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Anmerkung: Die Autoren danken Tim Ambler (London Business School), Baba Shiv (Stanford University), Ale Smidts (Erasmus University Rotter- dam), den Teilnehmern der ACR-Preconference „Decision Neuroscience“ sowie zwei anonymen Gutachtern für konstruktive Kritik und wertvolle Anre- gungen. Neues aus Nachbargebieten Dr. Peter Kenning ist Privatdo- zent am Lehrstuhl für BWL, in- bes. Distribution und Handel im Marketing Centrum Münster. Westfälische Wilhelms-Univer- sität Münster, Am Stadtgraben 13–15, D-48143 Münster, Tel.: 0251/83-25021, Fax: 0251/83-22032, E-Mail: peter.kenning@ wiwi.uni-muenster.de. Dr. Hilke Plassmann ist Habili- tandin im Bereich Neuroecono- mics der Division of Humanities and Social Sciences des Cali- fornia Institute of Technology, 1200 E California Boulevard, MC 228-77, Pasadena, CA, 91125, USA. Tel.: +1 626-395-5982 Fax: +1 626-793-8580 e-mail: hilke_plassmann@ hss.caltech.edu Prof. Dr. Dieter Ahlert ist Hoch- schullehrer für BWL, insbeson- dere Distribution und Handel, Marketing Centrum Münster, Westfälische Wilhelms-Uni- versität Münster, Am Stadtgra- ben 13–15, 48143 Münster, Tel.: 0251/83-22808, Fax: 0251/83-22032, E-Mail: [email protected]. Consumer Neuroscience Implikationen neurowissenschaftlicher Forschung für das Marketing Von Priv.-Doz. Dr. Peter Kenning, Dr. Hilke Plassmann, Prof. Dr. Dieter Ahlert In den letzten Jahren hat sich unter dem Ru- brum „Consumer Neuroscience“ (auch: „Neu- romarketing“) eine Forschungsrichtung entwi- ckelt, die neurowissenschaftliche Erkenntnis- se und Methoden nutzt, um die Grundlagen des für das Marketing relevanten Konsumen- tenverhaltens besser zu verstehen. Ziel des Beitrags ist es, einen Überblick über die Me- thodik, die vorliegenden Ergebnisse sowie die möglichen Implikationen dieser Forschungs- richtung zu geben. Dies geschieht in folgen- den Schritten: Ausgehend von einer kurzen Darstellung des Begriffs werden die verwen- deten Methoden skizziert. Darauf aufbauend erfolgt eine kurze Darstellung der bis dato vor- liegenden Studien und der aktuellen For- schungsgebiete. Im Anschluss daran wird an einem konkreten Beispiel – der Entstehung von Kundenloyalität – die Idee des Consumer Neuroscience verdeutlicht. Abschließend wer- den einige Implikationen diskutiert und ein kurzer Ausblick auf die mögliche, weitere Ent- wicklung der Forschungsrichtung gegeben. 1. Begriff und Hintergrund Seit geraumer Zeit werden in der internationalen Konsu- mentenverhaltensforschung Ansätze diskutiert, neuere neurowissenschaftliche Methoden für marketingwissen- schaftliche Forschungszwecke zu nutzen (Ambler/Burne 1999; Behrens/Neumaier 2004; Esch/Möll 2004; Lee/ Broderick/Chamberlain 2006; Shiv et al. 2005; Zaltman 2000). Die Forschungsarbeiten fokussieren dabei zu- meist Probleme der Marken-, Kommunikations- und/ oder Käuferverhaltensforschung (Ahlert/Kenning 2004; Ambler/Burne 1999; Deppe et al. 2005a und 2005b; McClure et al. 2004a; Paulus/Frank 2003; Zaltman 2000). Ihre Motivation beziehen die Forscher daraus, dass bis dato Beobachtungsdaten zu der mit der Kommu- nikationswahrnehmung, Markenwahl- oder Kaufent- scheidung verbundenen neuralen Aktivität fehlen (Am- bler/Burne 1999; Behrens/Neumaier 2004). Ein Beispiel hierfür ist der nach wie vor ungeklärte Fragenkomplex, welchen Einfluss Emotionen wann, wie, vor allem aber warum auf Kaufentscheidungen haben (Weinberg/Salz- mann 2004, S. 47). Der wohl zentrale Grund für diese Unklarheiten kann da- rin gesehen werden, dass intrapersonale Entscheidungs- MARKETING · ZFP · 29. Jg. · 1/2007 · S. 57 – 68 57

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Page 1: Consumer Neurosciencefaculty.insead.edu/hilke-plassmann/documents/5_Kenning_etal_MZFP_2007.pdf · Consumer Neuroscience derzeit Studien, in denen die Methode der funktionellen Magnetresonanztomographie

Anmerkung: Die Autoren danken Tim Ambler (London Business School), Baba Shiv (Stanford University), Ale Smidts (Erasmus University Rotter-dam), den Teilnehmern der ACR-Preconference „Decision Neuroscience“ sowie zwei anonymen Gutachtern für konstruktive Kritik und wertvolle Anre-gungen.

Neues aus Nachbargebieten

Dr. Peter Kenning ist Privatdo-zent am Lehrstuhl für BWL, in-bes. Distribution und Handel imMarketing Centrum Münster.Westfälische Wilhelms-Univer-sität Münster, Am Stadtgraben13–15, D-48143 Münster,Tel.: 0251/83-25021,Fax: 0251/83-22032,E-Mail: [email protected].

Dr. Hilke Plassmann ist Habili-tandin im Bereich Neuroecono-mics der Division of Humanitiesand Social Sciences des Cali-fornia Institute of Technology,1200 E California Boulevard,MC 228-77, Pasadena, CA,91125, USA.Tel.: +1 626-395-5982Fax: +1 626-793-8580e-mail: [email protected]

Prof. Dr. Dieter Ahlert ist Hoch-schullehrer für BWL, insbeson-dere Distribution und Handel,Marketing Centrum Münster,Westfälische Wilhelms-Uni-versität Münster, Am Stadtgra-ben 13–15, 48143 Münster,Tel.: 0251/83-22808,Fax: 0251/83-22032, E-Mail:[email protected].

Consumer NeuroscienceImplikationen neurowissenschaftlicher Forschung für das Marketing

Von Priv.-Doz. Dr. Peter Kenning, Dr. Hilke Plassmann, Prof. Dr. Dieter Ahlert

In den letzten Jahren hat sich unter dem Ru-brum „Consumer Neuroscience“ (auch: „Neu-romarketing“) eine Forschungsrichtung entwi-ckelt, die neurowissenschaftliche Erkenntnis-se und Methoden nutzt, um die Grundlagendes für das Marketing relevanten Konsumen-tenverhaltens besser zu verstehen. Ziel desBeitrags ist es, einen Überblick über die Me-thodik, die vorliegenden Ergebnisse sowie diemöglichen Implikationen dieser Forschungs-richtung zu geben. Dies geschieht in folgen-den Schritten: Ausgehend von einer kurzenDarstellung des Begriffs werden die verwen-deten Methoden skizziert. Darauf aufbauenderfolgt eine kurze Darstellung der bis dato vor-liegenden Studien und der aktuellen For-schungsgebiete. Im Anschluss daran wird aneinem konkreten Beispiel – der Entstehungvon Kundenloyalität – die Idee des ConsumerNeuroscience verdeutlicht. Abschließend wer-den einige Implikationen diskutiert und einkurzer Ausblick auf die mögliche, weitere Ent-wicklung der Forschungsrichtung gegeben.

1. Begriff und Hintergrund

Seit geraumer Zeit werden in der internationalen Konsu-mentenverhaltensforschung Ansätze diskutiert, neuereneurowissenschaftliche Methoden für marketingwissen-schaftliche Forschungszwecke zu nutzen (Ambler/Burne1999; Behrens/Neumaier 2004; Esch/Möll 2004; Lee/Broderick/Chamberlain 2006; Shiv et al. 2005; Zaltman2000). Die Forschungsarbeiten fokussieren dabei zu-meist Probleme der Marken-, Kommunikations- und/oder Käuferverhaltensforschung (Ahlert/Kenning 2004;Ambler/Burne 1999; Deppe et al. 2005a und 2005b;McClure et al. 2004a; Paulus/Frank 2003; Zaltman2000). Ihre Motivation beziehen die Forscher daraus,dass bis dato Beobachtungsdaten zu der mit der Kommu-nikationswahrnehmung, Markenwahl- oder Kaufent-scheidung verbundenen neuralen Aktivität fehlen (Am-bler/Burne 1999; Behrens/Neumaier 2004). Ein Beispielhierfür ist der nach wie vor ungeklärte Fragenkomplex,welchen Einfluss Emotionen wann, wie, vor allem aberwarum auf Kaufentscheidungen haben (Weinberg/Salz-mann 2004, S. 47).

Der wohl zentrale Grund für diese Unklarheiten kann da-rin gesehen werden, dass intrapersonale Entscheidungs-

MARKETING · ZFP · 29. Jg. · 1/2007 · S. 57–68 57

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prozesse lange Zeit nicht unmittelbar beobachtet werdenkonnten (Kenning et al. 2005). Demzufolge konnten dieMarketingforscher zwar Stimuli (z. B. Preise) variierenund die entsprechenden manifesten Reaktionen (z. B.Kaufentscheidungen) beobachten, die dazwischen lie-genden (kognitiven und affektiven) Prozesse musstenaber regelmäßig hypothetisch (re-)konstruiert werden.Mit dem Fortschreiten der neurowissenschaftlichen Me-thoden und Erkenntnisse verbinden einige Marketing-wissenschaftler (so zum Beispiel an der London Busi-ness School, der Universität Münster, der Stanford Gra-duate School of Business, der Emory University, derErasmus University in Rotterdam, der University of Mi-chigan und am California Institute of Technology) dieHoffnung, die neurale Manifestation dieser Konstrukteam lebenden Gehirn beobachten zu können und damiteinen, auch praktisch relevanten Beitrag zur Weiterent-wicklung der Marketingtheorie leisten zu können (vgl.Ambler/Ioannides/Rose 2000; Ambler et al. 2004; Shiv/Fedorikhin 1999; Lee/Broderick/Chamberlain 2006;Shiv et al. 2005). Da die ersten Ergebnisse dieser nochjungen Forschungsrichtung derzeit nicht nur in der Mar-ketingwissenschaft, sondern auch im populärwissen-schaftlichen Schrifttum durchaus kontrovers diskutiertwerden, soll der vorliegende Beitrag einen umfassende-ren Überblick über den aktuellen Stand der Forschunggeben. Hierzu sollen zunächst die verwendeten Metho-den sowie, darauf aufbauend, die ersten empirischen Er-gebnisse vorgestellt und gewürdigt werden. Abschlie-ßend sollen mögliche Implikationen diskutiert werden.

2. Consumer Neuroscience: Methodologie

2.1. Überblick über neurophysiologischeTechniken

Da die Entwicklung der Consumer Neuroscience wesent-lich auf den Vorarbeiten in neurowissenschaftlichenSchrifttum aufbaut, ist es zum Verständnis der entspre-chenden Forschungsarbeiten notwendig, einen Überblicküber die angewendeten neurowissenschaftlichen Metho-den zu gewinnen. Die folgende Tab. 1 bietet demzufolgeeine Übersicht über das entsprechende, angewandte Me-thodenspektrum und liefert eine kurze Beschreibung dereinzelnen Methoden (weiterführend Kandel/Schwartz/Jessel 1996; Posner/Raichle 1999; Thompson 2001). InDeutschland hat die Anwendung einiger dieser Verfahrennicht zuletzt durch die Arbeiten der Mitglieder der For-schungsgruppe Konsum und Verhalten eine langjährigeTradition (z. B. Weinberg/Salzmann 2004; S. 47 ff.,Esch/Möll 2004; Gröppel-Klein 2005). Es stellt sich da-her die Frage, warum das Thema erst in den letzten zwei,drei Jahren eine erhöhte Aufmerksamkeit erfahren hat.Der zentrale Grund hierfür kann darin gesehen werden,dass einige der genannten Methoden, insbesondere imBereich der (Hirn-)Bildgebung erst in den letzten Jahrenentwickelt wurden. So bilden den „harten Kern“ derConsumer Neuroscience derzeit Studien, in denen dieMethode der funktionellen Magnetresonanztomographie

(„fMRT“, Huesing/Jäncke/Tag 2006; Thompson 2001,S. 425) Anwendung findet. Obwohl die Grundlagen derfMRT seit kaum mehr als zehn Jahren bekannt sind, hatsie eine rasche Bedeutungszunahme in zahlreichen sozi-alwissenschaftlichen Disziplinen erfahren, so dass dieZahl der jährlich durchgeführten fMRT-Studien in dieTausende gehen dürfte. Ein Grund für diese Entwicklungmag darin liegen, dass das Verfahren nicht invasiv istund die natürlichen magnetischen Eigenschaften desKörpergewebes nutzt, um neurale Prozesse ganzheitlichzu erfassen (Huettel/Song/McCarthy 2004; Kenning/Plassmann/Ahlert 2007; Mansfield 2004). Etwas verein-facht dargestellt lassen sich mit Hilfe der fMRT unter-schiedliche Sauerstoffsättigungen im Blut messen, diemit Hirnfunktionen korreliert werden (sog. „BOLD“ Ef-fekt, vgl. Kwong 1992; Ogawa et al. 1992). Das Ergebniseiner solchen Korrelationsanalyse sind dann zumeiststrukturelle Hirnbilder, auf denen die aufgabenspezifi-schen Aktivierungsmuster projiziert werden (als Beispielvgl. Abb. 2). Durch diese Art der Darstellung kann beim(ungeübten) Betrachter leicht der falsche Eindruck ent-stehen, dass die Forscher in der Lage wären, Gedankenzu lesen. Tatsächlich handelt es sich (lediglich) um eineandere, bildgestützte Darstellungsart statistisch signifi-kanter Ergebnisse.

2.2. Kartographie des Gehirns

Eine zweite wesentliche Voraussetzung für das Verständ-nis der Studien im Bereich Consumer Neuroscience istdas Wissen um den Aufbau des (menschlichen) Gehirns.So muss der Marketingforscher zum einen in der Lagesein, den mit Hilfe der oben genannten Methoden identi-fizierten Aktivierungen (z. B. im visuellen Kortex) be-stimmte Funktionen (z. B. Sehen) zu zuordnen. Zum an-deren muss er, gerade für die Zwecke der Marketingfor-schung, die auf der Ebene einzelner Subjekte gefundenenAktivierungsmuster intersubjektiv vergleichen können.Die Basis hierfür bieten verschiedene, in den Neurowis-senschaften entwickelte Kartographien des Gehirns. Diedrei aktuell bedeutsamsten sollen im Folgenden kurzvorgestellt werden.

Die wohl bekannteste Einteilung des Gehirns stammtvon Brodman (1906). Dieser hat das menschliche Gehirnauf cythoarchitektonischer Grundlage in 52 „BrodmanAreale“ („BA“) unterteilt (Kandel/Schwartz/Jessel 1996,S. 15). Die nachfolgende Abbildung gibt einen Über-blick über die anatomisch zu unterscheidenden Hirnbe-reiche.

Aufbauend auf dieser Einteilung werden den verschiede-nen Arealen unterschiedliche Bezeichnungen zuteil undFunktionen zugeordnet. So bezeichnet Areal 4 den moto-rischen Kortex, in dem die für die Motorik wesentlichenFunktionen ablaufen, während Areal 17 den visuellenKortex kennzeichnet, der Funktionen wie das Erkennenvon Mustern und Bildern erfüllt. Obwohl diese Eintei-lung etwa einhundert Jahre alt ist, wurden im Laufe derZeit nur geringfügige Modifikationen und Spezifikatio-

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58 MARKETING · ZFP · Heft 1 · 1. Quartal 2007

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Klassifizierung Methode Kurzbeschreibung

Bildgebende Verfahren:

Elektro-encephalographie(EEG)

Messung elektrischer Spannungsschwankungen an der Hirnoberfläche:+ gute zeitliche Auflösung + relativ einfache Apparatur und Datenanalyse + relativ geringe Messkosten - sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur Lokalisierung von Hirnbereichen, die für die Spannungsschwankungen verantwortlich sind

Elektrische Aktivität

Magnet-encephalographie(MEG)

Erfassung von Veränderungen magnetischer Ströme entlang oberflächennaher Nervenfasern: + gute zeitliche Auflösung - eingeschränkte räumliche Auflösung - relativ hohe Messkosten - relativ komplexe Datenanalyse

Positronen-Emissions-Tomographie (PET)

Nuklearmedizinische Technik zur Untersuchung von Stoff-wechselvorgängen in den Nervenzellen: + gute räumliche Auflösung - sehr schlechte zeitliche Auflösung - Verabreichung radioaktiver Kontrastmittel (invasiv) - relativ hohe Messkosten - relativ komplexe Datenanalyse

Stoffwechsel Aktivität

funktionelle Magnetreso-nanztomographie (fMRT)

Messung von Stoffwechselvorgängen mittels magnetischer Eigenschaften des Blutes: + gute räumliche Auflösung - geringere zeitliche Auflösung als EEG und MEG - relativ hohe Messkosten - relativ komplexe Datenanalyse

Psychophysiologische Verfahren:

Aktivität des periphe-ren Nervensystems

Hautwiderstands-messung Messung der Intensität von Aktivierungsschwankungen mittels Veränderungen des Hautwiderstands: + relativ einfache Apparatur und Datenanalyse + relativ geringe Messkosten - keine Aussagen über Valenz der Aktivierung - viele schwer eliminierbare Störfaktoren

Aktivität des Herz-Kreislauf Systems

Herz- und Pulsfrequenz-messung

Messung der Intensität von Aktivierungsschwankungen mittels Veränderung des Herz- bzw. Pulsschlages: + relative einfache Apparatur und Datenanalyse + relativ geringe Messkosten - keine Aussagen über Valenz der Aktivierung - viele schwer eliminierbare Störfaktoren

Aktivität der Ge-sichtsmuskeln

Gesichts-Elektromygraphie (EMG)

Messung des Ausdruckverhaltens durch Zuordnung der Bewegung einzelner Gesichtsmuskelpartien zu Ge-sichtsausdrücken, „Facial Acting Coding System“+ relativ einfache Apparatur + relativ geringe Messkosten - viele schwer eliminierbare Störfaktoren - komplexe Datenanalyse

Aktivität der Augen Blickverlaufsmessung Messung von Veränderungen der Pupillenbewegung als In-dikator für die Wahrnehmung von Stimuli: + relativ einfache Apparatur + relativ geringe Messkosten - viele schwer eliminierbare Störfaktoren

Tab. 1: (Simplifizierter) Überblick über relevante neurophysiologische Messverfahren

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MARKETING · ZFP · Heft 1 · 1. Quartal 2007 59

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Abb. 1: Kortikale Areale nach Brodman

nen vorgenommen. So ist heute zum Beispiel bekannt,dass BA 3, 1 und 2 zusammen den primären sensori-schen Kortex bilden, der mit der Wahrnehmung von Kör-perempfindungen assoziiert wird (Kandel/Schwartz/Jes-sel 1996). Ferner werden die Areale 8, 9 und 10 dem prä-frontalen Kortex zugerechnet, der aufgrund seiner zen-tralen Rolle unter anderem für die Entscheidungsfindungund Emotionsregulation eine besondere Bedeutung fürdie Consumer Neuroscience hat, wie später noch ver-deutlicht werden soll.

Eine Verfeinerung dieser Einteilung nach Brodman, dieinsbesondere für die funktionelle Bildgebung bedeutsamist, wurde von Talaraich/Tournoux (1988) vorgenom-men. Diese entwickelten einen Atlanten, der die Auftei-lung des Gehirns in ein dreidimensionales Koordinaten-system erlaubt und auch die subkortikalen Strukturen(Hirnstamm, Kleinhirn etc.) beinhaltet. Jeder Stelle imHirn können so eindeutige x,y,z-Koordinaten zugeordnetwerden, was eine eindeutige räumliche Definition vonAktivierungsunterschieden und so den interindividuellenVergleich der Probandendaten erlaubt.

Ein dritter Hirnatlas, der alternativ in fMRT Studien ver-wendet wird, wurde vom Montreal Neurological Institut(MNI) entwickelt. Im Vergleich zu den Arbeiten von Ta-laraich/Tournoux (1988), die ihre Einteilung auf Basiseines individuellen Gehirns durchgeführt haben, wirdbeim MNI-Atlas über eine Vielzahl unterschiedlichermenschlicher Gehirne gemittelt. Das MNI-System ba-siert daher auf einer breiteren anatomischen Basis.

3. Erste Forschungsergebnisse

Auch wenn die Anwendung bildgebender Verfahren wieMEG, PET oder fMRT (s. Tab. 1) zu Zwecken der Mar-ketingforschung noch sehr neu ist, so liegen doch schoneinige primärwissenschaftliche Studien vor, die für dasMarketing von Interesse sind. Wie man der nachfolgen-den Tab. 2 entnehmen kann, handelt es sich dabei im We-

sentlichen um fMRT-Studien. Da es derzeit kaum mög-lich ist, die Vielzahl der außerhalb der Consumer Neu-rosciences durchgeführten (Bildgebungs-)Studien ab-schließend hinsichtlich ihrer Relevanz für das Marketingzu beurteilen, umfasst die folgende Tab. 2 nur diejenigenStudien, die mehr oder weniger explizit auf Marketing-probleme Bezug nehmen. Etwas vereinfachend und of-fensichtlich nicht ganz trennscharf können dabei drei Ar-ten von Studien unterschieden werden und zwar Mar-ken-, Kommunikations- und Käuferverhaltens-Studien.

Mit Blick auf die erwähnte Zielstellung der ConsumerNeuroscience, nämlich vertiefende Erkenntnisse im Be-reich der Marken-, Kommunikations- und Käuferverhal-tensforschung zu gewinnen, liefern diese Studien ersteHinweise auf die für diese Forschungsbereiche grundle-genden neuralen Mechanismen. So ist ein erstes gemein-sames Ergebnis dieser Studien, dass, in Abhängigkeitvon Stimulus, Kontext und emotionalem Zustand desKunden, unterschiedliche Entscheidungsprozesse undLokalisierungen beobachtet werden können. Damit ver-bunden sind die folgenden Ergebnisse:

1. Markenforschung: Eine breite Anwendung findet diefMRT derzeit in der Markenforschung. Hier konntezunächst in einfachen Experimenten gezeigt werden,dass es kein spezifisches Markenareal im Gehirn gibt.Darüber hinaus bestätigen die Befunde einige imMarkenschrifttum seit Jahren bekannte Ergebnisse.So zeigen die Studien von Deppe et al. (2005a), Dep-pe et al. (2005b), Erk et al. (2002), McClure et al.(2004) sowie Plassmann/Kenning/Ahlert (2006b) diehohe Bedeutung der Emotionalisierung für den Mar-kenerfolg, lassen aber die Frage unbeantwortet, wiediese Emotionalisierung erreicht werden kann. Über-raschend erscheint der Befund, dass pro Warengruppeund Proband offensichtlich nur eine Marke in der La-ge ist, den Entscheidungsprozess zu emotionalisieren(sog. „First-Choice-Brand-Effect“, vgl. Deppe et al.2005a). Ebenfalls überraschend ist das Ergebnis derStudie von Yoon et al. (2006), die zeigt, dass das inder Markenforschung populäre Konstrukt der „BrandPersonality“ einer Revision bedarf.

2. Kommunikationsforschung: In den Studien, die sichdem Thema „Werbewirkung“ widmen, konnte die ho-he Bedeutung von Emotionen für die Werbewirkungbestätigt werden (z. B. Ambler/Burne 1999; Klucha-rev/Fernandez/Smidts 2005). Obsolet erscheint dielange Zeit in der Werbeforschung propagierte und bis-weilen stark vereinfacht dargestellte Hemisphären-theorie, nach der Emotionen in der rechten Hirnhälfteverarbeitet werden (Rossiter et al. 2001). Wenn esüberhaupt möglich ist, ein so facettenreiches Kon-strukt wie das der Emotion neural zu verorten, dannscheinen hierbei eher subkortikale Strukturen (z. B.Amygdala oder Striatum) maßgeblich zu sein. Beson-ders sinnvoll ist diese undifferenzierte Zuordnung vonEmotionen (z. B. Angst) zu bestimmten Arealen (z. B.Amygdala) angesichts der Komplexität von Emotio-nen (vgl. Ochsner/Gross 2005, S. 242) aber nicht.

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Autor Bereich Fragestellung Ver-

fahren

Ergebnisse

Ambler et al. (1999)

Werbewirkungs-forschung

Wie wirkt affektive Werbung?

MEG Affektive Werbung induziert mehr Hirnaktivität im anterioren und posterioeren Cingulum, im vi-suellen Kortex sowie im ventromedialen präfron-talen Kortex.

Rossiter et al. (2001)

Werbewirkungs-forschung

Lassen neurale Aktiv-tätsmuster erkennen, wie gut Werbung erinnert wird?

EEG Videosequenzen, die eine rasche Reaktion in der linken Hirnhälfte hervorrufen, wurden signifikant besser erinnert.

Erket al.(2002)

Auswahlentschei-dungen zwischen un-terschiedlichen Pro-dukten (Automobile)

Lassen sich neurale Kor-relate zur Beurteilung der Produktattraktivität finden?

fMRT Produkte, die Wohlstand und Status symbolisie-ren, führen zu einer erhöhten Aktivität in Arealen, die für Belohnungen zuständig sind.

Ambleret al.(2004)

Kaufentscheidungs-prozess

Welchen Einfluss hat eineMarke auf den Entschei-dungsprozess bei kompli-zierten und einfachen Kaufentscheidungen?

MEG Negativer Zusammenhang zwischen Markenbe-kanntheit und Zeit für Entscheidungsfindung.Negativer Zusammenhang zwischen einfacher Kaufentscheidung und Reaktionszeit.

Deppeet al.(2005a)

Auswahlentschei-dungen zwischenunterschiedlichenMarkenprodukten

Welche neuralen Korre-late liegen der Marken-wahl zu Grunde?

fMRT Die jeweiligen Lieblingsmarken entlasten Berei-che der analytischen Verarbeitungsprozesse und führen zu erhöhter Aktivität in Bereichen, die Be-lohnungen in die Entscheidung einbinden.

Deppeet al.(2005b)

Einfluss von Medien-marken auf Glaub-würdigkeitsurteile

Welche neuralen Korrelateliegen dem Einfluss von Markeninformationen als Frame in Entscheidungs-prozessen zu Grunde?

fMRT In Situationen, in denen die Glaubwürdigkeit mehrdeutig ist, hat die Markeninformation einen wichtigen Einfluss auf die Entscheidungsfindung. Hier kommt es zu erhöhter Aktivität in Bereichen, die Belohnungen in die Entscheidung einbinden.

McClureet al.(2004)

Auswahlentschei-dungen zwischen un-terschiedlichen Mar-kenprodukten und deren geschmackli-che Wahrnehmung

Wie beeinflusst die Marken-information die Geschmackswahrneh-mung von sensorischen ähnlichen Produkten?

fMRT Je nachdem, ob und wenn ja welche Markenin-formation dem Probanden gegeben wird, aktiviert der Genuss eines Softdrinks unterschiedlicheAreale. Wird dem Konsumenten gesagt, dass seine präferierte Marke verabreicht wird, werden Belohungsareale aktiviert.

Klucharevet al.(2005)

Werbewirkung von Celebreties

Wie beeinflusst der sog. „Expertise Hook“ die Abspeicherung imGedächtnis?

fMRT Das vermutete Expertenwissen eines Celebreties führt zu einer erhöhten Aktivierung in Gedächt-nisstrukturen und einem signifikanten, positiven Einfluss auf die Kaufabsicht.

Plassmannet al.(2006a)

Auswahlentschei-dungen zwischenunterschiedlichenMarkenprodukten

Wie beeinflusst eine erhöhte Informations-asymmetrie den neuralen Lieblingsmarken-Effekt?

fMRT Der Lieblingsmarkeneffekt aus einer vorherigen Studie (Deppe et al. 2005a) konnte für Entschei-dungen unter Unsicherheit repliziert werden. Ins-besondere bei unsicheren Entscheidungen führt die Präsenz der Lieblingsmarke zu erhöhten Akti-vierungen in Bereichen, die für die Integration von Belohnungen in die Entscheidungsfindung zuständig sind.

Plassmannet al.(2006b)

Neuronale Grund-lagen der Kunden-loyalität

Welche neuronalen Mechanismen beeinflus-sen die Entstehung von Kundenloyalität?

fMRT Für die Entstehung von Kundenloyalität sind ins-besondere Hirnstrukturen des so genannten Belo-hungssystems, insbesondere das dorsale Striatum, von Bedeutung.

Yoon et al.(2006)

Auswahlentschei-dungen zwischenunterschiedlichenMarkenprodukten

Gibt es Parallelen zwi-schen menschlichenPersönlichkeiten und Markenpersönlichkeiten?

fMRT Markenpersönlichkeiten und menschliche Persön-lichkeiten werden im Gehirn unterschiedlich ver-arbeitet. Markenpersönlichkeiten werden in Be-reichen der Objekterkennung verarbeitet, mensch-liche Persönlichkeiten in Bereichen, die für die Integration von Belohnungen in die Entschei-dungsfindung zuständig sind.

Tab. 2: Überblick über Forschungsarbeiten im Bereich Consumer Neuroscience in chronologischer Reihenfolge

Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuroscience

MARKETING · ZFP · Heft 1 · 1. Quartal 2007 61

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Abb. 2: Aktivierungsunterschiede zwischen A- und C-Kunden, wenndie Lieblingsmarke der A-Kunden zur Auswahl steht

(MNI-Koordinaten: -7, 14,4)

3. Kaufentscheidungen: Das Gehirn verfügt über keinenspezifischen Kaufentscheidungs-mechanismus. Viel-mehr verwendet es zur Lösung marketingrelevanterProbleme mehr oder weniger generelle und zum Teilsehr alte Entscheidungsstrukturen, die allerdingsüberaus komplex sein können. Die wenigen Studien,die Kaufentscheidungsprozesse fokussieren (z. B.Ambler et al. 2004; Bräutigam et al. 2001; Plas-smann et al. 2006), belegen, dass diese nicht nur se-quentiell, sondern parallel und iterativ ablaufen. DieInformationsverarbeitung im Gehirn wird heute dem-zufolge als ein gleichzeitig seriell und parallel ablau-fender Prozess der Aktivierung multifokaler, eng mit-einander verschalteter neuronaler Netzwerke verstan-den. Eine zentrale Rolle in diesem Entscheidungs-netzwerk spielen offensichtlich kleinere Bereiche despräfrontalen Kortex, die auch für die Exekutionskon-trolle und Emotionsregulation bedeutsam sind (Am-bler et al. 2004, Bräutigam et al. 2001, S. 241 sowieergänzend Ochsner/Gross 2005; Paulus/Frank 2003,S. 1311 ff., Ridderinkhof et al. 2004, S. 444). Unklarist bisher, ob die durch die fMRT gewonnenen Datendas beobachtbare Kaufverhalten besser vorhersagenkönnen als klassische Methoden wie z. B. die Befra-gung. Aktuelle Studien an der Stanford Universityund am MIT widmen sich derzeit dieser Frage (Knut-son et al. 2006).

4. Die Erklärung von Kundenloyalität aus derPerspektive der Consumer Neuroscience

Nachdem bis zu dieser Stelle ein kurzer Überblick überdie Methoden und ersten Ergebnisse der Consumer Neu-roscience gegeben wurde, soll im Folgenden an einemaktuellen Beispiel der Marketingforschung sein mög-licher Erklärungsbeitrag verdeutlicht werden. Als Bei-spiel soll hierzu das Konstrukt der „Kundenloyalität“verwendet werden. Dies geschieht aus folgenden Grün-den:

1. Die Erforschung der „Kundenloyalität“ hat in derMarketingforschung der letzten Jahre eine besondereAufmerksamkeit erfahren (z. B. Backhaus 1997;Krafft 2002). War es das Ziel früherer Studien, diegrundsätzliche Bedeutung dieses Konstruktes für denUnternehmenserfolg zu verdeutlichen, wurden in derjüngsten Zeit verstärkte Diskussionen über seinetheoretische Fundierung der affektiven Komponentegeführt, da hier noch Defizite gesehen werden (z. B.Oliver 1999).

2. Eine wesentliche Bedeutung zur Erklärung der Ent-stehung von Kundenloyalität haben lerntheoretischeAnsätze erfahren, die ihre Wurzeln eher in der (neu-ro-)psycholo-gischen als in der wirtschaftswissen-schaftlichen Forschung haben. Aufgrund der damitschon sui generis bestehenden interdisziplinären An-lage der Loyaltyforschung in Verbindung mit ihrergeschilderten hohen Relevanz für die aktuelle Marke-

tingforschung (Johnson/Herrmann/Huber 2006) bie-tet sich dieses Themengebiet als Verdeutlichungsbei-spiel besonders an.

Im Folgenden soll daher gezeigt werden, welchen theo-retischen Beitrag Consumer Neuroscience zum Verständ-nis dieses Konstrukts aus lerntheoretischer Perspektiveleisten kann. Dabei soll auch deutlich werden, dass eineBeschränkung der Consumer Neuroscience auf eigeneprimärwissenschaftliche Studien wenig sinnvoll er-scheint. Zweckmäßiger ist es, in einer mehr interdiszipli-nären Vorgehensweise die bereits bestehenden neurowis-senschaftlichen Erkenntnisse und Modelle in die Marke-tingforschung zu integrieren. Um diesen Gedanken zuverdeutlichen, soll veranschaulicht werden, wie mit Hilfeeines neurowissenschaftlich fundierten, lerntheoreti-schem Modells aus dem Bereich des Belohnungslernens– dem „Temporal-Difference-Learning-Modell – dieEntstehung von Kundenloyalität neurophysiologisch er-klärt werden könnte. Von grundlegender Bedeutung hier-für ist eine aktuelle Studie von Plassmann/Kenning/Ah-lert (2006b), die erste Hinweise über die neuralen Korre-late der Kundenloyalität liefern konnte. Demnach erlaubtdie Messung von Aktivierungsunterschieden in bestimm-ten Hirnarealen die Vorhersage der Kundenloyalität (vgl.Abb. 2).

Um diesen Zusammenhang zu identifizieren, wurden dieneuronalen Prozesse umsatzstarker A-Kunden mit denje-nigen umsatzschwacher C-Kunden bei spezifischen Mar-kenwahl-entscheidungen untersucht. Abb. 2 vermittelteinen Eindruck über die (farblich markierten) Aktivie-rungsunterschiede (zu den Details der Studie vgl. Plas-smann/Kenning/Ahlert 2006b). Die höchsten Aktivie-rungsunterschiede zwischen A-und C-Kunden konnten

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dabei im dorsalen Striatum, also einem zentralen Bereichdes handlungsorientierten Belohungssystems (O’Doher-ty et al. 2004) gemessen werden.

Wie aber kann man die Entstehung solcher Aktivierungs-unterschiede, die zu einem vorteilhaften (Kauf-)verhal-ten führen, neurophysiologisch erklären? Oder, mit ande-ren Worten: Wie lernt unser Gehirn, loyal zu sein? DenAusgangspunkt zur Beantwortung dieser Fragen bildetdie lerntheoretische Basishypothese, dass das Anstrebenvon belohnenden bzw. die Vermeidung von bestrafendenZuständen der grundlegende Treiber des Verhaltens vonMenschen ist. Da die menschlichen Problemlösungsfä-higkeiten begrenzt sind, ist es wichtig, dass er aus Feh-lern lernen und sein Verhalten so immer besser an dieUmwelt anpassen kann. Um diesen Anpassungsprozesserfolgreich zu absolvieren, muss das Gehirn drei Teilpro-bleme lösen:

1. Es muss in der Lage sein, den erfahrenen Beloh-nungs- oder Bestrafungswert alternativer Verhaltens-weisen (zum Beispiel Kauf der Marke A oder B) zuspeichern.

2. Es muss Vorhersagen über die zukünftigen Beloh-nungs- oder Bestrafungswerte von Alternativen ent-wickeln.

3. Es muss diese Informationen in einem Entschei-dungsprozess (Kauf von A oder B?) zusammenführenkönnen.

Im Folgenden sollen die zur Lösung dieser Teilproblemerelevanten Strukturen kurz dargestellt werden. Damitwerden gleichzeitig die aus Sicht der Verfasser für dieEntstehung von Kundenloyalität relevanten Strukturengenannt. So wird gezeigt, dass Loyalität letztlich das Er-gebnis eines beobachtbaren Lernprozesses ist.

Ad 1) Neurale Korrelate der Repräsentation vonBelohnungs-/ BestrafungswertenEine Vielzahl neurowissenschaftlicher Studien widmetsich der Frage, wie das Gehirn belohnende oder aversiveStimuli verarbeitet (Platt/Glimcher 1999; O’Doherty2004; Schultz/Dayan/Montague 1997; Sugrue/Corrado/Newsome 2004). Im Wesentlichen zeigen diese Studien,dass Lernen auf dem Zusammenspiel von emotionalenund kognitiven Elementen beruht. Besonders relevanteHirnregionen sind hierbei der orbitofrontale Kortex(OFC), die Amygdala und das bereits erwähnte Striatum,als Teil des Belohungssystems (Canli et al. 2002; Morriset al. 1996; O’Doherty et al. 2001a und 2001b). Die Be-teiligung dieser Hirnareale an der Zuordnung von Beloh-nungs- bzw. Bestrafungswerten zu bestimmten Reizenkonnte für verschiedene Stimuli herausgestellt werden,unter anderem für abstrakte Elemente wie Geld aberauch für die Wahrnehmung von attraktiven Gesichtern(Aharon et al. 2001; Blood et al. 1999; Elliott/Friston/Dolan 2000; O’Doherty et al. 2001a und 2001b). Be-trachtet man diese Studien, wird deutlich, warum be-stimmte, zur Kundenbindung gewährte Anreize – z. B.Bonuszahlungen oder Rabatte aber auch die Freundlich-keit des Personals – eine positive Wirkung auf die Ent-

stehung von Kundenloyalität haben müssten: Sie könnenunsere Belohungsareale aktivieren und einen beloh-nungsorientierten Lernprozess initiieren.

Ad 2) Neurale Korrelate der Vorhersage von BelohnungenDie Fähigkeit, die Belohnungs- bzw. Bestrafungswertedifferenter Entscheidungsalternativen (z. B. Kauf vonMarke A oder B) vorherzusagen, ist von besonderer Be-deutung für ein zielkonformes Verhalten. Neurowissen-schaftliche Studien haben ergeben, dass subkortikaleHirnbereiche wie die Amygdala und das Striatum, nichtnur für das Erleben, sondern auch für die Vorhersage vonBestrafungen und Belohnungen bedeutsam sind (Gott-fried/O’Doherty,/Dolan 2003; Knutson et al. 2001). Einezentrale Frage, die aktuell in der Literatur diskutiertwird, ist, wie das menschliche Gehirn lernt, Vorhersagenüber Belohnungen zu treffen (Bayer/Glimcher 2005;Delgado et al. 2005; Schultz/Dayan/Montague 1997).Auf Basis einiger Arbeiten im Bereich der künstlichenIntelligenz (Sutton/Barto 1998) und der theoretisch-ma-thematischen Neurowissenschaft (Dayan/Abbott 2001)konnte das so genannte „Temporal-Difference-Lear-ning“-Modell entwickelt werden (Sutton 1998; Schultz/Dayan/Montague 1997). Dieses Modell beinhaltet ver-schiedene Variablen. Von zentraler Bedeutung ist die er-wartete Belohnung (t). Diese ergibt sich im Vorfeld jederEntscheidung zum Zeitpunkt t als Summe über das Pro-dukt eines Gewichtungsfaktors wi und einem Vektorxi(t), wie folgt:

V̂(t) = 7 wi · xi(t) (1)

Aus neurowissenschaftlicher Sicht ist somit für die Ent-stehung von Kundenloyalität gegenüber einer bestimm-ten Marke die mit der Wahl dieser Marke verbundene, er-wartete Belohung bedeutsam. Dies korrespondiert mitErgebnissen der Loyaltyforschung, die die Bedeutungder Kundenzufriedenheit für die Entstehung von Loyali-tät betont, da Erfahrungen eine wesentliche Komponenteder Kundenzufriedenheit sind. Die aus eigenen oderfremden Erfahrungen resultierenden Erwartungen findenim „Temporal-Difference-Learning“-Modell in der Va-riable (t) ihre Entsprechung. Der Vektor xi(t) stellt dabeiein Hilfskonstrukt zur binären Modellierung der Präsenzdes Stimulus während der einzelnen Prozessabläufe i darund seine Komponenten xi können entweder den Wert 1oder 0 annehmen (xi = 1, wenn der Stimulus vorliegt undxi = 0, wenn der Stimulus nicht vorliegt). Der Wert desGewichtungsfaktors wi wird auf Basis eines Lernprozes-ses im Gehirn des Entscheiders (Kunden) bestimmt, dersich an der Minimierung der Differenz zwischen erhalte-ner und vorhergesagter Belohnung (z. B. eine Bonuszah-lung) zu jedem Zeitpunkt t ausrichtet. Entscheidend fürdiesen Lernprozess ist, dass der vorhergesagte Wert fort-während durch den Abgleich des Werts in t+1 mit demWert in t aktualisiert wird, d. h. die Erwartungskompo-nente nicht statisch, sondern dynamisch ist. Auch diesentspricht den Ergebnissen der Zufriedenheitsforschung,die eine dynamische Entwicklung von Erwartungen un-terstellt.

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Ein zweiter wesentlicher Faktor für die neurophysiologi-sche Erklärung der Kundenloyalität ist der sog. Predicti-on Error („PE“) oder ä(t). Er zeigt an, in welchem Maßedie erwartete Belohnung tatsächlich erfahren wurde. ä(t)ist dabei wie folgt definiert:

· (t) = r(t) + * V̂(t + 1) – V̂(t) (2)

Dabei stellt r den tatsächlich erhaltenen Belohungswertzum Zeitpunkt t dar. Ein positiver Wert für ä(t) besagt,dass die erhaltene Belohung größer war als die erwarteteBelohnung. In der Terminologie der Loyaltyforschungwäre dies dann der Fall, wenn eine positive Konfirma-tion von Erwartung und Erfahrung vorläge. Wäre ä(t) ‹ 0,würde dies bedeuten, dass die erwartete Belohung nichtder Erfahrung entspräche. Der Kunde wäre somit ent-täuscht, was sich in einer entsprechenden Zufriedenheits-beurteilung manifestieren sollte.

Aufbauend auf diversen Versuchen wird angenommen,dass dopaminergetische Neuronen in Bereichen wie denventralen tegmentalen Arealen (insb. im ventralen Stria-tum bzw. dem Nucleus Accumbens) und dem Mittelhirnein Signal generieren, das · (t) repräsentiert (Schultz/Da-yan/Montague 1997). Neuere fMRI-Studien konnten die-se Annahme bestätigen (Delgado et al. 2005; O’Dohertyet al. 2003; McClure et al. 2004b).

Auf einen in der Loyaltyforschung und -praxis bis datoetwas vernachlässigten Aspekt, nämlich den Zeitpunktder Belohnung, weist der Parameter * hin. Er dient alsDiskontierungsfaktor und erlaubt die Dynamisierung desModells. Somit trägt er der in vielen psychologischenStudien berichteten Beobachtung des Temporal Discoun-ting Rechnung nämlich, dass sofortige Belohnungen(z. B. in Form von Preisnachlässen) eine stärkere Wir-kung entfalten als qualitativ ähnliche Belohnungen, dieaber verzögert erfahren werden (Read et al. 2005;McClure et al. 2004b). Dementsprechend konntenMcClure et al. (2004b) zeigen, dass immer dann, wenneine Belohnung verzögert erfolgt, die Aktivierung desBelohungssystems schwächer ist als bei einer unverzö-gerten Belohung. Für die Loyaltyforschung ergäbe sichdaraus die auch praktisch relevante Vermutung, dass un-mittelbar belohnende Maßnahmen (z. B. sofortige Preis-nachlässe oder give aways) eine stärkere Bindungskraftentfalten als Maßnahmen, die mit einer zeitlichen Verzö-gerung erfolgen (z. B. Bonuszahlungen am Ende des Ge-schäftsjahrs).

Schließlich ist zu ergänzen, dass der Gewichtungsfaktorwi bei jedem Prozessdurchlauf durch die Korrelation vonPE und dem Stimuluspräsenz-Vektors xi(t) wie folgt ak-tualisiert wird:

2 wi = [ 7 xi(t) · · (t) (3)

Dabei symbolisiert [ die in der Loyaltyforschung bisherebenfalls vernachlässigte individuelle Lernrate des Kun-den. Da diese subjektiv unterschiedlich ist, gleichwohlaber einen Einfluss auf die Wirkung einzelner Bindungs-maßnahmen haben kann, stellt sich die Frage, wie die-

sem Aspekt in der Loyaltyforschung und -praxis Rech-nung getragen werden kann. Nützlich wäre es, weiterfüh-rende Erkenntnisse über die Lernraten verschiedenerKundengruppen zu haben, da diese einen wesentlichenEinfluss auf die Effizienz von Kundenbindungsmaßnah-men haben dürften.

Ad 3) Integration von antizipierten und erhaltenenBelohnungen in die EntscheidungsfindungUm vorteilhafte Entscheidungen zu treffen, ist es not-wendig, Vorhersagen über Belohnungen und deren Ab-gleich mit erhaltenen Belohnungen in den Entschei-dungsprozess zu integrieren und Vergleichsprozesse zwi-schen unterschiedlichen Alternativen durchzuführen.Der Kunde muss also in der Lage sein, Assoziationenzwischen Stimuli, Belohnungen und Verhaltensreaktio-nen zu lernen. Erste neurowissenschaftliche Studien indiesem Bereich konnten herausstellen, dass der ventro-mediale präfrontale Kortex und das dorsale Striatum ent-scheidende Rollen beim Lernen derartiger Assoziationenspielen (O’Doherty et al. 2004).

Fasst man diese Ergebnisse zusammen, so ist es nebenden genannten Aspekten für den Aufbau von Kundenlo-yalität wichtig, dass die vom Management gewähltenMaßnahmen (a) kurzfristig (b) eine belohnende Wirkung(c) bei möglichst lernfähigen Menschen entfalten. Einzentraler Indikator für den Belohungswert einer Maßnah-me wäre die durch diese Maßnahmen induzierte Aktivie-rung des Striatums. Einen ersten Beleg für diese Hypo-these liefert die Studie von Plassmann/Kenning/Ahlert(2006b), die genau diese Hirnareale zur Prognose derKundenloyalität nutzen konnte. Die mit diesen Aktivie-rungen einhergehenden positiven Emotionen könnten da-her einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung derKundenloyalität haben. Empirische Belege hierfür in derMarketingforschung beinhalten die Studien von Yi-Ting/Dean (2001), White/Yi-Ting (2005) und Evanschitzky/Plassmann (2006).

5. Implikationen für die Marketingforschung

Auch wenn die Anwendung bildgebender Verfahren unddie systematische Integration neurowissenschaftlicherErkenntnisse in der Marketingforschung noch am An-fang stehen, so lassen sich doch aus Sicht der Verfasserdie folgenden Implikationen erkennen:

Simultanität von Entscheidung und Messung:Die Anwendung neurowissenschaftlicher Methoden imMarketing ermöglicht eine zeitgleiche, intern valideMessung der neuronalen Vorgänge im Moment der(Kauf-)Entscheidung. Postkognitive Verzerrungen, diedurch eine zeitliche Verschiebung von Entscheidungs-und Messzeitpunkt (wie z. B. bei Befragungen üblich)entstehen könnten, werden somit vermieden. DiesemVorteil stehen jedoch die mit der Durchführung eines La-borexperiments stets verbundenen Nachteile hinsichtlichder externen Validität gegenüber.

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Messung unbewusster Gedächtnisinhalte:Es ist in der Marketingforschung hinlänglich bekannt,dass Befragungen primär die Erfassung bewusster Ge-dächtnisinhalte erlauben. Dringt man auf tiefere Ebenenvor, erhält man nicht selten Kulissenmotive oder Ant-worten, die durch bestimmte Störvariablen (z. B. sozialeErwünschtheit) verzerrt werden können. Obwohl diesesProblem bekannt ist und obwohl man die Bedeutung desUnbewussten für das Marketing betont, fehlt es an geeig-neten Methoden zur Lösung dieser Diskrepanz. Neuro-wissenschaftliche Methoden könnten hier eine Alternati-ve bieten (Epstein 1994; Mast/Zaltman 2005).

Visualisierung und Differenzierung von Emotionen:Emotionen sind ein zunehmend wichtiges Marketingob-jekt. Dennoch ist in der Marketing-forschung wenig überihre Entstehung und Wirkung bekannt (Bagozzi/Gopi-nath/Nyer 1999). Erste Ergebnisse der neurowissen-schaftlich orientierten Marketingforschung legen dieVermutung nahe, dass der Emotionsbegriff weitaus diffe-renzierter verstanden werden sollte als dies in der bishe-rigen Marketingforschung der Fall gewesen ist (Ochsner/Gross 2005). So ist beispielsweise noch völlig unklar,welche Valenzen Emotionen in verschiedenen Kontextenhaben, wie diese Valenzen entstehen und wie sie durchMarketingstimuli beeinflusst werden. Auch ist die Wech-selwirkung zwischen verschiedenen Emotionen (z. B.Angst versus Gier) kaum bekannt. Mit Hilfe der bildge-benden Verfahren rückt eine mögliche Beantwortungdieser Fragen in greifbare Nähe (Plassmann 2006). Aufdem Weg dahin wird es notwendig sein, ein deutlich dif-ferenziertes Bild des Emotionsbegriffs zu entwickeln.Erste Ansätze hierzu finden sich im neurowissenschaft-lichen Schrifttum (vgl. beispielsweise Ochsner/Gross2005). Diese Ansätze gilt es, bei Eignung, zu integrieren.

Möglichkeit zur Objektivierung bereits bestehenderSkalen:In der Marketingliteratur findet sich eine Vielzahl vonSkalen, die mit Namen versehen werden, die mehr oderweniger zutreffend sind. Durch die fortwährende Nut-zung dieser Skalen werden Standardisierungsprozessevorangetrieben, die dazu führen können, dass die Bedeu-tung dieser Skalen kaum noch hinterfragt wird (vgl. Ros-siter 2005). Dies kann wiederum dazu führen, dass dieFrage, ob die Skala tatsächlich das misst, was sie zu mes-sen vorgibt, nicht mehr gestellt wird. Dieses Problemkann mehr oder weniger gravierende Folgen haben. Istdie interne Validität (z. B. bei Skalen zu Messung desKaufverhaltens) relativ einfach durch den Vergleich desmanifesten Verhaltens zu ermitteln (in dem man prüft, obdas bekundete dem tatsächlichen Kaufverhalten ent-spricht), so ist die interne Validierung latenter Variablen,denen keine unmittelbare Manifestation gegenüber steht,deutlich schwieriger. Dies kann implizieren, dass kon-zeptionelle Fehler bei der Skalenentwicklung die Bedeu-tung eines für das Marketing wichtigen Aspekts ver-schleiern. Für die interne Validität ist es daher hilfreich,wenn es gelingt, das Konstrukt regelmäßig mit der Reali-tät zu konfrontieren. Diese Möglichkeit bieten neurowis-

senschaftliche Verfahren immer dann, wenn man akzep-tiert, dass den latenten Konstrukten (zum Beispiel BrandEquity) eine bestimmte, spezifische hirnphysiologischeAktivität (zum Beispiel Mehraktivierung in BA 10 beiMarkenwahlentscheidungen) zugeordnet werden kann.Ein aktuelles Beispiel liefert hierzu die Studie von Yoonet al. (2006), die mit Hilfe der fMRT nachweisen konnte,dass das in der Markenforschung nicht unumstritteneKonstrukt der Brand Personality keine entsprechendeneurale Repräsentation hat.

Verzicht auf Totalmodelle:Ein zentrales Ziel der Marketingforschung ist die (mög-lichst vollständige) Erklärung des Konsumentenverhal-tens. Ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung desNutzens, den ein neues Konstrukt liefert, ist daher seinBeitrag zur Varianzerklärung. Dem liegt mehr oder weni-ger implizit der Gedanken zugrunde, dass mit jedem neu-en Konstrukt ein weiterer Teil Varianz erklärt werdenkann. Demnach ließe sich das Konsumverhalten als Li-nearkombination verschiedener Konstrukte erklären. Dader zusätzliche Erklärungsbeitrag neuer Konstrukte re-gelmäßig abnimmt, müssen jedoch immer mehr Kon-strukte eingeführt werden. In der Folge wächst die An-zahl der Konstrukte so stark an, dass eine Integration zu-nehmend schwerer wird. Aus unserer Sicht ist es frag-lich, ob die Fortsetzung des „linearkombinatorischenAnsatzes“ Erfolg versprechend sein kann, oder ob es –auch wissenschaftstheoretisch betrachtet – nicht sinnvol-ler wäre, alternative, induktive Ansätze zu verfolgen.Bildgebende Verfahren, die eine Beobachtung desmenschlichen Gehirns in vivo ermöglichen und auf dieRe-Konstruktion weitgehend verzichten können, könn-ten eine solche Alternative darstellen.

Revision des kognitiven Primats:Die ersten neurowissenschaftlich orientierten Marketing-studien legen die Vermutung nahe, dass es sinnvoll seinkönnte, die im Rahmen der Marketingforschung oft un-terstellten, dualistisch beeinflussten Kausalitäten zuüberdenken. Dies kann am Beispiel der Werbewirkungs-forschung verdeutlicht werden: In der Werbewirkungs-forschung wird oft behauptet, Probanden könnten beson-ders gut die kommunikativen Elemente erinnern, die siepositiv wahrnehmen. Es wird daher angenommen, dassMenschen z. B. eine Anzeige gut finden und diese des-wegen erinnern. Dies unterstellt die folgende, mehr oderweniger kognitive Reihenfolge: Wahrnehmung ⇒ Wer-tung ⇒ Erinnerung. Neurowissenschaftliche Studiendeuten jedoch darauf hin, dass die einzelnen Schritte na-hezu simultan und zudem automatisch ablaufen. So er-scheint es wahrscheinlich, dass wir belohnende Stimulimehr oder weniger unbewusst wahrnehmen und somitdie Wahrnehmung bereits durch die Wertung beeinflusstwird (vgl. Ambler/Burn 1999), ja vielleicht die Wahrneh-mung der Wertung entspricht. Da unser Gehirn Beloh-nungen anstrebt, wäre die Erinnerung einer Anzeigedann nicht das Ergebnis eines kognitiven Prozesses, son-dern eine Kovariate ihres mit der Wahrnehmung verbun-denen Belohnungswertes.

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Effizienzsteigerung in der Marketingkommunikation:Die erheblichen Kosten der betrieblichen Kommunika-tionspolitik wurden bereits vor Jahrzehnten beklagt.Gleichwohl fehlten dem Marketingmanagement bislangInstrumente, mit denen der Erfolg einer Kommunika-tionskampagne valide und differenziert gemessen wer-den kann. Als Folge lassen sich erhebliche Ineffizienzenin der Kommunikation beobachten: So zeigen Kroeber-Riel/Esch (2000, S. 12), dass über 90 % des Kommuni-kationsaufwands verloren gehen. Dies kann zwei Ursa-chen haben: Entweder ist die Kommunikationspolitik in-effizient, oder aber die Messung ist falsch. Fokussiertman den zweiten Punkt, so lässt sich konstatieren, dassdie zur Messung des kommunikativen Erfolgs derzeitverwendeten Instrumente oft auf die differenzierte Erfas-sung unbewusster Gedächtnisinhalte verzichten (Hom-burg/Krohmer 2002, S. 686 ff.; Meffert 2000, S. 830 ff.).Demzufolge werden zwar z. B. Türschwelleneffekte be-obachtet, die zeigen, dass bis zur bewussten Wahrneh-mung einer Werbung eine bestimmte Anzahl von Min-destkontakten notwendig ist (z. B. Vakratsas et al. 2004).Was aber passiert im menschlichen Gehirn bis zu dieserSchwelle? Haben zwei, drei Kontakte mit einer Werbe-botschaft wirklich keinen Effekt? Oder ist dieser mit denbisherigen Verfahren nur nicht messbar? Mit den bildge-benden Verfahren könnte man diese unterschwelligen Ef-fekte möglicherweise identifizieren. Besonders erfolg-versprechend scheint hier auch eine Kombination mitetablierteren Verfahren, wie z. B. der Blickaufzeichnungzu sein (Shimojo et al. 2003). Dies würde z. B. ermög-lichen, bestimmten Elementen einer Printanzeige spezifi-sche Belohungswerte zu zuordnen. Gelingt dies, ermög-licht der Ansatz des Consumer Neuroscience, den Erfolgkommunikationspolitischer Maßnahmen genauer zu kon-trollieren, aus der Kontrolle zu lernen und durch diesenLernprozess die Marketingeffizienz zu steigern.

6. Diskussion und Ausblick

Als zentraler Vorteil der Anwendung bildgebender Ver-fahren im Marketing wird überwiegend die Möglichkeitgesehen, aufbauend auf einer induktiven Vorgehensweiseneue Theorien über marketingrelevante Verhaltenswei-sen zu entwickeln. Da zudem die mit Hilfe der fMRT ge-wonnenen Bilder intuitiv zugänglich sind, verwundert esnicht, dass in populärwissenschaftlichen Publikationendas Konzept der Consumer Neuroscience, bisweilenauch tituliert als „Neuromarketing“ begeistert aufgegrif-fen wird (Häusel 2004). Gleichwohl sind die Möglich-keiten der primärwissenschaftlichen Forschung auf die-sem Gebiet mindestens aus zwei Gründen limitiert:

Zum einen sind die entsprechenden Forschungsprojektesehr personal-, kosten- und zeitintensiv. So kostet ein fürdie Durchführung von fMRT-Studien notwendiger, typi-scher 1.5 Tesla MRI-Scanner zwischen einer und zweiMillionen Euro (Huesing/Jäncke/Tag 2006). Für spezifi-sche Materialien (z. B. Helium für den Scanner) betragendie jährlichen Kosten etwa 100.000–200.000 Euro. Das

bedeutet, dass die Kosten einer Messung auf etwa 300–400 Euro pro Proband veranschlagt werden müssen (Hu-esing/Jäncke/Tag 2006). Nur wenige Forschungsinstituteund Unternehmen werden diese Ressourcen aufwendenkönnen.

Zum anderen ist der Einsatz neurowissenschaftlicherMethoden im medizinischen Umfeld an diverse recht-liche Bedingungen (z. B. ethische Unbedenklichkeit,Einverständnis der Probanden) und moralische Vorüber-legungen gebunden. Auch wenn viele Argumente aufUnkenntnis der jeweiligen Methoden schließen lassen,ist ein Ende dieser gerade erst begonnenen ethisch-recht-lichen und oft generell marketingskeptischen Diskussionderzeit nicht absehbar (Blakeslee 2004).

Vergegenwärtigt man sich unabhängig davon die in kur-zer Zeit gewonnenen, hier diskutierten Ergebnisse, soscheint die Forschungsrichtung Consumer Neurosciencegleichwohl grundsätzlich geeignet zu sein, die Marke-tingtheorie weiter zu entwickeln. Insbesondere darf manvon ihr einen Beitrag zur besseren Erklärung des für dasMarketing relevanten Konsumentenverhaltens erwarten,der genutzt werden kann, um die prognostische Kraft be-stehender Modelle (weiter) zu verbessern (Glimcher/Rustichini 2004, S. 452).

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MARKETING · ZFP · Heft 1 · 1. Quartal 2007 67

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Summary

Recently, under the label of „Consumer Neu-roscience“ a new direction in marketing re-search has emerged. The central idea is touse insights and methods from neuroscienceto better understand consumer behaviour.The goal of this paper is to provide an over-view on the most applied methods and thefirst research findings as well as to sketch po-tential implications for both, marketing re-search and practice. To do so, we first discussthe term „Consumer Neuroscience” and givea brief summary of currently used technolo-gies. Then we describe first empirical resultsfollowed by an example of how marketingmay benefit from consumer neuroscience inthe field of customer relationship manage-ment. The paper concludes with a short over-view of potential implications for marketing re-search and practice and suggestions for fu-ture research.

Schlüsselbegriffe

Konsumentenverhalten, Neuroimaging, Kun-denloyalität, Markenmanagement

Keywords

Consumer Behavior, Neuroimaging, Custom-er loyalty, Brand Management

Kenning/Plassmann/Ahlert, Consumer Neuroscience

68 MARKETING · ZFP · Heft 1 · 1. Quartal 2007