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EVANGELISCH-LUTHERISCHE G E M E I N D E S I Z I L I E N Comunità Evangelica Luterana DI SICILIA GEMEINDEBRIEF Ausgabe 6 / 2014 Oktober · November 2014 Herbstleuchten 1

Comunità Evangelica Luterana DI SICILIA GEMEINDEBRIEF · 2019. 11. 29. · GEMEINDEBRIEF Ausgabe 6 / 2014 Oktober · November 2014 ... Ich wünsche Ihnen allen einen bunten Weg in

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EVANGELISCH-LUTHERISCHE

G E M E I N D E S I Z I L I E N

Comunità Evangelica Luterana DI SICILIA

G E M E I N D E B R I E F

Ausgabe 6 / 2014 Oktober · November 2014

Herbstleuchten

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Inhalt

Vorangestellt … 4

Geistliches Wort … Gutes zu tun … 5

Blicke zurück … 8Neuer Kirchenvorstand konstituierte sichKulturbörse in TrapaniGottesdienst in TaorminaEin lachendes Auge – ein weinendes AugeNachruf für Werner Heiss

Termine · Informationen · Tanti auguri! ... 15

Als ich nach Sizilien kam (11) … 22 Von Magdalena Grube-Alfano

Blicke voraus … 24Feier zum Buß- und Bettag

Kurz und bündig ... 27

Nachgestellt ... 28Buchvorstellung

Poesia … Impressum ... 32

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Vorangestellt...Rostrot der Farn … Maroni im Feuer …Jetzt kommt sie wieder, die Zeit des Übergangs, des davonziehenden Sommers, des leuchtenden Herbstes. In der Natur am Ätna kann man „die Zeit sehen“. Die Wiesen sind sommermüde. Der Farn zeigt zwischen grün, ocker, rostrot alle Farben. Die Hagebutten sind feuerrot, die Brombeeren schwarz. Auf den Wiesen liegen die rotgoldenen Äpfel. Die Disteln stehen stachlig gelb. Die Ferula liegen braun am Weg. Die Lucertola laufen mir seltener an den Füßen vorbei. Die Kastanien lassen ihre grünen Igel fallen. „Mein Baum“, eine Eiche, lässt sich noch Zeit. Bäume haben Geduld. Sie „wissen“, wann ihre Zeit gekommen ist. Sie haben eine „innere Uhr“. Und bei allem durchstreift das wunderbare Sonnenlicht die Landschaft und unsere Seelen!

Bald werden die Herbstzeitlosen mit ihrem Lilagewand am Weg aufstehen. Wir gehen durch die Erntezeit, die in Sizilien kaum ein Ende nimmt. Hier „fällt man fast aus der Zeit“. Und doch spüre ich tief in mir diesen natürlichen Rhythmus. Freue mich auch an einem bewölkten Tag. Mäßigkeit. Nebbia sull'Etna. Wir beenden das gefüllte Kirchenjahr 2014 mit dem Erntedank und dem Novembermonat, in dem die Tore zwischen den Welten weit offen sind an Allerseelen, am Buß- und Bettag und am Ewigkeitssonntag. Dann kommt der Schein des Advents schon auf uns zu...

Ich wünsche Ihnen allen einen bunten Weg in den Herbst · Ihre Heidrun Adriana Bomke · 3382578603 · Ätna

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Geistliches WortUngefähr drei bis viermal im Jahr höre ich, dass mir jemand sinngemäß sagt: "Ich tue das Gute, ich halte mich an die Gebote und helfe den anderen, ich bin damit besser als diejenigen, die jeden Sonntag in die Kirche rennen." Ich würde darauf gerne mal antworten, dass ich noch nie jemanden in die Kirche habe rennen sehen, außer vielleicht Konfirmandinnen und Konfirmanden, die spät dran sind.

Sicher, Kirchgänger sind nicht unbedingt die besseren Menschen. Diesen Anspruch haben wir aber auch gar nicht. Und ich finde es ungerecht, wenn andere sagen: Du als Christ müsstest doch geduldiger und liebevoller sein. Während sie von sich selbst sagen: Ich bin ja kein Christ, ich darf mich benehmen, wie es mir passt. Für dich gelten moralische Regeln und für mich nicht. Ich ärgere mich über die Leute, die so genau wissen, wie christliches Benehmen sein müsste und von anderen etwas verlangen, was sie für sich selbst nie gelten lassen würden. Das ist eine ärgerliche Doppelmoral. Es ist nicht gut, wenn sich Leute, die in die Kirche gehen für etwas Besseres halten. Aber ich finde Leute, die nicht in die Kirche gehen, haben auch keinen Grund sich deshalb für etwas Besseres zu halten und diejenigen abzuwerten, die in die Kirche gehen.

Wir haben heute andere Zeiten als bei Jesaja, von dem der Monatsspruch November stammt. Damals konnte man sich noch Ansehen erwerben, indem man am Tempel Opfer gebracht hat.

Unsere Gemeinde auf Sizilien ist eher aus Motiven der Gemeinschaft und Ermöglichung von Kontakten entstanden:

Wir wollen Begleitung, wir wollen Austausch, wir wollen Betreuung, wir wollen auch das ausgelegte Wort Gottes hören.Ich finde es großartig, dass hier gemeinsam einer inneren Sehnsucht nachgegeben wurde. Der Sehnsucht dem Glauben und Gott näher zu kommen. Ob das gelungen ist, ob sich Erfüllung einstellte, mag ich nicht beurteilen, doch trotz vieler verbleibender Anfragen Kirche und Glauben gegenüber, sind viele sehr glücklich über die Existenz ihrer sizilianischen Kirchengemeinde.

Der Monatsspruch für November fragt uns: Wie sieht es mit deinem

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sozialen Verhalten aus? Was tust du für die Gerechtigkeit in deinem Ort? Hältst du dich an meine Gebote für ein gutes Zusammenleben? Wir sollten versuchen, eine ehrliche Antwort darauf zu geben. Vielleicht lautet für jemanden die Antwort so: Oh, ich habe lange nicht mehr bei meiner Nachbarin vorbeigeschaut. Sie ist vielleicht einsam. Ich gehe nächste Woche mal wieder hin. Oder vielleicht lautet eine andere Antwort: Vielleicht war ich letzte Woche doch etwas ungeduldig, als diese verwirrte junge Frau mit dem Baby an der Kasse so lange gebraucht hat, das nächste Mal, wenn so etwas passiert, werde ich ihr anbieten, ihr zu helfen, den Wagen einzuräumen.

Ich glaube, es lohnt sich, über die Fragen, die Gott uns in diesem Monatsspruch stellt, ein weniger länger nachzudenken: Wie sieht es mit meinem sozialen Verhalten aus? Was tue ich für die Gerechtigkeit in meinen Lebenszusammenhängen? Wie kann ich für ein gutes und liebevolles Zusammenleben sorgen?

Über diese Fragen ist es gut, gemeinsam zu meditieren. Das wollen wir tun, in einer anderen Art, in einer neuen Form, am Buß- und Bettag, den 19. November um 18.00h mit einer Andacht und anschließendem gemeinsamen Essen (s.a. Artikel unter Blicke voraus).

Aber vor etwas möchte ich Sie zum Schluss noch warnen. Zu welchen Ergebnissen wir auch immer bei unserem inneren Nachforschen kommen werden, und was uns auch immer noch einfallen wird, was wir noch Gutes tun könnten oder Gutes tun müssten. Werten Sie nicht ab, was Sie in Ihrem Leben schon alles Gutes getan haben. Wir sind auf einem Weg. Es ist richtig, sich immer mal wieder zu fragen, wie der nächste Schritt nach vorne aussehen könnte, und was in unserem Leben noch besser werden könnte. Aber das, was wir tun, ist gut. Wir müssen nichts tun, um noch mehr geschätzt und geliebt zu werden.

Die positive Botschaft lautet also: Gott ist ein Schützer und Hüter des Lebens, ein Anwalt für die Schwachen. Dort, wo die Liebe, die im Gottesdienst gepredigt wird, im Alltag auch gelebt wird, im konkreten Handeln für die, die in Not sind, da ist der Gottesdienst das, was er sein soll. Dietrich Bonhoeffer spricht davon, dass „Beten und Tun des Gerechten“ zusammengehören.

Das ist gewiss eine Frage des eigenen Tuns jedes Christen und seines persönlichen Lebensstiles. In unseren sechs Gemeindegruppen

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geschieht dies in vielfältiger Weise, dass Nächstenliebe geübt wird, auch über Konfessionsgrenzen hinweg. Es werden alte und kranke und einsame Menschen besucht und betreut und begleitet. Es wird ehrenamtlich Unterstützung für Arme und Obdachlose geleistet. Das ist ein wichtiger Teil des Gottesdienstes in unseren Gemeinden. Doch die Botschaft des Propheten Jesaja hat damals wie heute auch eine politische Dimension. Denn die Kirche kann heute auch nur dann glaubwürdig ihre Gottesdienste feiern, wenn sie öffentlich ihre Stimme erhebt für die Schwachen; für die, deren Leben und Würde bedroht ist, am Anfang oder am Ende ihres Lebens. Deshalb erarbeiten wir mit viel Mühe und Energie in und für unsere Kirche ein testamento biologico auch für den italienischen Sprachraum und sind auf einen sehr guten Weg, dank allen, die sich engagieren.

Sehr herzlich, Ihr Andreas Latz

Gesehen in einer Kirche in Adria, Veneto

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Blicke zurück ...Aus dem KirchenvorstandAm 6.9.2014 fand die konstituierende Sitzung des neu gewählten Kirchenvorstands statt. Die drei Hauptämter wurden nun mit folgenden Personen besetzt sind:

Präsidentin: Margit MüllerVizepräsidentin: Christiane BaderSchatzmeisterin (vorübergehend): Rosemarie Dipper-Schmidt

Für die Synodale wurden benannt: Rosemarie Dipper-Schmidt, Margit Müller Ersatz-Synodale: Melanie Cobisi, Edith Beyeler

“Fatevi stupire – Lasst euch faszinieren” Kulturbörse in Trapani

Im Frühsommer wurde Pastor Latz vom Goetheinstitut in Palermo und Frau Weerning angefragt, ob unsere Gemeinde an der Deutsch-Italienischen Kulturbörse in Trapani mit einem Informationsstand teilnehmen würden. Dieses Angebot hat uns alle überrascht, aber anfangs auch etwas verunsichert, was die Umsetzung dieses Projektes betraf. Nachdem wir uns bei einem Treffen im Gemeindezentrum im Appartement Cleotto in Palermo eine Vorstellung dessen gemacht hatten, was wir und wie wir ausstellen wollten, sagten wir zu. Unter der Schirmherrschaft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Italien fand vom 12. bis 15. September die Deutsch-Italienische Kulturbörse statt, eine Initiative der Italienisch Deutschen Kulturinstitute (ICIT), die alle zwei Jahre abwechselnd in Deutschland und Italien durchgeführt wird. Sie hatte dieses Jahr das Motto: ”Sizilien + Deutschland – Fatevi stupire!“Es sollte gezeigt werden, was Faszinierendes entsteht, wenn sizilianische und deutsche Kultur aufeinandertreffen. Am 13. September wurde in Trapani unter großer Anteilnahme deutscher und italienischer Gäste offiziell die Kulturbörse eröffnet. Nach Ansprachen u.a. der öffentlichen Vertreter aus Trapani, der stellvertretenden Botschafterin der BRD in Italien, der Vertreterin des

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Goetheinstitutes Rom sowie der Überreichung des Deutsch-Italienischen Kulturpreises, wurde die Feier von einem bekannten Pianisten musikalisch bereichert.

Ein überaus informativer Vortrag in der Chiesa del Collegio zur Geschichte Trapanis mit dem Titel "Fatevi stupire", begeisterte die interessierte Zuhörerschaft. Am Nachmittag gingen wir daran, unseren Stand aufzubauen. Wir hatten reichlich Informationsmaterial, das wir auch abgeben konnten. Es war für uns eine neue Erfahrung, bei einem solchen Anlass mitzumachen und wir merkten schnell, dass wir uns in Zukunft noch besser organisieren werden. Der Stand wurde auch von Italienern gut besucht und das Interesse war groß, die evangelisch-lutherische Kirche kennenzulernen, beispielsweise ihren Wirkungskreis, die Zahl der Gemeindemitglieder, wie die Kirche unterstützt wird usw. Pastor Latz nahm die Gelegenheit war, neue Kontakte zu knüpfen und einige Mitglieder kennen zu lernen, die zwar den Gemeindebrief bekommen, aber sonst keinen Kontakt zur Kirche pflegen. Der Tag war ein voller Erfolg und wir alle waren erleichtert und glücklich. Und wer weiß, vielleicht können wir in 2 Jahren an der ICIT Kulturbörse in Lübeck teilnehmen. Edith Beyeler, Palermo

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Festgottesdienst in Taormina

Unter starker Beteiligung sowohl der anglikanischen als auch lutherischen Gemeinde konnte am Sonntag, den 28. September zusammen mit Archdeacon Jonathan Boardman aus Rom und Pfarrer John Smith aus England und Pastor Andreas Latz ein gemeinsamer, festlicher Gottesdienst gefeiert werden, auch zur Bestärkung des vor genau einem Jahr initiierten Projektes der gemeinsamen anglikanisch-lutherischen Gottesdienste auf Basis der Meissner Erklärung von 1988. Im Austausch mit den zahlreichen Gästen aus aller Welt und mit den beiden Gemeinden wurde unbedingt versichert, dass dies eine vorweggenommene und schon gelebte Zukunft vieler kleinerer Gemeinden sei, die sich, wie bei uns geschehen, ökumenisch zusammenschließen, und ein gemeinsames gottesdienstliches Angebot unterbreiten. Allen Unterstützern sehr herzlichen Dank für die Offenheit und Bereitschaft, sich darauf einzulassen.

Andreas Latz

Gemeindetreffen in Catania im September

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ein lachendes auge, ein weinendes auge

oder: Wie Lydia Morreale die Familienferien verabschiedet ...

nun stehen wir am abflugschalter mit riesengepäckstücken, die urlaubszeit meiner lieben ist nun vorbei. traurig schaue ich meine zwei enkelkinder an, es tut mir weh, sie jetzt gehen zu lassen. ich drücke und küsse sie herzlich. wohl zu feste, denn sie wenden sich ab. der flug wird aufgerufen. ich küsse meine tochter und umarme meinen schwiegersohn, dann kommt meine kleine elisa auf mich zu und küsst und umarmt mich so lieb, dass mir doch die tränen kommen. sie gehen in die abfertigungshalle. ich stelle mich auf die zehenspitzen, um sie noch einmal zu sehen, um zu winken. nun sind sie weg. ich atme tief durch. so, jetzt bin ich wieder alleine.draußen trockne ich die tränen und lache, ach wie schööön!!! keine verpflichtung mehr, zeit für mich, kochen, wenn ich hunger habe, ausruhen!ich sitze im auto, will eine cd anmachen, da erklingen die kinderlieder "es geht ein bibabutzemann" ... endlich kann ich jetzt rock-cd hören. das radio spielt mit voller lautstärke, ich singe laut mit. ich fahre wieder zu schnell, überhole rasant, die fenster auf, der wind bläst in meinen haaren, es sind ja keine kinder im auto, herrlich ich kann machen, was ich will.bevor ich zu hause ankomme, denke ich, es wartet ja keiner auf mich. also fahre ich ans meer, setze mich in eine bar, trinke einen caffe und genieße. zu hause angekommen sehe ich die spielsachen, fahrräder, planschbecken im garten herumliegen. in der wohnung sieht es aus, als sei eine bombe eingeschlagen. die bettwäsche, handtücher stapeln sich vor der waschmaschine, ich drehe mich um. ich ignoriere es. ich gehe zum kühlschrank. nehme mir eine große packung eis. setze mich gemütlich aufs sofa, mach den fernseher an. ab jetzt gibt es keine kindersendung. meinen krimi kann ich mir in ruhe anschauen, mit der lautstärke, die mir gefällt (und das ist sehr laut). ich rede mit mir selber, sage: ACH WIE GUT GEHT ES MIR.ich sehe mir die fotos von den süßen enkeln an und denke:

schön, dass wir uns weihnachten wiedersehen.

Lydia Morreale

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Foto: Bomke, Madonna in Nicolosi

NachrufTrauer in Taormina, rote Rosen für Werner Heiss...

...Solchi non lascia eredità d'affetti Poca gioia ha dell urna... Ugo Foscolo

Ulla Spartà, geb. Heiss, Mitglied unserer Gemeinde in Taormina, musste sich von ihrem 64 Jahre alten Bruder Werner für immer verabschieden. Sie pflegte ihn aufopferungsvoll bis zu seinem tragischen Ende. Sie war froh, dass Werner dank unseres Pastors, der den Sterbenden einen Tag vor seinem Tod besuchte, am 5. September in Frieden einschlafen durfte.

Der Trauergottesdienst fand in unserer gemieteten anglikanischen San George Kirche statt. Die Trauergemeinde bestand vorwiegend aus sizilianischen und von verschiedenen Konfessionen her stammenden Ortsbewohnern. Pastor Latz entschied dieses Mal seine Amtshandlung in einer Sprache - in italienisch durch zu führen. In der Sprache, die wir alle verstehen und das für uns so wichtige Zusammengehörigkeits-gefühl, und hier, ganz besonders in diesem Fall der Trauer erlebten.

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Ganz im Sinne der uns am Herzen liegenden Ökumene. So blieb auch die Resonanz der Anwesenden nicht aus, die sich bewundernd, achtungsvoll und zufrieden nach dem Gottesdienst äußerten. In diesem Zusammenhang organisierte UIla, zum Gesamtkontext passend, die musikalischen Beiträge für den Gottesdienst: In Zusammenarbeit mit zwei Gemeindegliedern aus dem benachbarten Kloster der "Weißen Schwestern", mit denen wir gemeinsam jährlich unsere ökumenischen Zusammenkünfte feiern. Wir danken von Herzen dem wundervollen Tenor Ivan Lo Giudice und seinem Vater Salvatore Lo Giudice, der ihn auf dem Harmonium begleitete. Doch wünschen wir, besonders Ulla, mit ihrer wunderbaren Familie für die Zukunft alles Gute. "Ich bin die Letzte aus meiner Familie", sagte sie mir traurig nach der Trauerfeier. "Alle sind tot. Ich habe niemanden mehr in Deutschland!" Möge der von ihr gewünschte 23. Psalm "Der Herr ist mein Hirte" sie in guten, wie auch in schlechten Zeiten stets begleiten.

Eva Sangrigoli, Giardini, 28.06. 2014

Foto: Bomke

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Termine · Neuigkeiten · Adressen

Catania05.10. So 11.00h(!!!) Erntedankfest und Abendmahl mit Pfr.

Andreas Latz bei Monika Moser, Via Siculo 14, Acitrezza, Catania, cell. 3470508227, Essenspenden erbeten

09.10. Do 10.00h offener Treff und Pfarrsprechstunde mit Pfr. A.Latz

17.-19.10. ELKI-Kirchentag in Rom, noch sind Anmeldungen möglich

19.10. So 11.00h Reisegruppe der Leipziger Reise-mission, gastgebende Frauen gesucht

23.10. Do 10.00h offener Treff und Pfarrsprechstunde mit Pfr. Latz

31.10. Fr 17.30h Operntreff30.10.-2.11. Besuch der ev.-luth. Gemein.auf Malta2.11. 10.30h Kranzniederlegung auf dem

Soldatenfriedhof in Motta St.Anastasia 6.11. Do 10.00h offener Treff (Schlüsseldienst Fr. Rao)7.-14.11. Besuch der deutschsprachigen ev.-

luth. Gemeinde von Riga und Lettland mit Pfr. Markus Schoch zu Gast in der sizilianischen Gemeinde.

13.11. Do 20.00h KEIN offener Treff, ABER Abschluss-fest und Begegnung mit der lett. Gemeinde, Essenspenden sehr herzlich erbeten:-)

13.11. Do 16.30h Operntreff zus. m. d. lett. Gemeinde19.11. Mi 18.00h Gottesdienst am Buß- und Bettag in

besonderer Liturgie und Gestalt, mit nahegehender, einfühlsamer Musik und anschließendem „Büßermahl“

20.11. Do 10.00h offener Treff und Pfarrsprechstunde mit Pfr. A.Latz

27.11. Do 10.00h offener Treff ohne Pfr. Latz

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(Schlüsseldienst Frau Russo)30.11. So 15.30h Adventsbasar ab 16.30h, vorher

Gottesdienst in der Baptistischen Schwesterkirche nebenan

Taormina4.10. Sa 18.00h ökumenischer Gottesdienst bei den

Franziskanerinnen z. Franz v. Assisi05.10. So 11.00h(!!!) Erntedankfest und Abendmahl mit Pfr.

Andreas Latz bei Monika Moser, Via Siculo 14, Acitrezza, Catania, cell. 3470508227, Essenspenden erbeten

12.10. So 11.00h Gottesdienst mit Abendmahl zus. mit den Anglikanern zum Harvest-Day, unverderbliche Lebensmittelspenden sind für AVLUSS sehr gerne erbeten!!!

17.-19.10. ELKI-Kirchentag in Rom, noch sind Anmeldungen möglich

30.10.-2.11. Besuch der ev.-luth. Gem. auf Malta7.-14.11. Besuch der deutschsprachigen ev.-

luth.Gemeinde von Riga und Lettland mit Pfr. Markus Schoch zu Gast in der sizilianischen Gemeinde, beherbergt in der Villetta der Franziskanerinnen.

9.11. So 11.00h Gottesdienst mit Abendmahl zusammen mit den Anglikanern zum Remembrance-Day, Gedenken aller Opfer zum 100jährigen Jahrestag des Beginns des 1. Weltkriegs, zu Gast die lettische ev.-luth. Gemeinde

14.11. Do 20.00h Andacht und Abschlussfest mit der lettischen Gemeinde in der Grotte in Catania

30.11. So 15.30h Adventsbasar ab 16.30h, vorher Gottesdienst in der Baptistischen Schwesterkirche nebenan in Catania

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Messina26.10. 16.30h Gottesdienst und Abendmahl mit

Pfarrer Latz30.10.-2.11. Besuch der ev.-luth. Gem. auf Malta16.11. So 16.30h Gottesdienst mit Pfr. Latz30.11. So 15.30h Adventsbasar, vorher Gottesdienst in

der Baptistischen Schwesterkirche in Catania

Comiso17.-19.10. ELKI-Kirchentag in Rom, noch sind

Anmeldungen möglich30.10.-2.11. Besuch der ev.-luth. Gem. auf Malta31.10. Fr 17.30h Operntreff6.11. 16.00h Literaturnachmittag: Was uns heilt7.-14.11. Besuch der deutschsprachigen ev.-

luth. Gemeinde von Riga und Lettland mit Pfr. Markus Schoch zu Gast in der sizilianischen Gemeinde, beherbergt in der Villetta der Franziskanerinnen in Taormina

13.11. Do 16.30h(!!!) Operntreff13.11. Do 20.00h Andacht und Abschlussfest mit der

lettischen Gemeinde in der Grotte/Ct.30.11. So 15.30h Adventsbasar ab 16.30h, vorher

Gottesdienst in der Baptistischen Schwesterkirche nebenan in Catania

Siracusa14.10. Di 16.00h Alterssuizid und die psychologischen

Hintergründe mit Pfr. Latz30.10.-2.11. Besuch der ev.-luth. Gemeinde auf

Malta, Anmeldungen im Pfarramt 18.11. Di 16.00h 100 Jahre Gedenken - Beginn des 1.

Weltkriegs – ein kirchengeschicht-licher Rückblick

30.11. So 15.30h Adventsbasar ab 16.30h, vorher Gottesdienst in der Baptistischen Schwesterkirche nebenan in Catania

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PalermoGemeindetreff: Residence Cleotta, Apartment 612, 6. Etage, Via Caduti senza Croce1.10. Mi WGT-Vorbereitung mit Diakonin

Nataly Plavan bei den Waldensern17.-19.10. ELKI-Kirchentag in Rom, noch sind

Anmeldungen möglich23.10. Do 18.30h „Man lebt nicht alle Leben, die man

Leben könnte“ - Die Dichterin Hilde Domin und ihre Suche nach Heimat,Lesung/Vortrag mit Heidrun Bomke

24.10. Fr 18.30h Vortrag zur Patientenverfügung und Sterbebegleitung, zusätzlich Bericht aus der Synodalkommission „testamento biologico“

25.10. Sa 10.30h Treffen mit dem Episkopat Siziliens in Monreale, Giorno Ecumenico 2015

25.10. So 17.00h Gottesdienst in italienscher Sprache, sizilianische Ehemänner sind sehr herzlich eingeladen, mit Pfr. Latz

30.10.-2.11. Besuch der ev.-luth. Gem. auf Malta 15.11. Sa 17.00h Gottesdienst mit Abendmahl in der

Chiesa Valdese mit Pfr. Latz30.11. So 15.30h Adventsbasar, vorher Gottesdienst in

der Baptistischen Schwesterkirche in Catania

WICHTIGE ADRESSENPfarramt / Gemeindezentrum

Pastor Andreas Latz Via Etnea 5995030 TREMESTIERI ETNEO / CTTel/Fax 095 – 213230, Cell. 340 – 1214292

Via Grotte Bianche 795129 CATANIA

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email:[email protected]

GemeindesekretärinHeike Gattermann095 – 2163977; [email protected]

KirchenvorstandChristiane Bader S. Croce RG 0932-825211 VorsitzendeMelanie Cobisi Comiso RG 0932-879172 2. SynodaleRosemarie Dipper-Schmidt

Aci San Antonio CT

095-7892297 SchatzmeisterSynodale

Petra Dorau Belpasso CT 348-0957173Margit Müller Sommatino CL 0922-872186 Schriftführerin

SynodaleAndreas Latz Tremestieri E. 095-213230 Pfarrer

AnsprechpartnerInnen für regelmäßig stattfindenden Gruppen und Initiativen sind:

Catania: Rosemarie Dipper-Schmidt 095-7892297Comiso: Melanie Cobisi 0932-879172Messina: Ute Barbera 090- 389815Siracusa: Roswitha Jemulo 0931-756045Taormina: Sascha Dietrich Benkert 0942-632084Palermo Sandra Donath 091-6840204Bibliothek Brigitte Rao 095-7255195Frauen-netzwerk Renate Zwick-Rubino 091-8783429Partnerschaft Sinzh. Christiane Bader 0932-825211Sozialberatung Renate Zwick-Rubino 091-8783429Redaktionskreis Dr. Heidrun Bomke 338-2578603Gemeindebrief [email protected]

Unsere Konten

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Banco PostaComunità Evangelica-Luterana di SiciliaIBAN: IT 62 I 076 0117 0000 0100 2269 304

Uni CreditComunità Evangelica -Luterana di SiciliaIBAN: IT 11 I 02008 26201 000300684867

Kreissparkasse EsslingenSkto. ItalienGirokonto: 72 884 16IBAN: DE 22 6115 0020 0007 2884 16BIC: ESSLDE66XXXBLZ: 600 500 20

Tanti auguri! - Herzlichen Glückwunsch

zum Geburtstag und Gottes Segen a u f a l l e n W e g e n !

05/10/ Brigitte Rebholz Tondi 0932-72363508/10/ Brigitte Semmelhaack Rao 095-725519510/10/ Elisabeth Fugenzi 347-502991810/10/ Lydia Zuleger Branca 0942-65411211/10/ Ingrid Becks Kape 0932-82603518/10/ Hera Fritzen Mendolia 0942-62513819/10/ Renate Zwick Rubino 091-878342923/10/ Ursula Bünger Manenti 0932-944849

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27/10/ Anna-ReginaMasaracchia 091-834865228/10/ Yvonne Müller-Gmelin Lauricella 095-727524729/10/ Eva Lauretta 339-716534929/10/ Trude Sveva Ottmann30/10/ Hildegard Lorenz Maugeri 095-91214001/11/ Christiane Bader 0932-82521101/11/ Michele Lauria 0933-94793805/11/ Susanne Bien Calderone 095-598740d17/11/ Annerose Czimczik Ragusa 0942-2805819/11/ Ulrike Marie Beyersdorfer 095-765205221/11/ Annette Brokoph Bellini 0941-67991124/11/ Erika Weinmann Tarro 095-7921361

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Als ich nach Sizilien kam … (11)

von Magdalena Grube-Alfano

Als ich nach Sizilien kam, war es noch gar nicht sicher, ob ich überhaupt hier bleiben würde. Ich hatte einen langen kampf zwischen Ja und Nein hinter mir, nicht weil ich in der Wahl des Mannes, den ich inzwischen geheiratet hatte im Zweifel war, sondern wegen der Ungewissheit, ob es ratsam wäre, meinen schönen und sicheren Arbeitsplatz für ein unsicheres Abenteuer in Sizilien aufzugeben. Mein Mann wäre bereit gewesen, mit mir in Deutschland zu bleiben, aber auch dann hätte ich meinen Arbeitsplatz aufgeben müssen, um ihm bei dem, was er vorhatte, in Sprache und Buchhaltung zu helfen, was immerhin auch ein Abenteuer gewesen wäre. Dann kann ich auch das Abenteuer Sizilien wagen, dachte ich mir und so kam ich hierher, wo mein Mann seine Arbeit hatte. In Palermo empfingen mich vier liebevolle Schwägerinnen, alle in Schwarz für vier Jahre wegen des kürzlich verstorbenen Vaters. Alle unverheiratet und bestrebt bzw. gewillt, mich beschützend überallhin zu begleiten und keinen Augenblick aus den Augen zu lassen, bis mein lieber Mann mich von diesem Alp befreite. Zum Glück hatte ich bald ein Fahrrad, mit dem ich ihnen ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, davon fahren konnte. Meine Schwägerinnen wohnten in den „Katakomben“, so von mir bezeichnet, weil man eine Treppe hinuntersteigen musste, um in die Wohnungen zu zu kommen.Die kleinen Fenster der Schlafzimmer klebten an der Decke und man sah die Schuhe der Leute, die auf dem Bürgersteig an den Fenstern vorbeigingen. Die Zimmer waren groß und kühl im Sommer und verhältnismäßig warm im Winter, ohne Heizung natürlich. Das Wohnzimmer hatte große Türen und davor einen Garten, der sich dadurch auszeichnete, dass er von den umliegenden Mietshäusern als Müllkippe benutzt wurde und wenn sich meine Schwägerinnen darüber beschwerten, als Erklärung (nicht als Entschuldigung) angegeben wurde, dass man ja damit zur Ernährung der Tiere im Garten beitrage. Dort waren Tauben, Hühner, Katzen, Hunde und Ratten. Einer der Hunde war der Rattenfänger und sah selbst wie eine Ratte aus. Er zwängte sich in die an mehreren Stellen offene Kanalisation und holte die Ratten dort raus. Die Katzen waren ihm dafür dankbar, denn sie hatten vor den Ratten Angst. In diesem Idyll wuchs auch ein

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Bananenbaum, dessen Früchte man essen konnte, wenn man sie schnell konsumierte. Der Tagesmüll wurde spät abends draußen mitten auf die Straße gekippt, das war eben üblich und alle machten es so. Morgens kamen die Müllmänner mit ihren Karren und schaufelten alles darauf. Kamen sie nicht, weil sie kein Gehalt bekommen hatten und streikten, was öfter vorkam, blieb der Müll eben liegen und wurde von den Autos breitgefahren. Der gleiche Verhältnisse waren gewöhnungsbedürftig, aber ich wohnte Gottlob mit meinem Mann in einer eigenen Wohnung in Mondello Valdesi. Sonntags kam der Familienbesuch: „Arriva la carovana“ verkündete Donna Rosina, meine Nachbarin, die unter mir permanent auf der Terrasse saß, um die Ein-und Ausgänge in unser Haus unter Kontrolle zu haben. Vorneweg schritt mein Schwager, hinterher im Gänsemarsch die vier schwarzen Schwägerinnen und dann blühten mir zehn von Knoblauchduft umwehte Küsse. Die wirtschaftliche und politische Situation in Italien war zu allen Zeiten unerfreulich, weil stets von Mafia, Korruption und Klientelwesen bestimmt und so sagte ich zu meinem guten Mann, bald nachdem wir uns bescheiden eingerichtet hatten (die Küchenmöbel zimmerte er selbst): „Die Italiener, schlimmer noch die Sizilianer, können sich nicht regieren, weil ein großer Teil der gewählten Verantwortlichen damit beschäftigt ist, sich die Taschen mit öffentlichen Geldern zu füllen.“Daran hat sich in den 50 Jahren meines Hierseins nicht viel geändert. Mein Mann fand meine Kritik zu hart, musste aber zugeben, dass immer der kleine Mann die Misswirtschaft bezahlen muss und das ist auch heute noch so.Dann kam mein Sohn und ich war einstweilen von der schrecklichen Politik abgelenkt, auch weil der neue Erdenbürger nächtelang schreite.Große Freude machte mir die italienische Oper, in die mich mein darin versierter Mann einführte. Wenn wir eine Opernaufführung besuchten blieb der Bub einstweilen bei seinen Tanten, die mir bei meiner Rückkehr erstaunliche Geschichten erzählten. Einmal berichteten sie von nächtlichem Husten des Kindes, den sie mit Knoblauchsaft-Bauchmassage bekämpft hätten, wodurch die Würmer an ihren Platz zurückgegangen seien und der Husten aufgehört habe. Ich schwebte noch im Bannkreis der Opernmusik von Desdemonas Abschiedsarie. Als ich wieder Worte fand und schüchtern zu fragte, wo denn der Sitz der Würmer sein sollte, war die Antwort: „Na im Bauch, wo wir sie alle haben!“ Meine Bemerkung, dass es sich bei den Würmern um Parasiten handelt, die bekämpft werden müssen, fanden sie

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verwunderlich. „Wieder so ein neumodischer oder irrer Standpunkt der Tedesca!“ Allmählich verschonten mich die Schwägerinnen jedoch mit ähnlichen Geschichten und ich hatte durch sie oft tatkräftige, wenn auch nicht immer erwünschte Hilfe. Wirtschaftlich ging es langsam bergauf, aber nicht weil die Verhältnisse sich besserten, sondern weil mein Mann sich für seine Familie totarbeitete. Ein kleines Mädchen war noch dazugekommen und jetzt gibt es außerdem zwei Enkel, die mein Mann nicht mehr kennengelernt hat, was ich sehr bedaure. Wie hätte er sich über diese Enkel gefreut, aber schon nach 25 Jahren ging er von uns. Er hatte mir immer geraten, für diesen Fall in mein Heimatland zurückzukehren. Aber wie sollte ich? Beide Jugendliche waren zu der Zeit in der Ausbildung und mit 57 Jahren hätte auch ich in Deutschland wohl kaum eine Arbeit gefunden.

Etwas Gutes hat Sizilien, die wunderschöne Insel, aber doch auch: das Meer, die Berge und die Natur, da, wo der Mensch sie nicht zerstört hat. Ich habe das 50 Jahre lang genossen und wahrscheinlich auch deshalb nie etwas Entscheidendes für die Rückkehr meiner Familie nach Deutschland unternommen.

Meine Hoffnung stützt sich auf meine Enkel, die es vielleicht schaffen, notgedrungen!

Magdalena Grube-Alfano, Palermo

FOT

Blicke voraus …

Ein Versuch auf Sizilien: Feier des Buß- und Bettages - geschichtlich eingeordnet und Einladung zum Gottesdienst am 19.11. um 18.00h

Buß- und Bettage sind historisch gesehen in allen Religionen vorhanden, erinnert sei an die Buß- und Bettage in der Antike im Judentum (jährlicher Versöhnungstag, Fasten sowie Bußtage in Notzeiten u. v. a.). Religionsgeschichtlich stellt die Buße das gestörte Verhältnis von Menschen untereinander oder gegenüber einer höheren Ordnung

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(Gott) wieder her. Da das Verhältnis zu den göttlichen Mächten nur punktuell gestört werden kann, besteht die Möglichkeit der Buße, d.h. ein Bekenntnis des Vergehens (Sünde) sowie dessen Beschwichtigung bei dem entsprechenden göttlichen Wesen. Hinzu treten im Heidentum dann Akte der Reinigung und Sühne, die das positive Verhältnis zu den Göttern wieder herstellen. In der christlichen Theologie wird eine tiefe Kluft zwischen dem unvollkommenem Geschöpf und der göttlich-vollkommenen Allmacht vorausgesetzt. Das Bewusstsein von fehlgeleitetem Verhalten verbindet sich hier mit einer starken Bußgesinnung, welche das ganze Mittelalter hindurch eminent die Gesellschaft prägte und in den monastisch-asketisch orientierten Bettelorden (Zisterzienser, Franziskaner, Dominikaner) des Hochmittelalters ihren zentralen Ausdruck fanden. Auch Häretikerbewegungen des 12. und 13. Jahrhunderts stellten die Buße in den Mittelpunkt ihres Wirkens (Flagellanten, Dominikaner: ‚Penitentiam agite!' - ‚Tut Buße!' etc.)

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Der sündige Christ versucht durch die Buße, ein unverletztes, reines und ungestörtes Verhältnis zu Gott wiederherzustellen. Eine göttliche Strafe wird verhindert und die Renovatio der kosmischen Ordnung eingeleitet. Für die christliche Theologie waren die Einflüsse der antik-heidnischen (vor allem römischen) Tradition wichtig und Vorbild. Hier finden sich besondere Sühnetage, die ‚feriae piaculares', welche in entsprechenden Notzeiten vom Staatsoberhaupt angeordnet wurden. Die mittelalterliche Kirche kannte deshalb auch zwei Arten von Buß- und Bettagen, die in ihrem Kern einerseits von der weltlichen Obrigkeit angeordnet worden sowie andererseits der Kirchenordnung entstammten und ebenfalls aus dem römischen Heidentum entlehnt waren. Die Buß- und Bettage der Evangelischen Kirche in Deutschland führen diese Tradition ab dem 16. Jahrhundert fort. Während des Prozesses der Zurückdrängung des kirchlichen Einflusses durch Römisches Recht und der Zunahme der Fürstengewalt in der Frühen Neuzeit ergab sich eine vermehrte Anzahl solcher staatlicherseits angeordneter Buß- und Bettage. Während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges treten kennzeichnend für die Notzeit so genannte Landesbußtage hervor, die für ein ganzes Territorium galten. Die große Mannigfaltigkeit der verschiedenen Termine ergab sich zwangsläufig aus der großen Menge der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen kleinstaatlichen Territorien. Noch im Jahre 1878, also noch nach der Reichsgründung von 1871, gab es 47 verschiedene Buß- und Bettage an 24 unterschiedlichen Terminen in 28 deutschen Ländern. Die Bestrebungen der Evangelischen Kirche, einen festen Termin zentral einzuführen, mündeten in dem Versuch, auf der Eisenacher Konferenz im Jahre 1852 eine gemeinschaftliche Lösung zu finden. Dabei wurde der Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres empfohlen. Erst im 20. Jahrhundert wurde dieser Termin von allen deutschen Ländern anerkannt (‚Reichsgesetz über die Feiertage' vom 27.02.1934), nachdem sich schon 1893 die nord- und mitteldeutschen Landeskirchen angeschlossen hatten. 1994 hat der Buß- und Bettag seinen Charakter, vom Freistaat Sachsen abgesehen, zur Finanzierung der neu eingeführten Pflegeversicherung, als gesetzlicher Feiertag verloren. Seit 1996 ist er nur noch ein ‚gesetzlich geschützter' Feiertag, der die Möglichkeit der Freistellung für den Gottesdienst beinhaltet.

Herzliche Einladung an alle zu einem Gottesdienst am Buß- und Bettag in besonderer Liturgie und Gestalt, mit nahegehender, einfühlsamer Musik am Mittwoch, den 19.

November um 18.00h in der Grotte Bianche mit anschließendem Imbiss, DER PFARRER HAT EIN BÜSSERMAHL GEKOCHT:-)

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Kurz und bündigLiebe Leserinnen und Leser, den jeweils neuen Gemeindebrief finden Sie auch immer unter der Homepage der ELKI in Rom: www.chiesaluterana.it. Dort sind unter den einzelnen Gemeinden auch die Gemeindebriefe aufrufbar. Also auch der Gemeindebrief unserer sizilianischen Gemeinde. Die Homepage der Gemeinde Sizilien ist geschlossen.

Die im letzten Gemeindebrief angekündigte Maltafahrt ist unerwartet schnell voll geworden, 15 aus unserer Gemeinde machen sich nun vom 30.10. bis zum 2.11. auf, um der einladenden Gemeinde mit Pfarrer Paul und Kirchenvorsteher Jürgen Sixt einen Gegenbesuch abzustatten. Sowohl einige Stadtführungen als auch ein großer Festgottesdienst stehen auf dem Programm. Ein ausführlicher Reisebericht folgt im nächsten Gemeindebrief.

Relativ kurzfristig ist die Idee entstanden, das diesjährige Erntedankfest am 5. Oktober um 11h bei Monika Moser, Via Siculo 14, Acitrezza, Catania, cell. 3470508227 zu feiern. Ein Festgottesdienst geht voran, um sich dann den mitgebrachten gastronomischen Leckereien voll und ganz hingeben zu können. Ein schöner Tag erwartet uns.

Am Sonntag, den 2. November um 10.30h wird wieder die Kranzniederlegung am Soldatenfriedhof Motta St. Anastasia sein. Ungewöhnlich am Sonntag, unsere Gemeinde ist derweil auf Malta, Rosi Dipper-Schmidt wird dankenswerterweise für unsere Gemeinde einige Worte sagen. Herzliche Einladung, an dieser wichtigen Gedenkstunde teilzunehmen.

Endlich nun ist es geschehen und mit großer Dankbarkeit können jetzt alle die, die ihn benötigen, den Fahrstuhl in der Grotte Bianche nutzen. Nach fast 15jähriger Planungszeit hat es geklappt, allen, die sich auf unzähligen Sitzungen die Köpfe heiß geredet haben, hier insbesondere Rosi Dipper-Schmidt, sei sehr herzlich gedankt. Eine gute Firma aus Catania wurde genommen, eine sehr solide Arbeit wurde abgeliefert und auch für die Ästhetik des schönen Treppenhauses mussten keine Einbußen hingenommen werden. Sehr herzlichen Dank an das Gustav-Adolf-Werk, das uns vor Jahren mit einer großzügigen Spende diesbezüglich unterstützte.

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Vom Freitag, den 7. bis Freitag, den 14. November kommt die ev.-luth. Gemeinde aus Riga und Lettland auf Gegenbesuch nach Sizilien, sie wird bei den Franziskanerinnen in Taormina untergebracht sein, der Kirchenvorstand lädt alle Gemeindeglieder ein, sich an den Ausflügen zu beteiligen, z.B. eine Ätnarundfahrt, nach Syracusa und Noto oder auch nach Agrigento. Der Bus ist groß genug und der Kirchenvorstand unterstützt diese Möglichkeiten der Begegnung in finanzieller Hinsicht, am Sonntag, den 9. November gibt es einen gemeinsamen anglikanisch-lutherischen Gedenkgottesdienst in San George in Taormina zum 1. Weltkrieg und am Donnerstagabend, den 13. November ab 20.00h gibt es in der Grotte ein Abschiedsfest. Fürs Buffet werden sehr herzlich Essenspenden erbeten.

Das Jahr geht mit schnellen Schritten zu Ende. Nächstes Jahr ab Januar beginnt die neue Opernsaison wieder, diesmal hoffentlich ohne sieben Monate langen Streik und mit korrekter Auszahlung der Gehälter. Wer wieder daran teilnehmen möchte für sieben oder acht Vorstellungen zu ca. 101,- €, melde sich bitte im Pfarramt bei Gemeindesekretärin Heike Gattermann oder Pastor Andreas Latz.

Manchmal muss etwas beendet werden, um neu beginnen zu können: Das SAE in Palermo, unter anglikanischer, katholischer, orthodoxer, waldensischer, lutherischer und adventistischer Beteiligung hat sich aufgelöst, das gerade verabschiedete und schon registrierte Regolamento verworfen. In einigen Großkirchen waren wohl die hierarchisch bedingten Widerstände zu groß geworden. Die Karten werden also neu gemischt: die Evangelischen in Palermo waren sich sehr schnell einig, nun gemeinsam ökumenische Angebote zu unterbreiten, jeder ist herzlich willkommen, mitzumachen, niemand muss oder sollte sich gezwungen fühlen. (A.L.)

Wohnung 2. Stock in Taormina zu vermieten / verkaufen: Kleine Wohnanlage, 8 Gehmin. zum Corso Umberto, Bushaltestelle zum Zentrum, Strand, Bahnhof und Krankenhaus vor dem Haus,

Meerblick, öffentl. Parkplatz; Ca. 75 qm + 20 qm Terrasse, 2 Schlafzimmer, Küche, Wohn/Esszimmer, Dusche Kontakt: Marlies Patz, 334 774 3512

Gebrauchte Bücher abzugeben. Vorwiegend moderne deutsche Literatur (Christa Wolf u.a.). Heidrun Bomke, 338 257 8603Mostra „Tra Etna e mare – VOLA CON ME“ di Heidrun Adriana

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Bomke. Tra luna nuova (24.9.) e luna piena (8.10.) sul Castello Normanno di Aci Castello. Apertura ogni giorno: dalle 9.00 alle 13.00, dalle 15.00 alle 19.00; Finissage, merc. 8.10., luna piena, ore 19.00 con una „Notte blu“: „Dove sono io“

BENVENUTI A TUTTI!

Nachgestellt Buchvorstellung

Oft wird mir in zahllosen Gesprächen auf Sizilien deutlich, wie sehr unser Lebensverlauf von unseren Anfängen, von unserer Kindheit geprägt wird. Der amerikanische Autor Jon Krakauer beschreibt in seinem Buch „In die Wildnis“ die Geschichte von Chris McCandless. Über eine Zeitungsnotiz stieß er auf das Abenteuer eines jungen Mannes, der sich - aus Virginia stammend - in die Wildnis von Alaska aufgemacht hatte und dort im August im Alter von nur 25 Jahren 1992 starb. Chris McCandless war mitten in der sommerlichen Natur verhungert und elendiglich

verreckt. Was hatte diesen jungen Mann damals angetrieben? Jon Krakauer begab sich auf seine Spurensuche und schrieb darüber ein sehr bewegendes Buch. Was trieb Chris McCandless in die Wüste? Was trieb ihn nach Alaska, in die eiskalte Wildnis? Was trieb ihn in die

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absolute Loslösung von seinem Elternhaus... Chris hatte sein Bachelor-Studium gerade mit sehr guten Noten abgeschlossen, hatte eine blendende Karriere vor sich und er verabschiedete sich von seiner Familie mit den Worten „ich glaub, ich werd mal wieder für ne Weile verschwinden.“ (S. 38) Das waren die letzten Worte, die seine Familie von ihm hörte, bevor die Eltern 2 Jahre später von Chris Tod erfuhren. An seinem Studienort hatte er seine Wohnung aufgelöst, ein Rest von dem Erbteil, von dem er sein Studium finanziert hatte, der Oxfam, einer gemeinnützigen Organisation der Welthungerhilfe vermacht, das Postamt seines Studienortes angewiesen, alle ankommende Post bis zum 1. August 1990 zu sammeln und dann zurückzuschicken. Er wollte absolut nicht gefunden werden. Und dann machte er sich zunächst mit seinem alten geliebten Auto, später in der Wüste dann auch zu Fuß auf den Weg. Er legte sich einen neuen Namen zu und nannte sich Alexander Supertramp. Sein Ziel war Alaska, das er aus Beschreibungen von Jack London kannte, doch zunächst verschlug es ihn in den Süden. Wo auch immer er Menschen begegnete, konnten sie sich meist an den außergewöhnlichen jungen Mann gut erinnern. Er galt als höflich, klug, redegewandt, arbeitsam, wenn er irgendwo jobbte, um mal wieder ein wenig Geld für seine Ausrüstung zu verdienen. Er war einsatzbereit, aber wohl ein bisschen verrückt. Chris Mc Candless selbst wollte das unmittelbare, ungefilterte Leben kennen lernen. Er wollte nicht noch mehr von dem haben, was er schon hatte und was er in seinem Umfeld sah und erlebte. Er wollte sich nicht schonen, aber doch achtsam und ehrlich mit anderen und der Natur umgehen. All das geben die Recherchen, Gespräche mit den Menschen, denen er begegnete ist, seine Tagebuch- Notizen und seine erhaltenen mühsam zusammen getragenen Postkartengrüße wieder. Schon als Student hatte er sehr karg, fast mönchisch gelebt und niemals ein Telefon gehabt, um für andere nicht erreichbar zu sein. Er liebte das Alleinsein. Erst allmählich wird deutlich, was ihn antrieb, seinen ganz eigenen Weg zu gehen. Als Jugendlicher hatte Chris per Zufall erfahren, dass sein berühmter Vater, der bei der NASA beschäftigt war, schon einmal verheiratet gewesen war und er einige Halbgeschwister hatte, von denen er nie erfahren hatte, genauso wenig wie seine heiß geliebte Schwester Carine. Er vertraute das Geheimnis seiner Schwester an, untersagte ihr aber gleichfalls, niemandem davon zu erzählen. Seither konnte er seinen Eltern kein einziges Wort mehr glauben. Sein Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Menschen war aufs Tiefste erschüttert. Auch die Streitereien der

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Eltern belasteten ihn sehr. Nach dem Studium verspürte er endlich die Möglichkeit, allein seinen Weg zu gehen und brach mit seiner Familie... und dennoch waren auf all seinen Reisen seine Familienprobleme fortwährende stille Begleiter. Auf seine Familie von Fremden angesprochen, gab er stets zur Antwort, er habe keine mehr. Er war gebrochen und er hatte gebrochen ...mit seiner Familie, nur Carine, seine Schwester, tat ihm Leid, doch da sie bei den Eltern lebte, konnte er auch zu ihr keinen Kontakt halten. Er suchte nach Wahrhaftigkeit und es galt, die letzte Schlacht zu schlagen, die zur zweiten Natur gewordene Falschheit auszumerzen und die spirituelle Wallfahrt siegreich zu beenden.“ (Chris, S.243) Er glaubte, die Reinheit des Lebens in der Unabhängigkeit und in der wilden Natur Alaskas zu finden, wo er seit Ende April 1992 war. Alles andere davor waren nur Vor-Übungen für dieses Leben gewesen. Er wollte dem reinen Leben begegnen und dort seinem Glück. Er ernährte sich von Beeren und Pflanzen und schließlich auch einigen Tieren, die er erlegte. Doch diese spärliche Nahrung reichte nicht aus. Anfang Juli 1992 kam er schließlich zu der Erkenntnis, dass echtes Glück bedeutet, anderen Menschen Gutes zu tun und wirkliches Glück geteilt werden will. Er versuchte den Rückweg und dieser misslang, denn die damals im Frühjahr zugefrorenen Flüsse, waren nun aufgetaut und zu reißenden Gewässern geworden, die ihm bei Überquerung sofort den Tod beschert hätten. So war er im wahrsten Sinne des Wortes in der Wildnis gefangen, wie er es auch in seinem Tagebuch festhielt „Katastrophe... fühle mich einsam, habe Angst!“ Vermutlich ist Chris Mc Candless am 18. August 1992 gestorben, nachdem er kurze Zeit vorher noch ein kurzes Lebewohl auf eine alte Buchseite gekritzelt hatte „Ich habe ein glückliches Leben gelebt und bin Gott von ganzem Herzen dankbar. Lebt wohl, und Gott segne euch alle!“ (S. 296)

Andreas Latz

Das Buch von Jon Krakauer, In die Wildnis. Allein nach Alaska ist im Piper-Verlag erschienen, kostet 9,99€ und ist ab sofort in der Bibliothek auszuleihen.

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... se il cammino ti apre gli occhi a ciò che é invisibile

agli occhi …

(Padre Simone, Siena)

Fotos: Bomke

Impressum

Gemeindebrief der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Sizilien · Ausgabe 6 · Oktober ·November 2014Redaktion/Layout: Dr. Heidrun Bomke; Pastor Andreas LatzFotos: Bomke, Latz u.a.

Redaktionsschluss Ausgabe 1 · Dezember/Januar 2015: 15.11. 2014

Tel. Pfarramt Tremestieri, Pastor Latz: Tel/Fax 095 – 213230, Cell. 340 – 1214292

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