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DIE ZUKUNFT DER ARBEIT DENKEN Februar/März 2004 COMPACT Prominente Ökonomen unterstreichen in einem hochaktuellen Sammelband zu den anstehenden Reformaufgaben in Deutschland die Notwendigkeit grundlegender Verände- rungen in allen gesellschaftlichen Bereichen, um die Bundesrepublik auf einen erfolg- reichen Zukunftspfad zu führen. Die Autoren stellen elementare Bausteine einer langfristig angelegten Reformagenda für Deutschland zur Diskussion. Dabei geht es den Wissen- schaftlern nicht um Konsens schaffende Not- lösungen, wie sie die politische Bühne in Deutschland zuletzt weitgehend beherrscht haben, sondern um zukunftsweisende Refor- men in der Arbeitsmarkt- über die Bildungs- bis hin zur Zuwanderungspolitik. Angestoßen durch den von IZA-Direktor Klaus F. Zimmermann initiierten Experten-Aufruf „Den Reformaufbruch wagen!“ im Mai 2003, hat sich ein Teil der inzwischen über 300 am Aufruf beteiligten Wissenschaftler in diesem Buch zusammengefunden und im jeweiligen Fachgebiet Konzepte vorgelegt, die Deutsch- land mittel- und langfristig wieder an die ökonomische Weltspitze führen sollen. Als Vor- und Querdenker ihrer Zunft nennen sie die aufgestauten Probleme schonungslos beim Namen, zeichnen Lösungswege vor und geben der Politik damit ein gewichtiges Pflichtenheft an die Hand. So fordert etwa Hans-Georg Petersen (Uni- versität Potsdam und DIW Berlin), das deutsche Steuersystem radikal zu vereinfachen und bis zum Jahre 2015 stufenweise auf eine einheitliche Flatrate von 25% für die Einkom- mens- und Gewinnsteuer umzustellen. Die Einführung der Einfachsteuer wäre vor allem auch für internationale Anleger und Unter- nehmen ein positives Signal und würde so über ein zunehmendes Investitionsvolumen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze am Stand- ort Deutschland führen. Reformen – jetzt! Ökonomen fordern nachhaltige Modernisierung Deutschlands Mit der Standortfrage beschäftigt sich auch Thomas Straubhaar (Präsident HWWA Ham- burg und Universität Hamburg) in seinem Beitrag zur Zuwanderungspolitik, in dem er eine schnelle Beantwortung der „Z-Frage“ fordert. Gerade vor dem Hintergrund erheb- licher Vorbehalte gegenüber einer unkontrol- lierten und unbegrenzten Zuwanderung er- scheint es umso wichtiger eine Gesetzes- grundlage zu schaffen, die hilft die Zuwande- rung in verlässliche, am tatsächlichen ökono- mischen Bedarf orientierte Bahnen zu lenken. Den Gedanken der Qualifizierung für möglichst gut ausgebildete Arbeitskräfte und den daraus resultierenden positiven Stand- ortfaktor für Deutschland greift auch Gert G. Wagner (TU Berlin und DIW Berlin) in seinem Beitrag zur Hochschulpolitik auf. Er fordert eine stärkere Differenzierung der Studien- gänge und plädiert dafür, die Profile der einzelnen Hochschulen durch mehr Wettbe- werb zu schärfen. Ins Zentrum einer Hoch- schulreform stellt er eine dreifache Unter- teilung in Anlehnung an das angelsächsiche System: ein berufsbefähigendes Bachelor-Stu- dium, ein berufsbezogenes Master-Studium, sowie ein hochqualifizierendes Doktoranden- Studium an so genannten Graduate Schools. Dabei ist die Förderung einer Leistungs-Elite ein Muss. Die Reformdiskussionen des vergangen Jahres haben auch gezeigt, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nicht zuletzt von der Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme abhängt. Daher fordert In dieser Ausgabe „Reformen – jetzt!“ 1 Neuordnung der IZA-Forschungsbereiche 3 Dennis Snower wird Präsident des IfW Kiel 5 IZA Discussion Paper No. 1000 5 IZA baut Internet-Arbeitsmarktportal aus 6 Bert Rürup zu Gast im IZA Tower Talk 7 Arbeitslosenversicherung in Chile 8 Klaus F. Zimmermann bleibt DIW-Präsident 8 Erwerbsbeteiligung von Frauen 9 Neues IZA Buch: „How Labor Migrants Fare“ 10 EU-Kommission fördert IZA Summer School 11 IZA Workshop: „Search and Matching” 11 Neue IZA Discussion Papers/Gastwissenschaftler 13 Meinung 14 Klaus F. Zimmermann (Hrsg.), Reformen - jetzt! So geht es mit Deutschland wieder aufwärts, Wiesbaden (Gabler-Verlag) 2003, (ISBN: 3-409-12524-8).

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D I E Z U K U N F T D E R A R B E I T D E N K E N

Februar/März 2004

COMPACT

Prominente Ökonomen unterstreichen ineinem hochaktuellen Sammelband zu denanstehenden Reformaufgaben in Deutschlanddie Notwendigkeit grundlegender Verände-rungen in allen gesellschaftlichen Bereichen,um die Bundesrepublik auf einen erfolg-reichen Zukunftspfad zu führen. Die Autorenstellen elementare Bausteine einer langfristigangelegten Reformagenda für Deutschlandzur Diskussion. Dabei geht es den Wissen-schaftlern nicht um Konsens schaffende Not-lösungen, wie sie die politische Bühne inDeutschland zuletzt weitgehend beherrschthaben, sondern um zukunftsweisende Refor-men in der Arbeitsmarkt- über die Bildungs-bis hin zur Zuwanderungspolitik.

Angestoßen durch den von IZA-Direktor KlausF. Zimmermann initiierten Experten-Aufruf„Den Reformaufbruch wagen!“ im Mai 2003,hat sich ein Teil der inzwischen über 300 amAufruf beteiligten Wissenschaftler in diesemBuch zusammengefunden und im jeweiligenFachgebiet Konzepte vorgelegt, die Deutsch-land mittel- und langfristig wieder an dieökonomische Weltspitze führen sollen. AlsVor- und Querdenker ihrer Zunft nennen siedie aufgestauten Probleme schonungslosbeim Namen, zeichnen Lösungswege vor undgeben der Politik damit ein gewichtigesPflichtenheft an die Hand.

So fordert etwa Hans-Georg Petersen (Uni-versität Potsdam und DIW Berlin), dasdeutsche Steuersystem radikal zu vereinfachenund bis zum Jahre 2015 stufenweise auf eineeinheitliche Flatrate von 25% für die Einkom-

mens- und Gewinnsteuer umzustellen. DieEinführung der Einfachsteuer wäre vor allemauch für internationale Anleger und Unter-nehmen ein positives Signal und würde soüber ein zunehmendes Investitionsvolumenzur Schaffung neuer Arbeitsplätze am Stand-ort Deutschland führen.

Reformen – jetzt! Ökonomen fordern nachhaltigeModernisierung Deutschlands

Mit der Standortfrage beschäftigt sich auchThomas Straubhaar (Präsident HWWA Ham-burg und Universität Hamburg) in seinemBeitrag zur Zuwanderungspolitik, in dem ereine schnelle Beantwortung der „Z-Frage“fordert. Gerade vor dem Hintergrund erheb-licher Vorbehalte gegenüber einer unkontrol-lierten und unbegrenzten Zuwanderung er-scheint es umso wichtiger eine Gesetzes-grundlage zu schaffen, die hilft die Zuwande-rung in verlässliche, am tatsächlichen ökono-mischen Bedarf orientierte Bahnen zu lenken.

Den Gedanken der Qualifizierung fürmöglichst gut ausgebildete Arbeitskräfte undden daraus resultierenden positiven Stand-ortfaktor für Deutschland greift auch Gert G.Wagner (TU Berlin und DIW Berlin) in seinemBeitrag zur Hochschulpolitik auf. Er forderteine stärkere Differenzierung der Studien-gänge und plädiert dafür, die Profile dereinzelnen Hochschulen durch mehr Wettbe-werb zu schärfen. Ins Zentrum einer Hoch-schulreform stellt er eine dreifache Unter-teilung in Anlehnung an das angelsächsicheSystem: ein berufsbefähigendes Bachelor-Stu-dium, ein berufsbezogenes Master-Studium,sowie ein hochqualifizierendes Doktoranden-Studium an so genannten Graduate Schools.Dabei ist die Förderung einer Leistungs-Eliteein Muss.

Die Reformdiskussionen des vergangen Jahreshaben auch gezeigt, dass die internationaleWettbewerbsfähigkeit Deutschlands nichtzuletzt von der Finanzierbarkeit der sozialenSicherungssysteme abhängt. Daher fordert

In dieser Ausgabe „Reformen – jetzt!“ 1Neuordnung der IZA-Forschungsbereiche 3Dennis Snower wird Präsident des IfW Kiel 5IZA Discussion Paper No. 1000 5IZA baut Internet-Arbeitsmarktportal aus 6Bert Rürup zu Gast im IZA Tower Talk 7Arbeitslosenversicherung in Chile 8

Klaus F. Zimmermann bleibt DIW-Präsident 8Erwerbsbeteiligung von Frauen 9Neues IZA Buch: „How Labor Migrants Fare“ 10EU-Kommission fördert IZA Summer School 11IZA Workshop: „Search and Matching” 11Neue IZA Discussion Papers/Gastwissenschaftler 13Meinung 14

Klaus F. Zimmermann (Hrsg.),Reformen - jetzt! So geht es mit Deutschland wieder aufwärts,Wiesbaden (Gabler-Verlag) 2003,(ISBN: 3-409-12524-8).

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2 IZA COMPACT Februar/März 2004

Friedrich Breyer (Universität Konstanz und DIWBerlin) in seinem Beitrag zur Gesundheits-reform, die bisherige Strategie des „kleinstengemeinsamen Nenners“ aufzugeben und eineintensive öffentliche Debatte über die Not-wendigkeit einer weiter reichenden Reform derFinanzierung des Gesundheitssystems zu füh-ren. Dabei lassen sich nach seiner Ansicht diebisher konträr diskutierten Konzepte einer„Bürgerversicherung“ und einer „Gesund-heitsprämie“ durchaus miteinander verein-baren.

Bert Rürup (TU Darmstadt) spricht sich inseinem Beitrag zur Rentenreform für eineWeiterentwicklung des bisherigen Systemsstatt eines radikalen Systemwechsels aus.Ausdrücklich warnt Rürup vor wohlfeilenScheinlösungen wie einer Einbeziehung derBeamten in die gesetzliche Rentenversiche-rung. Wichtig sei es, den mit den bereitseingeschlagenen Weg des Ausbaus der mehr-säuligen Altersvorsorge konsequent weiter zugehen. Hierzu gehörten neben einer in derTendenz einnahmenorientierten Ausgaben-politik, die sich an den Beitragszielen orien-tiert, eine Anpassung des Renteneintrittsaltersan die steigende Lebenserwartung und einAusbau der kapitalgedeckten Zusatzsysteme.

Für eine erhöhte kapitalgedeckte Rücklagen-bildung plädiert auch Bernd Raffelhüschen(Universität Freiburg und Universität Bergen)bei der Pflegeversicherung. Der historischeFehler „Gesetzliche Pflegeversicherung“ (GPV)auf Kosten der nachfolgenden Generationenmüsse innerhalb eines Zeitfensters vonwenigen Jahren nachhaltig korrigiert werden,weil zu einem späteren Zeitpunkt zukünftigePflegebedürftige – dann mit Recht – daraufverweisen würden, dass sie lange Jahre in dieGPV eingezahlt hätten, ihre Ansprüche abernun nicht mehr bedient werden könnten.

In der Summe stärken die hier vorgeschla-genen Maßnahmen die Verantwortlichkeit des

Einzelnen und entlasten die häufig über ihreGrenzen hinaus belastete Solidargemeinschaftvon hohen Lohnnebenkosten. Auf diese Weisewürde Arbeit in Deutschland wieder kosten-günstiger und wettbewerbsfähiger. An diesemPunkt knüpft auch Hilmar Schneider (IZA) inseinem Beitrag zum Arbeitsmarkt an. Diehohen Stundenlöhne in Deutschland seiennicht allein das Ergebnis gewerkschaftlicherTarifpolitik, sondern zu einem gewichtigenTeil eine Konsequenz der Anbindung dergesetzlichen Sozialversicherung an die Arbeits-kosten. Jedoch seien die Gewerkschaften alsselbst ernannte Hüter der sozialen Gerechtig-keit mit ihrem vehementen Festhalten angroßzügig ausgestatteten Arbeitslosen- undSozialhilfesystemen maßgeblich mitverant-wortlich für das Nichtzustandekommen einesfür gering qualifizierte Arbeitnehmer so wich-tigen Niedriglohnsektors. Das gegenwärtigeSystem stützt die bestehende Lohnstruktur, dadie Lohnkonkurrenz aus dem unteren Ein-kommensbereich durch die impliziten Min-destlohnschwellen eingeschränkt ist. Schnei-der betrachtet die Abkehr vom Korporatismusund die Einführung eines – durch dieVerwirklichung des Workfare-Prinzips zusätz-lich stimulierten – Niedriglohnsektors beigleichzeitiger Kürzung des Leistungsanspruchsaus der Arbeitslosenversicherung als wichtigeBausteine eines wieder auflebenden Arbeits-markts.

Eine Kostenentlastung des Faktors Arbeitführt nach Ansicht von Friedrich Schneider(Universität Linz) auch zu einer Reduzierungder Schwarzarbeit. Der wachsende Druck vonSteuern und Abgaben auf den Faktor Arbeitsowie die zunehmende Regulierung in deroffiziellen Arbeitswelt resultiere in ständigwachsenden schattenwirtschaftlichen Aktivi-täten. Nicht mit strafrechtlichen, wohl abermit gezielten anreizorientierten Maßnahmenkönne es gelingen, bislang „schwarz“ ge-leistete Arbeiten pauschaliert steuerlich undsozialversicherungsmäßig abzugelten und

hierfür hohe Freigrenzen für die schon offiziellin der Wirtschaft Beschäftigten zu schaffen.

Rüdiger Pohl (Präsident IWH Halle und Uni-versität Halle-Wittenberg) zieht eine negativeBilanz der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Ost-deutschland und ruft dazu auf, die neuenBundesländer zu Vorreitern der Flexibilisie-rung des Tarifvertragssystems zu machen.Beim Infrastrukturausbau müssten die Res-sourcen auf die Wachstumspole in denBallungszentren konzentriert werden, um demAufholprozess insgesamt mehr Dynamik zuverleihen.

Kai A. Konrad (Wissenschaftszentrum Berlin)beklagt in seinem Beitrag die verpassteChance, die gemeinsame Interessenlage derAltmitglieder der Europäischen Union imVorfeld der Osterweiterung für zentraleStrukturreformen zu nutzen. Die bestehendenAnreize zu einer weiteren Ausweitung derineffizienten Umverteilungsaktivitäten derUnion dürften sich in jedem Fall nicht weiterentfalten. Am Verfahren der Einstimmigkeitim Rat der Europäischen Union und der Be-teiligung der nationalen Parlamente in Fragender Finanzierung der Europäischen Unionmüsse deshalb zwingend festgehalten werden.

IZA-Direktor Klaus F. Zimmermann schließlichbündelt in seinem Plädoyer für „Reformenjetzt!“ die unterschiedlichen Positionen desBandes zu der gemeinsamen Forderung nacheiner „Agenda 2010 II“, die den Prinzipien derNachhaltigkeit Genüge tun und weit überbloße Reparaturmaßmahmen an einem krän-kelnden System hinausgehen müsse. Nur mu-tige, einschneidende Reformen einschließlicheiner Modernisierung der Grundprinzipien desdeutschen Föderalismus gestatteten der„Deutschland AG“ eine schrittweise Rückkehrin die Erfolgsspur. Keine Frage: Mehr denn jesind weitsichtige Sanierungskonzepte gefragt,die dort ansetzen, wo die Politik bislang derMut verlässt.

Friedrich Breyer Kai A. Konrad Hans-Georg Petersen Rüdiger Pohl Bernd Raffelhüschen

Bert Rürup Friedrich Schneider Hilmar Schneider Thomas Straubhaar Gert G. Wagner Klaus F. Zimmermann

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IZA COMPACT Februar/März 2004 3

Die Forschungstätigkeit des Instituts zurZukunft der Arbeit vollzieht sich im Rahmenvon sechs inhaltlichen Schwerpunktbereichen,die jeweils von einem renommierten Pro-grammdirektor koordiniert werden und so-wohl originäre Forschungsprojekte als auchVeranstaltungen zu ausgewählten wissen-schaftlichen Fragestellungen durchführen. DasIZA-Forschungsteam erbringt eigenständigund in Zusammenarbeit mit dem exklusivenKreis der IZA Research Fellows und Affiliatesdie wissenschaftliche Grundlagenforschung inden einzelnen Forschungsbereichen. Alle For-schungsresultate werden publiziert, konti-nuierlich auf ihre arbeitsmarktpolitischen Im-plikationen hin untersucht und von einer IZA-internen Arbeitsgruppe systematisch für diePolitikberatung ausgewertet. Während die Fe-derführung aller Aufgaben in der Grundlagen-forschung von IZA-Forschungsdirektor ArminFalk (Universität Bonn) wahrgenommen wird,obliegt Hilmar Schneider, IZA-Direktor fürArbeitsmarktpolitik, die Leitung aller politik-relevanten Arbeiten des IZA.

Zu Jahresbeginn 2004 hat das IZA seineForschungsbereiche teilweise neu geordnetund zwei neue Programmdirektoren berufen.Unterstützung bei ihren vielfältigen Koordi-nationsaufgaben erhalten alle sechs Pro-grammdirektoren durch IZA-interne Stell-vertreter, die insbesondere die Vernetzung zu den Forschungsaufgaben der IZA-Wissen-schaftler sicherstellen.

Fortan wird das IZA in einem neu etabliertenForschungsschwerpunkt gezielt „Verhaltens-und Personalökonomie“ betreiben. Damitwird der zunehmenden Bedeutung diesesForschungsfeldes Rechnung getragen. AlsProgrammdirektor konnte Bentley MacLeod(University of Southern California, Los Ange-les) gewonnen werden, einer der internationalführenden Vertreter dieser Disziplin. Zugutekommt diesem Forschungsgebiet auch derUmstand, dass mit IZA-ForschungsdirektorArmin Falk ein weiterer ausgewiesener Experteauf diesem Gebiet seine Professur an derUniversität Bonn mit der Leitung des dor-tigen, renommierten Labors für experimen-telle Ökonomie verknüpft. Aus dieser Kon-stellation werden wichtige Impulse für dieForschungsarbeiten sowohl an der Universitätals auch am IZA resultieren.

Als weiteren neuen Forschungsschwerpunktetabliert das IZA mit Blick auf die wachsendeökonomische Bedeutung internationalerWanderungsbewegungen den Themenbereich„Migration“. Die Leitung dieses Forschungs-programms übernimmt der ausgewieseneMigrationsexperte Barry Chiswick (University ofIllinois, Chicago).

Elementarer Bestandteil des IZA-For-schungsprogramms ist und bleibt die Eva-luation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen.Hilmar Schneider zeichnet gegenwärtigverantwortlich für die Forschungsarbeiten aufdiesem für die Bewertung der Effektivität undEffizienz von Arbeitsmarktpolitik unverzicht-baren Forschungsfeld.

Innerhalb der anderen IZA-Forschungsbe-reiche werden teils neue Akzente gesetzt, umder ökonomischen Entwicklung gerecht zuwerden. So wird etwa der von HartmutLehmann (University of Bologna) koordinierteSchwerpunkt in Zukunft über die Analyse vonTransformationsökonomien hinaus sein Spek-trum auf die Untersuchung der Arbeitsmärktein so genannten Schwellenländern erweitern.Die Frage nach der Zukunft der Arbeit stehtwie bisher im Mittelpunkt des gleichnamigenForschungsbereichs unter Leitung von Pro-grammdirektor Dan Hamermesh (University of Texas at Austin), wird aber stärker denn je unter dem Gesichtspunkt notwendigerarbeitsmarktpolitischer Anpassungsprozesseerörtert werden. Der von Dennis Snower (Birk-beck College, London) geleitete Forschungs-schwerpunkt nimmt in Zukunft nicht allein dieInterdependenz von Wohlfahrtsstaat undArbeitsmarkt, sondern in erweiterter Perspek-tive den Einfluss von Institutionen undRegelungen auf die Arbeitsmarktentwicklungunter die Lupe.

Vor dem Hintergrund der Expertise der dreiIZA-Direktoren Klaus F. Zimmermann, ArminFalk und Hilmar Schneider auf diesenForschungsfeldern kommt den thematischenSchwerpunkten „Migration“, „Personalökono-mie“ und „Evaluation“ im Rahmen des IZA-Forschungsprogramms ein herausgehobenerStellenwert zu. Hier werden die Forschungs-arbeiten besonders intensiv vorangetriebenund mit der Erarbeitung konkreter Politik-empfehlungen verknüpft.

Die nachfolgende Übersicht liefert nähereInformationen zu Führungspersonal undinhaltlichen Leitlinien der neu geordnetenIZA-Forschungsbereiche.

Forschungsbereich 1: Evaluation arbeitsmarktpolitischerMaßnahmen

Moderne Sozialstaaten verwenden erheblicheMittel auf beschäftigungsfördernde undlohnstützende arbeitsmarktpolitische Pro-gramme. Für die Entwicklung erfolgreicherInitiativen ist die Evaluation dieser Maß-nahmen unabdingbar. In einer Zeit knapperöffentlicher Ressourcen liefert dieser IZA-Programmbereich Politik und Bürgern em-

pirisch gesicherte Erkenntnisse über dieWirksamkeit oder Unwirksamkeit arbeits-marktpolitischer Maßnahmen. Welche Teil-nehmer profitieren tatsächlich von einerMaßnahme? Wie wirkt die Maßnahme beidenjenigen, die nicht daran teilnehmen? DieAnwendung ökonometrischer Technikenerlaubt solide Antworten auf diese Fragenselbst dann, wenn keine ausreichenden Infor-mationen über die ökonomischen Ergebnisse,die sich ohne das Programm ergäben,vorliegen. Durch Simulationen, die auf empi-risch erfassten individuellen Verhaltens-mustern beruhen, lassen sich die Wirkungeneiner Maßnahme sogar bereits vor ihrerEinführung abschätzen. Das IZA setzt diesewissenschaftlichen Instrumente ein, um denpolitischen Akteuren mit unabhängigem Ratzur Seite zu stehen. Seine Forschung auf demGebiet der Programmevaluation soll zurverantwortungsbewussten Verteilung öffent-licher Mittel beitragen.

Forschungsbereich 2: Verhaltens- und Personalökonomie

Was macht manche Beschäftigungsver-hältnisse erfolgreicher als andere bzw. warumscheitern Arbeitsverhältnisse? Inwieweit kön-nen Politik und Gesetzgebung aktiv zu einerVerbesserung der Erfolgschancen von beste-henden und neuen Arbeitsverhältnissenbeitragen? Neue Forschungsergebnisse habenzu einem besseren Verständnis der psycho-logischen Funktionsweisen von Anreizsys-temen beigetragen und gezeigt, dass nebendem Einkommen und dessen empfundener„Fairness“ diverse andere Faktoren wie dasArbeitsumfeld, die Arbeitnehmermoral, dieSicherheit des Arbeitsplatzes das Arbeit-nehmerverhalten unmittelbar beeinflussen.Das IZA untersucht diese Fragestellungen imRahmen seines Forschungsschwerpunkts zurVerhaltens- und Personalökonomie. Die ge-wonnenen Ergebnisse können einerseitsUnternehmen wertvolle Informationen überein adäquates Personalmanagement liefern,andererseits erhält die Politik Hinweise zurVerbesserung bestehender Gesetze und Regu-lierungen.

IZA reorganisiert zentrale Forschungsbereiche undberuft neue Programmdirektoren

Programmdirektor(kommissarisch):Hilmar Schneider, IZA

StellvertretenderProgrammdirektorHolger Bonin, IZA

Programmdirektor:Bentley MacLeod, Universityof Southern California,Los Angeles

StellvertretenderProgrammdirektor:David Huffman, IZA

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4 IZA COMPACT Februar/März 2004

Forschungsbereich 3: Migration

Innerhalb dieses Forschungsbereichs konzen-trieren sich die Analysen auf die Dimensionender zunehmenden internationalen Migrationsowie der Binnenmigration. Erforscht werdendie Determinanten des Migrationsangebotesund der -nachfrage, einschließlich des Effektsvon Einwanderungsregelungen und des ge-setzlichen Status von Migranten. Zudemstehen die Anpassung der Migranten an ihrneues ökonomisches und soziales Umfeldsowie politische Integrationsmaßnahmen imBlickpunkt. Schließlich beschäftigt sich dasProgramm mit den Auswirkungen derMigrationsentscheidung auf Herkunfts- undEinwanderungsland. Aus den Forschungs-resultaten sollen Leitlinien für effektiveEinwanderungsregelungen, wirksame Integra-tionsmaßnahmen und andere Aufgaben derMigrationspolitik entwickelt werden.

Forschungsbereich 4: Arbeitsmärkte und Institutionen

Die Auswirkung von Institutionen und ge-setzlichen Regelungen auf den Arbeitsmarktsind Untersuchungsgegenstand dieses IZA-Forschungsprogramms. Ein Schwerpunkt liegtdabei auf der Analyse von Institutionen aufder Mikroebene und ihrer makroökono-mischen Konsequenzen für die wirtschaftlicheEntwicklung. Erforscht werden ebenso dieDeterminanten von Institutionen wie Gewerk-schaften, Kündigungsschutzregelungen, Min-destlöhnen, Arbeitslosenversicherung undanderen Elementen des Sozialstaates. Dar-über hinaus gilt das Augenmerk den Wech-selwirkungen zwischen Arbeitsmärkten undProdukt- oder Finanzmärkten und ihren jewei-ligen Institutionen vor dem Hintergrund zu-nehmend globaler Märkte.

Forschungsbereich 6: Zukunft der Arbeit

Die Zukunft der Arbeit wird von drei zentralenFaktoren bestimmt: Auf der Nachfrageseiteführen Globalisierung und rascher tech-nologischer Fortschritt zu einer Reorga-nisation und neuen Formen von Arbeit. Aufder Angebotsseite bestimmen Ausbildung,Mobilität und demographische Faktoren denUmfang und die sozialen Konsequenzendieser Veränderungen. Das Zusammenspielvon Angebot und Nachfrage wird zudem vonder Reaktion von Politik und Arbeitsmarkt-institutionen auf die Veränderungsprozessebeeinflusst. Wie werden sich Arbeitsstruk-turen und Zeitnutzung entwickeln? WelcheEigenschaften befähigen in Zukunft zumErfolg auf dem Arbeitsmarkt? Welcheinstitutionellen Veränderungen und ökono-mischen bzw. sozialpolitischen Maßnahmenkönnen die Funktionsweise des Arbeitsmark-tes verbessern? Wie werden sich tarifver-tragliche und andere kollektive Vereinba-rungen entwickeln (müssen)? Diesen und an-deren Fragen geht der IZA-Forschungsbereichzur Zukunft der Arbeit nach.

Forschungsbereich 5: Arbeitsmärkte in Transformations- und Schwellenländern

Nach wie vor spielt die Untersuchung derArbeitsmärkte in Transformationsländern einegroße Rolle innerhalb der Arbeitsmarkt-ökonomie. Im Mittelpunkt der IZA-For-schungsarbeiten auf diesem Gebiet stehenländerspezifische Anpassungsvorgänge aufdem Arbeitsmarkt, die Evaluation des Erfolgsvon Arbeitsmarktreformen vor dem Hinter-grund der Erfahrungen aus westlichenLändern, Lehren für den Reformprozess in den„alten“ EU-Volkswirtschaften sowie nichtzuletzt die Analyse von Arbeitsmarktpro-zessen, die in Verbindung mit der EU-Osterweiterung stehen. Der Fokus liegtsowohl auf den zentraleuropäischen Staatenals auch den Transformationsländern derehemaligen Sowjetunion, in denen dieökonomischen Reformen im Vergleich zuZentraleuropa mit geringerer Konsequenzverfolgt werden. Darüber hinaus beschäftigtsich die Analyse mit den Arbeitsmärkten inden aufstrebenden Wirtschaften Afrikas,Asiens und Lateinamerikas, wobei nebenGesichtspunkten der Armutsüberwindungauch der Frage nachgegangen wird, wie sichdie Anwendung universeller Arbeitsstandardsauf reguläre Arbeitsverhältnisse in diesenLändern auswirkt.

Programmdirektor:Barry Chiswick, University of Illinois,Chicago

StellvertretendeProgrammdirektorin: Amelie Constant, IZA

Programmdirektor: Hartmut Lehmann,University of Bologna

StellvertretenderProgrammdirektor: Alexandru Voicu, IZA

Programmdirektor: Dan Hamermesh, University of Texas at Austin

StellvertretendeProgrammdirektorin: Ana Rute Cardoso, IZA

Programmdirektor: Dennis Snower,Birkbeck College, London

StellvertretenderProgrammdirektor: Winfried Koeniger, IZA

Organisation der IZA-Forschungstätigkeit

Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen

Verhaltens- und Personalökonomie

Migration

Arbeitsmärkte und Institutionen

Arbeitsmärkte in Transformations- und Schwellenländern

Zukunft der Arbeit

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IZA-Direktor

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IZA COMPACT Februar/März 2004 5

IZA Research FellowDennis J. Snower (Birk-beck College, Lon-don), der seit 1998 inzentraler Funktion alsProgrammdirektor indie Forschungsakti-vitäten des IZA ein-gebunden ist und in-ternational zu den re-nommiertesten Ar-beitsökonomen zählt,

wird neuer Präsident des renommierten KielerInstituts für Weltwirtschaft (IfW). Er tritt dieNachfolge von Horst Siebert (Universität Kiel)an, der dieses Amt von 1989 bis 2003innehatte. Damit übernimmt bereits der zweiteIZA-Programmdirektor die Führung eineseinflussreichen deutschen Wirtschaftsfor-schungsinstituts.

Schon Ende 2002 hatte der damalige IZA-Programmdirektor Christoph M. Schmidt

(Universität Bochum), der bei IZA-DirektorKlaus F. Zimmermann habilitiert hatte, diePräsidentschaft des Rheinisch-WestfälischenInstituts für Wirtschaftsforschung (RWIEssen) angetreten. Auch der ehemalige IZA-Programmdirektor Thomas Bauer (UniversitätBochum), gleichfalls bei Zimmermann habi-litiert, ist inzwischen in den Vorstand des RWIberufen worden. IZA Fellow Thomas Straubhaar(Universität Hamburg) steht bereits seit 1999an der Spitze des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs (HWWA Hamburg) undist dem IZA unverändert eng verbunden.

Darüber hinaus hat IZA Fellow BerndRaffelhüschen (Universität Freiburg; UniversitätBergen), ausgewiesener Experte auf demGebiet der sozialen Sicherung und wissen-schaftlichen Generationenbilanzierung, dasAngebot erhalten, die Präsidentschaft desInstituts für Wirtschaftsforschung Halle(IWH) zu übernehmen. Raffelhüschen würdedamit die Nachfolge von Rüdiger Pohl

(Universität Halle-Wittenberg) antreten, derdas Institut in den vergangenen 10 Jahrenüberaus erfolgreich geleitet hat.

IZA-Direktor und DIW-Präsident Klaus F.Zimmermann zu den aktuellen Personalien:„Das IZA kann stolz darauf sein, wenn sichseine Programmdirektoren und besondersaktiven Fellows in solch wichtigen Funktionenetablieren. Dies darf und wird dem gesundenWettbewerb der Institute nicht im Wege ste-hen, eröffnet aber zugleich interessante Ko-operationsmöglichkeiten. Insbesondere freutes mich, dass mein Freund Dennis Snowernun auf dem exponierten Stuhl des KielerInstitutschefs Platz nimmt.“

IZA-Programmdirektor Dennis Snower wird Präsidentdes Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Kiel – Weitere IZA Fellows an der Spitze deutscher Institute

IZA veröffentlicht Discussion Paper Nr. 1000 – Sanktionsmechanismen in der Arbeitslosenunter-stützung bewirken Abbau von Arbeitslosigkeit

Im Februar 2004 publizierte das IZA dastausendste Forschungspapier in seiner erfolg-reichen IZA Discussion Paper Series. Gegen-wärtig werden in der Schriftenreihe durch-schnittlich vier bis fünf Discussion Papers proWoche veröffenlicht – ein Beleg für diedynamische Entwicklung der Serie seit ihremStart im Jahr 1998 und die zentrale Rolle desIZA als Kommunikationsplattform für dieinternationale Arbeitsmarktforschung.

Die IZA Discussion Paper Series deckt allerelevanten Themengebiete der Arbeitsökono-mie ab und lädt die IZA-„Familie“ vonResearch Associates, Fellows und Affiliatesein, ihre Forschungsergebnisse vor derVeröffentlichung in einer Fachzeitschrift zurPublikation einzureichen. Die Serie fördert aufdiese Weise die Verbreitung hochwertigerForschungsergebnise innerhalb der Fachdis-ziplin, aber auch einer interessierten Öffent-lichkeit. Die Schriften zirkulieren weltweit undstehen auf der IZA-Homepage www.iza.orgzum kostenlosen Download zur Verfügung.Die weltweit größte Online-Datenbank fürwirtschaftswissenschaftliche Forschungspa-piere, RePEc, führt das IZA derzeit an dritterStelle in Bezug auf die Download-Häufigkeitvon Discussion Paper-Abstracts. Im vergan-genen Jahr wurden IZA Discussion Papers

mehr als 100.000fach von unserer Homepageheruntergeladen, Downloads über das SSRN-Netzwerk nicht mitgerechnet.

Das tausendste IZA Discussion Paper, für dasals Mitverfasser mit Jan van Ours (Tilburg University) einer der aktivsten Autoren derSchriftenreihe verantwortlich zeichnet, analy-siert das Verhalten von Arbeitsuchenden beiunterschiedlichen Wirkungsmechanismen von

Arbeitslosenunterstützung. Die Studie ver-wendet einen suchtheoretischen Ansatz undbasiert auf Laborexperimenten, in denenJobangebote exogen eintreffen und Sank-tionen im Falle der Ablehnung eines solchenArbeitsplatzangebots greifen können. Dabeiwird das Lohnakzeptanz-Verhalten der Arbeit-suchenden genauer betrachtet (siehe: JanBoone/Abdolkarim Sadrieh/Jan van Ours, Experi-ments on Unemployment Benefit Sanctions and Job

Anzahl der IZA Discussion Papers pro Jahr

Gesamtzahl IZA Discussion Papers: 975 (12/2003), 1060 (3/2004)

Dennis Snower

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6 IZA COMPACT Februar/März 2004

Search Behavior, IZA Discussion Paper No. 1000).Der ökonomischen Theorie zufolge wird dasVerhalten eines Arbeitslosen bei der Jobsucheauf doppelte Weise durch einen Ex-ante- undeinen Ex-post-Effekt beeinflusst: Ein Arbeit-nehmer wird eher bereit sein ein Lohnangebotzu akzeptieren, wenn er mit Sanktionen bzw.Reduktionen der Arbeitslosenunterstützungkonfrontiert wird, als wenn diese Unter-stützung konstant bliebe und kein Sank-tionsmechanismus im Fall der Ablehnungeines Jobangebots greift. Zu diesem Ex-post-Effekt tritt ein Ex-ante-Effekt hinzu, dennbereits zur Vermeidung der Konfrontation miteiner möglichen Reduzierung der staatlichenUnterstützungszahlungen wird derselbe Ar-beitsuchende von vornherein eher zurAnnahme eines gegebenen Lohnes bereit sein.

Die in der Studie vorgenommenen Expe-rimente belegen die Relevanz beider Effekte

und verdeutlichen, dass das Ausmaß desjeweiligen Effekts von der Struktur desSanktionsmechanismus und der Höhe desLohnangebots abhängig ist. Insgesamterscheint der – schwerer zu bestimmende – Ex-ante-Effekt als der dominierende. Im Experi-ment werden zwei Arbeitslosenunterstüt-zungs-Systeme verglichen: eines gewährt injeder Zeitperiode dieselbe Unterstützung,wohingegen das andere eine „Lotterie“ vonrelativ niedrigeren und höheren Unterstüt-zungsleistungen darstellt, durch seine Ausge-staltung beim Arbeitsuchenden aber dengleichen Erwartungswert über die Höhe derArbeitslosenunterstützung entstehen lässt. ImLotterie-Experiment ergibt sich eine eindeutigeTendenz zur Rückkehr auf den regulärenArbeitsmarkt. Für die Arbeitsmarktpolitiklautet die Schlussfolgerung, dass die Einfüh-rung von Sanktionsmechanismen in die beste-henden Strukturen der Arbeitslosenunter-

stützung selbst dann zu einem nennenswertenRückgang der Arbeitslosigkeit führen wird,wenn sich der individuelle Erwartungswertüber die Höhe der staatlichen Unterstützungdabei nicht verändert.

Diese Einschätzung wird auch durch denBefund der Studie bestätigt, dass gerade imFalle eines konstanten Niveaus der Arbeits-losenunterstützung der tatsächliche Reserva-tionslohn eines risikoneutralen Arbeitsuchen-den (der Lohn, ab dem sich eine Beschäf-tigungsaufnahme subjektiv lohnt) deutlichüber dem der ökonomischen Theorie gemäßzu erwartenden Reservationslohn liegt: derVerzicht auf eine anreizorientierte Struktur derArbeitslosenunterstützung zieht unweigerlichsteigende Arbeitslosigkeit nach sich.

IZA baut Internet-Arbeitsmarktportal weiter ausDas Internet-Informationsangebot des IZAerfreut sich großer Resonanz insbesondere beiWissenschaftlern, aber zunehmend auch beiJournalisten, politischen Institutionen undeiner an Arbeitsmarktfragen interessiertenÖffentlichkeit. Die Homepage des IZA hältsämtliche verfügbaren Publikationen des IZAentweder zum unmittelbaren Herunterladenbereit oder liefert bibliographische Angabenzu Veröffentlichungen des Instituts und seinerMitarbeiter. Inzwischen sind 1.000 IZADiscussion Papers online verfügbar und übereine Suchmaschine komfortabel erschlossen.Informationen zu weltweit über 300 IZAResearch Fellows und ihren Arbeitsschwer-punkten, eine laufend aktualisierte undergänzte Datenbank „Who is Who in LaborEconomics“ sowie eine umfangreicheSammlung thematischer Links zählen ebensozum Standard der IZA Website wie eineumfassende Übersicht zu internationalenFachveranstaltungen auf dem Gebiet derArbeitsökonomie und verwandten For-schungsgebieten. Die Aufbereitung dieserInformationen entspricht dem Selbstverständ-nis des IZA, den Zugang zur Arbeits-marktforschung und ihren Resultaten durchein zentrales Internet-Portal zu erlauben.Exklusiv steht den Research Fellows des IZAzudem über ein separat zugängliches Extraneteine vollständige virtuelle IZA-Arbeitsplatz-umgebung zur Verfügung. Insgesamt bietetdie IZA-Homepage zurzeit rund 3.000 eng-lisch- und 2.000 deutschsprachige Seiten an.Die kontinuierlich wachsende Zahl der Seiten-aufrufe und Downloads pro Tag dokumen-tiert das Interesse an diesem Service des IZA.

Neu: Daten und Fakten

Zu Jahresbeginn 2004 hat das IZA seinInternetangebot um wichtige Funktionenausgeweitet. Auf vielfachen Wunsch steht absofort eine spezielle Rubrik „Daten undFakten“ zur Verfügung, in der statistischeInformationen zu relevanten Arbeitsmarkt-fragen in grafisch aufbereiteter und kom-mentierter Form enthalten sind. Hier werden

fortlaufend elementare nationale und inter-nationale Kennziffern, aber ebenso auchÜbersichten zu den Prognosen der deutschenWirtschaftsforschungsinstitute zusammenge-stellt. Damit trägt das IZA dem Infor-mationsbedürfnis der (Fach-)Öffentlichkeitgezielt Rechnung und erlaubt den Zugriff aufwichtige Informationen über ein einzigesArbeitsmarktportal. Zielgruppe dieses zwei-sprachigen Angebots sind neben Arbeits-ökonomen auch Schüler und Studierende,Lehrer und Lehrpersonal an den Hochschulensowie Wirtschaftsjournalisten, die nachthemenspezifischen Argumentationshilfensuchen. Anregungen zum Ausbau der „Datenund Fakten“ sind ausdrücklich erwünscht.(www.iza.org/de/webcontent/charts)

Neu: Erweiterte Funktionalität des „Whois Who in Labor Economics“

Inzwischen ist das vom IZA geführte „Who isWho in Labor Economics“ auf mehr als 600Arbeitsökonomen weltweit angewachsen. Diein die Datenbank eingetragenen Informatio-nen lassen sich nach Namen, Forschungs-gebieten und Veröffentlichungen durch-suchen. Nach einer Registrierung könnenWissenschaftler neu in diese Liste aufge-nommen werden und ihren Eintrag selbstgestalten. Mit dieser erweiterten Funktiona-lität wird ein hohes Maß an Aktualität derDatenbank sichergestellt. Wissenschaft voll-zieht sich heute mehr denn je inNetzwerkprozessen. Das „Who is Who“ er-leichtert den Einstieg in Forschungskoope-rationen, bietet aber auch Nicht-Wissen-schaftlern die Möglichkeit, sich über verfüg-bare Experten zu einzelnen Sachgebieten derArbeitsökonomie zu informieren.(www.iza.org/whoiswho)

Neu: IZA-Literatur-Datenbank Migration

Das IZA betreibt im Rahmen seinesForschungsprogramms intensive Arbeiten aufdem Gebiet der Migration. Zu diesemThemenkomplex steht seit 2003 eine umfang-

reiche Literatur-Datenbank zur Verfügung, diesich innerhalb kurzer Zeit zu einer der größtenweltweit entwickelt hat. Diese Datenbankwird ständig – im Unterschied zu üblichenLiteratur-Datenbanken auch um aktuelleDiskussionspapiere – aktualisiert und enthältinzwischen Tausende von Referenzen. Damitwird die Online-Literaturrecherche zu diesemThema wesentlich erleichtert. Das IZA beab-sichtigt, Literatur-Datenbanken auch zu ande-ren arbeitsökonomischen Themen aufzu-bauen.(www.iza.org/migration)

Technische Verbesserungen

Durch eine Reihe von Maßnahmen konnte dieVerfügbarkeit und Ausfallsicherheit des IZA-Arbeitsmarktportals weiter erhöht werdenund liegt derzeit bei 99,7 %. Unverändert wirddas Internet-Angebot so gestaltet, dass eineausreichende Performance auch mit niedrigenÜbertragungsraten gewährleistet ist. Die Qua-lität von Informationen und Diensten genießtdabei nach wie vor Vorrang vor optischerEffekthascherei. Die Funktionalität der IZA-Suchmaschine wurde nochmals verbessertund gewährleistet neben der Zielgenauigkeitder Suchergebnisse auch eine transparenteErgebnispräsentation. Die Autoren der IZADiscussion Paper Series können ihre neuestenForschungsarbeiten inzwischen online zurPublikation einreichen. Darüber hinaus kön-nen sich Interessenten online als Empfängerregelmäßiger Benachrichtigungen über neueIZA-Publikationen registrieren lassen oder denelektronischen IZA-Newsletter abonnieren.

Mit ihrer Informationsdichte und Funktio-nalität stellt die Webpage des IZA ein nahezukonkurrenzloses elektronisches Arbeitsmarkt-portal dar.

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IZA COMPACT Februar/März 2004 7

Mit dem Vorsitzenden der „Kommission zurNachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozia-len Sicherungssysteme“, Bert Rürup (Tech-nische Universität Darmstadt) konnte HilmarSchneider, IZA-Direktor für Arbeitsmarkt-politik, am 21. Januar 2004 einen weiterenrenommierten Referenten zum „IZA TowerTalk“ begrüßen. In seinem Vortrag und deranschließenden Diskussion im Bonner „PostTower“ ging Rürup auf dringend notwendigeLösungen zur nachhaltigen sozialen Sicherungin Deutschland ein und warnte eindringlichvor verlockenden Scheinlösungen, die allen-falls geeignet seien, die Problematik in naherZukunft weiter zu verschärfen. Rürup vertratzum einen die Meinung, dass die bestehendegesetzliche Rentenversicherung reformiert,aber in ihren Grundformen bestehen bleibenmüsse. Zum anderen verlangte er, die Finan-

wie Rürup in der Diskussion hervorhob.Damit könne der weitere Anstieg derRentenbeiträge in Zukunft auf maximal 22%begrenzt werden. Andererseits führe kein Wegmehr daran vorbei, das Renteneintrittsaltergleitend auf 67 Jahre anzuheben, um damit„ein Signal zu setzen“. Unternehmen müsstenlernen, mit älteren Arbeitnehmern zwischen55 und 64 Jahren „im Wettbewerb zu be-stehen“ und frühzeitige Entlassungen sowieFrühverrentung zu vermeiden, betonte Rürup.Zugleich räumte er ein, dass auf diese Weisezwar das bestehende Rentensystem langfristigstabilisiert werden könne, „aber nicht aufLebensstandardniveau“. Deshalb seien einebessere Ausbildung, höhere Bildung von Real-kapital und eine längere Erwerbstätigkeitebenso unumgänglich wie Leistungsrücknah-men bei den derzeitigen Renten. Hieran

Dagegen lehnte der Wirtschaftswissenschaft-ler die Vorschläge zum Umbau der Sozial-versicherung in eine Bürgerversicherung unterEinbezug auch der Beamten, die Einführungeiner steuerfinanzierten Grundrente und dieStaffelung der Rentenbeiträge nach Anzahlder Kinder als „Irrwege der Rentenpolitik“ebenso als unrealistisch und nicht finanzier-bar ab, wie die völlige Abkehr des Renten-systems vom Umlageverfahren zum Kapital-deckungsprinzip. Insbesondere dürfe dieFamilienpolitik nicht über die gesetzlicheRentenversicherung gesteuert werden. Als zen-trale gesamtgesellschaftliche Aufgabe müssesie auch von der Gesellschaft insgesamtgetragen werden.

Während der Ökonom für eine system-immanente Reform des Rentensystems plä-dierte, erachtete er das in Deutschland be-stehende Gesundheitssystem in seiner jetzigenForm als nicht mehr zukunftsfähig. Dieaktuelle Gesundheitsreform stelle sich nichtder Finanzierungsfrage und sei deshalb nichtmehr als eine Zwischenetappe auf dem Wegzu einem grundlegenden Umbau der Kran-kenversicherung. Eine effektive und allenanderen „Scheinlösungen“ überlegene Reformbestehe in der Einführung eines Ge-sundheitsprämienmodells und der damitverbundenen Entkoppelung des FaktorsArbeit von den Gesundheitskosten. Einziger„Vorteil“ der oft propagierten Bürgerver-sicherung sei ihr Name, der einerseits sozialeGeborgenheit suggeriere und die Schlussfol-gerung nahe lege, sie würde tatsächlich vonallen Bürgern zu gleichen Anteilen getragen,ohne dieses Versprechen tatsächlich einlösenzu können.

An die Adresse der die Politik beratenden Wis-senschaft gewandt, mahnte Rürup zumAbschluss eines vom Publikum mit vielApplaus bedachten Vortrags- und Diskus-sionsabends zu mehr Bereitschaft zum Bohrendicker Bretter und warb um Verständnis,wenn die Politik Reformen nur schrittweiseumsetzen könne. Umso größer sei allerdingsauch ihre Verantwortung, Reformprozessefrühzeitig einzuleiten. Hier komme der Wirt-schaftswissenschaft als „Bringschuld“ dieAufgabe zu, realisierbare Konzepte zu ent-wickeln und aktiv in die Diskussion einzu-speisen.

Warnung vor Scheinlösungen in der sozialenSicherung – Bert Rürup zu Gast im IZA Tower Talk

zierung des deutschen Gesundheitssystemsvöllig neu zu gestalten, weil sie ökonomischnicht mehr zu akzeptieren sei.

„Sichere Renten kann es gar nicht geben“betonte Bert Rürup. Nachhaltigkeit könne nurerreicht werden, wenn „ein gegebenesBeitragsniveau gehalten werden kann, ohnedass Leistungsrücknahmen vorgenommenwerden müssen“. Dafür sei die Schließung vonNachhaltigkeitslücken, die sich aus derGenerationenbilanzierung ergeben, zwingendnotwendig. Dies sei allerdings nur erreichbar,wenn zukünftige Generationen von Zahlungs-ansprüchen entlastet werden könnten. Dieexplizite (Zinszahlungen resultierend aus derStaatsverschuldung) und die implizite Staats-schuld (z. B. Rückstellungen für Beamtenpen-sionen), die die Nachhaltigkeitslücke verur-sachen, müssten dringend reduziert werden.

Mit den Vorschlägen der von ihm geleitetenExpertenkommission sei dies erreichbar.Einerseits müsse ein Nachhaltigkeitsfaktoreingeführt werden, der wesentlich umfassen-der sei als ein rein demographischer Faktor,

knüpfte Rürup jedoch zwei Bedingungen: „DieRücknahmen müssen vorhersehbar sein,damit sich die Betroffenen darauf einstellenkönnen, und man muss darauf achten, dassdie Beitragsrendite im umlagefinanziertenRentensystem positiv bleibt“. Eine Flankie-rung der gesetzlichen Rentenversicherungdurch private Vorsorge sei ohne Alternative.Nur mischfinanzierte Systeme der sozialenSicherung könnten das Ziel der Lebensstan-dardsicherung erreichen.

Prof. Dr. Bert Rürup (Technische Universität Darmstadt)

ist Mitglied des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der ge-samtwirtschaftlichen Entwicklung“, Vorsitzender des Sozialbeiratesder Bundesregierung und des „Sachverständigenrats zur Neuord-nung der Besteuerung von Altersaufwendungen und Altersein-kommen“. In den Jahren 2002 und 2003 war er zudem Vorsitzenderder „Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung derSozialen Sicherungssysteme“ (Rürup-Kommission).

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8 IZA COMPACT Februar/März 2004

Die deutsche Arbeitslosenversicherung (ALV)steht vor der Notwendigkeit einer Reform. DerAspekt der Kosteneffizienz wird dabei imMittelpunkt stehen müssen; Selbstbehalte,Karenzzeiten oder Wahltarife dürfen ebensowenig ein Tabu sein wie die systematischeRückführung bislang innerhalb des ALV-Systems geregelter versicherungsfremderLeistungen. Darüber hinaus kann auch einBlick in andere Staaten bei der Meinungs-bildung über sinnvolle Reformschritte hilfreichsein. So hat etwa Chile mit der Imple-mentierung so genannter „unemploymentaccounts“ (individuelle Konten in derArbeitslosenversicherung) im Jahr 2002 eineinteressante Alternative zur staatlichen Organi-sation nach deutschem Vorbild aufgezeigt. Daschilenische Modell der Arbeitslosenversiche-rung, das auf den persönlichen Konten derRentenversicherung aufbaut, gilt ausschließ-lich in der Privatwirtschaft. Es liefert in seinenGrundzügen Denkanstöße auch für die weiteredeutsche Reformdiskussion.

Der Unterschied des neuen Modells zurtraditionellen chilenischen Arbeitslosenver-sicherung besteht darin, dass mit denPersonenkonten die Umlagefinanzierungumgangen wird. Jeder Versicherte spart seineBeiträge für sich persönlich an und erhält dasKapital, das nicht für Zahlungen während dereigenen Arbeitslosigkeit verbraucht wurde, zuRentenbeginn ausgezahlt. Dadurch profitiertder Versicherte unmittelbar von rascherWiedereinstellung und möglichst kurzer Inan-spruchnahme von Versicherungsleistungen. Inder Umlagefinanzierung dagegen wird der-jenige „belohnt“, der möglichst langearbeitslos bleibt, weil er auf diese Weise mehrLeistungen erhält – es fehlt der Anreiz, schnellwieder ein Beschäftigungsverhältnis einzu-gehen, da keine Bonifikation für nur kurzesVerweilen in der Arbeitslosigkeit gezahlt wird.

Die neuen unemployment accounts in Chilegelten nur für Arbeiter und Angestellte der

Privatwirtschaft (etwa 56% der Erwerbs-tätigen). Arbeitsverhältnisse, die nach dem 1. Oktober 2002 geschlossen wurden, sindversicherungspflichtig, alle früheren könnenfreiwillig versichert werden. Bereits innerhalbder ersten zwölf Monate nach Einführung derunemployment accounts sind 50% der mög-lichen Versicherungskonten eröffnet worden.Dies erklärt sich freilich auch durch die großeAnzahl befristeter Arbeitsverträge, die in derEinführungsphase der modifizierten Arbeits-losenversicherung erneuert wurden.

Chiles unemployment accounts beruhen auffolgenden vier Prinzipien:

1) Individuelle Konten: Der gesamte Arbeit-nehmerbeitrag (0,6% des Bruttoeinkom-mens) sowie zwei Drittel des Arbeitgeber-beitrags (1,6% des Bruttoeinkommens)werden direkt auf ein für den Arbeitnehmereingerichtetes Anlagekonto eingezahlt.

2) Solidaritätsfonds: Um das Problem zuniedriger Beträge auf Konten vonGeringverdienern zu lösen, wurde ein Soli-daritätsfonds eingerichtet, der aus demrestlichen Drittel der Arbeitgeberbeiträge(0,6% des Bruttoeinkommens) und einemStaatszuschuss (ca. 9 Millionen US$)finanziert wird. Um Leistungen aus diesemFonds zu bekommen, muss ein Arbeit-nehmer aus einem unbefristeten Arbeits-vertrag entlassen worden sein, über unzu-reichende Mittel auf dem eigenen unem-ployment account verfügen, bereit sein anSchulungsmaßnahmen teilzunehmen undjeden von der versicherungseigenenArbeitsvermittlung angebotenen Job anzu-nehmen (innerhalb bestimmter Lohn-grenzen).

3) Abnehmende Leistungen: Arbeitslosehaben bis zu fünf Monate lang das Rechtauf finanzielle Leistungen, abhängig vonder Länge der Versicherungszugehörigkeit.Die Höhe der monatlichen Zahlungennehmen über die Zeit kontinuierlich von

zunächst 50% des durchschnittlichenLohns der letzten zwölf Monate auf zuletztnur noch 30% ab. Damit wird ein weitererAnreiz geschaffen, die Suche nach einerneuen Arbeitsstelle zu intensivieren.

4) Privates Management: Die chilenischeRegierung hat sich für ein privatesManagement der Anlagegesellschaft ent-schieden, weil weder Erfahrung mit nochpolitisches Interesse an einer weiterenstaatlichen Institution vorhanden waren.Bei dem im Rahmen einer Ausschreibungfür einen Zeitraum von zehn Jahrenbeauftragten Unternehmen handelt es sichum einen Zusammenschluss der siebenAnlagegesellschaften für die – ebenfalls inForm individueller Konten organisierte –Rentenversicherung. Die persönlichenMittel sind sowohl vor dem Zugriff derbeauftragten Anlageunternehmen als auchdem des Staates geschützt. Somit kannweder eine wirtschaftliche noch einepolitische Krise die Ersparnisse derArbeitnehmer gefährden.

In seinem Rentensystem hat Chile in denvergangenen zwanzig Jahren bereits sehrpositive Erfahrungen mit persönlichen Kontengesammelt. Dieses Wissen ist in die Einrichtungder neuen unemployment accounts eingeflos-sen. So konnten durch die Nutzung der schonvorhandenen Infrastruktur die anfänglichenInvestitionskosten minimiert werden. Fernerwirkte sich auch das gute Image und die hoheöffentliche Akzeptanz des Rentensystems posi-tiv auf das neue Modell der Arbeitslosen-versicherung aus.

Die Anfänge der neuen Versicherungsform sindviel versprechend, allerdings ist es noch zu früh,über Erfolg oder Misserfolg zu urteilen. Da dieersten Leistungen gerade erst ausgezahltworden sind, müssen aussagekräftige Datender nächsten Jahre abgewartet undausgewertet werden, um beurteilen zu können,ob die gesetzten Ziele erreicht werden konnten.

Reform der Arbeitslosenversicherung in Chile – Denkanstöße für Deutschland?

Klaus F. Zimmermann bleibtPräsident des DIW Berlin

IZA-Direktor in Weltbank-Beratungsgremium berufen

IZA-Direktor Klaus F. Zimmermann hat soeben seine Amtszeit alsPräsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIWBerlin) um weitere fünf Jahre bis 2009 verlängert. Seit Anfang 2000leitet Klaus F. Zimmermann neben seinen Aufgaben am IZA zugleichdas größte deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut. Die Personal-union in der Führung beider Institute hat sowohl dem IZA als auch demDIW Berlin wertvolle Impulse für Forschungs- und Projektkoope-rationen geliefert. „Diese Kooperation wollen wir konsequent voran-treiben und die gebündelten Stärken von IZA und DIW Berlin in dieWaagschale des Wettbewerbs der Forschungsinstitute werfen“,erklärte Zimmermann. „Das IZA wird im Rahmen dessen seineSpitzenposition in der Arbeitsökonomie national wie internationalweiter ausbauen“.

Die Weltbank hat im Rahmen ihres neuen Europäischen For-schungsnetzwerkes RAD (Researchers Alliance for Development) einehochkarätig besetzte Expertengruppe zu Arbeitsmarktfragen einge-setzt. Diese Arbeitsgruppe wird im ständigen Dialog mit der Weltbankstehen, die gegenwärtig ihre eigene Arbeitsmarktstrategie überprüft.Die RAD versteht sich als praxisorientiert und multidisziplinärarbeitendes Netzwerk von Forschern aus Europa und angrenzendenRegionen mit dem Ziel die Interaktion zwischen Wissenschaft, Politikund Weltbank zu fördern und einen innovativen Beitrag zur Bewäl-tigung der Herausforderungen von Armut und ökonomischer Ent-wicklung zu leisten. IZA-Direktor Klaus F. Zimmermann hat das Angebotangenommen, dem engeren Kreis der Arbeitsgruppe beizutreten, deraus insgesamt 15-20 Vertretern der Wissenschaft und politischenEntscheidungsträger von EU und OECD bestehen wird.

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IZA COMPACT Februar/März 2004 9

Im Zeichen der aktuellen Debatte um einetragfähige Rentenreform in Deutschlandkommt dem Aspekt der Arbeitsmarktinte-gration von Frauen eine noch zu geringeBedeutung zu. Dabei könnte mit einer gezieltenAusschöpfung dieses Potenzials (wie auchdesjenigen älterer Arbeitnehmer) sowohl dembevorstehenden Fachkräftemangel vorgebeugtals auch der weiteren Erosion der Finanzierungder sozialen Sicherungssysteme begegnet wer-den. Ein aktuelles IZA Discussion Paperbeschäftigt sich mit möglichen politischenStellschrauben unter besonderer Berücksichti-gung der Frage steuerlicher Anreize (PietroGaribaldi/Etienne Wasmer, Raising FemaleEmployment: Reflexions and Policy Tools, IZADiscussion Paper No. 951).

Innerhalb der EU, erst Recht aber im Vergleichzu den USA, sind erhebliche Unterschiedehinsichtlich der Beschäftigungsquote vonFrauen (Anteil der tatsächlich auf demArbeitsmarkt beschäftigten Frauen an der er-werbsfähigen weiblichen Bevölkerung) festzu-stellen. Derzeit liegt die Beschäftigungsquotevon Frauen bei rund 40 Prozent in Spanien,Italien und Griechenland, in Skandinavien beietwa 70 Prozent. In Deutschland beträgt derentsprechende Wert knapp 60 Prozent, in denUSA mehr als 65 Prozent ("siehe Abbildung).Dies deutet daraufhin, dass in Deutschland,umso mehr aber in den Staaten Südeuropas,sehr wohl noch ein erheblicher Spielraum zurAusweitung der Erwerbstätigkeit von Frauengegeben ist.

Neue empirische Untersuchungen zur Zeit-budgetnutzung zeigen, dass amerikanischeund deutsche Frauen im Durchschnitt gleichviel Zeit mit Freizeitaktivitäten verbringen.Allerdings variiert die Zeitallokation in Bezugauf Arbeitsmarktpräsenz und Heimtätigkeitzwischen den beiden Gruppen: Amerikanerin-nen verbringen im Schnitt 5,3 Stunden pro Tagmehr auf dem Arbeitsmarkt als deutscheFrauen. Diese Diskrepanz lässt sich vor allemauf die unterschiedlichen Partizipationsent-scheidungen zurückführen. So arbeitet eingroßer Teil der deutschen Frauen ganztags imeigenen Haushalt (Kinderbetreuung, Essenszu-bereitung, usw.) und nicht auf dem Arbeits-markt.

Ungeachtet des breiten Konsenses hinsichtlichder Notwendigkeit die Erwerbsbeteiligung vonFrauen auf den meisten europäischen Arbeits-märkten zu steigern, besteht doch immer nochgroße Uneinigkeit bei der Wahl der geeignetenMittel, um dies zu erreichen. Eine Reduzierungder Abgabenquote und verbesserte Hilfe-stellungen bei der Beschäftigungssuche sindoft diskutierte Maßnahmen. Der Ausbau derTeilzeitbeschäftigung stellt eine weitere Kom-ponente dieses Maßnahmenkatalogs dar.Allerdings gehen Teilzeitstellen oft Hand inHand mit geringeren Kranken- und Arbeits-losenversicherungsleistungen sowie einem ge-minderten Kündigungsschutz.

Die Heterogenität des individuellen Nutzensbei Zeiteinsatz im Haushaltsbereich und dieExistenz von Unvollkommenheiten des Arbeits-marktes müssen notwendigerweise bei der Er-

mittlung von Handlungsstrategien berücksich-tigt werden. Eine erst kürzlich entwickelteTheorie bezüglich des Arbeitsangebots ineinem friktionellen Arbeitsmarkt macht denfolgenden Zusammenhang deutlich: Entstehenim Falle einer aktiven Arbeitsmarktbeteiligungunvermeidbare Zugangskosten und ist gleich-zeitig der Produktionsprozess nicht (z. B. zwi-schen Arbeitsplatz und Zuhause) teilbar, sobeeinflusst dies assymetrisch sowohl die Ein-als auch die Austrittsentscheidung – mit derFolge, dass die Partizipationsentscheidung alssolche gleich doppelt berührt ist. Mit anderenWorten, Individuen, die einmal den Arbeits-markt betreten haben, werden ihn nicht ohneweiteres verlassen, da der Eintritt schwierig warund die erfolgreiche Jobsuche einen Kapital-wert besitzt, der bei einem Verlassen desArbeitsmarktes verloren ginge.

Die zentrale Entscheidung der Beschäftigtenfällt darüber, wieviel Zeit auf dem Arbeitsmarktverbracht werden soll. Treten keine Arbeits-marktfriktionen auf, kann die Teilnahmeent-scheidung durch einen einzigen Reservations-wert (ab dem sich eine Arbeitsmarktaktivitätlohnt) beschrieben werden: alle Personen,deren Nutzen aus der Haushaltstätigkeit unterdem Nutzen einer Vollzeitbeschäftigung liegt,werden in diesem vereinfachten Modell denWeg auf den Arbeitsmarkt einschlagen. In derRealität werden jedoch Friktionen schon alleinin Form unvollständiger Information über dieVerfügbarkeit von Arbeitsplätzen auftreten.Die Sammlung und Verarbeitung der erfor-derlichen Informationen kann als Zahlung vonirreversiblen Markteintrittspreisen interpretiertwerden. Diese Markteintrittskosten werdenvon technologischen und politischen Faktoren

Mit steuerlichen Anreizen zu einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen?

bestimmt. Zu letzteren zählen beispielsweisedas System der Arbeitsplatzvermittlung, vonWeiterbildung und Mobilitätssubventionen.Die Existenz dieser Kosten führt zu der bereitsangesprochenen Divergenz zwischen Markt-eintritts- und Marktaustrittsentscheidung.

Effekte einer Reduzierung irreversiblerMarkteintrittskosten

Die Subventionierung des Arbeitsmarktein-trittes, die man auch als Mobilitätssubventionoder Unterstützung der Arbeitsplatzsucheinterpretieren kann, ist die erste von zweimöglichen Maßnahmen, die Erwerbsquote zuerhöhen. Eine Subventionierung der Zugangs-kosten erscheint allerdings problematisch, dasie zwar durch eine Senkung der Eintritts-schwelle den Arbeitsmarkteintritt von bisheri-gen Nichtteilnehmern erleichtert, gleichzeitigaber bereits partizipierende Arbeitnehmerdazu verleitet den Arbeitsmarktausstieg vordem Hintergrund zu wagen, dass der Wie-

Arbeitsangebot und Partizipation

Zur Analyse der Wirkung von Einkommensbe-steuerung und Maßnahmen zur Erleichterungdes Arbeitsmarkteinstieges verwendet dieStudie ein erweitertes Grundmodell derArbeitsnachfrage bei gegebenen Marktfriktio-nen: Das Modell nimmt an, dass eine Gruppevon Frauen Nutzen sowohl aus ihrer Haushalts-tätigkeit als auch aus Arbeitsmarktaktivitätzieht. Frauen verfügen über ein Zeitbudget, dassie am Arbeitsmarkt oder bei der Haus-haltsproduktion einsetzen können, wobei essich bei Arbeitsmarkt und Haushalt umvollständige Komplemente handelt. Fernerunterstellt das Modell eine Vollzeitbeschäf-tigung und betont die Partizipationsent-scheidung des Arbeitsangebots. Bei einerTätigkeit auf dem Arbeitsmarkt wird einNettolohn (nach Steuern) ausgezahlt; der ausdem Einsatz der gleichen Zeit in derHaushaltstätigkeit resultierende Nutzen proZeiteinheit wird hingegen nicht besteuert.

Beschäftigungsquote von Frauen (15-64 Jahre): 1990/2002

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Nordeuropa Mitteleuropa Südeuropa USA

Quelle: OECD Employment Outlook 2003, S. 302 # 1990 # 2002

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10 IZA COMPACT Februar/März 2004

dereinstieg in Zukunft leichter sein wird. IhreWirkung wäre also ausgesprochen ambivalent.

Steuereffekte und Teilzeitbeschäftigung

Anders verhält sich der Fall bei Steuer-senkungen. Hier sind die Effekte eindeutig: DerAnreizmechanismus einer reduzierten Besteue-rung würde bewirken, dass mehr Personeneiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen, stattsich einer Tätigkeit im Haushalt zu widmen.Damit würde sowohl die Erwerbsquote alsauch die Produktion am Arbeitsmarkt steigen.Eine Bestätigung findet diese Einschätzung inUntersuchungen zu Beschäftigungsraten inArbeitsmarktsegmenten, die ein Substitut zuAufgaben im Haushalt darstellen (z. B. persön-licher Service, Kochen, Putzen und Kleinhan-del). Dort ist der negative Beschäftigungs-anreiz der Besteuerung besonders stark aus-geprägt, wohingegen eine Reduktion derSteuer- und Abgabenlast auf diese Tätigkeitensowohl die Arbeitsmarktteilnahme von Frauenfördern als auch die Nachfrage nach diesenTätigkeiten am regulären Markt steigernwürde.

Mit steuerlichen Vergünstigungen könntegrundsätzlich auch die Teilzeitbeschäftigungvon Frauen und Müttern gegenüber derVollzeitbeschäftigung gefördert werden, umhier einen gezielten Anreiz zur Arbeitsaufnahmezu setzen. Der Effekt einer solchen Maßnahmewäre allerdings problematisch: Einerseitswerden Frauen, die im Haushalt beschäftigtsind, dazu motiviert, eine Teilzeitbeschäftigung

aufzunehmen („crowding in-Effekt“). Abereine Subventionierung der Teilzeitbeschäf-tigung führt auch dazu, dass Frauen, diegegenwärtig einer Vollzeitbeschäftigungnachgehen, nun zu einer Teilzeitbeschäftigungwechseln und ihr Arbeitsangebot entsprechenddes gesetzten Teilzeitanreizes reduzieren(„crowding out-Effekt“). Sollte die Gruppe derFrauen, die eine stärkere Präferenz fürHaushaltsproduktion aufweisen, größer (klei-ner) als die Gruppe der Frauen sein, die derVollzeitbeschäftigung auf dem Arbeitsmarktden Vorzug geben, dominiert der crowding in(out)-Effekt und die Arbeitsmarktproduktionsteigt (sinkt).

Fazit

Obwohl in Europa ein verbreiteter Konsensdarüber besteht, dass die Frauenerwerbsquoteangesichts des einsetzenden demographischenWandels und der damit einhergehenden Her-ausforderungen für Arbeitsmarkt und sozialeSicherung gesteigert werden sollte, bestehthinsichtlich der Wahl der für die Realisierungdieses Ziels notwendigen Instrumente nochgroße Unsicherheit. Die Subvention derArbeitsmarkteintrittskosten (z. B. in Form vonMobilitätsbeihilfen oder gezielten Vermitt-lungsangeboten) ist eine Möglichkeit. DerEffekt auf den Arbeitsmarkt ist allerding unklar.Einerseits steigen mehr Frauen in den Arbeits-markt ein, andererseits steigt auch die Zahl derFrauen, die den Arbeitsmarkt gerade imHinblick auf die ihnen in Zukunft offenstehenden Erleichterungen bei der Arbeits-

aufnahme zumindest vorübergehend verlas-sen. Eine Subventionierung von Teilzeitbeschäf-tigung führt zu einem Anstieg der Erwerbs-quote, hat aber unklare Effekte auf die geleis-teten Arbeitsstunden und die Arbeitsmarkt-produktion, weil sie auch eine Abkehr von einerVollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung bedin-gen kann. Dagegen hat die Reduktion der Be-steuerung von Arbeitsmarktbeschäftigungen,die ein Substitut zur Haushaltsproduktionsind, einen eindeutig positiven Effekt auf dieErwerbsquote und die Arbeitsmarktproduk-tion: Frauen agieren in diesem Fall auf demArbeitsmarkt und fragen bislang von ihnenselbst geleistete Tätigkeiten im Haushalt nunals Dienstleistungen auf dem Markt nach.

Das Beispiel Deutschlands zeigt im Übrigen,dass es jenseits der in dieser Studie diskutiertenStellschrauben noch weitere zentrale Faktorengibt, die die Partizipationsentscheidung vonFrauen und Müttern auf dem Arbeitsmarktbeeinflussen. Einerseits erhöhen staatlicheTransferzahlungen an Familien die irreversiblenArbeitsmarkteintrittskosten, während gleich-zeitig vor allem der gravierende Mangel anKinderbetreuungsplätzen und Ganztagsschu-len die Versuche zur Anhebung der Frauen-erwerbsbeteiligungsquote konterkariert. DiePolitik bleibt aufgefordert, dieses Defizit zubeseitigen, soll nicht das große, hoch-qualifizierte Potenzial von Frauen auf demArbeitsmarkt auch weiterhin in erheblichemUmfang ungenutzt bleiben.

Neues IZA-Buch: „How Labor Migrants Fare“In einer globalisierten Wirtschaftswelt erlangtdie Wanderung von Arbeitskräften zuneh-mende Bedeutung. Bei der Analyse von Migra-tionsphänomenen steht eine Frage im Mittel-punkt: Wie verhalten sich Einwanderer imökonomischen Umfeld des Ziellandes und wiepassen sie sich den dortigen Gegebenheitenan? Ein neues IZA-Buch, herausgegeben vonIZA-Direktor Klaus F. Zimmermann und IZAResearch Fellow und Associate AmelieConstant, gibt Antwort auf diese Fragen. Esversammelt elementare Beiträge aus demJournal of Population Economics, die sich

Arbeitsmarkt und damit auch die Budget-situation der öffentlichen Haushalte? DerBand liefert einen breiten Überblick über dasVerhalten/Leistungen von Migranten auf demArbeitsmarkt.

Klaus F. Zimmermann/Amelie Constant (Hrsg.),How Labor Migrants Fare, Berlin (Springer) 2004, (ISBN 3-450-00665-6).

unter Verwendung von Daten der USA,Kanada, europäischen Ländern sowieAustralien und Neuseeland mit Lohnentwick-lungen, Beschäftigung und Arbeitslosigkeit,Selbständigkeit, Gelegenheitsarbeit und Aus-bildungsgrad von Arbeitern nach der Migra-tion beschäftigen. Die Rolle der Sprache beider Arbeitsmarktintegration wird ebensountersucht wie die Situation von legalen,illegalen und unfreiwilligen Immigranten.Effekte der Migrationspolitik werden gleich-falls untersucht: Wie beeinflusst sie Erfolgund Misserfolg der Migranten auf dem

IZA Visiting Research Fellow: Frédéric DocquierSeit Januar 2004 istFrédéric Docquier (Uni-versität Lille 2) VisitingResearch Fellow amIZA. In dieser Funktionwird er einen Teil sei-nes Sabbaticals inBonn verbringen. Ne-ben seiner Aufgabe alsDozent für Volks-wirtschaftslehre an derUniversität Lille 2 ar-

beitet er als Berater für die volkswirtschaftlicheAbteilung der wallonischen Regionalregierung

(IWEPS). Zuvor war er Fellow am Center forOperations Research and Econometrics inLouvain-la-Neuve und Teilzeit-Professor an derFreien Universität Brüssel.

Frédéric Docquier erhielt seinen Doktortitel inVolkswirtschaftslehre an der Universität Aix-Marseille 2. Seine Forschungsschwerpunkteliegen in den Bereichen: allgemeine Gleich-gewichtsmodelle, Generationenverträge, inter-nationale Remissionen, Alterung und inter-nationale Migration. Vor kurzem erhielt er vomMilken Institute den „Award for DistinguishedEconomic Research“ für eine Gemein-

schaftsarbeit zum Thema Brain Drain undwirtschaftliche Entwicklung.

Docquier ist Herausgeber dreier Bücher undhat zahlreiche Aufsätze in renommierten Fach-zeitschriften wie etwa Journal of DevelopmentEconomics, Journal of Economic Dynamics andControl, Scandinavian Journal of Economics, Journalof Economic Behaviour and Organization, Economica,Public Choice, Journal of Population Economics undRegional Studies veröffentlicht.

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IZA COMPACT Februar/März 2004 11

Die IZA European SummerSchool in Labor Economicswird in den kommendenJahren von der EU-Kom-mission im Zuge des 6.Europäischen Forschungs-rahmenprogramms „MarieCurie Conferences andTraining Courses“ geför-dert. Diese finanzielle

Unterstützung können Universitäten, For-schungseinrichtungen und Unternehmen inder EU oder assoziierten Staaten bei derOrganisation von Konferenzen und Trainings-kursen für junge und erfahrene Wissenschaftlererhalten. Die großzügige Förderung der EU-Kommission unterstreicht die hohe Qualitätder jährlich stattfindenden IZA Summer

School. Mit Ian Walker (University of Warwick)als Repräsentant der European EconomicAssociation (EEA) ist nun auch das neueingerichtete Advisory Committee der SummerSchool vollständig besetzt. Alle wichtigen wirtschaftswissenschaftlichen OrganisationenEuropas sind in dem Gremium vertreten. PeterJensen (Aarhus School of Business) repräs-entiert die European Society for PopulationEconomics (ESPE), Claudio Lucifora (UniversitàCattolica del Sacro Cuore) die EuropeanAssociation of Labour Economists (EALE),Rudolf Winter-Ebmer (Universität Linz) dasCentre of Economic Policy Research (CEPR).Koordiniert wird die Arbeit des Gremiums vonIZA-Forschungsdirektor Armin Falk (UniversitätBonn).

Europäische Kommission unterstützt IZA SummerSchool 2004 bis 2007

IZA-Workshop zu „Search und Matching“

Die Frage, wie sich Käufer und Verkäufer aufeinem Markt mit Suchfriktionen finden, zähltzu den Kernthemen der Wirtschaftswissen-schaften. Häufig beschäftigt sich die For-schung dabei mit dem Arbeitsmarkt, auf demFriktionen besonders stark sind und sichunmittelbar auf Arbeitslosigkeit und deren

darüber zu diskutieren, welche Richtung dieAnalyse von „Search and Matching“ in dennächsten Jahren einschlagen sollte.

Kenneth Burdett (University of Pennsylvania),der bereits mehrere grundlegende For-schungsarbeiten auf diesem Gebiet vorgelegt

rigkeit eine wichtige Rolle bei Lohnsteigerun-gen spielt. Das von Burdett entwickelte Mo-dell vermag diese Lücke zu schließen. SeinemAnsatz zufolge ist es für Firmen in einerGleichgewichtskonstellation optimal, Lohn-profile anzubieten, die mit der Betriebszuge-hörigkeit steigen.

In seinem Beitrag „Duration DependentUnemployment Insurance and StabilisationPolicy“ stellte Melvyn Coles (Institute forEconomic Analysis, Barcelona) seine For-schungsergebnisse zur Korrelation zwischender Großzügigkeit der Arbeitslosenversiche-rung und der Dauer der Arbeitslosigkeit vor.Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass Versiche-rungssysteme, die die individuelle Dauer desLeistungsbezugs berücksichtigen, tendenziellzur Stabilisierung der Beschäftigung über denKonjunkturzyklus führen.

Susan Vroman (Georgetown University, Wa-shington D.C.) skizzierte ein Suchmodell, indessen Zeitverlauf die „Vezweiflung“ von Käufer bzw. Verkäufer zunimmt, das richtigeGegenüber zu finden. Am Beispiel des Immobilienmarktes veranschaulichte Vromanverschiedene Gleichgewichtssituationen, indenen unter anderem auch opportunistischesVerhalten Wirkung zeigt (etwa dann, wenn ein„entspannt“ agierender Käufer oder Verkäufersein Suchverhalten davon leiten lässt, einenbereits „verzweifelten“ Kontraktpartner zufinden).

Jean-Marc Robin (University Paris I) prä-sentierte in seinem Vortrag „Wage Distri-bution and Wage Dynamics in Europe and theUS: Lessons from a Simple Job Search Model“empirische Forschungsergebnisse zu den Zu-sammenhängen zwischen den Determinantender Arbeitskräftefluktuation, individuellerLohndynamik und Lohnverteilung. Dabei

Dauer sowie auf die Lohnverteilung aus-wirken. Im Rahmen eines breit angelegtenWorkshops „Search and Matching on theLabor Market: Recent Developments andAvenues for Future Research“ bot das IZAEnde 2003 führenden Arbeitsökonomen dieGelegenheit, ihre neuesten Forschungsergeb-nisse auf diesem Gebiet vorzustellen und

hat, referierte zu „Equilibrium Wage-TenureContracts with Heterogeneous Firms“ undbeschäftigte sich mit dem Problem, dassältere Modelle zum Suchverhalten solcheLohnverteilungen implizieren, die von derDauer der Betriebszughörigkeit unabhängigsind. Hingegen ist in der Realität zu beob-achten, dass die Dauer der Betriebszugehö-

Ian Walker

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12 IZA COMPACT Februar/März 2004

IZA Fellow Jörn-Steffen Pischke neuer CEPR-Programmdirektor

arbeitete er unter anderem deutliche inter-nationale Unterschiede in den Arbeitsmarkt-friktionen heraus.

Pietro Garibaldi (Bocconi University, Mailand)ging in seinem Beitrag „Equilibrium Employ-ment in a Model of Imperfect LabourMarkets“ auf das Problem der endogenenArbeitsmarktpartizipation im Vergleich zuHaushaltsarbeit auf unvollkommenen Arbeits-märkten ein. Aufgrund der Unvollkommenheitder Märkte entstehen den Arbeitnehmern hierKosten, die eine zusätzliche Hürde für denMarkteintritt und –austritt bedeuten.

Simon Burgess (University of Bristol) stellteseine Forschungsergebnisse zur Arbeitskräfte-Reallokation in Großbritannien vor. Das vonihm zur Analyse eingesetzte Modell berück-sichtigt Suchfriktionen und fortlaufende Pro-duktivitätsschocks; es liefert Hinweise auf denZusammenhang zwischen der Arbeitskräfte-Reallokation und dem Verhältnis zwischenArbeitslosenzahlen und dem Bestand anoffenen Stellen. Die empirischen Ergebnissebestätigen Burgess’ Annahme, nach der eingroßer Teil der Umverteilung nicht auf-grund von Arbeitslosigkeit, sondern aufgrund eines normalen Arbeitsplatzwechsels zustandekommt.

James Albrecht (Georgetown University,Washington D.C.) präsentierte seine For-schungsergebnisse zum Thema „EquilibriumDirected Search with Multiple Applications“.Das von ihm vorgestellte Modell verall-gemeinert frühere Erkenntnisse, indem dieArbeitnehmer beliebig viele Bewerbungen, diezwischen einer und der Gesamtzahl der aus-geschriebenen Stellen variieren, einschickenkönnen. Im Gleichgewicht impliziert dasvorgestellte Modell Lohnstreuung, wobeiArbeitnehmer mit nur einem Arbeitsplatz-angebot geringere Löhne im Vergleich zu ihrenKollegen mit mehreren Arbeitsplatzangebotenerhalten.

Pieter Gautier (Erasmus University Rotterdamund Tinbergen Institute) untersuchte dieAuswirkungen auf Lohnstreuung und Arbeits-losigkeit, wenn die Zahl der Bewerbungen jeArbeitnehmer und die Löhne innerhalb derUnternehmen zeitgleich und endogen fest-gelegt werden. Unter diesen Bedingungenfindet sich im Gleichgewicht nur dann eineLohnverteilung mit Lohnspreizung, wenn sichdie Arbeitnehmer um zwei oder mehr, nicht

aber um alle Stellen bewerben und es mehrStellen als Bewerber gibt.

Etienne Wasmer (Free University, Brussels)erklärte mit seinem Modell Differenzenzwischen europäischem und amerikanischemArbeitsmarkt anhand endogener Unter-schiede bei der Aneignung allgemeinen undspezifischen Humankapitals. Seiner Argumen-tation zufolge sind die Erträge aus allge-meinem Humankapital höher – Arbeitnehmerinvestieren mehr in ihre allgemein einsetz-baren Qualifikationen, wenn Arbeitsmärkte,wie der amerikanische, weniger Friktionenaufweisen. Dagegen findet man in Europaaufgrund stärkerer Arbeitsmarktfriktioneneine geringere Investitionsbereitschaft.

Andreas Hornstein (Federal Reserve Bank ofRichmond) ging in seinem Beitrag der Fragenach, inwieweit das Gleichgewicht auf mitFriktionen belasteten Arbeitsmärkten durchdie Art und Weise beeinflusst wird, wieUnternehmen neue Technologien einführen.Anhand seiner quantitativen Ergebnisse auseinem Suchmodell, in dem Unternehmen miteinem ständig alternden Kapitalstock kon-frontiert sind, der von Zeit zu Zeit erneuertwerden muss, wurde deutlich, dass die vomModell implizierten Gleichgewichtsergebnissemit tatsächlich beobachteten Daten überArbeitslosigkeit, Lohnungleichheit und denAnteil des Arbeitseinkommens an der Gesamt-produktion weitgehend übereinstimmen.Dabei spielt es keine Rolle, ob die Unter-nehmensleitung die Investitionsentscheidungzur Einführung einer Technologie allein oderin Absprache mit ihren Beschäftigten trifft.

Barbara Petrongolo (London School ofEconomics) stellte ihre empirische Analyseüber die Entstehung von Arbeitsverhältnissenvor. Insbesondere untersuchte sie, inwieferndie von verschiedenen Matching-Theorienprognostizierte Arbeitslosigkeitsdauer mit derRealität übereinstimmt. Modelle, die Arbeits-losigkeit allein durch Suchfriktionen erklärenund eine Suchstrategie nach dem Zufalls-prinzip unterstellen, gelangen zu anderenPrognosen hinsichtlich der Verweildauer inder Arbeitslosigkeit als solche Konzepte, dieArbeitslosigkeit als Folge von Warteschlangenfür Vakanzen erklären und das Matching nacheinem „stock-flow“-Ansatz modellieren. Pe-trongolos Analysen zufolge finden annähernd

fünfzig Prozent aller Arbeitslosen bereits kurznach Verlust ihres Arbeitsplatzes eine neueAnstellung. Dieses Ergebnis spricht für das„stock-flow“-Prinzip. Dagegen hängt die Wie-dereinstellung der Arbeitslosen mit längererVerweildauer in der Arbeitslosigkeit statistischeher vom Zustrom an neu angebotenenoffenen Stellen (flow) und nicht vom Bestandan bereits vorhandenen Vakanzen (stock) ab.Dies spricht eher gegen die Hypothese eineszufälligen Matchings.

Klaus Kultti (University of Helsinki) präsen-tierte ein Modell zur „physischen Suche“ vor.Hierzu wurden Käufer und Verkäufer einemfestgelegten Ort zugeordnet, den sie zur Sucheeines Handelspartners verlassen mussten. Indiesem Szenario scheint die Suchaktivitäteiner Seite effizienter zu sein als die gleich-zeitige Suche beider Seiten. Auch liefert dasModell Hinweise darauf, dass es effizienterist, wenn die Mitglieder der größerenGruppe,nicht die der kleineren, ihren Ort zurSuche verlassen.

Im letzten Teil des Workshops referierte PierreCahuc (University Paris I) seine Forschungser-gebnisse zur Bedeutung ausgeprägter Arbeit-nehmerschutzrechte im Falle risikoneutralerBeschäftigter. Hier sieht er eine effizienteLösung in der Kombination einer von denUnternehmen zu zahlenden und staatlichenSubventionen, die mit den zusätzlichenSteuereinnahmen finanziert und zum Aufbauneuer Arbeitsplätze eingesetzt werden. Mitden Ausgaben für öffentliche Güter steigt dieeffiziente Höhe dieser Steuern und Subven-tionen; sie kann durchaus ein Niveau errei-chen, welches über dem anderer Länder mitstark ausgeprägten Arbeitnehmerschutzrech-ten liegt.

Jan C. van Ours (Tilburg University) stellteeinen Ländervergleich zu verschiedenen Pro-grammen aktiver arbeitsmarktpolitischerMaßnahmen im Kontext eines Suchmodellsan. Seine Ergebnisse zeigen, dass Weiter-bildungsmaßnahmen im Vergleich zu staat-lichen Beschäftigungsprogrammen das wirk-samere Mittel zur Reduzierung der Arbeits-losigkeit darstellen. Hingegen fehlt es staatlichsubventionierten Arbeitsplätzen an Effizienz.

Juan Dolado (University Carlos III, Madrid),Mitorganisator des IZA/CEPR EuropeanSummer Symposium in Labour Economics(ESSLE) ist von seinem Amt als Co-Direktordes CEPR-Arbeitsökonomieprogramms zu-rückgetreten. Dolado war es während seinerAmtszeit beim Centre for Economic PolicyResearch, London gelungen, zahlreiche her-ausragende Nachwuchswissenschaftler fürdie Disziplin der Arbeitsökonomie zu ge-

winnen und die quali-tativ hochwertige em-pirische Wirtschaftsfor-schung auf diesem Ge-biet voranzutreiben.Dolados Nachfolge hatJörn-Steffen Pischke (Lon-don School of Econo-mics) angetreten. Erleitet den Forschungs-

bereich gemeinsam mit Gilles Saint-Paul(University of Toulouse), der das Amt 2001von IZA-Direktor Klaus F. Zimmermannübernommen hatte. Pischke ist seit 1999 IZAResearch Fellow. Sein Wechsel vom MIT zurLondon School of Economics vor einigenJahren hatte entscheidend zur Aufwertungder europäischen Arbeitsmarktforschungbeigetragen.

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IZA COMPACT Februar/März 2004 13

NEUE IZA DISCUSSION PAPERSVon Dezember 2003 bis März 2004 wurden unter anderem die folgenden IZA Discussion Papers vorgelegt

(die IZA Homepage hält alle IZA Discussion Papers zum Download bereit):

Sascha O. Becker (Universität München)

Martin Biewen(Universität Mannheim)

David M. Blau(University of North Carolina, Chapel Hill)

Atanas Christev (Heriot-Watt University, Edinburgh)

Matteo Cervellati (Universitat Pompeu Fabra, Barcelona)

Don J. DeVoretz (Simon Fraser University, Burnaby)

Juan José Dolado(University Carlos III, Madrid)

Pier-Giuseppe Fortunato (University Paris I)

Pietro Garibaldi (Bocconi University, Milan)

Lorenz Götte(University of Zurich)

Sherrie Kossoudji (University of Michigan, Ann Arbor)

Julián Messina (European Central Bank, Frankfurt/Main)

Panu Poutvaara (CEBR, Copenhagen)

Robert M. Sauer (Hebrew University, Jerusalem)

Helena Skyt Nielsen (University of Aarhus)

Leslie S. Stratton (Virginia Commonwealth University, Richmond)

Jan C. van Ours (Tilburg University)

Niels Westergård-Nielsen (Aarhus School of Business)

IZA-GASTWISSENSCHAFTLERVon Dezember 2003 bis März 2004 konnte das IZA die nachfolgenden Ökonomen als Gäste

begrüßen und mit ihnen aktuelle Fragen der Arbeitsmarktforschung erörtern:

1030 Ingrid Woolard, Stephan KlasenDeterminants of Income Mobility andHousehold Poverty Dynamics in South Africa

1029 Maurice Schiff Trade Policy and Labor Services: Final StatusOptions for the West Bank and Gaza

1028 Maurice Schiff, Yanling Wang Education, Governance and Trade-RelatedTechnology Diffusion in Latin America

1027 Maurice Schiff Labor Mobility, Trade and Social Capital

1026 Nicolai Kristensen, Niels Westergård-Nielsen

Does Low Job Satisfaction Lead to JobMobility?

1025 Guido Friebel, Sergei Guriev Smuggling Humans: A Theory of Debt-Financed Migration

1024 Hartmut Egger, Volker GrossmannNoncognitive Abilities and Within-GroupWage Inequality

1023 Gil S. Epstein, Shmuel NitzanTournaments: There Is More Than Meets theEye

1022 Philippe Cattoir, Frédéric DocquierPopulation Prospects and the Determinationof a Debt-Sharing Rule between SecedingRegions

1021 Horst Entorf, Nicoleta MinoiuPISA Results: What a Difference ImmigrationLaw Makes

1020 Erkki Koskela, Rune Stenbacka Profit Sharing, Credit Market Imperfectionsand Equilibrium Unemployment

1019 Feng-Cheng Fu, Chu-Ping C. Vijverberg, Wim Vijverberg

Public Infrastructure as a Determinant ofIntertemporal and Interregional ProductivePerformance in China

1018 T. H. Gindling, Katherine Terrell Legal Minimum Wages and the Wages ofFormal and Informal Sector Workers in CostaRica

1017 Louis Jacobson, Robert LaLonde, Daniel G. Sullivan

Estimating the Returns to Community CollegeSchooling for Displaced Workers

1016 Rainer Winkelmann Subjective Well-Being and the Family: Resultsfrom an Ordered Probit Model with MultipleRandom Effects

1015 Holger Bonin, Hilmar Schneider Analytical Prediction of TransitionsProbabilities in the Conditional Logit Model

1014 Erdal Tekin Single Mothers Working at Night: StandardWork, Child Care Subsidies, and Implicationsfor Welfare Reform

1013 Ernst Fehr, Jean-Robert Tyran Money Illusion and Coordination Failure

1012 Charles Bellemare A Life-Cycle Model of Outmigration andEconomic Assimilation of Immigrants inGermany

1011 Astrid Kunze, Mette Ejrnæs Wage Dips and Drops around First Birth

1010 Nuria Rodriguez-PlanasRe-Employment Bonuses in a SignallingModel of Temporary Layoffs

1009 Nuria Rodriguez-PlanasSignaling in the Labor Market: New Evidenceon Layoffs and Plant Closings

1008 Luis Diaz-Serrano Labour Income Uncertainty, Risk Aversion andHome Ownership

1007 Winfried Koeniger, Omar LicandroSubstitutability and Competition in the Dixit-Stiglitz Model

1006 John S. Earle, Andrew Spicer, Klara Sabirianova Peter

Community Norms and OrganizationalPractices: The Legitimization of Wage Arrearsin Russia, 1992-1999

1005 Stephen Machin, Sandra McNallyThe Literacy Hour

1004 Christina GathmannThe Effects of Enforcement on Illegal Markets:Evidence from Migrant Smuggling along theSouthwestern Border

1003 Christian Belzil, Michael Bognanno The Promotion Dynamics of AmericanExecutives

1002 Ernst Fehr, Lorenz GötteDo Workers Work More When Wages AreHigh?

1001 Klaus F. Zimmermann Advising Policymakers Through the Media

1000 Jan Boone, Abdolkarim Sadrieh, Jan C. van Ours

Experiments on Unemployment BenefitSanctions and Job Search Behavior

999 Thomas Bauer, Astrid Kunze The Demand for High-Skilled Workers andImmigration Policy (forthcoming in: BrusselsEconomic Review)

998 David C. Ribar What Do Social Scientists Know About theBenefits of Marriage? A Review ofQuantitative Methodologies

997 Daniele PasermanJob Search and Hyperbolic Discounting:Structural Estimation and Policy Evaluation

996 Daniele Paserman Bayesian Inference for Duration Data withUnobserved and Unknown Heterogeneity:Monte Carlo Evidence and an Application

995 Giorgio Brunello, Massimo Giannini,Kenn Ariga

The Optimal Timing of School Tracking 994 Michael Fertig, Robert Wright

School Quality, Educational Attainmentand Aggregation Bias

993 Angel Calderon-Madrid, Alexandru Voicu

Total Factor Productivity Growth and JobTurnover in Mexican Manufacturing Plantsin the 1990s

992 Axel Heitmueller Public-Private Sector Wage Differentials inScotland: An Endogenous Switching Model

991 Sher VerickThreshold Effects of Dismissal ProtectionLegislation in Germany

990 Holger Bonin, Concepció Patxot Generational Accounting as a Tool toAssess Fiscal Sustainability: An Overview ofthe Methodology

989 Joachim WagnerAre Young and Small Firms Hothouses forNascent Entrepreneurs? Evidence fromGerman Micro Data

988 Marcel Jansen Can Job Competition Prevent Hold-Ups?

987 Andrea Ichino, Gerd Muehlheusser How Often Should You Open the Door?Optimal Monitoring to ScreenHeterogeneous Agents

986 Herbert Brücker, Parvati Trübswetter

Do the Best Go West? An Analysis of theSelf-Selection of Employed East-WestMigrants in Germany

985 Stepán Jurajda, Heike Harmgart When Are ‘Female’ Occupations PayingMore?

984 Wiji Arulampalam, Alison L. Booth,Mark L. Bryan

Are There Asymmetries in the Effects ofTraining on the Conditional Male WageDistribution?

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14 IZA COMPACT Februar/März 2004

Die deutsche Lehrlingsausbildung ist eineInstitution, die in guten, vergangenen Zeitenzu den Vorzeigeobjekten des StandortsDeutschland zählte. Sie verknüpft unterneh-merische Initiative mit gesamtstaatlicherSolidarität, führt junge Menschen praxisnahins Berufsleben und hält sie so von den Klauender Jugendarbeitslosigkeit fern. Das Arbeits-leben ohne Job zu beginnen ist schwer-wiegend. Es bedeutet in aller Regel, lebens-lang als „Zitrone“ zu gelten, als Problemfall,mit höherem Arbeitslosigkeitsrisiko und gerin-geren Einkünften als andere, gleich Qualifi-zierte. Die duale Lehrlingsausbildung ist des-halb hierzulande und international viel gelobt,obwohl sie erstaunlicherweise selten kopiertwurde.

Der Lack ist ab. Seit der Pisa-Studie ist dasVertrauen in die deutschen Bildungs- undAusbildungsstandards geschrumpft, dieBerufsausbildung wird als zu langatmig undnicht anpassungsfähig kritisiert. Immer mehrjunge Menschen eines Jahrgangs schließenkeinen Ausbildungsvertrag ab. Flugs wird dasals eine Verweigerungshaltung der Wirtschaftinterpretiert. Und schon ist der Staat auf demVormarsch: Im vergangenen Jahr wurde be-

M E I N U N G

Forschungsinstitutzur Zukunftder Arbeit

IMPRESSUMHerausgeber: Prof. Dr. Klaus F. ZimmermannRedaktion: Holger HinteIZA, Postfach 7240, D-53072 BonnTel. (02 28) 38 94 222, Fax (02 28) 38 94 180e-mail: [email protected]: www.iza.orgGrafiken/Fotos: IZALayout/Druck: Verlag Andrea Dynowski, Köln

reits jeder neunte der über 560,000 von denUnternehmen neu abgeschlossenen Lehrver-trägen voll aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Da liegt es nahe, gleich Nägel mit Köpfen zumachen: So wird gefordert, der Staat mögemit einer Ausbildungsplatzabgabe alle Unter-nehmen zu einem Beitrag zwingen. Ausbil-dende Betriebe könnten so für ihre Leistungenhonoriert, Drückeberger und Schmarotzerunter den Unternehmen bestraft werden. Dasklingt genial, ist aber ein Schildbürgerstreich.

Richtig ist: Viele Unternehmen sind derzeitnicht, oder nicht im gewohnten Umfangebereit, auszubilden. Dazu trägt die noch un-sichere gesamtwirtschaftliche Lage bei. Nochimmer sind wir einer jahrelangen Stagna-tionsphase nicht entronnen. Auch der Re-formstau bei den sozialen Sicherungssyste-men und in der Wirtschaftspolitik, für denRegierung und Opposition gleichermaßenverantwortlich sind, kann unternehmerischeInitiativen nicht beflügeln. Zukunftsinvestitio-nen in Sach- und Humankapital werdenfolglich tendenziell zurückgestellt. Außerdemsind Angebotsmängel unübersehbar: VieleJugendliche meiden bestimmte Berufsgrup-pen, sind schlecht motiviert und von derSchule mit unzureichenden Kenntnissen ver-sehen. So wird Ausbildung zu einer Last,insbesondere für kleine Betriebe.

Unter diesen Bedingungen liefert eine Aus-bildungsplatzabgabe nur ein fatales Signal fürdie Wirtschaft und den Standort Deutsch-land. Zu durchsichtig geriert diese Maßnahmezum Plazebo, das die politischen Widersacherdes Reformprozesses ruhig stellen soll. Eineneue Bürokratie würde geschaffen, die neueKosten entstehen lässt und einen guten Teilder Einnahmen aufsaugt. Ungeeignete Bewer-ber werden auch bei einer Abgabe nichteingestellt. Dagegen werden Anreize geschaf-fen, sich dauerhaft von jeder Ausbildungs-verantwortung frei zu kaufen. HochwertigeAusbildungsplätze werden in jedem Fall teurersein als die Abgabe. Damit wird der Verzichtauf Ausbildung zu einem guten Geschäft.Angesichts der demographisch bedingtenSchrumpfung der Zahl junger Menschen die inden kommenden Jahren eine Berufsausbil-

dung suchen werden, ist die Abgabe einefalsche, panikartige Reaktion, die Gefahrläuft, das Gegenteil des Beabsichtigten zubewirken.

Die duale Lehrlingsausbildung ist ein gutes,unbürokratisches Instrument. Die Unterneh-men bilden aus, weil sich dies für sie lohnt.Große Betriebe vermarkten dies auch als Belegihres gesellschaftspolitischen Engagements.Jede Zwangsmaßnahme zerstört diese Moti-vation. Bewegung könnte bringen, die Aus-bildungszeiten generell von drei auf zwei Jahrezu verringern und die Inhalte zu entschlacken.Auf zu spezifisches Wissen kann wegen derimmer kürzeren Halbwertzeit von Wissen undder zusehends rascheren schöpferischen „Zer-störung“ von Humankapital verzichtet wer-den. Gefragt ist angesichts dessen ohnehinmehr denn je der Generalist, der berufs- undunternehmensspezifisches Wissen vor Ort imBetrieb erwirbt. Sinnvoll wäre deshalb aucheine neue, insgesamt mindestens einjährigeSchulungskurse umfassende Weiterbildungs-verpflichtung der Arbeitnehmer, die vor demErreichen des fünfzigsten Lebensjahrs einge-löst werden müsste.

Versagt die Hauptschule bei der Schulbildung,dann sollte sie gleich zum Angelpunkt vonReformen werden. Wirtschaft und Schulemüssen im Abschlussjahr enger zusammen-arbeiten: durch Praktika und durch die Ver-mittlung von Erfahrungen aus dem Berufs-leben im Rahmen eines Bewerber- und Moti-vationstrainings. Auch sollten die Jugend-lichen vorhandene Ausbildungsplätze nichteinfach ablehnen können. Ansonsten solltenstaatliche monetäre Unterstützungsleistungenfür sie entfallen.

Fazit: Unser Ausbildungssystem braucht ohneZweifel frischen Wind, um den sich änderndenAnforderungen gerecht zu werden. Eines istdabei allerdings überflüssig: eine Ausbil-dungsplatzabgabe.

Ausbildungsplatzabgabe: Mit Zwang in die Krise