Vorbereitungszeitbis zum Angriffsbeginn zeigen sich die erstenSchwachstellen des Operationsplanes. Be-sonders die Bereitstellung einer ausreichen-den Menge von Transportflugzeugen, mit de-nen die Fallschirmjäger abgesetzt werdenkönnen und die die Lastensegler schleppen,stellt einen der Knackpunkte des Unterneh-mens dar. Die Menge der verfügbaren ameri-kanischen C-47 „Dakotas“ (US-Bezeichnung:Douglas C-47 „Skytrains“) reicht nicht aus,um alle Truppen der drei Landungsköpfe mit

„Es gibt keinen Zweifel, dass alle bereitwillig einenanderen Einsatz unter ähnlichen Bedingungen in der

Zukunft mitmachen würden. Wir bereuen nichts.“Letzter Satz von Generalmajor Urquhart in seinem offiziellen Bericht

über das Unternehmen „Market Garden“

einem Überraschungsschlag abspringen oderlanden zu lassen. Ganz abgesehen davon,dass das amerikanische 9. Air Force Trans-portkommando auf der Britischen Insel – vondort aus starten die Maschinen – ihre Männervon der 82. und 101. Luftlandedivision be-vorzugen, bedeutet das Absetzen in Wellenmit Tagesabstand das Scheitern jeder Überra-schung – so geschehen mit der 1. britischenLuftlandedivision bei Arnheim. Da das For-mationsfliegen bei Nacht für die jungen „Da-kota“-Besatzungen ein zu großes Risiko dar-stellt und die Wartung der zurückgekehrtenMaschinen nach Angaben der amerikani-schen Seite zeitintensiv ist, startet nur eineEinflugwelle pro Tag.

„Market” beginntAm 17. September um 09.30 Uhr läuft dieOperation „Market“ mit dem Start der Las-tenseglergespanne in England an. Sie benö-tigen etwa dreieinhalb Stunden bis zu ihrenLandezonen in Holland. Die werden zwi-schenzeitlich von Fallschirmjägern als„Pfadfinder“, die rund 20 Minuten vor der„X-Zeit“ über den verschiedenen Lande-und Absetzzonen abspringen, markiert.Westlich von Arnheim, gut zehn Kilometervon der Stadt und der Straßenbrücke überden Rhein entfernt, werden zwei Landebe-reiche für Lastensegler und eine Absprung-zone für Fallschirmjäger gekennzeichnet. Daverstärkte deutsche Flugabwehr bei der Brü-cke vermutet wird, verbietet sich die Landungdirekt an der Brücke. Diese Einschätzung

Page 18: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

PANZERABWEHR: Panzerjäger der britischen Garde-Panzer-division des XXX. Korps sind nahe der Brücke von Nimwegenin Stellung gegangen. Sie werden von amerikanischen Fallschirmjägern eingewiesen, die die Brücke unzerstört erobert haben. Foto: picture-alliance/United Archives/TopFoto

VOR DEM EINSATZ: Soldaten der 1. britischen

Luftlandedivision bereiten sich auf einem Feldflugplatz in

England für den Ernstfall „Market“ vor, Anfang Septem-

ber 1944. Foto: picture-alliance/©Illustrated London News Ltd/

Picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Page 19: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

stellt einen weiteren fatalen Fehler der Alli-ierten dar – dieses Mal infolge ungenügen-der Feindaufklärung –, denn dies ist nichtder Fall.

Für die Soldaten der ersten Welle, die um13.30 Uhr aus rund 160 Transportern ab-springen und mit etwa 300 „Horsa“- und 13„Hamilcar“-Lastenseglern landen, bedeutetder Kampfeinsatz zunächst einen Gepäck-marsch bis zum Ziel. Die Nordseite der Stra-ßenbrücke, das heißt die eng bebaute Stadt-seite, wird von Männern des 2. Fallschirmba-taillons unter Oberstleutnant John DuttonFrost gegen 19.30 Uhr am Abend des 17. Sep-tember erreicht. Doch die Masse der Luftlan-de-soldaten befindet sich in Einzelgefechte verwickelt noch Kilometer entfernt vom Brü-ckenziel. Sie haben es mit Sicherungseinhei-ten des Hauptquartiers der Heeresgruppe Bvon Generalfeldmarschall Walter Model inOosterbeek zu tun.

Panzer gegen InfanterieSeinen Verbänden sind die Engländer sozu-sagen direkt vor die Füße gesprungen, hi-nein in die Deckungen des um Arnheim zu-sammengezogenen II. SS-Panzerkorps. Teiledes Korps sollen zur Auffrischung in Rich-tung Deutsches Reich verlegt werden undsind daher im Abtransport begriffen. Sofortschaltet die Führung der Waffen-SS-Einhei-ten um SS-Obergruppenführer Wilhelm Bit-trich von Verlegung auf Verteidigung undAngriff um. Die Panzerrohre drehen von der„6 Uhr“-Transportstellung auf „12 Uhr“.Nun treffen Panzer auf leicht bewaffnete In-

fanterie. Da richten auch die wenigen Pak,die mit den Lastenseglern landen, wenig aus.Was hier in den nächsten vier Tagen für diebritischen Fallschirmjäger folgt, ist verzwei-feltes Warten auf den Entsatz, härtester Häu-serkampf, einsames Sterben und bittere Ge-fangenschaft.

Landung im AbwehrfeuerIm Rahmen der zweiten Absprung- undLandewelle in Arnheim am 18. Septembersetzen nochmals 126 „Skytrains“ jeweils 20Fallschirmjäger ab und 270 Schleppflugzeu-ge der 62. und 46. Gruppe der Royal Air For-ce ziehen ihre „Hamilcars“ und „Horsas“ zu

19Clausewitz 3/2014

Nach der Landung der Alliierten in der Nor-mandie und dem folgenden Zurückdrängender deutschen Truppen auf die Reichsgren-zen lassen sich die bewährten Größenstruk-turen der deutschen Kampfverbände nichtmehr aufrechterhalten. Zu groß sind die Ver-luste, daher müssen kampffähige Teile oderReste der Verbände zu Kampfgruppen zu-sammengeführt werden.

Im Gegensatz zu den klar strukturiertenalliierten Verbänden organisieren sich diedeutschen Truppen auf dem Rückzug alsKampfgruppen. „Es gibt keinen Versuchmehr, an der Divisionsgliederung festzuhal-ten“, notiert die Feindbeurteilung des XXX.Korps am 14. September bei der Vorberei-tung für „Market Garden“. Die Feindbeurtei-lung der 2. Armee meldet: „Gefangene

Kampfgruppenmitglieder kennen oft nichteinmal die Zusammensetzung ihrer eigenenGruppe, und was die Befehlskette anbetrifft,herrscht allgemein völlige Unkenntnis.“ Darin Auflösungserscheinungen zu erken-nen, gehört zu den vielen britischen Fehlein-schätzungen im Vorfeld ihrer Operation. Tat-sächlich werden die Kampfgruppen allge-mein von einem Divisionsstab geführt. Anenergischen Führungspersönlichkeiten mitEinsatzerfahrung fehlt es auf deutscher Sei-te noch nicht. Sie geben den Kampfgruppenihren Namen.

So haben es die Briten und Amerikanerab 17. September 1944 unter anderem mitder SS-Kampfgruppe „Heinke“ oder den SS-Panzergrenadier-Kampfgruppen „Euling“,„Richter“ und „Segler“ zu tun.

Kampfgruppen – „Aus der Not geboren“HINTERGRUND

den Landezonen. Jetzt ist die Landung mas-sivem Abwehrfeuer der inzwischen organi-sierten deutschen Einheiten ausgesetzt. Beider dritten Welle am 19. September wird mit114 C-47 die Masse der 1. polnischen Luftlan-debrigade, dieses Mal in direkter Nähe beider südlichen Rampe der Straßenbrücke, ab-gesetzt. Da ist die Lage bereits aussichtslos;sie können ihren englischen Kameraden aufder anderen Seite der Brücke nicht helfen.Von den westlich Arnheim gelandeten 10.095Soldaten und 96 Geschützen der 1. Luftlan-dedivision erreichen nur 700 Mann und vier6-Pfünder-Panzerabwehrkanonen das An-griffsziel der Division – die Brücke von Arn-

ÜBERSCHLAGEN: Deutsche Soldaten untersuchen ein abgestürztes US-Flugzeug.In einem alliierten Lastensegler entdecken

sie bei einem toten Offizier wichtige Befehlezur alliierten Operation „Market Garden“.

Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

Massives Abwehrfeuer

Page 20: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

heim. Das dramaturgisch bearbeitete histori-sche Geschehen gibt 1977 den Stoff für einenSpielfilm mit gleichen Namen und mit Star-besetzung ab. Der englische Originaltitel desFilmes lautet „A Bridge Too Far“, eine Be-zeichnung, die wohl eher den Kern desScheiterns der Operation „Market Garden“ausdrückt.

„Sherman“-Panzer preschen vor Stichwort „Garden“: Um 13.30 Uhr am 17.September, kurz nachdem die Luftlandun-gen begonnen haben, „brüllen“ 408 Geschüt-ze des XXX. britischen Korps im belgischenLommel los. Ihre Feuerwalze gilt den deut-schen Stellungen der „Kampfgruppe Walt-her“ auf der gegenüberliegenden Seite desSchelde-Maas-Kanals. „Joe’s Bridge“, einevor wenigen Tagen handstreichartig erober-te Kanalbrücke, ist der Ausgangspunkt derGarde-Panzerdivision. Die „Sherman“- Pan-zer der Irish Guards Group als Spitze pre-schen über die Brücke – in 48 bis 72 Stundenmüssen sie in Arnheim sein. Doch schonnach wenigen hundert Metern bleiben siezerschossen liegen. Aus gut gewählten Stel-lungen eröffnen deutsche 8,8-cm-Geschützedas Feuer auf die Panzer. Der „Schrecken al-ler Feindpanzer“ beweist einmal mehr seineEffizienz und fügt dem Gegner erste Verlus-te zu. 200 RAF-Jagdbomber werden angefor-dert, um die Geschütze zum Schweigen zubringen. Dies ist symptomatisch für das tak-tische Vorgehen der Truppen des XXX.Korps. Wenn am Boden nichts mehr geht,

20

Titelgeschichte

MISSLUNGENE LANDUNG: So oder so ähn-

lich erging es vielen Soldaten der alliierten

Luftlandetruppen in Holland 1944.

Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

Page 21: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

muss die Air Force mit massivem Einsatz„aufräumen“. Doch diese Maßnahme istnicht gerade zeitsparend. Und bei dieserOperation läuft die Uhr gnadenlos. Das Un-ternehmen „Garden“ verläuft von Anfang anunter außerordentlich harten und zähenKämpfen. Das flache und tiefliegende Gelän-de in Holland zwingt Panzer und ihre Nach-schubfahrzeuge auf die Straßen. Diese füh-ren gleich Dämmen durch die überflutetenFelder. Alles, was sich darauf bewegt, liegtförmlich auf dem „Präsentierteller“ vor denZieleinrichtungen der deutschen Kanoniere.

Heftige GefechteUrsprünglich als ein blitzarti-ger Vorstoß geplant, der dienoch Anfang September nurkümmerlichen deutschen Ver-teidigungsstellungen hinwegfe-gen soll, zwingt dieser Angriff in

der Praxis jedoch zu einer scheinbar endlo-sen Reihe von ungewöhnlichen und heftigenGefechten. Ungewöhnlich, weil die Panzeraufgrund der Beschaffenheit des Geländesihre Wirkung abseits der Straßen nicht ent-falten können. Heftig, weil jeder Mann vonGeneralleutnant Horrocks bis zum jüngstenGardesoldaten weiß, dass jede Stunde Ver-spätung die Hoffnung der Fallschirmtrup-pen auf Entsatz vermindert. Zu ihrem Glückhaben die 82. und 101. Luftlandedivision derAmerikaner alle wichtigen, zugewiesenenAngriffsziele – abgesehen von einer Brücke,die noch von den Deutschen gesprengt wer-den kann – in ihrer Hand.

So führt der „Luftlandeteppich“ die Gar-de-Panzerdivision über alle Wasserhinder-nisse zwischen ihrer Ablauflinie und Arn-heim – mit Ausnahme der wichtigen Brücke,die den Fluss Waal bei Nimwegen über-spannt. Diese bleibt zunächst unter deut-

scher Kontrolle. Die Gardetruppen er-reichten Nimwegen am 19. Septem-

ber. Wenn sie ohne größerenWiderstand die Waal überquerthätten, dann wären sie gegenMittag des nächsten Tages, alsoinnerhalb von 72 Stunden in Arn-

heim gewesen. Aber es war schondunkel am 20. September, als dieUS-Fallschirmjäger und britischenPanzerkräfte in einem riskantengemeinsamen Angriff die Brücke

21Clausewitz 3/2014

Auf dem „Präsentierteller“… im Untergang.

384 Seiten · ca. 450 Abb. · 21,5 x 27,6 cm€ [A] 46,30sFr. 59,90 € 45,–ISBN 978-3-7658-2033-5

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Auch

als

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Erlebnis Geschichte

UNTER ANSPANNUNG: Ein Soldat der 1. bri-

tischen Luftlandedivision nimmt mit einem

75-mm-Geschütz deutsche Stellungen im

Raum Arnheim unter Feuer.

Foto: picture-alliance/©Illustrated London News Ltd/Pictu-

re-alliance/Mary Evans Picture Library

ADLERKOPF: Ärmelabzeichen

der 101. US Luftlandedivision.

Foto: Hermann Historica

ABWEHRBEREIT: Eine 2-cm-Flak wird in den

Straßen von Arnheim von deutschen Soldaten

in Stellung gebracht. Der nervenaufreibende

Häuser- und Straßenkampf ist für beide Sei-

ten verlustreich. Foto: ullstein bild – ullstein bild

Page 22: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Operationsverlauf (17. bis 27. September 1944)KARTE

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

22

Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

in Nimwegen in Besitz nehmen. Ein Erfolg,der nur möglich ist, weil die Panzer des II.SS-Panzerkorps nördlich des Rheins denDeutschen nicht zur Hilfe kommen können.Sie müssen über die Rheinbrücke bei Arn-heim vorgehen, die aber von den britischenFallschirmjägern blockiert wird.

Erfahrener OberbefehlshaberInfolge der Kenntnis der alliierten Operati-onspläne bleibt den Deutschen nicht verbor-gen, um was es strategisch bei „Market Gar-den“ geht – nach Umgehung des Westwallsmit Rechtsschwenk, schnelles Eindringen insRuhrgebiet und Kriegsbeendigung noch1944. Mit Generalfeldmarschall Walter Mo-del ist zudem ein erfahrener und kampfer-probter Oberbefehlshaber zur Stelle. Mit ge-wissem Respekt in Offizierskreisen „HitlersFeuerwehrmann“ genannt, gelang es ihmzuvor an der Ostfront mehrfach, kritische Si-tuationen in den Griff zu bekommen.

Nachdem seine erste Vermutung beimAnblick der landenden Fallschirmjäger vorseinem Kommandostand in Oosterbeek – ersolle durch ein Kommandounternehmen

AN VORDERSTER FRONT: Britische Infante-

risten während der von beiden Seiten erbit-

tert geführten Kämpfe beim Entsatzangriff

auf Arnheim. Foto: ullstein bild – Roger Viollet

Page 23: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

entführt werden – nicht zutrifft, verlegt ersein Hauptquartier nach Terborg etwa 30 Ki-lometer östlich von Arnheim.

Sofort übernimmt er persönlich das Kom-mando über das II. SS-Panzerkorps und lässtdie Brücke von Arnheim nicht sprengen, wieBittrich vorschlägt. Als überzeugter Natio-nalsozialist scheint Model noch an den

„Endsieg“ zu glauben. In seinen Augen wirddie Brücke für eine deutsche Gegenoffensivebenötigt. Sämtliche verfügbaren Truppenwerden – oft als Kampfgruppe provisorischorganisiert – zur Abriegelung des Vormar-sches des XXX. britischen Korps nach vorngeschickt oder eingesetzt, um den durch„Garden“ entstandenen Korridor einzudrü-cken. Hitler gibt der Bekämpfung der alliier-ten Operation absolute Priorität. Dafür lässt

der „Führer“ Feldmarschall Model alle ver-fügbaren Luftwaffeneinheiten der Kampfre-gion unterstellen. Weiterhin werden alle Reserve- und Ausbildungseinheiten desWehrkreises VI, unter anderem auch das II. Fallschirmkorps unter dem Kommandovon General Eugen Meindl, in den Kampfgeworfen. Die Panzereinheiten des Wehr-

machtsbefehlshabers der Niederlande grei-fen als Divisionsverband unter dem Kom-mando des Leiters der SS-Schule in Arn-heim, Generalleutnant Hans von Tettau, indas Geschehen ein.

Der 20. September 1944 wird zum Schick-salstag der 1. britischen Luftlandedivision inArnheim. Nach der Überquerung der Waal-Brücke bei Nimwegen stoppt die Garde-Pan-zerdivision nördlich des Flusses nach vier Ki-lometern gegen 20.00 Uhr. Später heißt es, siesei zu erschöpft gewesen, um in der Nachtweiter vorzugehen. Nur 16 Kilometer entferntläuft die Zeit für die Verteidiger an der Rhein-brücke von Arnheim ab. Bei Tagesanbruch am21. September, als der britische Angriff weiter-geht, müssen die Verteidiger der Brücke auf-geben. Nur noch 200 Mann stark und ohneMunition kapitulieren die Fallschirmjäger.

Auch an diesem Tag gelingt es den Pan-zern nicht, den deutschen Widerstand zwi-schen Nimwegen und Arnheim zu brechen.Am 22. September lässt Horrocks seine 43. In-fanteriedivision die Angriffsspitze überneh-men. Er hofft, die Infanterie würde da erfolg-reich sein, wo Panzer versagen. Das vorders-te Bataillon erreicht unter Schwierigkeiten inder nächsten Nacht den Deich am Süduferdes Rheins. Die Stelle am Deich, an der sie an-kommen, ist nicht die südliche Auffahrt derArnheim-Straßenbrücke wie nach der Opera-tionsplanung vorgesehen, sondern acht Kilo-meter südwestlich entfernt davon. Ihnen ge-genüber liegt Oosterbeek. Dort haben sich dieReste der 1. britischen Luftlandedivision „ein-geigelt“ und kämpfen um ihr Leben. UnterDeckung der 43. Infanteriedivision setzen bri-tische und kanadische Pioniere mit ihren Boo-ten über den Rhein und holen rund 2.000Männer der 1. Luftlandedivision über denFluss zurück.

Alliierter FehlschlagAm 26. September ist die Operation „MarketGarden“ unter großen alliierten Verlustenendgültig gescheitert. Die Wehrmacht prä-sentiert sich, zur Überraschung der Alliier-ten, nochmals als „Meister“ der militäri-schen Improvisation. Die sich vermeintlichauf der Flucht vor der gegnerischen Materi-alüberlegenheit befindlichen Deutschen sindwesentlich präsenter, als die alliierte Feind-aufklärung es für möglich gehalten hat.

23Clausewitz 3/2014

Aussichtslose Lage

Jörg-M. Hormann, Jg. 1949, Verantwortlicher Redakteurvon SCHIFF CLASSIC und Sachbuchautor mit Schwer-punkten bei der deutschen Luftfahrt-, Marine- und Militärgeschichte mit über 40 Buchveröffentlichungen.

LiteraturtippDetlef Vogel: Deutsche und alliierte Kriegfüh-rung im Westen, in: Das Deutsche Reich und derZweite Weltkrieg, hrsg. v. MilitärgeschichtlichenForschungsamt, (=Bd. 7: Das Deutsche Reich inder Defensive), Stuttgart 2001, S. 419-639.

„…die Operation ‚Market Garden’ hatte keinen Erfolgin Bezug auf ihre weitreichenden strategischen Ab-sichten…taktisch konnte man sie aber zu 90 Prozentals erfolgreich ansehen, weil alle zur Wegnahme vor-

gesehen Übergänge, bis auf eine Brücke, gesichertwerden konnten…“

Maurice Tugwell in der Bewertung des Gesamtgeschehens in seinem Buch„Arnhem – A Case Study“ aus dem Jahr 1975

WAFFE IM ANSCHLAG: Eine Gruppe deutscher Soldaten „tastet“

sich in schwierigem Gelände vor. Vor allem in den Ortschaften ent-

wickeln sich tückische Nahkampfsituationen. Foto: ullstein bild – TopFoto

GEFÜRCHTET: Deutsche Panzer erweisen sich als „Schrecken“ der

Briten in Arnheim. Ihr unerwarteter Einsatz bringt das alliierte takti-

sche Konzept durcheinander. Foto: picture-alliance/Süddeutsche Zeitung Photo

Page 24: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Zeitverlust beim Vorgehen. Die friedliche Stim-mung der Landezonen hält nur für wenige Ki-lometer des Vormarsches an. Dann trifft dievorrückende Fallschirmeinheit auf deutscheSicherungskräfte.

Brücke erreichtNach einer Reihe heftiger Einzelgefechte er-reichen die britischen Soldaten das Norden-de der Brücke und bringen sie kurz vor Ein-

bruch der Dunkelheit in ihren Besitz. Die Re-de ist hier von den rund 700 Fallschirmjä-gern des 2. Fallschirmjägerbataillons unterdem Kommando von Oberstleutnant (Lieu-tenant Colonel) John Dutton („Johnny“)Frost, die einzige Einheit der 1. britischenLuftlandedivision, die die Brücke von Arn-heim erreicht.

Den Südteil der Brücke können die erfah-renen Fallschirmjäger wegen des massiven

24

Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

Vor drei Tagen sind sie aus ihren Campsin England abgeflogen und auf hollän-dischen Boden, beinahe 100 Kilometer

hinter der deutschen Front, abgesprungen.Nach dem Sammeln setzen sie sich planmäßigin Marsch entlang der neun Kilometer langenStraße, die ihre Absprungzone von ihrem An-griffsziel, der Straßenbrücke von Arnheim,trennt. Zivilisten eilen aus ihren Häusern zurBegrüßung heraus und verursachen dadurch

Das Schicksal britischer Fallschirmjäger bei Arnheim

Zwischen Hoffen und Bangen20. September 1944: Britische Fallschirmjäger harren in ihren Stellungen an der Brückevon Arnheim aus. Mit dem Mut der Verzweiflung kämpfen sie gegen eine feindlicheÜbermacht und hoffen auf Rettung durch die eigenen Panzer. Von Jörg-M. Hormann

ENTWAFFNET: Britische Luftlandesoldaten

auf dem Weg zu einer Sammelstelle für Ge-

fangene in Arnheim. Foto: picture-alliance/ZB©dpa

Page 25: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Feindfeuers nicht nehmen. Sie richten sichjetzt beiderseits der nördlichen Brückenram-pe zur Verteidigung ein. Von diesem Brü-ckenkopf aus können sie den Deutschen dieNutzung der Brücke verwehren und gleich-zeitig den Übergang für die Panzer derGarde-Panzerdivision des XXX. britischenKorps offenhalten. Diese sollen die isoliertenLuftlandetruppen in Arnheim entsetzen.

72 Stunden nach dem Erreichen ihres An-griffszieles ist an diesem Nachmittag des 20. September 1944 jedoch ziemlich sicher,dass die Panzer nicht kommen werden. Zwarhält die inzwischen auf etwa 200 kampffähi-ge Männer reduzierte Truppe um John Frostnoch immer durch. Doch das geschieht eheraus einer Mischung von Entschlossenheit,Disziplin und Treue als wegen eines takti-schen Nutzens oder gar echter militärischerStärke. Um sie herum liegen die leblosenKörper deutscher Soldaten zwischen abge-schossenen Panzern und Schützenpanzer-wagen verstreut.

Hoffen auf RuhmRückblick: Während der Kämpfe in der Nor-mandie lag die 1. Luftlandedivision in Reser-ve, ist aber für nicht weniger als sechzehnUnternehmungen alarmiert worden, diedann wieder abgesagt wurden. Die dauern-den Annullierungen haben sich sehr negativauf die Moral der Division ausgewirkt. IhrKommandierender General, GeneralmajorRobert Elliott („Roy“) Urquhart, berichtetüber die Ereignisse von damals, dass „…sichschon Anzeichen dieser gefährlichen Mi-schung von Langeweile und Zynismus inunser tägliches Divisionsleben einzuschlei-chen begannen“.

Dennoch sind die ungeduldigen Fall-schirmtruppen bereit und willens – ange-steckt und angetrieben von der allgemeinensiegessicheren Volksstimmung in England –jede Aufgabe zu übernehmen. Viele von ih-nen wollen „kurz vor Schluss“ am histori-schen Geschehen teilhaben.

Nach dreitägigem Kampf sind große Tei-le des Stadtgebietes von Arnheim eine Trüm-merwüste. Etliche Brände sind bereits ver-

glüht und haben ausgebrannte Gebäude hin-terlassen. Aber in vielen Häuserruinen lo-dern die Flammen noch heftig – sichtbaresZeichen der letzten Kämpfe.

Mit dem Mut der VerzweiflungDoch die Brücke über den Rhein ist unver-sehrt geblieben – als ein sichtbares Symbolder Hoffnung für ihre bedrängten Verteidi-ger. Eine gediegene Konstruktion aus Betonund Stahl, so überspannt sie den breitenFluss und trägt die Straße über eine erhöhteAbfahrt in den Süden von Arnheim. Die Ver-fassung der Soldaten, die dieses „wertvolle“militärische Objekt halten, ist kaum wenigerin Mitleidenschaft gezogen als der ruinöseZustand der Gebäude, in denen sie sich ver-teidigen.

Eindringlich beschreibt Brigadier Mauri-ce Tugwell (1925–2010) in seiner Abhand-lung über die Kämpfe in Arnheim die psy-chische und physische Verfassung der briti-schen Truppen an der Brücke:

„Im Kampf sind Soldaten oft der Überbe-lastung ihrer Nerven ausgesetzt: Aufregung,Furcht, angespannte Erwartung; und oftsind sie so übermüdet und hungrig, dass dieauf ihnen lastende Erschöpfung ihre Wach-samkeit, das klare Denken und die notwen-dige Umsicht zum Überleben, einschränkt.Der eine oder andere Einfluss überwiegtdauernd. Eine zermürbende Routine in jederForm von Kampf. Sie verzehnfacht sich fürden zusammengeschmolzenen Haufen vonFallschirmjägern, der beinahe ununterbro-chen seit drei Tagen gegen die wachsendeZahl deutscher Panzer, Kanonen und Infan-terie kämpfte. (…) Solange ein Mann kampf-tüchtig ist, kämpft er. Sie sind fast völlig er-schöpft, haben beinahe ihre letzte Munitionverschossen und können noch einige weite-re Angriffe abwehren – aber nur mit Mühe.Männer mit geschwärzten, schmutzigen Ge-sichtern spähen aus denRuinen, mit blutunterlaufe-nen Augen auf der Lauer

25Clausewitz 3/2014

UMKÄMPFT: Um die Brücke von Arnheim über den Rhein wird erbittert gerungen, am Ende

behalten die motorisierten deutschen Verbände die Oberhand; Filmszene aus „A Bridge Too

Far“, USA/GB 1977). Foto: picture-alliance/picture-alliance

Für den Einsatz und die Tapferkeit vordem Gegner in Arnheim ist die höchsteTapferkeitsauszeichnung des Vereinig-ten Königreiches, das Victoria-Kreuz(engl.: Victoria Cross), fünfmal verliehenworden – davon dreimal posthum an ge-fallene Mitglieder der Luftlandetruppen:Hauptmann L.E. Queripel (10. Fall-schirmbataillon), Oberleutnant J.H. Gray-burn (2. Fallschirmbataillon) und Feldwe-

bel J.D. Baskeyfield (South StaffordshireRegiment) sowie einmal posthum an ei-nen Angehörigen der Royal Air Force:Hauptmann D.A.S. Lord von der 271.Staffel der 46. RAF-Gruppe.

Das fünfte Victoria-Kreuz bekommtMajor R.H. Cain, der Royal Northumber-land Fusiliers, kommandiert zum 2. Ba-taillon des South Staffordshire Regimentvon Seiner Majestät König Georg VI.,

ausgehändigt. Das Victoria-Kreuz, am29. Januar 1856 durch Königin Victoriagestiftet, zeigt auf der Vorderseite ei-nen Löwen über der britischen Kronesowie ein Devisenband mit dem Motto„For Valour“ (deutsch: „Für Tapferkeit“).Inhaber des Victoria-Kreuzes setzen hin-ter ihren Nachnamen die Buchstaben„VC“ und sie erhalten einen jährlichenEhrensold. Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann

Das „Victoria-Kreuz“HINTERGRUND

Page 26: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

nach einem Panzer im Hinterhalt oder einsi-ckernder Infanterie. Und dann und wannwenden sie die Augen nach Süden über denFluss, suchen voller Hoffnung die Gegendab nach irgendeinem Anzeichen für die eige-nen Panzer der Panzer-Gardedivision vonGeneralmajor Allan Adair.“

Nach dem Zeitplan der Operation „Mar-ket“ soll der Entsatz am 19. September dieBrücke von Arnheim erreichen. Bei den Be-fehlsausgaben wird dies mit einer großenZuversicht bekanntgegeben, sodass keinerdaran zweifelt. Per Funk kommt dann dieVertröstung auf den 20. September, gegen17.00 Uhr. Als die Fallschirmjäger zum ge-nannten Zeitpunkt auf ihre Uhren blicken,merken sie, dass die Zeit um ist.

Die Stunde der NiederlageDie Dämmerung senkt sich über den trostlo-sen Schauplatz. Für die abgekämpften Män-ner wird es bittere Wirklichkeit: Die eigenenPanzer kommen nicht. Der Plan, sie in 48 bis72 Stunden zu entsetzen, ist gescheitert. Am21. September müssen Frosts Soldatenschließlich kapitulieren. Das ist allerdingsnoch nicht das Ende des Kampfgeschehens

nicht wie ursprünglich geplant in der direk-ten Nähe der Brücke, sondern jetzt nahe demDorf Driel, direkt südlich des Rheins im An-schluss an die Igelstellung der Division inOosterbeek auf dem nördlichen Rheinufer.

Als Verstärkung kommen die Polen ohneeigenes Verschulden und in zu geringer An-zahl zu spät. In einem späteren Bericht vom17. Oktober wird Bernard Montgomery alsOberbefehlshaber der 21. Armeegruppe undals eifriger Verfechter der Operation „MarketGarden“ den Polen große Schuld am Schei-tern der Operation zuschieben: „Die polni-sche Fallschirmjägerbrigade kämpfte hiersehr schlecht und die Männer zeigten keinenKampfwillen, wenn sie dabei ihr eigenes Le-ben wagen mussten. Ich will die Brigade hiernicht mehr haben…“

Dreiste SchuldzuweisungDiese Einschätzung stellt eine dreiste „Ka-schierung“ eigener Fehler dar. Die selbst-ständige Polnische Luftlandebrigade ist sei-nerzeit in der Hoffnung aufgestellt worden,um sie in Polen zur Unterstützung derHeimatarmee einzusetzen. Während ihres Absprungs bei Arnheim kämpften ihreLandsleute im „Endstadium“ des Warschau-er Aufstandes – dorthin hätten sich die Fall-schirmjäger eher gewünscht. Dass nach ih-rem Absprung keine Boote zur Verfügungstehen, um den britischen Truppen auf demanderen Ufer zu helfen, ist nicht ihr Ver-schulden.

Rückblickend betrachtet erkennt manheute, dass es ein großer Fehler der Alliiertenwar, die ganze Division fast zehn Kilometervom Angriffsziel entfernt landen zu lassen –und das ohne jeden Überraschungseffekt indrei Wellen an mehreren Tagen. Dazukommt der „Systemfehler“ der allseits emp-fundenen Verantwortung, die jeden energi-schen Oberbefehl blockiert.

26

Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

GEZEICHNET: Ein britischer Soldat stützt ei-

nen schwer verwundeten Kameraden. Ohne

Panzer sind die Fallschirmjäger den unter

anderem mit Sturmgeschützen ausgerüste-

ten deutschen Einheiten unterlegen.

Foto: picture-alliance/picture-alliance

KONTROLLE: Grenadie-

re der Waffen-SS durch-

suchen von den schwe-

ren Kämpfen um die

Brücke von Arnheim

gezeichnete

britische Gefangene.

Foto: ullstein bild – ullsteinbild

GEFALLEN: Grab für

Frederick Hopwood,

der an dieser Stelle

am 19. September

1944 kämpfend den

Tod fand.

Foto: picture-alliance/Suddeutsche Zeitung Photo

in Arnheim. Acht Kilometer westlich kämp-fen die nunmehr zusammengewürfeltenResttruppen der 1. Luftlandedivision weiter,um den Brückenkopf nördlich des Rheins zuhalten. Die 1. polnische Fallschirmbrigade,deren Ankunft wegen schlechten Wetterszweimal um vierundzwanzig Stunden ver-

schoben werden musste, springt schließlicham 21. September unter extrem ungünstigenBedingungen am südlichen Ufer des Nieder-rheins ab. Nur die Hälfte der „Dakotas“ fin-det die von Major General Urquhart neu fest-gelegte Landezone. Diese befindet sich eben

„Theirs not to reason why – Theirs but to do and die.”(Warum? – So fragen sie nicht. Sie tun ihre Pflicht

und sterben schlicht.) Nachgesagter britischer Soldatenausspruch für aussichtslose Kampfsituationen

Page 27: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Page 28: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

dem Anblick los und eilt zu einer Waldecke,wo gerade sein Gefechtsstand eingerichtetwird. Schnell bemerkt er das verzweifelteBemühen seiner Funker, Verbindungen her-zustellen. Es stellt sich heraus, dass man derLuftlandetruppe mit dem neuen „WirelessSet 68 P“ zwar ein tragbares, aber für das Ge-lände und den Luftlandeeinsatz ungeeigne-tes Funkgerät mitgegeben hat.

Folgenreiche FührungslähmungDie Funkgeräte versagen in dem waldigenGelände. Weder innerhalb der Bataillone,noch zwischen Bataillons- und Brigadege-

fechtsständen, noch im Divisionsnetz sinddie Funkverbindungen gut – oft fallen sieganz aus. Dasselbe gilt für die verschiedenenVerbindungen zum Gefechtsstand des 1.Luftlandekorps bei Nimwegen und zu denLuftunterstützungskommandos. Das ver-heerende Ergebnis: die Führungslähmungder Division.

Mit der bitteren Erkenntnis, dass ohneFunkverbindungen die Führung des Kamp-fes von seinem Gefechtsstand aus unmög-lich ist, setzt sich Urquhart in seinen Jeepund fährt zu seinen Truppenteilen. Er willnun direkt von vorn führen. Seine Soldaten

28

Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

Nachdem Generalmajor Urquhart rundzehn Kilometer westlich von Arnheimgenau zur „X-Zeit“, mit einem Air-

speed „Horsa“-Lastensegler in der „Landezo-ne S“ gut gelandet ist, beobachtet er das Ab-setzen seiner Fallschirmjäger über der angren-zenden „Absprungzone X“. Aus fast 150 C-47„Dakotas“ des 9. US-Truppentransportkom-mandos springen jeweils 19 voll ausgerüsteteFallschirmjäger ab.

Für ihn muss es ein faszinierender An-blick sein, wie mehr als 2.800 Fallschirme mitihren kampfbereiten Männern nach untenschweben. Doch Urquhart reißt sich von

Ausrüstung der alliierten Luftlandetruppen

Hoffnungslos unterlegenArnheim 1944: Ohne funktionierende Funkverbindung und mit unterlegener Bewaffnungstehen die britischen Fallschirmjäger motorisierten Einheiten der Waffen-SS im Kampfgegenüber. Von Jörg-M. Hormann

Riskant: Mit Jeep und leichtem Motorrad

wollen die britischen Fallschirmjäger auf-

klären und Verbindung halten. Im Hinter-

grund ein Lastensegler vom Typ „Horsa".

Foto: ullstein bild – TopFoto

Page 29: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

befinden sich nach dem Sammeln bei dendrei Absprung- und Landezonen aufdem Weg zu Fuß nach Arnheim.Dort, am Angriffsziel der Rheinbrü-cke, die sie sichern sollen, werden diemeisten von ihnen jedoch nicht ankom-men. Zur Führungslähmung durch denFunkausfall, der viele der gelandeten Ein-heiten auf sich allein gestellt lässt, kommtein sich schnell verstärkender deutscher Ab-wehrkampf. Sind es anfangs infanteristischeSicherungseinheiten der Deutschen, die dasVorgehen der Engländer verzögern, so kün-det in den späteren Nachmittagsstundendieses Septembertages das Motorendröhnenund Kettenrasseln von Panzern, dass für dieLuftlandesoldaten schwere Stunden anbre-chen. Für den folgenden Kampf mit Panzernder 9. SS-Panzerdivision „Hohenstaufen“und 10. SS-Panzerdivision „Frundsberg“sind die Fallschirmjäger unzureichend aus-gerüstet.

Mangelnde AufklärungBei der Operationsvorbereitung bleiben war-nende Worte aus dem niederländischen Wi-derstand, dass um Arnheim herum SS-Pan-zertruppen aufgefrischt werden, ungehört.Das alliierte Versagen der Feindaufklärungbekommt nun die kämpfende Truppe am ei-genen Leib zu spüren.

Es sind zwar nur noch vergleichsweisegeringe Mengen an intakten Kampfahrzeu-gen, die die beiden SS-Panzerdivisionen

denen Treibladung nach dem Raketenrück-stoßprinzip angetrieben wird, funktioniertdie PIAT mit einer mechanischen Feder. Die-se muss vor dem ersten Schuss unter An-strengung gespannt werden. Mit dem Drü-cken des Abzuges entspannt sich die Federund treibt das Geschoss mit der Ladungnach vorn. Die dann zündende Treibladungdrückt auf der Rückseite die Feder zurück indie Abzugsarretierung und vorderseitig dasGeschoß aus der Rohrführung. Ladungs-rückstoß und Federschnellkraft nach vornheben sich auf.

Waffe für den HäuserkampfSofern die Arretierung funktioniert, waswährend des Einsatzes nicht immer der Fallist, kann in der Deckung neu geladen undgeschossen werden. Nachgeladen wird diePIAT über einen oben offenen Ausschnittvorne im Rohr. Da dieses Waffenfunktions-prinzip keinen Raketenfeuerstrahl nach hin-ten produziert, wie „Bazooka“ oder „Panzer-schreck“, kann die PIAT in nach hinten be-engter Raumsituation abgefeuert werdenund eignet sich somit auch für den Häuser-kampf.

29Clausewitz 3/2014

Waffen und Ausrüstungsgegenstände der alliierten Luftlandetruppen

1. Leichtes 125-ccm-Motorrad „James“2. Bren-Maschinengewehr3. 2-Zoll-Granatwerfer4. „Sten Mark V“-Maschinenpistole5. „WS 68 P“-Funkgerät mit Kopfhörern

6. „Lee-Enfield“ .303 Gewehr7. 6-Pfünder-Pak (Kaliber 5,7 cm)8. 3-Zoll-Granatwerfer9. JeepFoto: Sammlung Jörg-M. Hormann

nach einem aufreibenden Rückzugkampfvon der Invasionsfront bis in die Niederlan-de in den Kampf werfen können. Aber fürdie Auseinandersetzung mit rund 10.000Mann isoliert operierender Infanterie mit ge-rade einmal 18 Pak vom Kaliber 5,7 cm undohne Unterstützung schwerer Waffen bildendie Panzer ein deutliches materielles Über-gewicht.

Für die Bekämpfung von gepanzertenFahrzeugen werden die britischen Soldatenvor ihrem Luftlandeeinsatz mit einer neuenWaffe ausgerüstet: Die PIAT, Abkürzung für„Projector-Infantry-Anti-Tank“, ist ein La-dungswerfer aus dem Hohlladungsgeschos-se gegen Panzer abgefeuert werden. Die PI-AT entsteht etwa parallel zur deutschen Ra-ketenpanzerbüchse 54, oder besser bekanntals „Panzerschreck“, und der amerikani-schen „Bazooka“. Alle drei Waffensystemesind wiederverwendbare Abschussvorrich-tungen, aus denen mittels einer Feststoff-treibladung Hohlladungsgeschosse abgefeu-ert werden.

Im Gegensatz zum „Panzerschreck“ undder „Bazooka“, aus deren großkalibrigemAbschussrohr das Geschoss mit der verbun-

1 2 3 4 5 6 7 8 9

PIAT: „Projector-Infantry-Anti-Tank“, ein

Ladungswerfer für Hohlladungsgeschosse

gegen Panzer. Eine Waffe mit Tücken.

Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann

Page 30: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Den tückischen Häuser- und Straßen-kampf haben General Urquharts Männer, jeweiter sie nach Arnheim vordringen, nochvor sich. Bebautes Gelände erleichtert die Si-tuation für die Verteidiger erheblich. Ein Vor-gehen durch Straßen gegen entschlossenenWiderstand stellt ein langwieriges und ver-lustreiches Unterfangen dar, vor allem, wenndie Unterstützung durch schwere Waffenoder durch die Luftwaffe fehlt. Die kann inder anbrechenden Nacht nicht helfen. Zu-dem werden die Aktionen der alliiertenJagdbomber durch das schlechte Flugwetterin den kommenden Tagen massiv einge-schränkt. Die Probleme der 1. britischenLuftlandedivision reißen nicht ab. Nach dem

weg fehlerlos. Der Nebel über den engli-schen Startflugplätzen hatte sich rechtzeitiggehoben für den Start um 09.45 Uhr. Die Wet-terbedingungen für das Luftlandeunterneh-men sind am 17. September allgemein gut.Von den 307 „Horsa“- und 13 „Hamilcar“-Lastenseglern, die sich als Schleppzug aufden Weg machen, verfehlen „nur“ 39 ihreLandezonen „S“ und „Z“.

Glücklose AufklärerIm ersten Transport geht kein Schleppflug-zeug oder Lastensegler durch Feindeinwir-kung verloren. Die Einweiser – oder besserPfadfinder – der 1. Luftlandedivision sinddie Männer der 21. selbstständigen Fall-schirmkompanie unter Major B. A. Wilson.20 Minuten vor der „X-Zeit“ springen sie aussechs „Stirling“-Flugzeugen der 38. Gruppeder RAF über den festgelegten Lande- undAbsprungzonen ab. Sie markieren die Zo-nen, damit die Flugzeugbesatzungen derHauptkräfte diese leichter erkennen können.

Insgesamt verlaufen die Landungen derLastensegler am 17. September erfolgreicherals bei irgendeinem früheren, groß angeleg-ten Unternehmen oder Manöver. Gleichesgilt für den Absprung der 1. Fallschirmbriga-de. Die amerikanischen C-47 Transporterfliegen in enger Formation mit neun Maschi-nen nebeneinander. Neunzehn Fallschirmjä-ger springen aus jeder Maschine und dieLandung ist genau. Die Überraschung ge-lingt, Landeverletzungen bleiben gering.

Als erste Maßnahme soll die Aufklärungs-kompanie der Division einen Aufklärungs-vorstoß auf das Angriffsziel – die Brückenüber den Rhein – durchführen. Mehrere ihrerJeeps waren in jenen Lastenseglern verladen,

30

Titelgeschichte | Operation „Market Garden“ 1944

intensiven Beschuss durch deutsche Granat-werfer fasst Urquhart den Entschluss, erstam nächsten Morgen weiter vorzugehen. Bisdahin werden von deutscher Seite die Ein-fallstraßen nach Arnheim abgeriegelt undvon Sturmgeschützen, Vierlings-Flak undstarken SS-Infanteriekräften gesichert. Amnächsten Morgen ist für die Briten keinDurchkommen mehr: mit Ausnahme des2. Fallschirmbataillons von OberstleutnantJohn Frost, dem es gelingt, mit 700 Mann na-he dem Rheinufer bis zur Brücke von Arn-heim vorzudringen.

Doch noch einmal ein kurzer Blick zu-rück: Die Landungen und Absprünge derersten britischen Welle verlaufen fast durch-

Da Deutschland nach dem Ersten Weltkriegkeine Motorflugzeuge bauen darf, erprobenAerodynamiker das Fliegen ohne Motor. In-nerhalb weniger Jahre geben DeutschlandsSegelflieger und ihre modernen schnittigenSegelflugzeuge den Ton in der Segelflieger-welt an. Dass ein Segelflugzeug einen be-sonderen militärischen Wert haben kann –vor allem, wenn es in die Nähe des Operati-

onszieles geschleppt wird und dann lautlosniedergeht – wird den Militärs schnell klar.So kann punktgenau eine größere Zahl vonausgerüsteten Luftlandesoldaten direkt imZiel landen.

Von den Italienern erfunden, von denRussen erprobt, von den Deutschen perfek-tioniert und von den Alliierten in Masseneingesetzt, gehören Luftlandeoperationen

zu den neuen taktischenElementen der Kriegfüh-rung im Zweiten Weltkrieg.Bei einigen Operationenhaben Luftlandungen auchstrategische Zielsetzun-gen. So die deutsche Lan-dung auf Kreta im Frühjahr1941 und eben das alliier-te Unternehmen „MarketGarden“ im September1944 in Holland.

Lastensegler und LuftlandeoperationenHINTERGRUND

NUTZLOS: Mehrere Funkgeräte „Wireless

Set 68 P“ in einem Abwurfbehälter mit Auf-

prallpuffer. Die Funkgeräte versagen bei Arn-

heim im Einsatz. Foto: picture-alliance/(c)IllustratedLondon News Ltd/picture-alliance/Mary Evans Picture Library

ERHALTEN GEBLIEBEN: Hier ein Gleiter vom amerikani-

schen Typ „Waco“ CG 4, den die Alliierten 1944 massen-

haft einsetzten. Foto: Sammlung JMH

IM ANFLUG AUF DIE LANDUNGSZONEN:Sitzordnung amerikanischer Fallschirmjäger im

Lastensegler „Waco“ CG 4.

Foto: Sammlung Jörg-M. Hormann, U.S. Air Force Photo

Page 31: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

die das Kampfgebiet nicht erreichen. Die we-nigen ausgeladenen und verfügbaren Jeepsder Kompanie brechen sofort durch Wälderund Dörfer Richtung Arnheim aus. Keinererreicht sein Ziel. Später tauchen die erbeu-teten Jeeps, besetzt mit Männern der Waffen-SS, wieder auf.

Der „Opfergang“ der Divisions-Aufklä-rung bedeutete, dass der deutsche Siche-rungsschleier zwischen dem Landegebietund der Brücke nicht aufgeklärt werdenkann. Daraus resultieren zeitraubende undverlustreiche Folgen für die Infanterie, dienun versucht, das Angriffsziel ohne Aufklä-

Die Möglichkeit, das Fiasko abzuwenden,wird nicht genutzt. Keiner der Befehlshaberkann aktiv werden. Generalmajor Urquhart,nicht in seinem Divisionsgefechtsstand son-dern zur 1. Brigade verschlagen, erlebt dieSchwierigkeiten hautnah mit und kann un-ter diesen Umständen keine entsprechendenBefehle geben.

„Market” endet im FiaskoGeneralleutnant Browning, Befehlshaber dergesamten Luftlandeoperation „Market“,wartet ohne Funkverbindung mit Urquhartbei Nimwegen auf Nachrichten aus Arn-heim. So verstreicht die Nacht – und mit ihrdie einmalige Gelegenheit, den Operations-plan der Lage anzupassen. Für den 19. Sep-

tember ist die dritte Absprungwelle mitder 1. polnischen Luftlandebrigade

direkt südlich der Brücke von Arn-heim geplant. Genau dorthin hättedie zweite Welle vom 18. September

umgelenkt werden müssen. Ohnediese Änderung in der Landepla-nung springt die 4. Fallschirmbriga-de mit rund 1.200 Mann viele Kilo-meter westlich von ihrem Angriffs-ziel buchstäblich den Deutschen in

die Arme und in die Gefangenschaft.Spätestens seit dem Morgen des

18. September 1944 ist die Gesamtsitua-tion klar: Zwei sich feindlich gegenüber-

stehende Divisionen gehen mit dem Auf-trag, die Brücke von Arnheim zu nehmen,vor: die 1. britische Luftlandedivision unddie 9. SS-Panzerdivision. Während sich diedeutsche Seite klar über die allgemeine Lageund über die Absicht ihres Gegenübers ist,wissen die Briten nichts über die Anwesen-heit von Einheiten der Waffen-SS und derenAuftrag. Erst als sie mit Panzern und mit ver-bissen kämpfenden Soldaten in SS-Kampf-anzügen konfrontiert werden, ahnen sie,dass ihr Kampf verloren ist.

31Clausewitz 3/2014

Allzweckfahrzeug: „Willys MB“, die „Mutter“ aller Jeeps

MELDER: Leichtes 125-ccm-

Motorrad „James“ bei

einer Gerätevorführung im

Vorfeld der Operation

„Market Garden“.

Foto: picture-alliance/(c)IllustratedLondon News Ltd/picture-alliance/

Mary Evans Picture Library

VERSTAUT: „James“-Motorrad

im Abwurfbehälter. Im Einsatz

musste das Motorrad unter

Feindfeuer erst zusammenge-

baut werden.

Foto: picture-alliance/(c)Illustrated London News Ltd/picture-alliance/

Mary Evans Picture Library

1 Der Vier-Zylinder-Reihenmotor(Willys L134 Go-Devil) machtseinem Namen alle Ehre. Mit2.199 Kubikzentimetern Hub-raum bringt er 60 PferdestärkenLeistung auf die Räder undmacht den Jeep auf der Straßefast 100 km/h schnell.

2 Der breite Radstand von 80inch (203 cm) sowie die Zuschal-tung des Allradantriebs auf dreiVorwärts- und einen Rückwärts-gang verleihen dem Jeep er-staunliche Geländegängigkeit.Wesentlich bessere als beim ver-gleichbaren „Typ 87“ von Volks-wagen. Der „Kübelwagen“ mussohne Allradantrieb auskommen.

3 Rahmen und Aufbau sowiedie Radaufhängungen mit Antriebund der Motor des offenen Vier-sitzers sind einfach konzipiert

und unverwüstlich, alles ist gutzugänglich und kann leicht repa-riert werden.

4 Mit vielfältiger Waffenausstat-tung versehen kann der „WillysMB“ (Militär-Modell Variante B)

mit einem speziellen Ausrüs-tungssatz auch durch hüfthohesWasser fahren. Für den Wüsten-einsatz erhält er einen separatenWassertank.

Foto: Hermann Historica, München

1

23

4

rung zu erreichen. Die erhebliche und sehrschnell organisierte Gegenwehr deutscherTruppen macht den Stabsoffizieren im Ge-fechtsstand der 1. Luftlandedivision schnelldie kritische Situation klar. Aus ihrer Lande-position ist Arnheim zu weit weg und gegenden deutschen Widerstand nicht erreichbar.Am Morgen des 18. September würden die 4. Fallschirmbrigade und weitere Divisions-einheiten in den Landezonen des Vortagesankommen. Die einzige Funkverbindung,die reibungslos funktioniert, ist die des Divi-sionsstabes zur britischen Air-Force-Basis inEngland.

Von der Willys-Overland Company in Toledo (Ohio) und in Lizenz von der Ford Motor Company werden zusammenrund 640.000 Jeeps als Allzweckfahrzeuge während desZweiten Weltkriegs produziert. Von den Soldaten „WillysMB“ und „Ford GPW“ genannt.

Page 32: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

zu müssen, Menschen zu töten. Doch es hät-te auch anders sein können.“ Den Berlinerzieht es schon im Knabenalter ans Wasser.Sein Vater war Unteroffizier der KaiserlichenMarine, sein Großvater Kapitän und beree-derte sein eigenes Schiff. Als Taufpate standihm der als Marineautor bekannt geworde-nen Fregattenkapitän Peter Ernst Eiffe zurSeite. Auf dem „Piraten“ erlernt er das Jol-lensegeln, später bei der Marine-Hitlerju-gend die Grundbegriffe des seemännischenHandwerks.

Offizierscrew 1942Dieses praktische und theoretische Wissenkommt Horst Bredow zugute, als er 1942 alsOffiziersanwärter in die Kriegsmarine ein-tritt. Nach der Grundausbildung ist sein ers-tes Bordkommando die „Admiral Scheer“.

Als „fleet in being“ liegt der Schwere Kreu-zer in Nordnorwegen. Feindkontakt gibt esfür den jungen Seekadetten in dieser Phasenicht.

Auf der Marineschule in Flensburg-Mür-wik macht Horst Bredow mit überdurch-schnittlichen Leistungen auf sich aufmerk-sam und erhält anschließend ein Bordkom-mando auf U 288. Er meldet sich beimKommandanten, als die Besatzung geradeLandgang hat. „Willst du Fähnrich sein oderU-Bootfahrer werden?“, so die Begrüßungdurch Oberleutnant Willy Meyer. Er verpasstseinem Neuzugang ein U-Boot-Päckchen oh-ne Dienstgradabzeichen, woraufhin ihn dieMannschaft für einen Matrosen, nicht für ei-nen Offiziersanwärter, hält.

„Ich wurde hart rangenommen von derCrew und lernte das U-Boot-Handwerk vonder Pike auf“, erinnert sich Horst Bredow.„Regelrecht geschunden hat man mich, aberich gab mich nicht zu erkennen und machtealles mit. Torpedos fetten, Batterien versor-gen, in der Bilge rumkriechen […]. Eine hef-tige aber effiziente Schule.“

Das am 26. Juni 1943 in Dienst gestellte U 288 – ein bei der Vulkan-Werft in Bremen-Vegesack gebautes Boot vom Typ VII C –

32

Horst Bredow ist nicht nur Zeitzeuge erist ein kollektives Gedächtnis, der dasErleben, das Wissen und die Historie

Zehntausender zusammengetragen hat. Der89-Jährige hat in über sechs Jahrzehnten dasU-Boot-Archiv geschaffen. Eine wissenschaft-lich fundierte Sammlung von herausragen-der Qualität, und in ihrem Inhalt weltweiteinzigartig.

„Jeder Krieg ist ein verlorener Krieg“ –dieser Spruch hängt über der Tür zum U-Boot-Archiv. Und es ist das Motto, das auchHorst Bredow treibt: „Diesen Satz hat einstmein Kommandant auf U 288 formuliert, vordessen Haltung ich bis heute große Hoch-achtung habe. Ich habe diesen Satz für michund meine Arbeit verinnerlicht“, sagt der 89-Jährige und fährt fort: „Ich bin in der glück-lichen Lage, im Krieg nicht dazu beitragen

Der Zeitzeuge

1947: Eigentlich wollte derehemalige Marineoffizier HorstBredow das Schicksal seinergefallenen U-Boot-Kameradenermitteln. In sechs Jahrzehn-ten entstand daraus eine ein-zigartige, international renommierte Sammlung: dasU-Boot-Archiv. Von Ulf Kaack

Der U-Boot-Chronist

Gejagt, versenkt unddem Vergessen entrissen

DAMALS: Der junge Horst

Bredow in Marine-Uniform.

Aufgrund einer Verwundung

entkommt er dem Tod.

Foto: U-Boot-Archiv Horst Bredow

Page 33: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

befindet sich zu dieser Zeit in der Fronterpro-bung. Oberfähnrich Bredow wird zum Wach-offiziers-Lehrgang abkommandiert und hatdas Glück, anschließend auf sein altes Bootzurückkehren zu können. Als KommandantMeyer bei der Musterung den neuen II.WOvorstellt, gibt es manch überraschtes Gesichtdarüber, dass der vermeintliche Matrose nundritter Mann an Bord ist. Vor allem aber gibtes anerkennenden Applaus in Form eines da-mals üblichen „Kutterläufers“.

Beispiellose KameradschaftIn der Bordpraxis bringt der rasante Aufstiegkaum Veränderungen mit sich. Horst Bre-dow erledigt seine Aufgaben als Wachoffi-zier und wird darüber hinaus in allen Funk-tionsweisen von U 288 weitergeschult. „Soeine Kameradschaft habe ich in meinem Le-ben nicht wieder erlebt“, meint der 89-Jähri-ge. „Der eine ging für den anderen durchsFeuer, allen voran Oberleutnant Meyer.“

Am 26. Februar 1944 läuft U 288 von Kielzu seiner ersten Einsatzfahrt aus, die ohneVersenkung bleibt. Bei einem Fliegerangriffwird Horst Bredow durch einen Projektil-splitter verwundet und kommt, nach dem

Einlaufen in Narvik am 11. März 1944, insLazarett nach Trondheim.

Während seiner Genesung geht U 288 er-neut auf Feindfahrt – und kehrt nicht zurück.Horst Bredow: „Das Boot operierte auf denGeleitzug JW 58. Am 3. April 1944 wurde essüdöstlich der Bäreninsel im Nordmeer vonSwordfish-Maschinen der Geleiträger ‚Acti-vity’ und ‚Tracker’ mit Bomben und Rake-ten angegriffen und versenkt. Niemand vonmeinen Kameraden hat überlebt. Ein Total-verlust.“

Für Horst Bredow, mittlerweile Leutnantzur See, beginnt eine Odyssee von Norwe-gen über Griechenland bis nach Italien. Dortwird er Kommandant eines Minenräumboo-tes italienischer Bauart und sichert damitVersorgungskonvois im Mittelmeer. Am 13. November 1944 wird sein Boot von briti-schen Überwassereinheiten mit Artillerie an-gegriffen und versenkt. Nach zwei Stundenrettet ihn die Besatzung eines Flugsiche-rungsbootes stark unterkühlt aus der See.

Noch kurz vor Kriegsende wird der da-mals 20-Jährige der Crew eines modernenTyp XXI-U-Bootes zu geordnet, das sich nochim Bau befindet aber niemals fertig wird.Erst 1947 kehrt er in seine Heimatstadt Ber-lin zurück. Er studiert Mathematik und Phy-sik und wird Lehrer.

„Bereits unmittelbar nach meiner Rück-kehr aus der Kriegsgefangenschaft habe ichForschungen über das genaue Schicksal vonU 288 angestellt“, erklärt Horst Bredow. „Ichhabe Kontakt zu den Angehörigen meinergefallenen Kameraden aufgenommen, konn-te bei so manchem Schicksal Licht ins Dun-kel bringen.“

Wissenschaftliche SammlungVöllig unbeabsichtigt legt er so den Grund-stein des U-Boot-Archivs: „Das Ganze ge-wann schnell an Eigendynamik. Immer häu-figer wurde ich zum Schicksal von U-Boot-

Soldaten und ihren Booten befragt, gleich-zeitig wurde ich immer mehr zum Zentrumdes Informationsflusses.“

Daraus erwächst im Laufe der Jahrzehnteeine gewaltige wissenschaftlich-historischeSammlung. Spätestens mit seiner Pensionie-rung 1982 nimmt das Archiv uneinge-schränkt professionelle Züge an. Vier Jahrespäter überführt er das gesamte Material in eine Stiftung. Als Ableger entsteht das U-Boot-Museum mit zahlreichen histori-schen Exponaten.

Hohes internationales AnsehenDabei treibt Horst Bredow niemals die Lei-denschaft eines Militariasammlers. Bis heu-te trägt er vor allem Fakten zusammen – Do-kumente, Fotos, Filme und Zeitzeugenbe-richte. Sie füllen heute vier Gebäude inAltenbruch in Cuxhaven, und der Zustromvon Material ist heute größer denn je. Zumeinen sind es die Nachlässe ehemaliger U-Boot-Fahrer, die ihm übereignet werden.Andererseits auch Material aus ausländi-schen Archiven, deren Sperrfrist erst heuteaufgehoben ist.

Das U-Boot-Archiv genießt internationalhohes Ansehen. Es wird von Wissenschaft-lern, Historikern und Journalisten genutzt,aber auch von privaten Forschern, die aufden Spuren ihrer Familiengeschichte sind.Dabei erfreut es sich eines stetig steigendenInteresses.

Für seine Arbeit wurde Horst Bredow, dermittlerweile von zwei Dutzend ehrenamtli-chen Mitarbeitern unterstützt wird, mit demBundesverdienstkreuz ausgezeichnet. „Aufden Orden bilde ich mir nicht viel ein, wohlaber auf die Begründung für die Verlei-hung“, sagt er. „Für die Zusammenführungehemaliger Gegner und die Betreuung vonHinterbliebenen, so das damalige Argumentvon offizieller Seite. Genau das ist bis heuteder Motor meines Handelns!“

33Clausewitz 3/2014

HEUTE: Horst Bredow hat mit dem U-Boot-

Archiv eine einzigartige Institution geschaf-

fen. Für seine unermüdliche Arbeit wurde er

bereits mit dem Bundesverdienstkreuz

geehrt. Foto: Autor

INTERESSANTEEINBLICKE: Dem

Archiv ist ein

U-Boot-Museum

angeschlossen,

das dem Besucher

zahlreiche Expona-

te zugänglich

macht. Foto: Autor

TÖDLICHER EINSATZ: Horst Bredows ehe-

maliger „Arbeitsplatz“ – U 288. 1944 wird

das U-Boot im Nordmeer versenkt, Offizier

Bredow ist nicht an Bord. Aus der Beschäfti-

gung mit dem Schicksal seiner Kameraden

entsteht das U-Boot-Archiv.

Foto: U-Boot-Archiv Horst Bredow

Page 34: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

34

Schlacht von Gorlice-Tarnów 1915

FrontalerDurchbruch

Schlachten der Weltgeschichte | Gorlice-Tarnów 1915

ANGRIFF: „Erstürmung des Zamecysko-

berges bei Gorlice durch das 3. Bayerische

Infanterie-Regiment am 2. Mai 1915“, Ge-

mälde von Ludwig Putz (1866–1947) aus

dem Jahr 1916. Abb.: picture-alliance/akg-images

Page 35: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

2. Mai 1915: Mehr als 1.000 Geschütze der Mittelmächte nehmen die russischenStellungen zwischen Gorlice und Tarnów in Galizien unter Beschuss. Ziel der Großoffensive ist der Stoß durch die gegnerischen Linien und die Bedrohung derrussischen Karpatenfront. Von Lukas Grawe

Trotz großer Erfolge gegen die Armee desZaren ist die Lage der Mittelmächte ander Ostfront zu Beginn des Jahres 1915

kritisch. Zwar war es der deutschen Armee ge-lungen, die russischen Offensiven zur Erobe-rung Ostpreußens in den Schlachten von Tan-nenberg und an den Masurischen Seen zu stop-pen, doch war der eigene Vormarsch nachPolen am hartnäckigen Widerstand der Rus-sen gescheitert.

Wesentlich ernster ist die Lage zudem amsüdlichen Abschnitt der Ostfront beim Ver-bündeten Österreich-Ungarn. Nach der erfolg-

losen Anfangsoffensive im Sommer 1914 hattedie k.u.k. Armee einen Rückschlag nach demanderen erlitten. Russische Truppen stehen tiefauf österreichischem Gebiet und halten weiteTeile des Kronlandes Galizien besetzt. Dasösterreichische Heer hat bereits kaum ersetz-bare Verluste hinnehmen müssen und kannnur mit Mühe seine Front verteidigen.

Die Überlegungen Italiens und Rumä-niens, aufseiten der Entente in den Krieg ein-zutreten, verursachen zusätzliche Sorgen beiden Mittelmächten. Für einen Mehrfronten-krieg besitzt die Donaumonarchie nicht

mehr die nötigen Abwehrkräfte. Zwar istder Chef der deutschen Obersten Heereslei-tung (OHL) Erich von Falkenhayn der Mei-nung, dass der Krieg nur im Westen gewon-nen werden kann. Doch bleibt ihm ange-sichts der Lage keine andere Wahl, als eineOffensive an der Ostfront. Falkenhayn willdadurch den wankenden Verbündeten ent-lasten und durch einen erfolgreichen An-griffsstoß stabilisieren. Zugleich sollen diebeiden „schwankenden Staaten“ durch ein-drucksvolle Erfolge von einem Eingreifenin den Krieg abgehalten werden. Durch

35Clausewitz 3/2014

Page 36: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Umgruppierungen der deutschen Verbändean der Westfront gelingt der OHL MitteMärz die Aufstellung von 14 Divisionen, dieso schnell wie möglich an die Ostfront ent-sandt werden.

Deutsche PlanungenIm April laufen die Planungen für eine Ent-lastungsoffensive an. Der Oberbefehlshaberder deutschen Truppen im Osten (Ober-Ost),Paul von Hindenburg, und sein Chef des Sta-bes Erich Ludendorff favorisieren einen großangelegten Zangenangriff aus Ostpreußen

und Galizien, um die russischen Truppenin Russisch-Polen einzukesseln und zuvernichten. Diese kaum umsetzbarenPläne lehnt Falkenhayn ab. Er stimmtdem Chef des österreichischen Gene-ralstabs Franz Conrad von Hötzen-dorf zu, der im Westteil Galizienszwischen den Städten Gorlice undTarnów eine konventionelle Durch-bruchschlacht anregt. Das Gelände istfür die angreifenden Soldaten äußerst

günstig, da sie bei ihrem Vormarschkeinen Fluss überwinden müssenund durch die Ausläufer der Beski-den vor einer Umfassung geschütztsind. Zudem kann der Aufmarsch

36

Schlachten der Weltgeschichte | Gorlice-Tarnów 1915

Mackensen wird 1849 in Sachsen geboren. Als 20-Jähriger wird er in das traditionsrei-che 2. Leib-Husaren-Kavallerie-Regiment aufgenommen. Bereits im Deutsch-Französi-schen Krieg von 1870/71 macht er durch einen wagemutigen Erkundungsritt auf sichaufmerksam. Ohne jemals auf der Kriegsakademie gewesen zu sein, gelangt Macken-sen 1880 in den Generalstab, in dem er 1891 zum Adjutanten des Chefs, Alfred vonSchlieffen, aufsteigt. 1898 avanciert er als einer der ersten bürgerli-chen Offiziere zum Flügeladjutanten des Kaisers und ist daherstets in der Nähe des Monarchen. 1899 wird er von Wilhelm II.geadelt, vier Jahre später zum Generaladjutanten ernannt.1908 erhält er als General der Kavallerie das Komman-do über das XVII. Armeekorps, mit dem er 1914 in denErsten Weltkrieg zieht. Bereits in der Schlacht vonTannenberg erwirbt sich Mackensen mit seinerwagemutigen Führung erste Anerkennung. Nach demSieg von Gorlice-Tarnów steigt der zum Generalfeld-marschall beförderte Husar endgültig zum erfolgrei-chen Heerführer auf. Anschließend befehligt er diekurzen und erfolgreichen Feldzüge gegen Serbienund Rumänien. Während der Weimarer Republik macht Mackensenaus seiner Ablehnung der neuen Staatsform keinenHehl und engagiert sich im national-konservativenLager. Nach Hitlers Machtergreifung wird er vonden Nationalsozialisten für Propagandazweckeeingesetzt. Er stirbt Ende 1945 in Niedersachsen.

Populärer „Totenkopfhusar”: August von Mackensen (1849–1945)

ZEITRAUBEND: Truppen der Mittelmächte

beim Überqueren des Flusses Schara, nach

Gemälde des Kriegsmalers Albert Gartmann.

Abb.: picture-alliance/akg-images

ERFOLGREICH: August von Mackensens 11.

Armee hat großen Anteil am Sieg der Mittel-

mächte über die Russen bei Gorlice-Tarnów.

Abb.: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Page 37: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

der Verbände im Verborgenen stattfinden.Die Chancen auf Erfolg werden daher vomdeutschen Vertreter der OHL beim österrei-chischen Oberkommando von Cramon alsgünstig beurteilt: „Ich möchte mein Urteil da-hin abgeben, dass die russische Armee […] ei-nem mit Überlegenheit […] geführten Stoßnicht gewachsen ist.“

Als Problem erweist sich die Frage, wel-cher der beiden Bundesgenossen die Opera-

tion leiten soll. Franz Conrad von Hötzen-dorf und Falkenhayn einigen sich MitteApril schließlich darauf, dass August vonMackensen, der Befehlshaber der neu aufge-stellten deutschen 11. Armee, auch den Be-fehl über die k.u.k. 4. Armee erhält. Conradvon Hötzendorf erhält den Oberbefehl, muss

sich aber mit Falkenhayn über alle wesentli-chen Entscheidungen abstimmen. Macken-sens Truppen setzten sich überwiegend ausden neuen und kampferprobten Verbändender Westfront zusammen. Neben einem ge-mischten Armeekorps, das auch die 11. baye-rische Division umfasst, besteht die Truppeaus dem XXXXI. Reservekorps, dem k.u.k.VI. Armeekorps und dem Gardekorps. AlsReserve steht das X. Armeekorps zur Verfü-

gung. Während die k.u.k. 4. Armee an derlinken Flanke nordwestlich der 11. Armeevorgehen soll, wird die rechte Flanke durchdie k.u.k. 3. Armee gedeckt.

Die Verbände der Mittelmächte sollen ausihren Ausgangstellungen eine Bresche in dierussische Front schlagen, die von der russi-

schen 3. Armee unter Radko Dimitriew ge-halten wird. Zwischen das IX. und X. russi-sche Armeekorps soll ein Keil getrieben wer-den, um eine wirksame Koordinierung derAbwehr zu verhindern. Dimitriews Truppensind den Soldaten der Mittelmächte zahlen-mäßig unterlegen, da das russische Ober-kommando STAWKA eine Großoffensive ander östlichen Karpatenfront plant. Die Trup-pen in Westgalizien werden daher vollkom-men ausgedünnt.

Der Sturm bricht losAls wesentlich schwerwiegender erweistsich jedoch die russische Unterlegenheit anArtillerie. Während die Mittelmächte bei denleichten Geschützen mehr als doppelt so vie-le aufbieten können wie der Gegner, verfü-gen sie bei der schweren Artillerie über einenoch weitaus größere Überlegenheit. Zusätz-lich leiden die russischen Verbände unterakutem Munitionsmangel. Auch rechnet dasrussische Oberkommando nicht mit einemAngriff der Mittelmächte. Man ist auf eineumfassende Verteidigung nicht vorbereitet.

Um den Durchbruchversuch erfolgreichzu gestalten, ernennt Falkenhayn Hans von

Clausewitz 3/2014

Akuter Munitionsmangel

Der 1859 geborene Bulgare Dimitriew schließt sich bereits während des türkisch-russischenKriegs von 1877/78 der zaristischen Armee an und kämpft dort für die Unabhängigkeitseines Heimatlandes von der osmanischen Herrschaft. 1886 ist Dimitriew am Putsch gegenden regierenden Fürsten Alexander von Battenberg beteiligt und flüchtet nach dessenRückkehr ins Exil nach Rumänien. 1887 schließt er sich erneut der zaristischen Armee anund macht in Auseinandersetzungen im Kaukasus auf sich aufmerksam. Zehn Jahr späterkehrt er jedoch wieder in die bulgarische Armee zurück und avanciert dort binnen wenigerJahre zum Generalstabschef und zum Oberbefehlshaber während der Balkankriege. Anschlie-ßend fungiert Dimitriew als Botschafter Bulgariens in seiner zweiten Heimat Russland. BeiAusbruch des Krieges stellt er sich als Freiwilliger zur Verfügung und erhält das Kommandoüber das VII. Armeekorps. In den ersten Monaten ist er maßgeblich an den russischenSiegen gegen die Donaumonarchie beteiligt, doch muss er nach der Katastrophe von Gorli-ce-Tarnów seinen Posten räumen. Zwischenzeitlich noch einmal verwendet, quittiert er 1917krankheitsbedingt den Dienst. Dimitriew wird im Jahr 1918 von den Bolschewiki ermordet.

Auf verlorenem Posten: Radko Dimitriew (1859–1918)

„Es sind kaum ausgebildete Bauerntölpel; sie haben mangels Waffen nicht einmal richtig

schießen gelernt.“Nikolai Nikolajewitsch über die bei Gorlice-Tarnów eilig herangeführten

russischen Verstärkungen

GEGNER DIMITRIEWS: Porträtaufnahme

des österreichischen Generalstabschefs

Franz Conrad von Hötzendorf aus dem Jahr

1916. Foto: picture-alliance/akg-images

MIT VERBUNDENEN AUGEN: Ein russischer

Parlamentär wird nach Abschluss von Über-

gabeverhandlungen mit Vertretern der Mit-

telmächte zu den eigenen Linien zurückge-

fahren.

Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl

Die Kriegsparteien im ÜberblickINFO

Mittelmächte Russisches Kaiserreich

Ziel Entlastung der österreichisch-ungarischen

Karpatenfront

Vorstoß in die Karpaten;Abwehr deutsch-österrei-

chischer Angriffe

Einsatzverbände 11. Armee (Mackensen), bestehend aus dem A.K.Kneißl, dem XXXXI. Res.-Korps, dem k.u.k. VI. A.K.,

dem Gardekorps und dem X.A.K.;k.u.k. 4. Armee (Großher-

zog Joseph Ferdinand)

3. Armee (Dimitriew), vorallem das IX. und X. A.K.

Truppenstärkecirca 350.000 Mann (insge-samt)/ circa 220.000 Mann(zu Beginn der Operation)

Verluste (bis Juni 1915) circa 50.000 Gefallene undVerwundete

circa 350.000 Mann (davon biszu 240.000 Gefangene)

Page 38: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

stärksten konzentrierten Beschuss an derOstfront dar. Als die Artillerie schweigt, setztdie Infanterie der Mittelmächte um 10.00Uhr zum Sturm an. Dabei müssen die Solda-ten vielerorts russische Gräben stürmen, dieden Verteidigern durch leichte HanglangeVorteile bieten. Die anfänglichen Angriffeder 11. Armee verlaufen daher schleppendund gehen mit hohen Verlusten einher. Diezunächst überraschten russischen Truppenwehren sich verbissen und mit äußersterHartnäckigkeit. Trotzdem erzielen die deut-schen und österreichischen Stoßtruppen anvielen Stellen große Geländegewinne.

Einzug in GorliceNoch am selben Tag ziehen die Angreifernach schweren Kämpfen in Gorlice ein. Hierfallen ihnen nicht nur viele russische Gefan-gene, sondern auch große Mengen an Mate-rial und Nachschub in die Hände. Überallziehen sich die Truppen des Zaren vor demAnsturm der Mittelmächte zurück. An eini-gen Stellen gelingt es den Verbündeten, ihreschwere Artillerie auf den eroberten Anhö-hen zu positionieren. Dadurch können sieden fliehenden russischen Truppen verhee-rende Verluste zufügen.

Die Wucht des Angriffs führt daher schoninnerhalb des ersten Tages zum Zusammen-bruch der russischen Front. Somit gelingtMackensens Truppen das, was an der West-front oftmals unter hohen Verlusten scheitert:Der frontale Durchbruch durch die Stellun-gen des Gegners. Bereits am 5. Mai 1915 ha-ben die Mittelmächte auf einem 45 Kilometerbreiten Streifen die Verteidigungsanlagen derArmee des Zaren überrannt und stoßen biszu 16 Kilometer tief in feindlich besetztes Ge-biet vor. Im Armeehauptquartier lässt Ma-ckensen Sekt servieren und äußert sich über-schwänglich zu seinen Tischgenossen: „Auch

38

Schlachten der Weltgeschichte | Gorlice-Tarnów 1915

Seeckt zum Chef des Stabes von Mackensens11. Armee. Seeckt hat bereits an der West-front Durchbruchsoperationen geplant unddurchgeführt. Er legt vor allem Wert aufÜberraschung und auf das perfekt funktio-nierende Zusammenwirken der einzelnenWaffengattungen. Dies soll einen möglichstraschen Vortrag des Angriffs garantieren, umden russischen Widerstand in den hinterenStellungen zu lähmen und die Heranfüh-rung gegnerischer Reserven zu verhindern.

In den frühen Morgenstunden des 2. Mai1915 beginnt daraufhin die schwere Artille-rie der Mittelmächte mit dem Beschuss derrussischen Stellungen, die an vielen Stellennur unzureichend ausgebaut sind. Das400.000 Granaten umfassende vierstündigeFeuer demoralisiert von Beginn an die russi-schen Verteidiger und stellt bis dahin den

Die Kämpfe bei Gorlice-Tarnów 1915 KARTE

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

ANGRIFF: Russische Infan-

terie im Sturm auf die Stel-

lungen der Mittelmächte.

Zeichnung: Guiseppe Rava/www.g-rava.it

Page 39: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

39Clausewitz 3/2014

Triumph der Mittelmächte

Lukas Grawe, M.A., Jahrgang 1985, Historiker aus Münster.

LiteraturtippsReichsarchiv (Hg.): Der Weltkrieg 1914 bis1918. Bd. 7: Die Operationen des Jahres 1915.Die Ereignisse im Winter und im Frühjahr, Berlin1931, S. 346-444.

Richard L. DiNardo Breakthrough. The Gorlice-Tarnow Campaign 1915, Oxford 2010.

TONANGEBEND: Der Oberbefehlshaber der deutschen

11. Armee, August von Mackensen (vorn), während der

Kämpfe bei Gorlice-Tarnow im Mai 1915. Seinen Truppen

wird wenig später der entscheidende Durchbruch gelingen.

Foto: ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo/Scherl

die Österreicher machen tapfer mit. Ich habesie korpsweise zwischen uns genommen.Die Pickelhaube erfüllt sie mit Zuversicht.“Die in diesem Umfang nicht für möglich ge-haltenen Siege sorgen auch im k.u.k Haupt-quartier für eine äußerst positive Stimmung.

Rückzug der RussenAnders ist die Stimmung im russischenHauptquartier. Trotz der äußerst prekärenLage verbietet die STAWKA einen umfas-senden Rückzug, da man weder Italiennoch Rumänien durch eine Niederlage voneinem Eintritt in den Krieg abschreckenwill. Doch die eilig herangeführten und nurhöchst unzureichend ausgerüsteten Reser-ven werden von den Mittelmächten voll-kommen zerschlagen.

Am 9. Mai überschreitet Mackensens Ar-mee den strategisch wichtigen Lupkow-Pass. Alle westlich davon stehenden russi-schen Verbände sind zurückgedrängt odergefangengenommen worden. Die Ziele derOperation sind damit eindrucksvoll erreicht.

Doch noch immer ist die Lage für die Mittel-mächte derart günstig, dass der taktische Er-folg nun in einen strategischen ausgeweitetwerden soll. Bislang ist es der Armee des rus-sischen Zaren noch nicht gelungen, einewirksame Verteidigungsfront zu organisie-ren. Die zaristischen Truppen werden bis

Mitte Mai um 180 Kilometer zurückge-drängt, die ganze Karpatenfront ist in Auflö-sung begriffen. Rücksichtslos verfolgen diek.u.k. und deutschen Truppen die zurück-weichenden Verteidiger, die beim Rückzugauf den Fluss San alle Dörfer und Verkehrs-wege zerstören.

Rückeroberung GaliziensAnfang Juni erreichen die Soldaten der Mit-telmächte die österreichische Festung Prze-mysl, die erst Ende März 1915 vor den Rus-

sen kapituliert hatte. Zwei Wochen späterfällt auch die galizische Großstadt Lembergwieder in die Hände der k.u.k. Truppen. An-gesichts der katastrophalen Lage ordnet derrussische Oberbefehlshaber, Großfürst Niko-lai Nikolajewitsch, schließlich die vollständi-ge Räumung Russisch-Polens an.

Für die Mittelmächte stellt der Durch-bruch bei Gorlice-Tarnów hingegen den ent-scheidenden Befreiungsschlag an der Ost-front dar.

Fortan ist sowohl das Gebiet der Donau-monarchie als auch des Deutschen Reichesweitgehend sicher vor russischen Invasions-absichten.

„[U]nter Führung des Generalobersten v. Mackensenhaben die verbündeten Truppen gestern nach erbit-

terten Kämpfen die ganze russische Front in Westga-lizien [...] eingedrückt. Die wenigen Teile des Feindes,

die entkommen konnten, sind in schleunigstemRückzug nach Osten, scharf verfolgt von den verbün-deten Truppen. Die Trophäen des Sieges lassen sich

noch nicht annähernd übersehen."Auszug aus dem Deutschen Heeresbericht vom 3. Mai 1915

Page 40: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Beantworten Sie folgende Fragen, die rot umrandeten Felder ergeben das Lösungswort:

Clausewitz

1.Wie hieß der römische Feldherr

(siehe Abb. rechts), der 52 v. Chr.

Vercingetorix und die Gallier in

der Schlacht um Alesia besiegte?

2.Auf welchem Feld fand im Jahre 955

die große Schlacht statt, in der Otto der

Große die Ungarn vernichtend schlug?

3.Bei welchem Ort fand die berühmte Schlacht

zwischen Napoleon und Wellington statt, der das

Gemälde von Lady Elizabeth Butler gewidmet ist?

Foto

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pa4.

Bei welcher Stadt, vor der die Festung

Douaumont liegt, tobte im Ersten Weltkrieg

1916 die blutigste Schlacht an der Westfront?

5.Wie lautet der Nachna-

me des deutschen Gene-

rals und Feldmarschalls,

der auch als „Wüstenfuchs“ be-

kannt wurde (auf dem Bild

rechts zu sehen)?

Einsendeschluss: 16. Mai 2014

40

Frage 1:

Frage 2:

Frage 3:

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Das Lösungswort lautet:

Der große Wissenstest von

Page 41: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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41Clausewitz 3/2014

Page 42: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

42

Schlachten der Weltgeschichte | Höchstädt 1704

Die Schlacht bei Höchstädt 1704

„Völkerschlacht“am Nebelbach13. August 1704: Mit der Schlacht von Höchstädt entbrennt eine der bedeutends-ten und blutigsten Schlachten des „Spanischen Erbfolgekrieges“, in dem zwölfJahre lang um das Mächtegleichgewicht in Europa gerungen wird. Von Eberhard Birk

BERÜHMT: Das Gemälde des nieder-

ländischen Malers Jan van Huchten-

burgh (1647–1733) vermittelt einen

Eindruck vom Ausmaß des Kampfge-

schehens am 13. August 1704.

Abb.: ullstein bild – Imagno

Page 43: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Schon lange vor dem Tod des kinderlo-sen spanischen Königs Karl II. am 1. No-vember 1700 läuft die europäische Diplo-

matie auf Hochtouren. Dies ist angesichts deszu erwartenden „Erbes“ – darunter Spanien,Neapel, Sizilien, Mailand, gewaltige Besitzun-gen in Mittel- und Südamerika sowie die spa-nischen Niederlande – wenig überraschend.

Der französische „Sonnenkönig“ LudwigXIV. und Kaiser Leopold I. sind mit Schwes-tern von Karl II. verheiratet. Aus diesemGrund erheben sie Anspruch auf dessen „Er-be“. Allerdings erfolgt dies nicht offen, son-dern für ihre Verwandten, mit deren Hilfesie ebenfalls ihre politischen Ziele verfolgenkönnen. Gleichwohl droht mit beiden Optio-nen eine europäische Universalmonarchie.

Zwei „salomonische“ Lösungen werdenerwogen: Erstens mit 1698 und 1700 aufge-

setzten Teilungsverträgen; zweitens mit derEinsetzung von Kurprinz Josef Ferdinand,des Sohns des bayerischen Kurfürsten Max II.Emanuel, als alleinigen Erben. Dieser stirbtjedoch bereits 1699 vor Eintreten des Erbfal-les. Damit scheitern die Ambitionen derWittelsbacher.

Französischer Diplomatie zugänglich, istes der letzte Wille Karls II., sein Reich Philippvon Anjou, dem Enkel Ludwigs, zu übereig-nen. Diese Entscheidung ist mit der Auflageverbunden, Spanien nicht mit Frankreich zuvereinen. Dagegen verstößt Ludwig XIV.kurz nach dem Tode Karls II., indem er seineuniversalen Machtambitionen zu erkennengibt.

Gelingt ihm die Vereinigung Frankreichsmit dem „spanischen Erbe“ in Übersee, somuss dies auch dramatische Auswirkungen

auf die machtpolitische Stellung der See-und Handelsmacht England haben. Sofortbildet sich 1701 unter der Führung Englands,geführt vom Oranier Wilhelm III., eine „Gro-ße Allianz“ mit Holland, Habsburg und demReich. Ihr stehen Spanien, Frankreich undBayern gegenüber. Frankreichs militärischeÜberlegenheit in den ersten Jahren des „Spa-nischen Erbfolgekrieges“ (1701–1713/14) istoffensichtlich und bringt die Alliierten in ei-ne schwierige Defensivposition.

Die Gesamtlage der „Großen Allianz“ istim Sommer 1704 mehr als prekär: Französi-sche Verbände in den Spanischen Niederlan-den binden die englisch-holländische Armeeunter dem Kommando von John Churchill,dem 1. Duke of Marlborough. In Süd-deutschland spitzt sich die Lage zu: AmOberrhein steht der französische Marschall

43Clausewitz 3/2014

Alliierte

Befehlshaber: John Churchill, 1. Duke of Marlborough (1650–1722)Prinz Eugen von Savoyen (1636–1736)

Truppenstärke: 32.000 Mann Infanterie20.000 Mann Kavallerie52 Geschütze

Verluste: Circa 12.000 Tote und Verwundete

Franzosen/Bayern

Befehlshaber: Camille d’Hostun Comtede Tallard (1652–1728)Ferdinand de Marsin (1656–1706)Maximilian II. Emanuel (1662–1726)

Truppenstärke: 39.000 Mann Infanterie17.000 Mann Kavallerie90 Geschütze

Verluste: Circa 14.000 Tote und Verwundete; 14.000 Gefangene

Page 44: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Camille d’Hostun Comte de Tallard. Er sollseine Soldaten nach Bayern führen. DessenKurfürst Max II. Emanuel, der für sich dieKönigswürde anstrebt, hat seine Truppen be-reits mit der französischen „Armeé d’Alle-magne“ unter Marschall Ferdinand de Mar-sin vereinigt. Der Präsident des österrei-chischen Hofkriegsrats, Prinz Eugen vonSavoyen, erhält Unglücksbotschaften von al-len Fronten: Am Rhein lassen die kaiserli-chen Truppen die Inbesitznahme mehrererFestungen durch die Franzosen zu. In Un-garn flammt ein Aufstand unter der Leitungdes Fürsten Rákóczi auf; in Italien stößt derfranzösische Marschall Vêndome in Rich-tung Tirol vor.

Folgenreiche SchlachtOffensichtlich ist es nur noch eine Frage derZeit, bis der letzte große kontinentale Gegnerdes „Sonnenkönigs“ seine Waffen streckenmuss. Ein konzentrisch angelegter Marschaller Verbände wäre der „Todesstoß“ für dasHabsburgerreich. Aber der sich abzeichnen-de vollständige Erfolg wird innerhalb weni-ger Wochen zu einem Debakel. Der Feldzugvon 1704 und die Schlacht von Höchstädt –sie ist im englischsprachigen Raum als „TheBattle of Blenheim“ (nach Blindheim, demOrt der französischen Kapitulation) bekannt– verändern das politische Gesicht Europasvon Grund auf.

Die strategische Initiative ist für die Alli-ierten nur durch einen riskanten schnellenMarsch zur Donau zurückzugewinnen.

Mitte Mai beginnt Marlborough seinen Feld-zug. In 45 Tagen bewältigt er die Distanz von600 Kilometern. Seine Truppenzahl wächstdabei durch dazu stoßende Kontingente sei-ner Alliierten immer stärker an.

Hervorragende logistische Dispositionensind die Grundlage des Erfolges: Unterkünf-te, Proviant und Stiefel werden bar bezahlt.Zudem erleichtern 800 requirierte Rhein-schiffe die Versorgung. Für die Gegenseite

ist kaum ersichtlich, wo der Schwerpunktder Operationsführung liegen soll. Erst alsMarlborough bei Wiesloch in ostwärtigerRichtung vom Rhein weg marschiert, ist klar,dass die Donau das Ziel ist.

Am 11. Juni 1704 findet das erste TreffenMarlboroughs mit Prinz Eugen in Mundels-heim am Neckar statt. Dieser Zusammen-kunft folgt ein gemeinsames Treffen mit demMarkgrafen Ludwig Wilhelm von Baden(„Türkenlouis“) am 13. Juni in Großheppach.Als Oberbefehlshaber der Reichsarmee führtdieser badische, hessische, hannoversche,sächsische und preußische Truppen. Ziel istdie Koordinierung des gemeinsamen weiteren

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Schlachten der Weltgeschichte | Höchstädt 1704

OHNE FORTUNE: Marschall Camille d’Hostun Comte de

Tallard muss sich den Truppen der „Großen Allianz“ bei

Höchstädt geschlagen geben. Abb.: picture-alliance/akg-images

Die Schlacht bei Höchstädt (13. August 1704)KARTE

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

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Vorgehens. Prinz Eugen übernimmt freiwil-lig die Aufgabe, mit etwas mehr als 20.000Mann zwischen Mannheim und Rastatt die„Stollhofener Linie“ zu halten, um denHauptkräften der Allianz in Süddeutschlandden Rücken freizuhalten. Marlborough undder Markgraf sollen jedoch gegen die Trup-pen des Kurfürsten und Marschall de Mar-sins vorgehen.

„Einfallstor” DonauwörthDas Einfallstor nach Bayern ist Donau-wörth. Der Besitz der Stadt sichert den Zu-gang zum Kurfürstentum, die Kontrolle derStraßen nach Augsburg und München so-wie die Beherrschung des Donautales. Kur-fürst Max Emanuel hat aber noch Zeit, ei-nen starken Kampfverband zur Verteidi-gung von Donauwörth zu entsenden.Dieser macht sich sogleich an die Befesti-gung des Schellenberges oberhalb der Stadt.Er soll von 14.000 bayerischen Soldaten un-ter dem Kommando von Graf Arco vertei-digt werden.

In den Abendstunden des 2. Juli 1704 er-stürmt Marlborough mit seinen Truppenund jenen des Markgrafen in einer auch für

die bayerische Seite verlustreichen Schlachtden Schellenberg. Der Weg nach „Höch-städt“ – verstanden als Ziel militärischenSchlagens – ist damit frei, zumal sich die ver-bliebenen bayerischen Truppen in RichtungAugsburg zurückziehen.

Im Anschluss daran befiehlt Marlboroughdie systematische Verwüstung des Kurfürs-tentums. Dies ist ein Rückfall in die Zeiten

des Dreißigjährigen Krieges. Der verfolgteZweck dieser Vorgehensweise ist ein (mili-tär-)politischer: Das Auslassen der persönli-chen Besitztümer des Kurfürsten soll die Be-völkerung gegen den eigenen Herrscher mo-bilisieren und ihn – will er nicht die Seitenwechseln – zur Schlacht zwingen, ehe Mar-

schall Tallard seine Truppen vom Oberrheinheranführen und sich der Allianz stellenkann.

TruppenzusammenführungDieser hat in der zwischenzeitlich mit seinerStreitmacht am 1. Juli den Rhein hinter sichgelassen, den Schwarzwald überwunden undam 29. Juli Ulm erreicht. Eugen entschließt

sich daraufhin, mit circa 15.000 Mann in Rich-tung Marlborough zu marschieren – um ge-meinsam die Entscheidung zu erzwingen.

Auf der Gegenseite vereinigt der Kurfürstam 4. August seine Truppen mit jenen Tal-lards vor Augsburg. Er drängt den französi-schen Marschall zu offensiven Operationen,

45Clausewitz 3/2014

Marsch an die Donau

VERBITTERT: Der militärisch geschlagene Marschall

Tallard übergibt seinen Degen an Erbprinz Friedrich

von Hessen-Kassel, Holzstich von Wilhelm Camphau-

sen, um 1855, spätere Kolorierung.

Abb.: picture-alliance/akg-images

„Die Annalen der britischen Armee kennen keine heldenhaftere Episode als Marlboroughs

Marsch von der Nordsee zur Donau.“ Winston Churchill: Geschichte der englischsprachigen Völker

(Originaltitel: A History of the English-Speaking Peoples), Band 3: Das Zeitalter der Revolutionen, Augsburg 1990, S. 59.

Page 46: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

die dieser jedoch ablehnt. Für „seinen“ Feld-zug setzt er auf das strategische Prinzip desAbwartens, auf das Aufrechterhalten derstrategischen Bedrohung Wiens an der Do-naulinie. Immerhin kann der Kurfürst Tal-lard zu einem Vorrücken in Richtung Dillin-gen bewegen. Am 10. August wird die Do-nau bei Lauingen und Dillingen nachNorden überquert und Prinz Eugens Positi-on bedroht.

Am 11. August gelingt schließlich die Zu-sammenführung der Truppen Eugens undMarlboroughs westlich von Donauwörth.

ÜberraschungsangriffDie beiden Feldherren der „Großen Allianz“nutzen den 12. August für die Erkundung.Sie planen nach ihrer Aufklärung den Ansatzihrer Kräfte für die Schlacht. Die Gegenseiteindes trifft Vorbereitungen für den geplantenRuhetag, den 13. August. Trotz der Nähe derAlliierten und der Kenntnis von deren Über-raschungsangriff auf den Schellenberg wal-tet eine gewisse Sorglosigkeit in dem beiHöchstädt bezogenen Lager der franko-bayerischen Armee.

Dass den zusammen mehr als 100.000 Sol-daten beider Seiten aus zahlreichen Länderndes Kontinents eine europäische „Völker-schlacht“ bevorsteht, ahnen nur wenige.Fouragiertrupps ziehen am Morgen des 13. August durch die Dörfer. Es gibt keinerlei

Vorbereitungen für eine eventuelle bewaff-nete Auseinandersetzung.

Sollte es jedoch dazu kommen, ist dieAufstellung der franko-bayerischen Armeezur Schlacht in hohem Maße befriedigend:

Sie erstreckt sich in einem leichten Bogenhinter dem versumpften Nebelbach zwi-schen Lutzingen im Nordwesten und Blind-heim im Südosten, verstärktdurch die befestig-ten OrtschaftenLutzingen(links), Oberglau-heim (Zentrum) undBlindheim (rechts) als „Pfeiler“ der Vertei-digung. Die Lageraufstellung wird der Notgehorchend zur Schlachtaufstellung – eineUmgruppierung der Kräfte im Angesicht desAngriffsbeginns ist unmöglich.

Der Mangel der Aufstellung besteht da-rin, dass es keinen einheitlichen Oberbefehlzur Koordination der Gesamtschlacht gibt.Zudem besitzt die lang ausgestreckte Frontder Kavallerie Tallards zwischen Oberglau-heim und Blindheim nur neun Infanterieba-taillone als Reserve und Tiefe zwischen denbeiden franko-bayerischen Armeen. Marsinund der Kurfürst müssen ihre Schlacht amlinken Flügel, Tallard seine Schlacht am rech-ten Flügel führen.

Um 01.00 Uhr in der Nacht zum 13. Au-gust wird bei den Alliierten zum Angriff ge-blasen. Gegen 03.00 Uhr befinden sich achtMarschkolonnen auf dem Weg zumSchlachtfeld. Sie treffen auf einen unvorbe-reiteten Gegner. Dessen Überraschung istgroß als die Kolonnen Marlboroughs undEugens aus dem Nebel heraus vor TallardsArmee auftauchen: Marlboroughs Truppen,die den linken Flügel der alliierten Formati-on bilden, stehen angriffsbereit vor Tallardund Blindheim.

Dieses Überraschungsmoment geht je-doch verloren: Marlborough muss warten,bis Eugen mit der Einnahme der Ausgangs-stellung am rechten Flügel gegenüber Lut-zingen fertig ist. Diese Zeit wird auf Marlbo-roughs Flügel mit einem Artillerieduell zwi-schen seinen und Tallards Truppen sowieeinem Feldgottesdienst aufseiten der Eng-länder „überbrückt“.

Erst gegen 12.00 Uhr ist die Aufstellungder Alliierten beendet: Beinahe zwei Dritteldes Heeres bilden unter dem Oberbefehl vonMarlborough den linken Flügel, dessen In-fanterie und Kavallerie vier bis teilweise

sechs Treffen stark gestaffelt steht. Dagegenstehen Eugen bei ebenso breiter Front deut-lich geringere Truppenkontingente zur Ver-fügung. Der Abschnitt Eugens sieht den gan-zen Tag über hitzige Gefechte mit wechseln-dem taktischem Erfolg auf beiden Seiten.Eugen selbst hat „nicht eine Schwadron undkein Bataillon, das nicht wenigstens viermalattackierte“ – so der Feldgeistliche Marlbo-roughs in seinem Tagebuch. Dabei nimmtEugen auch auf sich selbst keinerlei Rück-sicht. Er muss von eigenen Kavalleristen miteinigen Säbelhieben davor bewahrt werden,selbst das Leben zu verlieren.

Fataler FührungsfehlerWährend das Schlachtgeschehen zwischenden Truppen Marsins, Max Emanuels undEugens in der Schwebe bleibt, wird der Er-folg letztlich im Schwerpunkt bei den Trup-pen Marlboroughs erzielt. Den ersten Stoßführt die Brigade von John Cutts, der dieFeuereröffnung erst mit dem Erreichen derbefestigten Ortschaft Blindheim erlaubt. Diedaraus resultierenden Verluste sind immens,dennoch folgt ein Angriff dem anderen. Derörtliche französische Kommandeur, Marquis

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Schlachten der Weltgeschichte | Höchstädt 1704

ERFOLGREICH: Prinz Eugen von Savoyen

zählt zu den Siegern der Schlacht von

Höchstädt im Jahre 1704.

Abb.: picture-alliance/akg-images

UNTERLEGEN: Kurfürst Maximilian II. Emanuel

von Bayern muss an der Seite der Franzosen

eine schwere Niederlage einstecken.

Abb.: picture-alliance/akg-images

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47Clausewitz 3/2014

Schwerer Schlag für die Franzosen

de Clérambault, ist davon so beeindruckt,dass er ohne Wissen Tallards bereits die vor-gesehene Reserve in das Kampfgeschehenum Blindheim einbindet – ein schwerer Füh-rungsfehler mit fatalen Folgen. Es handeltsich um die Reserve, die später beim Kaval-leriedurchbruch Marlboroughs fehlen wird.Der Kampf um Blindheim entwickelt sich zueiner Schlacht in der Schlacht.

Im Zentrum ist der Herzog von Holstein-Beck mit seiner Infanterie zum Angriff überden sumpfigen Nebelbach auf Oberglau-heim angetreten. Mit dem Gegenstoß derfranzösischen Infanterie geht die Initiativean die französische Seite über. Zwei Angrif-fe der Kavallerie Marsins drohen das Gleich-gewicht in Marlboroughs Zentrum, das nachdem Hinweis eines ortskundigen Bauern aufeine Übergangsstelle bereits mit großen Tei-len über den Nebelbach übersetzen kann, zukippen. Ein Angriff von Kavalleriekräftender Alliierten gegen die Flanke der französi-schen Kavallerie stabilisiert die Situation.

Gegen 15.00 Uhr tritt eine Art Gefechtspau-se ein. Zu groß ist die Erschöpfung der Sol-daten an diesem heißen Sommertag. Marlbo-rough nutzt die Zeit zur Umgruppierungund zur Vorbereitung einer der größten Ka-vallerieattacken des 18. Jahrhunderts.

Die EntscheidungAm späten Nachmittag des 13. August 1704treten 80 bis 90 Schwadronen, dahinter dieInfanteriebataillone, zur Entscheidung an.Der massierte Durchbruch durch die feindli-chen Linien in den Rücken der französischenTruppen gelingt: Er wird zu einem „Cannaedes Durchbruchs“. Tallards Zentrum wirdzerschlagen, die französische Kavallerie rei-tet auf der Flucht die eigene Infanterie nie-der. Die links und rechts einschwenkendenReiterverbände Marlboroughs bedrohen dieGesamtaufstellung des Gegners. Die Kaval-lerie Tallards flieht in Richtung Höchstädtund Mörslingen.

Ein Halten der äußeren Flügel ist damitunmöglich geworden, die Einkesselung derSoldaten droht: Marsin und der Kurfürstmüssen ihre Truppen zurücknehmen undweichen geordnet über Mörslingen zurück.Blindheim wird von der nachrückenden In-fanterie Marlboroughs eingekesselt. Der ver-wundete Tallard wird von einem hessischenOffizier erkannt, gefangengenommen und

Marlborough vorgeführt. Für viele der fran-zösischen Kavalleristen endet die Flucht inder tödlichen Falle der noch nicht reguliertenDonau mit ihren Auen, Sümpfen und weit-verzweigten Seitenarmen.

Eine Verfolgung durch die Alliierten un-terbleibt: Der Zusammenhang der Schlacht-ordnung ist aufgelöst, die Truppen sind er-neut zu konsolidieren. Die in Blindheim ein-gekesselten starken französischen Kräftekämpfen währenddessen weiter. Ihre Kapi-tulation am späten Abend beschert den Alli-ierten 12.000 bis 14.000 Gefangene. DasSchlachtfeld bleibt mit insgesamt etwa26.000 Toten und Verwundeten bedeckt.Höchstädt ist damit eine der verlustreichstenSchlachten des 18. Jahrhunderts.

Staunend und ungläubig nimmt Europadie Geschehnisse zur Kenntnis: Der Nimbusder Unbesiegbarkeit der französischen Waf-fen ist gebrochen. Höchstädt wird zum Grabder militärischen Reputation der alten fran-zösischen Armee. Die HegemonieaussichtFrankreichs ist erschüttert. Österreich bleibtals Großmacht erhalten, Bayern ist hingegenaus dem „Konzert der Großen“ endgültigausgeschieden.

Zahlreiche Schlachten werden noch fol-gen (zum Beispiel Ramillies und Turin 1706,Malplaquet 1709), bevor im Frieden von Ut-recht 1713 mit der Festschreibung der „Ba-lance of Power“ Großbritannien als eigentli-cher Gewinner des jahrelangen Ringens er-kennbar wird. Mit „Blenheim“ und demzwei Wochen zuvor eroberten „Felsen vonGibraltar“ beginnt der Aufstieg des Inselrei-ches zur Weltmacht.

Dr. Eberhard Birk, Oberregierungsrat und Oberstleut-nant d.R. ist seit 2000 Dozent für Militärgeschichte ander Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck.

Es ist die in der angelsächsischen Militärge-schichte wohl berühmteste Siegesmeldung,die Marlborough am Abend des 13. August1704, nachdem er 17 Stunden im Sattelwar, auf die Rückseite einer Wirtshausrech-nung schreibt und per Eilboten an seineFrau, eine Freundin der englischen KöniginAnne, schickt: „I have not time to say more,

but to beg you will give my duty to theQueen, and let her know Her Army has hada Glorious Victory.“(Übersetzung: „Ich habe keine Zeit, mehr zusagen, aber richte der Königin bitte meineEmpfehlungen aus und lasse sie wissen,dass ihre Armee einen glorreichen Sieg er-fochten hat.“)

Siegesmeldung Marlboroughs HINTERGRUND

LiteraturtippMarcus Junkelmann: Das greulichste Specta-culum. Die Schlacht bei Höchstädt 1704 (=Hef-te zur Bayerischen Geschichte und Kultur, Bd.30), Augsburg 2004.

ATTACKE: Die Kavallerie spielt auf dem Schlachtfeld

am Nebelbach eine bedeutende Rolle.

Abb.: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Page 48: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

versorgen, muss aufgrund der britischenSeeblockade und der Besetzung der Küstevon „Deutsch-Ostafrika“ aufgegeben wer-den. Im April 1917 setzt sich das Reichskolo-nialamt dann für den Einsatz eines Unter-seebootes ein: Versenkungen feindlicherKriegs- und Handelsschiffe in den Küstenge-wässern Ostafrikas sollen den Weg für Hilfs-aktionen per Schiff ebnen. Doch sowohl dieOberste Heeresleitung als auch der Admiral-stab winken ab.

Zustimmung zur ExpeditionDaher greift das Kolonialamt den Vorschlageines ehemaligen Angehörigen der „Schutz-truppe“ in Afrika auf: Prof. Dr. Zupitza, ehe-maliger Oberstabsarzt und 1916 als Gefange-ner ausgetauscht, spricht sich für die Entsen-dung eines Luftschiffes aus. Der Führer derMarine-Luftschiffe, Fregattenkapitän PeterStrasser, lässt sich rasch für eine derartigeExpedition begeistern. Auch Wilhelm II.

zögert nicht lange und gibt sein Einverständ-nis: Unter allen Umständen will der Mo-narch das letzte Stück deutschen Kolonialbe-sitzes erhalten. Nun laufen die Vorbereitun-gen auf Hochtouren. Die Zeit drängt.

Die Marine stellt „L 57“ bereit, das nun ei-gens umgebaut wird. Mit KapitänleutnantLudwig Bockholt wird alsbald ein geeigneterLuftschiffführer gefunden. Dieser hat erst imApril 1917 mit seinem Luftschiff „L 23“ aufhoher See die norwegische Bark „Royal“ auf-gebracht. Dieses wagemutige Manöver – esist dies die einzige Kaperung eines Handels-schiffes durch ein Luftschiff überhaupt –scheint ihn für die riskante Afrikaunterneh-mung zu qualifizieren. Doch Skepsis ist an-gebracht, ist doch im Herbst 1917 die großeZeit der Luftschiffe längst vorbei. Ohne Fra-ge baut das Deutsche Reich zu diesem Zeit-punkt die besten Starrluftschiffe der Welt.Doch gegen feindliche Jagdflugzeuge sindZeppeline ohne große Chance. Aber Unheil

48

Militär & Technik | Luftschiff „L 59“

Seit 1914 kämpfen die deutschen Koloni-altruppen im Osten Afrikas gegen einegewaltige feindliche Übermacht. Die

Soldaten in den übrigen deutschen Schutz-gebieten und Kolonien in Afrika und in derSüdsee, fern der Heimat und daher ohne nen-nenswerte Unterstützung, haben längst dieWaffen niedergelegt.

Doch in „Deutsch-Ostafrika“ leistenKommandeur Paul von Lettow-Vorbeck undseine Soldaten mithilfe afrikanischer Einhei-ten, den Askari, hinhaltenden Widerstand.

Afrika ist ein Nebenkriegsschauplatz undnur dem ständigen Drängen des Reichskolo-nialamtes ist es zu verdanken, dass sich dieMarine überhaupt mit möglichen Hilfsak-

tionen für Lettow-Vorbeck beschäftigt. In den Jahren 1915 und 1916 bringt

allerdings jeweils nur ein FrachterNachschub. Der Plan, die Schutztruppe

über den Seeweg dauerhaft mit größe-ren Mengen an Waffen und Munition zu

Luftschiff „L 59“

Die „Afrikafahrt“ desLuftschiffs „L 59“Herbst 1917: Unter strengster Geheimhaltung laufen im Deutschen Reich die Vorberei-tungen für eine waghalsige Unternehmung: Ein Luftschiff soll Waffen und Munition nach„Deutsch-Ostafrika“ transportieren. Von Joachim Schröder

Page 49: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

droht noch von ganz anderer Seite. Denn zu-nächst beendet jäh ein Gewitter alle Hoff-nungen: Am 7. Oktober 1917 gerät „L 57“ aufdem Gelände des Truppenübungsplatzes Jü-terbog bei Berlin nach einer Probefahrt inheftige Turbulenzen, hat schnell Bodenkon-takt und wird ein Raub der Flammen. Im-merhin kann sich die Besatzung retten. Pech?Unvermögen des Kapitäns? Eine Gewitter-warnung hatte dieser sträflich vernachläs-sigt. Einen größeren Rückschlag kann mansich gar nicht vorstellen, zumal „L 57“ be-reits die gesamte Ausrüstung für Afrika ge-laden hatte. Und doch wird schnell Ersatzgefunden: Das in Bau befindliche „LZ 104“/„L 59“. Der in der Kritik stehende Kapitänbehält das Kommando.

Beginn der „Afrikafahrt”Nach seinem Umbau wird „L 59“ in das bul-garische Jambol (Jamboli), der südlichstenLuftschiffbasis der Mittelmächte, überführt.Dort befindet sich eine große Luftschiffhalleund entsprechende Ausrüstung. Doch auchdieser Zeppelin ist vom Pech verfolgt. Zu-nächst verhindert mehrfach schlechtes Wet-ter einen Aufstieg, am 16. November wirddie Außenhülle durch ein Gewitter und hef-tige Regengüsse in Mitleidenschaft gezogen,bevor „L 59“ in niedriger Höhe dann sogarvon türkischen Einheiten beschossen wird –offenbar eine Folge der strikten Geheimhal-tung. Auch diese Fahrt muss abgebrochenwerden. Da Jambol über ein Gaswerk ver-fügt, ist die Herstellung von Wasserstoff un-problematisch. Die Nachfüllung der Gaszel-len kann rasch erfolgen.

Am 21. November 1917 beginnt „L 59“schließlich die „Afrikafahrt“. Genaues Zielist das kaum zugängliche Makonde-Plateauöstlich von Kitangari, ganz im Süden der

49Clausewitz 3/2014

GEWALTIGE AUSMAßE: Luftschiff „L 59“ über einem Flugfeld mit

Haltemannschaft am Boden. Foto: picture-alliance/WZ-Bilddienst

Die „Afrikafahrt” von „L 59”, 1917KARTE

Gestaltung: KGS Kartographie und Grafik Schlaich

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Militär & Technik | Luftschiff „L 59“

Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ unweit derGrenze zu „Portugiesisch-Ostafrika“, demheutigen Mosambik. Dort werden die Trup-pen Lettow-Vorbecks vermutet. Funkkon-takt besteht allerdings nicht mehr. Es ist eineFahrt ins Ungewisse.

Über feindlichem GebietVon Bulgarien aus führt die Fahrt zunächstüber Kleinasien Richtung Smyrna (Izmir),bevor „L 59“ unter Begleitschutz deutscherFlieger das Mittelmeer überquert. Doch dieauf Lesbos und Chios stationierten engli-schen Flugzeuge lassen sich nicht blicken.Am 22. November gegen 05.00 Uhr werdendas afrikanische Festland und die libyscheWüste erreicht. Nun ist das Luftschiff alleinunterwegs. Eine unglaublich lange Fahrtüber feindlichem Gebiet liegt vor der Besat-zung. Zur Abwehr möglicher Angriffe ver-fügt „L 59“ über keinerlei Bewaffnung. So istzugunsten eines größeren Frachtvolumensbewusst auf die Einrichtung eines MG-Stands auf der Bugplattform verzichtet wor-den. Doch weit und breit sind keine Flugzeu-ge in Sicht. Ist der Gegner ahnungslos oderkann er die „Zigarre“ lediglich nicht finden?Oder wollen die Engländer den Zeppelin ineine Falle locken, zum Niedergehen zwin-gen und für eigene Zwecke nutzen? Als Vor-

sichtsmaßnahme sollen jedenfalls Ortschaf-ten umfahren werden.

Eine Rückkehr für „L 59“ ist nicht geplant.Am Ziel angekommen, soll der gesamte Zep-pelin ausgeschlachtet werden. Fast alle Ma-terialien kann die Schutztruppe gut verwen-den: Die Außenhülle für die Anfertigungvon Zelten und Tropenanzügen, das Außen-gerüst aus Duraluminium für einen Funk-turm und die Motoren sollen die mitgeführ-te Funkstation antreiben. Dazu kommt die

tonnenschwere Ladung, die vor allem ausMunition, Gewehren und Maschinengeweh-ren, Medikamenten, Fernrohren und Busch-messern besteht. Die Besatzung soll sich Let-tow-Vorbecks Truppen anschließen.

Abenteuerlich mutet allerdings der Planan, wie sich das Zusammentreffen mit dendeutschen Truppen und die Landung gestal-ten sollen. In der Annahme, dass die Deut-schen den sich nähernden Zeppelin schonbemerken werden, hat sich ein Besatzungs-mitglied, Feldwebelleutnant Grußendorff,bereit erklärt, mit dem Fallschirm abzusprin-gen und die erforderlichen Vorbereitungenfür die Landung zu treffen.

Enorme BelastungenDoch das alles liegt noch in weiter Ferne – imwahrsten Sinne des Wortes. Westlich desNils führt die Route gen Süden. Die Fahrthö-he beträgt zwischen 1.000 und 1.500 Meter.Nach und nach passiert „L 59“ die Oasen Si-wa, Farafra und am späten Nachmittag des22. November die Oase Dachel. Die Oasenstellen eine willkommene Abwechslung inder eintönigen Wüstenlandschaft dar. DieBelastungen der Besatzung sind enorm: Imständigen, vierstündigen Wechsel vollziehensich Wache und Freizeit. Die starken Tempe-raturschwankungen bleiben nicht ohne Fol-gen. Im Vergleich zu den zweistelligen Mi-nustemperaturen über Kleinasien herrschennun andere Verhältnisse: Bockholt beklagt

DER KOMMANDANT: Kapitänleutnant Lud-

wig Bockholt (1885–1918) ist vom 3. No-

vember 1917 bis 7. April 1918 Kommandant

des LZ 104/„L 59“. Er stirbt mit seiner Be-

satzung beim Absturz von „L 59“ bei einer

Angriffsfahrt auf Malta über der Straße von

Otranto. Foto: Sammlung John Provan

Datum: 21.–25. November 1917Strecke: 6.756,9 km, Jambol – Khartumund zurück; mittlere Geschwindigkeit: 71,1km/hLadung: Medikamente und Sanitätsmateri-al (2,6 t), 30 Maschinengewehre 08/15 mit

230 MG-Gurten und neun Reserveläufen,vier Infanteriegewehre 98, insgesamt circa387.900 Patronen; Post, Fernrohre, Busch-messer; zusätzlich Trinkwasser und Provi-ant, Treibstoff für die Motoren (21,7 t), Mo-torenöl (1,525 t), Wasserballast (9,160 t).

Die Rekordfahrt von „L 59“HINTERGRUND

ZEITGENÖSSISCH: „Askarikom-

pagnie in Deutsch-Ostafrika”,

Farbruck nach Aquarell.

Abb.: picture-alliance/akg-images

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51Clausewitz 3/2014

Abenteuerlicher Plan

ge. Bestätigen kann Bockholt den Befehl frei-lich nicht: Nach dem Ausfall eines Motorskonnte die Sendeanlage nicht mehr in Be-trieb genommen werden. Lediglich derEmpfang funktioniert noch. Um 2.50 Uhr je-denfalls kehrt „L 59“ um.

RückrufbefehlÜber den Sinn des Rückrufbefehls ist vieldiskutiert worden. Die deutschen Komman-dostellen bezogen sich bei ihrer Lageein-schätzung notgedrungen auf britische Nach-richten, da der Kontakt zur Kolonie längstgekappt war. Der deutsche Admiralstabfolgte augenscheinlich einem Rat des Reichs-kolonialamtes. „L 59“ hätte das anvisierteZiel, das Makonde-Hochland, frühestens am25. November erreicht. Genau an diesem Tage aber überschritt Lettow-Vorbeck mitseinen Verbänden den Grenzfluss von„Deutsch-Ostafrika“, den Rovuma, um sich

wo sich der „Blaue“ und der„Weiße Nil“ vereinen. Über dieHälfte der Strecke ist geschafft,3.500 Kilometer sind absolviert.Doch plötzlich, in der Nachtvom 22. auf den 23. November,erreicht die Besatzung eineHiobsbotschaft über die Groß-funkstelle Nauen (bei Berlin):

„Unternehmung abbrechen,zurückkehren. Fein(d) hat be-setzt größten Teil MakondeHochlands, steht bereits bei Kit-angari, Portugiese angreift von

Süden Rest Schutztruppe.“ Nauen hatte diese Nachricht bereits

mehrfach gefunkt. Da „L 59“ wegen einesGewitters jedoch die Antennen eingeholthatte, erreichte dieser Funkspruch das deut-sche Luftschiff erst am 23. November. Bock-holt zögert nicht und leistet dem Befehl Fol-

„L 59“TECHNISCHE DATEN

Kennung LZ (= Luftschiff Zeppelin) 104Länge 226,50 MeterBreite 23,90 Meter

Volumen 68.500 m3

Traggaszellen 16Besatzung 22 Mann

Antrieb fünf 240-PS-Maybach-MotorenPropeller vier Jaray-Holzpropeller

Eigengeschwindigkeit 28,6 m/sekHöchstgeschwindigkeit ca. 103 km/h

statische Steighöhe 6.600 mLeergewicht 27.594 kg

Nutzlast/Tragevermögen 52.000 kg Gesamttragkraft 79.594 kg

absolvierte Gesamtfahrtstrecke

24.882 km

sich später über eine permanente „Treib-haustemperatur von 28 Grad“ im Laufgang.Kreislaufprobleme und Fieberanfälle stellensich ein. Dazu kommt die Aufregung: Wirdes gelingen, Lettow-Vorbeck zu finden? Im-merhin fällt die Verpflegung üppig aus; einProblem ist allerdings der stark begrenzteVorrat an Trinkwasser. Nur 14 Liter stehenpro Mann zur Verfügung! Dies ist umsoschlimmer, weil die mitgenommenen Spezi-alkonserven stark gesalzen sind und zudemVerdauungsprobleme hervorrufen. Gravie-rend ist auch ein weiteres Problem: Derdurch die klimatischen Bedingungen verur-sachte Verlust an Traggas. Mehrfach wirdBallastwasser in großer Menge abgelassen.Schließlich werden sogar einige der für Let-tow-Vorbeck bestimmten Säcke mit Arznei-mitteln abgeworfen, um den Verlust an Hö-he auszugleichen.

Dann erreicht „L 59“ den Nil und die Ge-gend von Wadi Halfa im Nordsudan. Weiterverläuft die Fahrt nun östlich des Nils, bevordann bei Neu-Dongola (Dunqula) erneut derNil gekreuzt wird. Bald befindet sich derZeppelin westlich von Khartum im Sudan,

AUF DEM WEG NACH AFRIKA: Letzter Blick auf die Führergondel des Luftschiffes „L 59“.

Gut zu erkennen sind das Prallkissen unter der Gondel und die Haltegriffe für die Boden-

mannschaften. Foto: Sammlung John Provan

AUFWÄNDIG: Aushallen

von „L 59“ aus der Luft-

schiffdoppelhalle in Ber-

lin-Staaken zur Überfüh-

rungsfahrt nach Jambol.

Foto: Sammlung John Prova

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Militär & Technik | Luftschiff „L 59“

in „Portugiesisch-Ostafrika“ von den briti-schen Verfolgern zu lösen. Lettow-Vorbeck,der seinerzeit nichts von der Luftschiffunter-nehmung gewusst hatte, äußerte nach demKrieg die Ansicht, dass „L 59“ ohnehin vierWochen zu spät gestartet sei. Es hätte übri-gens nicht viel gefehlt und der Zeppelin wäreerst gar nicht zur Expedition aufgebrochen.Bereits am 21. November erging von Berlinaus der Befehl, die Abfahrt zu stoppen, dochda befand sich „L 59“ bereits in der Luft. DerVersuch, das Luftschiff von Jambol aus überFunk zu verständigen, scheiterte. Erst diewiederholte Ausstrahlung des Befehls überdie Großfunkstelle Nauen erreichte „L 59“.

Besondere LeistungEs dürfte zudem feststehen, dass den Britendie Fahrt des Zeppelins nicht entgangen war.Dafür sorgten schon die wiederholten Funk-sprüche an „L 59“ und die Sichtung des Zep-pelins durch Wüstenbewohner. Es sprichtdeshalb einiges dafür, dass „L 59“ im Kriegs-gebiet über „Deutsch-Ostafrika“ abgeschos-sen worden wäre.

In den Nachtstunden des 24. November1917 erreicht „L 59“ bei der Bucht von Sol-lum die Mittelmeerküste. Nach einer Fahrtquer über das östliche Mittelmeer und Klein-

asien landet das Luftschiff einen Tag späterwieder in Jambol, Bulgarien.

Genau vier Tage war „L 59“ unterwegsund hat eine Strecke von 6.757 Kilometernohne Zwischenstopp zurückgelegt. Einetechnische und menschliche Meisterleistung.Öffentliche Lorbeeren ernten die Luftschifferjedoch nicht, da die militärischen Stellen ei-ne Nachrichtensperre verhängen.

Tragisches EndeStattdessen startet „L 59“, inzwischen nachlängerem Aufenthalt in Deutschland umge-rüstet, im Jahre 1918 von Jambol aus zu ver-schiedenen Angriffsfahrten. Kommandantist weiterhin Kapitänleutnant Bockholt.Blankes Entsetzen in Italien ruft „L 59“ her-vor, als es am 11. März 1918 kurz nach Mit-ternacht Neapel und das benachbarte Bagno-li angreift. Aus großer Höhe wirft der Zeppe-lin seine Bombenlast von 6.400 Kilogrammauf Häfen und Industrieanlagen der nichtverdunkelten Ziele. Spreng- und Brandbom-ben entfalten ihre verheerende Wirkung. 16Tote und dutzende Verwundete kostet derAngriff, der auf keinerlei feindliche Abwehrstößt.

Am 20. März führt Bockholt sein Luft-schiff erneut nach Afrika, dieses Mal zu einerAngriffsfahrt gegen Port Said am Suezkanal.Wieder soll der Angriff im Schutz der Nachterfolgen. Da eine dichte Wolkendecke einekorrekte Navigation verhindert, nähert sich„L 59“ erst gegen 5.00 Uhr seinem Ziel. An-gesichts der nun möglichen britischen Ab-wehr bricht Bockholt den Angriff ab undkehrt zurück.

Das nächste Angriffsziel, die englischeFlottenbasis auf Malta, erreicht „L 59“ jedochnicht mehr: Nach einer Anfahrt über denSkutarisee und Montenegro entgeht derZeppelin in den Abendstunden des 7. April1918 über der Straße von Otranto zunächstnur knapp dem deutschen Unterseeboot SMU 53. Dessen Kommandant, Oberleutnantzur See Sprenger, hat Schwierigkeiten, „L 59“eindeutig als deutsches Luftschiff zu identi-fizieren. Erst in allerletzter Sekunde verbie-tet Sprenger Geschütz- und MG-Feuer auf „L59“, das in nur 200 Höhe U 53 passiert. We-nig später stürzt „L 59“ dennoch brennendins Meer. Ursache ist wahrscheinlich eintechnischer Defekt. Als U 53 endlich die Ab-sturzstelle erreicht, findet sich keine Spurmehr von der Besatzung.

Dr. Joachim Schröder, Jg. 1968, studierte Latein, Ge-schichte und Erziehungswissenschaften und promo-vierte 1999 zum Dr. phil. Zu seinen Themenschwer-punkten als Autor zählen die deutsche Marine- undKolonialgeschichte.

Literaturtipp

Johannes Goebel: Afrika zu unseren Füßen. Let-tow-Vorbeck entgegen und andere geheimnis-volle Luftschiffahrten, Berlin 1925 (antiqua-risch).

VEREWIGT: Porträt von Paul von Lettow-

Vorbeck auf einem Notgeldschein, frühe

1920er-Jahre. Abb.: picture-alliance/akg-images

HALTEMANNSCHAFTEN:Kurz vor dem Aufstieg

von „L 59“ in Jambol.

Kommandos werden vom

Dienstgrad im Vorder-

grund über den Matrosen

mit einer „Flüstertüte“

gegeben.

Foto: Sammlung John Provan

Page 53: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Page 54: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Militärtechnik im Detail

Im Jahr 1940 haben die Vereinigten Staateneine Ausschreibung für einen dreiachsi-

gen Lkw mit einer gewünschten Ladekapa-zität von 2.300 kg veröffentlicht.

Neben der Beförderung von Truppen,Munition, Treibstoff, Nahrungsmitteln, Was-ser und Kriegsgefangenen, sollten die Fahr-zeuge ebenso als Waffenplattformen, Werk-stattwagen, Feldküchen, OP-Räume undFunkstationen dienen. Die beteiligten Her-stellerfirmen lieferten mehr als 800.000 6x6er,die man Deuce-and-a-Half, was wörtlichübersetzt „Zweieinhalber“ bedeutet, nannte.Die meisten von Studebaker und REO pro-duzierten Lkw gingen in die Sowjetunion.Im Pazifik dagegen lernten U.S. Marines dievon International Harvester produzierten„Zweieinhalbtonner“ aufgrund ihrer Off-Road-Leistungen bei zahlreichen Landungs-unternehmen zu schätzen.

Doch der Großteil – 562.750 Fahrzeuge –wurden von General Motors geliefert. Beim

Sturm durch Europa nach dem D-Day undder Invasion waren die amerikanische Ersteund Dritte Armee auf ein „Red-Ball-Ex-press“ genanntes Konvoi-System angewie-sen, das von GMC „Jimmys“ (ein weitererKosename für diesen erfolgreichen Lkw)aufrechterhalten wurde. „Red-Ball-Express“deshalb, da es sich hierbei um einen Slang-Ausdruck für Güter mit hoher Priorität han-delte. Mit diesem Konvoi-System verbandman die Depots in der Normandie mit denvorgeschobenen Versorgungs-depots hinter der stetig vorrü-ckenden Frontlinie. Vom Augustbis zum November 1944 beför-derten die überwiegend afroame-rikanischen „Red-Ball-Express-Fahrer“ mehr als 400.000 Tonnenan Versorgungsgütern.

„Allrad-Power“

Amerikas GMC 2,5 Tonnen 6x6 Allrad-Lkw

Ganz schön durstig!Für Fünf-Gallonen-Kanister (ca. 18,9 Liter) fand sich an allenmöglichen Ecken ein Plätzchen, umdie rund 490 Kilometer Reichweite, die der eingebaute 40-Gallonen-Tank (ca. 150 Liter) garantierte, zusteigern.

Der Motor, das HerzstückDer 6-Zylinder-Motor leistete 92 PS underreichte dabei gute 72 Stundenkilome-ter. Wenn Besatzungen sich am GMC(erlaubt oder auch unerlaubt) zu schaffenmachten, dann waren auch schon mal gut95 Stundenkilometer Spitze möglich.

Die Winde, einfach unersetzlichEine an der Stoßstange montierte 4,5-Tonnen-Winde half Fahrer und Beifahrerihren Lkw oder andere Lkw zu bergen,wenn man festsaß, oder eine Böschung zuüberwinden war.

„Achsenwahl“Die Besatzungen konnten dieFrontachse oder die Hinterach-sen oder alle drei Achsengleichzeitig einsetzen. Einige„Jimmys“ allerdings hattenlediglich Hinterachsantrieb.

Ein „Red-

Ball-Express-

Lkw“ kämpft

sich durch

Schlamm. Die Kon-

voi-Crews verbrauchten

jeden Tag gut 1,1 Mil-

lionen Liter Treibstoff,

nutzten jeden Tag rund

5.000 Reifen ab und

vernichteten jeden Tag

gut 70 GMC „Jimmys“.

Foto: National Archives

Illustration: Jim Laurier

Page 55: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

BasiszutatenDer typische 6x6-Allradtruck hatte mit fünfRippen verstärkte stählerne Seitenbord-wände und Segeltuchabdeckung überSpriegeln. Um Metall und knappen Schiffs-transportraum zu sparen, wurden stählerneLadeflächen durch Holz- oder Holz-Stahl-Konstruktionen sowie Stahlführerhäuserdurch segeltuchüberdeckte Kabinen ersetzt.

Das steckt hinter „CCKW“Die meisten „Red-Ball-Konvois“ verwendeten dieGMC-CCKW-353-Variante, die hier abgebildet ist:C steht für einen Fahrzeugentwurf von 1941, C steht für ein konventionelles Stahlführerhaus, K steht für Allradantrieb und W steht für eineTandem-Hinterachse. Der gezeigte Truck verfügtüber langen Radstand und wiegt leer 5.050 kg.

Wirklich hochhackigGroße Bodenfreiheit ermöglichte es den„Jimmys“, durch gut 70 Zentimeter tiefesWasser zu fahren. Wenn man Auspuff undVergaser mit Schnorcheln versah, dannwaren auch fast 1,5 Meter Wassertiefekein Problem.

55Clausewitz 3/2014

Der deutsche Opel Blitz6 Zylinder, 75-PS-Motor, 4x2 oder 4x4Allradantrieb, Leergewicht: 2.495 kg, Nutzlast:3.305 kg, Besatzung: 2 MannSeine Vielseitigkeit sollte das Rückgrat derLogistikleistungen für den deutschen Blitzkrieg inder Anfangsphase des Zweiten Weltkriegsdarstellen. Produziert wurden zwischen 82.000und 130.000 Stück

Der japanische Typ 976 Zylinder, 52 PS, 4x2 Antrieb, Leergewicht: rund 2.800 kg, Nutzlast: circa 1.400 kg, Besatzung: 2 MannDer Typ 97, der ähnlich vielfältig wie seineinternationalen Pendants eingesetzt wurde, wurdevon Isuzu und Toyota gebaut. Genaue Produktions-zahlen sind nicht bekannt.

In dieser Serie bereits erschienen:Kampfpanzer Sherman M4 (2/2013)Flugzeugträger Independent-Klasse (3/2013)Deutsches Schnellboot Typ S-100 (3/2013)Maschinengewehr (MG)42 (4/2013)Amerikanische Haubitze M2A1 (5/2013)Fairey Swordfish (6/2013)

Russischer T-34/76 Kampfpanzer (1/2014)Japanischer A6M Zero Jäger (1/2014)Heinkel He 111 (2/2014)Amerikanischer GMC 6x6 Lastwagen (3/2014)

Demnächst:Kleinst-U-Boot „Seehund“ (Typ 127)

Der französische Laffly S154 Zylinder, 55-PS-Motor, 6x6 Allradantrieb,Leergewicht: rund 2.800 kg, Nutzlast: 800 kg,Besatzung: 2 MannAuf dem gleichen Fahrgestell und mit dem glei-chen Antriebsstrang wurde der Laffly eingesetztals Artilleriezugmaschine, Ambulanzfahrzeug,Truppentransporter, Abschleppfahrzeug undPanzerjäger. Produktion: 45.000 Stück

Der britische Bedford QL6 Zylinder, 72-PS-Motor, 4x4 Allradantrieb.Leergewicht: 7.130 kg, Nutzlast: rund 2.800 kg,Besatzung: 1 MannDer Variantenreichtum bzw. die Einsatzvielfaltreichten beim Bedford vom mobilen Büro überFeuerwehrfahrzeug, Funkkraftwagen, Selbst-fahrlafette für Luftabwehrgeschütze, Artilleriezug-maschine bis hin zum Abschleppwagen. Produk-tion: 52.000 Stück

DIE KONKURRENTEN:

Page 56: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Transporthubschrauber Sikorsky der Varian-te H-34G ausgestattet. Damit steht der jun-gen deutschen Armee ein ausgereiftes undrobustes Luftfahrzeug zur Verfügung, dassich bereits in großen Stückzahlen bei derU.S. Army bewährt hat.

US-Produkt für die BRDInsgesamt 145 Helikopter dieses Typs wer-den bei der Bundeswehr eingesetzt. Gebautist die H-34 in klassischer Haupt-Heckrotor-

konfiguration. Der Rumpf entsteht in Ganz-metall-Halbschalenbauweise. Zwischen Cock-pit und Laderaum befindet sich – durch einBrandschott abgetrennt – der luftgekühlteNeunzylinder-Sternmotor Wright R-1820-84Dunter einer kuppelförmigen Verkleidung. Erist nach hinten oben geneigt eingebaut. DieKraftübertragung findet über eine Fernwel-le mit hydraulischer Kupplung sowie einHauptgetriebe mit Wirkung auf den Haupt-rotor und die Nebenantriebe statt. Mit einer

56

Militär und Technik | Marinehubschrauber

Trotz jahrzehntelangen Forschens stehenzuverlässige und praxistaugliche Hub-schrauber erst ab Mitte der 1940er-Jah-

re zur Verfügung. Nach dem Zweiten Welt-krieg kommt die Entwicklung der Helikop-ter rasant in Fahrt, und als die beidendeutschen Staaten ihre Streitkräfte ins Lebenrufen, gehören die Drehflügler zwischenzeit-lich zur Standardausrüstung. Unmittelbarnach Gründung der Bundeswehr werden zu-nächst die Heeresflieger mit dem mittleren

Sikorsky H-34G versus Mil Mi-4

„Multitalente“der Marineflieger1950er: Zwei deutsche Staaten, zwei deutsche Armeen – und zwei Hubschrauber-Model-le: Nach Gründung der Bundeswehr kommt bei den Marinefliegern die H-34Gzum Einsatz, die Volksmarine setzt auf den Mil Mi-4. Von Dieter Flohr und Ulf Kaack

ROBUSTER RETTER:Die Sikorsky H34G der

Bundesmarine wird oft

für SAR-Missionen

verwendet.

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Page 57: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Besatzung von zwei Mann können 16 Passa-giere und im Sanitätsdiensteinsatz acht biszwölf Verwundete auf Tragen oder auch1.350 kg Fracht befördert werden. Die Steu-erorgane in der Kanzel sind doppelt ausge-führt und können vom Piloten und Co-Pilo-ten bedient werden.

UdSSR-Ware für die DDRAuch in der Nationalen Volksarmee (NVA),die parallel zur Bundeswehr gegründetwird, kommen fast von Beginn an Helikop-ter zum Einsatz. Als Mitglied des Warschau-er Paktes greifen die Militärs in der DDR aufeinen Typ aus sowjetischer Fertigung zu-rück: die Mil Mi-4. Im „Ostblock“ haben dieVerantwortlichen ebenfalls den hohen Nutz-und Kampfwert von Helikoptern erkanntund 1948 die nach ihrem Konstrukteur Mi-chail Leontjewitsch Mil benannte „MoskauerHubschrauber Fabrik M. L. Mil“ in Kasan insLeben gerufen. Im Oktober 1951 beginnendort die Entwicklungsarbeiten am mittlerenTransporthubschrauber Mi-4, der im Mai1952 seinen Erstflug absolviert. Der findetnoch mit dem ursprünglichen 1.000 PS star-ken Schwezow-ASch-62 IR-Sternmotor statt.Bei Anlauf der Serienproduktion 1953 kommtjedoch ein Schwezow-ASch-82W-Sternmotormit 1.694 PS Leistung zum Einbau. Die NVA

57Clausewitz 3/2014

Symbolcharakter erlangt die Sikorsky H-34bei ihren Einsätzen während der HamburgerFlutkatastrophe im Februar 1962. Pausen-los sind die Hubschrauber in der Luft, umMenschen von den Dächern ihrer Häuser zubergen und Hilfsgüter sowie Sandsäcke zurDeichsicherung zu transportieren. Seiner-zeit sind, neben den H-34 der Marine- undHeeresflieger, auch Einheiten des Typs derin Deutschland stationierten US-Streitkräfte,

sowie die Marineflieger mit ihren Bristol B 171 Sycamore, in die Hilfsaktion einge-bunden. Dabei absolvieren 96 Hubschrau-ber und Flugzeuge 2.945 Einsätze, bei de-nen 1.117 Menschen aus Lebensgefahr be-freit und 1.234 Tonnen Hilfsgüter in dasKatastrophengebiet transportiert werden. Inharten Wintern mit Eisgang fliegen die Sikor-sky H-34G außerdem Versorgungsflüge zuden Ostfriesischen Inseln.

Humanitäre EinsätzeHINTERGRUND

ZIVILE EINSÄTZE:H-34G der Bundeswehr

fliegen zahlreiche

Rettungs-, Hilfs- und

Versorgungsmissionen.

SOWJETISCHER SERIENHELIKOPTER:Die Mi-4 wird in der DDR nicht nur für

militärische Zwecke eingesetzt. Sie

hilft auch beim Bau von Bahnstrecken!

Page 58: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

erhält ab 1957 48 Mi-4, wovon zwei späterder Interflug übergeben werden. Die Flugge-sellschaft nutzt sie zu ersten Kranflügen, diespäter rasant ausgebaut werden.

Humanitäre AufgabenDie Marineflieger der Bundeswehr erhaltenab April 1963 insgesamt 27 Hubschraubervom Typ Sikorsky H-34G. Dabei handelt essich ausschließlich um die Version G-III mitSonderausstattung für Einsätze über See, dieunter anderem über eine Rettungswindeüber der seitlichen Einstiegstür sowie eineNotschwimmeranlage verfügen. Ihre vor-nehmliche Aufgabe ist neben der Seeraum-überwachung die Wahrnehmung des See-notrettungsdienstes. Gemäß der IMO-Kon-vention (IMO = International Maritime Orga-nisation) SOLAS, die den maritimen Such-und Rettungsdienst auf See regelt, besteht diestaatliche Verpflichtung zur Bereitstellungentsprechender Rettungsmittel bei Seenotfäl-len. Diese Aufgabe hat das Bundesverkehrs-ministerium der Deutschen Gesellschaft zurRettung Schiffbrüchiger übertragen, die wie-derum im Einsatzfall auf wertvolle Luftun-terstützung durch die Marineflieger zählenkann. Unter dem internationalen Begriff SAR(Search and Rescue = Suche und Rettung aufSee) sind die H-34G-III beim am 5. Oktober1963 gegründeten MFG 5 in Kiel-Holtenau

stationiert. Außenstellen werden in Nordholzsowie auf den Inseln Borkum, Sylt und Hel-goland unterhalten. Leit- und Koordinie-rungsstelle für die Luftretter bei zivilen undmilitärischen Luft- und Seenotfällen ist dasRCC Glücksburg.

„Tagsüber wurden die Hubschrauber inständiger Alarmbereitschaft gehalten, diediensthabenden Besatzungen trugen in die-ser Zeit ihre orangefarbene Seefliegerkombi-nation“, erklärt Dr. Anja Dörfer. „Die Sikor-sky war nicht nachtbergetauglich und beiSturm ab einer Windstärke von 8 Beaufortmussten die Maschinen am Boden bleiben. BeiSucheinsätzen über See war die H-34G-IIIein effektives Einsatzmittel in Zusammenar-beit mit den schwimmenden Rettungsein-

heiten. Aufgrund ihrer hohen Geschwindig-keit und des deutlich größeren Sichtfeldeskonnten sie Havaristen, Rettungsinseln undim Wasser treibende Personen in der Regeldeutlich früher ausmachen.“

Bei Seenotfällen besteht ihre Aufgabe vorallem im Abbergen von Personen, wenn einLängsseitsgehen von Seenotkreuzern am Ha-varisten nicht möglich ist. Auch können sieRettungskräfte – Notärzte, Feuerwehrmänner,Bergungspersonal – aus der Luft absetzen.Hierbei kommt eine Rettungswinde zum Ein-satz, die außen über der Luke an der rechtenRumpfseite angebracht ist. Gewinscht wirdmit Rettungsschlingen, -tragen und -körben.Bei akutem Bedarf fliegen die H-34G-III au-ßerdem Krankentransporte von den Inselnund den sich auf See befindlichen Schiffen.

NVA: Fokus SeeaufklärungAm 4. November 1960 findet auf dem Greifs-walder Bodden ein feierlicher Flottenappellstatt, bei dem die Seestreitkräfte der NVAanlässlich des 42. Jahrestages des Matrosen-aufstandes in der Kaiserlichen Hochseeflot-te in Kiel den Namen Volksmarine erhalten.Als sich die rund 35 Kampfschiffe zu einemVorbeimarsch formieren, tauchen drei Hub-schrauber des Typs Mi-4 am Himmel auf.Symbolisch stellen sie die kommende Luft-komponente der jungen Flotte dar. Tatsäch-lich sind sie aber nur bei den DDR-Luftstreit-kräften ausgeliehen.

Das heeresdominierte Verteidigungsmi-nisterium in Strausberg streicht zunächst

Militär und Technik | Marinehubschrauber

Von 1953 bis 1969 werden rund 3.500 Mi-4in diversen Ausführungen in den Mil-Werkenim russischen Kasan an der Wolga gebaut.Weitere 545 Einheiten stellt China von1958 bis 1980 in Lizenz her. Die Mi-4kommt in zahlreichen Ländern der sowjeti-schen Bündnispartner zum Einsatz. Bei derNATO erhält sie den Code Type 36 und dieBezeichnung „Hound“. In der DDR findet dieMi-4 nicht nur bei den Marinefliegern Ver-wendung: Die Streitkräfte der DDR erhaltenab 1957 insgesamt 48 Helikopter von die-sem Typ. Die erste Lieferung geht an dieTransportfliegerschule Dessau zur Aus- undWeiterbildung von Hubschrauberpiloten, die

zuvor von sowjetischen Fluglehrern ihreGrundausbildung in Berlin-Schönefeld erhal-ten haben. Das Hubschraubergeschwader 31,später in HG-34 umbenannt, ist mit Mi-4 inBrandenburg-Briest stationiert. An die Inter-flug werden zwei Mi-4 abgegeben, die als Ku-riermaschinen und vielfach als „fliegendeKrane“ eingesetzt werden – so bei der Mon-tage zahlreicher Strommasten zur Elektrifi-zierung der Bahnstrecken. Dazu wird an derZelle eine Einpunkt-Lastaufhängung mon-tiert, die sogar Gewichte bis 1.200 kg zu-lässt. Erst 1980 wird die letzte Mi-4 ausge-mustert, nachdem längst die Mil Mi-8 an ih-re Stelle getreten ist.

Mi-4FAKTEN

TRANSPORTKAPAZITÄT: Eine H-34 kommt

mit zwei Mann Besatzung aus und kann bis

zu 16 Passagiere befördern.

EINSATZ AUF HOHER SEE:Eine Mi-4 der NVA als Unter-

stützer bei der U-Boot-Jagd.

Page 59: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

alle Pläne zur Schaffung von Marineflieger-verbänden. Als durch die Einführung derU-Boot-Waffe in die Bundesmarine deutlichwird, dass die U-Boot-Suche, ihre Beglei-tung und Bekämpfung durch die ersten U-Abwehrschiffe der DDR-Marine auf grö-ßere Probleme stößt, kommt es 1958 zumUmdenken in Strausberg und Berlin. Erst-malig tauchen vier Hubschrauber im Im-portplan des MfNV der DDR auf und soll-ten bis 1961 auf acht aufgestockt werden.Doch erst im Regierungsabkommen zwi-schen der UdSSR und der DDR vom 1. No-vember 1962 finden je zwei Helikopter Mi-4A für 1964 und 1965 Aufnahme. DieSollstärke von 123 Mann für die Hub-schrauberkette der Volksmarine wird am21. Dezember 1962 genehmigt.

„Die Aufgabenstellung der Mi-4 war mitder ihres Westpendants durchaus vergleich-bar, allerdings lag ein höheres Gewicht aufihrer militärischen Nutzung“, erklärt GünterLeitholt, Kapitän zu See a.D. und von 1976bis 1989 Kommandeur des Marinehub-schraubergeschwaders. „Mit den Mehr-zweck-Hubschraubern wurden in erster Linie Transport- und Aufklärungsflügedurchgeführt. Bei der Überwachung desKüstenvorfeldes und der Kontrolle derSchifffahrt im Hoheitsgebiet der DDR, spiel-ten die Mi-4A eine besondere Rolle. Als Be-waffnung war in der Bodenwanne der Mi-4A

ein begrenzt schwenkbares Maschinenge-wehr im Kaliber 12,7 mm installiert, das vomBordmechaniker bedient wurde.“

WinscheinsätzeAuch für Seenoteinsätze sind die russischenMultitalente ausgerüstet. Zum Beispieldurch eine Rettungswinde für die Personen-bergung an der Rumpfseite vorn links an derKabinentür, die 150 kg hebt, außerdem

durch entsprechendes Sanitätsmaterial fürdie medizinische Erstversorgung von ver-letzten Personen. Es können acht Tragen, einSanitäter oder drei Tragen und sieben Perso-nen und bei militärischen Einsätzen 16 Sol-daten befördert werden. Über eine zweiflü-gelige Heckklappe findet sogar ein Jeep imHelikopter Platz. Mehrfach werden Mi-4Ader Volksmarine auch für zivile Kranken-transporte eingesetzt. Eine dem westlichenSAR-System vergleichbare Einsatzvariantegibt es in der DDR nicht. Regelmäßig werdenmit den Mi-4 Seenotrettungsübungen absol-

viert. Kooperationen mit zivilen Stellen undauch befreundeten Nachbarstaaten sindhierbei nicht selten. Daran ist besonders derMedizinische Dienst der Volksmarine inte-ressiert. Die Ärzte lassen sogar einen 16-mm-Lehrfilm über einen solchen Einsatzdrehen.

„Die Aufnahme im Wasser treibenderSchiffbrüchiger geschah zunächst mehr alsabenteuerlich“, erinnert sich Günter Leitholt.„Mittels Bordkran wurde vom Techniker ei-ne Netzboje herab gelassen, in das sich derHilfsbedürftige wälzen sollte. Oben am offe-nen Luk angekommen, musste sich der Ver-letztendarsteller hinüber in die Kabine han-geln. Auch wurde geübt, Personen über eineJakobsleiter aufentern zu lassen, wobei die-se mit einer Leine gesichert wurde. Auch mit

einem Bootsmannsstuhl oder einer Schlinge,die unter den Armen um den Körper ge-schlungen wurde, konnten Personen gehievtwerden. Da im Wasser treibende Menschenzu Kraftakten kaum noch fähig sind, wurdespäter jeweils ein Leichter Taucher als Ret-tungsschwimmer abgeseilt, der dem Hilfe-suchenden ‚unter die Arme’ griff. Kuriereoder Ärzte konnten weiterhin mittels Jakobs-leitern auf Schiffe in See abgesetzt werden.“

Da die Sikorsky H-34G in weiten Teilenim SAR-Dienst im Einsatz ist, verfügt sieüber keine Bewaffnung. Jedoch kommen

59Clausewitz 3/2014

Ein Maschinengewehr für den Mechaniker

Konstruiert wird die Sikorsky H-34 (bis 1962führt das Modell teilweise die BezeichnungS-58) von ihrem Hersteller, der Sikorsky Air-craft Corporation in den USA, als U-Boot-Jagd- und Transporthubschrauber. Erstmalsfliegt ein Prototyp am 20. September 1954.Während der Serienfertigung von 1955 bis1970 entstehen rund 2.800 Helikopter die-ses Typs, die von Armeen in mehr als 30Nationen sowie zahlreichen zivilen Flugge-sellschaften genutzt werden. 145 Exempla-

re übernimmt ab 1956 die Bundeswehr.Die meisten davon bilden die Erstausrüs-tung der Heeresflieger. Die Luftwaffe ver-fügt über fünf Maschinen zu Schulungszwe-cken, da sie die Ausbildungshoheit für alledrei Teilstreitkräfte hat. Zu Beginn der1970er-Jahre beginnt die Umrüstung derHeeresflieger auf die größere Sikorsky CH-53, bis 1975 die letzte H-34G bei denMarinefliegern durch die Westland SeaKing Mk 41 ersetzt wird.

Sikorsky H-34GFAKTENAMERIKANISCHER „BESTSELLER“: Die

H-34 findet in zahlreichen Ländern Abneh-

mer. Der U-Boot-Jagd- und Transporthub-

schrauber ist vielseitig verwendbar.

„Die Mi-4 ist eine eigenständige Konstruktion, deren Entwicklung und Erstflug noch

vor der amerikanischen Konkurrenz stattfand.“ Dr. Anja Dörfer, wissenschaftliche Leiterin des Aeronauticums in Nordholz

Page 60: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

fünf Maschinen mit der Bezeichnung H-34Jzur 1. Staffel des MFG 4 als Versuchs- und Er-probungseinheiten zur Erfüllung von U-Boot-Jagdaufgaben. Dafür sind sie mit dem ab-senkbaren Tauchsonar AN/AQS-5 sowieTrägern für zwei akustisch zielsuchendeU-Jagd-Torpedos Mk 43 ausgerüstet. Außer-dem ist die automatische Stabilisierungsan-lage ASE um einen Doppler- und Sonar-Mode erweitert, manchmal auch Hover-Au-tomatik genannt.

Die Kabine der Variante H-34J ist kom-plett schallisoliert, damit der Sonar-Operatorohne Störungen durch Nebengeräusche ar-beiten kann. Mit Hilfe des unter dem Rumpfangebrachten Doppler-Radars wird die Ma-

schine über dem Zielpunkt in den Schwebe-zustand versetzt. Es folgt das Absenken desSonars, wobei die Stabilisierung des Hub-schraubers zum Sonarkabel und zur Wasser-oberfläche vom Sonar-Mode übernommenwird. Seine durch Sensoren am Sonarkabelüberwachte Lage wird dabei laufend in dieASE gespeist, die gegebenenfalls den Schwe-beflug korrigiert.

Dr. Anja Dörfer vom Aeronauticum: „Dererste Manövereinsatz der U-Bootjagd-Hub-schrauber fand im Herbst 1964 in der Nord-see bei Borkum statt. In der Folge bewährtesich das System der Marineflieger bei diver-sen Übungen auch in Kooperation mit ande-ren NATO-Staaten. Aufgrund von Sparmaß-

nahmen wurde die 1. Staffel des MFG 4 imSommer 1968 aufgelöst. Dem Rotstift fielenzwei weitere H-34G zum Opfer, die zur Er-gänzung der schwimmenden Minensuch-und -räumeinheiten mit einem MAD-Schleppgerät ausgerüstet waren. In denknapp fünf Jahren ihres Bestehens absolvier-ten die sieben Sikorsky-Hubschrauber desMFG 4 rund 4.500 Flugstunden. Sie wurdenanschließend als SAR-Einheiten dem MFG 5zugewiesen.“

Flugplatz zwischen TrümmernDie Marineflieger erwägen 1971, sechs H-34Gdurch den Einbau von TurbinentriebwerkenPratt & Whitney PT'6T in ihrer Leistung zu

60

Militär und Technik | Marinehubschrauber

Sikorsky H-34GTECHNISCHE DATEN

Hersteller Sikorsky Aircraft CorporationUrsprungsland USA

Besatzung 2 PersonenLänge 14,28 MeterBreite 1,73 MeterHöhe 4,28 Meter

Rotordurchmesser 17,07 MeterLeergewicht 3.815 Kilogramm

Maximalgewicht 6.050 KilogrammTriebwerk 9-Zylinder-Sternmotor Wright R-1820-84D

Startleistung 1.122 kW (1.525 PS)Höchstgeschwindigkeit 216 km/hReisegeschwindigkeit 158 km/h

Kraftstoffvorrat 1.006 LiterReichweite 450 Kilometer

Dienstgipfelhöhe 3.200 Meter

AM ARBEITSPLATZ:Der Pilot einer Mi-4.

Insgesamt hat die Ma-

schine eine Besatzung

von drei Mann.

TECHNISCHE DETAILS: Motor und Rotorkopf einer Sikorsky. Die Maschine

erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von deutlich über 200 km/h.

Page 61: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

steigern und die Nutzungsdauer zu verlän-gern. Die Indienststellung der Westland Mk 41Sea King macht diese Planung jedoch hinfäl-lig. Die letzte Sikorsky H-34G wird am 1. April 1975 aus dem Dienst genommen.

Mi-4A der DDR-Luftstreitkräfte unter-nehmen bereits während der Flottenübung1959 Kurierflüge über See. Ab März 1960werden zwei Mi-4A-Hubschrauber samt Si-cherstellungstechnik unter dem Komman-do von Oberleutnant Dieter Bortfeldt in

Stralsund-Parow auf dem völlig zerstörtenehemaligen Seefliegerhorst stationiert. VierBesatzungen – noch in der Fliegeruniformder DDR-Luftstreitkräfte – erfüllen ersteAufgaben im Interesse der Volksmarine.Zeitgleich werden auch vier Seeoffiziere,die die Seeoffizierslehranstalt StralsundSchwedenschanze absolviert hatten, zuHubschrauberführen umgeschult. Die Auf-gaben umfassen Aufklärungs- und Kurier-flüge über der Ostsee sowie erste Seenotret-tungsübungen.

Russisches MultitalentSehr bald beginnt auch das Zusammenwir-ken bei der Kampfschwimmerausbildung.Diese werden über See zuerst aus etwa 5 bis15 Metern Höhe im Sprung, später mit Fall-

schirmen aus großen Höhen von 200 bis 4.000Metern, abgesetzt. Auch wird der Transportvon Infanteristen (Mot.-Schützen) hinter dieFrontlinie oder direkt am Strand beim„Kampf um eine See-Anlandung“ geübt.

Eine weitere Variante des russischen Hubschraubers, die Mi-4MA, beschafft dieVolksmarine 1965: Insgesamt vier Einheiten,die speziell für die Aufgabe der U-Boot-Jagdausgerüstet sind. Äußerlich erkennbar sinddiese an dem rundlichen Radom für die

Funkmessantenne zur Ortung von Überwas-sereinheiten an der Bugspitze. Außerdem istdie Wanne für das 12,7-mm-MG verkürztund stärker verglast als bei der Mi-4A. Alszusätzliche Bewaffnung können auch ver-schiedenartige Bomben mitgeführt werden.Am Heck befinden sich ein ausfahrbaresMagnetortungsgerät zur U-Boot-Suche so-wie eine Luke, durch die ein Schlauchbootzu Wasser gebracht werden kann.

„Die Mi-4 war nachtflugtauglich undkonnte bei jedem Wetter eingesetzt werden“,berichtet Günter Leitholt. „Sogar den Wol-kenflug konnte sie durchführen. Allerdingsbesaß die Mi-4A keine Kabinenheizung, waszu Vereisungen der Sichtscheiben führenkonnte und eine Strapaze für die Besatzungmit sich brachte“.

Sämtliche Mi-4 werden 1977 außer Dienstgestellt und später verschrottet. Ersetzt wer-den sie durch den wesentlich leistungsfähi-geren Hubschrauber Mil Mi-8.

Ernüchternde ErgebnisseMit Ankunft von weiteren vier Maschinenvom Typ Mi-4MA im März und September1965, die mit Radardom und einem am Heckausfahrbaren Magnetortungsgerät ausgerüs-tet sind, können U-Boot-Suche und -Jagd intensiviert werden. Im Umfeld eines ver-muteten getauchten U-Bootes werfen dieHubschrauber jeweils hydroakustische Funk-bojen ab, die dessen Standort ermitteln sol-len. Auch kann der Hubschrauber Orientie-rungsbomben (Farbeffekte oder Fackeln beiNacht) abwerfen. 1970 wird die Einheit in„U-Jagd-Hubschrauberstaffel der Volksma-rine“ umbenannt.

Doch die gezielten Ergebnisse der prakti-schen U-Bootsuche bleiben unbefriedigend.Die Sonarbojen sind meist überlagert undfunktionierten selten. Die Technik der U-Bootjäger ist ebenfalls mängelbehaftet.Der Ruf nach leistungsfähigerem Gerät wirdlauter und schließlich ab 1983 mit Einfüh-rung der Mi-14 PL und den zuvor in Dienstgestellten UAW-Schiffen des Typs „Parchim“realisiert.

61Clausewitz 3/2014

Kooperation mit Kampfschwimmern

Dieter Flohr, Fregattenkapitän (Ing.) a.D. war Presse-sprecher der DDR-Volksmarine und ist Autor des zwei-bändigen Werkes „Im Dienst der Volksmarine“. Ulf Kaack, Jg.1964, ist Verfasser zahlreicher Bücher zumilitärgeschichtlichen und marinetechnischen Themen.

Mi-4ATECHNISCHE DATEN

Besatzung 3 PersonenLänge 16,79 MeterHöhe 4,40 Meter

Rotordurchmesser 21 MeterLeergewicht 4.900 Kilogramm

Maximalgewicht 7.550 KilogrammWaffenzuladung 1.000 Kilogramm

Triebwerk 14 Zylinder-Doppelsternmotor Schwezow ASch-82WStartleistung 1.250 kW (1.694 PS)

Höchstgeschwindigkeit 175 km/hReisegeschwindigkeit 160 km/h

Kraftstoffvorrat 1.000 LiterReichweite 500 Kilometer

Dienstgipfelhöhe 5.500 MeterBordwinsch 150 Kilogramm / Seillänge 40 MeterBewaffnung 1 starres MG 12,7 mm

4 x 250 kg Freifall-Bombenalternativ: 6 x 100 kg Freifallbomben

oder:8 x 50 kg Freifallbombenauch: 2 Kassetten mit kleinkalibrigen Streubomben

Dazu kommen für die U-Bootsuche der Mi-4 MA Orientierungsbomben (Farbflecke oder Fackeln)

GERÄUMIG: Blick in den Laderaum der Mi-4, der eine robuste und

zweckmäßige „Eleganz“ ausstrahlt. Insgesamt ist die Ausstat-

tung – wie stets beim Militär – aufgabenorientiert und wenig kom-

fortabel.

„Die Mi-4 war nachtflugtauglich und konnte bei jedem Wetter eingesetzt werden.“

Günter Leitholt, Kommandeur des Marinehubschraubergeschwaders der NVA von 1976 bis 1989

Page 62: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

62

Buchvorstellung | Erster Weltkrieg

Ein ambitioniertes Ansinnen: Die Welt kurz vor und während des ErstenWeltkriegs in Bild und Text wiederauferstehen lassen. Unmöglich? Ein fas-zinierendes Buchprojekt wagt den Versuch, und schafft es tatsächlich, den

Leser in eine verloren geglaubte Zeit zu entführen.

Tagebücher des Ersten Weltkriegs

SCHWEIZER SCHÜTZEN-GRÄBEN: 1912 hält die

kleine Nation ein beein-

druckendes Manöver ab.

Page 63: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

63Clausewitz 3/2014

BESUCH DES BÜNDNISPARTNERS:Der Zar in der französischen Haupt-

stadt, 1896.

Aus über eintausend persönlichen Doku-menten wählten die Autoren die ergrei-fendsten und aufschlussreichsten aus – da-runter befinden sich Texte von bekanntenKriegsteilnehmern (z.B. Manfred vonRichthofen) ebenso wie von einfachenFrontsoldaten. Den größten Reiz aber ma-chen die zahlreichen Farbfotografien aus:das verschollen geglaubte Material ausdem Archiv von August Fuhrmann wirktwie eine Zeitmaschine, die diese im „Gro-ßen Krieg“ untergegangene Welt noch ein-mal vor die Augen des Betrachters führt.Eingerahmt werden diese Bildraritätendurch fundiert recherchierte Texte. Al

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CLAUSEWITZ präsentiert auf den folgen-den Seiten einige dieser Bilder, und lässtdie Autoren zu Wort kommen:

Der Erste Weltkrieg war wohl die größteKatastrophe in der europäischen Geschich-te seit dem Niedergang des WeströmischenReichs. Die Geschehnisse der Jahre 1914 bis1918 prägten das gesamte 20. Jahrhundert.Man könnte sagen, dass dies das ursprüng-liche Desaster war, aus dem sich alle ande-ren heraus entwickelten. Ohne den ErstenWeltkrieg hätten die Bolschewiken niemalsdie Herrschaft über Russland erlangt, unddie Nationalsozialisten wären in Deutsch-

BERLIN, KURZ VOR DEM KRIEG:Das Brandenburger Tor erinnert an

preußische Siege von Einst.

Page 64: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

„zeitgenössischer Geist“ nennen, ist eben ei-ne sehr komplizierte Angelegenheit. […]Aus dem Vorwort von Peter Englund.

Mensch und MaschineAm 24. Juni 1916 gingen die britischen Expe-ditionsstreitkräfte an der Somme in die Of-fensive. Eine Woche lang wurden aus 1500Kanonen auf einen 15 Kilometer langenFrontabschnitt mehr als 1,6 Millionen Gra-naten geschossen, auf jeden Meter mehr alshundert Sprengsätze. „The enemy was blas-

Buchvorstellung | Erster Weltkrieg

OPERETTENHAFT: Die bunten Ka-

valleristen dieser Parade sind dem

modernen Krieg nicht gewachsen.

tellektuelle Ebene konzentriert. Undgleichzeitig droht das Gespenst des Ana-chronismus: Ohne Kenntnisse über denzeitgenössischen Geist ist es nahezu un-möglich, den Ersten Weltkrieg zu verste-hen. Die am Krieg Beteiligten selbst warte-ten mit häufig widersprüchlichen Vorstel-lungen darüber auf, was der Krieg für siebedeutete: ein Kreuzzug, ein Abenteuer, einsinnloses Gemetzel usw. Zuweilen hegteauch eine einzelne Person gegensätzlicheAnsichten über den Krieg. Das, was wir

land niemals an die Macht gekommen. Eshätte keinen Zweiten Weltkrieg gegeben,keinen Holocaust und auch keinen KaltenKrieg. Die Leidenschaften, die den ErstenWeltkrieg einst möglich machten, sind heu-te Geschichte. In gewissem Sinne ermög-licht dies ein tieferes Verständnis, das nurschwer oder gar nicht möglich gewesenwäre, als diese Energien noch loderten.Doch das bedeutet auch, dass sich uns et-was Bedeutsames entzieht und sich unsereErinnerung mehr und mehr auf die rein in-

64

Page 65: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Clausewitz 3/2014

Panzer im „Zwielicht der Weltendämmerung“

VORGESCHMACK AUF KOMMENDES:Amerikanische Artillerie in China, 1900.

ted by a hurricane of fire“, schrieb einKriegsberichterstatter. Der Feind, das warendie meist bayerischen Soldaten der 6. Armeeunter dem Kommando des KronprinzenRupprecht von Bayern. Unter besondersstark befestigte Stellungen der Deutschenwurden sieben unterirdische Gänge durchden Kalkboden getrieben. Am Ende jedesTunnels wurden bis zu 24 Tonnen Spreng-stoff gezündet, die 90 Meter weite Kraterhinterließen. Nach diesen Vorbereitungenschien es unmöglich, dass es noch mensch-liches Leben gab in den feindlichen Gräben.[…] Viele deutsche Soldaten in den befestig-ten Gräben waren getötet worden, viele hat-

65

ADIEU WIEN: In einer farben-

prächtigen Kolonne ziehen

Österreicher an die Front.

Page 66: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

66

Xxxxxxxx | xxxxxx

ten jedoch überlebt. Sie waren zwar taubvom Lärm, halb verdurstet und mit den Nerven am Ende. Die Maschinengewehrekonnten sie aber noch bedienen. Als sichhunderttausend Briten den deutschen Liniennäherten, wurden noch am selben Tag zwan-zigtausend erschossen und vierzigtausendschwer verwundet. […] An der Somme setz-te die britische Armee im September die ers-ten Panzer ein. Sie waren gebaut worden, ob-wohl die Offiziere sie für lächerlich gehaltenhatten, „urzeitliche Kröten im Zwielicht derWeltendämmerung“. Winston Churchill,

Erster Lord der Royal Navy, ließ sich hinge-gen überzeugen und finanzierte den Bau derPrototypen heimlich und illegal aus seinemFlottenetat. […] In der alliierten Offensivedes Sommers 1918 waren sie technisch schonso weit, dass die Motoren und Getriebe zu-verlässig liefen und die Panzerungen leichte-rem Granatfeuer widerstanden. Zum erstenMal war ein Mittel gefunden worden, um ge-gen die Maschinengewehre vorrücken zukönnen. […]

Die Offiziere der deutschen Armee trau-ten eher dem U-Boot zu, Großbritannien zur

Buchvorstellung | Erster Weltkrieg

WAFFENBRÜDER: Sultan

Mehmed V. während eines

Besuches Wilhelms II. in

Konstantinopel.

INTERESSIERT: Militärbeobachter ver-

schiedener Nationen während des

Burenkrieges in Südafrika.

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Page 67: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Aufgabe zwingen und damit den Krieg ge-winnen zu können. […] Die U-Boote hattenkeine entscheidende militärische Bedeu-tung, sie behinderten zwar die Handelsver-bindungen Großbritanniens, verhindertensie aber nicht. […] Einen weitaus besserenRuf als die heimtückischen U-Boote hattendie Flugzeuge. Sie kamen nicht aus demHinterhalt, die Piloten kämpften mit glei-chen Waffen gegeneinander. […] Gegen En-de des Krieges griffen amerikanische Flug-zeuge mit Maschinengewehren die deut-schen Linien an, amerikanische Bomber

fangs hatte das Kampfflugzeug noch am we-nigsten mit der anonymen Massenvernich-tung zwischen den Schützengräben zu tungehabt. Aus den Heeresberichten waren dieNamen der Piloten auf allen Seiten bekannt.Man kannte die eigenen und die gegneri-

schen Flugzeuge. Esschien, als sei ein Gerätgefunden worden, dasanstelle der Massakerwieder Fairness undaristokratischen Geistzurückkehren ließ.

zerstörten die Verbindungslinien, Depotsund Truppenunterkünfte hinter der Front.Der moderne Luftkrieg hatte begonnen. An-

67Clausewitz 2/2014Clausewitz 3/2014

„Ritterturniere“ in der Luft

Eine Welt im Untergang„14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs“von Gunnar Dedio und Florian Dedio, 320 Seiten., 300 Abbildungen. BucherVerlag München 2014. ISBN: 978-3-7658-2041-0, Preis: 36,99 €Bezugsquelle: www.verlagshaus24.de

Gunnar Dedio | Florian Dedio

Tagebücher des Ersten Weltkriegs

Farbfotografien und Aufzeichnungen aus einer Welt im Untergang

DIE LETZTEN STILLEN TAGE:Straßenszene in Berlin, kurz

vor Ausbruch des Weltkrieges.

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Page 68: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Weithin prägt der Hohentwiel dieLandschaft am Bodensee. Der Bergträgt die Ruinen einer mächtigen

Festung. 915 gibt es eine Befestigung auf demBerg, die König Konrad I. erfolglos angreift.Mehr als 700 Jahre später, im 30-jährigen Krieg(1618–48), wird die Festung fünfmal belagertund erfolgreich verteidigt. Heute finden Be-sucher auf dem Berg eines der geschichtlich,burgen- und festungskundlich interessantes-ten Baudenkmäler Süddeutschlands. Darüberhinaus können Ruinen der mittelalterlichenBurg, des Renaissance-Schlosses, der württem-bergischen Landesfestung und Belagerungs-schanzen besichtigt werden.

Von 915 bis zum 16. JahrhundertFrühe Nutzungen des Berges belegen ar-chäologische Funde von der Steinzeit bis zurRömerzeit. Die erste bekannte urkundlicheErwähnung des Twiel – Hohentwiel wird erab Ende des 15. Jahrhunderts genannt –stammt aus dem Jahr 915: Nach dem Tod des

letzten Karolingerkönigs Ludwig das Kind(reg. 900–911) wollen Adelige das Herzog-tum Schwaben neu begründen. 914 versuchtErchanger, Pfalzgraf in Bodman, Herzog zuwerden. König Konrad I. (reg. 911–918) willden Verfall der Königsmacht aufhalten: Zumilitärischen Konflikten zwischen dem kö-nigstreuen Bischof Salomo III. von Konstanzund Erchanger kommt es im Thurgau; Er-changer wird gefangen. Daraufhin, so einespätere Chronik, befestigen seine Anhängerden Twiel, den der König 915 erfolglos an-greift. Nachdem König Konrad kurz danachin der Schlacht bei Wahlwies besiegt wordenist, erkennt er Erchanger als Herzog an.

Herzog Burkhard III. (reg. 954–973) bautauf dem Twiel eine Residenz und gründetein Kloster. Nach Burkhards Tod residierthier seine Witwe bis 994: Herzogin Hadwig(um 939-94) erlangt Bedeutung als Romanfi-gur in Joseph Victor Scheffels „Ekkehard“(1855), einem der meistgelesenen Romane inDeutschland.

1079 verfügen die Herzöge von Zährin-gen über die Burg, die 1086 von Truppen deskaisertreuen Abtes Ulrich von St. Gallen er-obert wird, da Berthold von Zähringen imInvestiturstreit Papst Gregor VII. unter-stützt.

1300 kauft Albrecht von Klingenberg dieBurg. Die Klingenberger sind Dienstman-nen der Habsburger, die 1465 die Landgraf-schaft Nellenburg mit Teilen des Hegaus er-werben. Während der „Werdenberger Feh-de“ 1464 kommt es zur Belagerung derBurg, doch wird der Konflikt per Verhand-lung beigelegt.

Noch vor Übernahme der Landgrafschaftdurch Österreich unterstellen sich 1465 Eber-hard und Heinrich von Klingenberg mit derBurg Twiel Erzherzog Sigmund von Öster-reich, doch seit 1447 sind zwei Klingenbergerwürttembergische Dienstleute, 1483 und1486 folgen weitere. Ab 1475 regelt ein Burg-frieden den Alltag der auf zwei Seiten enga-gierten Klingenberger auf dem Twiel.

68

Spurensuche

Stark, stolz und ständig umkämpft!

Die FestungHohentwiel DOMINIERENDE POSITION: Mächtig

thront die Festung Hohentwiel auf ei-

nem Phonolithkegel. Auch aus der

Ferne wirkt die Anlage majestätisch

und beeindruckend.

Page 69: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

69Clausewitz 3/2014

Seit Urzeiten: Über der Stadt Singen (Hohentwiel) im Kreis Konstanz (Baden-Württem-berg) ragt steil und markant der Hohentwiel auf, ein Phonolithkegel, Wahrzeichen derVulkanlandschaft Hegau mit ihren burggekrönten Bergen. Von Michael Losse

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MÄCHTIGE MAUERN: Die Überreste verdeutlichennoch heute, um was für eine massive Anlage essich beim „Hohentwiel“ handelt. Im Mittelalter undder Frühen Neuzeit steht die Burg/Festung oft imZentrum kriegerischer Auseinandersetzungen.

915 Befestigung auf dem Twiel(Bericht in späterer Chronik!)

954/73 Herzog Burkhard III. bautauf dem Twiel eine Residenz

1086 erobern Truppen des kaiser-treuen Abtes Ulrich von St. Gallendie Burg

1300 verkauft Ulrich von Klingendie Burg an Albrecht von Klingen-berg; die Klingenberger sindDienstmannen der Habsburger

1464 Belagerung während derWerdenberger Fehde

Ab 1475 regelt ein Burgfriedendas Leben auf der Burg, deren Eig-ner verschiedenen politischen Sei-ten angehören

1519/24 Herzog Ulrich von Würt-

temberg flieht mehrfach auf dieBurg, lässt die Besatzung verstär-ken und Befestigungen ausbauen

1550/93 Ausbau zu einer würt-tembergischen Landesfestung

1634-43 FestungskommandantKonrad Widerhold legt einen Wüs-tungsgürtel um die Festung an, in-dem er Burgen rundum zerstört

1635 (August) Beginn der 1. Bela-gerung im Dreißigjährigen Krieg

1639 (Juni) Beginn der 2. Belage-rung; 9.7.: Eroberung und Teilzer-störung der Vorburg

1640 (Januar): Abzug der Belagerer

1640 (September) Beginn der 3.Belagerung; Ende 1640 aufgehoben

1641 (Oktober) Kaiserliche und

bayerische Truppen schließen denBelagerungsring der 4. Belage-rung; ab November Batterien derAngreifer in Aktion; Tiroler Berg-knappen treiben Minen unter dieFestung

1642 (Januar) Als Franzosen amHochrhein vorrücken, verlassen dieAngreifer fluchtartig ihre Stellungen

1644 im Mai Beginn der 5. Belage-rung; Belagerungsschanzenring;1.8.: Aufhebung der Belagerung

1650 (10.7.) Übergabe der Festungan Herzog Eberhard III. von Würt-temberg

1799 (2.5.) Kapitulation der würt-tembergischen Besatzung; Franzo-sen übernehmen die Festung

1800/01 Schleifung

FAKTEN Schlachten und Kampfhandlungen auf dem Hohentwiel

ÜBERBLEIBSEL:Im Gasthof „Zur

Krone“ in Weiter-

dingen befindet

sich heute ein

großer Ofen aus

der Festung

Hohentwiel.

Foto: Museum Allerheiligen Schaffhausen

Page 70: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

1511 erlangt Herzog Ulrich von Württem-berg (reg. 1498–1550) das Öffnungsrecht, dasspäter auch Österreich gewährt wird. 1519nimmt Ulrich das Recht nach der Flucht ausseinem Herzogtum wahr. 1521 überlässt ihmHans Heinrich von Klingenberg die Burg aufZeit. Der Herzog erhöht die Besatzung von50 Mann auf 500 Ende 1524 und veranlasstAusbauten. 1538 kauft er Hohentwiel, wohiner Ende 1546 erneut flieht. Die HerzögeChristoph (reg. 1550–68) und Ludwig (reg.1568–93) bauen Hohentwiel dann zu einerwürttembergischen Landesfestung aus.

Im Dreißigjährigen Krieg Württemberg, seit 1620 Mitglied der protes-tantischen Union, erklärt sich 1621 für neu-tral. 1633 vereinigt Schweden protestanti-sche Reichsstände, darunter Württemberg,im „Heilbronner Bund“ gegen den Kaiser.Vorderösterreich – ausgenommen die Fes-tungen Breisach und Konstanz – ist 1633schwedisch kontrolliert. 1634 werdenSchweden und seine Verbündeten bei Nörd-lingen geschlagen. Die württembergischenLandesfestungen, ausgenommen Hohent-wiel, fallen an den Kaiser. Konrad Wider-hold, Kommandant auf Hohentwiel, schafft1634/43 einen Wüstungsgürtel um die Fes-tung, indem er Burgen rundum zerstört.

1635 tritt Frankreich aktiv in den Kriegein. Im August beginnt die 1. Belagerung desHohentwiel im Dreißigjährigen Krieg. ImOktober bricht in der Festung die Pest aus.Widerhold versucht, durch VerhandlungZeit zu gewinnen: Am 5. Februar 1636 wirdeine Besatzungsreduzierung nebst Waffen-ruhe vereinbart, die bis zum Vertragsschlusszwischen Herzog Eberhard III. von Württem-berg und dem Kaiser gelten soll. Während

diese verhandeln, betreibt Widerhold eigenePolitik. 1637 unterstellt er sich Bernhard vonWeimar – auf der Seite von Frankreich! 1638weigert er sich, die Festung im Namen desHerzogs dem Kaiser zu übergeben. Frank-reich sieht Hohentwiel als potentielle Basiszwischen Bodensee und Breisgau. Vorder-österreich fordert die Ausschaltung der Fes-tung, da Widerhold weiträumig Beutezügeunternimmt.

Die 2. Belagerung beginnt im Juni 1639.Am 9. Juli wird der Vorhof erobert und teil-weise zerstört, doch werden die Eroberer zu-rückgeschlagen. Anfang Januar 1640 ziehendie Belagerer ab, und Widerhold unterstützt

den Feldzug des französischen Generals vonErlach vom Breisgau in den Hegau. Auf Ba-sis des Vertrages von 1639 der vorderöster-reichischen Regentin Erzherzogin Claudiamit dem Kaiser und Spanien, der ein Vorge-hen gegen die schwedisch-französische Alli-anz fordert, beginnt im September 1640 die 3.Belagerung, die nach Entsatz der Franzosenund Ausfällen Ende 1640 aufgehoben wird.

Auf dem Reichstag 1640/41 wird der Kai-ser überzeugt, gegen Widerhold vorzuge-hen. Dieser legt große Vorräte an; Beutezügeführen ihn 1641 bis Rottweil und Ober-schwaben. Im Oktober 1641 umschließenKaiserliche und Bayern die Festung. Die

70

Spurensuche | Hohentwiel

• Geboren vermutlich am 20.4.1598 in Zie-genhain (Hessen)

• 1615 Reiter und Musketier im Dienst derHanse in Bremen und Hamburg

• 1617 Heirat mit Anna Hermengard Burck-hardt aus Delmenhorst, Tochter des Kom-mandanten von Helgoland

• 1617 im Dienst der Republik Venedig –Begegnung mit Magnus von Würt-temberg, jüngerem Bruder desHerzogs Johann Friedrich, derihn für württembergischeDienste abwirbt

• 1622 Kapitän-Leutnant• 1627 Kapitän-Major• 1633 Bewährung bei der

Einnahme von Schram-berg – Kommandant vonHornberg

• 1634 (Juni) stellvertreten-

der Kommandant der Festung Hohentwielunter Joachim v. Rochau – nach derSchlacht bei Nördlingen zum Komman-danten ernannt

• Für seine Verdienste erhält Widerholt dasRittergut Neidlingen als Lehen; Kriegsratund Obervogt in Kirchheim unter Teck

• Gestorben am 13.6.1667 in Kirchheimunter Teck

Kommandant Konrad WiderholdHINTERGRUND

UMSTRITTENER HELD: Konrad

Widerhold ist während des Drei-

ßigjährigen Krieges Komman-

dant der Festung Hohentwiel.

Einerseits kann er eine be-

eindruckende Verteidigungs-

bilanz vorweisen, anderer-

seits agiert er als kleiner Ty-

rann und quält die Bewohner

im Umkreis „seiner“ Festung.

GUTE AUSSICHT: Blick in den Hof des Herzogsschlos-

ses. Die Natur hat sich inzwischen einen Großteil der

Anlage erobert, doch noch immer ist genug von der

Massivität und Kraft der alten Mauern zu erahnen.

EHEMALIGER MILITÄRSTÜTZPUNKT: Blick auf das architektoni-

sche Skelett der Kaserne. Als württembergische Festung war der

„Hohentwiel“ verteidigungstechnisch hervorragend ausgebaut.

Page 71: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Besatzung unternimmt Ausfälle, erbeutetund vernagelt Geschütze der Belagerer. En-de November beginnen deren Batterien dieBeschießung. Tiroler Bergknappen sollen dieFestung unterminieren. Ein Kupferstich vonMatthäus Merian zeigt die „Belägerung derVestung Hochen Twiel Im Jahr 1641“. An-fang Dezember wird die Lage bedenklich,doch auch die Angreifer leiden unter Kälte,Hunger und Krankheiten. Als französischeTruppen im Januar 1642 am Hochrhein vor-rücken, verlassen die Belagerer am 11. Janu-ar fluchtartig ihre Stellungen; am selben Tagerreichen die Franzosen Hohentwiel.

Widerhold unternimmt erneut Beutezü-ge. Im Januar 1643 beteiligt er sich an der Be-lagerung von Konstanz. Nachdem Franzo-sen im Winterquartier Tuttlingen von Kaiser-lichen und Bayern am 24. November ineinem Überraschungsangriff vernichtendgeschlagen werden, wird die Situation aufHohentwiel schwierig. Im Mai 1644 kommtes zur 5. Belagerung. Diese überliefert Me-rian im Kupferstich „Die Vestung Hochent-wiel, sampt derselbigen an gestelten Blo-quierung des Jahrs 1644 im Junio“. 13Schanzen umgeben demnach die Festung.Am 31. Mai kommt es zum Vergleich zwi-schen den Angreifern und Herzog Ferdi-nand III. von Württemberg: Die Festung sollan Württemberg übergeben, die Kämpfeeingestellt werden. Österreich und der Kai-ser sind dagegen, doch am 1. August wirddie Belagerung aufgehoben, um die Trup-

pen gegen die Franzosen zu führen. Wider-hold bleibt unbehelligt. Erst am 10. Juli 1650wird die Festung an Herzog Eberhard III.von Württemberg, den eigentlichen Besit-zer, übergeben.

17./18. JahrhundertIn den 1680er-Jahren kommt es zur Annähe-rung zwischen Württemberg und Österreich.1702 wird Herzog Eberhard Ludwig vonWürttemberg kaiserlicher Feldmarschall-Leutnant; er inspiziert Hohentwiel und ver-stärkt die Besatzung, doch verliert die Fes-tung zunehmend ihren militärischen Wert.1678 gibt es 300 Mann Besatzung, meist älte-re Soldaten. In Kriegszeiten dient Hohent-

71Clausewitz 3/2014

Napoleonische Truppen am Hohentwiel

wiel als Archiv (1733–37) oder Fluchtortwürttembergischer Prinzen (1741), in Frie-denszeiten als Gefängnis.

Im 1. Koalitionskrieg (1792–97), einer eu-ropäischen Koalition (u. a. Österreich, Preu-ßen, England) gegen Frankreichs Aggressi-on, rückt General Moreau im Juli 1796 beiKehl über den Rhein. Herzog Friedrich Eu-gen von Württemberg befiehlt, Hohentwielzu verteidigen. Am 17. Juli treffen 218 Solda-ten aus Stuttgart als Verstärkung ein. Im Be-lagerungsfall sollen Frauen und Kinder ab-ziehen und die untere Festung geräumt wer-den, doch es kommt zu keinem Angriff.

1799 bricht der 2. Koalitionskrieg aus, indem sich ein österreichisch-russisch-engli-sches Bündnis gegen Frankreich wehrt. ImNovember 1799 putscht Napoleon Bonaparte.Im April/Mai 1800 überfallen Franzosen er-neut Süddeutschland. 30.000 Mann unterKorpskommandant Lecourbe marschierenam 1. Mai in den Hegau ein. Mittags steht dieDivision Vandamme vor Hohentwiel. Um 12Uhr fordert der Adjutant den Festungskom-mandanten Generalmajor Georg Bernhardvon Bilfinger und den VizekommandantenOberstleutnant Wolff zur Übergabe auf.

Diese bezeichnen die Festung Hohent-wiel als neutral, doch Vandamme besteht aufseiner Forderung. Die 108 Mann starke,überalterte Besatzung hat sich in die obereFestung zurückgezogen. Um 23 Uhr wird dieKapitulation unterzeichnet. Zuvor haben ei-nige Franzosen die untere Festung besetzt.

TRAGISCHER UNFALL: Bei

der Zerstörung der Festung

durch Napoleons Soldaten

kommt es zu einem Unglück:

Zwei Mineure sterben bei

der Sprengung des großen

Rondells. Im Bild ist das

Rondell Augusta zu sehen.

MEHRFACH BELAGERT: Während des Drei-

ßigjährigen Krieges wird die Festung Ho-

hentwiel stark umkämpft. Abbildung aus

dem Jahr 1643. Abb.: Merian

RUINENHAFTER REST: Blick

auf die untere Festung. Napo-

leonische Truppen schleifen

die Verteidigungsanlage in

den Jahren 1800 und 1801.

Page 72: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

entsteht das Renaissanceschloss (Herzogs-burg) als Vierflügelanlage unter Einbezie-hung der Klingenberger Burg. Der Grabender Burg wird – überwölbt mit riesigen Ton-nengewölben – zu Kellern des Schlosses.Christoph veranlasst den Ausbau des Vor-hofes. Unklar ist die Bauzeit des RondellsAugusta (wohl zweite Hälfte 16. Jahrhun-dert). Die Festungsbewaffnung besteht1589/ 1616 aus 47 schweren Geschützen (36-und 25-pfündige Kartaunen, 18- und 16-pfündige Notschlangen, 8- und 4,5-pfündigeFeldschlangen) sowie leichterem Geschütz.

Unter Kommandant Löscher (1627–34)entsteht im Dreißigjährigen Krieg die Bastio-närbefestigung der oberen Festung. Ebenfallsim Krieg entstehen Windmühlen und1643/45 eine protestantische Kirche, derenAusstattung aus Gotteshäusern des Umlan-des gestohlen werden. Der heutige Aussicht-sturm ist der Kirchturm – im katholischenUmland damals ein wichtiges Symbol.

1653 beginnt der Bau eines (von drei ge-planten) Forts nördlich der Festung,wird abernach österreichischem Protest 1655 abgebro-chen. In den 1650ern wird der Vorhof ver-stärkt, 1678/81 entsteht die Karlsbastion.Letzte Ausbauten folgen im 1. Drittel des 18.Jahrhunderts. Nachdem in der unteren Fes-tung das Glacis neu gestaltet worden ist undgedeckte Wege sowie Kasematten entstandensind, hat die Festung ihren größten Umfangerreicht: knapp zehn Hektar.

Am Morgen des 2. Mai ziehen die Württem-berger mit militärischen Ehren ab. GeneralVandamme sagt zu, sich dafür einzusetzen,Hohentwiel unzerstört zurückzugeben.

Es sind kaum strategische Gründe, dieVandamme bewegen, die Festung zu neh-men, vielmehr locken deren Lebensmittelde-pots. Am Tag nach der Einnahme gelingt esFranzosen, in der Schlacht von Engen dieÖsterreicher zu schlagen.

Bilfinger und Wolff werden am 24. Maivon einem Militärgericht zum Tode verur-teilt, da sie Hohentwiel gegen Befehl des Her-zogs übergeben haben, doch begnadigt sieHerzog Friedrich II. zu langer Festungshaft.

Zwar hat die Festung kaum noch militä-rischen Wert, doch ordnet Napoleon im Au-gust 1800 ihre Schleifung an. Die am 10. Ok-tober beginnende Zerstörung ist ein poli-tisch-symbolischer Akt. An der Schleifungbis März 1801 sind zwangsverpflichtete Be-wohner des Hegaus beteiligt. Aus der Fes-tung Mainz werden 76 französische Mineu-re angefordert. Bei der Sprengung des gro-ßen Rondells werden drei von ihnen schwerverletzt, zwei sterben. Die Bastionärbefesti-gung der oberen Festung wird zerstört.Wohnbauten werden ausgeschlachtet, ver-wendbares Material (Fenster, Holz, Metall,

Dachziegel) versteigert. Später entnehmenAnwohner den Ruinen Steine.

Bald nach Abzug der Franzosen kommen„Alterthumsfreunde“ auf den Hohentwiel –seine „Entdeckung“ durch die Romantikerbeginnt. Pläne des 19. Jahrhunderts zur Neu-befestigung bleiben unausgeführt.

Nach der ZerstörungAls 1829 Vertreter Badens und Württem-bergs über eine Abtretung des Hohentwielan Baden beraten, berichtet Geh. Rat Friede-rich nach Karlsruhe, dass Württemberg kei-nerlei Absicht habe, den Berg abzutreten,„indem S. M. der König […] auf diesen nutz-losen Punkt einen gewissen historischenWert legt“. Der funktional „nutzlose” Berghat eine ideelle Bedeutung – im 20. Jahrhun-dert wird er als „die schwäbische Gralsburg“bezeichnet!

Im Zweiten Weltkrieg wird der Festungs-kirchturm ein Luftbeobachtungsposten. Seit1941 steht der Hohentwiel unter Naturschutz,1969 wir er Teil der Gemarkung Singens.

Württembergische FestungEine 1593 vom württembergischen Hofbau-meister Heinrich Schickhardt gefertigte An-sicht der Festung zeigt das aus der mittelal-terlichen Burg hervorgegangene Herzogs-schloss und die Vorburg mit der großenKaserne (fälschlich als sogenannter Kloster-bau bezeichnet) umgeben von einem weit-läufigen Mauerring mit Geschütztürmenbzw. Rondellen, deren erste den 1520er-Jah-ren entstammen. Beim bald nach 1519 be-gonnenen Ausbau unter Herzog Ulrich wer-den Teile des Gipfels planiert. Ulrichs SohnChristoph lässt weiter bauen: 1552/68

Dr. Michael Losse, Jg. 1960, ist Historiker, Kunsthisto-riker, Burgen- und Festungsforscher. Er ist Autor zahl-reicher Fachbücher und Artikel über Burgen, Schlösserund Festungen.

ZWECKENTFREMDET: Der alte Kirchturm von Hohentwiel diente während des Zweiten Welt-

kriegs als Luftbeobachtungsposten. Heute ist er eine begehrte Aussichtsplattform mit ei-

nem fantastischen Blick auf das Umland.

DETAILBLICK: Nahansicht eines

Torbogens in den Mauern der Herzogburg –

eines vierflügeligen Renaissanceschlosses.

LiteraturtippsHerbert Berner (Hg.): Hohentwiel. Sigmaringen1957.

Casimir Bumiller: Hohentwiel. Konstanz 1990.

Roland Kessinger/Klaus-M. Peter: HohentwielBuch. Bonn und Singen (Hohentwiel) 2002.

Spurensuche | Hohentwiel

72

Page 73: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

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Page 74: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Hindenburg sind die Beneckendorffs indesschon seit dem Mittelalter verbunden. 1789vereinigen sich beide Familien samt Wappen,als der letzte Hindenburg kinderlos stirbt.

Einsatz im „Deutschen Krieg”Der berühmteste Spross beiderZweige erblickt am 2. Oktober 1847in Posen das Licht der Welt: PaulLudwig Hans Anton von Ben-eckendorff und von Hinden-burg. Paul tut sich in der Schuleanfangs etwas schwer, vor al-lem beim Rechnen. Lediglichim Fach Deutsch bescheini-gen ihm die Lehrer gute Leis-tungen und loben obendreinsein gutes Benehmen. ImApril 1859 verlässt er dasevangelische Gymnasiumund wechselt zur Kadet-tenschule in Wahlstatt imKreis Liegnitz.

Nach seinem Fähn-richsexamen tritt erschließlich im April1865 als Secondelieute-nant dem Garde-Regi-ment Nr. 3 bei. Raschzeigt sich, dass dieharten Jahre den jun-gen Mann nicht von

74

Feldherren

Millionenfach haben Menschen inDeutschland vor und nach seinemTod sein Porträt als Briefmarke auf

ihre Post geklebt. Passagiere sind mit einemnach ihm benannten Zeppelin über den At-lantik sogar bis in die USA geflogen. Heutedagegen wird vielfach auf dem Andenken anden ehemaligen Feldherrn und Reichspräsi-denten „herumgetrampelt“ – sowohl buch-stäblich als auch im übertragenen Sinne. Alsim Jahre 2008 der Bau der neuen Mainzer Sy-nagoge beginnt, bricht eine heikle Diskussi-on los. Die Synagoge liegt nämlich in derStraße, die seinen Namen trägt: Hindenburg.Die Parteien SPD und Grüne fordern, dieStraße umzubenennen, sie scheitern jedocham Widerstand der CDU. Am Ende be-schließt der Stadtrat, den ursprünglichen Na-men beizubehalten und lediglich das Teil-stück mit der Synagoge in „Am Synagogen-platz“ umzubenennen.

Zuletzt hat die Ratsversammlung in KielAnfang 2014 beschlossen, die berühmte Pro-menade „Hindenburgufer“ in „Kiellinie“umzubenennen, während sich in anderenStädten die Anwohner bei Bürgerbefragun-gen für die Beibehaltung „ihres“ Straßenna-mens aussprachen.

Hindenburg polarisiertWie kommt es, dass noch acht Jahrzehntenach dem Tod Paul von Hindenburgs sichdie einen berufen fühlen, das Andenken anihn zu bewahren, während es andere gerntilgen möchten?

Die Geschichte der Beneckendorffs, dennso hieß die Familie ursprünglich, lässt sich bisins 12. Jahrhundert zurückverfolgen. AlsKriegeradel dienen sie verschiedenen Her-ren, ehe sich die Beneckendorffs im 18. Jahr-hundert eng an das Haus der Hohenzollernbinden. Allein in den ersten 100 Jahren desAufstiegs Preußens fallen 23 Angehörige derFamilie in diversen Kriegen. Mit dem Haus

Paul von Hindenburg

Streitbar undumstritten

ZEITGENÖSSISCH: Diese kolo-

rierte Postkarte des berühmten

Generalfeldmarschalls stammt

aus der Zeit des Ersten Weltkrie-

ges, als Hindenburg für viele

Deutsche als „Held von Tannen-

berg“ und „Befreier Ostpreußens“

galt. Abb.: picture-alliance/zb/picture-alli-

ance/dpa-Zentralbild

Page 75: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

75

GROßER ERFOLG: Der Sieg über die

Russen in der „Schlacht von Tannen-

berg“ Ende August 1914 zählt zu den

größten militärischen Triumphen Hinden-

burgs; hier deutsche Soldaten während

der Schlacht in ihrer Stellung.

Foto: picture-alliance/akg-images

Clausewitz 3/2014

2. August 1934: Paul von Hindenburgstirbt auf seiner ländlichen Residenz GutNeudeck. Der „Held von Tannenberg“ polarisierte als Feldherr und Reichspräsi-dent bereits zu Lebzeiten die Menschen.Auch 80 Jahre nach seinem Tod wird inDeutschland noch immer kontrovers überihn diskutiert. Von Stefan Krüger

Page 76: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

seiner Berufung entfremdet haben. Er brenntvielmehr darauf, sich endlich „zu bewäh-ren“. Gelegenheit dazu hat er während des„Deutschen Krieges“ von 1866. Bei derSchlacht von Königgrätz durchschlägt eineösterreichische Kugel seinen Helm und tötetihn um ein Haar. Doch Hindenburg legt eineschier unerschütterliche Nervenstärke anden Tag und führt seine Männer weiterhindurchs Gefecht. Bei Königgrätz erhält er sei-ne erste Auszeichnung.

Noch stärker sollte ihn der Deutsch-Fran-zösische Krieg von 1870/71 prägen. Hinden-burg erstürmt mit seinen Kameraden diefranzösischen Stellungen bei Saint-Privat,

wobei die Deutschen schwere Verluste erlei-den. In einem aufgewühlten Brief an seineEltern bezeichnet der junge Offizier seinÜberleben als „Wunder“. Der Lohn all dieserblutigen Mühen war das Eiserne Kreuz.

Nach den Einigungskriegen steigt Hin-denburg ebenso kometenhaft auf wie dasDeutsche Kaiserreich, dem er nun dient.1873 verbringt er drei Jahre an der Kriegs-akademie, wo er bald als „musterhafter“Schüler gilt. 1877 wird ihm die Ehre zuteil,dem erlesenen Kreis des Großen Generalsta-bes beizutreten. Ab 1885 dient er hier als Ma-jor in der Abteilung von Oberst Schlieffen, inder er ebenfalls positiv auffällt.

76

Feldherren

IN POSE: Hinden-

burg als junger Offi-

zier während

des Feldzuges

gegen Öster-

reich 1866.

Foto: picture-al-liance/akg-ima-ges

PROPAGANDA-POSTKARTE: Kai-

ser Wilhelm II. und

Generalfeldmar-

schall von Hinden-

burg als erfolgrei-

che Feldherrn.

Abb.: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Erst 1905 erreicht seine Karriere scheinbarden Höhepunkt, als man ihn zum Generalder Infanterie ernennt. Zuletzt kommandiertHindenburg das IV. Armeekorps in Magde-burg, ehe er 1911 im Alter von 63 Jahren sei-nen Abschied nimmt. Damit ist sein Lebenals Soldat scheinbar vorüber – womöglichwäre er nie mehr als eine Fußnote in der Ge-schichte gewesen.

Unverhoffte ReaktivierungIm Jahre 1914 jedoch setzt sich das höchstkomplizierte europäische Räderwerk aus Di-plomatie, Drohungen und Angst in Bewe-gung und beschert den Völkern einen ver-hängnisvollen Krieg. Der grau gewordeneHindenburg schreibt unverzüglich an dasKriegsministerium und bittet, ja fleht regel-recht um ein Kommando. Er beteuert, dasser geistig und körperlich immer noch regesei und bietet sogar an, in der Kommando-hierarchie eine Stufe tiefer neu einzusteigen,wenn man ihm nur endlich eine Aufgabe ge-ben würde. Die Antwort fällt indes denkbarvage aus und ist wohl eher der Höflichkeitgeschuldet. Man braucht den alten Hinden-burg offenbar nicht. Resigniert zieht sich derehemalige General zurück.

Am 22. August 1914 klopft es unverhofftan seiner Tür. Telegramm für Hindenburg:„Für hohe Kommandostelle in Aussicht ge-nommen. Bereithalten. Abholung durch Lu-dendorff.“ Was war geschehen?

Page 77: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Die deutsche Führung hatte darauf spe-kuliert, dass die Russen sehr viel Zeit benö-tigen, um offensiv gegen die Mittelmächtevorzugehen. Tatsächlich aber präsentierensich die Soldaten des Zaren sehr angriffslus-tig und kampfstark und bereiten der deut-schen 8. Armee in Ostpreußen eine erste Nie-derlage. Der Oberbefehlshaber General-oberst Maximilian von Prittwitz und Gaffronplädiert daraufhin dafür, die Armee hinterdie Weichsel zurückzuziehen, um zumindestZeit zu schinden. Das Große Hauptquartierdenkt jedoch nicht daran, Ostpreußen aufzu-geben und setzt Prittwitz ab.

Oberbefehlshaber der 8. ArmeeAusschlaggebend für Hindenburgs Ernen-nung ist vermutlich Oberst Karl von Fabeck,der in der preußischen Armee für das Perso-nalwesen der Generalstabsoffiziere zustän-dig ist. Der neue Oberbefehlshaber der 8. Ar-mee reist zusammen mit seinem General-stabschef Ludendorff im Sonderzug an dieOstfront. Letzterer instruiert Hindenburgwährend der Fahrt über die Lage. Es siehtdüster aus. Die Russen rücken mit zwei Ar-meen in Ostpreußen ein, denen lediglich ei-ne, bereits angeschlagene deutsche Armeegegenübersteht.

Als günstig erweist sich lediglich der Um-stand, dass die zaristischen Truppen ge-trennt voneinander operieren: Während die1. Armee Königsberg zum Ziel hat, dringtdie 2. Armee von Süden in Ostpreußen ein,

um den deutschen Verbänden den Rückzugzu verlegen. Hindenburg und Ludendorffkommen darin überein, zuerst die russische2. Armee unter General Samsonow zu ver-nichten. Es waren in erster Linie Ludendorffund der Chef der Operationsabteilung MaxHoffmann, die den Operationsplan ausgear-

beitet haben, mit dem es gelingt, die 2. Ar-mee zu umfassen und aufzureiben. Sie stüt-zen sich in ihrer Planung vor allem auf diedeutschen Trümpfe, nämlich die überlegeneFunk- und Luftaufklärung und das effizien-te Schienennetz. Dennoch birgt der Plan un-geheure Risiken.

Rasch überschlagen sich die Ereignisse,als genau das geschieht, was aus deutscherSicht nicht hätte passieren dürfen: Teile derrussischen 1. Armee tasten sich am 26. Au-gust westwärts und bedrohen die Flanke derdeutschen 8. Armee. Ludendorff gerät in Pa-nik. Was ist, wenn die Russen den Spieß mitihren überlegenen Kräften umdrehen? Zu-nehmend kopflos ist er kurz davor, die ge-

samte Operation abzubrechen. In diesem Au-genblick erscheint Hindenburg. Er redet sei-nem Chef des Stabes Mut zu und ermuntertihn, am ursprünglichen Plan festzuhalten.

Ludendorff beruhigt sich, das Unterneh-men läuft weiter. Schließlich erleiden dieRussen in den nächsten vier Tagen eine ver-

nichtende Niederlage, die als „Tannenberg-Schlacht“ in die Geschichte eingehen wird.Die „Schlacht von Allenstein“, wie KaiserWilhelm II. sie ursprünglich nennt, war dergrößte Erfolg deutscher Truppen im ErstenWeltkrieg.

Beliebt und populärAls Lohn erhält Hindenburg den Orden„Pour le Mérite“. Am 27. November 1914 be-fördert man ihn zum Generalfeldmarschall.Doch das ist nichts im Vergleich zu der über-wältigenden Reaktion in der Heimat. Nichtnur Straßen und Plätze auch profane Kon-sumartikel erhalten bald den schmückendenBeinamen „Hindenburg“. Die Verehrung

77Clausewitz 3/2014

Erfolge im Osten

„Mein Zug hatte die Hälfte seines Bestandes verloren, ein Beweis dafür,

dass er seine Schuldigkeit getan hatte.“

Hindenburg über die Rolle seiner Einheit während der Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866

FÜHRUNGSMANNSCHAFT: Hindenburg als Oberbefehls-

haber der 8. Armee mit seinem Stab; links im Bild

neben ihm Erich Ludendorff, rechts von Hindenburg auf

dem Foto Max Hoffmann. Foto: picture-alliance/akg-images

Page 78: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

nimmt groteske Züge an. Den populärenFeldmarschall erreichen auch Berge an „Fan-post“, sodass er augenzwinkernd anmerkt,man möge seinen Grabstein später mit derInschrift „Briefe werden nicht mehr ange-nommen“ versehen.

Das Verhalten der Menschen damals mu-tet von heutiger Warte aus betrachtet sehrbefremdlich an. Doch darf man nicht verges-sen, dass Deutschland zu dieser Zeit jenseitsdes staatlich geförderten „Hurra-Geschreis“eine durchaus verunsicherte und teilweisesogar verängstigte Nation ist. Zudem ist eskaum vier Wochen her, als die Öffentlichkeitnoch über das österreichische Ultimatum anSerbien diskutierte, während man sich nunmit der „halben Welt“ im Krieg befindet.Hindenburg gibt diesen Menschen somit et-was, was sie sich seit dem ersten Schuss ge-wünscht haben: Hoffnung.

An der Spitze der OHL Vor diesem Hintergrund spielt es kaum eineRolle, dass die 8. Armee eigentlich von Lu-dendorff und Hoffmann geführt wurde. Ineinem bemerkenswerten Anflug von Selbst-ironie stellt auch Hindenburg fest, dass sei-ne Hauptaufgabe darin bestanden habe, „andie Front zu fahren und Auszeichnungen zuverteilen.“ Dessen ungeachtet ist es aberzweifelsohne Hindenburgs Verdienst, dassder Generalstab in den kritischsten Stundennicht die Nerven verlor.

Im August 1916 beruft man Hindenburgzum Generalstabschef des Feldheeres, wäh-rend Erich Ludendorff Erster Generalquar-

tiermeister wird. Sie lösen damit den glück-losen Erich von Falkenhayn ab und bildendie 3. OHL (Oberste Heeresleitung). Die Auf-gabenteilung bleibt indes die gleiche: Luden-dorff führt, Hindenburg moderiert. Zwar hatsich diese Arbeitsweise bei Tannenberg be-

währt. Doch kristallisiert sich immer stärkerheraus, dass Hindenburg sehr abhängig vomUrteilsvermögen und den Fähigkeiten seinerUmgebung – allen voran Ludendorff – ist.

Dennoch legt die neue OHL einen recht„gelungenen“ Start hin. So stellen Hinden-burg und Ludendorff als erstes die sinnlos ge-wordenen und höchst verlustreichen Angrif-fe bei Verdun ein und entscheiden im Winter1916/17, an der Westfront vorerst defensiv zubleiben. Außerdem ordnen sie an, dass diedeutschen Soldaten in der Verteidigung künf-tig flexibler agieren sollen, um die Verluste zubegrenzen. Eine bessere Ausrüstung für dieInfanterie und eine gründlichere Ausbildungfür Offiziere sind weitere Maßnahmen.

Doch die militärische Führung genügtLudendorff nicht. Der maßlos ehrgeizige Of-fizier strebt auch die Kontrolle über dieKriegswirtschaft an, womit er aber das Feldder Politik betritt. Ein Ergebnis ist das soge-

nannte Hindenburg-Programm. Neben un-realistischen Produktionszielen zielt es auchdarauf ab, jeden wehr- oder arbeitsfähigenDeutschen zu erfassen und für den Kriegeinzuspannen. Reichskanzler BethmannHollweg mahnt, dass das Hindenburg-Pro-gramm nicht nur scheitern, sondern am En-de auch mehr schaden als nutzen wird. Ersollte Recht behalten.

Die OHL kann sich jedoch gegenüber derPolitik durchsetzen, da Kaiser Wilhelm II.glaubt, auf Hindenburg nicht verzichten zukönnen, während dieser völlig von Luden-dorff abhängig ist. Somit genügt eine bloßeRücktrittsdrohung der OHL, damit diese ih-ren Willen bekommt. Auf diese Weise wan-delt sich Deutschland mehr und mehr zu ei-ner Militärdiktatur.

Späte Friedensbereitschaft1917 zeichnet sich der ZusammenbruchRusslands deutlich ab. Mit diesem Trumpf inder Hand regt Bethmann Hollweg an, denAlliierten einen Verständigungsfrieden vor-zuschlagen. Die OHL pocht jedoch weiterhinauf einen „Siegfrieden“. Diese Seifenblaseplatzt 1918 endgültig, als die letzten deut-schen Offensiven im Westen scheitern.

Nun drängen auch Hindenburg und Lu-dendorff auf einen Verständigungsfrieden,doch das Deutsche Reich kann nicht mehrgenug in die Waagschale werfen. Erst als mitder Kapitulation Bulgariens der Zusammen-bruch der Balkanfront droht, ist die OHL

78

Feldherren

„All’ unser Sein dem Vaterland!“

Paul von Hindenburg

HOHER BESUCH: Paul von Hindenburg

zeichnet Soldaten des Garde-Regiments

Nr. 3 aus, Aufnahme aus dem Jahr 1917.

Foto: picture-alliance/akg-images

Page 79: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

bereit, einen Frieden auf Basis von US-Präsi-dent Wilsons 14-Punkte-Programm zu ak-zeptieren. Kurz: Die OHL hinkt mit ihrenZugeständnissen der tatsächlichen Entwick-lung immer um genau einen Schritt hinter-her. Als Wilson am 23. Oktober in seinemAntwortschreiben im Grunde nichts anderesals die deutsche Kapitulation fordert, rea-giert Hindenburg empört. Nun fordert er,den Kampf fortzusetzen.

Reichspräsident HindenburgDiesmal setzt sich jedoch die Politik durch:Am 9. November 1918 überreichen die Alli-ierten schließlich ihre Bedingungen für ei-nen Waffenstillstand. Zwar rät die OHL da-zu, diese anzunehmen doch setzt sie zu-gleich die folgenreiche Legende in die Welt,das Heer sei unbesiegt. Schuld an der Nie-derlage sei allein die Heimat, der Hinden-burg unterstellt, nicht genug Härte gezeigtzu haben. Als zuletzt in manchen TeilenDeutschlands die roten Fahnen der Revolu-tion entrollt werden, steht für den Feldmar-schall der Schuldige fest – die „Dolchstoßle-gende“ ist geboren. Die SPD-Regierung unddie OHL, die erst 1919 aufgelöst wird, findenjedoch rasch wieder zusammen, als es gilt,die Revolutionäre zu bekämpfen. Hinden-burg nimmt indes am 3. Juli 1919 endgültigseinen Abschied.

Ruhig bleibt es um den greisen Feldmar-schall allerdings nicht, denn 1925 fordern ihndie rechten Parteien auf, sich als parteiloserKandidat zur Wahl des Reichspräsidenten zustellen. Mit Hindenburg als Staatsoberhaupthoffen sie, die Machtverhältnisse in der Wei-marer Republik zugunsten der alten Eliten(Militär, Adel und Beamte) verschieben, mit-hin die ungeliebte Demokratie beseitigen zu

können. Doch nachdem der mittlerweile 77-Jährige am 26. April 1925 die Wahl gewon-nen hat, schafft es Hindenburg erneut, zuüberraschen. Anstatt die Demokratie zu un-terhöhlen, stärkt sie der Reichspräsidentdurch eiserne Verfassungstreue. SebastianHaffner hat bereits richtig angemerkt, dassdie Wahl Hindenburgs ein Glücksfall für diejunge Republik war. Bot sie doch die Chance,den neuen, demokratischen Staat mit der po-litischen Rechten zu versöhnen. Letztere abernimmt es dem Präsidenten übel, dass er kon-struktiv mit den demokratischen Kräften zu-sammenarbeitet. Vor allem auf dem Gebietder Außenpolitik entfaltet Hindenburg einerege Aktivität. Längst hat er nämlich begrif-fen, dass sich Deutschland in seiner schwie-rigen Lage keine Alleingänge erlauben kann.So tragt er auch den umstrittenen Young-Planmit. Als dieser im Mai 1930 in Kraft tritt, istfur die Rechten das Maß voll: Sie brechen mitHindenburg. Rechtsextreme Parteien wie dieNSDAP feinden Hindenburg gar öffentlichan. Die Abneigung beruht indes auf Gegen-seitigkeit. Der Feldmarschall hält Hitler füreinen vulgären Emporkömmling („böhmi-scher Gefreiter“). Zudem lehnt er die Gewalt-tätigkeit der SA und den Antisemitismus derNSDAP ab.

Als mit den wachsenden WahlerfolgenHitlers dessen Ernennung zum Reichskanz-ler im Raum steht, soll Hindenburg den le-gendären Satz geäußert haben: „Reichskanz-

ler will der werden? Höchstens Postminister.Dann kann er mich auf den Briefmarken vonhinten lecken.“

Letzte JahreEnde 1932 hat Hindenburg die Wahl, das Ka-binett Schleicher verfassungswidrig weiter-regieren zu lassen oder Hitler zum Reichs-kanzler zu ernennen. Der Präsident entschei-det sich für letzteres und unterschreibt unteranderem die fatale „Verordnung des Reichs-präsidenten zum Schutz von Volk undStaat“, mit der die Grundrechte der deut-schen Bürger aufgehoben werden.

Paul von Hindenburg ist gewiss nichtschuld an der „Machtergreifung“ der NSDAP.Hatte diese doch infolge der letzten Wahl ei-nen klaren Regierungsauftrag bekommen.Hauptverantwortlich ist er jedoch für dasVersagen der OHL, die den Krieg nicht recht-zeitig unter günstigeren Bedingungen been-dete. Obendrein bürdete er der jungen Repu-blik eine gewaltige Hypothek auf, als sichdie OHL am Ende des Krieges aus der Ver-antwortung stahl und es der Politik überließ,die Scherben zusammenzukehren. Dies soll-te dem späteren Reichspräsidenten in einergeradezu ironischen Wendung der Ge-schichte auf die Füße fallen.

Hindenburg stirbt am 2. August 1934 undwird in dem sieben Jahre zuvor von ihm ein-geweihten Tannenberg-Denkmal in Ostpreu-ßen beigesetzt. Die letzte Ruhestätte findet ernach einer Anfang 1945 unternommenenÜberführung seiner Gebeine in der Elisa-bethkirche in Marburg.

79Clausewitz 3/2014

Abneigung gegen Hitler

LiteraturtippJesko von Hoegen: Der Held von Tannenberg:Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos,Wien (u.a.) 2007.

Stefan Krüger, M.A., Jg. 1982, Historiker aus München.

MIT SYMBOLKRAFT: Großplakat, das für die

Wiederwahl Hindenburgs als Reichspräsi-

dent im Frühjahr 1932 wirbt.

Foto: picture-alliance/AP images

MIT EHRENWACHE: Der aufgebahrte Leichnam Hindenburgs im August 1934 in seinem

Gutshaus in Neudeck (Kreis Rosenberg, Provinz Ostpreußen). Foto: picture-alliance/akg-images

Page 80: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

In den Jahren von 1861 bis 1865 sind dieUSA in einem blutigen Bürgerkrieg mitsich selbst beschäftigt. Das Land ist zu

gelähmt, um die Monroe-Doktrin durchzu-setzen. Hier sieht Napoleon III. – zwanghaftauf der Suche nach außenpolitischen Erfol-gen – eine Möglichkeit, seinem Land zu na-poleonischer „Grandeur“ zu verhelfen.Durch die Installation eines europäischen Kö-nigs (unter französischer Federführung) inMexiko, will er einen Brückenkopf für einfranzösisches Großreich in Südamerika schaf-fen. Den auslösenden Vorwand für eine mi-litärische Intervention findet Louis-Napoleonin der Weigerung der mexikanischen Regie-rung, Schulden zurückzuzahlen. Als Kaiserwird nach dem erfolgten Umsturz ein Erz-herzog aus dem Hause Habsburg von Napo-leons Gnaden eingesetzt: Maximilian. AmEnde scheitert das groteske „Mexiko-Aben-teuer“ allerdings dramatisch. Nach dem En-de des Bürgerkriegs schalten sich die USA so-fort ein und unterstützen die Republikanerunter Juárez. Maximilian wird nach nur dreiJahren an der Macht gefangen genommen,zur Abdankung gezwungen, und 1867 inQuerétaro exekutiert. Napoleon III. lässt sei-nen Statthalter – entgegen allen vorherigenBeteuerungen – schmählich im Stich.

Bereits kurz nach der Hinrichtung machtsich Edouard Manet ans Werk. Über ein Jahrarbeitet er an insgesamt vier Versionen derExekution Kaiser Maximilians. Im Zentrumdes Bildes steht das Hinrichtungskomman-do, das gerade auf Maximilian und zwei sei-ner Mitstreiter (General Mejía und Infante-riegeneral Miramón) feuert. Am rechtenBildrand ist ein Soldat mit rotem Käppi zusehen, dessen Gesichtszüge auffallend de-nen Napoleons III. ähneln. Die Uniformender Soldaten sind darüber hinaus franzö-

sisch – mit diesen Mitteln wird Louis-Napo-leon als eigentlich Verantwortlicher undMörder Maximilians entlarvt. Die Mexika-ner, zu sehen als Zuschauer hinter der Mau-er, sind lediglich Statisten und Publikum.Manet gestaltet Maximilian anhand einerFotografie sehr realistisch und stellt ihn imBild so dar, wie er laut Berichten am Tag sei-ner Hinrichtung gekleidet war: Dunkler An-zug und Sombrero – letzterer wirkt in Ma-nets Darstellung eher wie ein Heiligen-schein. Vorbild für Manets Komposition istdie berühmte Exekutionsszene Francisco deGoyas „Die Erschießung der Aufständi-schen“ von 1814, auf dem InvasionstruppenNapoleons I. spanische Patrioten hinrichten.

Manets Bild ist in seiner Darstellungnüchtern und ohne großes Pathos. In küh-len Farben stellt er die Ereignisse im Stil derfranzösischen Historienmalerei dar. Die Fi-guren wirken – wie oft bei Manet – starrund bewegungslos, das Bild fast wie einStillleben. Zu Lebzeiten Manets wird „DieErschießung Kaiser Maximilians“ nicht öf-fentlich ausgestellt.

80

Ein Bild erzählt Geschichte

Die Erschießung Kaiser Maximilians

Napoleon III.als Mörder 19. Juni 1867, frühmorgens: Ein mexikanisch-republikanischesHinrichtungskommando erschießt den österreichischen Erzher-zog Maximilian und zwei seiner Generäle. Für den Maler Edou-ard Manet ist Kaiser Napoleon III. der Hauptschuldige an die-ser Tragödie. Von Maximilian Bunk

Maximilian Bunk, Jg. 1976, ist Historiker und Redak-teur bei CLAUSEWITZ.

Der in Paris geborene Künstler entstammt ei-ner wohlhabenden Beamtenfamilie, und be-zieht viele Anregungen aus dem Studium derWerke von Delacroix, Giorgione, Tizian, Veláz-quez und Goya. Er wirkt stilbildend auf die Im-pressionisten, zu Literaten wie Émile Zolaund Charles Baudelaire pflegt er engen Kon-takt. Manets Bilder stoßen wiederholt auf Ab-lehnung bei der zeitgenössischen Kritik und

beim Publikum. Napoleon III. und dessen Em-pire wiederum stoßen bei Manet auf wenigGegenliebe. Mit der „Erschießung Kaiser Ma-ximilians“ will der Künstler einen politischenSkandal kommentieren – ähnlich Géricaults„Floß der Medusa“ (1819) oder dem „Ge-metzel von Chios“ (1824) von Delacroix. ImKrieg 1870/71 dient Manet bei der Verteidi-gung von Paris in der Nationalgarde.

Edouard Manet (1832–1883)HINTERGRUND

Page 81: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

81Clausewitz 3/2014

MORALISCHE ANKLAGE: Die Erschießung Maximilians ist

ein Drama, das damals jedem Zeitgenossen bekannt war.

Mit seinem Gemälde will Edouard Manet die französische

Öffentlichkeit aufrütteln, und auf ein politisches Verbrechen

hinweisen – ein Vorhaben, das die Zensur zu verhindern

weiß. Für Manet ist Napoleon III. durch Wortbruch und Ver-

rat schuld am Tod Maximilians. Abb.: picture alliance / Artcolor

Page 82: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

RedaktionsanschriftCLAUSEWITZInfanteriestr. 11a, 80797 München Tel. +49 (0) 89.130699.720 Fax +49 (0) [email protected] Dr. Tammo Luther (Verantw. Redakteur),Maximilian Bunk, M.A. (Redakteur), Markus Wunderlich (Redaktionsleiter)Berater der Redaktion Dr. Peter WilleStändige Mitarbeiter Dr. Joachim Schröder, Dr. Peter Andreas Popp Layout Ralph Hellberg

LeserserviceTel. 0180 – 532 16 17 (14 Cent/Min.) Fax 0180 – 532 16 20 (14 Cent/Min.) [email protected]

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Geschäftsführung Clemens Hahn, Carsten LeiningerHerstellungsleitung Sandra KhoVertriebsleitung Dr. Regine HahnVertrieb/Auslieferung Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel: MZV Moderner Zeitschriften Vertrieb GmbH & Co. KG, Unterschleißheim

Im selben Verlag erscheinen außerdem:

Preise Einzelheft € 5,50 (D), € 6,30 (A), € 6,50 (LUX), sFr. 11,00 (CH)(bei Einzelversand jeweils zzgl. Versandkosten)Jahresabonnement (6 Hefte) € 29,70 € incl. MwSt., im Ausland zzgl. Versandkosten Erscheinen und Bezug CLAUSEWITZ erscheint zwei-monatlich. Sie erhalten CLAUSEWITZ in Deutschland,in Österreich, in der Schweiz und in Luxemburg imBahnhofsbuchhandel, an gut sortierten Zeitschriften-kiosken sowie direkt beim Verlag.ISSN 2193-1445

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Redaktion und Verlag distanzieren sich ausdrücklichvon jeglicher nationalsozialistischer Gesinnung.

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Nr.19 |3/2014 |Mai-Juni | 4.Jahrgang

Schlacht bei den Thermopylen

300 Spartaner!

480 v. Chr.: Der spartanische König Leonidasstirbt mit 299 Gefolgsleuten auf einem Gebirgs-pass im Kampf gegen die Perser. Legendär ist dasEpitaph, das an die griechischen Verteidiger erin-nert: „Wanderer, meld‘ es daheim LakedaimonsBürgern: Erschlagen liegen wir hier, noch im Toddem Gebote getreu.“

Vorschau

Fieseler Fi 103/V1

Hitlers „Vergeltungswaffe“

Juni 1944: Kurz nach der alliierten Invasion schlagen un-bemannte und mit Sprengstoff beladene Flugzeuge in Lon-don ein. Es ist Hitlers „Vergeltungswaffe“ V1. Von nun anwird sie massenweise verschossen – und bringt Tod undZerstörung. Doch es gibt Abwehrmöglichkeiten…

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Die nächste Ausgabe

von

erscheint

am 2. Juni 2014.

Außerdem im nächsten Heft:

Wilhelmshaven. Auf Spurensuche im traditionsreichen Marinestützpunkt.

Generalfeldmarschall Walter Model. Hitlers gefürchteter „Feuerwehrmann“.

Und viele andere Beiträge aus den Wissengebieten Geschichte, Militär und Technik.

Lieber Leser,Sie haben Freunde, die sich ebenso für Militärge-schichte begeistern wie Sie? Dann empfehlen Sie unsdoch weiter! Ich freue mich über jeden neuen Leser.

Ihr verantwortlicher RedakteurCLAUSEWITZDr. Tammo Luther

Marne-Schlacht 1914

Das Scheitern des „Schlieffen-Plans“

September 1914: Die für die Entente und die Deutschen verlustreiche Schlachtstellt bereits zu einem frühen Zeitpunkt einen entscheidenden Wendepunkt desErsten Weltkrieges dar – für die Franzosen das „Wunder an der Marne“.

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Page 83: Clausewitz Magazin (Mai-Juni 2014) - Operation ''Market Garden

Europas Urkatastrophe

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