30
180 | Jänner–Februar 2012 ISSN 1023-9073 Auf den Spuren von Sherlock Holmes Europäische Normen sollen künftig die grenzüberschreiten- de Zusammenarbeit von Forensikern bei der Verbrechensauf- klärung erleichtern. Seite 4 P.b.b. Verlagspostamt 1020 Wien Erscheinungsort Wien Versand-Nr. GZ02 Z031238 M

CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Embed Size (px)

DESCRIPTION

CONNEX Fachmagazin - Aktuelles aus der Welt der Normung Die Welt der Normen ist in Bewegung. Mehr denn je. Wer auf dem Laufenden bleiben will, für den bietet Austrian Standards Institute die kostenlose Zeitschrift CONNEX. CONNEX bringt mehrmals pro Jahr umfassende und aktuelle Themen rund um die Normung, gibt Einblick in laufende Arbeiten, erläutert Standpunkte, beschreibt das Umfeld: präzise, kompetent, objektiv und aus erster Hand. http://www.austrian-standards.at/index.php?id=connex_fachmagazin In dieser Ausgabe: CO2-Fußabdruck - AKW-Störfall - Bordelektronik unter Kontrolle - EU setzt auf ISO 26000 - Walter Barfuß zum 75er - Ästhetische Chirurgie - Abfallanalyse - Erkundung von Kriegsrelikten - Türkei ist 32. CEN-Mitglied - Normen bauen Bürokratie ab

Citation preview

Page 1: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

18

0 |

Jän

ner–

Febr

uar

2012

ISSN

102

3-90

73

Auf

den

Spu

ren

von

She

rloc

k H

olm

es Europäische Normen sollen künftig die grenzüberschreiten-de Zusammenarbeit von Forensikern bei der Verbrechensauf-klärung erleichtern. Seite 4

P.b.b.Verlagspostamt 1020 WienErscheinungsort WienVersand-Nr. GZ02 Z031238 M

Page 2: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Member of CEN and ISOISO 9001:2008 certified

ZVR: 627457584UID: ATU 16358000 DVR: 0000477

Setting Standards. Creating Value.Institute

Liebe Leserin, lieber Leser!

D ass Normen in vieler Hinsicht Vorteile bringen, ist eigentlich längst bewiesen. Eine im Jahr 2000 durchgeführte Untersuchung in Deutschland, Öster-

reich und in der Schweiz hat es gezeigt und den volkswirt-schaftlichen Nutzen der Normung allein für Österreich mit 2 Mrd. Euro (hochgerechnet auf das Jahr 2010) beziffert. Außerdem trägt Normung rund ein Viertel zum realen Wirt-schaftswachstum bei.Wem das bisher zu abstrakt war, dem bringt eine Anfang Februar veröffentlichte europaweite Umfrage neue Einblicke in die praktischen Vorteile der Umsetzung von Normen in Unternehmen. Immerhin rund 95 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen mit Hilfe von Normen gelungen sei, die Qualität ihrer Dienstleistungen zu verbessern und damit das Vertrauen ihrer Kunden zu stärken und insgesamt die Zufriedenheit zu erhöhen. Klarer lässt es sich kaum sagen. Noch ein wichtiges Resultat hat die Umfrage geliefert: Das Instrument der Normung, bis vor einigen Jahren im Wesent-lichen auf den Bereich der Technik beschränkt, hat sich im Dienstleistungssektor bewährt und wird in der Praxis genutzt. Zweifel, die es da und dort noch gibt, ob man Dienstleis-tungen normen soll oder überhaupt kann, müssten damit endgültig ausgeräumt sein.

Dr. Johannes Stern

Editor

ial

2 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Chefredaktion & Layout: Dr. Johannes SternRedakteurin: Regina Slameczka, MASSekretariat: Gerti Meisterl, Elvira GagulicTel.: +43 1 213 00-317 | Fax: +43 1 213 00-327E-Mail: [email protected]: LPE Tötterström & Partner KGCopyright: © Austrian Standards – 2012

Hinweis: Geschlechtsbezo-gene Aussagen in dieser Zeitschrift sind immer für beiderlei Geschlechter aufzu-fassen bzw. auszulegen.

Fachzeitschrift für österreichische, Europäische und Inter nationale StandardsISSN 1023-9073Medieninhaber und Herausgeber: Austrian Standards Institute / Österreichisches NormungsinstitutHeinestraße 38, 1020 WienPreis (Einzelheft): EUR 3,50

IMPR

ESSU

M

Page 3: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Inhalt

Auf den Spuren von Sherlock Holmes 4

Normen erhöhen Dienstleistungsqualität 6Unternehmen, speziell KMUs, profitieren laut Umfrage bei Qualität und Kundenzufriedenheit.

Dem CO2-Fußabdruck auf der Spur 7Die Internationale Norm ISO 14067 soll künftig die Quantifizierung von CO2-Emissionen und die Kommunikation darüber transparenter machen. Jetzt liegt der Entwurf zu dieser Norm vor, an der Österreich führend mitgearbeitet hat.

Die Letztentscheidung bleibt beim Fahrer 9In modernen Autos übernimmt die Bordelektronik zunehmend mehr Verantwortung. Die Qualitäts- und Sicherheitsstandards dafür definiert die Internationale Norm ISO 26262.

Vorbereitung auf den Störfall 11Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen kann es in Kernkraftwerken zu kritischen Störfällen kommen. Welche Vorbereitungen für diesen Fall zu treffen sind, regelt die neue ISO 11320.

Immer den richtigen Ton treffen. Nie eindimensional sein! 12Interview. Univ.Prof. DDr. Walter Barfuß, seit 2002 Präsident von Austrian Standards Institute, feierte am 1. Februar 2012 seinen 75. Geburtstag. Anlass für ein Gespräch, das Dr. Georg Strzyzowski mit dem als Jazzliebhaber bekannten Jubilar geführt hat.

Ein Standard für ästhetische Chirurgie 18Bis 31. März 2012 liegt der Entwurf zur Europäischen Norm EN 16372 „Dienstleistungen in der ästhetischen Chirurgie“ zur Stellungnahme auf.

Die Spuren des Krieges 19Neue Standards regeln die Erkundung von Kampfmitteln im Baugrund.

Was ist drin im Abfall? 21Voraussetzung für eine fachgerechte Entsorgung und Wiederverwertung von Abfällen ist die genaue Charakterisierung der anfallenden Stoffe. Die neue ÖNORM S 2127 liefert dazu klare Vorgaben.

CEN & ISO News 23

Spektrum der Normung 26

Bildquellen: T. M. Laimgruber, P. Tuma, R. Slameczka,

pixelio.de, CEN, ISO, J. Stern, G. Meisterl,

Austrian Standards Archiv

3CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

LISTE

NTE

IL • AktuelleNeuerungeninden NormenwerkenÖsterreich– Europa–International,• ZertifizierteProdukte, Dienstleistungen,• ÄnderungenimRechtder Technik,• Normenrelevantesausdem EG-Amtsblatt.

Das alles finden Sie vollständig im elektronischenCONNEXListenteil. Abon nen ten er halten ihn zwölf-mal pro Jahr per E-Mail zugesandt. Und haben damit einen weiterenInformationsvorsprung: Denn schon um den 20. des Vor mo nats senden wir Ihnen diese In for ma tion en zu.

Abonnement-Preis2012:EUR 135,00 (zzgl. 10 % USt.)

BestellenSiejetzt:E-Mail: [email protected].: +43 1 213 00-814Fax: +43 1 213 00-818Post: Austrian Standards plus Publishing CONNEX Listenteil Heinestraße 38 1020 Wien

Page 4: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Auf den Spuren von Sherlock Holmes

In der kalten Jahreszeit erfreuen sich öffentliche Saunaanlagen regen Zuspruchs. Die vierteilige ÖNORM M 6219 sorgt dafür, dass moderne Gestaltung und Hygiene keine Widersprüche sind.

I m Rahmen der internatio-nalen Verbrechensaufklä-rung nimmt die Forensik einen immer wichtigeren

Platz ein. Doch arbeiten Foren-siker in einzelnen Ländern nach unterschiedlichen Vorgaben und Richtlinien. Das Polnische Nor-mungsinstitut PKN hat nun des-halb einen Vorstoß zur Entwick-lung Europäischer Standards für die Forensik unternommen. Beim Europäischen Komitee für Normung CEN sollen schon bald Standards zu „Forensic sci-ence services“ erstellt werden.

Unter dem Begriff Forensik werden sämtliche Arbeitsgebie-te zusammengefasst, in denen kriminelle Handlungen syste-matisch analysiert und rekons-truiert werden. Teilgebiete sind die Rechtsmedizin, die Foren-sische Psychiatrie und Psycho-logie sowie die Ballistik und die Computer-Forensik. Pionier der

Forensik war der schottische Chirurg, Kinder- und Militär-arzt Joseph Bell (1837-1911), dessen Assistent Arthur Conan Doyle die berühmte Figur des Sherlock Holmes schuf.

Entscheidung über Schuld- oder Freispruch

Aktuelle Kriminalstatistiken zeigen, dass moderne Krimi-nelle immer öfter grenzüber-schreitend arbeiten. Daher ist es naheliegend, einheitliche eu-ropäische Standards dafür zu schaffen, wie am Tatort Spuren gesammelt, sichergestellt, be-schriftet und dokumentiert werden. Dieser Moment der Ta-taufklärung ist für die „Forensic science services“ besonders kritisch, da am Tatort gemach-te Fehler praktisch nie wieder auszubessern sind und die ein-deutige Aufklärung einer Tat er-schweren oder gar unmöglich

machen können. Damit eng ver-bunden sind nicht nur Vorteile für die Ermittler, sondern auch für die Tatverdächtigen und die Rechtsprechung, denn Sorgfalt und Einheitlichkeit forensischer Untersuchungen können letztlich über Schuld- oder Freispruch entscheiden.

Bessere Zusammenarbeit – weniger Kosten

Darüber hinaus könnte eine entsprechend standardisierte Vorgehensweise die Zusam-menarbeit zwischen den euro-päischen Forensik-Labors ver-bessern, die derzeit nicht einheitlich arbeiten. Nicht zuletzt bewirkt eine Standardisierung auch Kosteneinsparungen: Während heute oft in allen von einer Tat betroffenen Ländern aufgrund der unterschiedlichen Regelungen eigene Untersu-chungen ablaufen, könnten die

4 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 5: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Mitarbeit gefragt

Personen und Organisationen, die an diesen künftigen Europäi-schen Normen für „Forensic science services“ mitwirken wollen, sind eingeladen, sich mit der zuständigen Komitee-Managerin bei Austrian Standards Institute in Verbindung zu setzen: DGKS Andrea Redelsteiner

E-Mail: [email protected]

oft sehr aufwändigen forensi-schen Erhebungen auf Basis eines Standards in einem Land konzentriert werden. Das würde neben evidenten Kosteneinspa-rungen zu einer Entlastung der heute ohnehin viel strapazierten

Forensiker führen und die Ver-fahren beschleunigen. Ange-sichts dieser Fülle an Vorteilen würde sicher auch Sherlock Holmes haarscharf und unbe-stechlich schließen, dass die Er-arbeitung Europäischer Normen

zu „Forensic science services“ ein wichtiger Schritt zur effizien-ten und effektiven Verbrechen-saufklärung wäre.

Dipl.-Ing. Rüdiger Maier

Austrian Standards auf Social Media

Wussten Sie schon,

... dass Sie CONNEX online lesen können?

... dass es Neuigkeiten aus der Normung jetzt auch im Online-Magazinformat gibt?

... dass Sie verschiedene Mög-lichkeiten haben, sich regel-mäßig automatisch infor-mieren zu lassen?

Wo Austrian Standards auf scoop.it, slideshare, twitter, rss und anderen Social-Media-Kanälen vertreten ist, erfahren Sie auf: www.austrian-standards.at/presse/social-media.html

5CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 6: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Europäische Studie bestätigt:

Normen erhöhen Dienstleistungs-qualität

Unternehmen, speziell KMUs, profitieren laut Umfrage bei Qualität und Kundenzufriedenheit.

M it Hilfe von Normen lässt sich die Qua-lität von Dienst-leistungen deutlich

steigern und damit die Kun-denzufriedenheit erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt eine europaweit durchgeführte Studie über Normen für den Dienst-leistungssektor. Im Auftrag des Europäischen Komitees für Normung CEN hat die Techno-polis Group Unternehmen in 28 europäischen Staaten befragt

und nun die Ergebnisse vorge-stellt. Dabei nannten 95 Prozent der Befragten die „Steigerung der Dienstleistungsqualität“ und eine „bessere Nachweisbarkeit der Qualität gegenüber Kunden“ als wichtigste Vorteile (weitere Ergebnisse siehe nebenste-hende Tabelle).

Dipl.-Ing. Dr. Karl Grün, Direc-tor Development bei Austrian Standards: „Die Studie zeigt sehr eindrucksvoll, dass Unter-nehmen und gerade KMUs

durch die Anwendung von Normen bei Qualität und Kun-denzufriedenheit überdurch-schnittlich profitieren. Ebenso hat sich bestätigt, dass Nor-mung nicht nur für Produkte, sondern zunehmend für den Dienstleistungssektor von Vorteil ist.“

–sternDie komplette Studie: http://slidesha.re/studyservicestan-dards

An weiteren Pluspunkten nannten die insgesamt 466 befragten Unternehmen – davon rund ein Viertel KMUs:

• höhere Kundenzufriedenheit (89 %)• stärkeres Vertrauen in Dienstleister (86 %)• größere Transparenz (86 %)• einheitlichere Begriffe (86 %)• verbesserte Beziehungen zu

Vertragspartnern (83 %)• leichtere Erfüllung von Rechts- und

Verwaltungsvorschriften (81 %)

• bessere Nutzung von Leistungsindikatoren (81 %)

• bessere Vergleichbarkeit von Angeboten/Dienstleistern (77 %)

• leichtere Erfüllung von Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften (76 %)

• Steigerung des Marktanteils (52 %)• höhere Rentabilität (51 %)• leichterer Export (50 %)

6 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 7: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Dem CO2-Fußabdruck auf der SpurDie Internationale Norm ISO 14067 soll künftig die Quantifizierung von CO2-Emissionen und die Kommunikation darüber transparenter machen. Jetzt liegt der Entwurf zu dieser Norm vor, an der Österreich führend mitgearbeitet hat.

W eltweit wurden im Jahr 2010 30,6 Mrd. Tonnen Koh-lendioxid in die

Atmosphäre emittiert. Eine enorme Menge an Treibhaus-gasen, die ursächlich für die Erderwärmung der vergangenen Jahrzehnte verantwortlich ist. Dass eine Erwärmung des Kli-masystems eindeutig stattfindet, hält der zwischenstaatliche Aus-schuss für Klimaänderungen (IPCC) in seinem 2007 erschie-nenen Synthesebericht zu Kli-maänderungen fest. Als Indi-zien dafür gelten die Anstiege der mittleren globalen Luft- und Meerestemperaturen, das Abschmelzen von Schnee und Eis sowie der Anstieg des mittleren globalen Meeresspie-gels.

Wesentlicher Einfluss des Menschen

Spätestens seit 2005 ist evi-dent, dass der Mensch durch die Emissionen von Treibhaus-

gasen wesentlichen Einfluss auf den Klimawandel hat. Diese Tatsache wurde damals von den acht führenden Industrienatio-nen (G8) bei ihrem Treffen im schottischen Gleneagles aner-kannt, zu dem auch Vertreter aufstrebender Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien und Mexiko sowie internationaler Organisationen geladen waren. Darüber hinaus einigten sich die Vertreter der G8 bei dieser Konferenz auf einen Aktionsplan und erkannten das Kyoto-Pro-tokoll als möglichen Regelungs-mechanismus für marktbasie-rende Anreizsysteme an.

Carbon Footprint zeigt Ver-ursacher

Um die Emission von Treibh-ausgasen wirkungsvoll reduzie-ren zu können, muss man zual-lererst die Verursacher kennen. Das Konzept des Carbon Foot-print (CO2 Fußabdruck) macht die „Verantwortung“ einzelner Produkte für den Treibhaus-

gaseffekt deutlich. Durch das Summieren aller von einem Produkt in seinem Lebenszyk-lus verursachten Kohlendioxid-Emissionen wurde der Versuch unternommen, eine Art Bilanz zu erstellen. So entstanden zahl-reiche Formen der Bewertung. Allein, es fehlte am geeigne-ten Instrumentarium, um diese Klassifizierungen vergleichen zu können. Weder herrschte Ei-nigkeit bei den Begrifflichkeiten noch war das Zustandekommen der Bewertungen hinreichend dokumentiert oder gar objekti-vierbar.

Einheitlich erfassen und ver-gleichen

Die als Entwurf vorliegende Internationale Norm ISO 14067 widmet sich auf Grundlage der Lebenszyklusanalyse den Treib-hausgasen. Diese sind global gesehen der wichtigste Umwelt-faktor und zudem durch geeig-nete Daten belegt. ISO 14067 macht es erstmals möglich, die

7CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 8: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

CO2-Emissionen im komplet-ten Lebenszyklus von Waren und Dienstleistungen – von der Herstellung bis zur Entsorgung oder dem Recycling – zu quan-tifizieren.

Durch die vereinheitlichten Grundlagen werden die ent-sprechenden Werte erstmals weltweit vergleichbar. Zudem gewährleistet die neue ISO-Norm Konsistenz mit anderen Standards, wie etwa ISO 14025 (Environmental Labels and De-clarations), ISO 14044 (Envi-ronmental Management – Life Cycle Assessment) oder BSI PAS 2050.

Rasch und seriös kommuni-zieren

Dementsprechend ist auch die Kommunikation über den Carbon Footprint an den Ver-braucher im neuen Standard festgeschrieben. Den bislang von ISO eingesetzten Kommu-nikationsinstrumenten Claim, Label und Declaration wurden mit dem External Communi-cation Report (ECR) und dem Carbon Footprint Performance Report (CFPR) zwei zusätzliche zur Seite gestellt. Während als Basis für die bereits vorhande-nen Tools im Vorfeld zeitinten-sive Studien oder Programme notwendig sind, ermöglichen ECP und CFPR rasch eine nachvollziehbare und damit se-riöse Kommunikation zum Ver-braucher, die weniger an die Quantifizierung gebunden ist.

Dr. Klaus Radunsky, Abtei-lungsleiter im Umweltbundes-amt, österreichischer Vertreter im Weltklimarat, Friedensnobel-preisträger und Vorsitzender der verantwortlichen Arbeitsgruppe im ISO-Komitee zum neuen Re-gelwerk: „Diese Norm ist sicher-lich ein Meilenstein. ISO 14067 ist ein sehr wichtiges Instrument, um zuverlässige Anhaltspunkte zu gewinnen, wo Treibhausga-se verringert werden können. Andererseits kann die Norm helfen, ein Problembewusstsein für dieses Thema zu entwickeln. Denn die Dekarbonisierung un-serer Wirtschaft hängt letztlich sehr stark von individuellen Kon-sumentscheidungen ab.“

Nützt Unternehmen und Konsumenten

Wie können nun die Anbieter von Produkten und Dienstleis-tungen von ISO 14067 profitie-ren? Vereinfacht gesagt, kann in einem ersten Screening fest-gestellt werden, welche Prozes-se im Lebenszyklus wesentlich zum Carbon Footprint eines Produkts oder einer Dienstleis-tung beitragen. In der Folge können Emissionen durch ge-

zielte Maßnahmen reduziert und die Effizienz der Wertschöp-fungskette gesteigert werden. Dieser optimierte Carbon Foot-print kann – dank ISO 14067 – dem Konsumenten nachvoll-ziehbar kommuniziert werden. Diesem stehen damit wiederum alle notwendigen Informationen in der entsprechenden Qualität zur Verfügung, um ein Produkt beurteilen zu können.

Die neue ISO-Norm, an deren Entstehung 107 Experten aus mehr als 30 Ländern mitgewirkt haben, stellt damit zuverlässige und vergleichbare Parameter für Unternehmen und Konsumen-ten bereit. Damit ist ein wichtiger vorbereitender Schritt zur welt-weiten Eindämmung der CO2-Emissionen getan. Doch die Experten von ISO denken be-reits weiter. Dr. Klaus Radunsky: „Das nächste Ziel wäre ein ‚Per-sonal Carbon Footprint‘. Man muss sich vorstellen, welche Dynamik entstehen kann, wenn sich Betriebe zum Ziel setzen, das Produkt mit dem niedrigsten Carbon Footprint herstellen zu wollen.“

– H.H.

ISO 14067 Carbon Footprint of Products (Entwurf)ÖNORM EN ISO 14025 Umweltkennzeichnungen und -deklarati-onen – Typ III Umweltdeklarationen – Grundsätze und VerfahrenÖNORM EN ISO 14044 Umweltmanagement –Ökobilanz – Anfor-derungen und Anleitungen

8 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 9: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Die Letztentscheidung bleibt beim FahrerIn modernen Autos übernimmt die Bordelektronik zunehmend mehr Verantwortung. Die Qualitäts- und Sicherheitsstandards dafür definiert die Internationale Norm ISO 26262.

B eim Genfer Automo-bilsalon 2011 spielten sich gespenstische Szenen ab. Ein adap-

tierter Audi TTS fand seinen Weg zentimetergenau auf die Bühne – gänzlich ohne Fahrer. Und im September des Vor-jahrs absolvierte ein Prototyp desselben Wagens – ebenfalls im Alleingang – erfolgreich die legendäre, 20 km lange Pikes-Peak-Strecke in den Rocky Mountains. Beide Fahrzeuge waren vollgepackt mit kom-plexer Steuerungselektronik, die dereinst in Serienfahrzeugen für zusätzliche Sicherheit sorgen soll.

Für den Markenleiter von Audi in Österreich zeigt sich damit, dass ein Auto auch ohne Fahrer sichere Manöver ausfüh-ren kann. Richard Mieling: „Das heißt nicht, dass wir auf den Fahrer verzichten wollen. Im Mittelpunkt steht vielmehr eine umfassende Prüfung der Fah-rerassistenz-Technologien von heute und morgen, um Fahrer-lebnis und Fahrzeugsicherheit noch weiter zu verbessern“.

Derlei elektronische Innovatio-nen werden gegenwärtig in den Entwicklungsabteilungen der Fahrzeugindustrie rund um den Globus ersonnen und getestet. Der oben erwähnte Versuch zeigt, dass Fahrerassistenzsys-teme selbsttätig Entscheidungen treffen können. In Serienautos verbleibt die Letztentscheidung aber immer noch dem Fahrer. Die Systeme sollen lediglich das sichere und bequeme Fahren unterstützen.

Dafür, dass diese Neuerun-gen beim künftigen Einsatz in Serienfahrzeugen auch tatsäch-lich maximale Sicherheit bieten, sorgt die Internationale Norm ISO 26262 „Road vehicles – Functional safety“, deren Teile 1 bis 9 am 15. November 2011 publiziert wurden. Teil 10 mit An-wendungsrichtlinien ist noch in Arbeit.

Komplexität versus Fehler-anfälligkeit

Wie sich am Beispiel des ein-gangs erwähnten selbstfahren-den Prototyps zeigt, nimmt die Komplexität elektronischer Kom-

ponenten in Fahrzeugen ständig zu. Damit steigt aber auch die Möglichkeit von Fehlfunktionen. Wäre davon eine sicherheitsre-levante Komponente betroffen, könnten schlimmstenfalls Men-schen zu Schaden kommen. Würde etwa das Steuergerät des elektronischen Stabilitäts-programms ESP bei normaler Fahrt eine Vollbremsung auslö-sen, könnte das zu einer Mas-senkarambolage mit zahlreichen Verletzten führen.

Um derartige Risiken gering zu halten, wurde unter Einbe-ziehung maßgeblicher Automo-bilhersteller, Zulieferer und Prü-finstitute die Norm ISO 26262 entwickelt. In Zukunft werden sicherheitsrelevante Systeme bzw. Komponenten anhand dieser neuen Norm entwickelt werden.

Bislang orientierte sich die Entwicklung an der IEC bzw. ÖVE/ÖNORM EN 61508. Dieser allgemeine Standard ist aber für die Anwendung in modernen Fahrzeugen zu unspezifisch, weshalb beschlossen wurde, eine neue Norm zu entwickeln.

9CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 10: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Teil 1 widmet sich dem Fach-vokabular und den verwendeten Abkürzungen, Teil 2 definiert die geforderten Managementtätig-keiten während der verschie-denen Lebenszyklusphasen eines Sicherheitssystems, das elektrische/elektronische (E/E) Subsysteme beinhaltet. Zusätz-lich benennt Teil 2 die organisa-torischen Voraussetzungen, um das System entsprechend dem geforderten Automotive Safety Integrity Level (ASIL) entwickeln zu können. Innerhalb des ASIL gibt es die Sicherheitsstufen A bis D, wobei D die höchste ist.

Gefährdungen und Risiken abschätzen

Der dritte Teil der ISO 26262 thematisiert die Anforderungen zur Durchführung einer Gefähr-dungsanalyse und Risikoab-schätzung mittels einer festge-legten qualitativen Methodik. Dazu muss für jede einzelne identifizierte Gefährdung die Schwere der Auswirkung, die Häufigkeit der Fahrsituation und die Beherrschbarkeit durch den Fahrer abgeschätzt werden.

Eine vorgegebene Tabelle weist für jede Gefährdung ent-weder einen sicherheitskriti-schen ASIL-Wert oder eine nicht sicherheitsrelevante Quality Ma-nagement (QM)-Einstufung aus. Während sich mit steigendem ASIL auch die Sicherheitsan-

forderungen erhöhen, erfordern Gefährdungen der Klasse QM nur den Nachweis einer erfolg-reich umgesetzten Qualitätsma-nagementnorm, etwa ISO 9001.

Sicher entwickeln und betreiben

Den Entwicklungsprozessen auf System-, Hardware- und Softwareebene widmen sich die Teile 4 bis 6. Für die einzelnen Abschnitte werden Vorgehensweisen und Arbeits-ergebnisse in unterschiedlicher Ausprägung empfohlen. Das prinzipielle Vorgehen beim Er-stellen eines Produktions- und Installationsplans für sicherheits-relevante Systeme regelt Teil 7 der Norm. Darin ist festgehalten, wie Betrieb, Wartung, Repara-tur und Stilllegung zu erfolgen haben.

Teil 8 beschäftigt sich mit Ver-antwortlichkeiten und Spezifika-tionen in der Entwicklung, mit Konfigurations- und Änderungs-management sowie mit Verifika-tion und Dokumentation. Teil 9 schließlich enthält Regeln, um den ASIL in kleinere, teilweise redundante Elemente aufzuspal-ten, und die sogenannte Kritika-litätsanalyse.

Zudem werden in diesem Teil Analyseverfahren zum Erkennen und Bewerten unterschiedlicher Fehlerklassen erläutert. Der zehnte, noch unveröffentlichte

Teil enthält Anwendungsbeispie-le, Erläuterungen und weiterfüh-rende Informationen, wie etwa das Verhältnis zur IEC 61508, dem generischen Functional Safety Standard.

„Die zehnteilige ISO 26262 ist ein umfassendes Kompen-dium zum aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik für die funktionale Sicherheit von Straßenfahrzeugen“, so Dipl.-Ing. Erwin Schoitsch vom Aust-rian Institute of Technology, der Österreich in der für ISO 26262 zuständigen Arbeitsgruppe ISO/TC 022/SC 03/WG 16 vertritt.

„Derzeit beschränkt sich der Gültigkeitsbereich der Norm auf serienmäßig hergestellte Per-sonenfahrzeuge bis dreieinhalb Tonnen. Es ist aber mit der Er-weiterung auf weitere Fahrzeug-klassen zu rechnen“, so der Ex-perte. Autonome Fahrzeuge, wie anfangs beschrieben, erfordern aber weiterhin die Anwendung der IEC 61508.

Mit diesem Regelwerk haben Automobilhersteller, Lieferanten und Prüfinstitute ein Instrumen-tarium für die zuverlässige Ent-wicklung und Bewertung sicher-heitsrelevanter Systeme bzw. Komponenten zur Hand. Damit wir guten Gewissens weitere sicherheitskritische Aufgaben der Bordelektronik überlassen können. Doch eines wird sich vermutlich auch in Zukunft nicht ändern: Das letzte Wort hat immer noch der Mensch hinter dem Lenkrad. Und das ist wohl auch gut so.

–Herbert Hirner

ISO 26262 Road vehicles – Functional safety; Teil 1 bis10IEC 61508 bzw. ÖVE/ÖNORM EN 61508 Funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer/elektronischer/programmier-barer elektronischer Systeme

10 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 11: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Kernkraft:

Vorbereitung auf den StörfallTrotz aller Sicherheitsmaßnahmen kann es in Kernkraftwerken zu kritischen Störfällen kommen. Welche Vorbereitungen für diesen Fall zu treffen sind, regelt die neue ISO 11320.

N ach einem kritischen Störfall in einer kern-technischen Anlage ist schnelles und

richtiges Reagieren erforderlich. Noch wichtiger ist es jedoch, dass zuvor geeignete Vorberei-tungen für eine solche Störfall-bekämpfung getroffen worden sind. Die neue Internationale Norm ISO 11320 „Nuclear criti-cality safety – Emergency pre-paredness and response“ defi-niert Kriterien für die Umsetzung

von Maßnahmen, um mög-liche Folgen eines kritischen Nuklearzwischenfalls für die Gesundheit der Menschen, ihre Sicherheit, ihre Lebensqualität, ihr Eigentum und ihre Umwelt wirksam abzumildern. Dies bedeutet, dass vorausschau-ende Planung, das Einüben routinemässiger Störfallbekämp-fungsmaßnahmen und die lau-fende Überprüfung der Bereit-schaft erforderlich sind.

ISO 11320 ist für Anlagen mit

einem oder mehreren Reaktoren ausgerichtet. Das Ausmass der Anwendung wird durch das so-genannte Gesamtkritikalitätsrisi-ko aller Reaktoren einer Anlage bestimmt.

–stern

ISO 11320 Nuclear criticality safety – Emergency prepared-ness and response

»New Mobility« braucht Normen

Zu diesem Ergebnis kommt eine in Deutschland durchge-führte Studie auf Basis einer umfassenden Betrachtung der sozioökonomischen Bereiche Wirtschaft, Recht, Politik und Nutzer. Ziel war die Erhebung eines mittel- bis langfristigen Normungs- und Standardisie-rungsbedarfs im Bereich Elek-tromobilität. Mit Hilfe von Sze-narien wurden dabei typische Anwendungsfälle sowie rele-

vante Normungsfelder ermittelt und daraus konkrete Themen abgeleitet. Die Ergebnisse werden in die künftigen Diskus-sionen der Experten aus Wirt-schaft und Wissenschaft ein-fließen und zur Konkretisierung der bevorstehenden Aufgaben für eine erfolgreiche Umsetzung der Elektromobilität beitragen.

Die Studie wurde von PriceWaterhouseCoopers, dem Fraunhofer Institut und der FH

Frankfurt im Auftrag des Deut-schen Instituts für Normung DIN durchgeführt und vom Bundes-ministerium für Wirtschaft und Technologie finanziert und wird Eingang in die zweite Stufe der sogenannten Normungs-Road-map Elektromobilität finden.

11CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 12: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Immer den richtigen Ton treffen. Nie eindimensional sein!Interview. Univ.Prof. DDr. Walter Barfuß, seit 2002 Präsident von Austrian Standards Institute, feierte am 1. Februar 2012 seinen 75. Geburtstag. Anlass für ein Gespräch, das Dr. Georg Strzyzowski mit dem als Jazzliebhaber bekannten Jubilar geführt hat.

CONNEX: Sie, als begeisterter Jazz-Pianist, sehen möglicher-weise eine Übereinstimmung zwischen Normen und improvi-sierter Musik: auf der einen Seite sind es vereinbarte Regelwerke, auf die sich Industrie, Handel und Konsumenten verlassen können, im anderen Fall sind es Harmoniefolgen, über die man sich einig ist und über die man improvisiert. Barfuß: Ja, das ist bei Normen ähnlich. Ich habe einmal gesagt, „Ohne Regeln gibt´s Brösel“. Und auch, wenn es in der Musik keine Regeln gäbe, dann wäre das Resultat fürchterlich. Letzten Endes würde man sich sehr

bald auf Normen, auf Regeln einigen. Das ist aber in allen Lebensbereichen so. Ansonsten hoffe ich, dass ich als Präsi-dent von Austrian Standards besser bin denn als Klavier-spieler (denn das habe ich nie gelernt) – da bin ich absoluter Autodidakt. Notenlesen habe ich erst im Musikunterricht gelernt, wobei meine Professorin darauf bestanden hat, dass alle ihre 19 Schüler an der Tafel einfache Lieder transponieren konnten, dass alle über den Quintenzirkel Bescheid wussten. So hat sie beispielsweise Opern als eine Mischung von schlechter Musik und schlechtem Theater, Jazz als „Sexualmusik“ bezeichnet

Vita. Univ.Prof. DDr. Walter Barfuß wurde am 1. Februar 1937 in Wien geboren und ist seit 2002 Präsident von Austrian Standards Institute (1997 bis 2002 Vizepräsident). Er ist Aufsichts-ratsvorsitzender der Wien Holding und der E-Control Austria, Präsident der Wiener Juristi-schen Gesellschaft und war von 2002 bis 2007 Generaldirektor für Wettbewerb der Republik Österreich; zuvor Seniorpartner der Sozietät „Schönherr Rechtsanwälte“, einer der führenden österreichischen Anwaltskanzleien. Seine prakti-schen und wissenschaftlichen Tätigkeitsschwer-

punkte als Rechtswissenschafter sind Verfas-sungsrecht, insbesondere Organisations- und Verfahrensrecht sowie Grundrechte, und Verwal-tungsrecht; außerdem Grenzgebiete des Wirt-schaftsrechts zwischen Privatrecht und Öffentli-chem Recht, speziell Kartell- und Wettbewerbsrecht. Er ist Mitherausgeber ver-schiedener juristischer Fachzeitschriften sowie Autor zahlreicher verfassungs- und verwaltungs-rechtlicher Studien und Aufsätze zum Öffentli-chen Recht und zum Wirtschaftsrecht. Linktipp: http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Barfuß

12 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 13: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

– ein guter Grund, weshalb ich mich ans Klavier gesetzt und zu Beginn der Musikstunden gerne einen Boogie angestimmt habe. Das hat sie wohl nicht sehr gefreut; es ist ihr aber definitiv nicht gelungen, diesen „Unfug“ abzustellen. So bin ich dabei geblieben und habe mich infor-miert, beispielsweise die Musik von George Shearing gehört, mit den Fingern „erlebt“, wie die spe-zifischen Jazzakkorde zustande kommen. Eine ganz wichtige und schöne Erfahrung. Ähnlich ist es mir später auch mit den Normen ergangen.

CONNEX: Nämlich genau wie?Barfuß: Ende der 90er Jahre wurde mir angeboten, dem Vor-stand des Normungsinstituts beizutreten. Für mich zunächst schwer vorstellbar, denn, wie ich damals irrtümlich glaubte, gehe es dabei um Mathematik, Dar-stellende Geometrie und Technik. Das waren für mich als Jurist nicht gerade jene Themen, die ganz oben auf der Skala meiner Interessen gestanden hätten. Ich habe mich also gefragt, was ich in einem Normungsinstitut soll, wenn ich von den Inhalten, die dort behandelt werden, defi-nitiv nichts verstehe. Ich habe es dann trotzdem gemacht und sehr bald erfahren, dass auch ich (wie fast alle Außenstehenden) ein völlig falsches Bild von Normen hatte: Für mich waren die damit Befassten so etwas wie „Sek-tierer“, die sich vorrangig mit technischen Details, also bei-spielsweise der Geometrie von Schrauben, beschäftigen.

Nach kurzer Zeit habe ich aller-dings bemerkt, dass im Nor-menbereich wirtschaftliche, technische und politische Inte-ressen zusammenfließen, und dass es bei der Funktion, die ich hier übernommen habe, darauf ankommt, ähnlich wie ein Coach dafür zu sorgen, dass die über-geordneten Regeln eingehalten werden, dass nicht jeder machen kann, was er will. Dass also Normen tatsächlich so zustande kommen, wie sie zustande kommen sollen, nämlich nach vereinbarten Zielen, nach einer weitgehenden und allgemeinen Aussprache, im Konsens, weiters natürlich auch im Hinblick auf Erfordernisse des Exports.

CONNEX: Was aber in der tägli-chen Praxis nicht immer so ideal abläuft.Barfuß: Richtig. Die Interessen prallen häufig aufeinander, unter anderem deshalb, weil die an der Entstehung von Normen Betei-ligten, Gewerbetreibende oder ganze Industriezweige, klarer-weise früher darüber Bescheid wissen, wohin die Reise geht, als jene, die sich nicht einbringen oder auch nur dafür interes-sieren. Beim Reden kommen also die Leute zusammen – und in einem solchen Prozess tauschen sich Fachleute aus, schildern selbst oder hören von anderen neue Gesichtspunkte, ändern oder verbessern eigene Standpunkte, lernen dabei.Mein Vater hat gesagt, dass man „auch vom Dümmsten etwas lernen kann, wenn man

nur richtig zuhört“. Wer sich aber nicht interessiert bzw. nicht direkt oder indirekt engagiert, hat von vornherein einen nicht wettzu-machenden Informationsnach-teil und gerät gegenüber dem Mitbewerb ins Hintertreffen. So betrachtet, ist für mich die Mög-lichkeit, beim großen Thema „Normen“ mitmachen zu dürfen, ein dem Klavierspielen ebenbür-tiges Vergnügen!

CONNEX: Es gibt von Seiten Außenstehender immer wieder das Missverständnis, dass Normen eine Schikane sind, die man widerwillig zu erdulden hat. Es ist aber doch viel eher so, dass sie das Resultat eines Abstimmungsprozesses sind, die einen reibungslosen Ablauf in Produktion, Handel, Logistik, Ver-kauf und Verbrauch erst ermög-lichen, eines Abstimmungspro-zesses, in den man sich nach Möglichkeit einbringen sollte.Barfuß: Genau so ist es: Jeder, der ein bisschen Lebenserfah-rung hat und darüber nachdenkt, der weiß, dass man überall dort, wo man nicht mitspielt, bes-tenfalls „bespielt“ wird. Ganz einfach: Wenn ich mich nicht selbst einbringe, wenn ich nicht mittue – egal ob das im Bereich Politik, Wissenschaft, Wirtschaft oder Gesellschaft ist – dann bestimmen die anderen, was ich zu tun habe. Wer also nicht mit-normt, der wird genormt!Es ist also so, wie wenn man im politischen Bereich nicht an demokratischen Wahlen teil-nimmt; das wäre nicht gerade geistreich. Und ebenso wenig

13CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 14: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

geistreich wäre es, wenn sich ein bestimmter Wirtschafts- oder Industriezweig, ein Gewerbetrei-bender oder eine Wirtschaftsor-ganisation nicht für Normen inter-essiert, sich in deren Entstehung nicht einbringt.

CONNEX: Zur Zeit merkt man in Europa sehr schmerzhaft, dass es – speziell im Finanzbereich – offensichtlich kaum verbind-liche Regelwerke gibt, die dazu geeignet wären, einen wirk-samen Schutz vor Problemen, wie einer Kredit-, Finanz- oder Währungskrise, zu garantieren.Barfuß: Ich halte den europä-ischen Weg für einen absolut richtigen und für nicht wider-rufbar. Aber auch hier manifes-tiert sich eine allgemein mensch-liche Eigenschaft, nämlich das Bestreben einzelner, nur das zu tun, was ihnen vordergründig zu nützen scheint. Das führt bis hin zum Ignorieren der europäischen Idee, und das zeigt sich natürlich auch überall dort, wo es massive Vorbehalte gegenüber sinnvollen und komfortablen Vereinheitli-chungen gibt. Übrigens etwas, was auch in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen geführt hat.

CONNEX: Welchen Einfluss, welche Möglichkeiten besitzt der Präsident von Austrian Stan-dards, welche Möglichkeiten bei-spielsweise, um die europäische Idee zu unterstützen?Barfuß: Formell sehr wenig. Stellen Sie sich das so vor wie

die Funktion des Dogen in der alten venezianischen Republik: Er hatte kaum reale Machtbe-fugnisse, konnte aber durch geschicktes Einsetzen seiner Autorität seinen Ideen zum Durchbruch verhelfen. Ähnlich ist es hier: Das richtige Wort an der richtigen Stelle gesagt, die Zustimmung zum richtigen Zeit-punkt verweigert – das vermag viel zu bewirken. Vor allem dann, wenn man sein Gegenüber nicht überfordert. Sicher braucht man im realen Leben fallweise auch Zwangs-befugnisse, in einem Großteil aller Fälle erreicht man aber mit Klugheit und Diplomatie das gewünschte Ziel. Und letztlich kann jemand, der eine Funktion verantwortungsvoll ausübt, damit rechnen, dass ihm die Öffent-lichkeit Respekt zollt. Ähnlich wie ein anerkannter Dirigent von seinem Orchester respektiert und geachtet wird.

CONNEX: Was hat sich während der Zeit Ihrer Präsidentschaft verändert?Barfuß: Es hat sich das Umfeld geändert, es hat sich die Interna-tionalität der Normen maßgeb-lich weiterentwickelt. Das ergab im Ablauf zahlreiche neue Not-wendigkeiten, die es früher nicht gegeben hat. Neue Erfordernisse führen bei verschiedenen Beteiligten natür-lich zu verschiedenen Reakti-onen: Konfusion bei den einen, eine Chance zur Verwirklichung langgehegter Pläne oder zur

Veränderung der Hackordnung in ihrem Sinn bei manchen anderen. Alles Erscheinungen, die wir von Austrian Standards jetzt gut im Griff haben. Per-sonalfragen, auch im Hinblick auf die rechtliche Konstruktion, eine Reihe von Raumbedarfs-problemen, die Verbesserung der Funktionalität und der Optik konnten gut gelöst werden. Hier konnte gemeinsam viel Positives bewirkt werden. Es war und ist ein kontinuierlicher Verbesse-rungsprozess.

CONNEX: Ist es nicht so, dass Kontinuität gerade bei der Arbeit mit Standards besonders wichtig ist, weil ja auf Bestehendes auf-gebaut werden muss?Barfuß: Schon richtig; Man muss nur vorsichtig sein. Es ist ja nicht so, dass ein Normungs-institut die Normen schafft. Aust-rian Standards generiert ja nicht die Normen, sondern unsere Auf-gabe liegt darin, die Infrastruktur dafür zu bieten, dass Normen nach anerkannten Verfahren geschaffen werden können und darüber zu wachen, dass diese Verfahren auch tatsächlich ein-gehalten werden. Dass sich also nicht – etwas übertrieben formu-liert – eine bestimmte Gruppe den Inhalt einer bestimmten Norm „kaufen“ könnte. Dass also nach den Grundsätzen der Transparenz und des Konsenses gehandelt wird. Wir schaffen also die Infra-struktur dafür, dass Normen so zustande kommen können, dass

14 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 15: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

sie nationalen und internatio-nalen Regeln entsprechen. Das ist das Entscheidende! Dabei muss ich das Inhaltliche, worum es in der einen oder anderen Norm geht, ja gar nicht notwen-digerweise im Detail verstehen, und das ist ja auch nicht meine Aufgabe.

CONNEX: Inwieweit spielt die derzeitige Finanz-, Banken- oder Wirtschaftskrise in die Tätigkeit von Austrian Standards hinein?Barfuß: Wir spüren natürlich die Krise, denn eines ist klar: Wenn sich Innovation und Wirt-schaftswachstum nicht positiv entwickeln, dann geht auch das Bedürfnis nach neuen Regel-werken und Normen, nach der Lösung neuer Fragen zurück. Denn der Markt und die Markt-teilnehmer sind es, die Normen verlangen. Der Ursprung einer neuen Norm ist ja sehr oft eine Innovation, wenn man etwas Neues machen möchte, etwas anders machen möchte als bisher. Und genau dieses Bedürfnis und damit das Bedürfnis nach neuen Rege-lungen lassen in Krisenzeiten nach.Diese Krise spüren wir natürlich; aufgrund des bei Austrian Stan-dards stark entwickelten Dranges nach wirtschaftlicher Unabhän-gigkeit geraten wir selbst aller-dings nicht so schnell in die Krise, und wir verfügen über bewährte Verfahren und Möglich-keiten, die uns davor bewahren. Wir werden uns also gegebenen-

falls anpassen und definitiv nicht untergehen.Noch einmal: Unsere Aufgaben sind es einzig und allein, die Inf-rastruktur für eine geordnete, den internationalen Verfahren entsprechende Normung zu schaffen, aufrechtzuerhalten und vor allem darauf zu achten, dass diese Regeln in der täglichen Normungsarbeit eingehalten werden.

CONNEX: Welche Wünsche haben Sie – als Präsident von Austrian Standards – an die Politik?Barfuß: Ich habe eine große Bitte an die österreichische Politik, weil ich den Eindruck gewonnen habe, dass die betref-fenden Instanzen in anderen europäischen Ländern, etwa in Deutschland, da oft schon einen Schritt weiter sind: nämlich zu bedenken, welche Bedeutung die Normen für das betreffende Land haben. Hier besteht in Österreich ein gewisser Nachholbedarf. Vielleicht hat es aber bei uns ohnehin so gut funktioniert, dass die Politik bisher nicht weiter nachdenken musste (lacht). Als wichtiges Exportland müssen wir heute allerdings daran inte-ressiert sein, uns auf den inter-nationalen Märkten wie bei-spielsweise in Indien oder China einzubringen. Es ist ja durchaus von Bedeutung, welche Normen, gerade im ostasiatischen Raum akzeptiert werden: die amerikani-schen oder die europäischen. In Deutschland oder in Frankreich

hat man das bereits erkannt; bei uns besteht in diesem Bereich noch Bedarf nach Überzeu-gungsarbeit.

CONNEX: Zum Abschluss ein „Blick in die Kristallkugel“: Wo sehen Sie Austrian Standards in fünf, in zehn Jahren?Barfuß: Ich glaube, dass wir nicht bloß überleben werden, sondern sehr gut weiterleben werden, als Dienstleister den Erfordernissen der Wirtschaft, der Gesellschaft, des Staates entsprechend. Es wird alles davon abhängen, wie sich die Staaten der Europäischen Union weiterentwickeln. Entwi-ckeln sie sich positiv, werden wir auch unsere eigene Entwick-lung in noch größere Dimensi-onen bringen, damit wir auf der europäischen Ebene mithalten können. Tun sie das nicht – was ich nicht hoffe –, dann werden wir uns dem weiterhin anpassen müssen. Das bedeutet: kleiner, aber nicht anders werden.

CONNEX: Ihr persönliches Lebensmotto?Barfuß: Ich sehe mich als „libe-ralen Reaktionär“, und das ist bloß scheinbar ein Widerspruch. Tatsächlich kann ich sehr altmo-disch sein und dabei gleichzeitig sehr fortschrittlich. Um es auf den Punkt zu bringen: Nie eindi-mensional sein!

15CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 16: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Prominent besetztes Geburtstagsfest

Wirtschaftsminister Dr. Reinhold Mitterlehner, MR Mag. Sylvia Paliege-Barfuß, Univ.Prof. DDr. Walter Barfuß, Sozialminister Rudolf Hundstorfer (v.li.n.re.)

Zu den Gratulanten beim Geburtstagsfest für Austrian Standards Präsident Barfuß zählten neben Wirtschaftsminis-ter Mitterlehner und Sozialminis-ter Hundstorfer u.a. Univ.Prof. Dr. Andreas Khol, Nationalrats-präsident a.D., der ehemalige EU-Agrarkommissar Dr. Franz Fischler, Bundesminister a.D. Dr. Martin Bartenstein, Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger, Prä-sident des Verfassungsgerichts-hofs, Univ.Prof. Dr. Clemens Jabloner, Präsident des Verwal-tungsgerichtshofs, die Botschaf-

ter Russlands und Ungarns, Dr. Sergej J. Netschajew und Vince Szalay-Bobrovniczky, Dr. Franz Fiedler, Präsident a.D. des Rechnungshofs, Dkfm. Elisa-beth Gürtler, Hotel Sacher, die Direktoren der Wien-Holding, KommR Peter Hanke und Dipl.-Ing. Sigrid Oblak, der Dekan der Juristischen Fakultät der Uni-versität Wien, Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer, der Präsident der Schweizerischen Normen-Ver-einigung SNV, Botschafter Dr. Oscar Zosso, der Direktor des Deutschen Instituts für Normung

Anlässlich des 75. Geburtstags seines Präsidenten, Univ.Prof. DDr. Walter Barfuß, lud Austrian Standards am 1. Februar zu einem Geburtstagsfest. Der Einladung folgten 120 prominente Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung – darunter Wirtschafts-minister Mitterlehner und Sozialminister Hundstorfer.

16 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Erstklassigen Jazz gab es im Anschluss an die Festreden. Jazz-Autodidakt Walter Barfuß musizierte in bester Laune mit Jazz-Legende Rudi Wilfer am Klavier, sehr zur Freude eines begeisterten Publikums.

Der frühere EU-Agrarkommissar Dr. Franz Fischler (li.) und Univ.Prof. Dr. Andreas Khol, Nationalratspräsident a.D.

Der Dekan der Juristischen Fakultät der Universität Wien, Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer (re.)

Wirtschaftsminister a.D. Dr. Martin Bartenstein (re.)

Page 17: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

DIN, Ing.Dr. Thorsten Bahke, der Präsidialchef des Bun-deskanzleramts, Dr. Manfred Matzka, der Vizekabinettschef des Bundespräsidenten, Dr. Heinz Anton Hafner, Spitzenbe-amte des Wirtschaftsministeri-ums mit Sektionschef Dr. Mat-thias Tschirf an der Spitze sowie des Wiener Rathauses mit dem Stv. Magistratsdirektor Mag. Wolfgang Müller an der Spitze.

17CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

„Walter Barfuß steht für Fairness und Anstand“, so Austrian Standards Vizepräsident Dr. Bernd Vogl, der die Festgäste begrüßte.

Wirtschaftsminister Dr. Reinhold Mit-terlehner hob die hohe Kompetenz sowie den Sachverstand Prof. Bar-fuß‘ hervor. Wie kaum ein anderer verstehe er es, Theorie und Praxis zu verknüpfen.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer bezeichnete Prof. Barfuß als strengen und kritischen Prüfer der Politik und der Gesellschaft. Er sei allgemein dafür bekannt, auch „kniffeligste Fragen“ souverän zu lösen.

Russlands Botschafter Dr. Sergej J. Netschajew (li.)verlas Grußworte von ISO-Präsident Dr. Boris Aleshin sowie des Leiters der Föderalen Agentur für Technische Regulierung und Metrologie Russlands, Prof. Dr. Grigory Elkin.

SNV-Präsident Dr. Oscar Zosso (li.), mit DIN-Direktor Ing.Dr. Thorsten Bahke (m.) und Dr. Gerhard Hartmann, Direktor Austrian Standards

Univ.Prof. Dr. Clemens Jabloner (li.), Präsident des Ver-waltungsgerichtshofs und Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzin-ger, Präsident des Verfassungsgerichtshofs

Page 18: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Ein Standard für ästhetische Chirurgie

Bis 31. März 2012 liegt der Entwurf zur Europäischen Norm EN 16372 „Dienstleistungen in der ästhetischen Chirurgie“ zur Stellungnahme auf.

O b Gesichtsstraffung, Fettabsaugung oder Brustvergrößerung – allein in Österreich

gab es 2011 geschätzte 40.000 Eingriffe dieser Art, zehnmal so viele waren es in Deutschland. Um Patienten vor möglichen Risiken bei Schönheitsopera-tionen zu schützen und ihre Sicherheit zu erhöhen, haben Experten aus 22 Ländern und Vertreter von acht europäischen und internationalen medizini-schen Gesellschaften einen Europäischen Standard entwi-ckelt, der darauf abzielt, Risiken bei Schönheitsoperationen wei-testgehend zu verringern und die Sicherheit der Patienten zu erhöhen. Die Europäische Norm EN 16372 „Dienstleistungen

in der ästhetischen Chirurgie“ wurde mit 15. Jänner 2012 als Entwurf zur Stellungnahme auf-gelegt. Bis 31. März können dazu Kommentare abgegeben werden.

Anforderungen an die Praxis Die künftige ÖNORM EN

16372 legt Anforderungen an die Praxis der klinisch ästhe-tischen Chirurgie fest. Ästhe-tische Chirurgie umfasst alle Arten von Operationen sowie sämtliche anderen invasiven medizinischen Eingriffe, die darauf abzielen, Erscheinungs-bild, Funktion und Wohlbefinden einer Person auf deren Wunsch hin wiederherzustellen, zu nor-malisieren oder zu verbessern. Dazu enthält die Norm Emp-

fehlungen im Hinblick auf Ver-fahrensweisen der klinischen Behandlung, einschließlich des ethischen Rahmens und allge-meiner Grundsätze, nach denen klinische Dienstleistungen durch alle praktizierenden Ärzte in der ästhetischen Chirurgie erbracht werden. Diese Empfehlungen gelten vor, während und nach der Behandlung. Im Zentrum der Norm steht die Festlegung von Anforderungen an die Qua-lität der angebotenen Dienst-leistungen in der ästhetischen Chirurgie, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. Faktoren, die die Gesamtquali-tät der Dienstleistungen beein-flussen, sind: das Verhalten des Personals, die Ausgestaltung der Einrichtung und die Auswahl

18 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 19: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

von Produkten und Lieferanten. Ein weiterer Schwerpunkt sind Personen unter 18 Jahren. Für sie gelten besondere Anforde-rungen, z. B. bei Einwilligung und Beschränkung von Eingrif-fen.

Verbesserung der Dienst-leistungen

Die Vorteile, die von der An-wendung dieser Norm erwartet werden, sind im Wesentlichen die Verbesserung der Dienst-leistungen, die Förderung eines einheitlich hohen Qualitätsstan-dards für Anbieter von ästheti-scher Chirurgie in Europa sowie

die Steigerung der Zufriedenheit der Patienten und damit eine Verringerung der Beschwerden über schlechte Dienstleistungen.

Gestartet wurden die Arbei-ten zur Entwicklung dieser Norm auf Initiative Österreichs im April 2010 beim Europäischen Ko-mitee für Nor-mung CEN, das dazu das Technische Komitee CEN/TC 403 „Pro-jekt-Komitee – Dienstleis-tungen in der ästhetischen

Chirurgie“ eingerichtet hat. Das Sekretariat wird von Austrian Standards Institute geleitet.

–stern

ÖNORM EN 16372 Dienstleistungen in der ästhetischen Chirurgie Stellungnahmen zum Entwurf können bis 31. März 2012 über das Normen-Entwurf-Portal von Austrian Standards Institute online abge-geben werden: www.as-institute.at/development/normen-entwurf-portal.html

Bauarbeiten:

Die Spuren des KriegesNeue Standards regeln die Erkundung von Kampfmitteln im Baugrund.

B augelände nach Bom-benfund aus dem 2. Weltkrieg weiträumig gesperrt.“ Nachrichten

wie diese sind bei Bauvorhaben, vor allem rund um Bahnhöfe und andere Infrastrukturbauten immer noch an der Tagesord-nung. Auch mehr als 65 Jahre nach Ende des Krieges liegen Fliegerbomben und Blindgänger

aller Art tief unter der Erde und werden dann bei Aushubar-beiten mehr oder minder zufällig entdeckt. Um das damit ver-bundene Sicherheitsrisiko für Arbeiter und Anwohner voraus-schauend zu erfassen und weit-gehend zu minimieren, werden derzeit entsprechende Stan-dards ausgearbeitet; konkret ÖNORM B 1997-2 und ONR

24406-1. Sie werden mit 15. März als Entwürfe veröffentlicht.

Die ÖNORM B 1997-2 – sie ist die nationale Ergänzung zum Eurocode 7 „Entwurf, Be-rechnung und Bemessung in der Geotechnik“, Teil 2 (= EN 1997-2) – enthält Anforderun-gen für Planung, Ausführung und Auswertung von geotechni-schen Untersuchungen und soll

19CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 20: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

sicherstellen, dass Aufbau und Eigenschaften des Baugrunds bereits für den Entwurf des Bauvorhabens bekannt sind. In ihrem Anhang B (informativ) sind Hinweise für Baugrunder-kundung unter Berücksichtigung von Kampfmitteln enthalten. Wie dabei konkret vorzugehen ist, ist Thema der künftigen ONR 24406-1. Sie legt die Vorgangs-weisen und Aufgaben zur Erkun-dung, Lokalisierung, Freilegung und Identifizierung von Kampf-mitteln im Untergrund und in Gewässern fest und beschreibt die dafür anzuwendenden Ver-fahren.

„Damit ist“, so Dipl.-Ing. Roman Schremser, zuständi-

ger Komitee-Manager bei Aus-trian Standards, „erstmals eine einheitliche Vorgangsweise bei Auffindung und Umgang mit ge-fährlichen Kriegsrelikten sicher-gestellt“. In Planung ist derzeit

ein Teil 2 zur ONR 24406. Darin sollen Anforderungen an die Qualifikation von Sachverständi-gen für die Kampfmittelbergung festgelegt werden.

–stern

20 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

ONR 24406-1 Geotechnik – Untergrundbeurteilung hinsichtlich Kampfmittel; Teil 1: Gefährdungsabschätzung sowie Maßnahmen und Vorgangsweise bei der Kampfmittelerkundung (Entwurf)ÖNORM B 1997-2 Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemes-sung in der Geotechnik; Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds – Nationale Festlegungen zu ÖNORM EN 1997-2 und nationale Ergänzungen (Entwurf) Stellungnahmen können ab 15. März 2012 über das Normen-Entwurf-Portal von Austrian Standards abgegeben werden: www.as-institute.at/development/normen-entwurf-portal.html

Page 21: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Was ist drin im Abfall?Voraussetzung für eine fachgerechte Entsorgung und Wiederverwertung von Abfällen ist die genaue Charakterisierung der anfallenden Stoffe. Die neue ÖNORM S 2127 liefert dazu klare Vorgaben.

W iederverwer-tung, Lagerung oder Beseitigung. Was auch immer

mit Abfall, egal welcher Art, geschehen soll, zuvor muss festgestellt werden, was über-haupt drinnen ist. Erst dann lässt sich fundiert entscheiden, wie es damit weitergeht. Der Fachbegriff dafür heißt „Cha-rakterisierung von Abfällen“. Zu diesem Fachgebiet wurde in den vergangenen Jahren eine Reihe von Europäischen und natio-nalen Normen entwickelt, die den Praktiker bei der genauen Bestimmung der Eigenschaften unterschiedlichster Abfallarten unterstützen und eine genaue Klassifizierung ermöglichen. Jüngstes Dokument in dieser Reihe ist die ÖNORM S 2127 „Grundlegende Charakterisie-rung von Abfallhaufen oder von festen Abfällen aus Behältnissen und Transportfahrzeugen“. Ziel einer grundlegenden Charakteri-sierung eines Abfallhaufens oder von festen Abfällen aus Behält-nissen und Transportfahrzeugen – zum Zweck einer ordnungsge-mäßen Verwertung oder Besei-

tigung – ist die Ermittlung der durchschnittlichen Schadstoff-gehalte, des Auslaugverhaltens und in weiterer Folge die rich-tige Zuordnung des gesamten Abfalls zu einer entsprechenden Qualitätsklasse.

Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass eine Beprobung des Materials bereits vor Beginn der Aushubtätigkeit gemäß ÖNORM S 2126 durch-geführt wird. Bei schwer loka-lisierbaren Verunreinigungen oder bei Verunreinigungen, die erst beim Ausheben erkennbar

sind, ist es zweckmäßig, die je-weiligen Bereiche gemäß der neuen ÖNORM S 2127 grundle-gend zu charakterisieren.

Rechtlicher RahmenÖNORM S 2127 steht in

engem Zusammenhang mit den rechtlichen Vorgaben, v. a. der Deponieverordnung und be-schreibt den aktuellen Stand der Technik bei der grundlegenden Charakterisierung von Abfällen, um so eine ordnungsgemäße Verwertung oder Beseitigung si-cherzustellen. Damit lassen sich

21CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

ÖNORM S 2126 Grundlegende Charakterisierung von Aushubma-terial vor Beginn der Aushub- oder AbräumtätigkeitÖNORM S 2127 Grundlegende Charakterisierung von Abfall-haufen oder von festen Abfällen aus Behältnissen und Transport-fahrzeugenÖNORM EN 14899 Charakterisierung von Abfällen – Probenahme von Abfällen – Rahmen für die Erstellung und Anwendung eines Probenahmeplans ÖNORM EN 16192 Charakterisierung von Abfällen - Analyse von Eluaten

Seminartipp: Abfallcharakterisierung von Aushubmaterial und Abfallhaufen – Aufbau und Anwendung der neuen ÖNORMEN S 2126 und S 2127: Do., 28. Juni 2012 Info & Anmeldung: [email protected] | www.as-plus.at/trainings

Page 22: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

die Anforderungen der ÖNORM EN 14899 „Charakterisierung von Abfällen“ erfüllen.

Eine weitere wichtige Norm in diesem Bereich ist die eben-

falls neu erschienene ÖNORM EN 16192. Sie regelt die Be-stimmung der chemischen Be-standteile, der elektrischen Leitfähigkeit, des pH-Werts und

des Gesamtgehalts an gelösten Feststoffen in Eluaten, die durch Auslaugung von Abfallproben gewonnen werden.

–sj

Offenlegung gemäß § 25 MediengesetzMedieninhaber undHerausgeber:

Austrian Standards Institute /

Österreichisches Normungsinstitut

Heinestraße 38, 1020 Wien

Präsident:

Univ.Prof. DDr. Walter Barfuß

Geschäftsführer:

Ing. Dr. Gerhard Hartmann

Chefredakteur: Dr. Johannes Stern

Grundlegende Richtung:

Umfassende Berichterstattung

und Information über Änderungen

und Neuerungen in den österreichi-

schen, europäischen und internatio-

nalen Normen- und Regelwerken

und alle damit zusammenhängen-

den Themen.

22 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 23: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

New

s

&&Türkei aktiv in der Europäischen NormungSeit 1. Jänner 2012 ist das Türkische Normungsinstitut 32. Vollmitglied bei CEN und CENELEC.

D ie Europäische Nor-mungsgemeinschaft wächst weiter. Mit 1. Jänner 2012 ist nun

das türkische Normungsinstitut Türk Standardlari Enstitüsü TSE Vollmitglied des Europäischen Komitees für Normung CEN und des Europäischen Komi-tees für elektrotechnische Nor-mung CENELEC. Dies ist ein wichtiger Schritt für die Türkei in Richtung Europa, wie dazu Elena Santiago Cid, General-direktorin des CEN/CENELEC-Managementzentrums in Brüssel, erklärt: „Der Beitritt des türkischen Normungsinstituts zu CEN und CENELEC ist eine sehr positive und wichtige Ent-wicklung sowohl für die Türkei als auch für das europäische Normungssystem. Die Türkei ist

damit besser in der Lage, umfassend am Europäischen Binnenmarkt mitzuwirken, weil diese Mitgliedschaft eine klare Verpflichtung zur Einhaltung Europäischer Normen und die Beseitigung widersprechender nationaler Standards darstellt.“

TSE arbeitet bereits seit meh-reren Jahren eng mit CEN und CENELEC zusammen und ist seit Jänner 2008 Partner beider Organisationen. Mit dem Beitritt des TSE sind 32 europäische Staaten durch ihre nationalen Normungsorganisationen Voll-mitglieder bei CEN als auch bei CENELEC. Zu diesen Staaten mit insgesamt 590 Millionen Ein-wohnern gehören neben den 27 EU-Mitgliedstaaten die EFTA-

Länder Island, Norwegen und die Schweiz sowie die beiden EU-Bewerberstaaten Kroatien und Türkei.

Seit 1995 bilden die Türkei und die Europäische Union eine Zollunion. Diese regelt den Handel von Fertigerzeugnissen zwischen der Türkei und der EU sowie die Übernahme be-stimmter EU-Richtlinien durch die Türkei. Die Entscheidung, die Türkei als Bewerber um eine EU-Mitgliedschaft anzuerken-nen, wurde vom Europäischen Rat im Dezember 1999 getrof-fen. Die Beitrittsverhandlungen wurden offiziell im Oktober 2005 eröffnet.

1,1 Mio. ISO-9001-ZertifikateLaut aktuellem ISO Survey waren Ende 2010 weltweit mehr als 1,1 Millionen Organisationen in 178 Ländern nach ISO 9001 zertifiziert (+4 % gegenüber 2009). Gestiegen sind auch die Zerti-fizierungen von Umweltmanagementsystemen (ISO 14001) auf knapp 251 000 (+12 %). In Österreich sind mehr als 5 100 Organisationen

nach ISO 9001 zertifiziert – ein deutlicher Anstieg gegenüber den letzten Jahren. Auch die Anzahl der Umweltzertifikate stieg deutlich auf knapp 1 200 (2009: 919).Zum vollständigen ISO Survey: www.iso.org/iso/pressrelease.htm?refid=Ref1491

23CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 24: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

New

s&&

Europäischer Normengipfel 2012

Zielrichtung: nachhaltige Wirtschaft

In Richtung einer nach-haltigen Wirtschaft. Dies ist das Motto des Europäischen Normengip-fels, der am 7. Juni 2012 in Albena an der bulgari-schen Schwarzmeerküste im Anschluss an die dies-jährigen Vollversamm-lungen der Europäischen

Normungsorganisationen CEN und CENELEC stattfindet. Dabei geht es um die Rolle der Nor-mung und ihres Beitrags zur EU-Leitinitiative „Ressourcen-schonendes Europa“ innerhalb der „Strategie 2020“. Diskus-sionpunkte dabei sind: Wie kann die Europäische Normung zu einer neuen stabilen und nach-

haltigen Wirtschaftsform sowie zu einer faireren Gesellschaft beitragen? Gastgeber des Euro-päischen Normengipfels ist das Bulgarische Normungsinstitut BDS. Nähere Info dazu ab März 2012 auf www.cen.eu

ISO und SAE wollen kooperieren

Globale Vorteile für die Automobilindustrie erwartet

D ie Internationale Nor-mungsorganisation ISO und die amerikanische

Standardisierungsorganisation SAE International sondieren Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit. Zu diesem Zweck trafen die Spitzen beider Organisationen am 7. Februar beim Deutschen Institut für Nor-

mung DIN zusammen. Diskutiert wurde die Kooperation bei aus-gewählten Projekten im Automobilsektor, unter anderem im Bereich Elektromobilität.

Eine engere Zusammenarbeit der internationalen Normungsor-ganisationen ISO und IEC (Elek-trotechnik) mit Vereinigungen wie SAE würde vor allem den

Wünschen der Automobilindus-trie nach weltweit einheitlichen Normen in diesem Wirtschafts-zweig entsprechen.

SAE International ist eine weltweite Vereinigung von mehr als 128.000 Ingenieuren und Technikern aus der Luftfahrt- und Automobilindustrie (www.sae.org).

ww

w.c

ence

nele

c.eu

24 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 25: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

New

s

&&Kampf dem Fahrrad-diebstahl

In Deutschland will man dazu Farrad-ständer normen.

Rund 345 000 Fahrräder werden pro Jahr in Deutschland gestohlen; In Österreich mehr als 25 000. Wichtigste Schutz-maßnahme ist eine geeignete Fahrradabsperrung nach ÖNORM EN 15496, mit der das Fahrrad an eine feste Stange oder an einen Fahrradständer „angekettet“ wird. In Deutsch-land geht man nun einen Schritt weiter. Auf Initiative des Allge-

meinen Deutschen Fahrrad-Clubs e.V. (ADFC) werden beim DIN Normen mit Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit und Prüfverfahren für Fahrradabstell-anlagen erarbeitet. Damit sollen bereits vorhandene unterschied-liche Empfehlungen und Richtli-nien harmonisiert werden. Wichtig sei es, um Dieben das Handwerk zu legen, dass

sowohl Rahmen als auch Vorder- und Hinterrad des Fahr-rads an fest verankerte Gegen-stände angeschlossen werden sollten. Trotz dieser Empfeh-lungen fehlen jedoch in der Praxis solche Befestigungsmög-lichkeiten für den Rahmen. Hier sollen die Normen in Zukunft Abhilfe schaffen.

Normen bauen Bürokratie abPrager Antibürokratiepreis 2011 an CEN und CENELEC

D er traditionelle Prager Antibürokratie-Preis ging 2011 an die Euro-

päischen Normungsorganisati-onen CEN und CENELEC. Dr. Carlo Masetti, Vizepräsident von CENELEC, nahm die Aus-zeichnung entgegen und stellte

dabei fest: „Kernprinzip ist die nationale Übernahme Europä-ischer Standards: Eine Euro-päische Norm ersetzt bis zu 32 nationale Normen und trägt so dazu bei, die Verwaltungslast zu verringern. Gleiches gilt für das Prinzip der Koregulierung, die

Verbindung zwischen Normung und Gesetzgebung. Dank der Normen ist es für die Wirtschaft leichter, der geltenden europä-ischen Gesetzgebung voll zu entsprechen.“

25CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 26: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Eine Auswahl aus neuen ÖNORMEN und ON-Regelnde

r N

orm

ung

Spe

ktru

m Gut beschlagenÖNORM EN 13126

Baubeschläge – Beschläge

für Fenster und Fenstertüren – Anforderungen

und Prüfver-fahren; Teil 1: Gemeinsame

Anforderungen an alle Arten von

Beschlägen

Egal, wie Fenster und Fens-tertüren gestaltet werden, wichtig ist, dass sie zuver-lässig schließen und sich bei Bedarf einfach und sicher öffnen lassen. Dafür sorgen die ent-sprechenden (Bau-)Beschläge, deren Anforderungen und Prüf-verfahren seit 15. Jänner 2012 neu geregelt sind. Mit diesem Datum ist der grundlegende Teil 1 der insgesamt 19 Teile umfassenden ÖNORM EN 13126 erschienen. Er enthält die gemeinsamen Leistungsanforde-rungen an Festigkeit und Dau-erfunktionstüchtigkeit für sämt-liche Arten von Beschlägen für Fenster und Fenstertüren – ob nun Drehkipp-, Kippdreh- und Drehbeschlag, ob Senkklappflü-gelsystem, Schiebeverschluss oder Drehflügel-Umkehrfenster. Wobei die Norm – je nach Art der Öffnungsmöglichkeiten – nicht

weniger als 21 Arten (Kategorien A bis W) von Fenstern unter-scheidet.Anforderungen und Prüfver-fahren gelten nur für solche Beschläge, die einen bewegli-chen Flügel mit dem festste-henden Rahmen verbinden, also nicht für Befestigungselemente, die für Zusammenbau oder Einbau eines Fensters oder einer Fenstertür verwendet werden. Um möglichst einheitliche und vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, werden die Beschlag-garnituren und Beschlagteile unabhängig von den Fenstern, in die sie später eingebaut werden sollen, in einem sogenannten Normprüfrahmen getestet.

26 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 27: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Eine Auswahl aus neuen ÖNORMEN und ON-Regeln

der

Nor

mun

gSpe

ktru

mAm Anfang ist der PlanÖNORM A 6240-4

Technische Zeichnungen für das Bauwesen;

Teil 4: Digitale Dokumentation

(Entwurf)

Ob Reihenhaus oder Hoch-haus. Was immer gebaut wird, eine exakte und für alle Betei-ligten klar verständliche techni-sche Zeichnung mit ausreichend hoher Informationsdichte ist der Ausgangspunkt für sämtliche Bauarbeiten. Die Grundlagen und Richtlinien dafür liefert die ÖNORM A 6240, die die Ausfüh-rung technischer Zeichnungen für das Bauwesen festlegt. In den bereits seit 2009 vorliegenden Teilen 1 und 2 sind die Darstel-lungsgrundlagen sowie Kenn-zeichnung, Bemaßung und Dar-stellung geregelt. Seit 15. Jänner 2012 liegt nun der Entwurf zum Teil 4 dieser Norm vor. Er behan-delt die technische Umsetzung des Datenaustauschs und der Datenhaltung von Gebäudeinfor-mationen des Hochbaus sowie verwandter, raumbildender Kon-struktionen des Tiefbaus, wie

sie während der Planung und im Zuge des lebenszyklischen Managements von Immobilien erforderlich sind. Im Wesentlichen ist dies, so der zuständige Komitee-Manager, Dipl.-Ing. Stefan Wagmeister, eine Harmonisierung bishe-riger CAD-Richtlinien für den Hochbau (z. B. der Bundesim-mobiliengesellschaft, der ÖBB und diverser Länder). Dazu finden sich Angaben zu Layer, Blöcken, Attributen, Codierungen sowie Vorlagedateien bzw. Zeichnungen für „Architektur“ und „Brandschutz“. Die digitalen Unterlagen bzw. Vorlagedateien werden bei der Bundeskammer der Architekten und Ingenieur-konsulenten (BAIK) bereitge-halten (www.arching.at/baik/service- kammerinfos/oenorm-a-6240-4/content.html).

27CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 28: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Eine Auswahl aus neuen ÖNORMEN und ON-Regelnde

r N

orm

ung

Spe

ktru

m Alles klar beim AuditÖNORM EN ISO 19011

Leitfaden zur Auditierung von

Managementsys-temen

Eines der vielen Elemente, die die unterschiedlichen Arten von Managementsystemen verbindet – wenn nicht gar das wichtigste – ist das Audit, die Überprüfung der Übereinstimmung mit den Anforderungen der Normen, wie etwa ISO 9001 (Qualität) oder ISO 14001 (Umwelt). Dabei stellt sich immer wieder die Frage: Wie läuft ein Audit ab bzw. was geschieht dabei? Klare Ant-worten liefert die Neuausgabe der ÖNORM EN ISO 19001. Sie enthält die Anleitung zum Auditieren der unterschiedlichen Managementsysteme, zu den

Auditprinzipien, zum Managen von Auditprogrammen und zur Durchführung von Audits sowie zur Bewertung der Kompetenz derer, die in den Auditprozess eingebunden sind. Die Norm ist anwendbar auf alle Organisationen, die interne oder externe Audits von Manage-mentsystemen durchführen oder für das Management eines Auditprogramms verant-wortlich sind. Sie richtet sich daher an einen breiten Nutzer-kreis, nicht nur an Auditoren,

sondern auch an Organisa-tionen, die Managementsys-teme einführen oder die aus vertraglichen oder rechtlichen Gründen Audits von Manage-mentsystemen durchführen müssen. Darüber hinaus kann ISO 19001 auch zur der Erar-beitung von auditbezogenen Anforderungen, für Zwecke der Selbsterklärung oder für die Auditorenschulung genutzt werden.

LichtgrößenÖNORM A 6437

Größen und Ein-heiten – Licht

und andere optische Strah-

lungen

Die Grundlagen der Größen und Einheiten für Licht sind in der aktuellen Neuausgabe der ÖNORM A 6437 zusammenge-fasst. Sie legt Begriffe, Symbole und Definitionen von Größen und Einheiten für Licht und andere optische Strahlungen sowie die Begriffe der Farbmetrik fest. Diese Norm wurde vom Komitee 025 „Größen und Einheiten – Grundlagen und Anwendung“ gemeinsam mit dem Komitee 047 „Optik und Lichttechnik“ erstellt und an die Internatio-nale Norm ISO 80000-7 „Quan-tities and units; Part 7: Light“ angepasst. Geregelt sind darin u. a. spektrale optische Größen, Strahlung und Licht sowie Farbe.

28 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 29: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Eine Auswahl aus neuen ÖNORMEN und ON-Regeln

der

Nor

mun

gSpe

ktru

mSkivergnügen am laufenden Band

ÖNORM EN 15700 Sicherheit von Bandförderern

für Wintersport- oder Freizeitakti-

vitäten

Umfassende Sicherheitsanfor-derungen an Bandförderer für Wintersport- oder Freizeitaktivi-täten regelt die neue ÖNORM EN 15700. Diese Sicherheits-anforderungen gelten für Band-förderer, die Wintersportler auf Skiern oder Snowboards trans-portieren, aber auch für Fuß-gänger mit Skischuhen oder festem Schuhwerk, die ihre Ausrüstungen in der Hand halten. Die Norm wurde unter der Annahme eines automati-schen Betriebs dieser Anlagen ohne ständige Anwesenheit von Personal in unmittelbarer Nähe ausgearbeitet. Enthalten sind auch Anforderungen zur Unfall-verhütung und zum Arbeitneh-merInnenschutz. Dazu werden sämtliche möglichen Gefahren und Gefährdungssituationen und zwar sowohl bei bestim-mungsgemäßer als auch bei bestimmungswidriger Benutzung erfasst.

Was ist was bei Wasserkraft?

ÖNORM M 7103 Begriffe der

Energiewirtschaft – Wasserkraft-

wirtschaft

So vielfältig wie die Energiewirt-schaft ist auch ihre Begriffswelt. Damit alle Beteiligten wissen, wovon genau die Rede ist – ob bei bei Planung, Bau, Errich-tung, Betrieb oder Wartung – sind diese Begriffe in Normen geregelt. Für den gerade in Österreich besonders wichtigen

Bereich der Wasserkraftwirt-schaft liegt seit 1. Jänner 2012 die ÖNORM M 7103 vor. Sie liefert Benennungen und Definiti-onen aus dem Bereich der Elek-trizitätserzeugung aus Wasser-kraftanlagen und dient damit der Vereinheitlichung der Termini. Ziel ist es, in der allgemeinen energiepolitischen Diskussion einen einheitlichen Sprachge-brauch sicherzustellen.Die wesentlichen Neuerungen der aktuellen Ausgabe: Benen-nungen und Definitionen wurden den veränderten Rahmenbe-dingungen der Energie- und Umweltpolitik angepasst und erweitert. Die Terminologie wurde dabei aufgrund der Liberalisie-rung des Energiemarktes, des Energie- und Klimapakets der EU und des geänderten Sprach-gebrauchs durch die EU-Was-serrahmenrichtlinie angepasst. Wo es im praktischen Gebrauch sinnvoll erscheint, sind Abkür-zungen bzw. Formelzeichen angegeben. Die Reihenfolge der einzelnen Begriffe folgt themati-schen Gesichtspunkten. Für die leichte Auffindbarkeit der Begriffe wurde ein alphabetisches Stich-wortverzeichnis angefügt.

29CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012

Page 30: CONNEX Nr. 180 - Jänner/Februar 2012 - Format A4

Eine Auswahl aus neuen ÖNORMEN und ON-Regelnde

r N

orm

ung

Spe

ktru

m Medizinprodukte klinisch geprüft

ÖNORM EN ISO 14155 Klinische

Prüfung von Medizinpro-

dukten an Menschen –

Gute klinische Praxis

Tausende von Medizinprodukten werden jedes Jahr in Verkehr gebracht, aber sind diese auch sicher? Europaweit und weltweit sind verschiedene Prüfungen – bei neuartigen oder risikoreichen Produkten auch klinische Prü-fungen an Menschen – vorge-schrieben, bevor ein Medizinpro-dukt in den Handel kommen darf. Die neu publizierte ÖNORM EN ISO 14155 hilft dabei, die Sicherheit und die Leistungs-fähigkeit eines Medizinprodukts besser zu bewerten und gleich-zeitig den Schutz der Patienten zu erhöhen. Sie unterstützt die Hersteller dabei, die geltenden Rechtsgrundlagen zu erfüllen, um so zu gewährleisten, dass ihre Produkte die Sicherheit der Patienten nicht gefährden.Dazu beschreibt EN ISO 14155 die „gute klinische Praxis“ (GCP) für Aufbau, Durchführung, Auf-zeichnung und Auswertung der klinischen Prüfungen an Men-schen, um Sicherheit oder Leis-tungsfähigkeit von Medizinpro-dukten für regulatorische und andere Zwecke zu bewerten.

30 CONNEX 180 | Jänner–Februar 2012